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Forum Theologie & Gemeinde

Material zum geistlichen Dienst

Band 23.1

 

theologisch kompetent – praktisch relevant

 

 

 

 

 

Ende gut – alles gut!?

Beiträge zur Eschatologie aus pfingstlicher Sicht

Mit Beiträgen von

Ole Dost, Hubert Jurgensen

und Bernhard Olpen

 

Herausgegeben vom

Forum Theologie & Gemeinde des BFP

 

 

 

Teilband 1

 

Die Autoren

Ole Dost, Studienrat und Pfarrer der Evangelischen Kirche in Württemberg. Nach seinem Studium am Theologischen Seminar BERÖA schloss sich ein Studium der Evangelischen Theologie an der Universität Tübingen an. Dort beschäftigte er sich u. a. mit den Textfunden aus Qumran, was seine Neugierde weckte und zu weiteren Forschungen bzgl. des frühen Judentums führte. Derzeit ist er für den Religionsunterricht an den Gymnasien in Sulz am Neckar und Oberndorf am Neckar verantwortlich.

Dr. Hubert Jurgensen hat sich im Rahmen einer Promotion an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Straßburg und als langjähriger theologischer Dozent an pfingstlichen Theologischen Seminaren mit dem Thema der neutestamentlichen Eschatologie intensiv beschäftigt. Es ist ihm ein großes Anliegen, zu einem ausgewogenen und biblisch fundierten Umgang mit den damit verbundenen Fragen innerhalb der Pfingstbewegung beizutragen.

Dr. Bernhard Olpen, leitender Pastor des „Christlichen Zentrums Düsseldorf“ (CZD), Dozent für Neuere Kirchengeschichte am Theologischen Seminar BERÖA sowie stellvertretender Leiter des Theologischen Ausschusses des BFP. Er ist Autor mehrerer Bücher zu geschichtlichen und kirchengeschichtlichen Themen. 

 

 

 

 

© 2016 Copyright Forum Theologie & Gemeinde (FThG) im Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden KdöR, Erzhausen

 

Bibelstellen sind aus dem Grundtext übersetzt oder, wenn nicht anders angegeben, der Revidierten Elberfelder Bibel, © 1985/1991/2006 SCM R. Brockhaus, Witten, entnommen.

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigungen in Form von Kopien einzelner Seiten oder Ausdrucken einzelner Abschnitte (digitale Version) sind nur für den privaten Gebrauch bzw. innerhalb einer Ortsgemeinde gestattet. Alle anderen Formen der Vervielfältigung (Mikrofilm, andere Verfahren oder die Verarbeitung durch elektronische Systeme) sind ohne schriftliche Einwilligung durch das Forum Theologie & Gemeinde nicht gestattet.

 

Umschlagbild: Zeit © PhotoSG – fotolia.com

Layout, Umschlag u. Realisierung E-Book: admida-Verlagsservice, Erzhausen

Druck: Breitschuh & Kock, Kiel

 

ISBN der Printausgabe: 978-3-942001-74-8

ISBN der E-Book-Ausgabe: 978-3-942001-30-4

Bestell-Nr. buw039

 

Forum Theologie & Gemeinde (FThG)

Industriestr. 6–8, 64390 Erzhausen

fthg@bfp.de • www.forum-thg.de

 

Inhalt

Vorwort

A Endzeiterwartungen des Judentums zwischen dem Alten und dem Neuen Testament als Auslegungshilfe für die Verkündigung Jesu und der Apostel (von Ole Dost)

1 Einführung

1.1 Vorbemerkungen

1.2 Was meint „Frühjudentum“?

1.3 Entstehung und Eigenart der frühjüdischen Eschatologie

1.4 Was ist Apokalyptik?

2 Die Verfasser der apokalyptischen Schriften, ihre theologische Prägung und ihre gesellschaftliche Verortung

2.1 Die Pharisäer

2.2 Die Verfasser der Qumran-Funde und verwandter Texte

2.2.1 Die Schatzhöhlen am Toten Meer

2.2.2 Die Schatzkammer in Kairo

2.3 Die Zeloten

3 Endzeiterwartungen und Erlösergestalten in Beispielen

3.1 „Deine Toten werden leben, die Leichen stehen wieder auf; wer in der Erde liegt, wird erwachen und jubeln!“

3.2 Der Menschensohn

3.2.1 Der Ausgangspunkt: Dan 7,13f.27

3.2.2 Der Menschensohn im äthiopischen Henochbuch (1. Henoch)

3.2.3 Der Menschensohn in der Esra-Apokalypse

3.2.4 Der Menschensohn Jesus Christus

3.3 Erlösergestalten mit dem Messiastitel

3.3.1 Das „duale System“

3.3.2 Der Feldherr im eschatologischen Kampf

3.3.3 Der heilende Messias

3.3.4 Der unübersehbare Messias

3.4 Der himmlische Hohepriester

4 Jesus und frühjüdische Endzeiterwartungen – ein Fazit

5 Literaturverzeichnis

B Die Wiederkunft Christi erwarten – Ein neuer Blick auf 1. Thessalonicher 4,13–5,11 aus pfingstlicher Perspektive (von Hubert Jurgensen)

1 Einführung

2 Hoffnung für die Toten in Christus: Eine exegetische Studie zu 1Thess 4,13–18

2.1 Anlass und Zweck

2.2 Synchrone Textanalyse

2.2.1 Kontext

2.2.2 Abgrenzung, Kohärenz und Struktur

2.2.3 Philologische, grammatische und rhetorische Analyse

2.3 Diachrone Textanalyse

2.4 Textaussage bzw. -botschaft

2.5 Schlussfolgerung

3 Wie man im Licht der kommenden Parusie lebt: Eine exegetische Untersuchung von 1Thess 5,1–11

3.1 Anlass und Zweck

3.2 Synchrone Textanalyse

3.2.1 Kontext

3.2.2 Abgrenzung, Kohärenz und Struktur

3.2.3 Philologische, grammatische und rhetorische Analyse

3.3 Diachrone Textuntersuchung

3.4 Textaussage bzw. -botschaft

3.5 Schlussfolgerung

C Eschatologie in der Geschichte der Pfingstbewegung (von Bernhard Olpen)

1 Einleitung

2 Naherwartung als klassisches Kennzeichen des Erweckungschristentums

3 Die Interpretation der Pfingsterweckung als Spätregen (Latter Rain)

4 Die soziologischen Implikationen der Spätregentheologie

5 Perspektiven für die pentecostale Eschatologie

Über den Herausgeber

 

Vorwort

Die sogenannte Lehre von den „letzten Dingen“ oder Eschatologie gehört zu den Grundanliegen der Pfingstbewegung seit ihren Anfängen.1 Ihre auf die Wiederkunft Jesu ausgerichtete Theologie und Spiritualität wurzelt in den neuzeitlichen Erweckungsbewegungen, letztendlich jedoch auch in der Wiederentdeckung der „Naherwartung“ der ersten christlichen Gemeinde. Eine sorgfältige Lektüre der Briefe des NTs offenbart die „Maranatha-Eschatologie“2 des Urchristentums, wenn auch Spuren der Ungeduld in der Erwartung der Wiederkunft Jesu in den Katholischen Briefen erkenntlich sind (2Petr 3,4). Erst später, in der nachapostolischen Zeit, geschah vermutlich eine grundlegende Abwendung von der „Naherwartung“ Christi (sog. „Enteschatologisierung“). Der Montanismus, der von Pepuza, einem kleinen Ort in Kleinasien, ausging und sich stark ab dem Ende des 2. Jahrhunderts verbreitete, ließ nochmals die „Naherwartung“ der Wiederkunft Jesu aufflammen. Leider ist diese prophetische Bewegung in Spekulationen über den genauen Zeitpunkt und den Ort der Wiederkunft entgleist. Zahlreiche spätere Randbewegungen der Großkirchen sind dieser Versuchung auch zum Opfer gefallen und wurden wie der Montanismus als Häresien bekämpft (z. B. die Milleriten, Vorgänger der Adventisten und der Zeugen Jehovas, die im 19. Jahrhundert in den Vereinigten Staaten lebten, bilden eines der bekanntesten Beispiele; sie hatten den Zeitpunkt der Wiederkunft Christi auf 1843 bzw. 1844–1845 festgelegt. Selbst der gelehrte schwäbische Pietist Johann Albrecht Bengel erwartete den Anfang vom ersten Millennium für den 18. Juni 1836; jedoch geschah auch nichts).

Die Pfingstbewegung und die sich anschließende charismatische Erneuerung sind nicht von eschatologischen Spekulationen verschont geblieben! Diese stehen häufig in Verbindung mit dem „Dispensationalismus“3, einer Nachfolgebewegung des englischen Darbysmus (Brüderbewegung), der die Wiederkunft Christi zur Entrückung der Gläubigen in das Tausendjährige Reich lehrt (Prämillenarismus). Die heilsgeschichtliche Auffassung dieser Bewegung steht jedoch in Konflikt mit dem Kern pfingstlicher Überzeugung, dass die Gnadengaben (Gr.: Charismata) aus 1Kor 12 heute noch wirksam sind. Das „Reden in neuen Zungen“ und der prophetische Dienst, die den Kern pfingstlicher Theologie und Spiritualität bilden, können nicht, wie behauptet wird, laut 1Kor 13,8ff („Cessationism“ oder Cessationismus) überholt sein! Die Wurzeln der Pfingstbewegung liegen in der Überzeugung, dass Gott in den letzten Tagen sich noch in besonderer Weise offenbart und ein neues Pfingsten, eine Ausgießung des Heiligen Geistes in einer bis jetzt in der Kirchengeschichte ungekannten Weise schenkt. So ist die Überzeugung, dass wir in den „letzten Tagen“ leben, Teil des Nährbodens der Pfingst- und charismatischen Kreise4. Die Eschatologie ist ultra-präsent, jedoch ohne dass sie zwingend in Spekulationen über Zeitpunkt oder Ort der Wiederkunft Christi ausartet.

Die Grundthese der Autoren dieses Bandes ist, dass die „Naherwartung“ der Wiederkunft Christi – so wie im Urchristentum – Teil eines lebendigen Christseins ist. Die versammelte christliche Gemeinde betet immer wieder das Maranatha-Gebet, ja, sie seufzt in der Erwartung, mit ihrem Herrn Jesus Christus wieder vereint zu werden: „beim Herrn zu sein“ oder die Gemeinschaft mit Christus zu genießen, ist der Hoffnungshorizont der Pfingstler und der Heilige Geist das Angeld der verheißenen Wiederkunft. Die „Naherwartung“ ist nicht wegzudenken, denn sie bildet ein Hauptmerkmal ihrer lebendigen Frömmigkeit. So ist die Eschatologie zwangsweise mehr als das letzte Kapitel der Dogmatik, vielmehr der Rahmen der gesamten christlichen Theologie. Die gesamte Heilsgeschichte der Menschheit baut auf der eschatologischen Erwartung der Vollendung auf, die von Christi messianischem Kommen und vom Versprechen seiner Wiederkunft gekennzeichnet ist! Das Reich Gottes ist in Christus angebrochen, jedoch bildet dies nur das Angeld auf die kommende Herrschaft Christi.5 Wenn die Theologie im Laufe der Jahrhunderte „enteschatologisiert“ wurde6, bzw. von der Eschatologie losgelöst und umgedeutet wurde, so können wir von einer Entfremdung oder einer Fälschung des Evangeliums Jesu Christi sprechen. Die Anhänger der Pfingst- und charismatischen Bewegungen haben dies wohl begriffen und sich davon distanziert. Ihre Gottesdienste und ihre Spiritualität insgesamt sind zutiefst geprägt von der „Naherwartung“ – wie in der ersten Gemeinde. Der langjährige Beobachter des Pentekostalismus, Prof. Dr. i. R. Walter Hollenweger, hat daher mit Recht von einem „enthusiastischen Christentum“ gesprochen.

Ein besonderer Dank geht an die Mitwirkenden dieses ersten Bandes zur Eschatologie7 in der Reihe des Forums Theologie & Gemeinde. Das Hauptziel ist zweifach: 1. wichtige Aspekte der neutestamentlichen Eschatologie (z. B. ihre Entstehung in der Spannung zwischen Spätjudentum und Verkündigung Jesu, das Kommen Christi und die Erwartung seiner Wiederkunft) zu beleuchten; 2. einen Überblick zur Geschichte und Hermeneutik der pfingstlichen Eschatologie zu vermitteln. In diesem ersten Band werden unveröffentlichte Beiträge sowie ein anderorts erschienener Artikel8 angeboten. Der Dipl.-Theol. Ole Dost, evangelischer Pfarrer und Ehemaliger des Theologischen Seminars BERÖA, befasst sich mit den spätjüdischen Wurzeln der christlichen Eschatologie und hilft dem Leser, den Hintergrund, nämlich die jüdische Apokalyptik, zu verstehen. Dr. Bernhard Olpen, Pastor und Historiker der Pfingstbewegung, bietet einen Einblick in die Eschatologie innerhalb der Pfingstbewegung an. Der Bandbegleiter, Dr. Hubert Jurgensen, fügt zwei bereits in englischer Sprache veröffentlichte Exegesen zu Kerntexten der christlichen „Naherwartung“ (1Thess 4,13–18 und 5,1–11) hinzu. Der zweite Band wird u. a. einen Überblick zur Hermeneutik pfingstlicher Eschatologie sowie eine ausführliche Exegese zu Offb 21,1–22,5 (die neue Welt Gottes) aus pfingstlicher Sicht anbieten. Diese Beiträge sind für theologisch Gebildete und interessierte Laien gedacht. Die Exegesen setzen jedoch Grundkenntnisse der griechischen Sprache voraus.

Dr. Hubert Jurgensen, D.Th.,

Dozent i. R. des Theologischen Seminars BERÖA

1 Die „Azusa-Street-Revival“ in Los Angeles (1906) unter der Leitung von William Seymour hatte schon diese eschatologische Ausprägung angenommen.

2 Ausdruck des Verfassers, der auf den Maranatha-Ausruf der frühen Christenheit zurückgeht. Der Begriff kommt aus dem Aramäischen: Marana-tha = unser Herr, komme! Oder Maran-atha = unser Herr ist gekommen! Das Erstere scheint eher ein Gebetsruf am Schluss des ersten Briefes an die Korinther (1Ko 16,22) zu sein. Es erinnert an das „Kyrie Eleison“ vieler christlicher Liturgien.

3 Die Hermeneutik des Dispensationalismus (Aufteilung der Heilsgeschichte in sieben Dispensationen) wurde anhand der Scofield-Bibel verbreitet. Zahlreiche populäre Schriften über die Endzeit (Prä-Tribulationismus) haben auch die Eschatologie vieler Pfingstler maßgeblich geprägt. Siehe dazu insbesondere den Beitrag von Dr. Bernhard Olpen in diesem Band.

4 Am stärksten ausgeprägt ist diese in den Spätregen- und „Restoration“-Bewegungen.

5 Diese Spannung ist ein grundlegendes Merkmal der christlichen Eschatologie: Das Reich Gottes ist jetzt schon angebrochen, aber noch nicht vollendet. Nico Strobel hat in einem früheren Band diese Spannung und ihre Auswirkungen auf die Frage der „Zeichen und Wunder“ der Krankenheilung ausführlich beschrieben.

Strobel, Nico: Die Spannung zwischen „Schon jetzt“ und „Noch nicht“. In: Denn es ging Kraft von Ihm aus! Beiträge zum Thema Heilung. Herausgegeben vom Bundes-Unterrichts-Werk des BFP. (Materialien zum geistlichen Dienst; 16). Erzhausen. 2010. S. 61–116.

6 Zahlreiche neuzeitliche Theologen haben diese Richtung eingeschlagen (siehe meine unveröffentlichte Doktorarbeit: Saint-Paul et la parousie, Université des Sciences Humaines de Strasbourg, 1992).

7 Dr. Bernhard Olpen und Dipl.-Theol. Ole Dost. Ein zweiter Band ist für 2017 geplant.

8 Dies gilt für den Artikel von Hubert Jurgensen, erschienen in englischer Sprache in Journal of Pentecostal Theology, 1994, 81-133.