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ZOMBIE RUN

Drei Zombie-Thriller in einem E-Book

Kommunikation. Segen oder Fluch?

Es surrte sieben Mal, bevor ich das Telefon aus meiner Tasche gefummelt hatte. Ich erkannte, dass es sich um sieben Voicemail-Nachrichten handelte. Wir mussten wohl einen funktionierenden Sendeturm passiert haben, wodurch mein Telefon genug Zeit hatte, die Nachrichten herunterzuladen.

Meine Hände zitterten. Ich schloss die Nachrichtenanzeige, navigierte zur Kurzwahl und wählte Jenns Namen aus. Schweigend wartete ich. Der Verbindungsaufbau schien eine Ewigkeit zu dauern. Das Telefon versuchte alles, um ein Signal zu empfangen. Dann piepste es. Kein Empfang. Ich schloss meine Augen und ich rotzte das Wort »FUUUCK!« flüsternd heraus.

Halt! Ich hatte doch noch die Nachrichten. Ich wischte mit dem Finger über das Telefon, navigierte fieberhaft zum rechten Bildschirm. Alle sieben waren von Jenn. Mein Herz dröhnte in meiner Brust. Ich klickte auf die erste Nachricht und hielt meinen Atem an.

John, ich weiß nicht, was passiert ist. Ich kann dich nicht erreichen. Wenn du diese Nachricht bekommst, ruf mich sofort zurück. Ich habe Angst. Versuch den Flughafen zu erreichen und komm zurück zu mir nach Hause.

Nächste Nachricht: John, du musst mich zurückrufen. Geh nicht zum Flughafen! Ich sehe gerade die Nachrichten. Derzeit fliegt kein Flugzeug nach New York oder aus der Stadt heraus. Sie hatten einen Nachrichten-Reporter am Flughafen, John. Dort waren tausende Leute, die irgendeinen Flug bekommen wollten. Plötzlich tauchte eines dieser … Dinger in der Menge auf. Chaos brach aus; die Leute überrannten sich gegenseitig, bei dem Versuch zu entkommen. Es war ein Albtraum! Du musst mich unbedingt zurückrufen, John. Bitte ruf zurück und sag mir, dass du nicht dort bist. Bitte ruf zurück und sag mir, dass es dir gut geht.

Nachricht drei: John, die Seuche ist überall ausgebrochen. Was in New York anfing, ist nun auch hier in Atlanta. In der Innenstadt wurden diese Kreaturen gesichtet. Ich weiß nicht genau, was ich tun soll. Joe und Sue von nebenan reden darüber, dass sie zu ihrer Hütte in den Blue Ridge Mountains aufbrechen wollen. Sie haben mich eingeladen, mitzukommen. Ich könnte mit ihnen gehen und verschwinden, bis du nach Hause kommst. Bitte ruf mich an, sobald du diese Nachricht abhörst. Ich muss deine Stimme hören.

Nächste Nachricht: John, ich kann nicht glauben, dass das wirklich passiert! Wir sind im Auto auf dem Weg nach Blue Ridge. Die Straßen sind allerdings verstopft. Wir stecken hier fest. Der Verkehr auf der Interstate 400 kam komplett zum Erliegen. Jemand aus einem der Autos vor uns ist in der Stadt einigen dieser Kreaturen begegnet. Eines seiner Kinder wurde in den Arm gebissen. Es verglüht vor Fieber. Wir versuchen, einen Arzt für ihn zu finden. Ich bin nicht sicher, was passieren wird. Wir wissen nicht, wie krank das Kind noch werden wird. Bitte ruf mich an. Bitte ruf mich zurück, John!

Nachricht fünf: John, oh mein Gott! Das Kind ist zu einem von ihnen geworden. Er biss seine Mutter und sie ist auch eine von ihnen geworden. Die Leute geraten in Panik. Die Kreaturen sind überall. Ich verstecke mich mit Joe und Sue im Wagen. Ich habe Angst, John! Ich möchte nicht gebissen werden. Oh nein. Oh nein, John, einer von ihnen schlägt gegen das Fenster. (KREIIIISCHEN) Fahr! Fahr! Fahr! Ramm das Auto aus dem Weg!

Die sechste Nachricht: John, wir sind auf einem Feldweg. Wir haben den Wagen dort abgestellt. Sue hat sich den Kopf gestoßen, als wir vom Highway runter sind. Eine Menge Blut, aber ich denke, sie ist okay. Joe hat zwei von ihnen überfahren, bevor wir geradewegs in die Wälder verschwunden sind. Ich weiß nicht, wie wir es bis zu dieser Straße geschafft haben. Es ist ein Wunder. Ich weiß nicht, warum du mich nicht anrufen kannst. Ich muss wissen, ob du okay bist. Das ist zu verrückt. Bitte, John. Bitte ruf mich an. Bitte komm zu mir nach Hause!

Letzte Nachricht: John, du musst sofort herkommen. Owwwww! Die Wehen haben eingesetzt. Das Baby kommt!

Nichts geht über einen ›Ansporn‹, um einen Mann über sich hinauswachsen zu lassen. Ein Mann mit der richtigen Motivation kann alles tun. Alles.

Das Telefon fühlte sich in meiner verschwitzten Hand kalt an. Wie betäubt presste ich es noch lange, nachdem ich die letzte Nachricht gehört hatte, weiter an mein Ohr.

Ich starrte hinunter auf die Reling und drehte den Ehering. Mein Ringfinger zitterte. Die Gedanken in meinem Kopf wirbelten ebenso umher, wie die Wellen unter dem Kiel der Fähre. Nichts würde mich aufhalten. Nichts könnte mich aufhalten. Ich musste es bis nach Atlanta schaffen.

Noch 900 Meilen lagen vor mir.

Kyle kam zu mir. Zögernd und ohne viele Worte erwähnte er, dass wir ungefähr zwanzig Minuten vom Abladepunkt an der Interstate 95 in Jersey entfernt waren.

Ohne ihn anzublicken, begann ich zu sprechen. Die Worte sprudelten nur so aus mir heraus. Ich erklärte ihm, dass meine Motivation, nach Hause zurückzukehren, nun weit darüber hinausging, nur meine Frau zu treffen. Ich erzählte ihm von meinem ungeborenen oder vielleicht auch gerade geborenen Kind. Dann analysierte ich die Reihe von Voicemail-Nachrichten, die ich eben erhalten hatte.

Ich war schon viele Male in die Blue Ridge Mountains gefahren und wusste, dass Jenn nur kurze Zeit auf der Interstate 400 gewesen sein konnte. Wenn sie es bis dahin geschafft hatte, würde sie eine Entscheidung treffen müssen. Umkehren oder ein anderes Ziel wählen. Sie würde es bei diesem Verkehr niemals bis zur Hütte schaffen. Ganz zu schweigen von den Dingern, die in den Straßen Amok liefen.

Aus dem Augenwinkel bemerkte ich eine Bewegung zu meiner Linken. Auf der anderen Seite des Schiffes schien ein Mann sehr erregt zu sein. Er sah ständig in seinen Wagen. Er trug einen blauen Overall. Es war die Art von Overall, den jemand in einer Autowerkstatt trägt. Der Typ rastet aus, dachte ich. Er würde wohl nicht der Letzte sein.

Ich starrte wieder aufs Wasser und murmelte Kyle zu, dass Jenn im achten Monat schwanger war. Sie war stinksauer darüber, dass ich diese Reise angetreten hatte. Immer wieder sagte sie, dass ich mich wie ein Haufen Scheiße fühlen würde, wenn ich die Geburt des Kindes verpasste.

Sie hatte Recht. Ich fühlte mich wie ein Haufen Scheiße.

Ich wechselte das Thema, seufzte schwer und sagte: »Eigentlich haben wir noch gar nicht darüber gesprochen, was wir weiter machen sollen. Wir haben nur ein Auto. Musst du irgendwo hin? Ich würde es verstehen, wenn du jemanden erreichen musst oder woanders hin willst als ich.«

Kyle hielt einen Moment lang inne.

»Ich habe tatsächlich darüber nachgedacht. Meine Kumpels dort unten in Augusta im Fort Gordon sind das Einzige, was für mich einer Familie nahekommt. Ich würde gern dort hingehen und mich ihnen anschließen. Wenn das in Ordnung für dich ist, dann dachte ich, könnten wir bis Georgia zusammen reisen. Wir sind gemeinsam so weit gekommen und außerdem habe ich kein Dach über den Kopf. Mein Apartment ist mittlerweile unter einigen Metern Zombiescheiße begraben.«

Das mochte ich mittlerweile an Kyle: Seine Art brachte einen selbst in den angespanntesten Situationen zum Lachen.

Ich schmunzelte und sagte: »Ich hatte gehofft, dass du mich nicht vor dir auf die Knie fallen und darum betteln lässt, mitkommen zu dürfen. Es ist eine lange Reise, die ich sonst ganz allein in diesem Wahnsinn vor mir hätte.«

Plötzlich ein Schrei. Er kam von der anderen Seite des Decks. Wir wirbelten herum. Ein paar Leute rangelten. Sie versuchten, den Typen mit dem Blaumann auf dem Boden zu halten. Er riss sich los, rüttelte an einer Autotür, zerrte sie mit Gewalt auf. Dabei riss sein Overall.

Ein anderer Typ im Blaumann sprang aus dem Wagen. Sofort war er bei einer Frau, die starr an der Reling stand. Er biss ihr ein riesiges Stück Fleisch aus der Schulter. Ihr Körper fiel zu Boden. Blut sickerte in das hölzerne Deck des Schiffes. Sie zuckte ein paar Mal. Dann stand sie abrupt auf, rannte los.

Bevor irgendjemand auch nur ansatzweise hatte reagieren können, wüteten sieben von den Dingern auf dem Schiff herum.

Ich blickte kurz in Richtung Ufer. Das Schiff bewegte sich schnell darauf zu. Wir waren nicht mehr weit von unserem Ziel entfernt. Vielleicht fünf Minuten.

Eine lange Zeit, wenn man überleben musste.

Ich zerrte den Hammer aus dem Gürtel und blickte zu Kyle. Er nickte. Wir näherten uns den Zombies.

Kyle hatte die Metallstange im Hummer liegen lassen; ein Fehler, den er nicht wiederholen würde. Er blickte sich kurz um und fand eine Gaffel. Dabei handelte es sich um eine Metallstange, die offensichtlich dazu genutzt wurde, Dinge aus dem Wasser zu ziehen. Die Gaffel war ungefähr eineinhalb Meter lang und hatte einen spitzen Haken am vorderen Ende. Heute würde sie einen etwas anderen Zweck erfüllen als den, für den sie eigentlich gedacht war.

Einer der Paker hatte sich verwandelt und kam geradewegs auf mich zu. Seine schwarze Uniform war blutgetränkt. Ich konnte die Bisswunde an seinem Hals sehen und wusste, dass ich schnell handeln musste.

Ich riss meinen Arm zurück und hielt kurz inne; dachte daran, dass dieser Typ mir den Arsch gerettet hatte. Ich spannte meine Muskeln an, holte weit aus und ließ den Hammer auf seinen Schädel hinuntersausen. Das Knacken war ekelerregend, als er durch den Knochen brach. Es war fast so leicht, als würde ich ein Ei mit einem Löffel aufschlagen. Der Hammer hatte sich so tief in den Schädel gegraben, dass ich meinen Fuß auf die Schulter der Kreatur setzen musste, um die Waffe wieder hinauszuziehen. Ich schloss meine Augen und hielt sie fest verschlossen, während ich den Hammer schmatzend herauszog. Von dem metallenen Ende hing eine gräuliche Masse herab.

Ich konnte hören, wie einige Knochenfragmente auf den Holzboden fielen. Währenddessen schaute ich auf und sah zwei Frauen und einen Mann. Sie saßen in ihrem Auto und hatten die Türen verriegelt. Drei der Kreaturen schlugen mit ihren bloßen und blutbeschmierten Händen gegen den Wagen. Dann zersplitterte das erste Fenster.

Furcht überkam mich. Während sie eine Frau aus dem Sitz rissen, dachte ich an Jenn und unsere Nachbarn. Als alle drei Kreaturen kräftig zu fressen begannen, stieß die Frau einen Schrei aus, der durch Mark und Bein ging. Die anderen beiden Passagiere kämpften sich aus dem Fahrzeug. Dadurch rannten sie in ihr eigenes Verderben.

Ich sah einen stämmigen Kerl. Er trug eine Rettungsweste über seinem braunen Anzug. Er hatte die Weste so fest geschnürt, dass seine Fettrollen über den Hüftgurt schwabbelten. Zwei Kreaturen drängten ihn in die Ecke. Der Kerl kroch auf die Reling zu. Die Kreaturen griffen nach ihm. Er ließ sich über den Rand des Schiffes ins Wasser fallen.

Das Kielwasser erfasste ihn. Er trieb auf und ab, dann paddelte er zum Ufer. Der Kerl sah dabei aus, wie ein schwimmender Hund.

Plötzlich war er unter Wasser. Als er wieder hochkam, fuchtelte er wild mit den Armen und schrie: »Sie sind dort unten!«

Etwas riss ihn erneut hinab. Das Wasser färbte sich dunkelrot. Bevor ich mich wieder zum Gemetzel auf dem Schiffsdeck umdrehte, sah ich die blutgetränkte Rettungsweste auftauchen.

Auf dem Schiff war die Hölle los. Wir versuchten, die Dinger zu erschlagen. Doch wir standen Dutzenden von ihnen gegenüber und es waren nur noch ein paar von uns übrig.

Mr. Schnurrbart hatte eine Handfeuerwaffe. Zwei Zombies stiegen die Treppe zur Brücke hinauf. Er folgte ihnen und schrie, dass er fast keine Munition mehr hatte. Der Schrei galt sicher dem Kapitän. Ich hörte mehrere Schüsse auf der Brücke, dann ein paar Schreie.

Weniger als zwei Minuten vom Land entfernt, dachte ich.

Ich sah zu Kyle herüber und rief: »Los, zur Treppe. Das ist das Beste.«

»Yep. Die Treppe ist ein Engpass. Gut zu verteidigen, wenn es nötig sein sollte«, stimmte er zu.

»Wir müssen dafür sorgen, dass dieses Schiff das Ufer erreicht«, bellte ich, als wir zum Oberdeck eilten.

Als wir oben im Treppenhaus um die Ecke bogen, begegneten wir zuerst Mr. Schnurrbart. Er hielt noch immer seine Pistole in den Händen, den Finger am Abzug. Offensichtlich war ihm die Munition nun ausgegangen, denn die Waffe war auf den Boden gerichtet. Er schaute langsam auf. Unsere Blicke trafen sich. Sein Schnurrbart wehte ihm Wind.

Kyle sagte: »Sie haben ihn erwischt.«

Die Zeit stand still. Ich realisierte, was wir zu tun hatten. Schnurrbart rannte mit einem wilden Blick aus blutunterlaufenen Augen auf uns zu. Mit einer Entschuldigung auf den Lippen versetzte Kyle ihm einen tödlichen Schlag gegen den Kopf.

Keine Zeit, darüber nachzudenken.

Wir drangen weiter zur Schiffsbrücke vor und entdeckten schnell, dass Mr. Schnurrbart die beiden Kreaturen ausgeschaltet hatte. Eine vor ihnen hatte es jedoch geschafft, ihm ein großes Stück Fleisch aus dem Schenkel zu reißen.

Der Kapitän lag zusammengerollt in einer Ecke. Er wiederholte immer wieder: »Nicht ins Wasser! Nicht ins Wasser! Nicht ins Wasser!«

Er hatte Recht; das Wasser musste von diesen Kreaturen verseucht worden sein, und zur Hölle, niemand von uns wollte darin landen.

Ich fasste das Steuerrad und steuerte das Schiff in Richtung des nächstgelegenen Ufers. Eine Straße schmiegte sich dort an den Küstenverlauf.

Kyle rannte zurück zur Treppe. Ich konnte ihn grunzen hören, während er seinen metallenen Stab auf jede Kreatur schlug, die versuchte, die Treppe emporzusteigen.

Dreißig Sekunden, bis wir an Land sein würden.

Dreißig Sekunden, bis wir entkommen könnten.

Ich griff in meine Tasche und holte die Autoschlüssel des Hummers heraus.

Wir würden ungebremst auf Grund laufen.

Das Boot würde am Ufer zerschellen.

Kyle rannte in die Kabine zurück, mit leeren Händen. Er erklärte, dass er den Haken am Ende der Stange in das Gehirn einer dieser Kreaturen gegraben hatte und ihn nicht wieder herausziehen konnte, bevor diese mit der Waffe über Bord gegangen war.

Zehn Sekunden, bis wir an Land sein würden.

»Jeder, der noch am Leben ist, sollte sich an etwas festhalten und es bloß nicht loslassen!«, schrie ich aus dem Kabinenfenster.

Fünf Sekunden, bis wir an Land sein würden.

Es gab einen Punkt kurz vor dem Aufprall, wo die Zeit im wahrsten Sinne des Wortes stillstand. Meine Arme waren fest um das Steuerrad geklammert. Kyle stützte sich im Türrahmen ab.

Ich sah den Aufprall mehr, als das ich ihn spürte. Alles, was nicht niet- und nagelfest war oder jeder, der sich nicht gut festhielt, wirbelte zeitgleich durch die Luft und krachte gegen die Vorderseite des Bootes. Ich sah, wie ein roter Feuerlöscher über meinen Kopf und durch das Glasfenster schoss; der Kapitän flog hinterher.

Ich schwöre, dass wir Augenkontakt hatten, als er über mich hinwegfegte. Seine Augen waren geweitet. Sein Blick zeigte Überraschung und Entsetzen. Dann war er an mir vorbei. Er hatte Glück; der Feuerlöscher hatte das Glas zerbrochen. Darum flog er unbeschadet geradewegs durch den Fensterrahmen.

Er passierte die Vorderseite des Boots, flog über den Hummer und rollte sich auf der Grasfläche ab. Die Landung war eine glatte Zehn. Ich sah, wie er aufstand, seine Kleidung abklopfte und zurück zum Boot blickte. Er warf einen Blick herüber, als würde er sagen: »Ich habe es verdammt nochmal geschafft.«

In diesem Moment standen aber auch die Zombies wieder auf, die mit ihm vom Boot geflogen waren. Er griff nach dem nächstbesten Gegenstand, den er finden konnte: Ein hölzernes Paddel, das neben ihm gelandet war. Dann ließ er es über seinem Kopf kreisen.

Er tat seinen Job ganz anständig und wehrte die Zombies ab. Dann wurde aber klar, dass der Aufprall des Bootes genug Lärm gemacht hatte, um auch die Aufmerksamkeit von jeder anderen Kreatur in diesem Gebiet zu erregen. Sie tauchten von überall her auf und liefen zum Ufer.

Der Kapitän rief um Hilfe, zog sich zum Ufer zurück. Die Toten folgten ihm erbarmungslos. Für jeden, den er mit dem Paddel niederschlug, kamen drei neue hervorgekrochen.

Kyle und ich machten schon einen Schritt auf die Treppe zu, als der Kapitän beschloss, ins Wasser zu gehen. Wir riefen ihm zu, dass er an Land bleiben sollte.

»Nicht ins Wasser!«, schrie Kyle.

Der Kapitän hatte keine andere Wahl, stand bereits hüfttief darin. Immer noch schwang er das Paddel mit aller Kraft. Wir sahen unzählige Arme, die plötzlich hinter ihm aus dem Wasser hervorschnellten.

Man hörte einen lauten Schrei, der erstickte, als sie ihn unter Wasser zogen. Eine wilde Rangelei brach los. Wasser spritzte umher. Dann war es still. Luftbläschen stiegen auf. Das Paddel war alles, was übrig blieb. Es trieb an der nun wieder ganz ruhigen Wasseroberfläche, als ob nichts passiert wäre.

Mit den Schlüsseln in der einen und den Hammer in der anderen Hand bewegte ich mich ganz behutsam und vorsichtig an den nun ganz toten Zombies vorbei, die auf der Treppe lagen. Das Deck sah aus wie ein Kriegsgebiet. Wir mussten über ein Meer von blutgetränkten, zersplitterten Holzplanken steigen, bevor wir zum Hummer kamen.

Dieser war das letzte Fahrzeug, das an Bord der Fähre gegangen war. Darum wurde er nicht von anderen Autos blockiert. Jedoch war er immer noch in der Einstiegsposition geparkt. Wir mussten die Fährte im Rückwärtsgang verlassen.

Ich ging zur Laderampe, die trotz des Aufpralls noch immer oben eingerastet war. Ich bemerkte, dass sich mindestens fünfzig Untote außerhalb des Schiffes befanden. Sie griffen an die Reling und versuchten, auf das Boot zu gelangen.

Die Untoten krochen gegenseitig über sich hinweg, stapelten sich förmlich, um an die höherliegende Reling zu gelangen. Ein Charakterzug, der sich über die Zeit in die Köpfe der Menschen gebrannt hatte. Ein Charakterzug, den diese Kreaturen über den Tod hinaus mit sich herumtrugen.

Unglücklicherweise hatten sie Erfolg. Eine von ihnen hatte die Hände bereits an der Reling. Sie hatte ihre Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und trug Kleidung, die man wohl beim Camping tragen würde. Ich sah eine Wunde am Arm. Dort musste sie ein Zombie gebissen haben. Man hätte sie mit einer lebenden Frau verwechseln können, wären da nicht ihre Augen gewesen. Beim Poker würden sie es ein verräterisches Zeichen nennen.

Ein verräterisches Zeichen ist eine Verhaltensänderung, die Aufschluss darüber gibt, welche Karten der Spieler auf der Hand hat. Manche Zombies sahen aus, als würden sie noch leben, wenn da nicht dieser kleine Hinweis gewesen wäre. Jeder Zombie hatte blutrote Augen, die mit einem klaren weißen Film überzogen waren. Man weiß, ob man es mit den Lebenden oder Toten zu tun hat, wenn man einmal nah genug herangekommen ist, um ihnen in die Augen zu sehen.

Ich lief zur Reling hinüber und brach ihren Schädel mit dem Hammer auf. Die Spitze drang tief ins Gehirn vor. Die Camperin erschlaffte und fiel zurück in die Menge.

Ich konnte es spüren: Mit jedem getöteten Zombie wurde es einfacher. Ich begann damit, mich von der Tat zu distanzieren. Ganz so, als wäre es nicht mein Arm, der den Hammer schwang.

Kyle fand den Hebel, um das Tor herunterzulassen. Er drückte ihn nach vorn und das Tor senkte sich langsam. Wir sprinteten zum Hummer, sprangen hinein. Ich steckte den Schlüssel in die Zündung, sah in den Rückspiegel. Als die Rampe sich weiter senkte, konnte ich sehen, wie die Köpfe der Kreaturen auftauchten. Im Spiegel sahen sie nicht viel anders aus als wir.

Die Kreaturen stöhnten. Ansonsten hörte man nur knackende und knallende Geräusche. Ein paar von ihnen blieben direkt unter der Rampe stehen, während diese sich senkte. Unbarmherzig wurden ihre Knochen gebrochen. Die Schädel platzen auf. Die Rampe stand nun annähernd waagerecht. Die Untoten griffen nach ihr, strömten am Bord. Ich hämmerte den Rückwärtsgang rein und presste das Gaspedal bis zum Anschlag durch.

Wir schossen mitten durch sie hindurch. Ich hörte dumpfe Aufpralle. Der Hummer hob ab. Wir flogen durch die Luft. Prallten so hart auf, als wären wir aus einem Gebäude gestürzt. Ich verlor die Kontrolle, mähte durch einen Busch und überfuhr weitere Zombies. Ich riss mich zusammen, wechselte den Gang und richtete das Lenkrad wieder richtig aus, beschleunigte und passierte zügig den Haufen Untoter, die das Boot umzingelten. Sie rannten hinter uns her, doch sie waren viel zu langsam.

Glücklicherweise war die Straße, auf der wir uns nun befanden, asphaltiert. Es handelte sich um eine Art Zufahrtsstraße. Nirgends standen Häuser oder Gebäude. Wir hätten in New Jersey sein können. Wir hätten aber auch sonst wo sein können.

Dann begann Kyle damit, an den Knöpfen am Armaturenbrett herumzuspielen. Anfangs dachte ich, dass er versuchte, das Radio einzuschalten, bis er einen Knopf drückte, auf dem NAV stand.

Das eingebaute Navigationssystem erwachte zum Leben.

Zur Hölle. Dieses Teufelsding hatte alles markiert. Die Karte zeigte uns Ampeln, Tankstellen, Fast-Food-Restaurants. Eine Schande, dass das Navi kein eingebautes Zombie-Suchgerät hatte.

Es war an der Zeit, von dem zu leben, was das Land hergab – oder bei dem Versuch zu sterben.

Nachdem wir in Erfahrung gebracht hatten, dass wir tatsächlich in New Jersey waren, beschlossen wir, uns von den Schnellstraßen fernzuhalten. Wir waren ziemlich nah an der Stelle, wo die Interstate 95 auf die Interstate 278 traf. Abgesehen davon, dass man dort wahrscheinlich von den Toten vollkommen überrannt wurde, gab es aufgrund der Autos und LKWs auf diesen beiden Hauptverkehrsstraßen mit absoluter Sicherheit kein Durchkommen. Nebenwege waren die einzig wirkliche Option.

Nachdem man den wertvollsten Besitz zusammengepackt hatte, schien jedermann ins Auto gesprungen und aufgebrochen zu sein. Für jeden gab es einen anderen Ort, zu dem er wollte oder wo er sich sicherer fühlte. Als wir die Zufahrtsstraße verließen, kamen wir an einer Tankstelle vorbei. Dort war eine weiße Plane mit einem handgeschriebenen Schriftzug zu sehen. Dieser lautete: $20 pro Gallone!

Der Satz war mit einem großen roten X durchgestrichen. Darunter hatte jemand geschrieben: Ausverkauft!

Wir fuhren langsam daran vorbei, in der Hoffnung, dass sich noch irgendwelche Vorräte im Gebäude befinden würden. Es war aber offensichtlich komplett leergeräumt.

Hier waren keine Zombies mehr zu sehen. Vielleicht waren die meisten von ihnen von dem Bootsunfall angezogen worden. Vielleicht aber auch nicht – und es gab einen anderen Grund. So oder so nutzten Kyle und ich den Moment der Stille, um eine Strategie zu entwickeln.

Wir brauchten grundlegende Dinge wie Essen und Wasser. Ich hatte irgendwo gelesen, dass der Durchschnittsmensch nach zirka einer Woche ohne Wasser sterben würde. Laut Kyle waren Übelkeit, ein trockener Mund und Muskelkrämpfe Zeichen einer Dehydrierung.

Die selben Symptome zeigten sich auch, wenn man Zombies abwehrt, dachte ich sarkastisch. In Extremsituationen setzten Verwirrung und Schwäche ein, bevor man ins Koma fiel oder die Organe versagten. Wir hatten beide seit zwei Tagen nichts getrunken. Mein Mund war mehr als trocken.

Kyle erklärte mir, was er beim Häuserkampftraining während seiner Zeit bei der Army gelernt hatte. Es hieß, dass Plündern und Stehlen am effektivsten wären, um sich selbst zu versorgen. Er witzelte, dass dies sonst auch als „Abernten der Stadt“ bezeichnet wurde. Wir mussten Geschäfte finden, die noch Vorräte wie Lebensmittel, Wasser und Waffen hatten, wobei Letzteres wohl am dringlichsten war.

Wir wollten nicht einfach irgendwo anhalten. Der Hummer bot eine gewisse Sicherheit. Obwohl man im Moment nicht sagen konnte, dass wir umzingelt waren, fühlten wir uns mit geschlossenen Fenstern und Türen verdammt viel wohler.

Die Straße war hier relativ frei. Keine Menschen, keine Zombies. Wir nahmen keine Regung wahr. Nur einige Äste bewegten sich im Wind hin und her. Die wenigen verbliebenen Fahrzeuge waren verlassen. Das Gebiet sah eher wie eine Durchgangsstadt aus, in der Reisende ihre Autotanks auffüllten und dann schnell weiterfuhren. Ich war in einer solchen Stadt aufgewachsen. Dort gab es immer ein paar Tankstellen, einige Fast Food Restaurants und Bewohner, die mit Fremden nicht besonders freundlich umgingen.

Ich bemerkte ein Auto, das ein Stück die Straße runter gegen einen Baum gefahren war. Es schien randvoll mit Hab und Gut zu sein. Wir bremsten und kamen neben dem Wagen zum Stehen, stiegen beide aus und ließen den Motor laufen.

Es würde verdammt viel einfacher sein, Vorräte zu finden, die jemand zurückgelassen hatte, als sie in den verschiedenen Läden zu suchen. Vielleicht war dies ein Glücksfall.

Ich konnte Geräusche aus dem Wageninneren hören und gab Kyle ein Zeichen, dass er aufpassen sollte. Er nickte leicht. Wir näherten uns von verschiedenen Seiten. Vorsichtig spähte ich durch das zerbrochene Fenster auf der Fahrerseite und konnte sie sehen.

Eine Frau, die sich verwandelt hatte, saß auf dem Vordersitz. Sie bemerkte uns nicht und fraß genüsslich an einem armen Bastard herum, der offensichtlich auf dem Beifahrersitz gesessen hatte. Ich tippte darauf, dass sie einen Autounfall hatten und die Frau sofort tot war. Nachdem sie sich verwandelt hatte, musste sie die bewusstlose Person neben sich angegriffen haben. Ehemann, Freund, platonischer Freund, das spielte keine Rolle. Nun war er nichts weiter als ein Lunchpaket.

Kyle kam zu mir auf die Fahrerseite. Mit der Metallstange klopfte er gegen die Tür. Die Kreatur blickte uns sofort mit diesen grässlichen Augen an. Der Zombie wollte angreifen, war aber noch angeschnallt. Den IQ, um herauszufinden, wie man sich abschnallte, besaß sie nicht mehr.

Kyle machte kurzen Prozess und schlug mit seiner Stange seitlich durch ihr Gesicht. Herausgebrochene Zähne schossen über das Armaturenbrett.

Ich öffnete die hintere Tür, während Kyle die Taschen durchsuchte, die auf das Fahrzeugdach geschnallt waren. Tatsächlich war ich sehr überrascht, welchen Mist diese Leute zusammengepackt hatten.

Wir fanden einen DVD-Player, dutzende DVDs und einen ganzen Haufen Körperpflegeprodukte einschließlich Shampoo, Pflegespülung, Gel und Kosmetiktaschen. Letztere gab es wirklich in Hülle und Fülle. Der Rest der Taschen war mit Kleidung gefüllt. Diese Personen hatten für einen Urlaub gepackt und nicht, um vor der Zombieapokalypse zu fliehen.

Ihre Eitelkeit hatte auch ein Gutes. Wir fanden eine Kühlbox voller Snackriegel und Wasserflaschen. Kyle stieß auch auf einen Rucksack mit Männerkleidung. Er nahm sich etwas Wechselkleidung, um seine blutgetränkte Uniform auszutauschen. Den Rest kippte er aus, damit er den Rucksack behalten konnte.

Ich konnte die Erleichterung in seinen Augen sehen, als er sich umgezogen hatte. Er musste es nicht aussprechen. Ich konnte erkennen, wie er die Uniform des Sicherheitsdienstes hasste. Sie zu tragen, war vielleicht etwas besser als die Uniform eines Kaufhauscops anzuhaben, aber auch nicht weit entfernt davon.

Wir gingen zurück zum Hummer. Auch die nächsten paar Fahrzeuge, an denen wir vorbeikamen, plünderten wir. Glücklicherweise gab es einige, in denen wir verschiedene Vorräte fanden, die tatsächlich nützlich waren.

Als wir unsere Suche vorläufig beendeten, hatten wir vierzehn Wasserflaschen und einen Rucksack voller Snackriegel, Chips und Keksen gesammelt. Wir schnappten uns außerdem ein Radio, das mit einer Handkurbel betätigt wurde. Ein großer Pluspunkt, weil es weder Batterien noch Strom brauchte. Das letzte Auto, das wir durchsuchten, war das Beste: Einige Camper hatten Rucksäcke, Schlafsäcke und ein tragbares Solarladegerät zurückgelassen, mit dem man kleine elektronische Geräte aufladen konnte. Ich nahm es mit Erleichterung an mich, wissend, dass es angesichts meines vollkommen leeren Handy-Akkus nützlich sein würde.

Die Eigentümer selbst waren nirgends zu sehen. Ich hatte mich kurz gefragt, ob der Frau mit dem Pferdeschwanz, der ich bei der Fähre begegnet war, dieses Zeug gehörte. Ich würde es niemals herausfinden, bedankte mich aber trotzdem lautlos bei ihr.

Das Solarladegerät stand nun auf dem Armaturenbrett, um die letzten wertvollen Sonnenstrahlen aufzufangen. Ich lenkte das Fahrzeug über die leere Straße und hatte gerade mein Telefon an das Solargerät angeschlossen, als Kyle mir auf den Arm klopfte.

»Was macht dir Angst?«, fragte er leise.

»Was?«, erwiderte ich verwirrt mit hochgezogenen Augenbrauen.

»Ich meine, bevor dies alles passierte, was hat dich nachts wach gehalten? Was geht dir unter die Haut?«

»Ich weiß nicht«, antwortete ich mit einem Schulterzucken. »Ich vermute, dass ich immer nur über den Job nachgedacht habe; ob ich ihn verliere oder befördert werde.«

»Also hast du Angst, deinen Job zu verlieren?« Kyle kicherte ironisch. »Ich habe Neuigkeiten für dich Kumpel. Wir haben deinen Boss getötet. Ich denke, du bist gefeuert.«

Ich grinste, überlegte kurz und beschloss, den Spieß umzudrehen.

»Okay. Und was hält dich nachts wach?«

Er hielt für einen Moment inne. Sein Gesicht wurde ernst.

»Schwer zu sagen, ob es mich nachts genau so häufig wach hält, wie es mich von Zeit zu Zeit am Tage quält«, sagte er vorsichtig. »Damals im Irak, bevor ich mir meine Auszeichnung verdiente, gab es einen taktischen Angriff auf ein altes Hotel. Mein Squad-Team rückte vor und drang in das Gebäude ein, um festzustellen, ob sich dort noch Feinde verschanzten. Das Gebäude war zerstört und sah aus wie ein Haufen Scheiße. Die durchsiebten Körper toter Rebellen lagen überall in den Räumen verstreut. Ich stieß auf diese Frau. Sie war blutgetränkt und lebte kaum noch. Sie hatte einen Bauchschuss und ahnte wohl selbst, dass sie diesen nicht überleben würde. Sie bettelte darum, dass ich es zu Ende brachte. Ich erinnere mich daran, wie ich meine Pistole zog und auf ihren Kopf zielte. Die ganze Zeit … stand ich nur vor ihr und starrte sie an. Ich fragte mich, ob ich das Richtige tat …«

Kyle verlor sich in seinen Erinnerungen, dann blinzelte er und atmete langsam aus, bevor er fortfuhr.

»Sie nickte, bevor ich den Abzug betätigte. Als ob sie sagen wollte: Ja, beende es. Den Blick, den sie mir zuwarf … ich sehe ihn auch in den Augen dieser Kreaturen. Fast so, als wollten sie nicht mehr weiterleben.«

Ich dachte einen Moment darüber nach und sagte: »Das macht es etwas einfacher, oder nicht? Daran zu glauben, dass sie nicht diese Monster sein wollen, zu denen sie geworden sind. Dadurch wird es viel einfacher, sie niederzustrecken.«

In all diesem Chaos hatte ich mir nicht die Zeit genommen darüber nachzudenken, dass wir Kreaturen töteten, die einmal Menschen waren, genau wie wir. Obwohl ich innerlich aufgewühlt war, fühlte ich mich benommen, wie ausgeschaltet. Einige Minuten lang saßen wir beide schweigend da, in unsere Gedanken versunken.

Ich sah auf die Tankanzeige hinunter, schnitt eine Grimasse und umklammerte das Lenkrad fester. Meine Knöchel stachen weiß hervor.

»Weißt du, gerade jetzt habe ich am meisten Angst davor, dass uns das Benzin ausgeht.«

Kyle lehnte sich zu mir herüber, um auf die Tankanzeige zu sehen. Er streckte sich aus und fingerte wieder an dem Navigationssystem herum. Innerhalb weniger Sekunden brachte er es zum Laufen.

Nachdem er auf einige Knöpfe gedrückt hatte, erschienen drei Tanksymbole auf dem Bildschirm. Wir entschieden, zu der Tankstelle zu fahren, die sich in der entgegengesetzten Richtung vom Highway befand, auch wenn wir einige Meter zurückfahren mussten. Die hoffnungsvolle Idee dahinter war, dass der Sprit an dieser Tankstelle hoffentlich nicht ausverkauft war.

Auf dem Weg dorthin sahen wir wieder Kreaturen herumschleichen. Sie verfolgten uns jedoch nicht oder wir waren einfach zu schnell, als das sie uns hätten einholen können.

Wenn ich so zurückdenke, wünschte ich, wir hätten besser aufgepasst.

Einer von ihnen war zu Lebzeiten Postangestellter gewesen. Er trug die traditionellen blau und weiß gestreiften Shorts und hatte noch den blauen Postsack geschultert. Blut war ihm am Bein heruntergeflossen. Es hatte seine ehemals weißen Kniestrümpfe dunkelrot gefärbt.

Als wir an ihm vorbeifuhren, bemerkte ich, dass er ein braunes Paket in der linken Hand trug. Es sah so aus, als versuchte er immer noch, seine Post auszutragen.

Banale Aufgaben in einer banalen Welt.

Wir näherten uns der Tankstelle und waren sehr enttäuscht, als wir sahen, dass man Plastikbeutel über die Griffe aller Zapfsäulen gezogen hatte. Eine schnelle Überprüfung bestätigte, dass sie trocken waren.

Offensichtlich würde es nicht weiterhelfen, wenn man sich auf die Tankstellen verließ.

Dann bemerkten wir, dass noch ein anderes Auto auf dem Grundstück parkte. Beine ragten hinter dem Auto hervor, so reglos wie die einer Schaufensterpuppe. Als wir uns näherten, konnten wir einen roten 3-Gallonen-Benzinkanister sehen.

Kyle kam zu der Schlussfolgerung, dass dieser Typ gerade dabei war, Benzin aus dem Auto abzusaugen. Es war merkwürdig, dass er sich nicht bewegte oder aufstand. Der Hummer war kein besonders leises Fahrzeug. Wir rutschten langsam aus dem Wagen und sahen uns nach irgendwelchen Toten um.

»Hey. Hey, du. Lebst du noch?«, rief Kyle.

Keine Antwort.

Ich zog meinen Hammer aus dem Gürtel, als wir uns vorsichtig auf das Auto zubewegten. Ich näherte mich von hinten, Kyle ging an der Vorderseite des Wagens entlang. Immer noch keine Bewegung.

Dann fanden wir heraus, warum. Wir sahen einen Schlauch, der in den Tank führte, und einen abgetrennten Arm. Dieser baumelte immer noch am Schlauch und umklammerte ihn fest. An den Beinen hing kein Körper mehr. Sie waren sauber abgetrennt worden. Der Torso, der andere Arm und der Kopf waren nirgends zu sehen. Ich schaute auf und schloss meine Augen für den Bruchteil einer Sekunde, um mich wieder zu sammeln.

Wir schwiegen. Ich schlich hinüber und löste die toten Finger vom Schlauch, um ihn aus dem Benzintank zu ziehen. Der kalte, starre Arm fiel mit einem dumpfen Schlag auf den Asphalt.

Zwei Tage zuvor hätte ich mir beim Anblick des abgetrennten Arms in die Hose geschissen. Heute berührte ich ihn einfach und stieß die zugehörigen Beine zur Seite, um etwas Benzin zu stehlen. Es dämmerte mir, dass dies die neue Realität war. Es gab kein Zurück mehr.

Als ich zum Hummer zurückging, öffnete Kyle den Tankdeckel. Ich fütterte unser Fluchtfahrzeug mit der kostbaren Flüssigkeit.

»Es braucht verdammt viel mehr als drei Gallonen, um diesen Tank voll zu bekommen«, sagte ich laut.

Kyle nickte zustimmend. Ich fummelte mit dem Schlauch herum. Ein Schluck Benzin drang beim Ansaugen in meinen Mund. Ich würgte und spie, konnte aber den Geschmack nicht ganz aus meinem Mund kriegen.

Wir füllten den Kanister noch weitere drei Male und trotzdem hatte ich nicht das Gefühl, dass der Hummer auch nur annähernd halbvoll war. Wir waren so abgelenkt, dass wir nicht bemerkten, wie sie heranschlichen. Die Untoten hatten uns schon fast umzingelt.

Der Postbote war der Erste, den ich wahrnahm. Eine Kreatur rempelte ihn an und schlug ihm das braune Paket aus der Hand. Das machte uns auf sie aufmerksam.

Diese hartnäckigen Arschlöcher, dachte ich. Sie waren uns meilenweit gefolgt, wankten die Straßen hinunter und hielten Ausschau nach der nächsten Mahlzeit. Ich zählte zehn von ihnen. Kreaturen, die wir auf dem Weg zur Tankstelle gesehen hatten, plus einiger anderer, die hinzugekommen waren.

Wir zogen beide unsere Waffen, wohlwissend, dass wir klar unterlegen waren. Manchmal bedeutete Überzahl aber rein gar nichts, wenn man die richtige Strategie und ein bisschen Glück hat.

Die Ersten, die angriffen, waren langsam. Nicht so wie am Vortag.

Wir müssen Ruhe bewahren, dachte ich, während meine schweißnassen Hände den Holzgriff des Hammers fester umklammerten.

Kyle schrie Befehle heraus wie ein Drill-Sergeant in einem Boot Camp. Er wollte, dass wir dicht zusammenblieben, um uns besser verteidigen zu können. Als die Kreaturen eine nach der anderen näherkamen, stieß er sie einfach zurück, indem er seine Stange in ihre Brust rammte. Dadurch verloren sie das Gleichgewicht. Ich schnellte hervor und schlug ihnen den Schädel ein. Sie waren weit genug voneinander entfernt, dass diese Taktik für die ersten sechs von ihnen funktionierte.

Wir wichen langsam zurück. Der Hummer war viel weiter entfernt, als mir lieb war. Der Motor lief noch. Die Untoten drängten uns immer weiter zurück, bis wir die Glastür der Tankstelle in unserem Rücken spürten.

Der Postbote und seine drei Freunde waren erst kürzlich verstorben. Sie waren verdammt schnell und machten so unsere derzeitige Taktik zunichte. Als sie von zwei Seiten über uns herfielen, verlor ich das Gleichgewicht und stürzte rückwärts, prallte gegen die Wand der Tankstelle und schlug hart auf den Boden auf. Die Wucht des Aufpralls riss mir den Hammer aus der Hand. Er blieb ein gutes Stück von mir entfernt liegen.

Kyle trat beiseite und schwang die Metallstange über seinem Kopf hin und her, um die Biester abzulenken. Drei von den Kreaturen folgten ihm. Allerdings stürzte der Postbote auf mich zu. Ich riss meine Arme hoch, fasste seine Tasche und schob den Riemen zwischen seine Zähne, als er nach meinem Gesicht schnappte.

Sein Atem roch faulig. Ich konnte ihn kaum von mir fernhalten. Immer wieder versuchte er, mich zu beißen. Der Gestank war so unerträglich, dass ich kaum kämpfen konnte. Eine der anderen Kreaturen ließ von Kyle ab. Es war ein großer Bastard in einer Latzhose. Er sprang zu dem Postboten und versuchte über dessen Schulter hinweg, nach mir zu schnappen.

Die Luft wurde mir aus den Lungen gepresst. Meine Augen fixierten den Hammer, der knapp außerhalb meiner Reichweite lag. Zu Boden gedrückt, musste ich handeln. Die kalten Monster tobten und wollten ihre Zähne in meinem Fleisch versenken. Doch dies war nicht der Ort, an dem ich sterben wollte.

Ich ließ den Riemen der Tasche los, wodurch die Stirn des Postboten gegen meine Schulter schlug. Ich schaukelte hin und her. So war ich in der Lage, den Oberkörper gerade so weit zu drehen, dass ich an den hölzernen Griff reichte, der mein Leben retten sollte.

Zuerst ließ ich den Hammer auf den Postboten niederschmettern. Der Riemen steckte immer noch in seinem Mund, wodurch er unfähig war, seine Zähne in irgendeinen Teil meines Körpers zu schlagen. Ich fühlte, wie eine kalte Flüssigkeit auf mein Shirt sickerte. Dunkler, rötlich-brauner Schleim strömte aus seinem Schädel und meine Brust hinunter.

Ich holte aus, um den zweiten Zombie zu erschlagen. Da hörte ich Glas splittern. Kyle hatte einen von ihnen über seinen Kopf gehoben und durch die Tür der Tankstelle geworfen. Das Glas regnete zu Boden. Etwas bewegte sich in den Schatten. Dort waren noch mehr von ihnen. Wie viele jedoch, konnte ich nicht erkennen.

Gefangen unter der Kreatur kämpfte ich darum, mich von dem Bastard zu befreien, der fleißig nach meinem Gesicht schnappte. Ich machte mir fast in die Hose, als ich sah, was aus den Schatten der Tankstelle auftauchte. Ein Zombie, der aussah, wie eine Kuh nach dem Besuch beim Schlachter, kroch langsam durch das zersplitterte Glas. Ich erkannte schnell, dass es sich um die Überreste des Typen handelte, der draußen das Benzin abgesaugt hatte.

Ein Arm, der Kopf und der Torso waren alles, was übrig geblieben war. Ich erschrak bei dem Gedanken, dass die Dinger selbst dann noch funktionierten, wenn sie halb zerstört waren. Der Horror vergrößerte sich, als ich realisierte, dass diese Kreatur sich direkt zu mir herüberzog.

Die Torso-Kreatur benutzte ihren einen Arm und das Gesicht, um zu mir herüber zu kriechen. Jedes Mal, wenn sie sich mit ihrem Gesicht nach vorne zog, rissen Fleischstückchen heraus, die am Boden kleben blieben. Ihre Lippen waren nur noch eine blutige Masse, unter der die kaputten Zähne hervorschimmerten. Nur ein Auge war übrig, das andere vom Boden zerrieben.

In dem Bewusstsein, dass dieses Ding in wenigen Augenblicken bei mir sein würde, versuchte ich mich nochmals zu befreien, indem ich ruckartige Bewegungen machte. Schweißtropfen und Tränen rannen mir übers Gesicht. Meine Muskeln brannten, als ich mit all meiner Kraft drückte. Vergeblich.

Ich sah zu Kyle hinüber. Er schrie, während er sich wild gegen eine Kreatur zur Wehr setzte. Ich richtete meinen Fokus wieder auf den fetten Bastard, der auf mir lag, hob den Hammer und versuchte, meinen zitternden Arm ruhig zu halten.

»Geduld, John. Du wirst deine Chance bekommen«, flüsterte ich mir selbst zu.

Ich ließ den Fettsack, der auf mir lag, los. Sein weit geöffneter Mund näherte er sich mir. Ich konnte tief in seinen Rachen sehen, als ich den Hammer seitlich gegen seinen Kopf schlug. Der Körper erschlaffte und fiel auf den Postbeamten. Dadurch war ich immer noch zwischen dem Bürgersteig, der Wand und den beiden Kreaturen eingeklemmt.

Meine Augen richteten sich wieder auf die Abscheulichkeit, die sich näher zu mir heranzog. Im rhythmischen Takt einer Trommel schlug er immer und immer wieder seinen Kopf zu Boden. Er war nur noch wenige Meter von der Stelle entfernt, wo ich hilflos lag.

Der Hammer befand sich in der falschen Hand, um ihn gegen die Torso-Kreatur einsetzen zu können. Ich dachte an Jenn und mein Kind. 900 Meilen weit weg. Ich durfte nicht aufgeben!

Die Kreatur war nur noch Zentimeter von meiner Schulter entfernt. Ich stieß einen Urschrei aus, ließ meinen Arm herunterschnellen und rammte ihr meinen Ellbogen in die Fresse. Die Wucht des Schlages hämmerte den Kopf hart gegen den Bürgersteig und stieß die Kreatur ein Stück zurück. Der verbliebene Arm des Zombies fuchtelte verzweifelt herum.

In diesem Augenblick schnellte eine Metallstange auf den Kopf herab. Sie durchdrang die Schädeldecke und ich konnte sehen, wie das blutbesudelte Metall aus seinem Kiefer ragte. Wieder einmal hatte Kyle mich gerettet. Ich wusste, dass er nicht immer da sein würde. Wenn ich eine Katze wäre, hätte ich gerade ein weiteres meiner neun Leben verbraucht.

Er zog die Waffe aus dem Schädel und legte sie auf den Boden. Dann kam er lässig herüber und stellte sich zwischen mich und das Gebäude. Er stemmte seinen Fuß gegen die Wand der Tankstelle und half mir aufstehen.

Ich blickte auf den Torso-Freak herab und sagte: »Weißt du was? Ich weiß jetzt, was mich nachts wach hält.«

Es gibt Momente in unserem Leben, welche die Zeit in zwei Teile reißen.

In dieser Nacht schliefen wir im Hummer, versteckt hinter einer tiefhängenden Reklametafel. Darauf war in großen Lettern ein Spruch zu lesen: Der Ruhestand ist näher, als du denkst!

Ich erinnere mich daran, dass ich schmunzeln musste, als ich diesen Spruch las. Ich hatte mir den Ruhestand etwas anders vorgestellt.

Ich hatte mich in einem blauen Schlafsack eingewickelt. Mein Telefon lag auf dem Armaturenbrett. Ich nahm es und schaute darauf. Es ließ sich nicht einschalten. Das Ladegerät hatte noch nicht lange genug in der Sonne gelegen. Ich selbst besaß auch eins dieser Dinger und wusste daher, dass die Solarzellen vier oder fünf Stunden direktem Sonnenlicht ausgesetzt sein mussten. Erst dann hätte mein Handy wieder genügend Saft. Das Solargerät war Segen und Fluch zugleich.

Ich blickte zum Vollmond auf und sah einige Wolken vorbeiziehen. Kyle schlief. Falls man das unter den gegebenen Umständen „schlafen“ nennen konnte. Er hatte mir gesagt, dass wir selbst im Schlaf wachsam sein sollten.

Meine Gedanken drifteten ab. Ich dachte an meine Frau und hoffte, dass sie eine sichere Zuflucht gefunden hatte. Wenn das Telefon aufgeladen war, benötigte ich nur einen funktionierenden Mobilfunkmast. Dann könnte ich sie anrufen oder ihr zumindest eine Nachricht zukommen lassen. Sie musste erfahren, dass ich noch am Leben war.

Ich hielt den Stiel des Hammers fest umklammert. Ich musste das abgegriffene Holz des Stiels und das Gewicht des Hammerkopfs spüren, um zur Ruhe zu kommen.

Die Nacht verging ohne Vorkommnisse. Der Morgen brach allerdings viel zu früh an. Wir wurden unsanft von drei Zombies geweckt, die an der Reklametafel vorbeikamen und laut stöhnten. Weder Kyle noch ich wagten es, auch nur einen Muskel zu bewegen. Ich hielt den Atem an und lauschte, bis die Geräusche verstummten.

Kurze Zeit später stand ich draußen und musste wie jeden Morgen erst mal pissen. Da hörte ich in der Ferne ein Geräusch. Zuerst konnte ich nicht genau sagen, was das war. Es war nur ein Echo, das durch die schwache Brise zu uns herübergetragen wurde. Ich sah Kyle an. Sein Gesicht sagte mir, dass er es auch gehört hatte. Wir standen beide schweigend da und lauschten in die Richtung, aus der wir das Geräusch vermuteten. Es kam näher und wurde lauter.

»Helikopter«, sagte Kyle, während er den Himmel absuchte.

Plötzlich tauchte er über den Baumwipfeln auf. Der Chopper kam aus nördlicher Richtung auf zu zugeflogen. Ab und zu verschwand er hinter dem Blätterdach. Ich erkannte, dass es sich wahrscheinlich um einen Militärhubschrauber handelte, denn er war Armeegrün lackiert. Zwei große Rotoren hielten ihn in der Luft. Kyle meinte, dass es sich um einen Chinook, eine militärische Transportmaschine handeln würde.

»Es wäre schön, wenn wir auch da drin sitzen würden«, sagte ich.

Kyle nickte zuerst, studierte dann den Flieger mit einem finsteren Blick und meinte verbissen: »Vielleicht auch nicht.«

Ich blickte zum Chopper. Er schwebte näher heran. Selbst ich merkte, dass etwas nicht stimmte.

Der Hubschrauber trudelte wild in der Luft umher. Das Heck zuckte von einer Seite zur anderen und das ganze Teil sackte plötzlich gut fünfzehn Meter ab. Nun war ich doch froh, sicher mit beiden Beinen auf festem Boden zu stehen.

Als der Hubschrauber über Kyle und mir hinwegflog, wurde die Seitentür aufgerissen. Wir konnten einen Mann erkennen, der dort auftauchte. Seine Kleidung hatte die gleiche militärgrüne Farbe, wie der Rumpf des Hubschraubers. Ich tat ungläubig einen Schritt nach hinten, als der Mann aus der Seitentür sprang. Mein Herz setzte für einen Moment aus. Etwas sprang ihm direkt hinterher. Es war eine Frau.

Der Typ in Grün zog die Reißleine seines Fallschirms. Der Stoff entfaltete sich, jedoch nicht vollständig, denn die Frau stürzte in den Fallschirm. Ich wusste nicht, ob sie Zombies oder Menschen waren, eines war aber klar, als wir sahen, wie sie ineinander verheddert zur Erde fielen: Sie waren auf dem Weg in einen sicheren Tod.

Der Hubschrauber trudelte weiter und sackte plötzlich wieder um einige Meter ab.

»Das Ding kommt gleich runter!«, schrie Kyle, »Wenn es dabei heil bleibt, kann ich es fliegen!«

Wir hetzten zum Hummer. Kyle streckte seinen Kopf aus dem Seitenfenster und sagte mir, wohin ich fahren sollte.

In der Ferne schwebte der Chopper vielleicht dreißig Meter über einem kleinen Park. Wir sahen, wie er vollkommen außer Kontrolle geriet und trudelte. Das Heck schlug zuerst auf dem Boden auf. Ein Rotor zerfetzte eine kleine, gelbe Rutsche, die in der Nähe stand. Die Nase stürzte herab, bohrte sich in den Boden. Gleichzeitig krachten die oberen beiden Rotorblätter in das Gras und die ganze Maschine prallte mit dem Rest eines nahegelegenen hölzernen Spielgerüsts zusammen.

Eine gewaltige Staubwolke war zu sehen. Trümmer schossen durch die Luft. Ich bremste den Hummer scharf ab. Der Hubschrauber qualmte. Dicker, schwarzer Rauch kroch über den Boden und verhüllte das Wrack.

Ich konnte mir nicht vorstellen, dass irgendjemand den Absturz überlebt haben könnte.

Es gibt Momente in unserem Leben, welche die Zeit in zwei Teile reißen. Die Zeit vor einem Zwischenfall und die Zeit danach. Ein solcher Moment verändert für gewöhnlich das Leben. Man kann immer auf ihn zurückblicken und weiß, dass er existierte. Sehr selten kann man einen solchen Moment vorhersehen.

Meine Eltern starben, als ich noch zur Grundschule ging. Ich traf Jenn und fand kurz danach heraus, dass wir schwanger geworden waren. Alles bedeutsame Momente. Jeder von ihnen veränderte meine Sichtweise auf das Leben etwas.

Erst viel später würde ich erkennen, dass der Hubschrauberabsturz auch einer dieser Momente war und die Karten neu gemischt wurden.

Es begann mit einem Schrei.

In dem Moment, als wir unsere Türen aufstießen, hörten wir verzweifelte Rufe aus dem Inneren des abgestürzten Hubschraubers. Wir gingen so nah wir konnten heran. Es roch nach Kerosin. Die zerbeulte Maschine lag auf der Seite.

Kyle kletterte eine kleine Holztreppe hinauf, die ihn auf ein zerstörtes Spielgerüst führte. Von dort konnte er auf die offene Tür herunterschauen, die nun gen Himmel zeigte.

»Er lebt!«, rief er und schirmte seine Augen ab, um besser sehen zu können.

Ich rannte zum vorderen Teil des Hubschraubers. Die Windschutzscheibe war beim Absturz völlig zerstört worden. Überall lagen mit Blut beschmierte Scherben. Der Copilot hing noch in seinem Sitz. Ihm fehlte der Kopf und auch der Rest seines Körpers war ziemlich schlimm zugerichtet. Ich konnte eine Bewegung im mittleren Teil des Rumpfes sehen, aber ich konnte nicht erkennen, was dort passierte.

Kyles Aussichtspunkt war besser. Ich hörte, wie er der Person, die dort drinnen festsaß, etwas zubrüllte.

»Wir holen dich da raus! Keine Panik!«

»Keine Panik? Am Arsch! Ich sitze hier mit einem von ihnen