Inhaltsverzeichnis

Eins

 

 

 

 

 

 

WIE DIESE GESCHICHTE ANFING, IST SCHWER ZU SAGEN. Die Alte, die Fett­vettel Zeit, hockte über dem Beginnen wie eine Bruthenne. Ließ sie nicht los. Der Auftakt verschob sich von Jahr zu Jahr, bis sie endlich, ungefähr neunzehnhundertachtundsiebzig, ins Rollen kam. Die Protagonisten waren um diese Zeit schon lange geboren. Bert Willer zum Beispiel wurde gerade achtzehn Jahre alt und in die Partei aufgenommen, die vorgab, Siegerin der Geschichte zu sein und die herrschende Rolle zu spielen im Lande. Im Rollenspiel war die Partei aber keineswegs bewandert, stümperte sich eins im scheinlinken Fach und trumpfte mit der Faust des Geheimdienstes auf, wenn ihr das Spielen verging. Bert Willer trumpfte zurück, er fuhr zwei Tage nach seiner Parteiaufnahme zum Wehrbezirkskommando im Grauen Berlins und erbot seine Mitwirkung in der Roten Armee der Sowjetunion für drei Jahre. Damit hatte er erst einmal ausgesorgt, die Genossen hielten ihn für blau. Grün hinter den Ohren. Gelb vor Neid auf die roten Soldaten oder schwarz im Herzen hinter weißer beziehungsweise hautfarbener Fassade. So bunt gepudert konnte er es sich leisten, auf dreijährigen Waffendienst in hiesiger Armee zu verzichten und trotzdem den gewünschten Studienplatz zu bekommen. »Elender Zivilist!«, schimpfte sein Vorgesetzter noch am letzten Tag seiner anderthalb Jahre. Wie oft hatte er unter der Dusche gestanden, sich selbst geholfen und an seine Freundin gedacht, die im Grauen Berlins ausharrte und ein wenig dicker wurde ohne die Ausflüge zu zweit mit dem Fahrrad in die schöne Umgegend, die heute wieder Brandenburger Land heißt. Wie früher schon einmal, als die alte Fettvettel noch nicht den Atem angehalten hatte über dem Osten. Im Westen ließ sie es sich weiterdrehen, das Rad der Historie, hier aber verpasste sie ihm einen hübschen Stillstand unter der Glocke ihres Rockes. Mal sehen, dachte sie damals, wie lange das anhält. Und wirklich: Das Land gebärdete sich noch eine Weile, bäumte sich auf, wurde aber ruhiger und hielt irgendwann ganz still, um sie nicht aufzustören, die zundrige, plundrige Fettvettel Zeit über seinen Gefilden. Das war, als Bert Willer mit achtzehn Jahren in jene Geschichte eintrat, die hier zu verhandeln ist, deren Beginn aber schwer zu verorten bleibt angesichts der Umstände, unter denen sie begann. Unter dem Glockenrock der fetten Alten, im Grauen Berlins, das die rechte Kulisse abgab für solcherart Geschehen.

Bert Willer also hatte sich eine Braut geangelt. Nicht schlecht. Dass sein Alter für solcherart Aktivität nach den Berechnungen der Jugendforscher seines Landes genau richtig war, wusste er. Wusste überhaupt eine Menge. Von den Ausgrabungen um die Harappan Civilisation im Indus-Tal wusste er und von den Dead Sea Scrolls von Qumran, aber dass sich hieraus für ihn Gutes ergeben könnte, hatte er abgehakt. Das war seine bescheidenste Aussicht: ein großer Wissenschaftler zu werden und dann unter dem Glockenrock hocken zu bleiben. Sich nicht messen zu können mit jenen, die das Weltniveau bestimmten. Festzusitzen. Was aber war das Weltniveau? Seine Vorstellungen davon waren noch klein und krumm und den Gürkchen nicht unähnlich, die in der guten Lausitzer Salzlake schwammen. Seine Braut, Lou Kummer mit den rötesten Haaren und der sommersprossigsten Haut seit Edwina, der Spielplatzfreundin, studierte an der Universität Mathematik, wovor er einen Heidenrespekt sein Eigen nannte, und auch sie saß fest und litt ein wenig unter der Unlösbarkeit des Königsberger Brückenproblems. In der Einführung in die Kombinatorik hatte sie davon gelesen, hatte sich noch gewundert, dass es nicht Kaliningrader Brückenproblem hieß, aber dann war die Jahrezahl 1735 in ihr Bewusstsein aufgestiegen – jenes Jahr, in dem der Mathematiker Euler mittels Graphentheorie die Unlösbarkeit des Problems nachwies. Im Jahre 1735 gab es vielleicht Kalinin’sche Vorfahren, das schon, aber dass die Stadt einmal nach einem der Ihren, noch dazu einem verbrecherischen Exemplar der Gattung, heißen würde, war beim besten Willen nicht absehbar. Lou Kummers geheime Frage, ob die sieben Brücken über den Pregel noch existent seien, ließ sich ohnehin nicht beantworten, und so saß sie, und fest, und dachte hin und wieder an die Frage einiger früherer Königsberger Bürger, ob sie über jede Brücke genau einmal gehen konnten, ohne eine von ihnen zweimal zu betreten. Lou Kummer verlagerte das Problem in Städte, die sie kannte, auch wenn sie sich Brücken hinzudenken musste zum Stadtplan und die Insel im Fluss nicht einfach voraussetzen konnte. Ja, es war ganz hübsch, so etwas zum Nachdenken und Draufbeißen zu haben, und hätte sie davon gewusst, hätte sie feststellen können, dass in der Einführung in die Kombinatorik ein Staatsfeind sein Unwesen getrieben hatte: Es handelte sich um eine Lizenzausgabe eines weiter westlich, in München gelegenen Verlages, war eine fotomechanische Wiedergabe des mit Schreibmaschine getippten Manuskripts, und einer der Verfasser hatte für bestimmte Buchstaben ein Seiden- statt des normalen Kohlefarbbandes benutzt, sodass die schwimmenden, tänzelnden unter ihnen NIEDER MIT DEM SOWJETIMPERIALISMUS ergaben auf den Seiten 118 und 119, jenen übrigens, die vom hiesigen Geheimdienst abgesegnet worden waren wegen des Namens: Kaliningrader Brückenproblem sei eine irreführende Absurdität, man müsse schon bei der international üblichen Königsberger Angelegenheit bleiben. Das alles aber ahnte Lou Kummer nicht einmal, und hätte sie es getan, so wäre es eine erfrischende Affäre gewesen, denn natürlich hätte Lou darüber nicht schweigen wollen, sondern den Staatsfeind anzeigen, teeren und federn. So rot war sie damals, so blutgeduscht von den Opfern des Zweiten Weltkrieges, dass ihr die Hetze wider die rötlichste Siegermacht wie ein Flankenangriff auf die eigene Person vorkam.

Ihre Stimme war klein, kauerte weit hinten im Hals, zum Schreien reichte sie nicht. Wenn Lou Kummer, die immer ein wenig schneller auf dem Fahrrad unterwegs war, sich umwandte zu Bert Willer, öffnete sie nur kurz ihren Mund, und er wusste, dass sie ihm etwas mitteilen wollte. Er beschleunigte dann sein Radfahren, sie verlangsamte das ihre. Sie trafen sich, und manchmal fiel sie ihm einfach um den Hals und kostete ihn aus. Meist aber wuselte ihr Verstand in schnellen Sätzen durch sein Gehör, dass er ihm kaum folgen konnte.

Das gefiel ihm.

Sie heirateten zwei Jahre später, im Mai. Die alte Fettvettel Zeit hatte nichts dagegen, es kam ihr sogar gelegen. Lous Elternhaus ließ es sich, trotz ihres Widerwillens, nicht nehmen, eine angemessene Feierlichkeit zu inszenieren. Verwandte wurden eingeladen und Freunde. Der künftige Student Bert arbeitete zu jener Zeit für einige Monate als Fahrstuhlführer im Fernsehturm Berlins, fernab vom Grauen der Stadt, in das er abends zurückkehrte und seiner Braut nicht selten ein Westmünzlein mitbrachte oder sogar ein Stück Seife, das ihm ein Tourist geschenkt hatte. Zur Hochzeit bekam er einen Tag Urlaub. Überlegte am Morgen des Hochzeitstages plötzlich, ob er Lou Kummer wirklich heiraten sollte, denn er hatte am Vortag irgendwo zwischen Arbeitsplatz und Wohnung seinen Ausweis verloren, musste also zur Meldestelle der sogenannten Volkspolizei pesen, sich ein Ersatzdokument zu beschaffen, und während er von dort zurücklief und den ersten Flieder als Hochzeitsstrauß vom Nachbarszaun brach, lief es ihm heiß und kalt über Schultern und Brust, dass dies ein Vorzeichen sein könnte. Dass er Lou Kummer, die er zwar liebte und die ihm über die Maßen gefiel, besser nicht ehelichen sollte. Als er ihr später gegenüberstand, sie zwar nicht zum Altar schritten, aber vor die Standesbeamtin im Pankower Rathaus traten, kroch diese Fühligkeit von Zeit zu Zeit an seinen Beinen hoch, bemächtigte sich seines Rückgrates, das dann eigentümlich zu schlottern begann, oder schaffte es bis hinauf ins Gesicht, wo sie rotfleckig zerlief. Er kämpfte sie nieder, indem er sich an seine Braut klammerte, die von alledem nichts zu bemerken schien. Nur als er in einer Klammerattacke beinahe ihren frisch gepflückten Fliederstrauß erwischte, schaute sie ihn mit einem Anflug von Verwunderung an und rückte ihn eigenhändig zurecht, dass er wieder aufrecht und erhobenen Kopfes sie küssen konnte nach dem Austausch der Ringe. Er hatte nicht gehört, wie die Standesbeamtin den sowjetischen Dichter Puschkin zitiert hatte mit einer Fabel, sondern nur seine Braut, die darauf mit einem unterdrückten Glucksen antwortete. Einem, das er kannte und liebte, als dessen Ursache er aber nur sich selbst ausmachen konnte und sich auf der Stelle dafür schämte, zum Anlass ihres Glucksens geworden zu sein mit seiner jämmerlichen, urplötzlichen Angst vor dem Heiraten. Es war der Beginn der missverständlichen Phase ihrer Beziehung.

Die Feier im großen Kreis ließ nichts aus. Nicht das Stammdurchsägen nach dem Verlassen des Standesamtes und nicht die Leine voller Babywäsche über der Tür zu Lous Elternhaus, nicht das Schnaps- und Bierleichentum oder die sonderbaren Geschenke zur Verehelichung. Die nahe gelegene Klubgaststätte hatten sie gemietet und einen großen Tisch für die Gaben der Gäste reserviert. Den mannshohen Standspiegel und die alte Kommode, von Bert Willers Armeefreunden gespendet, ließen sie sich gut gefallen. Das Geschirr aber war ein Ausbund an Hässlichkeit mit seinem grüngelben Blattmuster auf kaltweißem Porzellangrund. Die Gläser drohten sie zu ersticken in ihrer Vielzahl und Buntfarbigkeit, und die Krönung, einen Nachttopf mit zwei Bockwürsten darin, verortete Lou sofort in einem Roman, den sie schätzte, und warf ihn zu Boden. Nicht etwa aufs Parkett, wo die Kraft des Holzes nicht ausgereicht hätte, den Glastopf zu zerschmettern, nein, sie lief damit in die Küche und entsorgte ihn wie nebenbei auf den rostbraunen Fliesen. Zwei Sätze des Bedauerns ließ sie sich abringen, gluckste aber dazu in ihrer unnachahmlichen Art.

Die Nacht kam wie eine Furie über die Frischvermählten. Kalt und donnernd zog ein Frühlingssturm über Berlin und nahm alle Stille von Zimmer und Küche, die ihnen die Nachbarn von Lous Eltern überlassen hatten für die Woche ihres eigenen Urlaubs. Ans Meer waren sie gefahren, nach Hiddensee hinauf, und wenn auch Bert und Lou lieber mit ihnen getauscht hätten, was den Aufenthaltsort anging, so waren sie doch froh über die kleine, gemütliche Wohnung. Lou liebte Bert spitzbübisch aus seinem Anzug, reizte ihn einige Male bis aufs Blut oder Messer. Der Sturm riss an den klappernden Fensterläden, pfiff sie zurück. Sie nahmen dann erneut Anlauf, tranken zwischendurch Erlauer Stierblut und Eselsmilch, er rot, sie weiß, und erklärten einander die Welten der Liebe. So lief das hin bis zum Morgen, und nach einem titanischen Aufschrei, der nahezu synchron aus ihren Mündern kam und selbst Lous kleine Stimme zu einiger Größe aufblies, sanken sie ein in ihre Kissen und in den Samstag nach ihrer Hochzeit und schliefen. Schliefen bis über den Mittag, den Nachmittag hinaus die Räusche aus ihren Leibern.

Was sind schon zwei Jahre, dachte Bert Willer kurz nach dem Aufwachen am späten Abend … Das flüsterte ihm die Zeit ein, die er neben Lou verruht hatte. Zwei Jahre sind nichts gegen das, was noch kommt, und die plötzliche Gewissheit, dass noch etwas kommen würde, machte ihn schwach. So schwach, dass er kein Bein aus dem Bett bekam. Zwei Jahre war ihm Lou mit dem Studium voraus, wie sie ihm auch auf dem Fahrrad immer ein wenig voraus war, und in den drei Jahren, die ihr Studieren noch dauern würde, käme er gerade mal bis zu einem Vordiplom. Sie würde dann irgendwohin versetzt werden, hatte ja unterschrieben zu Beginn des Studiums, dass sie hinginge, wo sie gebraucht würde. Absolventenlenkung. So schwach wurde er bei diesem Gedanken, dass seine Beine sich in den Körper hinein zurückzuziehen schienen. Er malte sich aus, wie das Graue Berlins ihn dann ganz in seinen Bann zöge. Wie er frühmorgens zwischen den grauen Fassaden der Straße, in der sie dann unweigerlich wohnen würden, am Wochenende auch zusammen, zur U-Bahn liefe, um zum Alexanderplatz zu fahren. Von dort würde er das letzte Stückchen den Bus nehmen oder zu Fuß gehen. An der Markthalle vorbei, die sich wie eine Ansammlung bescheidener Farben im Grau behaupten sollte, das aber nur selten schaffte. Wie er in seinen Seminarraum eilte und dem Grauen nichts entgegenzusetzen hatte außer seinem dunkelblauen Pullover, den ihm Lou im letzten Jahr gestrickt hatte. Im Winter die dazu passende Pudelmütze und knackrote Handschuhe. Ach, das würde eine bescheidene Zeit werden, wenn er die Woche über ohne sie auskommen müsste! Ein Telefon hätte sie nur im Dienst, und wenn er sie dann von seinen Eltern aus, die auch eins besaßen, oder aus der Zelle um die Ecke anriefe, so würde sie ihm ohnehin nur erzählen, was vor den Ohren der Kollegen zu verantworten war.

Gedankenversunken duselte er vor sich hin, als er sie wahrzunehmen begann, wie sie im Licht der kleinen Tischlampe hockte und sich die Nägel schnitt. Die Fußnägel. Hatte sie einen geschafft, strich sie einige Male mit der Fingerkuppe über die Stelle, fühlte nach, ob sie glatt genug war für die Strümpfe, die sie, natürlich, nicht gleich wieder verderben wollte. Nicht Löcher hineinreißen an den Fußkappen, die sich langsam ausfraßen zu langen Laufmaschen. Die Strümpfe mussten dann weggebracht werden zum Repassieren. Das kostete eine Studentin zwar nicht so viel wie neue Strümpfe, wenn es sich aber vermeiden ließ, war es noch billiger. Ihr Kopf ging hin und her, vermutlich sang sie mit ihrer kleinen Stimme so leise, dass kein Laut zu ihm drang. Er lächelte. Stand auf und ging hinüber zu ihr, warf ihr seine Arme wie Schlingen um die Schultern, dass sie erschrak. Sie kugelten eine Weile über den Fußboden, dann war es gut. War genug.

Er verabschiedete sich, um eine Runde zu drehen draußen. Das hatte er in letzter Zeit öfter getan, und sie hatte es geschehen lassen, dass er allein aus dem Haus ging. Heute aber wollte sie mitlaufen, ihn im lauen Mai zur Würstchenbude verschleppen, wo sie beide sich den Bauch vollschlagen würden nach Liebesnacht und verschlafenem Tag. Ob er denn keinen Hunger habe? Er reagierte unverhofft scharf, schob sie ins Sofa unter die Tischlampe zurück und sagte nichts, sah sie aber mit einem Gesicht an, das ihr jeden Widerspruch austrieb. Sie fasste sich, schließlich waren sie ja erst einen Tag lang verheiratet!, und entschied, wenn er weg war, auch allein loszuziehen. Zur Würstchenbude. Bockbeinig drehte sie sich um und widmete sich den Nägeln an ihrer linken Hand, die eigentlich keine Maniküre nötig hatten. Kaum war er fort, stand sie auf und sah ihm durchs Fenster nach. Ein großer, schlaksiger Jüngling mit halblangem Haar, das wippte beim Gehen. Die Schultern schmal und lose in den Gelenken, leicht nach innen gedreht die Knie. Sie liebte ihn.

Hätte es eines Abschieds bedurft, so hätte Bert Willer ihn stattfinden lassen. Statt dessen lief er, ohne sich umzudrehen, davon, zur S-Bahn, fuhr, das letzte Stück mit dem Bus, hinaus in den eben entstehenden Stadtteil Marzahn und nahm in einem Zehngeschosser die Treppen hinauf in den achten Stock zu Fuß. Er klingelte, und ihm ward aufgetan.

***

Bert Willer machte es ungefähr fünfundzwanzig Jahre später Mühe, daran zu denken. Sich zu erinnern. Die Gedanken seines Sohnes zu lesen war einfacher. Glaubte er. Wenn der Junge mit entschlossenem Blick auftrumpfte und zu einer Rede ausholen wollte, nahm ihm Bert Willer allen Wind aus den Segeln, sorgte dafür, dass man das Entweichen von Luft aus dem Kindskörper geradezu hören konnte. Er brauchte nicht viel mehr als einen Satz wie Na, da siehst du mal, wie deine dummen Ideen sich selbst auffressen! oder Warte nur, balde …, und es war um die Entschlusskraft des Jungen geschehen. Zum Glück verbrachten sie nicht allzu viel Zeit miteinander. Bert Willer arbeitete als Anzeigenakquisiteur für eine Stadtteilzeitung – ein zäher, nervenaufreibender Job, über den er trotz allem froh war. Der Junge ging das vierte Jahr aufs Gymnasium, Gott sei Dank, wie sein Vater Freunden gegenüber mehr als einmal bedeutete. Er war ein stiller, ernster Junge mit angstauslösendem Blick. Seine Hände steckten stets in den Taschen der Jacke, die er gerade trug. Im letzten Winter war das eine Daunenjacke gewesen, für die Bert Willer mehr Geld hingeblättert hatte, als ihm lieb gewesen war. Jetzt war es trotz des Hochsommers eine alte Popelinejacke aus Vaters Kinderzeit, von der sich der Junge nicht trennen konnte. Er hieß David, und die Neugier darauf, wie die Leute diesen Namen aussprachen, machte ihn hibbelig, franste ihn aus bei jeder neuen Begegnung. Taten sie es auf die feine englische Art, hatten sie verloren, und David wandte sich ab, selbst wenn er zuvor scharf darauf gewesen war, die Leute kennenzulernen. Sagten sie aber D-a-w-i-d zu ihm, konnten sie auf ihn zählen. Leider wussten das die Menschen nicht, die seine Bekanntschaft machten. Auch Bert Willer hätte nicht sagen können, nach welchen Kriterien sein Sohn anderen gestattete, seine Nähe zu suchen. Seine letzte Freude an dem Jungen lag drei oder vier Jahre zurück. Da hatte Lou noch gelebt, die ihn mir nichts, dir nichts zurückgelassen hatte nach einem plötzlichen Tod. Der war so schnell gekommen, dass Bert Willer keine Gelegenheit gefunden hatte, sich mit ihm bekannt zu machen, ihn allmählich ins Auge zu fassen wie einen mächtigen Fremden, der vorübergehen wird. So lebte er seither immer mit einer gewissen Furcht, erwartete den Tod an unwahrscheinlichen Orten zu unwahrscheinlichen Zeitpunkten und wunderte sich keineswegs, wenn er nicht eintrat, sondern blies seine Furcht vor ihm noch weiter auf. Immer lief er ein wenig geduckt umher, als stünde der große Schläger hinter dem nächsten Mauervorsprung, in der nächsten Toreinfahrt.

Dieser Sommer hatte es in sich. Heiß gelaufenen Tagen folgten Nächte, in denen nichts auskühlen konnte. Jeder Morgen hatte es schwer, ein bisschen Frische hervorzukehren. Wenn Bert Willer, wie heute, eine Frau mit nach Hause gebracht hatte, schickte er sie weg, ehe sein Sohn erwachen konnte. Er brühte einen Früchtetee, den David im Laufe des Tages, wenn er selbst unterwegs war, trinken sollte. Urlaubspläne hatte er ganz ohne den Jungen gemacht – nach Teneriffa wollte er nächste Woche mit ihm aufbrechen, das sollte eine Überraschung werden. Ein Hotel hatte er im Norden der Insel gemietet, etwas mit Kinderanimation, damit er sich umsehen konnte und der Junge seinen Spaß hatte. In diesem Augenblick fiel ihm ein, dass David dafür viel zu alt war … Er fühlte sich einsam. Seine Haare standen zu Berge. Bert Willer begann zu zittern. Er holte die Zeitungen aus dem Briefkasten. Noch immer hielt er sich zwei Tageszeitungen, Lou zuliebe, die sie bestimmt nicht hätte abbestellen wollen. Als er die Wohnung wieder betrat, hörte er die letzten knatternden Geräusche der Kaffeemaschine und füllte sich eine große Tasse ab, setzte sich an den Tisch und begann zu lesen, wenn auch ohne die Leidenschaft seiner Frau, die die Tageszeitungen geliebt hatte und durch nichts in der Lektüre zu stören gewesen war. Begann doch nicht zu lesen, sondern wanderte in Gedanken den Morgen ab, an dem Lou ihm mitgeteilt hatte, dass sie nur noch kurze Zeit zu leben hätte, wie ein Scherzfeuerwerk war ihm die Mitteilung erschienen, sie hatte gelächelt, während sie davon sprach, und auch er hatte bei ihren ersten Worten noch ein Lächeln gezeigt, die Zähne gebleckt, bis es zufror. Nichts hatte er erwidern können darauf, sie hatte bei allem Lächeln mit einem großen Ernst davon gesprochen, hatte ihn an den Sohn erinnert, dem in Zukunft hoffentlich nur die Mutter fehlen würde. Dann war sie aufgestanden und fortgegangen, zur Arbeit, wie er gedacht hatte, aber sie war weit vor die Tore der Stadt hinausgefahren und hatte dort vermutlich die Tabletten geschluckt, die sie erst einschlafen, dann sterben ließen, und als man sie gefunden hatte, war es schwierig gewesen, sie noch zu erkennen. Drei Jahre war das jetzt her, und er brauchte noch immer Angst, um daran denken zu können.

Der Junge stand auf, kam verschlafen aus seinem Zimmer und setzte sich wortlos zum Vater an den Tisch. Er blickte ihm fragend in die Augen, beschloss aber dann, keine Antwort erwarten zu wollen. Seine Frage schluckte er mit der kalten Milch hinunter, die er sich eingegossen hatte. Dann stand er wieder auf und ging zurück, sein Vater war wie alle Tage kurz angebunden oder gar nicht da.

Bert Willer packte ein, was er für den Arbeitstag brauchte, er fühlte sich gehetzt, obwohl er mehr als genug Zeit hatte, den ersten Kunden aufzusuchen. (Zeit, die sich die alte Fettvettel nicht aus den Rippen zu schneiden brauchte, sondern einfach ausschwitzte.) Das Graue Berlins hatte sich mit den Jahren ins Pastellene gewandelt. Aber nicht nur das: Dächer waren saniert, Fassaden gedämmt worden in großem Stil. Hier mochte ihm das vorkommen wie eine Notwendigkeit, die einfach eingetreten war. Wenn er aber hinausfuhr, in eine alte Vorstadt mit historischem Kern, dann freute er sich an der Wende, die gerettet hatte, was gerade noch zu retten gewesen war. Er setzte sich ins Auto, ließ es an, fuhr los und fand sich nach einiger Zeit nicht bei einem seiner Kunden, sondern weit draußen vor der Stadt, dort, wo Lou gestorben war. Dort, wo man sie gefunden hatte. Ein Schulkind hatte sie entdeckt, hatte ein Päuschen machen wollen auf seinem Weg mit dem Rad ins nächste Dorf, hatte die Mappe ins Gras geworfen und sich selbst hinterher, und ehe es in den Himmel blicken konnte, wie es das vielleicht vorgehabt hatte, waren ihm die leer gefressenen Augenhöhlen der Frau Willer ins Blickfeld geraten, es hatte geschrien und war außer sich vor Angst und Furcht wie um sein Leben gerannt, auf die Hauptstraße zu, die es erst nach einer halben Stunde atemlosen Sprintens erreichen konnte, und dort hatten zwei aus entgegengesetzter Richtung kommende Fahrzeuge gleichzeitig angehalten. Hatten das Kind erschreckt, geblendet, dass es stehen blieb in seinem Lauf. So waren die Dinge ins Rollen gekommen. Bert Willer versuchte, das Gesicht des Kindes zu erinnern. Ein flachsblondes Dorftrottelchen, Sommersprossen auf der breiten Nase, die schlanken Füßchen unter den dicken Beinen in erstaunlich kleinen Sandaletten steckend. Er hatte es nur gesehen, nicht selbst gesprochen. Vermutlich würde er es kaum wiedererkennen, denn es war zwölf oder dreizehn Jahre alt gewesen damals, und die Zeit, die verging, fraß in diesem Alter die Kenntlichkeit auf, wie Bert Willer an seinem eigenen Sohn bemerkte. Von Zeit zu Zeit registrierte er ihn wie einen Fremden, der ihm irgendwie an die Seite gestellt worden war.

Bert Willer blieb in seinem Wagen sitzen. Rauchte. Die Sonne stieg höher und höher, heizte ihm ein. Endlich, es mochten zwei Stunden vergangen sein, stieg er aus und setzte sich zu jener kleinen Bodenvertiefung in Bewegung, in der Lou gelegen hatte. In der sie aus ihrer Üppigkeit in jenen Zustand des ruinösen Zerfalls übergegangen war, den er nicht hatte fassen können. Ihre Haare und ihre vertraute Kleidung mussten ausreichen, sie wiederzuerkennen. Die Haare, die sie erst drei Wochen vor ihrem Tod frisch blondiert hatte … Bert Willer begann zu weinen, er hatte außer dieser Frau niemanden gekannt, mit dem er hätte teilen können, was seine Vergangenheit war.

Kinder kamen den Weg entlanggeradelt. Eines von ihnen erinnerte an das Findekind, wie Bert Willer fand. Als er es rufen wollte, war es das neben ihm fahrende, das ihm viel ähnlicher sah. Die ganze Gruppe zerfloss vor seinen Augen, jedes Kind trug ruhig lächelnd die Maske für Augenblicke, ehe es sie weiterreichte an den Nachbarn oder den hinter ihm Radelnden. Sie warfen sich die Maske schließlich zu, wurden lauter und lauter dabei und schienen Bert Willer zu narren, der immer unruhiger wurde. Als sie schon weit entfernt waren, gellten ihm noch ihre Schreie in den Ohren, er konnte nicht sagen, was sie gerufen hatten, alles war zu einem Geräuschbrei geworden, aber dass er sich angesprochen, angeschrien fühlte, war sicher. Er rollte sich zusammen, wieder auf, aber die Unruhe blieb und mit ihr die Unsicherheit, etwas zu tun. Irgendetwas.

***

David dachte selten an seine Mutter, aber wenn er es tat, packten ihn Traurigkeit, Verzweiflung und Wut in abwechselnder Weise, dass es schwer war, in solchen Momenten seiner habhaft zu werden. Er lag mit zusammengebissenen Zähnen auf seinem Bett und wehrte die Tränen ab. Es gab zum Glück niemanden, der während dieses Zustandes etwas hätte von ihm wollen können. Seine Wut richtete sich gegen seine Mutter, weil sie ihn von ihrem Vorhaben nicht in Kenntnis gesetzt, sich einfach davongemacht hatte. Hätte sie es getan, hätte er flehentlich bitten und, dessen war er sich sicher, erreichen können, dass sie davon abließ, er hätte sich vor ihr auf den Boden geworfen oder ihre geblümten Röcke nass geweint, dass sie gar nicht anders gekonnt hätte, als ihm zuzulächeln und davon abzulassen, er hätte sie niemals allein losfahren lassen an jenem Morgen, und wenn er die schlimmen Nachrichten hörte, die in seinem Kopf widerdröhnten, die polizeiliche Mitteilung eines Leichenfundes zum Beispiel oder die Ladung des Vaters zur Identifizierung, dann gab es für seine Tränen kein Halten mehr, dann fielen sie, liefen ihm aus den Augen davon. Das war der Zeitpunkt für die Verzweiflung, sich an den Jungen heranzumachen. Darüber, dass sie so unwiederbringlich tot war, gestorben, vergiftet, dass die Würmer ihr die Augen ausgefressen und ihren festen, dennoch weichen Körper zum Zerfall gebracht hatten. Dass sie niemals wieder nach Hause kommen und schon von der Tür aus nach ihm, ihrem Sohn, rufen würde, nach dem Spätzchen, ob es denn da sei, ob es denn Hunger habe, ob es denn seine Hausaufgaben schon erledigt hätte und sie deshalb noch ein Stückchen rausfahren sollten, in die Natur, ins Grüne.

Es war so vernichtend, diese Verzweiflung aushalten zu müssen, dass keine Tränen mehr kamen und die Stimmung allmählich, in ihn rettender Weise, überging in jene blassblaue, glasklare Traurigkeit, aus der er sich nach einiger Zeit erheben konnte. Nach ihrem Tod hatten ihn diese Zustände immerzu gebeutelt, aber mit den Jahren waren sie seltener geworden. Manchmal provozierte er sie, indem er sich die Bauchfalten seiner Mutter vorzustellen versuchte und über ihren Tod hinaus zu erfühlen gedachte. Indem er die Finger hineinschob, knetete. Von hier aus war es nicht mehr weit bis zur Wut darüber, dass sie ihn über ihre Absichten im Unklaren gelassen und so jede Chance auf Rettung – durch sein Weinen, Flehen, Zureden – vertan hatte.

Er lümmelte auf dem Sofa im Wohnzimmer und sah sich ein Video an, das der Vater ausgeliehen hatte, er hatte den Titel nicht einmal in Erinnerung. Es war eine von jenen Jackie-Chan-Opern, die Bert Willer ihm von Zeit zu Zeit mitbrachte, weil er meinte, sie seien seinem Alter angemessen. Er nahm sie nicht auf, sah sie zwar von Anfang bis Ende an, aber die Bilder moussierten um ihn herum wie Seifenbläschen, die jemand ungebremst produzierte. Er war stattdessen in Gefilden unterwegs, die seinen Vater sehr erstaunt hätten, wäre er nur ein einziges Mal mitgekommen auf eine solche Reise. In den Alpen war er unterwegs, lief allein Stunden um Stunden Langlaufski, und seine Gedanken waren grundiert vom Tönen des Gleitens und Verharrens in pulvrigem Schnee, in das er sich sehr versenkt hatte. So sehr, dass er das Ende des Films nicht einmal wahrnahm und erst nach einer ganzen Weile das Rauschen des Videogerätes zu hören begann. Es taute ihn langsam auf, brachte ihn zurück in den Feriensommertag, auf die Couch des abgedunkelten Wohnzimmers. Seine Hände lösten mechanisch das Rückspulen des Films aus. Dann lief er in das frühere gemeinsame Schlafzimmer seiner Eltern, wo Bert Willer Nacht für Nacht im Ehebett schlief und nicht einmal ahnte, dass sein Sohn sich manchmal in das Bett der Mutter kuschelte und erschrocken daraus aufsprang, wenn fremder Geruch darin hing. Das Waschmittel hatte Bert Willer nicht gewechselt nach Lous Tod, sodass frisch bezogene Betten David noch ein wenig die Illusion vermitteln konnten, seine Mutter würde sich wieder hineinlegen wollen nach ihrer Rückkehr. Wenn aber wie heute der Geruch einer fremden Frau sich darin ausgebreitet hatte, verlockte ihn nichts, darin zu liegen. Enttäuscht wollte er das Zimmer wieder verlassen, als ihm die Idee kam, sich Fotos anzuschauen, aus der alten Zeit, mit seiner Mutter und seinem Vater, die sich doch ganz gut hatten leiden können, wie David sich erinnern zu können glaubte. Zum Schrank lief er und öffnete behände mit einer zurechtgebogenen Büroklammer das für ihn verschlossene Fach, in dem auch die Briefe lagen, die sich seine Eltern geschrieben hatten. Ein Bild seiner Mutter, mit ihm als Baby auf dem Arm, fiel ihm als Erstes in die Hände und brachte ihn in einen Zustand schwelgerischen Erinnerns an ihren Duft, an ihre Art, den Kopf zur Seite zu legen in Anfällen von Fahrigkeit, wenn sie etwas suchte oder vergessen hatte, was sie suchen wollte.

Seine Mutter …

 

Bert Willer war am frühen Morgen zum letzten Mal vor dem Urlaub zur Arbeit gegangen und hatte noch immer Mühe, die Kunden zu besänftigen, die er vor einigen Tagen versetzt hatte. Sie reagierten nicht auf seine neuerlichen Versuche zur Kontaktanbahnung, waren wohl auch untereinander auf Tuchfühlung gegangen. Ihn wunderte das ein wenig, aber es war ihm, wenn er es recht überlegte, seltsam egal. Er hatte Lou hinterhergeheult, das erste Mal seit sehr langer Zeit, das einzige Mal, wie er dachte, da konnten ihm die Kunden gestohlen bleiben. Teneriffa stand bevor, das war es, was zählte. Und wenn sie ihm hinterher mitteilten, dass sie ihm, nach langer und sorgfältiger Beratung, den Stuhl vor die Tür gesetzt hatten – zum ersten Mal machte ihm der Gedanke nichts aus, sondern beinahe Spaß. Lass uns losziehn, Lou, du kommst nicht das erste Mal mit mir in Urlaub, ich rede mit dir, hörst du mich?, ja?, deine Klamotten hängen noch da, ich nehm dir was mit, Lou, du bist vielleicht dicker geworden, wer weiß, dein Badeanzug steht dir aber trotzdem noch, da war noch Platz für breitere Hüften, die weiße Häkelstola von vor zwanzig Jahren will ich an dir sehen, das wird schön, Lou, das Luftholen werden wir synchronisieren, damit ich merke, wenn du aufhören willst zu atmen, ich will, ich muss dich abhalten vom Verschwinden, du willst, du musst bleiben wollen, Lou, was soll ich denn ohne dich auf Teneriffa anfangen, ein Auto mieten, beim Chinesen essen, abends in die Bar gehen, tagsüber im Strandbad verdümpeln, das wär alles, Lou, vielleicht noch ein bisschen einkaufen, Schmuck, Schuhe, aber was soll ich als Mann mit Schmuck und Schuhen anfangen … Er sprach mit ihr, wie er es zu ihren Lebzeiten immer seltener getan hatte, und merkte endlich, dass für David kaum ein Gedanke reserviert war, dabei sah der Junge aus wie sie, er war ihr überaus ähnlich geraten. Was konnte er anderes tun, als zu beschließen, dem Jungen nach der Arbeit noch ein paar Sommersachen zu besorgen, ihn abzuholen zum Einkauf und ihn, ein bisschen wenigstens, zu verwöhnen. So zärtlich musste er an ihn denken, auf einmal, ganz plötzlich, dass er sich nicht sicher sein konnte, David wirklich zu meinen, und er ging im Voraus schon einmal die Treppe hinauf, versuchte sich vorzustellen, was der Junge wohl trieb. Erstaunen, dass diese Vorstellung nicht glückte. Zweifel stiegen auf, ob er überhaupt einen Sohn hatte. Wie er aussah. Wie er hieß. Welche Schuhgröße? Nichts. Dann, nach einer Weile des Besinnens, löste sich vor seinen Augen der Kopf Davids aus dem seiner Frau, der sich in jenen Zustand verabschiedete, in dem er ihn zum letzten Mal gesehen hatte, krochen also Davids Augen aus ihren leer gefressenen Augenhöhlen, stieg sein helles Haar aus ihren blondierten Strähnen, aus dem Schmutz, dem leblosen Schädeldach, nahmen seine Lippen ihre mit, deren Wölbung, das Schmollmündige – sie verblasste hinter ihm ganz und gar, war nicht mehr aufzufinden, sodass er jetzt seine Tasche packte, seinen Stuhl ordentlich an den Tisch stellte, sein kleines Büro verließ, ohne sich von irgendjemandem zu verabschieden, und nichts mehr wollte, als nach Hause zu laufen, das Jungsgesicht vor dem inneren Auge, und nachzusehen, ob es tatsächlich, wirklich, wahrhaftig existierte. Es zog ihn. Er warf die Tasche auf den Beifahrersitz, sich selbst daneben, fuhr los, ohne etwas anderes als die Sohnesaugen vor sich zu haben, kam an, stieg die Treppe hinauf und öffnete die Tür. Nichts schien verändert, sogar die Schuhe des Jungen standen noch wie am Morgen, er konnte also nicht einmal das Haus verlassen haben. Erregt stürzte Bert Willer auf das Zimmer des Jungen zu, wollte ihn sehen, sprechen, riechen, ihm durch’s Haar fummeln – die Tür war zu. War verschlossen. Bert Willer erinnerte sich nicht einmal daran, dass sie jemals Schlüssel besessen hatten. Es dauerte zwei, drei Atemzüge, bis der Junge öffnete. Hochroten Kopfes. Verstört, was Bert Willer aber nicht bemerkte. David hatte Papiere gefunden, deren Lektüre ihn verwirrt hatte. Das Gefühl, etwas ganz und gar Verbotenes zu tun, hatte ihn sehr schnell einfach gepachtet. Bert Willer war froh, dass David, dessen Namen er eben noch nicht zweifelsfrei hatte erinnern können, aufs Haar der Gestalt glich, die ihn hierhergezogen hatte, und er beeilte sich, den Jungen in seine Schuhe zu stellen, ihm die Popelinejacke zu gestatten, ohne die er trotz der großen Hitze das Haus nicht verlassen wollte, und mit ihm loszufahren in irgendein Einkaufscenter. Sandaletten. Kurze Hosen. T-Shirts. Hemden. Der Junge sollte sich nicht von anderen unterscheiden müssen, nur weil er, sein Vater, ihn unter sich ließ wie ein Häufchen Scheiße.

***

Bert Willer fragte sich, ob sein Plan verfehlt gewesen sei. David hatte, wie ihm schien, spöttisch gelächelt bei seiner grandiosen Enthüllung des Urlaubsziels. Dazu war er mit ihm sogar zum Griechen gegangen, sie hatten hinter ihren Tellern mit den Fleischbergen gesessen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen, bis es ihm entfuhr – nicht ohne gespannte Vorfreude auf das Gesicht des Jungen. Dessen Spott hatte er zunächst gar nicht wahrnehmen wollen, war darüber hinweggegangen mit einer Mischung aus ungewohnter Redseligkeit und abblockendem Schweigen, das immer dann einsetzte, wenn der Junge etwas fragte. Zum Beispiel nach der Art der Verpflegung (Halbpension), nach der Dauer des Fluges (viereinhalb Stunden), nach der georderten Fluggesellschaft (Condor) oder dem Hotel (Sol Parque San Antonio, Puerto de la Cruz). Schließlich hatten sie kapituliert vor ihrem Essen, das sie sich einpacken ließen zum Mitnehmen – morgen war auch noch ein Tag, ehe es am Montag losgehen sollte.

David trug neue Hosen und ein schwarzes T-Shirt, das er sich ausgesucht hatte. Es war unverändert heiß, selbst am Abend, hier unter Pappeln. Bert Willer bestellte sich noch einen Rotwein und sah über seinen Jungen hinweg zu zwei Männern, die an einem Tisch am Ende des Gartens saßen. Langsam dämmerte es ihm, dass er die beiden kannte, man hatte sich vor mehr als dreizehn Jahren zum letzten Mal gesehen. Er trug inzwischen einen Schnauzbart, einen dünnen Haarkranz um eine sich stetig vergrößernde Glatze und war sehr schmal geworden nach dem Tod seiner Frau, sodass er nicht befürchten musste, sie könnten ihn wiedererkennen. (Das hätte die Fettvettel Zeit ohnehin nicht zugelassen.) Die beiden unterhielten sich sehr vertraut, über den Tisch hinweg rückten ihre Köpfe oft zusammen, um dann ruckartig voneinander wegzuschnellen, begleitet von einer wegwerfenden Handbewegung oder einem missmutigen Lippenkräuseln. Dann wieder sahen sich die beiden im Garten um, als suchten sie jemanden. Frauen, schoss es Bert Willer durch den Kopf. Aber eigentlich sahen die beiden nicht so aus. Wie sah er selbst eigentlich aus, wenn er auf der Suche nach einer Frau war? Letzte Woche hatte er solche Schmerzen gehabt, dass Masturbieren auch nicht mehr half und er auf die Suche gegangen war. In seiner Lieblingskneipe hatte er Manuela getroffen, der er nicht mehr viel sagen musste. Die wusste, worauf er aus war. Sie war älter als er, bestimmt fünf oder sechs Jahre, und verheiratet war sie auch. Er kannte ihren Mann flüchtig, hatte den beiden, als sie in ihre Wohnung um die Ecke eingezogen waren, geholfen, den Geschirrspüler anzuschließen. Manuela war seinetwegen hierhergezogen, hatte sie jedenfalls gesagt. Ob ihr Mann davon wusste, war nicht zu sagen. Es interessierte Bert Willer eigentlich auch nicht. Manuela kam manchmal in die Kneipe, manchmal rief er sie zu Hause an. Wenn ihr Mann ans Telefon ging, verwandelte er sich in einen Arbeitskollegen von ihr, der sie unbedingt sprechen müsste. War sie zu Hause, verabredeten sie einen Nachtdienst für einen der kommenden Tage. Es tat ihm gut, mit Manuela, die aus dem schwängerungsfähigen Alter schon heraus war, zu schlafen. Sie sprach nicht viel dabei, aber reagierte heftig auf jede seiner Berührungen. Das rührte ihn. Kennengelernt hatte er Manuela, als seine Frau noch lebte. Sie hatten zusammen in der Klinik gelegen, als Lou eine Fehlgeburt gehabt hatte. Sicher hatten sich die Frauen gut verstanden, denn Lou lud Manuela von da an in regelmäßigen Abständen ein, sie zu besuchen. Auch für jenen Tag, an dem sie starb, hatte sie Manuela eingeladen, sodass der sprachlose, zitternde Bert die Tür geöffnet hatte und sie hereingelassen. Es war ihre erste gemeinsame Nacht geworden. Bert Willer, von Angst gepeinigt, hatte die Zuflucht, die sie ihm bot, fast bedenkenlos angenommen. Auch wenn er sie damals noch Lou nannte. Auch als ihm die Erektion schwand, als er sah, sich vergewisserte, dass sie gar nicht Lou war. Am nächsten Tag hatten sie zusammen die Vermisstenanzeige aufgegeben, und Manuela war erst abends zu ihrem Mann gegangen, nach Hause. Zur Beerdigung war sie gemeinsam mit ihm erschienen, hatte Berts Hand gedrückt und ihn umarmt, und die Tränen in ihren Augen waren echt gewesen. Immer wenn er an Manuela dachte, wurde sein Schwanz steif. Weiter geschah nichts. Wie jetzt. Er musste seinem Sohn erklären, dass er noch ein wenig bleiben, ihm aber empfehlen würde, ruhig schon nach Hause zu gehen. David nahm das schneller an, als ihm lieb gewesen war, und schon nach kurzer Zeit war er nur noch als schwarzer Punkt am Ende der Straße erkennbar. Gegen die Erektion zu kämpfen erwies sich als schwierig. Er trug eine Bundfaltenhose. Nach dem Rotwein bestellte er einen weißen, der Kellner schaute ihn ein wenig verwundert an, sagte aber nichts. Die beiden Männer am anderen Ende des Gartens tranken Wodka und Bier. Eine verhängnisvolle Kombination, wie Bert Willer fand. Es kam ihm in den Sinn, bei welchen Gelegenheiten man sich damals getroffen hatte. Der Sicherheitsdienst war in Amt für Nationale Sicherheit umbenannt worden, und es wurden Überlegungen angestellt, wie man noch rechtzeitig bedrückende Unterlagen vernichten könnte. Am 15. Januar 1990 hatte es Massenproteste in der Normannenstraße gegeben, vor der Stasizentrale, und einigen von ihnen gelang es, sich an die Spitze der Demo zu stellen und das Haus zu stürmen. Zielgerichtetes Vorgehen, bei dem Leute, die sich nie zuvor gesehen hatten, einander als ihresgleichen wahrnahmen … Fünfzehn Meter gegen den Wind hatte er die Kollegen riechen können, damals, und mit diesen beiden da drüben, am anderen Ende des Gartens, hatte er eine große Anzahl an Akten verwüsten können. Erst hatten sie demoliert, was nur zu demolieren war in der Stasizentrale, dann war seine Wut am Ende der Aktion in tiefe Verzweiflung umgeschlagen, er hatte das Haus mit tränenden Augen verlassen und war schluchzend gefilmt worden von einer Fernsehkamera. Wenn er sich daran erinnerte, kam die Verzweiflung wieder hoch, auch die über das, was er selbst angerichtet hatte, und er war doch froh, dass ihn niemand danach fragte. Niemals. Außer seiner Frau … Die beiden da drüben hatte er schnell aus den Augen verloren, sie waren ihm aber nie ganz aus dem Sinn gegangen, denn ihre Wut war eine andere gewesen als seine: Sie waren aufgebracht über die Leute auf der Straße, die sich anschickten, ihr Heiligstes zu besetzen, ihr geschlossenes System zu durchlöchern. Ihn hatte es nach Hause getrieben in dieser Nacht, wo seine Frau auf ihn wartete und ihn bewundernd fragte, was er denn bei der Besetzung der Stasizentrale machte, sie hatte ihm ins weinende Gesicht gesehen in den Nachrichten, und er hatte ihr nichts gesagt damals, sie im Unklaren gelassen, ihre Auffassung gestützt, es hätte ihn dorthin gezogen, weil er Wut verspürt hätte auf das Treiben dieser Leute. So sehr im Unklaren hatte er sie gelassen, dass sie ihn stolz für einen der Helden hielt, die es gewagt hatten, sich in die Höhle des Löwen zu begeben und dessen Geschrei durch ihre Standhaftigkeit Einhalt zu gebieten. Ach, Lou. Seine Erektion war verschwunden, er stand auf und ging, nachdem er gezahlt hatte, ganz nahe an dem Tisch vorbei, an dem die beiden saßen. Ließ seinen Beutel fallen, der auskippte, sammelte alles wieder auf und versuchte, etwas von dem zu verstehen, wovon sie sprachen. Aber da war wohl schon zu viel die Kehlen hinabgeschlingert, er hörte nur ein zweideutiges Rülpsen.

Zu Hause war er erleichtert, dass der Junge begonnen hatte, seinen Koffer zu packen. Jetzt konnte Bert Willer auch etwas erkennen, das wie Freude aussah auf Davids Gesicht. Er setzte sich zu ihm ins Zimmer, die neuen Klamotten waren schon einsortiert worden und eines der beiden Paare Sandaletten. Regenbekleidung? Wäre ganz gut, mein Junge. Er starrte. David holte ein Päckchen aus einer Lade, das wie ein zusammengefalteter und zugeknöpfter Beutel aussah, sich aber als eine Regenjacke entpuppte. Wo er die herhatte? Noch von Mutti, sagte der Junge. Hat sie mir viel zu groß gekauft damals, aber das ist ja gut so. Gummistiefel besaß er nicht, aber die hätte Bert Willer auch nicht gern gesehen im Gepäck. Morgen würden sie gemeinsam schauen, was noch fehlte. Jetzt wünschte er erst einmal eine gute Nacht, gähnend ging er aus dem Zimmer.

Draußen begann es zu regnen. Der Junge sah dem Schauspiel eine Weile auf dem Bett liegend zu. Dann stand er auf und schlüpfte windschnell und leise durch die Tür, um zur Toilette zu gehen. Auf dem Rückweg versicherte er sich durch Ohranlegen an Vaters Tür, dass dieser schon fest schlief. Er schnarchte hinreißend. Schließlich baute er sich eine Höhle mit seiner Bettdecke und las im Licht seiner Taschenlampe. Er war sich so sicher, ein Tabu zu brechen mit dieser Lektüre, dass er den Gedanken daran lieber ebenso schnell vergaß, wie er aufgetaucht war.

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Sie waren ziemlich zeitig am Flughafen, sodass sie noch eine Erkundungstour starten konnten. Am Schalter trennten sie sich mit der Maßgabe, das ringförmige Gebäude in entgegengesetzter Richtung zu durchstreifen. Wo sie sich wiedertrafen, würde ihnen verraten, mit welchem Tempo sie durchkamen. David machte sich auf die Suche nach einem Computermagazin und versackte im Zeitungsshop, während Bert Willer auch nicht daran dachte, ihn schnell wiederzusehen – er schaute sich in einem Tabakgeschäft nach einer Schachtel Zigaretten um. So lange hatte er nicht mehr geraucht, dass er gar nicht recht wusste, welche Marke man bevorzugen sollte. Könnte. Es wurde nur eine Schachtel blaue Gauloises daraus. Die hatte er bei einem seiner Kunden gesehen, und er erinnerte sich daran, dass der Duft ihn gereizt hatte. Sie trafen sich in der Nähe des Schalters wieder und schlossen daraus, dass sie in vergleichbarer Schnelligkeit unterwegs gewesen waren. David war nun um ein Computermagazin reicher.

Bert Willer musste das Taschenmesser, an das er nicht gedacht hatte, aus seinem Rucksack holen und in eine Extratüte packen lassen, die mit zum Reisegepäck ging. Der Junge lachte ein bisschen hämisch darüber, aber dass sie zusammen diese Reise machten, fand er inzwischen nicht schlecht, und so schlug er seinem Vater kumpelhaft auf die Schulter. Im Wartebereich versorgte sich Bert Willer noch mit der neuesten Zeitung, und dann bestiegen sie die Condor-Maschine. Während des Fluges schliefen sie beide fest ein, die Stewardessen hatten Mühe, sie zu den Mahlzeiten zu wecken. Nach der zweiten, einem warmen Essen, das aus einem Gemüseauflauf mit einem Stück gegrilltem Hähnchenfleisch bestand, begann Bert Willer eine Unterhaltung mit einer Mitreisenden, die, wie sich herausstellte, dasselbe Hotel gebucht hatte wie sie. David nahm dieses Gespräch zum Anlass, aus dem Fenster zu starren, er war sauer, dass der gemeinsame Urlaub mit seinem Vater nun verregnet schien. Die Frau reiste ganz allein. Wenn er sie ansah, sah er lange schwarze Haare, einen kleinen Busen, schöne braune Augen und einen dunklen Teint. Eigentlich nicht der Typ seines Vaters. Sie lächelte ihm zu, fragte auch etwas, was er nicht recht verstand in seinem Zustand aufgeregter Ablehnung, hielt sich aber, als sie merkte, dass er keine Unterhaltung wollte, angenehmerweise zurück. Punktete damit bei ihm, wenigstens ein kleines bisschen. Er sah in ihren Augen nichts Strahlendes, obwohl sie schön genug dafür gewesen wären, und versenkte sich wieder in den Blick nach draußen, der hoch über den Wolken makellosen Sonnenschein für ihn bereithielt. Er musste an die Lektüre denken, die er in seinen Koffer gepackt hatte, in ein Hemd eingeschlagen, das sehr sauber gelegt aussah. In der Nacht hatte er wieder gelesen darin, und ihm war so unklar, worum es in diesen Papieren ging! Was sie in das Heilige Fach seines Vaters verschlagen hatte. Er stellte sich vor, wie jemand zu einer Frau ging – die neue Bekanntschaft seines Vaters kam ihm zu Anschauungszwecken gerade recht – und ihr vorspielte, dass da Interesse sei, großes Interesse. Wer sollte so idiotisch sein, das zu tun? Wer konnte ein Recht haben, darüber Auskünfte abzufordern? Und überhaupt – seine Stirn verzog sich zu einem krausen Etwas, das auch seinem Vater auffiel, der für einen Augenblick zu ihm hinschaute –, in welcher Verfassung war jemand, dem der Schwanz auf Anforderung stand? Oder war da beides, echtes und vorgebliches Interesse an der anderen Person? Das waren Rätsel, die sich ihm stellten und auf die er keine Antwort suchte im Moment. Im Moment war es ihm wichtiger, dass die Fragen überhaupt kamen, sich aus dem Unklaren, Grauen, Milchigen des Geschilderten ergaben nach langem Prozess des Filterns, des Um-und-um-Wälzens.

Ein kleiner Junge vor ihm nahm Kontakt auf, wand sich aus seinem Gurt und stellte sich auf den Sitz. Seine Größe reichte nicht ganz dazu, dass er über den Sitz hätte hinwegsehen können. Also versuchte er es mit dem Spalt zwischen den Sitzen, schnitt drollig gemeinte Grimassen, nickte David auffordernd zu, versuchte es mit dem Trällern von Liedchen. David verspürte keinerlei Lust, darauf einzugehen, verzog sich hinter seine altmodische Popelinejacke und schloss die Augen. An Maurice und Enrico dachte er, seine beiden Freunde aus dem Gymnasium, und daran, wie schön es gewesen wäre, hätten sie sich rechtzeitig um eine gemeinsame Reise gekümmert. Maurice war der Moppel der Klasse, hinter ihm konnten sich zwei oder drei andere verstecken, wenn es hart auf hart ging. In Davids Schule aber ging es nicht hart auf hart. Eher war es eine gemäßigte, wenn auch sehr große Schule, mit weit über hundert Lehrern und tausend Schülern. Auf mehrere Gebäude, die dem Grauen Berlins noch nicht entkommen waren und das, wenn man dem Finanzsenator glaubte, auch in den kommenden Jahren nicht schaffen würden, verteilten sie sich, und der Ruf, der ihnen vorausging, war für diese Ostberliner Plattenbaugegend phänomenal.

Enrico stand im Verdacht, schwul zu sein, er war zwei Jahre älter als David und Maurice und sorgte sich auf eine väterlich anmutende Weise um die beiden. Fragte zum Beispiel immer nach, ob sie auch nicht vergessen hätten, ihr Mittagessen zu bestellen. Das kam ihnen sehr gelegen, denn in der Tat kümmerten sie sich mitunter nicht um so etwas Nebensächliches wie ihr Essen. An den Nachmittagen waren sie oft zu dritt unterwegs, der Größere bahnte den Kleineren den Weg in verschiedene Klubs und für den nachmittäglichen Zeitvertreib vorgesehene Freizeiteinrichtungen. Besonders gern hielten sie sich im Siedlungsgebiet auf, weitab vom Plattenbaubezirk gelegen. Dort gab es den Klub Patschi, nach der Straße, an der er lag, dem Patschendorfer Weg, benannt. Im Patschi konnte man hervorragend abhängen, aber auch, wenn es denn sein musste, Hausaufgaben machen oder ein bisschen Sport treiben. Die einstöckige Baracke war graffitibesprüht und in einem mitgenommenen Zustand. Von Zeit zu Zeit versuchten die Jugendlichen, die den Klub aufsuchten, kleinere Reparaturen und Renovierungsarbeiten selbst auszuführen. Das waren Sonnabende und Sonntage, an denen David am liebsten im PatschiPatschiPatschi,