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Nr. 222

– ATLAN exklusiv Band 83 –

 

Die stählernen Schwingen von Orxh

 

Ein Totgeglaubter erscheint – und die Welt des Friedens revoltiert

 

von Peter Terrid

 

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Das Große Imperium der Arkoniden kämpft um seine nackte Existenz, denn es muss sich sowohl äußerer als auch innerer Feinde erwehren. Die äußeren Feinde sind die Maahks, deren Raumflotten den Streitkräften des Imperiums durch überraschende Schläge schwere Verluste zufügen. Die inneren Feinde Arkons sind Habgier und Korruption der Herrschenden, die – allen voran Imperator Orbanaschol III. – nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind und das Gemeinwohl völlig außer acht lassen.

Gegen diese inneren Feinde des Imperiums ist der junge Atlan, der rechtmäßige Thronerbe und Kristallprinz von Arkon, der eine stetig wachsende Schar von verschworenen Helfern um sich sammeln konnte, bereits mehrmals erfolgreich vorgegangen. Selbst empfindliche Rückschläge oder unvorhersehbare Hindernisse entmutigen ihn nicht und hindern ihn und seine Helfer nicht daran, den Kampf gegen Orbanaschol, den Diktator und Usurpator, mit aller Energie fortzusetzen.

Die große Chance eines neuen Schlages gegen den Thronräuber sieht Atlan in dem Moment gekommen, als es ihm und Fartuloon, seinem Erzieher und Lehrmeister, gelingt, die Leiche Gonozals VII. von Hocatarr zu entführen und mit Hilfe des letzten noch in seinem Besitz befindlichen Lebenskügelchens aus dem Reich der Toten zurückzuholen.

Der Kristallprinz bringt seinen Vater nach Xoaixo, der Welt des Friedens, die sich durch das Erscheinen des Totgeglaubten sofort in einen Unruheherd verwandelt.

Hauptschauplatz des turbulenten Geschehens sind DIE STÄHLERNEN SCHWINGEN VON ORXH ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan und Fartuloon – Der Kristallprinz und der Bauchaufschneider machen ein Experiment.

Thaher Gyat und Zihat Baluch – Zwei alte Herren versetzen einen Planeten in Aufruhr.

Gonozal VII. – Ein Totgeglaubter erscheint.

Nander Guntakal – Gouverneur von Xoaixo.

Guma Tarthing – Ein Spitzel der POGIM.

1.

 

Verzweiflung war noch die schwächste Umschreibung für den Zustand, in dem ich mich befand. Ich saß in einer Zwickmühle gefangen, die bösartiger selbst der tote Sofgart nicht hätte erdenken können.

Es war dein Wille und Entschluss!, erinnerte mich das Extrahirn.

Natürlich, es war Fartuloons Idee gewesen, aber ich hatte sie aufgegriffen und durchgeführt. Letztlich trug ich die Verantwortung für das Geschehene.

»Vorwürfe helfen jetzt nicht viel«, meinte Fartuloon gelassen. »Wir müssen etwas unternehmen.«

Ich machte eine Handbewegung, die meine Ratlosigkeit offenkundig machte.

Mit zusammengebissenen Zähnen betrachtete ich meinen Vater.

Er war mein Vater, so, wie ich ihn kannte. Fartuloon und seine Helfer hatten ganze Arbeit geleistet. Die Auswirkungen, die die Einbalsamierung hervorgerufen hatte, waren nicht mehr zu sehen.

In dem Sessel saß ein hochgewachsener Mann, knapp vierzig Jahre alt. Das markante Gesicht, das meinem so ähnlich sah, musste jeder Arkonide kennen – so hatte Gonozal VII., Imperator des Großen Imperiums, zu seinen Lebzeiten ausgesehen. Jeder wusste auch, dass der Imperator bei einem Jagdunfall auf dem Planeten Erskomier ums Leben gekommen war. Seither regierte sein Bruder Orbanaschol das Imperium. Genaugenommen war Gonozal VII. immer noch tot, obwohl ich versucht hatte, ihn mit meinem letzten Lebenskügelchen aufzuwecken. Der Versuch war kläglich fehlgeschlagen. Aufgeweckt hatten wir den Körper; den Geist, den Verstand, die Persönlichkeit meines Vaters hatten wir nicht zurückrufen können. Vor uns saß ein lebender Leichnam.

Ich konnte den Blick nicht von der Gestalt wenden.

Diese lebende Leiche war mein Vater. Hatte ich das Recht, so mit seinem Leib zu verfahren? Was wussten wir schon über die andere Seite jener Grenze, die das Leben vom Nicht-Leben trennte. Fartuloon hatte behauptet: wäre dieser Körper beseelt, er würde mir auch in dieser Form helfen wollen. Das mochte stimmen, aber was, wenn Fartuloon sich irrte?

»Atlan!«, erklang Fartuloons Stimme und riss mich gewaltsam in die Wirklichkeit zurück. »Ich habe einen Plan.«

»Lass hören!«, sagte ich lustlos.

»Es hilft uns nichts, wenn wir Gonozal anstarren und ihn und uns bedauern«, stellte der Bauchaufschneider sachlich fest. »Ich gebe zu, dass dein Vater ein tragisches Schicksal erlebt. Es ist unsere Sache, dafür zu sorgen, dass seine Wiederbelebung einen Sinn bekommt. Ich habe Befehl gegeben, das System Llaga-del-Armgh anzufliegen. Dort wird der Imperator zum ersten Mal eingesetzt werden. Stimmst du mir zu, Atlan?«

Ich nickte stumm.

Er sprach von meinem Vater wie von einer neuartigen Waffe. In diesem Augenblick widerte er mich an.

Von den Planeten des Llaga-del-Armgh-Systems genoss Xoaixo den Ruf eines wahren Paradieses. Von den vier Kontinenten galt Sighan als der schönste, speziell an der Westküste. Von den Stätten an der Westküste wurde vor allem Ahjod seiner Schönheit wegen gerühmt, dort lagen die exklusivsten – und teuersten – Heime. Von diesen Heimen wiederum galt jenes als das erlesenste, das den Namen »Die Stählernen Schwingen von Orxh« führte. Dort wohnte die Creme de la Creme Xoaixos. Seinen Namen verdankte das Heim Thaher Gyat.

Thaher Gyat genoss den Ruf, die widerwärtigste, unausstehlichste, übellaunigste Person zu sein, die das Große Imperium zu bieten hatte.

Der Mann kokettierte wie eine alte Jungfer mit seinem Alter; seinen gelegentlichen Andeutungen zufolge hätte er die Erschaffung des Universums als technischer Direktor miterlebt haben müssen. Thaher Gyat überragte die meisten seiner Bekannten um mehr als zwei Köpfe, dafür war er nur halb so umfangreich wie sie. Seine Bewegungen waren gezeichnet von der Grazie eines schrottreifen Ballettrobots, seine Rede laut, anmaßend und voll Bosheit. Seine Flüche ließen selbst Kralasenenoffiziere schamrot werden, seine Komplimente riefen gelegentlich Ohnmachten hervor. Thaher Gyat verschlang Nahrungsmittel, als wolle er seinen Leibesumfang binnen einer Woche verzehnfachen, dazu trank er unmäßig.

Thaher Gyat war ein Scheusal, aber er war der Mann, der Orbanaschol ins Gesicht gesagt hatte, er sei ein aufgedunsener Schwachkopf.

Der Mann drehte sich ächzend im Bett herum und starrte blinzelnd an die Decke.

»Bei allen Göttern Xoaixos«, seufzte er wehleidig. »Schon wieder Morgen!«

In dem Raum brannte nur eine schwache Notbeleuchtung. In diesem Licht konnte Thaher von dem großen Chronometer neben seinem harten Bett ablesen, dass die Sonne in vierzig Minuten aufgehen würde. Thaher holte tief Luft, dann sprang er aus dem Bett. Sekunden später lief ihm eiskaltes Wasser über die mageren Schultern; auf die Annehmlichkeit eines warmen Duschbades verzichtete der alte Mann. Nach dem Bad zog er Sportkleidung an und verließ das Zimmer.

Die Gänge der »Stählernen Schwingen von Orxh«, waren menschenleer. Leise schritt der Mann die Korridore entlang. Die Wärme seiner Handfläche, die er gegen eine gekennzeichnete Platte presste, ließ die Tür zum Übungsraum geräuschlos aufschwingen.

»Guten Morgen«, wünschte Zihat Baluch freundlich. Sein braungebrannter, muskulöser Körper glänzte leicht im Licht der Deckenlampen. Nur auf der Stirn war der Schweiß deutlicher zu sehen. »Du hast dich verspätet.«

»Man wird langsam alt«, murmelte Thaher grinsend und streckte sich auf der Hantelbank aus. Dann begann er das schwere Gewicht zu stemmen, wieder abzusetzen, erneut zu heben ...

Zihat Baluch legte das Sprungseil zur Seite und kam näher. Kopfschüttelnd bemerkte er:

»Ich möchte wissen, wo du in deinem Körper die Muskeln untergebracht hast, die du für diese Übung brauchst. Vermutlich verstecken sie sich im Innern deiner Knochen.«

Thaher nahm den Spott kommentarlos hin. Er kannte Zihat seit vielen Jahren, seit sie mit dem gleichen Schiff nach Xoaixo gekommen waren.

Zihat Baluch war einige Jahre jünger als Thaher, aber jenseits von einhundert Jahren zählte der Unterschied nicht mehr viel. Baluch war, wie Thaher, Arkonide, aber er besaß im Gegensatz zu seinem Freund noch alle Haare. Zihat Baluch lag knapp unter der Durchschnittsgröße von Arkoniden, er war eher stämmig und muskulös und trotz seines hohen Alters noch sehr beweglich und ausdauernd. Zihat Baluchs Gesicht strahlte Freundlichkeit und Friedfertigkeit aus, während Thahers Raubvogelphysiognomie seinem Spitznamen »Der große Giftige« vollauf entsprach. Es ließ sich kaum ein Paar denken, das so gegensätzlich gewesen wäre, aber jedermann auf Xoaixo wusste, dass die beiden Männer fast unzertrennlich waren. Zihat Baluchs Aufgabe bestand darin, das Porzellan, das Thaher genussvoll zerschlug, leidlich zu kitten. Er entledigte sich dieser Aufgabe mit soviel Geschick, dass Thaher trotz seines mehr als rüpelhaften Benehmens nicht aus dem Heim gewiesen wurde. Genaugenommen wäre dies auch unmöglich gewesen, denn Gyat Thaher war der Besitzer der »Stählernen Schwingen von Orxh«.

Zwei Stunden lang trainierten die beiden Männer an den Geräten, hart und intensiv. Sportlich gesehen waren beide in Höchstform. Obwohl die Reize des Planeten Xoaixo zum Müßiggang verführten, achteten die Männer sorgfältig darauf, ihre körperliche Leistungsfähigkeit weitestgehend zu erhalten.

Nach den Trainingsstunden nahm Gyat Thaher ein zweites Duschbad, dann zog er sich vollständig an. Als er den großen, gemeinschaftlichen Speiseraum betrat, trug er weite, schmutzigbraune Hosen, reichlich mit irisierenden Schmuckbändern bestickt. Allerdings war deutlich zu sehen, dass diese Arbeit weder von einem Fachmann noch von einem Robot erledigt worden war. Ebenso schlampig gefertigt wirkte die weite Jacke mit dem schiefen Kragen und den deutlich erkennbaren Flicken, die allerdings zum größten Teil von den zahlreichen Orden und Ehrenzeichen verdeckt wurden, mit denen sich Gyat Thaher zu schmücken liebte. Bei jedem Schritt klingelten die glänzenden Metallstücke gegeneinander.

»Morgen!«, knurrte Thaher und schob sanft, aber nachdrücklich eine Frau zur Seite, die sich an der Essensausgabe angestellt hatte. Die Frau drehte sich empört herum und wollte protestieren, aber dann erkannte sie, mit wem sie es zu tun hatte. Verzerrt lächelnd wich sie zurück und machte Thaher Platz.

Thaher entschied sich für gebratenes Geflügel und eine riesige Portion knusprigen Gebäcks. Dass er das gebratene Wildgeflügel mit einer süßsauren Sauce förmlich ertränkte, wunderte nur einen betagten Arkoniden, der im Hintergrund des Speisesaals saß und angewidert das Gesicht verzog. Aus den Augenwinkeln heraus sah Thaher die Grimasse und beschloss, sich zu revanchieren. Erfahrene Gäste schmunzelten, als Thaher sich durch die Menge schob und auf den freien Platz gegenüber dem neuen Gast zusteuerte.

Thaher grinste den Mann freundlich an, dann setzte er das Tablett ab. Dabei stand ihm das Geschirr des alten Mannes im Wege. Schnell schob Thaher das Frühstücksgeschirr seines Gegenüber so zusammen, dass dem Mann kaum noch Platz blieb. Thaher ignorierte die Fassungslosigkeit des Mannes, setzte sich und streckte die Beine aus. Die Füße legte er nach alter Gewohnheit auf einen freien Stuhl. Thaher griff nach dem Geflügel, packte eines der Tiere mit beiden Händen und halbierte es mit einem kräftigen Griff. Sauce spritzte herum und traf auch den Gast, der Thaher Gyat mit einem Ausdruck fassungslosen Staunens betrachtete. Gierig schlug Thaher die Zähne in das saftige Fleisch; er kümmerte sich nicht darum, dass die schwere rote Sauce in dicken Tropfen an seinen Mundwinkeln entlang in den Kragenausschnitt tropfte. Mit saucenfeuchten Fingern griff Thaher nach den Keksen und stopfte sich einen davon in den Mund.

Der Anblick des unbekümmert essenden Thaher, der zudem deutlich hörbar schmatzte, ging über die Kraft des Gastes. Er raffte sich auf und sprach Thaher an:

»Hören Sie«, begann er. »Ich habe keine Lust, mir dies noch länger stillschweigend anzusehen!«

»Appetit bekommen?«, erkundigte sich Thaher mit vollem Mund. Sofort griff er nach einem Geflügelbein und drückte es seinem Gegenüber in die Hand. Sekunden später starrte auch die seidene Hose des Gastes von Saucenflecken.

Angewidert legte der Gast das Geflügelbein auf die Servierplatte zurück. Sein Gesicht nahm langsam einen Ausdruck wütender Entschlossenheit an. Betont energisch schob er Thahers Geschirr zurück und verschaffte sich selbst mehr Platz. Thaher schien dies nicht zu stören, ungerührt nahm er einen Keks und stippte ihn in die Tasse seines Tischnachbarn.

Die Tasse enthielt heißen Argyrt-Tee, ein Getränk, das leicht anregend wirkte, wenn es heiß und ohne Zucker genossen wurde. Jeder Krümel Zucker und jedes Grad Abkühlung verstärkte hingegen die sedative Wirkung des Getränks, das sich seines feinen Aromas wegen großer Beliebtheit erfreute, vor allem bei jenen Mitmenschen, die es sich leisten konnten, in der Form einer Tasse Argyrt-Tees das Monatseinkommen eines Raumsoldaten zu verzehren. Es war ein Getränk für Stutzer und Neureiche, und das wusste Thaher Gyat selbstverständlich.

Die Augen seines Gegenübers wurden groß und rund. Der Mann merkte, dass er im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses stand und dabei war, zum Gesprächsgegenstand des Tages aufzurücken. Wenn er sich nicht schnell und vor allem eindrucksvoll der Übergriffe des hageren Flegels erwehrte, würde man ihn wochenlang mit dieser Geschichte veralbern.

»Mein Herr!«, begann der Mann energisch. »Ich gestatte mir die Feststellung, dass Sie ein ausgemachter Flegel sind, dessen Tischmanieren jeder Beschreibung spotten!«

Thaher zog die linke Braue in die Höhe.

»Sie sehen auch nicht sehr manierlich aus«, meinte er ungerührt und deutete auf die befleckte Hose des Mannes. Die Tatsache, dass er als Zeigestock ein Stück Fleisch verwendete und so den Fleckenkatalog auf der Hose stark vergrößerte, führte zu einem unterdrückten Gelächter im Hintergrund.

Der Gast stand auf. Stehend überragte er den sitzenden Thaher beträchtlich, und dieser Umstand schien sein Selbstvertrauen zu stärken.

»Ich heiße Huzur Mistis«, stellte er fest. »Ich war Oberster Richter am Handelsgericht zu Olp'duor!«

Olp'duor war, wie Thaher Gyat genau wusste, einer der größten, wenn nicht der absolut größte Handelshafen von Arkon II. Huzur Mistis hatte zweifellos eine beachtliche Karriere hinter sich.

»Oberrichter?«, fragte Thaher kauend. »Mit solchen Hosen?«

Huzur Mistis sah an sich herunter, betrachtete die Flecken und schloss in einem Anfall ohnmächtiger Wut die Augen.

»Natürlich nicht«, fauchte er. »Ich bin ohne die Hosen Richter geworden!«

Das einsetzende Gelächter machte Huzur Mistis schnell klar, dass er verloren war. Es würde nur wenige Tage dauern, bis er auf dem ganzen Planeten als der Richter ohne Hosen bekannt sein würde.

»Ein interessantes Muster, das Sie da auf ihren Hosen haben«, bemerkte Thaher. »Es erinnert mich an eine Sternenkarte, an ein ganz bestimmtes Gebiet sogar ...«

»Die Stählernen Schwingen von Orxh!«, ergänzte der Chor der Gäste, es klang auf merkwürdige Weise erleichtert.

Thaher grinste still, während der pensionierte Richter sich erstaunt umsah.

Man hatte Mistis gesagt, dass die »Stählernen Schwingen von Orxh« etwas ganz Besonderes sei. Mit dieser Auslegung der Worte hatte Huzur Mistis nicht gerechnet. Der Mann winkte einen Robot heran. Die Maschine kam dem Befehl sofort nach.

»Ich wünsche, dass dieser Mann zum Verlassen des Speiseraums veranlasst wird!«, bestimmte Huzur Mistis. »Außerdem möchte ich den Inhaber sprechen!«

Thaher legte die Beine auf den Tisch.

»Das tun Sie bereits seit geraumer Zeit«, verkündete er grinsend. Im Hintergrund des Speisesaals wurde es sehr ruhig; jedermann wartete ab, wie sich Mistis aus dieser Klemme befreien würde.

Dem Richter war anzusehen, dass er weder ein noch aus wusste. Ratlos wanderte seinen Blick von dem leicht zerbeulten Robot zu Thaher, dann zu den Gästen, die ihn erwartungsvoll anstarrten.

Bevor Thaher etwas gegen die Attacke unternehmen konnte, hatte Huzur Mistis die offene Schale mit Gelee ergriffen und den Inhalt auf Thahers kahlen Schädel geschüttet.

»Sie haben mir gezeigt«, begann Huzur Mistis freundlich, »wie man den Farbton meiner Hosen besser zur Geltung bringt. Ich erlaube mir, mich mit einem alten Hausmittel gegen Kahlköpfigkeit zu revanchieren!«

Aus den Augenwinkeln heraus sah Thaher das Grinsen seines Freundes Zihat Baluch. Thaher wusste, dass die Szene jetzt auf Messers Schneide stand. Der plötzliche Mut des Richters hatte Thaher förmlich überrumpelt; gab er sich jetzt geschlagen, war der Ruhm der »Stählernen Schwingen von Orxh« für alle Zeiten vernichtet.

Die Orden und Ehrenzeichen an Thahers Brust klingelten, als sich der Mann aufrichtete. Unwillkürlich trat Huzur Mistis einen Schritt zurück, als Thaher sich in voller Länge vor ihm aufbaute.

Thaher streckte ihm die Hand entgegen und lächelte den Mann an.

»Gratuliere!«, sagte er. »Sie sind mir offenbar ebenbürtig. Darauf müssen wir trinken!«

Huzur Mistis strahlte über das ganze Gesicht, während sich bei den Gästen Fassungslosigkeit breitmachte. Gab sich Thaher wirklich geschlagen?

Thaher Gyat griff nach der noch halbvollen Tasse und drückte sie Huzur in die Hand; er selbst bediente sich am Fruchtsaft eines anderen Gastes, der die Szene mit angespannter Aufmerksamkeit verfolgte.

»Auf Ihr Wohl!«, sagte Thaher, setzte den Fruchtsaft an und leerte das Glas in einem Zug. Sofort folgte Huzur Mistis seinem Beispiel.

Erst als er die Tasse wieder auf den Tisch stellte, begriff der Richter, dass Thaher ihn erneut hereingelegt hatte. Er hatte die Tasse mit dem inzwischen längst erkalteten Argyrt-Tee geleert. Huzurs Augen schlossen sich halb, dann begann der Mann zu schwanken und fiel schließlich in die vorsorglich ausgebreiteten Arme Thahers. Zufrieden lächelnd übergab Thaher den Schlafenden an einen Robot.

»Bringt ihn ins Bett und sorgt dafür, dass er ausschläft!«, befahl er. Anschließend wandte er sich an den Chef der vollrobotischen Küche.

»Die Frühstückszeit ist beendet!«, stellte Thaher nach einem Blick auf die Uhr fest. »Abräumen!«

Es bereitete ihm großen Spaß, zu verfolgen, wie die Gäste, die von dieser Anordnung überrascht worden waren, in aller Eile soviel in sich hineinstopften, wie sich in der kurzen Zeit bewerkstelligen ließ, die die Servierrobots für diese Arbeit benötigten.

»Der Befehl für das Mittagessen fehlt noch«, erinnerte der positronische Küchenchef.

Thaher sah nachdenklich an sich herunter.