Carl-Auer

Für Russ und Dan
in Liebe

Carolyn Daitch

Affektregulation

Hypnotherapeutische

Interventionen für

überreaktive Klienten

Aus dem Amerikanischen

von Maren Klostermann

Mit Vorworten von Daniel Brown

und Claire Frederick

2016

Danksagung

Mein tief empfundener Dank gilt den vielen Freunden und Kollegen, die mich auf dieser Reise unterstützt haben:

Meine Kollegen Eleanor Payson, Steve Kahn und Bill O’Hanlon, die überzeugt waren, dass es eine Leserschaft für dieses Buch gibt. Jonathan Falk, der mich stetig ermutigt und bei unseren wöchentlichen Telefonkonferenzen, in denen wir die Skripte überprüft und geprobt haben, wesentliche Beiträge geleistet hat. Jeannie Bellow für ihre klugen Empfehlungen, ihr Coaching, ihre Korrekturen und ihre Ermutigung. Lissah Lorbeerbaum, die mir unermüdlich als Beraterin und Allround-Geburtshelferin bei diesem Buch zur Seite stand. David Wark, der den kritischen Blick eines Professors einbrachte und mich durch seine hohen Ansprüche angespornt hat. Claire Frederick, Sheryll Daniel, Steve Lankton, Jeffrey Zeig, Cory Hammond, Helen Adrienne, Marcia Ferstenfeld, Bill de Witt, Reginald Humphries und Eric Willmarth, die allesamt praktisch umgehend auf meine Bitten um Quellenangaben oder Erklärungen reagiert haben. Meine Kollegen Cheryl Sills, Barb Bokram, Marianne Victor, Eileen Bond, Patricia Knowlton, Susan Dowell, Maya Kollman, Helen Adrienne und Janice Sherman, die einzelne Kapitel gelesen und meine Lebensgeister mit ihrem Enthusiasmus gehoben haben. Meine Assistentin Cathy Hirsch, die mich unendlich hilfreich unterstützt hat.

Ich hatte das große Glück, Deborah Malton als Lektorin bei Norton zur Verfügung zu haben. Ihre Kompetenz beim Redigieren, ihre schnellen Reaktionen und ihre umfangreichen psychologischen Kenntnisse sind beeindruckend. Ein großes Dankeschön auch an die stets wohlwollende, beruhigende und liebenswürdige Andrea Costella für ihre Unterstützung und Anleitung.

Ein wahrer Segen war auch die Hilfe meiner Familie. Ich danke meinem Bruder Richard Daitch und meiner Nichte Claire Estelle Daitch für ihre behutsamen Anregungen sowie meinem Cousin Norman Kolpas für seinen Rat in der Anfangsphase dieses Projekts. Dank auch an meine Cousine Ellen More für ihre große Unterstützung. Mein Sohn Daniel Rubin und Lissah Lorbeerbaum waren unschätzbare neurowissenschaftliche Berater. Schließlich möchte ich meinem Ehemann Russell Graham danken, der mir während des gesamten Projekts mit liebevoller Unterstützung und Geduld zur Seite stand, sogar als ich bei dem Versuch, das Buch zu beenden, über meinem Laptop eingeschlafen bin.

Noch eine dankbare Schlussbemerkung: Dieses Buch möchte eine Zusammenstellung nützlicher Techniken für eine effektive Hypnosepraxis in der Psychotherapie anbieten. Ich nutze und überarbeite die beschriebenen Methoden seit 1982. Viele davon gehören seit sehr langer Zeit zur Theorie und Praxis der Hypnose, und ich habe mich nach Kräften bemüht, die jeweiligen Quellen anzugeben. Andere Methoden habe ich selber entwickelt, um auf bestimmte Störungen oder Bedingungen einzugehen. Obwohl ich einige dieser Techniken für meine eigenen Schöpfungen halte, ist es möglich, dass ich »unbewusst« von begabten, kreativen Kollegen beeinflusst wurde, deren Arbeit meine eigene geprägt hat. Ich hatte das Privileg, mit vielen guten Therapeuten zusammenzuarbeiten, die mich in meiner Arbeit beeinflusst haben. Deshalb erhebe ich keinerlei Anspruch auf irgendeine der Techniken, sondern sage nur, dass ich alle dargestellten Methoden in meiner eigenen Praxis erfolgreich angewendet habe. Letzten Endes ist die Praxis der Hypnose nicht nur eine Frage der Methodik, sondern auch der Kunst.

Carolyn Daitch

Vorwort von Daniel Brown

Seit den ersten Anfängen der Psychotherapie haben die meisten Kliniker einfach vorausgesetzt, dass Emotionen eine zentrale Rolle in der Psychotherapie spielen. Als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung sind Emotionen jedoch ein relativ neues Thema in der Geschichte der Psychotherapie. Die ersten modernen Studien über Emotionen konzentrierten sich hauptsächlich auf Beschreibungen und Funktionen von verschiedenen Emotionen wie Interesse, Wut, Furcht, Scham usw. Der Hauptbeitrag einer differenziellen Emotionstheorie war im Wesentlichen ein detailliertes Verzeichnis einzelner Emotionen und ihrer Funktionen (Izard 1977; Socarides 1977; Tomkins 1962, 1963).

Systematische Beobachtungsstudien bei Kindern führten zu ersten Darstellungen der Affektentwicklung in der Kindheit. In diesen Untersuchungen wurde ausführlich die zentrale Rolle beschrieben, die Affekte in der Entwicklung der Wahrnehmung, der Regulation innerer Zustände (Sroufe 1919) und der Entwicklung des Selbst (Emde 1983; Lewis a. Brooks 1978) spielen. Andere wichtige Arbeiten betonten die dyadische Regulation von Affektzuständen durch die Bindungsbeziehung zwischen Säugling und Bezugsperson (Greenspan a. Greenspan, 1985; Stern, 1985). Die Mehrzahl dieser Studien aus den 1970er- und frühen 1980er-Jahren war in erster Linie auf die Affektentwicklung im Säuglings- und frühen Kleinkindalter beschränkt.

Stufenmodelle der Affektentwicklung über die Lebensspanne von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter tauchten erst etwa ein Jahrzehnt später auf (Brown, 1993; Schore, 1994). Diese Arbeiten skizzierten den Normverlauf für die Entwicklung der Affekte und des Selbstgefühls und stellten Psychopathologien, die in der späteren Kindheit oder im Erwachsenenalter auftraten, als gescheiterte Versuche dar, die normalen Entwicklungsaufgaben auf dem Weg der Affekt- und/oder Selbstentwicklung zu meistern. Die daraus resultierende affektive Dysregulation und/oder gescheiterte Selbstentwicklung führte demnach letztlich zu den Psychopathologien, die sich in Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen und in psychosomatischen Krankheiten im Erwachsenenalter niederschlugen.

Die 1990er-Jahre lassen sich am ehesten als Jahrzehnt der Hirnforschung beschreiben. Die neurowissenschaftliche Affektforschung integriert Forschungen zur Affektentwicklung mit der Bindungsforschung und mit Untersuchungen zur Hirnreifung vom Säuglingsalter bis zur Adoleszenz. Diese Integration hat dazu geführt, dass neuere Stufenmodelle des Affekts in der Regel folgende Elemente umfassen:

1.  die Hirnreifung;

2.  wie die Bindungsbeziehung zwischen Bezugsperson und Kind die Affektentwicklung fördert;

3.  wie sich verschiedene neurophysiologische Systeme im Dienst der Affekt- und Selbstregulation entwickeln;

4.  wie frühe Bindungsstörungen zwischen Kind und Bezugsperson und/oder Traumata in der späteren Kindheit zur signifikanten Dysregulation der Affekt- und Selbstentwicklung und schließlich zu spezifischen Formen von Psychopathologie im Erwachsenenalter wie Persönlichkeits- oder dissoziativen Störungen führen (Fonagy, Gergely, Jurist a. Target 2002; Ogawa, Sroufe, Weinfield, Carlson a. Egeland 1997; Schore 1994; Sroufe, Egeland, Carlson a. Collins 2005).

Trotz der wachsenden Zahl und Differenziertheit der Theorien zur Affektentwicklung sind Untersuchungen, die sich speziell mit den klinischen Implikationen oder, besser gesagt, den Anwendungsmöglichkeiten befassen, immer noch relativ selten. Innerhalb der psychoanalytischen Schule ragen die bahnbrechenden Arbeiten von Krystal (1988) und McDougall (1985) heraus, die ausführliche Beschreibungen der klinischen Manifestationen affektiver Fehlregulation bei erwachsenen Psychotherapiepatienten liefern. Ablon et al. (1993) stellen ein detailliertes theoretisches Modell der Affektregulation vor und besprechen anschließend mehrere Bereiche seiner klinischen Anwendung, zum Beispiel die unterschiedlichen klinischen Affektmanifestationen bei Patienten in allen Lebensphasen – von Trauma, Sucht und Psychosomatik bis hin zum Alltagsleben. Fosha (2000) hat die Bindungsforschung direkt auf Sitzungen mit Psychotherapiepatienten angewandt. Bei ihrer Arbeit als Therapeutin bietet sie ihren überwiegend erwachsenen Patienten mit Persönlichkeitsstörungen die volle Präsenz und innere Einstimmung (attunement) einer Bindungsbeziehung, die auf den unmittelbaren Gefühlszustand des Patienten ausgerichtet ist; das versetzt diesen in die Lage, negative Affektzustände in die positiven Kernaffekte zu transformieren, die sich bei einer angemessenen Regulation der Bindungsbeziehung zeigen.

Ein größtenteils unterentwickeltes Gebiet der klinischen Anwendung betrifft die Frage, wie man Patienten hilft, bestimmte affektregulatorische Kompetenzen zu erlernen. In einigen der ersten Arbeiten über Hypnotherapie finden sich Darstellungen über bestimmte Affekt-Skills wie Watkins’ Technik der Affektbrücke (affect bridge technique 1971). Brown und Fromm (1986) beschreiben einige hypnotherapeutische Techniken zur Verbesserung des Affekterlebens und seines Ausdrucks und zur Abschwächung starker Affektzustände. Phillips und Frederick (1995) erläutern eine Vielzahl hypnotherapeutischer Instrumente zur Aktivierung innerer Ressourcen, zur Steuerung von Affekten und zur Dissoziationsauflösung bei traumatisierten Patienten. Aus einer kognitiv-verhaltenstherapeutischen Perspektive entwickelte Lineham (1993) ein Arbeitsbuch, das zahlreiche praktische Kompetenzen für den Umgang mit Affekten bei Borderline-Patienten vermittelt, wie etwa die Kernfähigkeit zur Achtsamkeit und korrekten Wahrnehmung von Affektzuständen, Distress-Toleranz-Training, Selbstberuhigungstechniken und Fertigkeiten zur Verringerung negativer und zur Verstärkung positiver Gefühle.

Das vorliegende Buch von Carolyn Daitch schließt eine Lücke, indem es große Fortschritte im kompetenzbasierten Ansatz der Affektregulation macht. In einem einzigen Band hat sie die umfassendste Sammlung von derzeit verfügbaren affektregulatorischen Fertigkeiten zusammengetragen und stellt über dreißig konkrete Methoden in ihrer Affekt-»Toolbox« vor. Zu jedem Affekt-»Tool« liefert sie eine ausführliche Beschreibung, ein sorgfältig formuliertes und detailreiches Skript, gefolgt von Fallbeispielen, die die Anwendung der affektregulatorischen Fertigkeit veranschaulichen. Das Buch bietet nicht nur eine lose Sammlung von Tools, sondern ist in vier unterschiedliche Ebenen oder Stufen von affektregulatorischen Fähigkeiten gegliedert.

Der Fokus dieses Buches liegt auf der Anwendung dieser Fertigkeiten bei emotional überreaktiven Patienten. Mit großer Expertise zeigt die Autorin ausführlich und anschaulich auf, wie sie die Methoden aus der Affekt-Toolbox bei Patienten mit Angststörungen in der Einzeltherapie ebenso wie bei emotional überreaktiven Klienten in der Paartherapie anwendet. Die Fallbeispiele machen deutlich, dass sie bestimmte Affekt-Tools sorgfältig auf die dargelegten Probleme und den Persönlichkeitsstil des einzelnen Patienten abstimmt.

Auch wenn Carolyn Daitch diese Affekt-Tools als Teil der Hypnotherapie vorstellt, sind sie doch eigenständige Techniken, die auch in jeder anderen Therapieform eingesetzt werden könnten. Für Hypnotherapeuten ist das Buch von Dr. Daitch das einzige über klinische Hypnose, das speziell den affektregulatorischen Fähigkeiten gewidmet ist. Noch wichtiger ist, dass die Autorin deutlich macht, dass diese Affekt-Tools nicht ausschließlich auf die Therapiesitzungen zielen. Sie sind vielmehr als praktische Hilfen konzipiert, die der Patient mitnehmen und bei Bedarf in seinem Alltag nutzen kann. Dieses Buch hat viel zu bieten, das für jeden Therapeuten und für die meisten Patienten von unmittelbarem Nutzen ist.

Daniel Brown, Ph. D.‚ ABPH

Harvard Medical School

Vorwort von Claire Frederick

Obwohl ich Hunderte von Büchern zu den Themen Psychotherapie, Hypnose, Trauma und Dissoziation besitze, könnte ich die zehn oder zwölf Bücher, die mir eine echte Hilfe bei meiner therapeutischen Arbeit sind und die ich immer wieder zur Hand nehme, mühelos auf einem einzigen Regalbrett unterbringen. Zu diesen zerfledderten Büchern kehre ich immer wieder zurück, wenn ich etwas über Theorien, Techniken oder Skripte nachschlagen will oder besser verstehen möchte, wie man Theorie in klinische Praxis überträgt. Glücklicherweise bietet dieses hypothetische Regalbrett mit den wertvollsten Büchern noch Platz für ein weiteres – für Carolyn Daitchs Affektregulation: Hypnotherapeutische Interventionen für überreaktive Klienten.

Dieses Buch hilft uns beim Umgang mit einer großen Population von Patienten, die unter dem Problem der Überreaktivität leiden. Dabei handelt es sich um eine Konstellation von Merkmalen, die bei mehreren Achse-1-und Achse-2-Störungen des DSM auftauchen und Therapeuten häufig vor große praktische Herausforderungen stellen. Die meisten meiner Patienten, die auf dem Vulkan ihrer Ängste und Hyperempfindlichkeiten leben, sind meist in der Lage, innerhalb meines Behandlungsraums die Ruhe und Entspannung der Hypnose-Erfahrung zu erleben. Doch oft berichten sie, dass es ihnen nicht gelingt, diese Erfahrung in ihrem Alltagsleben nachzugestalten. Sie sind zwar durchaus fähig, die positiven Wirkungen der Selbsthypnose zu erleben, wenn sie nicht unter akutem Stress stehen, aber sie fühlen sich schon in normalen Alltagssituationen nackt, verwundbar und exponiert. Viele geraten durch Ereignisse und Situationen, die gar nicht besonders stressig zu sein scheinen, unter extremen Stress. Sie sind wandelnde Beispiele für Carolyn Daitchs Erkenntnis, dass »die Gesprächstherapie allein einfach nicht die unmittelbare Erleichterung oder die langfristigen Ergebnisse bringt, die diese Patienten brauchen«.

Das vorliegende Buch ist ein klinischer Klassiker. Wir erfahren darin, warum der Mann, der überempfindlich auf jeden normalen Witz reagiert, die Frau, die bei jeder Kleinigkeit in die Luft geht, und die Person, die uns bekannt vorkommt, weil sie soziale Situationen wenn irgend möglich meidet, etwas gemeinsam haben. Mehrere Behandlungsmodalitäten, von der Psychopharmakologie bis zur dialektischen Verhaltenstherapie, haben versucht, die Bedürfnisse dieser Patientenpopulation in Angriff zu nehmen. Was bei jedem Therapieprogramm für überreaktive Patienten erforderlich ist, ist ein Umtrainieren der Wahrnehmungs- und Reaktionsmuster, was zu einer Restrukturierung dieser neuen Reaktionen im zentralen Nervensystem, einer Neuprogrammierung auf bessere Wahrnehmungen und Reaktionen, zu einer echten »Entwicklungsreparatur« führt. Carolyn Daitch legt detailliert dar, wie wir vorgehen müssen, um Patienten zu helfen, dieses Ziel zu erreichen.

Das Buch beschreibt Schritt für Schritt, wie man die notwendigen therapeutischen Ziele über mehrere Stufen erreicht. Weil dieses Programm fest im Utilisationsprinzip, in Psychoedukation und Selbsthypnose verankert ist, führt es den Patienten wie kein anderes existierendes Programm dieser Art zu Selbstfürsorge, Meisterschaft und Selbstwirksamkeit. Mit elegantem Eklektizismus erklärt es uns, wie man Patienten beibringt, sich ihren schmerzlichsten Gefühlen zu stellen und neue Arten des Denkens, Fühlens und Reagierens zu entwickeln, die, wenn sie einmal erlernt und in den Alltag integriert sind, zu tief greifenden und dauerhaften Veränderungen führen.

Dieses wissenschaftlich fundierte, integrative und umfassende Buch füllt eine schmerzliche Lücke im Bereich der hypnosegestützten Psychotherapie. Es ist ein Schatz, zu dem ich immer wieder zurückkehren werde.

Claire Frederick

Tufts University School of Medicine

Einleitung

Einer meiner regelmäßigen Klienten, Bill, ein 43-jähriger Psychotherapeut, berichtete wieder einmal von einem Beispiel für die Unsensibilität seiner Frau Karen. Seine Geschichte, durchsetzt von Versuchen trockenen Humors, drehte sich darum, dass seine Frau Karen ihn aus seiner Sicht auf einer Dinnerparty, die sie vor Kurzem besucht hatten, gedemütigt hatte. Im Laufe des Essens kam das Gespräch offenbar auf die jeweiligen häuslichen Renovierungsprojekte der Gäste. Bill zufolge ergriff Karen diese Gelegenheit, um einen langen und detaillierten Bericht darüber abzuliefern, wie er bei dem Versuch gescheitert war, einen neuen Holzfußboden in der Küche zu verlegen, was zu einer horrenden Verschwendung von Zeit und Arbeit geführt hatte. Karen bestand schließlich darauf, dass sie einen Handwerker holten, der die Aufgabe beenden sollte. Bill gab nach und ließ das Projekt fallen. Laut Bill hatte seine Frau dann auf der Dinnerparty weitere Beispiele für seine handwerkliche Inkompetenz zum Besten gegeben und sich – auf seine Kosten – großartig amüsiert.

Bill war von einer äußerst kritischen, emotional distanzierten Mutter erzogen worden und reagierte auf jede Art von Kritik, insbesondere von seiner Frau, überaus empfindlich. Durch Karens Verhalten auf der Party hatte er sich unzulänglich und vor seinen Freunden gedemütigt gefühlt. Seine erste Reaktion bestand darin, dass er auf der Heimfahrt seine Wut herausließ und sie wegen ihrer mangelnden Sensibilität anschrie und beschimpfte.

Wie Bill berichtete, reagierte Karen ihrerseits auf seinen Ausbruch, indem sie ihm vorwarf, überempfindlich und humorlos zu sein.

Als sie zu Hause ankamen, war offenkundig, dass sie in einer Sackgasse steckten. Später zog er sich emotional von seiner Frau zurück und sprach mehrere Tage lang kaum noch ein Wort mit ihr. Sie reagierte auf seinen emotionalen Rückzug, indem sie an drei aufeinanderfolgenden Tagen abends nicht zum Essen nach Hause kam und den Kontakt vermied, wenn sie dann schließlich kam.

Ich mochte Bill. Er war gescheit und kompetent, aber neigte eindeutig zur Überreaktivität. Außerdem war er ein angesehener Kollege und es ehrte mich, dass er meine Hilfe gesucht hatte. Ich fühlte mich allerdings auch unter Druck, ihn gut zu beraten. Ich gab mir alle Mühe und bot eine alternative Deutung von Karens Verhalten an, indem ich darauf hinwies, dass sie ein Mensch sei, der sich nach Aufmerksamkeit sehne und das starke Bedürfnis habe, anderen zu gefallen, was sie zum Teil dazu motiviert hätte, die Geschichte zu erzählen. Ich legte mehrere Strategien dar, um Bill zu helfen, seine verletzten Gefühle direkt zu kommunizieren und seine Frau in ein konstruktives Gespräch zu verwickeln, anstatt laut zu werden oder sich zurückzuziehen.

Auf meine Vorschläge hin seufzte er und meinte: »In diesem Zimmer ist es so leicht, vernünftig zu denken, aber wenn ich zuhause bin, fühlt es sich manchmal unmöglich an. Es ist, als würde ich von meinen Emotionen überflutet, und dann bin ich unfähig, das in der Therapie Gelernte umzusetzen.« Damit beschrieb Bill zutreffend ein Problem, vor dem Therapeut und Klient gleichermaßen stehen. In der abgeschlossenen und geborgenen Struktur des therapeutischen Settings ist es natürlich leicht, rationale Reaktionen zu lehren und intentionale Verhaltensweisen einzuüben, aber in Situationen, in denen bestimmte Reize stärker werden als die besten Absichten, ist es extrem schwierig für den überreaktiven Klienten, diese Strategien anzuwenden.

Bill blieb ein paar Monate in der Therapie, brach sie dann aber ab, ohne seine Beziehungsprobleme gelöst zu haben. Er verstand die Konzepte der Beziehungsheilung, ging mit diesen Problemen tatsächlich auch in seiner eigenen Praxis um, und er war zu Veränderungen motiviert. In gewisser Weise war er der ideale Klient. Doch ohne konkrete Instrumente, die er unmittelbar einsetzen konnte, um seine Überreaktionen zu unterbrechen, war er nicht in der Lage, das Gelernte umzusetzen und die Ergebnisse der Therapiearbeit auf seinen Alltag zu übertragen. Ich war ziemlich enttäuscht, dass Bill die Therapie vorzeitig abbrach.

Die Entstehung der Toolbox für die Affektregulation

Die Arbeit mit Bill gab mir die wertvolle Gelegenheit, meinen üblichen therapeutischen Ansatz zu überdenken, und brachte mich zu der Erkenntnis, dass wir für Menschen mit übermäßig reaktivem emotionalen Stil eine fortgeschrittenere, mehr integrative therapeutische Methode brauchen, um dauerhafte Veränderungen in ihrem Verhalten zu fördern. Die Erfahrung bestärkte mich in der Überzeugung, dass die Gesprächstherapie allein einfach nicht die unmittelbare Erleichterung oder die langfristigen Ergebnisse bringt, die diese Patienten brauchen.

Ein etwas späterer Fall in meiner Praxis bietet ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass konzeptuelle Strategien und eine stärkere Integration praktischer Werkzeuge für die Affektregulation viel bewirken können. Nachdem man bei Lydia Lungenkrebs diagnostiziert hatte, kam sie wegen einer Raucherentwöhnung zu mir. Obwohl sie es schaffte, die Sucht zu überwinden, verbesserte sich ihr Zustand leider nicht. Sie blieb bei mir in Therapie, bis sie eineinhalb Jahre später starb.

Lydia beschrieb sich selbst als überreaktiv. Sie berichtete von wiederkehrenden interpersonalen Konflikten mit ihrer Tochter und ihrem Exmann, mit ihrer Schwester und mit Arbeitskollegen. In ihrer vorherigen Therapie hatte sie erfolgreich Einblick in die Dynamik dieser Beziehungen gewonnen und erkannt, inwiefern diese Dynamik auf ihre Herkunftsfamilie zurückzuführen war. Trotz der Einsicht, zu der sie gelangt war, hielt das Muster weiter an. »Ich verstehe es, jedenfalls auf intellektueller Ebene«, erklärte Lydia früh in der Behandlung. »Ich weiß, dass unsere Eltern meine Schwester und mich in vielerlei Hinsicht verletzt haben. Aber ich muss mein Verhalten ändern. Ich möchte, dass sich etwas ändert, vor allem im Verhältnis zu meiner Tochter. Ich kann es mir nicht mehr leisten, Zeit mit Konflikten zu vergeuden. Und mein Körper braucht definitiv keinen weiteren Stress.« Die nachfolgende Therapie konzentrierte sich anfangs auf zwei Hauptziele: Erstens sollte sie Lydia helfen, mit der Vielzahl der unvermeidlichen Gefühlsreaktionen umzugehen, die durch die Diagnose eines metastasierenden Krebses ausgelöst wird, und zweitens sollte sie ihr helfen, in den Beziehungen zu den Menschen, die ihr am nächsten standen, intentionaler vorzugehen.

Im Laufe der Behandlung machte ich Lydia mit den meisten Instrumenten der Toolbox vertraut. Im Vordergrund der Therapie stand das Entspannungstraining, damit sie die unvermeidlich aufsteigende Angst verringern konnte, wenn sie sich mit der bedrohlichen Krankheit und deren Behandlung auseinandersetzte. Zudem unterwies ich Lydia in den Interventionen zur Impulskontrolle, damit sie sich bei den Gesprächen mit ihrer Tochter und ihrer Schwester bewusster verhalten konnte. Sie wurde mit Instrumenten ausgestattet, die ihr ermöglichten, Zugang zu den positiven Gefühlen gegenüber ihren Nächsten zu erlangen und diese aufrechtzuerhalten, auch wenn sie sich kritisiert und missverstanden fühlte. Außerdem lernte Lydia, sich selbst zu beruhigen, indem sie sich regelmäßig ihre Unterstützungspersonen vorstellte, insbesondere die Teilnehmerinnen ihrer Krebs-Selbsthilfegruppe. Mit Ausdauer und Disziplin übte Lydia die Anwendung der Tools und berichtete, dass sie vor allem beim Umgang mit den täglich aufsteigenden Wellen der Angst und Verzweiflung, die sie vorher überwältigt hatten, hilfreich waren. In einer unserer letzten gemeinsamen Sitzungen sagte sie mir, dass sie die Tools als Geschenk in ihren letzten Lebensjahren betrachte.

Profil des überreaktiven Klienten

Als Therapeut weiß man, dass überreaktive Menschen einen hohen Preis für ihren emotionalen Stil zahlen, weil er sie ihren inneren Frieden kostet und ihre Lebenszufriedenheit drastisch einschränkt. Und man weiß, wie entmutigend es sein kann, nicht in der Lage zu sein, ihnen die Techniken zu vermitteln, die zu langfristigen Ergebnissen führen. Für diese Klienten kann die Hilfe bei Problemen wie den folgenden gar nicht früh genug kommen: Sie durchlaufen normalerweise eine Reihe von konfliktreichen Beziehungen, insbesondere zu Partnern und/oder Arbeitskollegen, zeigen Symptome der Angst und leiden häufig unter psychosomatischen Erkrankungen und Überreaktionen auf körperliche Symptome. Zusätzlich haben sie Schwierigkeiten in einem oder mehreren der folgenden Bereiche. Es fällt ihnen schwer:

Wenn es Klienten wie Bill, die solche Symptome regelmäßig erleben, nicht gelingt, die psychotherapeutischen Techniken, die sie in der Praxis des Therapeuten lernen, in ihrem Alltag anzuwenden, geraten sie häufig in eine Abwärtsspirale der Resignation. Viele kommen schon mit einem Gefühl der Hoffnungslosigkeit in die Therapie und sind dann völlig verzweifelt, wenn es so scheint, als wären sie hoffnungslose Fälle, denen nicht einmal mehr ein »Experte« wie der Therapeut helfen kann. Manche Klienten »agieren nach innen« und geben sich selbst die Schuld für ihr wahrgenommenes Versagen oder schämen sich dafür. Diese Schamgefühle verstärken dann ein ohnehin übermäßig ausgeprägtes Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit. Andere »agieren nach außen«, sind wütend auf den Therapeuten, weil »es nicht funktioniert«. Sie erklären dann vielleicht, die Therapie sei reine Zeit- und Geldverschwendung, brechen jede Behandlung ab oder suchen sich einen anderen Therapeuten, der »es richtig macht«.

Da die Stressreaktion so schnell und heftig ausgelöst wird, ist es die Aufgabe des Therapeuten, den Klienten beizubringen, wie sie mit schnell induzierten Ruhezuständen intervenieren können. Man muss Interventionen anbieten, die so wirkungsvoll sind, dass sie dem Klienten ermöglichen, Ereignisse rationaler zu deuten und größere Kontrolle über unangemessene oder übertriebene emotionale Reaktionen zu gewinnen.

Es reicht häufig nicht aus, dem Klienten lediglich Einsichten anzubieten oder ihm durch eine Veränderung kognitiver Schemata beizubringen, Trigger umzudeuten. Meiner Erfahrung nach muss man erst die Stressreaktion auflösen, bevor eine veränderte Interpretation eines Ereignisses oder einer Reaktion möglich ist.

Diese Auffassung ist von zentraler Bedeutung für die erfolgreiche Behandlung überreaktiver Patienten.

Wie die Einbeziehung der Hypnose in die Psychotherapie das Behandlungsergebnis verbessert

Die Kombination hypnotherapeutischer Techniken mit der Psychotherapie bringt eine Vielzahl von kurz- und langfristigen Vorteilen für den Klienten. Der Therapeut kann nach relativ kurzer Zeit mit folgenden Ergebnissen rechnen:

Unmittelbare Vorteile für den Klienten

Der Klient ist besser in der Lage:

Langfristige Vorteile für den Klienten

Auf lange Sicht kann man mit folgenden Resultaten für den Klienten rechnen:

Dem Therapeuten bietet die Einbeziehung dieser Tools in seine übliche psychotherapeutische Praxis die Möglichkeit, die tief greifenden und dauerhaften Veränderungen zu bewirken, die ihm bei der Behandlung von überreaktiven Klienten lange versagt geblieben sind.

Ich arbeite seit 1977 als Psychotherapeutin und befasse mich seit 1981 mit Hypnose. Ich bin immer wieder dankbar, dass meine Klienten ihr Vertrauen in mich setzen, und war stets bestrebt, bei der Behandlung meiner Klienten so effektiv wie möglich zu sein. Als junge Psychologin hatte ich das Glück, einige exzellente Lehrer zu finden, die mir etwas über Hypnose beibrachten und mir dadurch ein wirkungsvolles Mittel an die Hand gaben, um Therapieergebnisse zu verbessern. Wie ich zu meiner Freude entdeckte, verkürzt Hypnose die Dauer der Therapie und lässt sich nicht nur mit anderen therapeutischen Ansätzen verbinden, sondern verstärkt deren Wirkung. Die Entspannungskomponente, die typischerweise mit dem Trancezustand einhergeht, hatte als solche bereits eine dramatische Wirkung – fast jedes klinische Leiden verbesserte sich, wenn der Patient in der Lage war sich zu beruhigen. Da Hypnose zudem ein kreativer Prozess für Therapeuten sein kann, der analytisches Denken, Intuition und einen poetischen Sprachgebrauch zur Schaffung von Imaginationen umfasst, war es eine sehr lohnende Unternehmung, die nicht nur mir selbst, sondern auch anderen überarbeiteten Therapeuten geholfen hat, einem Burn-out entgegenzuwirken.

Inspiration für dieses Buch

Meine Begeisterung für diese Arbeit wird angetrieben durch die enorme Verantwortung, die meine Kollegen und ich dafür tragen, dass Klienten wie Bill, die ihr Vertrauen in uns setzen, eine anständige Gegenleistung für ihre Zeit, ihr Geld und ihr Vertrauen erhalten. Entschlossen, konkrete Strategien zu entwickeln, um den Transfer und die Aufrechterhaltung der therapeutischen Arbeit zu verbessern, stützte ich mich auf meine Hypnoseausbildung, um verschiedene schnelle, leicht zu erlernende Techniken zu entwickeln, die den Klienten helfen sollten, die dramatischen emotionalen Veränderungen, die sie in meinem Behandlungsraum erlebten, in ihrem Alltag aufrechtzuerhalten. Aus dieser Arbeit entstand das, was ich als meine Toolbox bezeichne. Nachdem ich die darin enthaltenden Werkzeuge viele Jahre überarbeitet, sie erfolgreich bei Klienten angewandt und andere Therapeuten darin unterwiesen habe, stelle ich sie jetzt in diesem Buch vor, damit auch Sie erfolgreich mit überreaktiven Klienten arbeiten können.

An wen wendet sich dieses Buch?

Dieses Buch wendet sich an drei Lesergruppen. Das sind zum einen Psychotherapeuten, die wenig oder keine Erfahrung mit Hypnose haben, also Praktiker mit unterschiedlichem Hintergrund und unterschiedlichen theoretischen Ausrichtungen, die ihre Fähigkeiten ausweiten möchten, um ihren überreaktiven Klienten effektivere und praktischere Lösungen anbieten zu können. Die zweite Gruppe sind Therapeuten, die bereits gewisse Kenntnisse über Hypnoseverfahren haben und/oder sich gerade darin ausbilden lassen. Die dritte Gruppe besteht aus erfahrenen Hypnotherapeuten, die vielleicht von einigen neuen Ideen profitieren können.

Therapeuten mit wenig oder keiner Erfahrung in Hypnose

Auch ohne formelle Hypnoseausbildung lassen sich viele der in diesem Buch vorgestellten Hypnosetechniken gut meistern. Doch wie bei jeder psychotherapeutischen Unternehmung wird der Therapeut umso kompetenter und erfolgreicher sein, je größer sein Wissen und seine Erfahrung sind. Von daher kann dieses Buch als Sprungbrett in den dynamischen Bereich der Hypnose dienen. Therapeuten, die kaum oder gar nicht in Hypnose oder geführter Imagination geschult sind, können von diesem Buch profitieren, weil es eine Besprechung und Zusammenfassung von Standardhypnoseverfahren bietet, ebenso wie konkrete Skripts, die man als Vorlage nutzen kann, um bestimmte affektive Fehlregulationen in Angriff zu nehmen. So befasst sich insbesondere Kapitel 3 mit vorbereitenden Überlegungen, zum Beispiel der Frage, wie man die Tools mit eher herkömmlichen Therapieansätzen kombiniert, Sitzungen strukturiert und maßgeschneiderte Skripts konzipiert und darbietet. Kapitel 4 präsentiert den Grundpfeiler zur Beendigung der Überreaktivität und beschreibt, wie man das Time-out-Tool anwendet und eine einsetzende Überreaktion erkennt und unterbricht. Kapitel 5 befasst sich mit den Grundlagen der Beruhigung, Fokussierung und Vertiefung eines hypnotischen Zustands. Die meisten Therapeuten haben diese Entspannungstechniken im Rahmen ihrer Ausbildung kennengelernt, sodass es ihnen nicht schwerfallen wird, sie in ihre Arbeit zu integrieren. Viele weitere Tools, wie die in Kapitel 6 beschriebenen, lassen sich relativ leicht lernen. Therapeuten, die die Tools hilfreich für die Herbeiführung therapeutischer Veränderungen finden, werden ermutigt, sich in klinischer Hypnose ausbilden zu lassen. Exzellente Schulungen werden angeboten von der American Society of Clinical Hypnosis, der Society for Clinical and Experimental Hypnosis und der International Society of Hypnosis. (Siehe Anhang für Kontaktinformationen.)

Hypnotherapeuten mit mittlerem Erfahrungslevel

Für Therapeuten, die gerade dabei sind, ihre Kenntnisse in Hypnotherapie zu vervollkommnen, bietet dieses Buch neue Werkzeuge, die ihre Entwicklung fördern können. Kapitel 6, das das Herzstück der Toolbox vorstellt, und Kapitel 7, das sich auf das Proben und den Transfer der Techniken konzentriert, sind in dieser Hinsicht vielleicht besonders nützlich. Für Hypnotherapeuten, die ihre Kompetenzen weiter ausfeilen möchten, kann dieses Buch das Dauerproblem lösen, das viele angehende Hypnotherapeuten und solche mit mittlerem Erfahrungslevel plagt. Ich nenne es das »Was mache ich, wenn ich da bin?«-Dilemma, weil viele Therapeuten wissen, wie sie einen Klienten in Trance versetzen, aber nicht wissen, wie sie mit der Hypnose weitermachen sollen, um auf die konkreten Bedürfnisse des einzelnen Klienten einzugehen. Die Kapitel 8 bis 11 sollen bei der Beantwortung dieser Frage helfen und bieten dem Leser maßgeschneiderte Skripte, die spezifische Symptomkonstellationen aufgreifen.

Erfahrene Hypnotherapeuten

Erfahrene Hypnotherapeuten finden in diesem Buch Darstellungen von angewandten Theorien und Hypnoseinterventionen, die ihnen möglicherweise schon bekannt sind, aber noch einmal aus einer etwas anderen Perspektive beleuchtet werden. In den Kapiteln 4 und 5 kann man sich sicherlich einen sehr guten Überblick über die Grundlagen verschaffen. Für erfahrene Therapeuten finden sich in Kapitel 6 einige neuere, anspruchsvollere Materialien ebenso wie in den folgenden Kapiteln, in denen zahlreiche Tools auf verschiedene Fallbeispiele angewandt werden. Der Schwerpunkt von Kapitel 7 liegt auf der Einübung und dem Transfer des in der Therapie Gelernten, ein Thema, das in vielen Büchern über Hypnose vernachlässigt wird. Zu dem Material, das von besonderem Interesse für erfahrene Hypnotherapeuten sein könnte, gehört:

Das übergreifende Ziel dieses Ansatzes ist es, dass die Klienten die Techniken der Affektregulation lernen und beherrschen, um die Abhängigkeit vom Therapeuten abzubauen und die Behandlungsergebnisse über den Behandlungsraum hinaus auszubauen und zu generalisieren. Dazu werden die grundlegenden Tools beschrieben, die den Klienten befähigen, sich selbst zu helfen, wann immer sie außerhalb des Therapieraums spüren, dass sich eine Überreaktion ankündigt. Zudem bietet das vorliegende Buch neue Instrumente und Skripte für die Arbeit mit anhaltenden klinischen Problemen, auf die wir bei unserer Arbeit häufig stoßen. Ein deutlicher Schwerpunkt liegt auf bestimmten Formen der hypnotischen Sprache und Ausdrucksweise, die sich nach meiner Erfahrung als besonders wirkungsvoll erweisen. Die Kapitel 10 und 11 sind ebenfalls von Interesse, weil praktische Strategien für die Integration von Hypnoseinstrumenten in die Beziehungstherapie beschrieben werden.

Alle Leser

Für alle Therapeuten, die dieses Buch lesen, kann ich gar nicht genug betonen, wie wichtig es ist, den Klienten beizubringen, sich eine Auszeit zu nehmen, um die Überreaktion zu erkennen und zu durchbrechen, wie in Kapitel 4 dargestellt. Unabhängig davon, was der Klient als sein Therapieziel beschreibt, muss der Therapeut ihm vermitteln, wie wichtig es ist, sich Zeit zu nehmen, um die habituellen Reaktionsmuster zu unterbrechen. Was das betrifft, lege ich auch erfahrenen Therapeuten die Lektüre von Kapitel 4 ans Herz.

Ein weiterer Bestandteil des Prozesses, auf den alle Therapeuten achten sollten, sind die in Kapitel 7 beschriebenen Vorteile des Rehearsals. Dieses Einüben und Proben des Verhaltens erfordert Initiative und Engagement vom Klienten. In vielen Büchern über Hypnose und in Ausbildungssitzungen wird die Notwendigkeit, dass der Klient aktiv an seiner Gesundung mitwirkt, vernachlässigt oder zumindest nicht ausreichend betont. Klienten müssen insbesondere darauf geschult werden, regelmäßig ein Time-out zu nehmen und die Anwendung der Tools zu üben, sobald sie beunruhigende emotionale Reaktionen erleben; diese Strategien können nur erfolgreich wirken, wenn die Klienten die Techniken wiederholt allein zu Hause trainieren.

Bitte beachten Sie, dass es nicht erforderlich ist, die Tools in jeder Sitzung oder für die Gesamtheit einer gegebenen Sitzung anzuwenden. Auf eine Therapiesitzung, in der mit Hypnose gearbeitet wurde, folgt häufig eine Sitzung, in der die Aufmerksamkeit darauf konzentriert ist, dass der Klient von wichtigen Erfahrungen erzählt, von Fortschritten oder Hindernissen berichtet oder der Therapeut auf andere Elemente einer eher herkömmlichen Therapie abstellt. Bei anderer Gelegenheit können auch ein paar Minuten innerer Fokussierung mit der abgekürzten Variante eines Tools dessen Anwendung verstärken und einer Botschaft an den Klienten mehr Nachdruck verleihen.

Die Toolbox für die Affektregulation

Die Toolbox ist eine Sammlung von Ressourcen für viel beschäftigte Therapeuten, die sich praktische und leicht vermittelbare Interventionen wünschen. Ein großer Vorteil ist, dass die Tools anpassungsfähig sind und auf die speziellen Bedürfnisse des einzelnen Klienten eingestellt werden können. Außerdem lassen sie sich als Ergänzung zu jeder bestehenden Form von Psychotherapie nutzen.

Die Tools sind äußerst anpassungsfähig

Bitte beachten Sie, dass man bei allen Klienten dieselben Tools nutzen kann, dass aber auch jedes Tool abgewandelt und auf die speziellen Bedürfnisse des einzelnen Klienten abgestimmt werden kann. Wie man die Tools anwendet, hängt von den besonderen Bedürfnissen des Klienten im gegebenen Moment der Therapie ab. Die einzigartige Geschichte jedes Klienten, seine Äußerungen und Reaktionen dienen als Richtschnur für die perfekte Anpassung des Tools. So gibt es beispielsweise eine Gruppe von Tools, die dem Klienten hilft, duale Perspektiven zu entwickeln. Durch diese Technik erkennt der Klient, dass es möglich ist, Zugang zu zwei gegensätzlichen Gedanken und Gefühlen in einer Situation zu erlangen. Dieses Konzept könnte sich zum Beispiel für jemanden eignen, der unter einer Angststörung leidet und dann die Erfahrung macht, dass er zwar eine vorübergehende Angst verspürt, aber gleichzeitig darauf vertraut, dass alles gut ausgehen wird. Für einen Klienten, der mit übertriebener Wut auf seinen Partner reagiert, eröffnet der Ansatz vielleicht den gleichzeitigen Zugang zu zärtlichen und liebevollen Gefühlen.

Ein bestimmtes Werkzeug lässt sich so abwandeln, dass es die speziellen Bedürfnisse des einzelnen Klienten erfüllt, indem der Therapeut es durch persönliche Informationen, die er über den Klienten hat, zum Beispiel über dessen frühere Erfolge, Stärken, Interessen oder geistige Fähigkeiten, auf diesen Klienten abstimmt. Wenn der Therapeut beobachtet, dass eine Klientin mitten in einer Paarberatung in überreaktive Muster verfällt oder wenn sie in der Therapiesitzung mit einem gefürchteten Reiz konfrontiert wird, gibt er ihr vielleicht den Rat, abermals das Time-out-Tool einzusetzen und den Prozess zu wiederholen. Genauere Anleitungen, wie man bestimmte Tools auswählt und/oder an die speziellen Bedürfnisse von Klienten anpasst, finden sich in Kapitel 3.

Die Toolbox bietet eine Ergänzung zu anderen Therapieformen

Durch die Anwendung konkreter Tools, die die Überreaktivität verringern, können Klienten zudem besser von anderen Ansätzen wie kognitiv-verhaltenstherapeutischen Techniken profitieren. Bill O’Hanlon, ein bekannter ericksonscher Psychotherapeut, verglich den traditionellen Psychotherapieprozess mit dem Versuch, »Gelee an einen Baum zu nageln« (persönliche Mitteilung, 9. Juli 1989). Wie O’Hanlon zutreffend sagt, ist die Arbeit mit traditioneller Psychotherapie an sich schon eine Herausforderung; von daher kann ein ergänzendes therapeutisches Mittel wie die Hypnose offenkundig hilfreich sein. Die Tools lassen sich auch erfolgreich mit weiteren Ansätzen verbinden, wie der Imago-Therapie für Beziehungen, Desensibilisierung, Konfrontationstherapie und Ego-State-Therapie, um nur einige zu nennen. In Kapitel 3 werden weitere Beispiele beschrieben, wie man die Tools mit anderen therapeutischen Ansätzen verbinden kann.

Führt eine Therapie zur Problemlösung, zu verbesserten Beziehungen und generell zum Erfolg für den Klienten, so profitiert auch der Therapeut davon. Es gibt nichts Schöneres für einen Therapeuten als die Erfahrung, dass er einem Klienten sagt, er könne ihm helfen, und dann tatsächlich dazu in der Lage ist. Es bedeutet eine große Erleichterung für den Therapeuten und steigert das Selbstvertrauen ebenso wie das Gefühl der eigenen Kompetenz.

Überblick über das Buch

Kapitel 1 gibt einen Überblick über die Auswirkungen der Überreaktivität auf das Leben von Klienten und über die Vorteile, die der Einsatz von hypnotherapeutischen Fokussierungstechniken bringt. Da viele Psychotherapeuten keine umfassende neurowissenschaftliche Ausbildung haben, bietet Kapitel 2 eine kurze Zusammenfassung der physiologischen Grundlagen der Psychologie und ihrer Zusammenhänge mit Emotionen und Überreaktivität. In Kapitel 3 wird erörtert, wie die Tools andere therapeutische Ansätze ergänzen können und an welchen Grundregeln der Therapeut sich orientieren kann, um die Tools erfolgreich zu vermitteln – dazu gehören Psychoedukation ebenso wie die Fragen, wie man Sitzungen strukturiert, um eine optimale Umgebung zu schaffen, wie man die Skripte unter Betonung des Utilisationsprinzips individualisiert und wie man mit Hindernissen wie Widerstand oder schwacher Resonanz umgeht. In den Kapiteln 4 bis 7 wird die eigentliche Toolbox vorgestellt, die ich in vier Stufen unterteilt habe. Kapitel 4 führt den Leser in Stufe 1, die Grundlagen der Toolbox, ein, wozu zum Beispiel das Time-out-Tool zur Unterbrechung von Überreaktionen gehört. Kapitel 5 deckt die zweite Stufe ab und erläutert, wie man unter Einbeziehung mehrerer traditioneller Hypnoseinduktionen einen Zustand ruhiger, fokussierter Aufmerksamkeit herstellt und vertieft. Dem Gros der Tools begegnet der Leser erstmals in Stufe 3 in Kapitel 6, das eine detaillierte Beschreibung jeder Technik in Verbindung mit einem vorgeschlagenen Skript umfasst. Der Schwerpunkt von Kapitel 7 liegt auf Stufe 4, Verhaltenserprobung und Transfer, und in den Kapiteln 8, 9, 10 und 11 wird an Beispielfällen beschrieben, wie die Tools in einer Vielzahl unterschiedlicher therapeutischer Kontexte zum Einsatz kommen, zum Beispiel bei Klienten mit Angststörungen, bei der Ehe- und Partnerschaftstherapie oder bei anderen Beziehungen (Eltern/Kind, Arbeitskollegen oder Freunden). (Es ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den beschriebenen Beispielen zum Teil um echte Fälle handelt, die mit Erlaubnis der Klienten wiedergegeben werden, und zum Teil um inhaltliche Zusammensetzungen von mehreren Fällen. Die Namen der betreffenden Personen und andere persönliche Informationen sind durchgängig geändert.) Kapitel 12 konzentriert sich auf Hindernisse und Herausforderungen. Kapitel 13 bildet den Abschluss des Buches, und der Anhang bietet eine Zusammenstellung empfohlener Literatur, Videos und weiterer Ressourcen für Leser, die sich intensiver mit Hypnotherapie beschäftigen möchten.

Mein Anliegen in diesem Buch ist es, Ihnen eine Sammlung von Tools an die Hand zu geben, mit der Sie Ihren Klienten helfen können, die »eingefahrenen Reaktivitäts-Gleise« zu verlassen und in ein selbstbestimmtes, erfolgreiches und glückliches Leben aufzubrechen. Zudem hoffe ich, dass auch Sie am Ende die tiefe Befriedigung empfinden, die andere Therapeuten aus der Anwendung der Toolbox gezogen haben, weil sie ihren Klienten die bestmögliche Therapie anbieten – die Therapie, die aus der tief empfundenen Überzeugung erwächst, das Beste für seine Klienten zutun, indem man dynamische und doch praktische Tools einsetzt, von denen sie für den Rest ihres Lebens profitieren können. Für diese Klienten gilt wahrlich der alte Spruch: »Gibst du einem Menschen einen Fisch, ernährst du ihn für einen Tag; bringst du ihm das Fischen bei, wird er sein Leben lang zu essen haben.« Ihnen beizubringen, selbst erfolgreich mit ihrer Überreaktivität umzugehen, kann einen echten und dauerhaften Wandel bewirken.