image

Adam Gottlieb

image

und andere psychoaktive Kakteen

image

 

image

»Der weisse Mann geht in seine Kirche und spricht über Jesus; der Indianer geht in sein Tipi und spricht mit Jesus.«

Quanah Parker (1839–1911)

Adam Gottlieb

image

und
andere psychoaktive Kakteen

image

image

Aus dem Amerikanischen von Jolanda Suzuki-Tschudin

Der Verleger ruft nicht zu Gesetzesübertretungen auf, und dieses Buch verfolgt nicht die Absicht, zum Gebrauch illegaler Substanzen zu ermuntern oder ihn zu fördern. Das hier präsentierte Material stellt eine Information dar, welche der Öffentlichkeit zugänglich sein sollte.

Umschlagabbildungen von oben nach unten:

Pelecyphora aselliformis, Ariocarpus trigonus, Ariocarpus fissuratus var. lloydii, Strombocactus disciformis (Fotos: R. Dicht)

Copyright aller Farbabbildungen © 2000 by Reto F. Dicht & Christian Rätsch

Verlegt durch

Nachtschatten Verlag, Kronengasse 11, CH-4502 Solothurn

www.nachtschatten.ch – nachtschatten@datacomm.ch

Copyright der Originalausgaben »Peyote And Other Psychoactive

Cacti« © 1977 by Kistone Press und © 1997 by Twentieth Century Press;

Copyright der s/w-Abbildungen im Inhalt © 1997 Ronin Publishing, Inc.

Copyright © 2000 der dt. Ausgabe by Nachtschatten Verlag, Solothurn

Umschlaggestaltung: Barbara Stalder

Lektorat und Satz: Ulrich Pützstück

Fachliche Begutachtung: Reto F. Dicht, Rolf Huber

Herstellung: Lego Print

Printed in Italy

ISBN 3-907080-66-1
eISBN 978-3-03788-261-0

Alle Rechte der Verbreitung durch Funk, Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger jeder Art, elektronische Medien und auszugsweiser Nachdruck sind vorbehalten.

Inhalt

Vorwort zur deutschen Ausgabe

Einleitung

Natürliches Peyotevorkommen im Rückgang

Die Wandlung der Seelen: Peyote, Wahrnehmung und Bedeutung bei den Huichol-Indianern Mexikos

Meskalin, Peyote und das Gesetz

Peyote

Die Erfahrung

Anwendungen

Das Finden und Ernten von Peyote

Andere Kakteen aus Zentralmexiko

San Pedro

Züchtung von Peyote und anderen Kakteen

Einführung und Umwelt

Das Züchten von Peyote und anderen Kakteen aus Samen

Kakteen züchten aus Ablegern und das Aufpfropfen

Aufpfropfen von Peyote und anderen Kakteen

Fehlerbehebung bei Pflanzenproblemen

Die Wirksamkeit steigern

Extrahieren von purem Meskalin

Extraktion gemischter Alkaloide

Glossar der Kaktus-Alkaloide

Bezugsquellen

Vorwort zur deutschen Ausgabe

Kakteen haben sich während der letzten 60 bis 80 Millionen Jahren aus blatttragenden, nicht sukkulenten (wasserspeichernden) Vorgängern auf dem amerikanischen Kontinent entwickelt. Die Zunahme von trockenen und halbtrockenen Klimazonen förderte ihre Verbreitung, doch war die Ausbildung einmaliger morphologischer, physiologischer und reproduktiver Anpassungen nötig, um unter den extremen Bedingungen zu überleben. Dies erklärt die grosse Vielfalt von auf verschiedene Ökosysteme spezialisierten Arten und Formen, die sich auch in den Ergebnissen der in neuerer Zeit durchgeführten chemischen Analysen von Inhaltsstoffen von Kakteen wiederspiegelt.

Dabei sind die in diesem Buch besprochenen psychoaktiven Substanzen nur ein Aspekt. Seit der prähispanischen Zeit bis heute werden Kakteen auch in der traditionellen Medizin verwendet, etwa als Schmerzmittel, Antibiotika, Diuretika, gegen Husten, Verdauungsstörungen, bei gewissen Herz- und Kreislaufstörungen, bei offenen Wunden, zur Blutzuckeroder Cholesterinsenkung etc. Die psychoaktive Stoffe enthaltenden Kakteenarten wurden stets nur von kleinen Eingeborenengruppen für religiös-magische Kulte benutzt.

Interessanterweise gehören die meisten der psychoaktive Substanzen produzierenden Kakteenarten zu den nicht oder kaum bedornten Arten. Die teils sehr komplexen chemischen Substanzen dienen offenbar als Schutz dieser weichen, wasserhaltigen Pflanzen gegen Pflanzenfresser (Ziegen, Nager etc.). In der Tat lassen sich in der Natur an diesen Arten keinerlei Tierfrassstellen finden, im Gegensatz etwa zu den dornigen, holzigen Tonnenkakteen (Echinocacteen) oder den Feigenkakteen (Opuntien).

Auch wenn Kakteen trockene, unwirtliche Steppenzonen bewohnen, sind viele durch Urbanisierung, intensivierte Landwirtschaft, Industrialisierung, Strassenbau etc. bedroht, die seltenen, oft endemischen Arten auch durch Händler bzw. Sammler aus aller Welt. Gerade die Arten der kaum bedornten Gattungen wie Ariocarpus, Pelecyphora, Aztekium oder Obregonia sind bei Sammlern sehr begehrt und bereits im 19. Jahrhundert bezahlte der Fürst Kotschoubey für drei Pflanzen des später nach ihm benannten Ariocarpus kotschou-beyanus das Gegengewicht in Gold.

Zum Schutz der bedrohten Arten haben deswegen verschiedene Staaten strenge Gesetze erlassen. So ist etwa in Mexiko das Sammeln nicht nur von Pflanzen, sondern sogar von Pflanzenteilen (Früchte, Samen etc.) strengstens untersagt und wird auch streng geahndet. Die Internationale Konvention bedrohter Tier- und Pflanzenarten (CITES) führt eine Liste bedrohter Arten, in deren Anhang I (stark bedrohte Arten) auch folgende, in diesem Buch erwähnte Arten aufgeführt sind: sämtliche Arten der Gattung Ariocarpus, Astrophytum asterias, Aztekium ritteri, Obregonia denegrii, Pelecyphora aselliformis und Pelecyphora strobiliformis.

Die übrigen erwähnten Arten, insbesondere auch Lophophora williamsii (Peyote) weisen sehr grosse Verbreitungsgebiete auf und gelten nicht als stark bedroht. Ihr Besitz fällt aber nicht nur unter das Pflanzenschutzgesetz, sondern auch unter das Betäubungsmittelgesetz und wird besonders rigoros geahndet.

Lange nicht alle Pflanzen mit den Charakteristiken der Familie der Kakteen (Dornen, Sukkulenz), gehören auch zu dieser; es gibt andere Pflanzengruppen, auch auf anderen Kontinenten als Amerika, die als adaptive Antwort auf die trockenen Lebensbedingungen die gleichen morphologischen und physiologischen Anpassungen ausbildeten (z.B. Agaven, Euphorbien, Crassulaceen etc.) und von Laien oft kaum von Kakteen unterschieden werden können. Da viele Sukkulentenarten bezüglich chemischer Inhaltsstoffe noch nicht genügend erforscht sind, muss vor Selbstversuchen mit nicht exakt bestimmten und nicht genügend dokumentierten Arten dringend gewarnt werden, da einige auch kardiotoxische und neurotoxische Stoffe enthalten, die zu irreversiblen Schäden führen können.

Dr. Reto F. Dicht

(Mitglied der Internationalen Organisation für Sukkulenten-forschung, IOS, Experte für die Kakteengattung Coryphantha)

image

San Pedro und Doñana

Einleitung

Viele Menschen wissen mittlerweile um die psychoaktiven Auswirkungen von Peyote. Es gibt jedoch auch unzählige andere Kakteenarten, die halluzinogene Eigenschaften haben. Darunter finden sich Doñana aus Nord Mexiko, San Pedro aus den Anden, drei verwandte meskalinhaltige Arten aus Südamerika und mindestens fünfzehn Arten, die von den Indianern Zentralmexikos als Peyoteersatz verwendet werden. Von Botanikern und Chemikern werden immer noch Untersuchungen der Inhaltsstoffe dieser Kakteen durchgeführt und sie machen dabei bemerkenswerte Entdeckungen.

In diesem Buch werden einige dieser Kakteen behandelt, um den Lesern zu schildern, was die Wissenschaftler bis jetzt herausgefunden haben. Verschiedene Methoden der Einnahme werden genauso vorgestellt wie Techniken der Kakteenzucht und der Steigerung des Gehaltes an Meskalin und anderen Alkaloiden. Ausserdem wird das Extrahieren von mit Meskalin vermischten Alkaloiden aus Kakteen beschrieben. Und nicht zuletzt gibt es eine kurze Abhandlung über den gesetzlichen Status dieser entheogenen Kakteen sowie Namen und Adressen der Lieferanten, von denen diese Pflanzen beziehungsweise die Samen bezogen werden können.

image

Natürliches Peyotevorkommen im Rückgang

Von Leonard Mercado*

Peyote ist in der Chihuahua-Wüste heimisch (besonders in Abschnitten des Rio Grande Tals im Süden Texas und weiter südlich bis zum Staat San Luis Potosi in Mexiko) und ist seit sehr langer Zeit eine Handelsware. Die Pflanze wurde während der letzten 100 Jahre im Staate Texas für kommerzielle Zwecke geerntet, auch wenn heute der Verkauf per Gesetz auf Mitglieder der Amerikanischen Eingeborenenkirche eingeschränkt ist. Diese Glaubensgemeinschaft hat heute schätzungsweise mindestens 250 000 Mitglieder und die Jahresernte einzelner Pflanzen oder Knospen liegt ungefähr in Millionenhöhe. Wenn die Pflanzen richtig geerntet werden, wachsen aus den alten Wurzeln neue Köpfe, und so werden sich neue Pflanzen entwickeln können. Leider werden die Pflanzen oftmals zu tief abgeschnitten und nur wenige oder keine Wurzeln im Boden belassen.

Diese Art der kommerziellen Ernte und die Tatsache, dass ein Grossteil der »Peyote-Gärten« in Texas ausgerottet werden, um neues Weideland zu schaffen, tragen dazu bei, dass viele der kleinen, langsamwachsenden Kakteen wie Peyote verschwinden. Deshalb haben sich die Gegenden, wo man Peyote finden könnte, beträchtlich verringert. In dem Gebiet, wo Peyote einstmals in kommerziell ertragreichen Mengen blühte, fehlt dieser Kaktus jetzt gänzlich. Wir Mitglieder der Peyote-Stiftung sind uns einig, dass ein Programm zum Schutz von diesem Kaktus schon längst überfällig ist. Wir unterstützen nicht nur die Erhaltung von Peyote in seiner Heimat, sondern finden auch, dass es in der Verantwortung der Verehrer dieses göttlichen Kaktus liegt, ihn zu züchten. Dies ist auch eine Möglichkeit, eine Beziehung zu der Pflanze aufzubauen, und gleichzeitig die genetische Mannigfaltigkeit und das Wohlergehen der Spezies zu erhalten.

Wir möchten eine Samenbank gründen, die es ermöglicht, Samen von anerkannten Peyotehändlern kaufen zu können. Diese Samen sollen von der Peyote-Stiftung zu dem Zweck verbreitet werden, um entweder wieder in der freien Landschaft ausgesät zu werden oder einem zukünftigen sakralen Gebrauch zu dienen. Vielleicht sind die texanischen Händler irgendwann damit einverstanden, gewisse Gebiete abwechselnd für eine bestimmte Zeit nicht abzuernten. Das würde den jungen Peyotes genügend Zeit lassen, um zu reifen und einen dauerhaften Bestand zu bilden. Gegenwärtig wird Peyote noch oft im unreifen Zustand geerntet.