Cover

Marcel Dreykopf

Fußball. Das Allerletzte

Intrigen und Dummheiten aus der Welt des Fußballs

Rowohlt Digitalbuch

Inhaltsübersicht

Über Marcel Dreykopf

Marcel Dreykopf, Journalist und Buchautor, berichtet seit fast 30 Jahren über die deutsche und die internationale Fußballszene. Seine kritischen Analysen und scharfzüngigen Kommentare haben ihn bundesweit bekannt gemacht. Um weiter ungestört in der Szene recherchieren zu können, hat der Autor dieses Buch unter seinem Pseudonym geschrieben.

Über dieses Buch

«Fußball. Das Allerletzte» versammelt bislang unbekannte wie legendäre Anekdoten, Storys und einschlägige Zitate, die den deutschen und internationalen Fußball von seiner unschönen Seite zeigen. Der Sport tritt in den Hintergrund, und Abgründe tun sich auf angesichts spektakulärer Skandale, schwerer verbaler Fouls und übler Machenschaften. Was abseits des Spielfeldes und vor laufenden Kameras passiert, ist haarsträubend und manchmal schier unglaublich – oft aber auch entlarvend komisch.

Impressum

Rowohlt Digitalbuch, veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, April 2011

Copyright © 2011 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages

Das Buch erschien zuerst unter dem Titel «Fußball. Das Allerletzte» 2006 im Neuer Europa Verlag Leipzig GmbH

Umschlaggestaltung ZERO Werbeagentur, München

(Umschlagabbildung: John Rensten/Getty Images)

Abbildungen Seite 65: Abb. 1 © dpa, Abb. 2, 3, 5, 7, 8, 9 © dpa – Sportreport, Abb. 4, 11 © picture-alliance/Sven Simon, Abb. 6 © dpa – Report, Abb. 10 © picture-alliance/augenklick

Schrift DejaVu Copyright © 2003 by Bitstream, Inc. All Rights Reserved. Bitstream Vera is a trademark of Bitstream, Inc.

ISBN Buchausgabe 978-3-499-62679-1 (1. Auflage 2011)

ISBN Digitalbuch 978-3-644-43811-8

www.rowohlt-digitalbuch.de

ISBN 978-3-644-43811-8

GÖTTLICH

«Auch Jesus wurde nicht von allen geliebt.»

(Trainer José Mourinho auf die Frage, warum er bei vielen Menschen so unbeliebt sei)

FUSSBALL-FLEGEL

Schummeln, Schimpfen, Spucken, Schlagen – Fußball ist der Flegelsport Nummer eins. Nach einer Untersuchung der Uni Augsburg ist es in keiner anderen Sportart derart schlecht um das Benehmen der Beteiligten bestellt. In der Kategorie unfairer Umgang mit Schiedsrichtern können die «Konkurrenten» Handball, Basketball und Volleyball noch einigermaßen mithalten. Beim (Fehl-)Verhalten der Trainer bleiben nur noch die Handballer als ernstzunehmende Verfolger übrig, und im Wettbewerb um die rüpelhaftesten Zuschauer wird der Fußball souverän seiner Stellung als Volkssport Nummer eins gerecht. Schlechter als die Manieren der Fans sind nur noch die der Spieler – im Vergleich des Verhaltens der Aktiven liegt der Fußball in der Negativwertung am deutlichsten vorn.

BITTERE WAHRHEIT

«Ich habe im Fußballgeschäft so zu lügen gelernt, dass mich sogar meine Frau für einen Drecksack hält.»

(Ex-Profi Peter Kunter als Vizepräsident von Eintracht Frankfurt)

DER FLUCH DER BÖSEN TAT

Recherchiert ein Autor jahrelang die schwärzesten Kapitel des Fußballs, dann ist er einiges gewöhnt. Manchmal aber steht auch er noch fassungslos vor dem, was dieser Sport an Unglaublichem zu bieten hat. Die französische Nationalmannschaft schaffte es während der WM 2010 in Südafrika, die Messlatte in dieser Hinsicht auf eine kaum zu überspringende Höhe zu legen. Ein Gutes hatte der womöglich größte Skandal der WM-Geschichte immerhin: In den irischen Pubs überall auf der Welt schmeckte das Guinness besser denn je.

Alles begann am 18. November 2009: Mit seinem Handspiel im entscheidenden WM-Relegationsspiel gegen tapfere und bessere Iren hatte Stürmer Thierry Henry Frankreich in der Nachspielzeit das WM-Ticket gesichert, seinem Trainer den Job erhalten und die Fußballwelt empört. Das Schurkenstück vor dem 1:1 durch William Gallas war auch den französischen Fans mehr als peinlich. In einer Umfrage von Le Monde meinten 89 Prozent der Leser, Frankreich habe die WM-Qualifikation nicht verdient. Der beliebte Ex-Nationalspieler Eric Cantona urteilte scharf: «Ich denke, Raymond Domenech ist der schlechteste französische Nationaltrainer seit Ludwig XVI.» Jener französische König also, der sein royales Haupt – wie passend – während der Französischen Revolution auf der Guillotine verlor.

Der Trainer selbst, längst auf der Abschussliste und komplett demontiert, hingegen sagte dreist, er habe gar kein Handspiel gesehen. Kritischen Reporterfragen entgegnete er: «Lassen Sie mich die Qualifikation für die WM genießen.» Es bleibt ein Rätsel, warum der französische Verband nicht reagierte und Domenech umgehend entließ. Genießen jedenfalls konnte er seinen Job von diesem Zeitpunkt an nicht mehr. Nie zuvor ist eine Nationalmannschaft derart sehenden Auges in ein Desaster gerannt.

Im ersten Spiel gegen Uruguay (0:0), einem grottenschlechten Kick, verbannte Domenech seinen Retter Henry zum Erstaunen der Mitspieler auf die Bank. Längst hatten sich die millionenschweren Profis, eine charakterlose Ansammlung von Ich-AGs, gegen ihren Trainer verbündet. Und so nahm das seinen Lauf, was viele französische Zeitungen später als «nationale Schande» bezeichneten und Sportministerin Roselyne Bachelot ein «moralisches Desaster» nannte. Die Spieler könnten «nicht länger die Helden unserer Kinder sein».

Nicolas Anelka hatte als Vorbild ohnehin nie recht getaugt. In der Annahme, jeder wolle ihm unrecht tun, verbreitete er bei jeder seiner neun Spielerstationen den Eindruck eines mürrischen, ständig eingeschnappten Profis. Seinen Spitznamen «Le Sulk» (sulk = üble Laune) verdiente er sich jedenfalls redlich. Und in Südafrika legte er noch einen drauf. In der Halbzeitpause des zweiten WM-Spiels, des 0:2 gegen Mexiko, beschimpfte er seinen Trainer mit den Worten: «Va te faire enculer, sale fils de pute!» Auf Deutsch: «Fick dich in den Arsch, du Hurensohn.» Er ging sofort duschen, wurde später vom Verband suspendiert und nach Hause geschickt. 1986 hatte für eine solche Maßnahme schon das Wort «Suppenkasper» gereicht, mit dem Torhüter Uli Stein den deutschen Teamchef Franz Beckenbauer angeblich beleidigt hatte. Damals beschwerte sich niemand.

Und wie reagierte die französische Antimannschaft 2010? Kapitän Patrice Evra trat sein Amt mit Füßen, indem er die Entgleisung auch noch zu rechtfertigen suchte: «Er hat seine Gründe. Das Problem ist nicht Anelka, sondern der Verräter unter uns, den man eliminieren muss.» Um fortzufahren: «Alle Spieler wollten, dass er bleibt.» Und dem verlieh die Mannschaft dann auch Ausdruck: Zwei Tage vor dem abschließenden Gruppenspiel gegen Südafrika trat sie in den Streik, um gegen den Ausschluss Anelkas zu protestieren.

Wie sehr sich nahezu jeder dieser charakterlosen französischen Spieler in Südafrika um die lebenslange Verbannung aus der Équipe Tricolore bewarb, wurde im letzten Gruppenspiel deutlich. Das 1:2 gegen Südafrika war eine Bankrotterklärung. Ganz Frankreich war wütend und beschämt zugleich. In den irischen Kneipen aber konnte sich niemand erinnern, jemals eine derart vergnügliche WM gesehen zu haben – auch ohne das eigene Team!

DAS SPRICHT BÄNDE

«Eine Biographie? Von mir? Nein. Never ever! Wenn ich die Wahrheit über das, was ich alles erlebt habe, schreiben würde, müsste man etwa zehn Bände machen – und ich müsste nach der Veröffentlichung nach Australien auswandern.»

(Uli Hoeneß zum Ende seiner Amtszeit als Bayern-Manager)

SCHWEINI IM SAITLING

Für Bastian Schweinsteiger, Idealbesetzung in der Rolle des Fußballers aus Oberbayern, ging es in seiner Laufbahn gleich zweimal um die Wurst. Zunächst war es ein Fleischgroßhändler, der seine durch den Wolf gedrehten Ferkel unter der Bezeichnung «Schweini» in den Saitling pressen und in die Supermarktregale bringen wollte. Für so eine Sauerei mochte der damalige Jung-Star seinen Spitznamen nicht hergeben und zog erfolgreich bis vors Landgericht. Womöglich wäre es aber gar nicht erst zu dem Rechtsstreit gekommen, hätte der Unternehmer Schweinsteiger die Marketingidee nur richtig schmackhaft gemacht. Denn später zeigte sich, dass es dem Nationalspieler unter dem Diktat der persönlichen Gewinnmaximierung ziemlich wurst ist, was er der Öffentlichkeit einst als Überzeugung verkauft hat.

Nachdem er sich einige Jahre fröhlich und unbeschwert durch den Weltfußball gedribbelt hatte, schlug der Bayern-Star eines Tages ernstere Töne an. Er wolle nicht mehr «Schweini» genannt werden, ließ er uns in der Blütephase seiner Karriere wissen. Er sei jetzt erwachsen und bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen, da passe dieser Kosename einfach nicht mehr. Seinen Worten ließ Herr Schweinsteiger durchaus Taten folgen, er entwickelte sich zum Führungsspieler. Der Lohn waren viele Erfolge auf dem Platz und noch mehr Millionen auf dem Konto. Doch satt war der Bayer noch lange nicht, sonst hätte er wohl kaum so eifrig nach dem Wurstzipfel gegriffen, den ihm ein Werbepartner unter die Nase hielt. In großem Stil warb er für eine Minisalami, deren reichhaltiger Verzehr in Kreisen professioneller Ernährungsberater als nicht unproblematisch eingestuft wird. Als Wurstwerber firmierte Schweinsteiger übrigens unter «Basti». Das klingt doch total erwachsen, nicht wahr?

WEITSICHTIG

«Männer sind Lebewesen, die Fußballkarten ein halbes Jahr im Voraus bestellen und mit den Weihnachtseinkäufen bis Heiligabend warten.»

(Volksmund)

DER FUSSBALLFRISEUR

Wer beim Stichwort Polen nur an Autodiebstahl und Zigarettenschmuggel denkt, sollte sich erstens schämen und zweitens seine Vorurteile schleunigst korrigieren. In unserem Nachbarland versteht man sich nämlich auch auf ganz andere Dinge, zum Beispiel das Manipulieren von Fußballspielen. Ein gelernter Friseur aus dem westpolnischen Wronki, im Zweitberuf Manager eines Erstligaklubs, soll mit einem Netzwerk aus Funktionären, Schiedsrichtern, Spielern und Trainern jahrelang die Fußballbilanzen frisiert haben. Ob Vereinen in sportlichen Nöten oder Wettsyndikaten mit geringem Hang zum Risiko – dem Vernehmen nach lieferte das Friseurteam jedem Kunden sein Wunschergebnis. Gegen ein entsprechendes Trinkgeld, versteht sich. Bekanntermaßen gehört aber auch das Plaudern zum Friseurhandwerk, und so hörte irgendwann die Polizei von dem florierenden Geschäft mit dem Spitzenfußball. Es gab Dutzende von Festnahmen, die komplette Führung des nationalen Fußballverbandes wurde abgesetzt. Durch den Skandal hat neben dem polnischen Fußball offenbar vor allem das Image der Friseurbranche Schaden genommen. Die Coiffeure des Landes werden immer häufiger gefragt, ob sie neben Locken auch krumme Dinger drehen. Haarsträubend.

DIE MAUER IM KOPF

«Wenn du einmal eine Mauer gesehen hast, kennst du sie alle.»

(West Bromwich Albions Spieler John Trewick auf die Frage, warum er bei der China-Tournee seines Klubs 1978 auf die Besichtigung der Großen Mauer verzichtete)

BECKENBAUERS HEISSE NUMMER

Franz Beckenbauer, vielfach umworbener Frauen- und Fußballversteher, ist auch in der Wirtschaft überaus begehrt. Um den Kaiser als Reklamepartner zu gewinnen, bot ihm ein großes Mobilfunkunternehmen nicht nur ein stattliches Honorar, sondern auch noch eine Wunschnummer fürs Handy an. Beckenbauer schlug ein und wählte die 666666 – sechsmal die Sechs, das kann man sich auch in fortgeschrittenem Alter leicht merken. Dummerweise musste Handybesitzer Franz bald feststellen, dass bei ihm zahlreiche Herren anriefen, die von einer heißen Nummer wie dieser etwas anderes als fußballerische Fachgespräche erwarteten. Nun verfügt Beckenbauer über zahlreiche Talente, als Callboy taugt er jedoch nicht. Sein Handy gab er entnervt zurück.

DOPPELMORAL AUF ARGENTINISCH

Mit nur einem Satz ein ganzes Volk zu verunglimpfen und dann auch noch das eigene – das soll dem Argentinier Mauricio Taricco erst einmal einer nachmachen. In einem Interview mit einer irischen Sonntagszeitung machte sich der Verteidiger von Tottenham Hotspur über gängige Moralbegriffe lustig, indem er sich und seinesgleichen brüstete: «Wir Argentinier lieben unsere Frauen und würden sie nie betrügen – aber auf dem Platz setzen wir uns über solche Regeln hinweg, weil für uns nur eines zählt: der Erfolg.» Deshalb bewundere ganz Argentinien Diego Maradona für seine «Hand Gottes» und verehre ihn als Volkshelden, weil das, was anderswo kleinkariert als Betrug gewertet werde, ein Ausdruck des unbedingten Siegeswillens der Argentinier sei. Wer erlebt hat, mit welcher Aggression Taricco im August 2001 seinen Gegenspieler Thomas Gravesen vom FC Everton – fernab des Balles – von den Beinen senste, begreift, dass dieser im Interview geäußerte Unfug ganz offensichtlich sein Credo ist. Gravesen, selbst kein Kind von Traurigkeit, sagte anschließend: «Es war das schlimmste Foul, das je an mir begangen wurde. Geblutet habe ich aber nicht, da war ein großes Loch in meinem Knochen.» Geht ja noch …

DER TAG DER WAHRHEIT

«Am Montag nehme ich mir vor, zur nächsten Partie zehn Spieler auszuwechseln. Am Dienstag sind es sieben oder acht, am Donnerstag noch vier Spieler. Wenn es dann Samstag wird, stelle ich fest, dass ich doch wieder dieselben elf Scheißkerle einsetzen muss wie in der Vorwoche.»

(Der walisische Trainer John Toshack)

EINMAL BETONKOPF, IMMER BETONKOPF

Die einmalige Chance, sein in DDR-Zeiten rechtmäßig erworbenes Betonkopfimage weich zu zeichnen, verspielte Eduard Geyer während der Zeit als Trainer von Energie Cottbus. Sein Klub hatte gerade den Bundesligarekord aufgestellt, mit elf ausländischen Spielern anzutreten – was in einer Region wie der Lausitz, die von Ausländerfeindlichkeit verschmutzt wird, als ein Zeichen der Hoffnung hätte gedeutet werden können. Doch als ein wohlmeinender Reporter dem Energie-Trainer die goldene Brücke zu Begriffen wie «Integration» oder «Abbau von Vorurteilen» bauen wollte, unterbrach ihn Geyer: «Quatsch, der einzige Grund ist: Die Ausländer sind billiger, deutsche Spieler können wir uns finanziell nicht leisten.»

ZORNIGE FUSSBALLGÖTTER

«Pelé soll zurückgehen ins Museum.»

(Diego Maradona zur Vermutung des Brasilianers Pelé, sein schärfster Konkurrent unter Südamerikas Fußball-Idolen sei nur Nationaltrainer Argentiniens geworden, weil er dringend Arbeit und Geld brauchte)

PETERCHENS IRRFAHRT

Erst hatte er kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu: Selten hat ein Fußballer den vielzitierten Spruch mit mehr Leben gefüllt als der Engländer Peter Beagrie. Nach einem Freundschaftsspiel seines FC Everton 1991 in Spanien gegen Real Sociedad fand er, stark angetrunken, nicht mehr den Weg zurück zum Hotel. Also stellte er sich in den frühen Morgenstunden einem Motorradfahrer in den Weg und ließ sich von dem höflichen Spanier zum Mannschaftshotel transportieren. Doch dort gelang es ihm nicht, den Nachtportier zu wecken. Also schnappte er sich das Motorrad, raste damit die Hoteltreppe hinauf und durchbrach mit Karacho die gläserne Eingangstür. Seine Schnittwunden mussten später mit 50 Stichen genäht werden. Beagries Pech: Es war das falsche Hotel, das er sich für seinen Husarenritt ausgesucht hatte.

BEST OF BERTI

Berti Vogts war nachweislich nicht der größte Bundestrainer. Verbal aber hat er Spuren hinterlassen wie kaum ein anderer, wie diese Flop-Elf belegt:

  1. «Hass gehört nicht ins Stadion. Solche Gefühle soll man gemeinsam mit seiner Frau daheim im Wohnzimmer ausleben.»

  2. «Ich glaube, dass der Tabellen-Erste jederzeit den Spitzenreiter schlagen kann.»

  3. «Die Kroaten sollen ja auf alles treten, was sich bewegt – da hat unser Mittelfeld nichts zu befürchten.»

  4. «Die Breite an der Spitze ist dichter geworden.»

  5. «Dank an die Mediziner. Sie haben Unmenschliches geleistet.»

  6. «Wir haben ein Abstimmungsproblem – das müssen wir automatisieren.»

  7. «Wie der Afrikaner lebt, so spielt er auch Fußball.»

  8. «Das Spielfeld war zu lang für Doppelpässe.»

  9. «Wir wissen alle, dass Mario nicht gesagt hat, was er gesagt hat, was er gesagt haben soll, dass er es gesagt hat.»

  10. «Die Realität ist anders als die Wirklichkeit.»

  11. «Wenn ich übers Wasser laufe, dann sagen meine Kritiker, nicht mal schwimmen kann er.»

SITTSAME SPIELE

Im Umgang mit ihren Untertanen sind die Machthaber im Iran normalerweise nicht zimperlich, beim Fußball jedoch kennt die Fürsorge der Mullahs für das Volk kaum Grenzen. Um der muslimischen Bevölkerung unschöne Szenen zu ersparen, überträgt das iranische Fernsehen Spiele aus dem Ausland gerne einige Sekunden zeitversetzt. So haben die Sittenwächter in der TV-Regie die Möglichkeit, alle Bilder zu entfernen, die nicht mit der islamischen Moral vereinbar sind. Dazu zählten sie aber nicht etwa brutale Fouls, sondern vor allem leichtbekleidete Zuschauerrinnen.

DOPING-TRICK

«Der einzige Satz, der einen Fußballer von Anabolika fernhält, ist: Schluck es nur, das Zeug, dann werden deine Hoden so klein wie Erdnüsse.»

(Der britische Sportjournalist Martin Kelner über die Lösung des Dopingproblems)

AUFERSTANDEN AUS RUINEN

Mehr als 20 Jahre nachdem sie im Mülleimer der Geschichte verschwunden war, feierte die DDR ein völlig unerwartetes Comeback: Die FIFA, der ja seit je her eine gewisse Affinität zu totalitären Systemen nachgesagt wird, ließ den Arbeiter- und Bauernstaat im Vorfeld der WM 2010 kurzerhand wiederauferstehen.

Auf den Internetseiten des Weltfußballverbandes hatten Journalisten, die sich für das Turnier akkreditieren wollten, bei der Angabe ihres Wohnorts überraschenderweise die freie Auswahl zwischen mehreren deutschen Staaten. Wer sich spontan nicht zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik entscheiden mochte, konnte ersatzweise auch ein neutrales «Germany» anklicken oder aber dem Saarland – eigentlich seit 1957 Teil der BRD – den Status einer eigenständigen Fußballnation verleihen. Die Auswahlteams aus der DDR und von der Saar befanden sich übrigens in illustrer historischer Gesellschaft, denn der Weltverband führte unter anderem auch die Tschechoslowakei, Rhodesien und die Sowjetunion auf seiner Staatenliste.

Bis zur WM war das alte kommunistische Weltreich dann aber selbst bei der FIFA wieder zerfallen, und in Südafrika lief nachweislich auch nur eine deutsche Mannschaft auf. Beim Verband in Zürich hatte man sich einsichtig gezeigt und den kleinen Irrtum korrigiert. Gerüchten zufolge zog FIFA-Chef Blatter sogar persönliche Konsequenzen aus dem Vorfall – er trennte sich von seinem liebgewonnenen Atlas aus Schülertagen.

ELF FREUNDE MÜSST IHR SEIN

«Mick, du bist ein Lügner …, ein verdammter Wichser. Für mich hast du nichts getaugt, als du noch gespielt hast, für mich taugst du nichts als Manager, und für mich taugst du auch nichts als Mensch. Du bist ein verdammter Wichser, und von mir aus kannst du dir deine Weltmeisterschaft in den Arsch schieben. Ich habe keine Achtung vor dir.»

(Der irische Mannschaftskapitän Roy Keane zu seinem Trainer Mick McCarthy unmittelbar vor der WM 2002 in Japan. Danach durfte Keane, noch vor dem ersten Spiel, wieder nach Hause fliegen.)

KONSEQUENT

«Keane nach Hause zu schicken war okay. Aber ich hätte ihn zuerst erschossen.»

(Keanes früherer Manager Brian Clough, Nottingham Forest)

EINER GEHT NOCH

In der siebten spanischen Liga sind Weltklasseleistungen eher die Ausnahme, einen internationalen Rekord hat man dort dennoch aufgestellt: Die Begegnung zwischen Recreativo Linense und Saladillo Algesiras im Januar 2009 ist als größtes Kartenspiel aller Zeiten in die Fußballgeschichte eingegangen, 19-mal gab der Schiedsrichter Rot.

Eine ganze Weile hatten die beiden andalusischen Mannschaften einen unauffälligen Kick geboten – ein Tor und ein Platzverweis standen nach 53 Minuten zu Buche. Dann aber kam es zu einer folgenschweren Meinungsverschiedenheit: Die Spieler Francis und Aguilar gerieten aneinander, und ein Großteil ihrer Mannschaftskameraden ließ es sich nicht nehmen, sich am Geschehen zu beteiligen. Schließlich lockte der Auftrieb auch noch einige Zuschauer auf den Platz, und so war alsbald ein fröhliches Gerangel im Gange. Nur Schiedsrichter José Manuel Barro Escandón hatte anscheinend keine rechte Freude an der südspanischen Fiesta, er brach das Spiel einfach ab.

Dass ihm der Sinn für rustikale Unterhaltung fehlt, machte der Unparteiische auch in der Folge deutlich: Kaum in der Kabine angekommen, zückte er seinen Schreiber und machte sich daran, den Spielbericht zu füllen. Nach einer Weile waren darin fast alle Namen notiert, die das andalusische Telefonbuch zu bieten hat: Escandón verhängte nachträglich 18 Rote Karten, gerecht verteilt auf beide Teams. Mit dem schon während der Begegnung ausgesprochenen Platzverweis hatte es somit 19 von 22 Spielern erwischt.

Ob sich die verbliebenen drei tatsächlich nichts hatten zuschulden kommen lassen, Escandón die Tinte ausgegangen war oder er es im sicheren Gefühl, alles Notwendige für einen Eintrag ins Guinness-Buch bereits getan zu haben, einfach nicht übertreiben wollte, konnte nie geklärt werden. Für Linenses Trainer Naranjo gab es an diesem Nachmittag ohnehin nur einen wirklich Schuldigen: «Ich weiß nicht, was in den Schiedsrichter gefahren ist», grollte er. «Es hat einen Streit zwischen Francis und Aguilar gegeben, die anderen Spieler und die Zuschauer wollten doch nur schlichten.» Mag sein, doch mit einer solchen Sicht der Dinge stellt man in Spaniens siebter Liga eben keine Rekorde auf.

ALLMACHT

«Ich als Verein musste reagieren.»

(Fortuna Kölns Präsident Jean Löring, nachdem er am 15. Dezember 1999 in der Halbzeitpause des Spiels gegen Waldhof Mannheim seinen Trainer Toni Schumacher beim Stand von 0:2, Endstand 1:5, gefeuert hatte)

HILFE FÜR DIE KREBSFORSCHUNG? «DOCH NICHT FÜR SO BESCHISSEN WENIG GELD»

Wenn Sporthistoriker eines Tages nach dem Zeitpunkt forschen, an dem der englische Fußball endgültig von «The People’s Game» zu nackter Geldgier degenerierte, sei ihnen das Jahr 2006 empfohlen. Damals erschien unter dem Titel Match of my Life eine Sammlung von Aufsätzen, in denen sich englische Nationalspieler der Weltmeisterschaften ab 1950 erinnerten. Das Buch war dem Gedenken an Bobby Moore, dem an Krebs gestorbenen Kapitän der englischen Weltmeister-Elf von 1966, gewidmet; der Erlös sollte der von seiner Witwe gegründeten «Bobby-Moore-Stiftung für Krebsforschung» zufließen.

Von Sir Tom Finney über Sir Bobby Robson bis zu Peter Shilton und Tony Adams – jeder wollte seinen Beitrag zum guten Zweck leisten. Lediglich die Generation der damals aktuellen Nationalspieler, die England bei der WM 2002 in Ostasien hatte vertreten dürfen, verweigerte sich – und zwar ausnahmslos. Leo Moynihan, der Herausgeber des Buches, erinnerte sich später deprimiert, wie er vergeblich zwischen Pontius und Pilatus hin und her gerannt war:

«Es war eine wahre Schande. Fast alle Agenten der Spieler empfanden es als Zumutung, dass ihre Klienten 45 Minuten ihrer kostbaren Zeit für nur 1000 Pfund Honorar opfern sollten, und fertigten uns mit einem knappen ‹Nein› ab. Einer begründete seine Absage immerhin mit einem ‹Doch nicht für so beschissen wenig Geld›, ehe er den Hörer aufknallte. Keiner war bereit, sich mit wahren Legenden unseres Fußballs in eine Reihe zu stellen und gemeinsam mit ihnen Stephanie Moores Krebs-Stiftung zu unterstützen. Wie gesagt: eine wahre Schande.»

Und so blieb es an Moynihan selber hängen, Englands Viertelfinal-Niederlage gegen Brasilien bei der WM 2002 angemessen zu würdigen. Doch vermutlich war das ein Glücksfall für das Buch. Hätte man denn stattdessen einen Text von Rio Ferdinand oder Ashley Cole lesen wollen? Oder gar von David Beckham?

WUNSCHDENKEN

«Superman.»

(Der stets bescheidene Cristiano Ronaldo, damals in Diensten von Manchester United, Ende 2008 auf die Frage, welchen Beruf er gewählt hätte, wäre er nicht Fußball-Profi geworden. Immerhin ist sein Wunsch noch realistischer als der seines Mannschaftskollegen Wayne Rooney, der antwortete: «Arzt!»)

ABRÜSTUNG AUF SÜDAMERIKANISCH

Am Tag des ersten Endspiels der WM-Geschichte herrschte in Montevideo Ausnahmezustand. 2000 Polizisten waren an diesem 30. Juli 1930 rund um das Stadion «Centenario» im Einsatz, wo sich Gastgeber Uruguay und Argentinien vor 90 000 Zuschauern gegenüberstanden. Wie sinnvoll die Sicherheitsvorkehrungen waren, zeigte das Ergebnis der Leibesvisitationen an den Stadiontoren: Die Polizisten sammelten mehr als 1500 Pistolen und Revolver ein. In ihren Möglichkeiten, den Gefühlen freien Lauf zu lassen, somit erheblich eingeschränkt, beließen es die Anhänger beider Mannschaften bei gegenseitigen Beschimpfungen, Morddrohungen und vereinzelten Schlägereien. Das Spiel gewann Uruguay mit 4:2.

DER DREISTESTE SPIELER IRLANDS

Auf Weihnachtsgeschenke seiner Großmütter durfte der damals 21-jährige Stephen Ireland im Herbst 2007 nicht hoffen. Die Omas waren übellaunig, schließlich hatte er sie umgebracht. Er tat es mit Worten, und seither gilt der Mittelfeldspieler als der wohl dreisteste Lügner in der Geschichte des irischen Fußballs.

Anfang September 2007 bat Ireland seinen Nationaltrainer Steve Staunton, ihn aus dem Kader für das Spiel gegen Tschechien zu streichen. Er müsse dringend zurück in die Heimat. Seine Oma mütterlicherseits, die ihn seit seinem fünften Lebensjahr aufgezogen hatte, sei überraschend gestorben. Eine vermeintlich narrensichere Entschuldigung, denn wer verweigert es einem Trauernden schon, die geliebte Person zu Grabe zu tragen?

Die Iren, bekannt für ihren Familiensinn, jedenfalls nicht. Und so stellte der Verband dem Spieler von Manchester City einen Privatflieger für die Rückkehr zur Verfügung. Auch sein Vereinstrainer Sven-Göran Eriksson zeigte Verständnis. Ireland klagte, er könne unmöglich in der Premier League gegen Aston Villa spielen. Er trauere noch immer sehr und müsse zudem bei den Vorbereitungen für die Beerdigung helfen. Eriksson war gerührt.

Das änderte sich, als Journalisten herausfanden, dass besagte Oma namens Patricia Tallon zwar betagt, aber durchaus noch lebendig war. Nun wollte sich Ireland aus dem Sumpf ziehen und grub sich nur noch tiefer ein. Es handele sich um einen Irrtum und bei der Verstorbenen um die Großmutter väterlicherseits. Der stehe er nicht so nahe. Und hätte er gewusst, dass sie die Tote ist, hätte er bestimmt gespielt. Kein netter Enkel.