Inhaltsverzeichnis

 

Einleitung: Dieses Buch ist eine Initiation

Was ist

Tag 1 – Die Vision

Tag 2 - Der Schmerz ist ein Großer Lehrer

Tag 3 – Ziele

Tag 4 – Mein Plan

Tag 5 – Warum bin ich noch nicht erleuchtet?

Tag 6 – Liebe und Beziehungen

Tag 7 – Ich habe begonnen zu reden

Tag 8 – Ich erlaube dem Leben alles

Tag 9 – Der Schmerz kehrt wieder

Tag 10 – Ich brauche die Wahrheit – Jetzt

Tag 11 – Wer bin ich und was ist meine Geschichte?

Tag 12

Tag 13 – Wer bin ich wirklich?

Tag 14

Tag 15 – Das Leben tanzt

Tag 16 – Unsere Geschichten – Das ist unser Leben

Danksagung

Über die Autorin


 

Ulrike Dietmann

 

 

 

Das gebrochene Herz

 

Mein Weg der Selbstheilung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

spiritbooks


 

 

Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

 

 

 

 

© 2015 spiritbooks, 70173 Stuttgart

Verlag: spiritbooks, www.spiritbooks.de

Autorin: Ulrike Dietmann

Buchsatz und Drucklayout: PCS Schmid, www.pcs-schmid.de

Covergestaltung: Corinna Witte-Pflanz, www.ooografik.de

Coverfotos/Kapitelgrafiken: Orange paint background © oly5 – Fotolia.com; watercolor heart. Concept – love, relationship, art, painting © undrey Fotolia.com; Sun watercolor painted © dannywilde Fotolia.com; sun symbol yellow circle composed of thin lines © mimacz Fotolia.com; beautiful young girl © Nata Konstantinova Fotolia.com

 

Version 1.0

ISBN: 978-3-944587-95-0


 

 

 

 

 

 

Alles, was von Bewusstsein berührt wird, wandelt sich.

 

 


 

 

 

 

 

 

Für all meine Brüder und Schwestern,
deren Herz gebrochen wurde ...

 

Holt euch eure Power zurück.


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Einleitung: Dieses Buch ist eine Initiation

Es ist nicht immer schön, aber es ist wahr und es geht wie jede wahre Initiation gut aus.

Ende Januar 2015 erlitt ich ein Trauma. Es ist das erste Mal, dass mir so etwas in dieser Heftigkeit passiert ist. Ich bin eine spirituelle Lehrerin, ich arbeite mit Pferden und der Kraft der Natur. Damit will ich sagen, dass ich viele Möglichkeiten kenne, mit Ungleichgewichten in meinem Bewusstsein umzugehen.

Auf diese Situation war ich nicht vorbereitet. Überhaupt gar nicht. Wahrscheinlich hätte ich weitergemacht wie bisher, wenn ich nicht ein schweres Handicap erlitten hätte: Ich verlor mein Gehör. Nicht ganz, aber doch so viel, dass meine Arbeit schwer beeinträchtigt war. Ich konnte meine Klienten am Telefon nicht mehr genügend verstehen und ich konnte die Teilnehmer bei Workshops nur verstehen, wenn ich direkt neben ihnen saß, was bei Seminaren, in denen sich Teilnehmer in einer Gruppe austauschen ein K.-o.-Kriterium ist.

Ich war von meiner Umwelt abgeschnitten. Das Taubsein zeigte mir deutlich, was mit mir los war. Wahrscheinlich hätte ich meine Situation sonst immer noch nicht ernst genommen.

Der Anlass für das Trauma war, dass der Mensch mit dem ich die letzten 30 Jahre meines Lebens verbracht hatte, mit dem ich zwei Kinder großgezogen hatte, mir mitteilte, dass er sich trennen wollte und mich bat, aus der gemeinsamen Wohnung auszuziehen, weil er mit seiner neuen Liebe dort einziehen wollte.

Er bot auch an, selbst auszuziehen, aber allein konnte ich mir die Wohnung nicht leisten.

Ich fiel wie ein Stein ohne jeden Luftwiderstand ins Bodenlose. Kurze Zeit später setzte eine Trauma-Reaktion ein. Mein Herz begann zu rasen, mein Körper krümmte sich vor Schmerz, ich fing an zu heulen wie ein Tier, ein überwältigender Schmerz rollte in immer neuen Wellen über mich. Ich verlor jede Kontrolle über mich und meine Reaktionen. Ich war sicher, dass mein Leben zu Ende war. Ich musste nur genügend Kraft sammeln, um die nächste hohe Brücke zu finden, von der ich mich dorthin stürzen konnte, wo meine Seele im Augenblick schon war.

Meine Freundin Eva Reifler rief an diesem Vormittag an und bekam mit, was geschehen war.

"Komm zu mir", sagte sie.

"Ich bin nicht in der Lage, ein Flugticket zu buchen", sagte ich. Sie wohnt in Paris.

"Ich hole dich ab", schlug sie vor. Sie wäre tatsächlich von Paris nach Stuttgart gefahren. Das rührte mich und es war eine wirksame Erste Hilfe-Maßnahme. Weil ich ihr die lange Fahrt nicht zumuten wollte, einigten wir uns darauf, dass sie mir ein Zugticket nach Paris buchen würde. Sie buchte mir eines in der ersten Klasse. Auch das war ein unerwarteter Akt der Wertschätzung, der mir Kraft gab. Damit begann meine Reise ...

Ein Trauma ist wie eine kaputte Maschine.

Das Tückische an einem Trauma ist, dass die Symptome, wie in meinem Fall der Hörverlust, sich ständig neu inszenieren, in dem Versuch, etwas zu verbessern. Wie ein Tiger im Zoo rennt das Trauma-Symptom immer wieder gegen die gleichen Gitter, im Glauben, er könne sich dadurch befreien. Das Gegenteil passiert: Das Symptom wird chronisch. Die Vorstellung tatsächlich dauerhaft so schlecht hören zu können, machte mir echt Angst. Ich würde meine Arbeit, die zugleich meine Mission ist, nicht weiterführen können.

Am Anfang war ich nur lebensmüde. Ich hatte keinen Antrieb, etwas zu ändern. Ich war gefangen in der Hölle des Traumas. Dann besuchte ich ein Seminar bei der spirituellen Lehrerin Esther Kochte, die ich persönlich kannte, die selbst ein Trauma erlitten hatte, die selbst Autorin und Künstlerin ist und der ich vertraute. Wegen meines Hörverlustes verstand ich vieles nicht und begann stattdessen zu schreiben. In dem Seminar ging es um Heilung durch Augenblicks-Bewusstsein. Das ist auch der Inhalt meiner Arbeit: In meinen Seminaren führe ich die Menschen mit Hilfe der Pferde und der Naturkraft in ein Gegenwartsbewusstsein, in dem Heilung und Wachstum möglich ist.

Am Tag nach Esther Kochtes Seminar "Theta-Healing" machte ich einen Deal mit dem Leben:

Ich würde ein Buch schreiben, um mich selbst zu heilen – durch Gegenwartsbewusstsein. 16 Tage, an denen ich jeweils 12,5 Seiten schreiben würde. 200 Seiten. Ich würde schreiben und heilen oder ich würde sterben.

Schreiben ist Heilung

"Die wirksamste Medizin ist die natürliche Heilkraft, die im Inneren eines jeden von uns liegt", sagt Hippokrates, der Urvater der Ärzte. Das habe ich ernst genommen. Ich kenne die Heilkraft des Schreibens. Ich habe die Pegasus Schreibschule ins Leben gerufen, in der ich Schreibbesessene zu authentischen Autoren ausbilde und ich schreibe schon mein Leben lang, führe einen kleinen Verlag und habe selbst zahlreiche Bücher veröffentlicht.

Der Ernstfall war da: Würde es mir gelingen durch bewusstes Schreiben, wieder ins Leben zurückzukehren?

Das schiere Tempo ..., 12,5 Seiten pro Tag sind ein strenges Pensum ... würde mir keine Ausweichmanöver erlauben.

Das Buch war die radikalste Selbstbegegnung, die ich je erlebt habe.

Das Buch berührte Tiefen, die mir große Angst machten. Jeden Tag begegnete ich von Neuem der vollkommenen Mutlosigkeit und dem Scheitern, die Teile des Traumas waren. Und jeden Tag geschah ein Wunder, jeden Tag begegnete ich einer Kraft, die aus einer unbekannten Quelle kam. Das Leben selbst war angetreten, um mit mir einen Kampf auszufechten. Ich wollte sterben – das Leben wollte etwas anderes.

Warum ich keine privaten Umstände schildere.

In diesem Buch geht es nicht um die Details meiner privaten Umstände. Der Grund dafür ist, dass genau das die Trauma-Symptome fortsetzt und verfestigt. Das Trauma-Bewusstsein versucht, das Trauma immer wieder neu zu inszenieren unter anderem durch Geschichten, die es spinnt. Der Traumatisierte versucht, durch eine Geschichte Kontrolle über das Geschehen zu erlangen. Das ist eine sinnvolle Reaktion, aber:

Es gibt Geschichten, die heilen und Geschichten, die das Trauma fortsetzen – und dieser Unterschied ist absolut entscheidend.

Geschichten, die heilen, entstehen nicht, in dem das Vergangene widergekäut wird. Geschichten, die heilen, entstehen im Augenblick in dem etwas Neues kreiert wird. Für die Trauma-Heilung ist es nicht wichtig, ob das, was ich über das Vergangene denke und glaube, wahr ist. Wichtig ist, dass es mir real erscheint. Denn nur die Wahrheit heilt. Und die Wahrheit ist eine sehr subjektive Angelegenheit. Wenn man nicht bei der Wahrheit, beim eigenen Empfinden bleibt, verfestigt man Muster und Trauma-Symptome. Für die Trauma-Heilung muss ich die Freiheit haben, eine eigene Version des Ereignisses zu schaffen. Ich muss frei sein von den Anforderungen des Gewissens, der sozialen Gerechtigkeit und der Fairness, die für mich sonst oberstes Gebot wären. Ich muss frei sein, den Horizont meines bekannten Weltbildes zu überschreiten und auch den Horizont des kollektiven Weltbildes.

Dazu kommt, dass Trauma-Prozesse ähnlichen Gesetzmäßigkeiten folgen, egal ob sie durch eine Trennung, durch einen Unfall oder eine andere überwältigende Situation entstanden sind. Mit überwältigend ist auch hier das subjektive Empfinden gemeint. Was für den einen als Trauma erfahren wird, kann für einen anderen vielleicht nur ein dramatischer emotionaler Konflikt sein. Es war eine meiner Schwierigkeiten, mir zuzugestehen, dass ich tatsächlich unter einer Trauma-Reaktion litt. Etwas, das ich nicht mit den Mitteln emotionaler Heilung lösen konnte.

Ein Trauma ist eine Verletzung auf der Ebene des Instinkts oder, auf das Gehirn bezogen, eine Verletzung auf der Ebene des Stammhirns oder des Reptiliengehirns.

Ein Pferd ist ein wirksamer Trauma-Heiler

Die erste erstaunliche Erfahrung machte ich, als ich während eines zweistündigen Ausritts mit meiner Freundin Eva Reifler, auf ihrem hochsensiblen Wallach Zaki, plötzlich wieder hören konnte. Da wusste ich, dass mich nur so etwas wie authentische Energie heilen konnte, wie man sie in der Natur und bei Pferden findet. Ich wusste auch, dass mir eine Gesprächstherapie oder eine herkömmliche Psychotherapie nicht helfen konnte. Als ich nach dem Ausritt abstieg, kehrte die Taubheit wieder, aber ich hatte etwas sehr Wichtiges verstanden.

Ein Trauma ist eine missglückte Initiation. Die Naturvölker nutzen Rituale, um Entwicklungsstufen von Menschen wirksam vollziehen zu können. Zu einer rituellen Initiation gehören zwei wesentliche Elemente: Der Initiand begeht die Initiation freiwillig und absichtsvoll. Er wird dabei von einer wohlwollenden Stammesgemeinschaft getragen. Diese beiden Elemente fehlten in meiner unfreiwilligen Initiation. Unbewusst habe ich sie mir jedoch geschaffen. Genau diese beiden Elemente haben mich schließlich geheilt: Ich fand Transformationsprozesse, mit denen ich die Transformation bewusst und absichtsvoll durchlebte. Und ich wurde getragen von einer Gemeinschaft unglaublich liebeswürdiger und einfühlsamer Menschen, die im richtigen Augenblick für mich da waren.

Ich bin eine Lehrerin der Transformation und jetzt erlebte ich selbst die größte Transformation.

Lange Zeit konnte ich nicht glauben, dass ich jemals aus dem Alptraum aufwachen würde. Aber ich bin aufgewacht. Ich bin ein anderer Mensch und die Erfahrung fügt meiner Arbeit eine neue Dimension hinzu. Das Buch habe ich geschrieben, um mich persönlich zu heilen.

Jetzt, wo ich es beendet habe, soll es anderen dienen, den Prozess der Selbstheilung besser zu verstehen.

Das Buch ist ein tiefes Eintauchen in die Gegenwart eines Traumas, in das Chaos, den Schmerz und die Ausweglosigkeit, die jeder dabei erfährt.

Es ist ein Buch über das faszinierende Wirken der Selbstheilung, das jenseits von unserer Kontrolle und unserer Willenskraft geschieht. Es ist eine Begegnung mit dem, was wir finden, wenn wir alles verloren haben.

Es ist auch ein Buch über den Umgang unserer Kultur mit Trauma und Heilung. Mir wurde durch meine eigene Betroffenheit erschreckend bewusst, dass unser Verständnis von Gesundheit, Krankheit und Heilung auf Voraussetzungen beruht, die uns eher krank machen und krank bleiben lassen, als uns zu jener einzigen Form von Heilung zu führen, die uns hilft: Der Selbstheilung.

 

Dass alle Heilung Selbstheilung ist, das ist inzwischen eine wissenschaftliche Tatsache. Damit dies wirksam werden kann, müssen zwei wesentliche Elemente unseres Weltbildes neu betrachtet werden:

Heilung ist eine subjektive Angelegenheit und nicht verträglich mit dem objektiven naturwissenschaftlichen Weltbild. Wir müssen davon ausgehen, dass unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit immer eine Projektion ist, also eine subjektive Angelegenheit. Nur unter dieser Voraussetzung kann nachhaltige Heilung stattfinden.

Niemand hat mehr Autorität über unsere Heilung als wir selbst. Kein Arzt, kein Therapeut, kein Heiler. Wir selbst entscheiden, ob wir gesund werden wollen oder krank bleiben und was Gesundheit für uns jeweils bedeutet.

Unsere herkömmlichen Überzeugungen über Heilung machen uns krank.

Interessanterweise findet man die oben genannte Haltung eher bei einem intuitiven Heiler als bei einem Arzt oder konventionellen Therapeuten.

Unsere Gesellschaft jedoch grenzt die Heiler aus und entwertet sie, während sie diejenigen, die das naturwissenschaftliche Gesundheitsmodell vertreten, fördert und belohnt.

Damit verspielen wir uns die Chancen, genügend Selbstbewusstsein zu entwickeln, um uns selbst zu heilen, ... genügend Information zu erhalten, um zu wissen, wie das geht ... und um jene finden zu können, die uns in der Finsternis begleiten können, damit wir das Licht wiederfinden.

Zum Glück hatte ich durch meine Arbeit mit Transformationsprozessen genügend Erfahrung und Vertrauen, um meine Heilung in die eigene Hand zu nehmen. Es ist meine Vision, dies auch anderen Menschen zu ermöglichen. Das ist der Grund, warum ich dieses Buch veröffentliche.

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Was ist

Ich sitze in einem Zugabteil 1. Klasse nach Paris und möchte sterben. Aber das kann ich meiner Freundin Eva nicht antun. Ich sitze in der Höhle der Demeter und heile mein Trauma.

Es beginnt damit, dass ich verstanden habe, dass es allein in meiner Macht liegt.

Es beginnt damit, dass ich aufgehört habe, die Schuldigen außerhalb von mir zu suchen. Das ist der erste Schritt zu meiner Befreiung.

Es beginnt damit, dass ich anerkenne, was ist. Nicht meine objektive Situation. Ich anerkenne, was für mich ist. Und dass allein meine Wahrnehmung zählt.

Es beginnt damit, dass ich anerkenne, wie verletzt ich bin.

Es beginnt damit, dass ich keine Geschichte erzählen muss, sondern einzig und allein das Leben wiederfinden.

Ich anerkenne, dass ich unter Schock stehe, mein ganzes System in Alarm ist, mir das Herz bis zum Hals schlägt, als müsse ich um mein Leben rennen.

Ich anerkenne, dass ich mich wie eine Gejagte fühle. Gejagt von meinem eigenen Schatten.

Ich anerkenne, dass ich geflohen bin vor etwas Unerträglichem in mir selbst und dass es keinen Ort mehr gibt, an dem ich sicher bin.

Ich anerkenne, dass ich mich so unendlich einsam fühle, dass mir das Herz zerspringt.

Ich anerkenne, dass ich taub bin. Ich höre nur noch schemenhaft. Ich bin abgeschnitten von meiner Umwelt und gleichzeitig ist meine Sehnsucht nach Nähe unermesslich. Mir wurde so viel Nähe entrissen, dass mein Körper schmerzt, blutet aus einer unstillbaren Wunde.

Es beginnt mit dem Schmerz.

Es beginnt damit, dass ich allen Halt verloren habe, dass nichts mehr etwas bedeutet. Dass ich keine Kraft mehr habe, dass es keinen Grund mehr gibt, weiterzuleben, dass alles bedeutungslos geworden ist.

Es beginnt damit, dass ich in den Spiegel schauen muss. Die härteste Lektion meines Lebens wartet auf mich.

Es beginnt mit einem großen Gefühl der Befreiung. Was ich war, fällt von mir ab und ich erkenne ein riesiges Universum der Illusionen.

Ich bin NICHTS mehr. Es beginnt mit einem großen Nichts.

Ich bin leicht reizbar durch Menschen, die mir Rezepte und Lösungen anbieten. Ich will nichts wissen von irgendeiner Zukunft. Ich will nichts wissen von irgendeiner Hoffnung. Jede Aussicht auf Besserung empfinde ich als eine Beleidigung. Jedes Erkennen, jedes Verstehen tut weh, denn es verlängert nur das Sterben der Illusionen.

Nichts überlebt, keine einzige Idee, keine einzige Vorstellung, keine einzige Identität. Was mich nährt: Dass ich NICHTS bin und dass alles, was auf mich zukommt und IST, von mir als feindlicher Angriff wahrgenommen wird.

Ich bin aus jeder Realität herausgefallen. Und zugleich erkenne ich die Wahrheit.


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Es beginnt mit einer Öffnung.

Etwas fließt in meinen Körper. Atem. Ich bin Atem. Und mein Atem hat Kraft. Zum ersten Mal in meinem Leben fühle ich die ganze Kraft des Atems. Er ist wie der erste Atem.

Ich atme ganz allein. Wo ich doch die letzten 30 Jahre immer zu zweit geatmet habe. Jetzt atme ich allein. Etwas wurde aus mir herausgerissen, etwas, von dem es mir scheint, dass ich ohne es nicht leben kann. Aber auch das ist eine Illusion. Ich atme jetzt ALLEIN. Wie bei meiner Geburt. Ich atme. Es ist gut. Es ist gut zu atmen. Es ist ein Grund zu leben. ATMEN. Mehr brauche ich nicht. Und auch das nicht. Ich muss nicht atmen. Ich atme einfach nur.

Es ist kein Trost, es ist keine Beruhigung, es ist keine Lösung, es ist keine Rettung. Es ist nur atmen.

Ich muss niemand sein. Darin fühle ich mich wohl. Ich darf NICHTS sein. Ideen und Vorstellungen, das fühle ich ganz körperlich, tun weh. Sie bereiten mir Schmerz. Und jetzt. wo sie alle weggefallen sind, fühle ich, wie mich auch der Schmerz verlässt. Der Schmerz geht mit den Vorstellungen und Überzeugungen. Nichts sein zu müssen. Hier kann ich atmen.

Ich bin jetzt eins mit meiner Taubheit, mit meinen verschlossenen Ohren. Ich bin nicht länger GEHORSAM. Ich höre nicht mehr. Ich geHÖRE nicht mehr.

Ich schreibe. Es ist wie atmen. Die Sprache kehrt zu mir zurück. Jetzt, wo ich nicht mehr bin. Das ist wohl das Eigentümlichste. Jetzt, wo ich aufgeHÖRT habe, etwas zu sein, kommt die Sprache zu mir. Sie spricht für mich und ich höre ihr zu.

 

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Tag 1 – Die Vision

09.02.2015

Seit fünf Wochen lebe ich in einem Schockzustand. Mein Leben, wie ich es bisher gekannt habe, gibt es nicht mehr. Ich lebe jetzt allein. Ich habe noch nie allein gelebt. Dreißig Jahre lang habe ich mein Leben geteilt mit einem Menschen, der mir jetzt fremd ist, dem ich jetzt fremd bin. Ich kenne mich nicht mehr. Aber das ist noch das Geringste. Ich lebe in einer Betäubung, in einem Zustand der Gewalt, die ich gegen mich selbst richte – und es war mir lange Zeit nicht bewusst. Ich habe es nicht bemerkt. Ich habe nicht bemerkt, was ich mir antue. Erst jetzt, wo ich nicht mehr höre, wo meine Ohren taub sind und ich von der Umwelt abgeschnitten bin. Jetzt wache ich auf. Als wäre ich eingefroren gewesen, seit ... ja seit wann ... ?

Ich habe eine Vision. Ich weiß es, auch wenn ich sie nicht benennen kann. Ich kenne das Wesen von Visionen. Sie kommen, ohne dass sie gerufen werden. Plötzlich sind sie da. Mehr noch: Wir haben immer eine Vision, auch wenn wir nicht immer den Zugang dazu haben. Aber ich beharre darauf: Ich habe eine Vision. Vor zwei Wochen noch wollte ich sterben, ich war fest entschlossen. Der Schmerz, den anderen Menschen zu verlieren, mit dem ich mein Leben geteilt habe, war so groß. Ich konnte mir nicht vorstellen, ohne ihn zu leben. Und vielleicht bin ich jetzt tot. Und habe es nur noch nicht bemerkt. Und wenn ich tot bin, wie komme ich dazu, von einer Vision zu reden? Es ist nur der eine Satz, der plötzlich da war, mit der Aufforderung, ein Buch zu schreiben.

Etwas, was für mich Leben bedeutet.

Schreiben bedeutet Leben und ich schreibe jetzt, um zu überleben. Ich habe nur diesen einen Satz. Es ist keine große Leidenschaft in diesem Satz. Er ist nur da, wie mein Atem. Der Satz und der Text, der sich schreibt, während ich atme. Ohne Leidenschaft. Es ist nur Leben.

Nehmt mich – tut mit mir, was ihr wollt. Ich habe nichts mehr zu verlieren.

Visionen haben Vorboten, wie diesen einen Satz. Sie schicken ihren Äther voraus wie zarte Fühler, wie den Flaum eines Kükens, der meine Wange berührt. Ich warte auf diese Vision und ich kann auch sagen, warum. An jenem Tag, an dem ich bereit war zu sterben – als ich starb – habe ich eine Entscheidung getroffen. Ich habe einen Schwur abgelegt. Das war nichts Absichtsvolles, nichts Geplantes. Nichts, was mir als Rettung dienen sollte. Es kam aus den Tiefen eines mir bis dahin unbekannten Seins. Eine Stimme, die sprach, die ich nicht als meine erkannt habe, und die doch meine Stimme war. Ich habe ein Versprechen abgegeben. Ich habe mein Leben einer Instanz übergeben, die ich nicht kenne.

Ich habe geschworen: Wenn ihr eine Aufgabe für mich habt, ich bin da. Sagt mir, wo es lang geht, denn ich habe den Weg verloren. Ich habe keinen Weg mehr. Mein Leben ist zu Ende. Wenn es noch einen Grund gibt, warum ich hier auf dem Planeten Erde bleiben soll, zeigt ihn mir. Dieses Versprechen, das aus einem unbekannten Teil meiner selbst kam, war die Initiation. Ich werde diesen Tag nie vergessen.

Er war das Ende meines bisherigen Lebens und der Anfang eines neuen.

Ich habe das Tor geöffnet, um zu dienen. Denn das habe ich mein Leben lang getan. Ich habe gedient, meinem Lebensgefährten, meinen Kindern, meinen Büchern, meinen Tieren, vielen Menschen. Jetzt, wo ich ihnen nicht länger dienen kann, diene ich etwas, das ich noch nicht kenne. Etwas Unbekanntem. Ich bin ein Werkzeug.

Seit fünf Wochen warte ich darauf, dass die Taubheit aus meinen Ohren verschwindet und ich weiß, dass sie zusammenhängt mit der Vision. Ich muss die innere Kraft finden, um die Vision tragen zu können. Die Vision ist weit entfernt von den alltäglichen Ereignissen. Sie hat nur wenig mit ihnen zu tun. Sie kommt aus einer anderen Quelle. Und doch stimmt es nicht ganz, dass sie nur wenig mit dem Alltag zu tun hat. Der Alltag ist ein präzises Abbild vom Nahen der Vision, von den Hin- und Herbewegungen, dem Annähern und dem Rückzug. Aber die Quelle ist weit jenseits des Alltäglichen. Heute ist die Taubheit in meinen Ohren ein Stück aufgegangen. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, wieder etwas hören zu können. Die Welt rückt wieder näher, ist wieder greifbarer.

Meine innere Kraft wächst, weil ich zur Wahrheit erwache. Ich fange an, klar zu sehen, was passiert. Ich kann wieder Wahrheit von Lüge unterscheiden. Das konnte ich lange nicht. Ich war bei einem Ohrenarzt. Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht mehr hören kann, seit ich einen schweren Schicksalsschlag erlitten habe. Er sagte, mein Hörverlust sei ein Hörverlust, ob er mit meiner privaten Situation zusammenhinge, das sei wissenschaftlich nicht beweisbar.

Ich habe es satt, in einer Welt zu leben, in der das Offensichtlichste ignoriert wird. Dieser Arzt ist herzlos und versteht nicht das Geringste von Heilung. Heilung wäre gewesen, wenn er Mitgefühl gezeigt hätte. Wenn er, auch wenn es wissenschaftlich nicht bewiesen ist, mit mir ein Gefühl geteilt hätte. Eine Wahrheit nämlich, dass meine Ohren sich verschlossen haben als eine Reaktion auf die Gewalt, der ich erlaubt habe, Teil meines Lebens zu werden. Das hätte mir geholfen. Das hätte mich geheilt. Stattdessen hat dieser Arzt die Gewalt seiner Herzlosigkeit gegen sich selbst gerichtet. Zwei von Gewalt Zermürbte saßen sich gegenüber, ohne Ergebnis. Ich werde nicht mehr zu solchen Ärzten gehen.

Ich werde mich fortan selbst heilen. Auch wenn ich nicht weiß, wie.

Nur die Wahrheit heilt. Und ich bin zur Wahrheit erwacht. DAS habe ich gelernt – und vielleicht ist das meine Vision. Dass nur die Wahrheit heilt. Dass nur die Wahrheit Leben spendet. Das habe ich zutiefst erfahren in den letzten Wochen. Alles andere ist Bullshit.

Ich habe eine Vision.

Meine Vision kann die Taubheit meiner Ohren heilen. Denn die Vision gibt mir Kraft. Die Vision gibt mir die Kraft, der Gewalt, die ich zugelassen habe, und die jetzt auf meinen Ohren sitzt, etwas entgegenzusetzen. Ich bestehe darauf, dass ich mir die Gewalt selbst angetan habe. Dass es nicht die Gewalt war, die davon ausging, dass der Mann, mit dem ich mein Leben geteilt habe, es nicht länger mit mir teilen wollte. Was kann er dafür? Nichts.

Ich bin selbst verantwortlich für meine Reaktion. Darin liegt meine Heilung. Meine Heilung liegt darin, dass ich mir in vollen Umfang darüber bewusst werde, was mit mir geschieht, auch wenn es unerklärlich ist und in kein Schema passt. Ich bin angeschossen wie ein wundes Reh. Ich bin eine Gejagte und eine Schwerverletzte. Erst wenn ich das ganz anerkenne, kann ich weiterleben. In mir wirken unglaublich viele Instanzen, die mir eine Normalität vorgaukeln, die nicht mehr existiert. Die mich blind und taub machen.

Ich bin eine starke Frau!

Ich kann viel tragen. Wer viel tragen kann, kriegt auch viel Gepäck. Ich habe es gern getragen. Aber jetzt kann ich nicht mehr. Was ich vor allem NICHT kann, ist erkennen, dass ich nicht mehr kann. Erst seit ich nicht mehr gut höre, habe ich ein echtes Problem. Das Problem ist die Lösung! Diesen Satz habe ich notiert beim Workshop "Theta Floating" von Esther Kochte. Die Lösung ist, dass ich aufwache zu der Wahrheit, mir selbst massive Gewalt angetan zu haben. Die Verletzung gehört jetzt ganz mir. Sie gehört niemandem außer mir ganz allein. Und jetzt, wo sie ganz mir gehört, wo es keine Ursache mehr außerhalb von mir gibt, kann ich gesund werden. Ich brauche keinen Arzt. Ich brauche auch keinen äußeren Verursacher mehr. Ich kann den Weg nur allein gehen. Das kann ich aus voller Überzeugung sagen, auch wenn ich nicht mehr weiß, wer ich bin.

Es ist nicht wesentlich, eine Identität zu haben.

Es ist auch nicht wichtig, dass und ob ich eine starke Frau bin. Nichts ist wichtig. Es geht mir gut, jetzt wo nichts mehr wichtig ist. Das habe ich von meinem Pferd gelernt. Mein Pferd erinnert mich an die Wahrheit. Wahrheit, das ist nichts, was ich philosophisch diskutieren kann. Wahrheit ist eine Kraft. Ich finde sie in der Natur und bei den Tieren. In der Menschenwelt finde ich sie auch, aber da ist sie verdeckt.

Mein Pferd hat mich daran erinnert, dass nichts wichtig ist. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Sie tut das, seit sie bei mir ist, genau wie meine Katzen oder genau genommen meine eine Katze, Mia. Die andere Katze, die der Familie gehörte, verschwand, als die Familie sich auflöste. Mia blieb. Tiere kennen Identität, aber nicht so wie Menschen sie verstehen. Sie kennen Essenz. Die Essenz ist etwas anderes als die Identität. Die Essenz ist unzerstörbar. Die Identität kann zerfallen, so wie meine im Augenblick. Identität ist nicht wichtig. Essenz ist unzerstörbar.

Jetzt, wo ich meine Essenz fühle, bin ich unzerstörbar.

Meine Essenz zu fühlen ist ein unbeschreibliches Gefühl von Kraft. Ist das meine Vision?

Das Leben ist ein Wahrheitslehrer. Mit diesem Satz wache ich auf.

Er wird der Untertitel für mein Buch, zumindest sieht es im Augenblick so aus. Und das ist meine Vision: Jetzt in diesem Augenblick. Sie ist paradox. In meiner Vision gibt es nichts, was über das Leben hinausgeht. Es gibt keine VORSTELLUNG. Keine IDEE. Keinen BEGRIFF. Kein BILD. Nichts FESTUMRISSENES. Es gibt nur das Leben. Meine Vision ist, das Leben zu sein. Ich benutze den Begriff Vision, weil ich, in meiner Wahrnehmung, nicht immer dort bin, im Sein. Weil das Sein eine Vision ist. Ich bin auch jetzt, heute Morgen, nicht ganz da. Ich sitze vor meinem Bildschirm und tippe. Mein Bewusstsein ist nicht klar. Aber vielleicht ist das das BEWUSSTSEIN. Das NICHT KLARSEIN, und das URTEIL, nicht klar zu sein. Ja. Ja, das ist die Wahrheit – und das weiß ich auch: Es gibt nur diesen Weg für mich. Den schrumpeligen, holperigen, unvollständigen, von Zweifeln zerfressenen Weg des Bewusstseins. Dahinein will ich unendlich eintauchen. Darin liegt meine Heilung.

Nur die Wahrheit heilt.

Eine meiner Klientinnen, Andrea, konsultierte mich, weil ihre beste Freundin ihr einen schweren Vorwurf gemacht hatte. Auch wenn Andrea ein sehr bewusstes Leben führte, von diesem Vorwurf konnte sie sich nicht befreien. Ihre Freundin hatte zu ihr gesagt: "Du bist dominant. Wenn wir uns treffen, bestimmst du immer alles."

"Das ist so unfair", empört sich Andrea. "Es stimmt, ich bin selbstbewusst, aber was ist daran falsch?"

"Wie fühlst du dich jetzt im Augenblick?", frage ich.

"Unendlich müde. Ich könnte mich hinlegen und zehn Stunden am Stück schlafen."

"Fühle dich in der Müdigkeit ganz zu Hause", sage ich.

Ich konnte Andrea nicht sehen, denn das Gespräch fand am Telefon statt. Es entstand ein langes Schweigen. Dann hörte ich sie seufzen. Sie hatte ihren Atem gefunden.

"Es ist so unfair", sagt sie. "Ich habe so viel Kraft in diese Freundschaft gesteckt. Und das ist das Ergebnis. Ich bin unendlich müde." Wieder ein langes Schweigen. "Simone und ich wollten zusammen eine Wohnung mieten. Wir hatten auch schon eine sehr schöne Wohnung gefunden, wir waren dabei den Mietvertrag zu unterschreiben, da sagte sie, sie wolle noch einmal mit mir sprechen und hat mir dann gesagt, dass ich zu dominant wäre. Dass sie nicht mit mir zusammen wohnen könne. Das geht mir schon seit mehreren Jahren so. Ich will nicht mehr allein wohnen. Ich habe schon drei Anläufe genommen. Und jedes Mal ist das Ergebnis, dass ich dem anderen zu viel bin."

Auf einmal höre ich die Chillout-Musik, die im Hintergrund läuft, sehr fein, meine Ohren haben sich darauf ausgerichtet. Ich höre jeden einzelnen Ton wie einen Tropfen, der in meinen Körper fällt und dort eine heilsame Wirkung verbreitet. Andreas Worte, ihre Geschichte berühren mich. Es ist auch meine Geschichte. Auch mir wurde gesagt, dass wir nicht länger zusammenwohnen können. Ich bin vor zwei Wochen ausgezogen. Innerhalb von zwei Tagen hatte ich ein Zimmer in einer WG gefunden. So stark waren die Kräfte, dass sie dieses Zimmer in allerkürzester Zeit in mein Leben gebracht haben. Dieses perfekte Zimmer im sechsten Stock eines Hauses über den Dächern von Stuttgart, ein Zimmer zwischen Himmel und Erde.

In diesem Augenblick, in dem ich nicht antworte auf den Schmerz, den Andrea fühlt, spielt sich mein eigener Heilprozess ab. Das ist das Wesen meiner Arbeit als Coach. Andrea kann heilen, weil ich mich heilen kann. Meine Katze, die neben mir auf dem Sofa liegt, kann heilen, weil Andrea und ich heilen können.

Weil unsere drei Geschichten sich berühren.

"Du weißt es", sagt Andrea und es klingt geheimnisvoll. Mit "wissen" meint Andrea nicht eine Information, sondern einen Prozess. Eine Wandlung, die Heilung. Heilung ist eine Wandlung hin zur Wahrheit. Und sie geschieht – jetzt.

"Du willst nicht länger alleine leben", sage ich und spüre meine eigene Angst vor dem Alleinleben.

"Seit Olaf ausgezogen ist, ist da eine Leere in mir, die sich nicht füllen lässt. Ich bin so müde."

"Was ist da noch?", frage ich, weil ich spüre, dass sich hinter der Müdigkeit noch etwas anderes verbirgt.

"Ich brauche andere Menschen, um zu spüren, dass ich existiere", sagt Andrea nach einer Weile. "Wenn ich allein bin, übermannt mich der Schmerz." Auch dieses Gefühl erkenne ich wieder.

"Existierst du jetzt?", frage ich sie.

"Natürlich. Jetzt spreche ich mit dir."

"Und du spürst zugleich den Schmerz?"

"Ja."

"Existierst du im Schmerz?", frage ich.

"Ja."

"Wenn du so allein bist und den Schmerz spürst, existierst du?"

Sie zögert, zögert lange. Ich spüre, dass sich etwas verabschiedet.

"Ich weiß nicht weiter", sagt sie.

"Atme."

"Es tut so wahnsinnig weh."

"Atme nur."

Meine Aufgabe ist es, zu atmen. Solange ich atme, wird auch Andrea atmen und der Atem wird uns befreien. Ich muss nur atmen.

"Beschreibe mir, was passiert", sage ich jetzt.

"Der Schmerz breitet sich aus wie ein Geschwür. Er geht aus von meinem Solarplexus und weitet sich aus wie ein Baum mit tausend Ästen. Und jetzt habe ich Kopfschmerzen. Einen pulsierenden Kopfschmerz. Ich fange an zu zittern", fährt sie fort. "Der Kopfschmerz löst sich wieder auf. Aber das Zittern wird stärker, mir ist ganz kalt, obwohl die Heizung voll aufgedreht ist ... Wie konnte ich all diesen Menschen erlauben, mich so verletzen? Meine Freundin Simone, die mich dominant nennt, meine Freundin Elisabeth, die mich "zu lebhaft" nennt. Olaf, der mich zu anstrengend findet und sagt, dass ich ihn im Schlaf mit negativer Energie anstecke. Mit was für Menschen umgebe ich mich?????"

"Wie fühlt sich das an?", frage ich.

"Der Schmerz wird stärker, aber es ist, als würde er sich jetzt zu seiner ganzen Größe erheben, um dann ... es ist, als würde er sich ... befreien. Er hat Raum. Er hat Ärger. Ich bin ärgerlich auf diese Menschen, die mir solche Vorwürfe machen, aber mehr noch bin ich ärgerlich auf mich selbst."