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Nr. 24

 

Zweikampf der Zauberer

 

von Peter Terrid

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

Nachdem der Lichtbote nach seinem Sieg über die Finsternis die Welt sich selbst überlassen hatte, begannen die Kräfte des Bösen, die sich in die Dunkelzone geflüchtet hatten, wieder zu erstarken. Inzwischen greifen sie aus der Dunkelzone, einem Ring kosmischer Trümmer, der die Welt umgibt und in eine Nord- und eine Südhälfte teilt, an und beeinflussen bereits weite Teile der nördlichen Länder und deren Bewohner.

Das gilt besonders für die Caer, ein Kriegsvolk, das, von Dämonenpriestern angeführt, einen Eroberungsfeldzug beginnt und seine Nachbarn mit Feuer und Schwert heimsucht.

Natürlich gibt es auch Kräfte, die auf Seiten der Lichtwelt gegen die Mächte des Dunkels angehen! Da ist Mythor, den man den Sohn des Kometen nennt, und da sind die Vertreter verschiedener Stämme und Völker, die sich auf Burg Anbur sammeln, um einen Feldzug gegen die Caer zu beschließen.

Doch Mythor hat gegenwärtig kaum noch Kampfgefährten, und die in Anbur Versammelten verfolgen zumeist eigennützige, selbstsüchtige Ziele und sind untereinander zerstritten. Auch Verrat ist mit im Spiel – seitens Vassanders, des Erzmagiers von Ugalien. Deshalb kommt es zum ZWEIKAMPF DER ZAUBERER ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Mythor – Der Held der Lichtwelt soll gemeuchelt werden.

Graf Corian – Herr der Burg Anbur.

Vassander und Thonensen – Zwei Magier im Duell.

Drudin – Oberster Priester der Caer.

Nyala, Krude und Coerl O'Marn – Drei Opfer der Mächte der Finsternis.

1.

 

Aus weiter Ferne klang das Schreien und Stöhnen, drangen die Laute des Schmerzes und der Qual an Nyalas Ohr. Der wehe Sang der Verzweiflung und der Hoffnungslosigkeit verstummte nie, aber er war nicht mehr laut genug, die Tochter Herzog Krudes zu stören. Zu sehr war sie mit dem eigenen Geschick beschäftigt, als dass sie Kraft aufgebracht hätte, sich mit den Qualen und Nöten anderer zu befassen.

Nichts hatte sich geändert in Gianton, seit man sie hergebracht hatte. Tage lag das zurück, vielleicht sogar Wochen ... Nyala wusste es nicht zu sagen.

Denn nichts änderte sich in Gianton, der grausigen Stätte der Caer, der Hauptstadt ihres nachtdüsteren Imperiums. Nichts an der fahlen grauen Dämmerbeleuchtung, die von irgendwoher kam und die Gegenstände in formlose Schemen auflöste, die Menschen in huschende Schatten vor düstergrauem Hintergrund. Nichts an der Feuchtigkeit, nichts an dem süßlich-ekligen Geruch, der überall zu riechen war, nichts an der Angst, die von jedem Besitz ergreifen musste, den es in diese Heimstätte der Düsternis verschlug.

Irgendwo über Gianton wölbte sich ein lichter Himmel, aber davon bekamen die schattenhaften Bewohner der grässlichgrauen Welt zwischen den zyklopischen Quadern Giantons nichts zu sehen. Kein Lichtstrahl verirrte sich bis in die Tiefe Giantons. Wie sturmumtost wirkten die grauen Mauern der düsteren Stadt.

Lautlos bewegten sich Wesen darin, vermummte Schemen, Schatten nur, leibhaftig gewordenen Dämonen ähnlicher als lebenden Menschen. Niemand sprach, niemand flüsterte, es war sehr still – von dem ewigen Wehklagen derer abgesehen, die das grausige Geschehen zu Opfern, nicht zu Herren von Gianton gemacht hatte. Und es gab viele, auf die diese Bezeichnung zutraf.

Nyala wusste, dass sie eines dieser Opfer war. So nicht, stand ihr bevor, eines zu werden. Sie erschauerte, wie immer, wenn sie von Gedanken dieser Schwärze überfallen und gepeinigt wurde.

Neben ihr schritt ihr Vater, Herzog Krude von Elvinon, ein Mächtiger unter Mächtigen, Gebieter über Männer und Waffen – jetzt nichts weiter als ein Gefangener der Caer, angetan mit der Schlangenschuppenhaut der Buße. Nyala trug das gleiche Gewand. Und hinter den beiden schritt, auch er Träger der Schuppenhaut, Coerl O'Marn, schweigsamer Diener der schweigsamen Herren von Gianton.

»Wohin werden wir gebracht?«

Bittere Erfahrung hatte Nyala gelehrt, dass sie auf solche Fragen keine Antwort bekam. Die Caer-Priester, die den dreien das Geleit gaben, erteilten keine Auskünfte. Sie waren dazu da, den Weg zu weisen und Fluchtversuche zu verhindern, zu mehr nicht. Dass Nyala dennoch eine Frage stellte, sollte mehr dazu dienen, sich selbst zu beruhigen.

Der seltsame, beklemmende Marsch durch die Düsternis der Caer-Stadt dauerte an.

Wie schon beim ersten Betreten Giantons hatte Nyala nach kurzer Zeit jedes Gefühl dafür verloren, wohin der Weg ging. So seltsam das auch klingen mochte, sie war nicht einmal in der Lage zu sagen, ob der Weg aufwärts führte oder in die Tiefe hinabging. In dieser zwielichtigen Landschaft verloren solche Begriffe ihre Brauchbarkeit.

Nur eines wusste sie von der Bestimmung dieses Ausflugs. Coerl O'Marn hatte es gesagt – es ging zu Drudin.

Nyala erschauerte bei der bloßen Nennung des Namens. Weder Coerl O'Marn noch Herzog Krude hatten den Obersten Priester der Caer jemals gesehen – wohl aber hatten sie mit ihm gesprochen.

Die Folgen dieser Unterredung hatte Nyala sehen können. Sie lagen auch jetzt offen vor ihr – beide Männer hatten ihren freien Willen verloren, beide trotteten mehr, als dass sie gingen. Widerspruch gegen Drudin oder die Caer schien den beiden sinnlos oder verräterisch, je nach Standort.

Nyala erinnerte sich, dass ihr Vater ihr noch im Kerker erklärt hatte, dass er nicht mehr an eine echte Möglichkeit glaubte, die Mächte niederkämpfen zu können, die in Gianton ihre Hauptstadt hatten. Für Herzog Krude war die Welt schon seit geraumer Zeit für das Licht verloren und der Macht der Finsternis geweiht. Wozu noch streiten, wenn das Ende des Kampfes vorhersehbar eine Niederlage sein musste.

Weiter ging der Marsch durch das schweigende Gianton.

Dann öffnete sich ein Tor, dahinter erstreckte sich ein langer Gang, am Ende ein neues Tor.

Auch diese Pforte wurde geöffnet. Ein Saal tat sich auf.

Es war der größte Raum, den Nyala bis zu diesem Augenblick in Gianton zu Gesicht bekommen hatte, und er gefiel ihr überhaupt nicht.

Auch in der Halle herrschte das gedämpfte graue Licht, in dem nichts recht erkennbar war und doch alles aus dem konturlosen Nebel hervorzutreten schien. An den hohen Wänden der Halle gab es etliche Nischen, Stege dazwischen, Vorsprünge und Podeste. Auf jeder dieser freien Flächen stand ein Caer-Priester, den Körper seltsam, erschreckend verrenkt. Sie schienen in diesen Haltungen gleichsam eingefroren für die Ewigkeit.

Nyala schmiegte sich an ihren Vater, aber Herzog Krude dachte nicht daran, den Arm um seine zitternde Tochter zu legen. Er bebte selbst am ganzen Körper. Als einziger zeigte sich Coerl O'Marn unerschütterlich.

»Bleibt hier stehen«, sagte der Anführer des Trupps, der Nyala und die beiden anderen in die Halle geführt hatte.

Sie gehorchten. Die Caer-Priester schritten davon, lösten sich gleichsam in den grauen Schwaden auf, die durch den Raum trieben, und wirkten wie böse Nebelwesen.

»Drudin!«, flüsterte Nyala.

Auf der anderen Seite der Halle, sehr weit entfernt, gab es einen Thron, auf der Sitzfläche war ein Mann zu erkennen, eine verhüllte Gestalt, die sich nicht regte.

Es war beängstigend, wie weit der Blick plötzlich reichte. Zur Rechten sah man kaum ein paar Schritte weit, aber nach vorn, auf Drudin zu, war die Sicht, allem Nebel zum Trotz, klar und deutlich – und letztlich doch getrübt, denn wirkliche Einzelheiten waren nicht erkennbar.

Aus dem Nebel löste sich ein weiterer Trupp Caer-Priester. Sie erschienen wie hergezaubert, mit starrem Blick unter den silberroten Masken, die sie trugen, zwischen ihnen offenbar ein Gefangener.

Der Trupp blieb neben den drei Gefangenen stehen.

Nyala betrachtete den Leidensgefährten. Es war ein Mann von enormem Wuchs, ein Hüne von Gestalt. Der enge Anzug, den er trug – wieder die Schlangenhaut, dachte Nyala erschrocken – zeichnete die prachtvolle Muskulatur deutlich ab.

Er wandte für einen kurzen Augenblick den Kopf, um seine Schicksalsgefährten ansehen zu können.

Der Statur und anderen Merkmalen nach hätte es sich um einen Bewohner der nördlichen Länder handeln können, dennoch war seine Haut schwarz. Sie sah aber nicht aus wie bei jenen Völkern, die tief im Süden lebten, sie wirkte vielmehr, als sei sie eingefärbt, mit irgendeinem geheimnisvollen Ruß bestrichen. Seltsam auch die Poren, sie wirkten schwärzer als die Oberfläche.

Ein feines Wispern kroch durch den Raum und erreichte die vier. Nyala stellte fest, dass sie gar nicht mitbekommen hatte, wie die Caer-Priester sich zurückgezogen hatten.

»Oburus, komm her!«

Unglaublich leise war die Stimme, unglaublich klar und deutlich war sie zu verstehen. Schreckenerregend und bezwingend zugleich war der Klang dieser Stimme. Nyala spürte, wie sie erschauerte, und sie wusste, dass es Drudin war, der so sprach.

Langsam setzte sich der schwarzhäutige Hüne in Bewegung. Er schien nicht Herr seiner Sinne zu sein, seine Bewegungen erinnerten Nyala an die der Fadenpuppe in Jahrmarktsbuden.

Dann stand Oburus – das war wohl der Name des Hünen – vor Drudin.

Nyala stand wie versteinert. Drudins Arm kam hoch, die Kapuze fiel zurück.

Das Gesicht des Obersten Priesters der Caer lag frei.

Nyala sah – nichts.

Dort, wo das Gesicht hätte sein sollen, war nichts – und im gleichen Augenblick verbesserte sich Nyala, denn plötzlich hatte sie ein Gesicht gesehen, und noch eins und abermals eins, und sie wusste in diesem Augenblick, dass Drudin kein Gesicht besaß und doch zugleich tausend Gesichter. Sie wollte schreien vor Angst und Entsetzen, von Grauen geschüttelt, aber kein Glied gehorchte, und von ihren Lippen löste sich kein Schrei.

Und dann sah Nyala, stumm und starr vor Entsetzen, wie aus dem tausendfältigen Nicht-Gesicht des Obersten Caer-Priesters ein schwarzer Schatten hervorglomm und blitzartig im Gesicht des Hünen einschlug.

Nyala brach in die Knie. Herzog Krude stieß einen heiseren Seufzer aus, Coerl O'Marn rührte sich nicht.

Nyala wurde zerrissen von Angst und Schmerz. Sie wusste, was sie gesehen hatte. Der Hüne hatte den Dämonenkuss erhalten, unrettbar – hieß es – war er nun den Mächten der Finsternis verfallen.

Oburus kehrte zu den drei anderen zurück. Mussten sie sein Schicksal teilen?

Nyala sah auf. Entsetzengeschüttelt blickte sie in das gläserne Gesicht des Hünen. Ja, das war der Dämonenkuss, so sah auch Coerl O'Marn aus.

»Diener seid ihr der höchsten Macht«, flüsterte, wisperte, raunte die Dämonenstimme. Aus jedem Winkel zugleich schien sie zu klingen, griff wie mit Händen nach den Zuhörern.

»So wisset, dass eine Schlacht geschlagen wird, eine letzte große Schlacht. Sie wird den Sieg bringen für uns, die wir Herren sind über alles, was lebt, Herren sein werden über alles, was leben wird. Der Sieg wird unser sein, das ist gewiss. Ihr werdet es vielleicht selbst erleben, wie unsere Mächte die Narren und Tölpel in ihren zusammengerotteten Haufen hinwegfegen werden, als hätten sie nie gestanden. Ihr werdet helfen dürfen, diesen großen Sieg zu erringen. Nicht dass wir eurer Hilfe bedürftig wären, aber ihr könnt nützlich sein, ein gewisses Randproblem zu lösen.«

Schwerer Schwingenschlag streifte Nyala. Aus dem Hintergrund kam ein großer schwarzer Vogel herangeschwebt, flog dicht an Nyalas Kopf vorbei und flog auf Drudin zu.

Der Vogel ließ sich auf der Schulter des Obersten Caer-Priesters nieder. Drudin neigte ein wenig den tausendgesichtigen Kopf, als lausche er dem, was der Vogel zu berichten hatte. Es war ein Anblick, der Nyala mit Grauen erfüllte.

»Der Ort der Schlacht steht fest«, sagte Drudin mit seiner geheimnisvollen Dämonenstimme. »Und auch der Tag ist bestimmt, an dem das Schicksal der Welt sich erfüllen wird. Zur Wintersonnenwende wird gefochten, und die Feinde unserer Kraft werden vertilgt werden vom Angesicht des Erdbodens.«

Nyala zitterte am ganzen Körper. Drudins Stimme verriet grenzenlose Zuversicht. Der Oberste Priester der Caer berichtete, so klang es, nicht von Hoffnungen, sondern von Tatsachen. Daran, dass die Mächte der Caer die Schlacht gewinnen würden, schien nicht mehr der geringste Zweifel möglich.

Tiefe Hoffnungslosigkeit erfüllte Nyala. Der gefiederte Unglücksbote zog derweil ab, und wieder streifte seine Schwinge Nyala und versetzte sie in neuen Schrecken.

»Ihr werdet von der Schlacht hören«, tönte Drudin. »Sie wird eingehen in die Geschichte dieser Welt, sie wird unseren endgültigen Sieg über unsere Gegner einleiten.«

Gab es überhaupt noch Hoffnung für die Kräfte des Lichtes? Nyala dachte an Mythor. War er der Sohn des Kometen? Konnte er den Auftrag des Lichtboten erfüllen, das Reich des Lichtes zu festigen und dauerhaft zu schirmen?

»Dennoch«, sagte Drudin, und seine Stimme bekam einen Unterton schneidender Schärfe, »gibt es Gegner, die uns lästig fallen. Es gibt da einen Emporkömmling, der die Werte der Lichtwelt zu retten versucht, der Tölpel. Ich weiß, wo er ist, und mein Arm wird ihn ergreifen, meine Faust wird ihn erwürgen.«

Hassdurchtränkt war die Stimme des Obersten Priesters der Caer, und der leise Tonfall ließ diesen Hass noch deutlicher werden.

Mythor, dachte Nyala. Nur er konnte gemeint sein.

»Entrinnen kann er meiner Macht nicht«, sagte Drudin. »Wo immer er sich verstecken mag, auf dem Land oder darunter, zwischen den Wolken oder in den Tiefen des Wassers – finden werd' ich ihn, und sein Ende wird grässlich sein. Hört ihr?«

»Wir hören, Drudin!«, sagten die vier wie aus einem Mund.

»Wohlan«, fuhr der Dämonenpriester fort. »Ich werde Reiter auf die Fährte dieses Mannes setzen, vier Todesreiter. Es wird ihre Aufgabe sein, diesen Schurken zur Strecke zu bringen, ihn lebend zu fangen oder unverzüglich zu töten.«

Es gab für Nyala keinen Zweifel mehr. Damit war Mythor gemeint. Und sie ahnte ...

»Ihr werdet meine Boten sein«, sagte Drudin. Der Klang seiner Stimme, das niederträchtige Wohlbehagen darin, verschlug Nyala den Atem. Eisige Schauer liefen über ihren Körper.

Nein, wollte sie schreien, nicht wir!

Sie brachte keinen Laut über die furchtversiegelten Lippen.

»Ihr werdet meine Todesreiter sein, der lange Arm Drudins, der jeden Gegner findet und würgt. Ihr werdet diesen Mann zur Strecke bringen. Es ist eine Aufgabe, die eurer würdig ist.«

Nyala bebte. Jedes dieser hohndurchtränkten Worte schlug wie eine unsichtbare Faust in ihren Körper ein. Die anderen schienen nichts davon wahrzunehmen – oder nicht wahrnehmen zu wollen. Nur Herzog Krude schwankte leicht.

»Mein Bote hat mir verraten, wo der Schurke zu finden ist. Ihr werdet ihn stellen.«

Warum wir, dachte Nyala grauengeschüttelt. Warum ausgerechnet wir?

»Tritt vor, Krude!«

Nicht einmal in diesem Augenblick höchsten Entsetzens löste sich ein Laut von Nyalas Lippen. Aus schreckgeweiteten Augen sah sie, wie ihr Vater sich aus der kleinen Gruppe löste, wie er Schritt für Schritt auf Drudin zuging.

Nyala schloss die Augen. Sie wollte nicht mit ansehen, was unvermeidlich geschehen würde.

Sie sank in die Knie, von Krämpfen des Grauens geschüttelt, unfähig, ein Glied zu rühren.

Und keine gnädige Ohnmacht löste diese schreckliche Zeit des Grauens auf.

2.

 

Hoch loderte das Feuer, umzüngelte die Beine des Lorvaners, dessen Gesicht verzerrt war von der Qual des grässlichen Schmerzes. Mythor spürte die eisernen Fäuste der Büttel, die ihn hielten, die ihn hinderten, dem Freund zu Hilfe zu kommen.

Glühheiß wehte die Lohe auf Mythor zu, hüllte ihn ein. Er spürte den Gluthauch auf der Wange, hörte das Stöhnen und Schreien, das Prasseln des brennenden Holzes ...

Etwas raschelte.

Mythor schrak zusammen. Das Traumgebilde wich, das ihn gepeinigt hatte.

Er hatte nicht ansehen müssen, wie sein Freund Nottr lebendigen Leibes verbrannt worden war. Nottr war gerettet, in guter Obhut; auf dem Scheiterhaufen vergangen waren die wiederbelebten Glieder eines Mannes, von dem Mythor nicht einmal den Namen kannte. Ein unbekannter Toter, von Thonensens magischer Kraft zu schrecklichem Scheinleben erwacht, war vor den Augen Mythors in Rauch und Flammen vergangen.

»Ein Traum, nicht mehr«, murmelte Mythor.

Der Albtraum war verschwunden. Was hatte ihn geweckt?

Mythor lächelte. Neben ihm lag Buruna, Liebessklavin in Diensten des Grafen Corian zu Anbur, heißblütig und ...

Mythor zuckte zusammen.

Im schwachen Licht der Kammer sah er Buruna. Die Frau hatte sich vom Lager erhoben, und das Geräusch des leise raschelnden Strohs hatte Mythors Schlaf durchbrochen und ihn erwachen lassen. Gerade noch rechtzeitig, denn in diesem Augenblick hatte Buruna nach Mythors Helm gegriffen und setzte ihn auf.

»Nicht!«, rief Mythor. »Buruna, lass ihn liegen. Es ist ...«

Zu spät erklang der Warnruf, und hätte sie ihn gehört, hätte sie ihn vermutlich nicht befolgt.

Sie senkte den Helm auf ihren Kopf.