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CLAUDIA MÖCKEL GRABER

Eintritt in heilende
Bewusstseinszustände

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© 2010 Claudia Möckel Graber

© 2010 Nachtschatten Verlag AG

Umschlaggestaltung, Layout, Satz:

Claudia Möckel Graber, www.schwarz-auf-weiss.ch

Lektorat: Nina Seiler, Zürich

Substanzspezifische Beratung: Hans Cousto, Berlin

Druck: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm

Printed in Germany

ISBN 978-3-03788-200-9
eISBN 978-3-03788-229-0

Alle Rechte der Verbreitung durch Funk, Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger jeder Art, elektronischer digitaler Medien und auszugsweiser Nachdruck nur unter Genehmigung des Verlages erlaubt.

CLAUDIA MÖCKEL GRABER

Eintritt in heilende
Bewusstseinszustände

Grundlagen zur
psycholytischen praxis

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Dieses Buch will keineswegs zum Konsum von Drogen aufrufen. Da aber der Gebrauch trotz Verbot und Betäubungsmittelliste stattfindet, soll über den sinnvollen und verantwortungsvollen Umgang mit psychotrop wirkenden Substanzen aufgeklärt werden.

Der Inhalt dieses Buches wurde sorgfältig recherchiert und zusammengestellt. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität kann jedoch keine Gewähr übernommen werden.

Etwaige Haftungsansprüche, seien sie nun materiell oder ideell, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der hier vorgestellten Informationen aufkommen könnten, sind grundsätzlich ausgeschlossen.

Die Veröffentlichung der hier vorgelegten Informationen verstößt gegen keinerlei geltendes Recht.

Alle Lücken, wo wirkliches Wissen fehlt, werden immer noch mit Projektionen ausgefüllt. Wir sind immer noch beinahe sicher, dass wir wissen, was andere Leute denken, oder was ihr wahrer Charakter ist. Wir sind überzeugt, dass gewisse Leute alle jene schlechten Eigenschaften haben, die wir in uns selbst nicht finden, oder dass sie alle jene Laster leben, die natürlich niemals unsere eigenen sein könnten. Wir müssen immer noch äußerst vorsichtig sein, um nicht unseren eigenen Schatten allzu schamlos zu projizieren, und sind immer noch überschwemmt von projizierten Illusionen.

Wenn man sich jemanden vorstellt, der tapfer genug ist, diese Projektionen allesamt zurückzuziehen, dann ergibt sich ein Individuum, das sich eines beträchtlichen Schattens bewusst ist. Ein solcher Mensch hat sich neue Probleme und Konflikte aufgeladen. Er ist sich selbst eine ernste Aufgabe geworden, da er jetzt nicht mehr sagen kann, dass die anderen dies oder jenes tun, dass sie im Fehler sind, und dass man gegen sie kämpfen muss. Er lebt in dem Hause der „Selbstbesinnung”, der inneren Sammlung. Solch ein Mensch weiß, dass, was immer in der Welt verkehrt ist, auch in ihm selber ist, und wenn er nur lernt, mit seinem eigenen Schatten fertig zu werden, dann hat er etwas Wirkliches für die Welt getan. Es ist ihm dann gelungen, wenigstens einen allerkleinsten Teil der ungelösten riesenhaften Fragen unserer Tage zu beantworten.

Carl Gustav Jung,
Psychologie und Religion

INHALT

Die Reise beginnt

1. Das Erstgespräch

2. Indikation und Kontraindikation

3. Set und Setting

Das Set

Das Setting

Ablauf einer Sitzung

Gewichts-Einheiten

4. Begriffserklärungen

5. Neurotransmitter –Verändernde Botenstoffe

Noradrenalin

Adrenalin

Dopamin

Serotonin

6. Die Substanzen, ihre Wirkung und Dosierung

Ephedrin

Ketamin (Ketalar, Ketanest)

Klasse Phenethylamine und Amphetaminderivate

MDMA (Ecstasy XTC, Adam)

MDA

Methylon (MDMC, Explosion, Neocor)

TMA-2

2C-B (Bromo, Nexus, Erox, Venus)

2C-E

Meskalin (Peyote, San Pedro)

Klasse der Tryptamine

LSD ("Acid")

Psilocybin, Psilocin

CZ-74

4-HO-DIPT (Iprocin)

5-MeO-DIPT (Moxy, Foxy Methoxy)

5-MeO-DMT (Nigerin, Desoxybufotenin)

DMT

Ayahuasca, Yage, Yajé, Tee

Europäisches Ayahuasca (Steppenraute + DMT)

Pharmahuasca (Harminhydrochlorid + DMT)

MAO-Hemmer, (Monoaminoxidase-Hemmer)

Harmalin und Harmin

Gruppe der Psychostimulanzien

Wirkung der Substanzen auf die Energieebenen

1. Wurzel-Chakra – Selbsterhaltungstrieb

2. Sexual-Chakra – Fortpflanzung

3. Solar – Wille, Macht

4. Herz-Chakra – Liebe, Sterbepunkt Ego

5. Hals-Chakra – Ausdruck, Kommunikation

6. STIRN-Chakra – Intuition, Weisheit

7. Kronen-Chakra – Spiritualität, Stillepunkt

7. Substanz-Kombinationen

Ephedrin + Ketamin (Ketalar, Ketanest)

MDMA + LSD

MDMA + Psilocybin

MDMA + 2C-B

MDMA + Meskalin

MDMA + Harmalin

MDMA + Ayahuasca

MDMA + DMT

MDMA + LSD + Meskalin

LSD + MDMA

Psilocybin + MDMA

MAO-Hemmer + Psychedelika (Psilocybin, DMT)

MAO-Hemmer + Stimulanzien

MAO-Hemmer + Antidepressiva (SSRI)

Antidepressiva (SSRI) + MDMA

Antidepressiva (SSRI) + Psychedelika

5-MeO-DIPT + Methylon/MDMA/MAO etc

Erektionssteigernde Mittel + Psycholytika

8. Krisenintervention

Körperliche Schwierigkeiten

Emotionale Krisen

Nach der Sitzung

9. Die Funktion des Therapeuten

Die Ausbildung des Therapeuten

Bestimmung des Setting

Die Rolle und Persönlichkeit des Therapeuten

Verantwortlichkeit

Themenfindung

Gefühle halten

Übertragung und Gegenübertragung

Projektionen

Supervision und Hilfestellung

Nachbetreuung

10. Der Einsatz von Musik

Psycholytische Wirkphasen

Musikarten und ihre Wirkung

Die Energiezentren

Einfluss von Musik

Hören, Horchen, Lauschen

Musikliste

11. Was ist Energiearbeit?

Energie in Fluss bringen

Persönlichkeitsentwicklung

Veränderte Bewusstseinszustände

Schamanen nutzen veränderte Bewusstseinszustände

Transformierende Sterbe- und Wiedergeburtsprozesse

Drogeninduzierte versus “natürliche” Mystik

12. Was ist Integration?

13. Nachweisbarkeit von Substanzen

14. Juristische Perspektiven

Betäubungsmittelgesetz

Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz

Ermittlungen und Beweislage

Auf frischer Tat ertappt

Schwerwiegende Folgen

Entkriminalisierung von Drogen

Schlusswort

Dank

Zur Autorin

Anhang

A. Grundregeln (Checkliste)

Reise-Vorbereitungen

Die Reise

B. Fragebogen für Erstgespräche

C. Musikempfehlungen

D. Bibliografie

Literatur

Artikel, Dokumentationen, Vorträge

Internetseiten nach Themen

Zitat- und Quellennachweise

Die Reise beginnt

Vorliegendes Handbuch soll jenen Menschen dienen, die mit bewusstseinsverändernden Substanzen zu tun haben und an deren bestmöglicher Anwendung interessiert sind. “Eintritt in heilsame Bewusstseinszustände” ist also jenen gewidmet, die Sitzungen mit psychotrop wirkenden Substanzen leiten wollen oder dies schon tun. Auch die Menschen, die privat und in kleineren Gruppen innere Räume bereisen wollen, sollen hier Anleitung und Informationen finden, um das allfällige Entstehen eines Schadens soweit wie möglich auszuschließen.

In ernsthaften Händen und in der richtigen Form genommen, sind Substanzen wie LSD, MDMA, Psilocybin oder Meskalin wirkungsvolle Heilmittel. Die grundlegenden Gedanken und Richtlinien der psycholytischen Arbeit werden daher in diesem Buch zusammengefasst. Sie sind das Ergebnis professioneller Arbeit und sollen Orientierung geben, damit sich Sitzungsleiter und Reisende gewissenhaft vorbereiten und das Risiko von negativen Erfahrungen minimieren können.

Die Einnahme von bewusstseinsverändernden Substanzen hat Tradition. Sie werden seit Jahrtausenden von Naturvölkern zu heiligen Zeremonien eingenommen. Für einen gewissen Zeitraum taucht der Ratsuchende in außerordentliche Bewusstseinsräume bzw. aussergewöhnliche Bewusstseinszustände (ABZ) ein und bringt von dort neue Einsichten in übergeordnete Zusammenhänge und heilbringende Antworten mit.

Heutzutage werden substanzgestützte Sitzungen von Ärzten, ausgebildeten Therapeuten und privaten Usern durchgeführt. Dabei ist der Einsatz von psychotrop wirkenden Substanzen in einem geschützten Setting eine bisher erfolgreich ausgeübte – wenn auch umstrittene – Therapiemethode. Sie wird seit einem halben Jahrhundert angewandt und nennt sich Psycholyse.

Während der 50er und 60er Jahre, als LSD noch nicht verboten war, war die Flowerpower-Bewegung aktuell und mit ihr die Hoffnung, dass sich die Persönlichkeit eines Menschen durch Bewusstseinser-weiterung, und damit gleichzeitig auch die Gesellschaft, verändern ließe. Doch dann wurde das LSD angeblich wegen Missbrauchs durch Laien verboten. Drogen wie Heroin und Kokain wurden populär, die in der Psycholyse absolut tabu sind. Auf die politischen und geschichtlichen Hintergründe wird hier jedoch nicht weiter eingegangen. Aber einige bekannte Namen, die mit der Substanz-, Bewusstseins- und tiefenpsychologischen Forschung in Zusammenhang stehen, sollen hier erwähnt werden: Das sind Aldous Huxley Albert Hofmann, Richard E. Schultes, Alexander Shulgin, Christian Rätsch, Timothy Leary Claudio Naranjo, Walter Norman Pahnke, Hanscarl Leuner, Stanislav Grof, Samuel Widmer und viele, viele weitere. Experten erhalten glücklicherweise immer wieder die Genehmigung, psychisch Kranke, Traumatisierte und Sterbende mit psychotropen Substanzen behandeln zu dürfen und diese legal für therapeutische Zwecke zu verabreichen. Dass die Substanzen tatsächlich Heilung bringen, wurde in vielen wissenschaftlichen Tests längst nachgewiesen. 2008 erschien beispielsweise ein Artikel im Journal of Psychopharmacology über eine Studie mit Psilocybin, die 2006 an der Johns Hopkins University in Baltimore (US-Bundesstaat Maryland) durchgeführt wurde. 64 Prozent der Teilnehmer gaben auch 14 Monate später noch an, dass sich ihre Stimmung durch die Einnahme von “Magic Mushrooms” dauerhaft gebessert habe. Und seit 2008 leitet der Schweizer Arzt Peter Gasser eine bewilligte Pilotstudie an todkranken Menschen für eine LSD-unterstützte Psychotherapie. Damit soll unter anderem bewiesen werden, dass die Therapieform sicher und wirksam ist. Nach einer langen Pause werden psychotrope Substanzen also mit neuen Studien weltweit wieder erforscht.

Legal und ohne Erlaubnis darf ein Arzt nur mit Ketamin und Ephedrin arbeiten. Diese Wirkstoffe sind dem LSD und MDMA sehr ähnlich und werden für die Psycholytische Psychotherapie eingesetzt.

Die Psycholyse ist nicht verboten. Aber der Erwerb und Einsatz von gewissen psychotropen Drogen ist verboten: LSD, MDMA, Psilocybin, Meskalin, DMT, 2C-B, Methylon usw. stehen alle auf der Betäubungsmittelliste; ihr Erwerb ist strafbar. Doch trotz des weltweiten Verbotes, psychotrope Substanzen zu kaufen oder zu verkaufen, finden private und therapeutische Sitzungen mit diesen Hilfsmitteln statt, geheim hinter verschlossenen Türen. Und neben der großen Zahl an privaten Usern gibt es auch eine Vielzahl an Psycholyse-Therapeuten, die diese Arbeit seriös fortführen.

Nun will dieses Buch keineswegs zur Einnahme von Drogen aufrufen. Es will aber über den sinnvollen und verantwortungsvollen Umgang mit psychotropen Substanzen aufklären, da der Gebrauch trotz Verbot und Betäubungsmittelliste stattfindet.

In den letzten Jahrzehnten konnte mit gutem Grund behauptet werden, dass die Psycholyse ungefährlich ist. Es gab bisher keine ernsthaften Unfälle, die tatsächlich und nachweislich auf die Einnahme von psychotropen Substanzen zurückzuführen waren. Seit der Tragödie in Berlin im September 2009 ist das anders: Während einer psycholytischen Sitzung starben zwei Menschen. Etliche Sitzungsteilnehmer mussten wegen Vergiftungen ins Krankenhaus gebracht werden, was bisher auf die Abgabe von Substanzen in übermäßiger Dosierung zurückgeführt wird.

Einmal mehr wird auf drastische Weise klar, wie eminent wichtig es ist, bei der psycholytischen Arbeit präzise zu sein. Die richtige Dosierung einer Substanz verlangt fallweise eine Messgenauigkeit bis auf die dritte und vierte Stelle hinter dem Komma; die einen wirken im Milligramm-, andere bereits im Mikrogramm-Bereich. Fehlmessungen können tödlich sein. Auch vertragen sich manche Substanzen und Medikamente nicht miteinander und können aufgrund ihrer Wechselwirkungen unangenehme bis lebensgefährliche Zustände verursachen. Es ist also enorm wichtig, sich mit Wirkung und Wechselwirkung einzelner Mittel genauestens auszukennen. Das Kapitel “Substanzen, ihre Dosierung und Wirkung” informiert daher über den geeigneten Einsatz und im weiteren über ihre Kombinationsmöglichkeiten.

Es gibt Umstände, da sollte man auf die Einnahme verzichten (Kontraindikation), wie z.B. bei einer Schwangerschaft oder wenn man psychisch sehr instabil ist. Andererseits können psychisch Kranke und Suchende durch die psycholytische Arbeit tatsächlich Hilfe erfahren. Das Kapitel “Indikation und Kontraindikation” soll Einsatzmöglichkeiten nennen.

Was tun, wenn es während einer Sitzung zu psychischen oder körperlichen Krisen kommt? Was kann während oder auch nach einer Sitzung passieren? Kann man sich vorbereiten? Hierzu geben die Kapitel “Krisenintervention”, “Nachweisbarkeit von Substanzen” sowie “Juristische Perspektiven” einige Hinweise.

Der tragische Vorfall in Berlin jedenfalls ging tagelang durch die Presse und bedeutet für die Psycholyse einen großen Rückschlag. Es ist gut, sich bewusst zu werden, was bei der Arbeit mit psychotropen Substanzen auf dem Spiel stehen kann. Für den Berliner Arzt jedenfalls steht weit mehr als nur der Entzug seiner Approbation auf dem Spiel.

Exaktheit und Ehrlichkeit in Bezug auf die eigenen Motive bezüglich der psycholytischen Arbeit sind daher von Nöten und ehrlich zu hinterfragen. Leichtsinn und Geltungsdrang, ungelöste Macht- und Ohnmachtthemen, Omnipotenz- oder Konkurrenzgefühle können schwerwiegende Folgen haben. Der Funktion des Therapeuten und Sitzungsleiters kommt daher – wie bei jedem ernsthaften Heilverfahren – besondere Bedeutung zu. Das Kapitel “Die Funktion des Therapeuten” wird dies beleuchten.

Psycholytische Sitzungen, die in einem verantwortungsvollen, ernsthaften und respektvollen Rahmen durchgeführt werden, bieten grandiose Möglichkeiten, Innenschau zu halten, sich selbst besser kennen zu lernen und sich mit neuen Bewusstseinsräumen zu verbinden (religio). Diese Möglichkeiten bestehen sowohl für “gesunde”, als auch für sehr kranke Menschen im Rahmen einer Therapie, jeweils in einem geschützten Setting zum Zweck der Selbsterkenntnis und Lebensbewältigung. Wichtig ist die Absicht, die erhaltenen Einsichten ernsthaft umsetzen zu wollen und damit einen verantwortungsvollen Umgang zu finden. Diese notwendige Disziplin der Psycholyse wird im Kapitel “Was ist Integration” behandelt.

Wie kommt nun ein Mensch dazu, psychotrope Stoffe nehmen zu wollen?

Dass jemand den umstrittenen Weg der Psycholyse gehen will, hat häufig mit ausweglosen Lebenssituationen zu tun, in denen eine Person sich befindet und in denen die üblichen Behandlungen, Ratgeber oder Therapien nicht mehr helfen können. Das Leben ist derart verfahren und ohne Hoffnung, dass die Entscheidung für die Einnahme von Substanzen als letzte Chance erscheint. Durch die Aussicht auf einen Ausweg überwinden die Betroffenen damit sogar die Angst vor der unbekannten Substanzwirkung und dem fremden Erleben während einer Reise.

Betroffene erzählen: “Hätte ich mich nicht für die Psycholyse entschieden, wäre ich von der Brücke gesprungen, oder ich wäre jetzt depressiver Alkoholiker und würde meine Kinder verprügeln.”

Oder: “Mein Leben hätte ohne die Einsichten aus den Reiseerfahrungen eine ganz andere Richtung genommen.”

Oder: “Ich konnte plötzlich fühlen, worüber ich vorher nur sprechen konnte. Die Erfahrung hat mich für andere und ihr Erleben geöffnet.”

Oder: “Während meiner ersten MDMA-Erfahrung habe ich plötzlich erkannt, dass ich gegen jeden und alles kämpfe. Diesen Trotz konnte ich inzwischen auflösen, ich kann mich besser einfühlen und setze meine Energienfür kreative Zwecke ein.”

Am Anfang steht immer das Leiden oder die Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben und die Suche nach neuen Wegen. Oder es kommen Menschen aus der “mystischen” Ecke. Sie haben fasziniert die Lehren des Don Juan gelesen und nun die Hoffnung, dass die Substanzen den eigenen spirituellen Weg vertiefen könnten.

Aus welchen Gründen jemand eine solche Erfahrung auch machen möchte, vor einer psycholytischen Sitzung wird der Beteiligte zu einem klärenden Erstgespräch eingeladen. Während des Erstgesprächs werden die körperlichen, psychischen, familiären, sozialen und beruflichen Verhältnisse des Anwärters untersucht und besprochen. Erst wenn der Interessent einen verlässlichen und tragbaren Eindruck macht, darf er an einer Sitzung mit psychotropen Substanzen teilnehmen.

LSD, MDMA, Meskalin, Psilocybin, Ayahuasca – und wie sie alle heißen, verleihen vorübergehend eine umfassendere Wahrnehmung. Die “Sakramente” sind Helfer, Vermittler, Katalysatoren. Sie lehren zu sehen “was ist”. Wie ein Mikroskop dienen sie der Sichtbarmachung. Der Weg führt Schale um Schale zum innersten Kern. Widerstände werden sichtbar, das Nichtgefühlte fühlbar. Das Verhältnis von Bewusstsein und Unbewusstem zueinander wird vorübergehend verändert. Und so bringt das Gesehene die Einsichten ins Leben, die nötig sind, um zu wachsen und wichtige Korrekturen einzuleiten. Häufig kommt es zu religiösen Empfindungen, zu Erlebnissen tiefer ganzheitlicher Einsicht, die schließlich sogar das Verhältnis zum eigenen Tod verändern können. Wenn ein Mensch eine Substanz einnimmt, kann er erkennen, woran er krankt. Er wird verstehen, was ihm (und diesem Planeten) fehlt. Er wird erkennen, was er in seinem Leben ändern muss, wenn er seiner inneren Wahrheit folgen will. Aus den gelebten Einsichten entsteht eine neue Ausrichtung. Weit über wissenschaftliche Untersuchungen hinaus, führen die Substanzen in Bereiche, die nicht rational verstehbar sind, weil sie erfahrungsgemäß mit dem verknüpft sind, was in Leistungsgesellschaften leider viel zu sehr vernachlässigt wird: dem Sein und der Liebe.

Entgegen der Besorgnis von Kritikern oder furchtsamen Anfängern, bewirken die Substanzen nicht etwa einen bewusstlosen Betäubungszustand, sondern verleihen im Gegenteil die wache Fähigkeit zur Selbstbeobachtung, deren Bilder und Eindrücke erinnerbar und sogar weitgehend lenkbar sind.

Dennoch bedeutet die psycholytische Arbeit nicht unbedingt eine Beschleunigung des persönlichen und spirituellen Wachstums, sondern ist als Vertiefung zu verstehen.

Halluzinogene und Empathogene sind keine Allheilmittel für jedermann. Es gibt Fälle, da selbst nach jahrelanger Einnahme von bewusstseinsverändernden Mitteln keine bemerkenswerten Persönlichkeits- oder Verhaltensänderungen festgestellt werden konnten. Ganz klar ist nicht jede Methode für jeden gleich gut geeignet.

Dem Einsatz von Musik kommt in der Psycholyse ein ganz besonderer Stellenwert zu. Vielleicht liegt es daran, dass auch sie ganz ursprünglich der rituellen Visionssuche und Heilung diente. Heutzutage wird die Musik in der Musiktherapie gezielt zur Förderung und Wiederherstellung der seelischen, geistigen und körperlichen Gesundheit eingesetzt. Durch ihre Fähigkeit, starke Emotionen hervorzurufen, ist Musik außerordentlich geeignet, den tiefenpsychologischen Prozess mit psychotropen Substanzen zu begleiten. Das Kapitel “Einsatz und Wirkung von Musik” wird einige Aspekte hierzu darstellen. Eine Sammlung geeigneter Musikempfehlungen befindet sich für den praktischen Gebrauch im Anhang.

Es gibt eine Fülle an Literatur, die sich kritisch mit der Psycholyse auseinandersetzt, das Für und Wider diskutiert sowie über neueste Erkenntnisse informiert. Zudem gibt es eine Fülle an Literatur, die sich fachübergreifend mit Psychologie, Bewusstsein, Spiritualität, Schamanismus, Physik und der Gesellschaft befasst. Das Studium dieser Informationsquellen begünstigt das Verständnis für die weitreichenden Erfahrungen, die durch psychotrope Substanzen ausgelöst werden.

Sollte sich der Leser also auf wissenschaftliche Untersuchungen und weiterführende Artikel stützen wollen, so sind diese in der Bibliografie als Anhang aufgeführt.

Abschließend soll betont werden, dass Heroin, Kokain, Crack oder Haschisch nicht zu den klassischen psycholytischen Substanzen gezählt werden. Eine Darstellung hierzu ist in den “Begriffserklärungen” zu finden. Psychostimulanzien werden eher konsumiert, um der Einsamkeit und Gefühllosigkeit des Lebens und der Gesellschaft zu entfliehen. Sie sollen der Welt kurzfristig einen schöneren Anstrich geben. Leider machen sich die meisten auch davon ab hängig, was auf Psychedelika wie LSD und verwandte Stoffe nicht zutrifft (was in Tierversuchen nachgewiesen wurde.) – In wenigen Fällen konnte eine geringe psychische Abhängigkeitsneigung bei den amphetaminähnlichen Substanzen festgestellt werden.

Was muss nun ein psycholytischer Sitzungsleiter wissen? Ist jeder für diesen Weg geeignet? Welche Substanzen sind für die psycholytische Arbeit besonders zweckmäßig? Wie und wo setzt man psychotrope Substanzen am besten ein? Wann sollte man diese Mittel nicht nehmen? Wie wird eine Sitzung geleitet? Welche Musik kann gespielt werden?

Mit solchen und weiteren Fragen beschäftigt sich in den folgenden Kapiteln das vorliegende Buch. – Gute Reise ...

Solothurn, April 2010

Claudia Möckel Graber

1. Das Erstgespräch

Die Anmeldung für eine Sitzung mit psychotropen Substanzen setzt natürlich das Wissen darüber voraus, wer eine solche Arbeit durchführt und an welchem Ort. Das heisst, die Adresse eines guten Psycholyse-Therapeuten ist womöglich schon bekannt, weil die substanzgestützte Arbeit im Rahmen einer Psychotherapie vorgeschlagen wurde.

Oder die Weitergabe der Adresse erfolgte über Freunde und Bekannte, die sich bereits mit dieser Arbeit auskennen und daher seriöse Sitzungsleiter nennen können. Auf diese Art kann auch gleich etwas über dessen Ruf, Ausrichtung und Arbeitsweise erfahren werden. Bücher, Artikel und Veröffentlichungen im Internet geben zusätzliche Hinweise zu erfahrenen Reiseleitern und deren Seminaren. Der Austausch von Anfragen, Mitteilungen und Terminen sollte in jedem Fall mit Bedacht und Vorsicht erfolgen. Besonders wenn sich der Kontakt im Rahmen von Mails und Telefongesprächen abspielt. Das Bewusstsein hierfür kann für beide Seiten nicht früh genug geweckt werden: Diese Arbeit ist bei Anwendung von sogenannten “verbotenen” Substanzen strafbar! Eine der erschreckendsten Vorstellungen ist wohl, in einem außerordentlich verletzlichen Zustand gestört und mit der Polizei konfrontiert zu werden. Daher muss jeder selbst spüren und einschätzen können, welche Kanäle geeignet sind, um Informationen weiterzugeben, und wem man vertrauen will und kann.

Ein Sitzungsleiter wird vor der geplanten Sitzung mit einem Unerfahrenen in jedem Fall ein Abklärungsgespräch führen. Das Gespräch dient dem gegenseitigen Kennenlernen, dem Informationsaustausch und der Vorbereitung.

Immerhin sollten sich beide Seiten soweit vertrauen können, dass sich zum einen der Klient mit dem Sitzungsleiter sicher und wohl fühlt, denn nur so kann er sich wirklich tief auf den psycholytischen Prozess einlassen. Zum anderen muss der Psycholyse-Therapeut den Klienten und seine Situation gut einschätzen können, um zu wissen, ob er mit Reaktionen rechnen muss. Es geht in diesem Erstgespräch um die Erwartungen des Teilnehmers an eine substanzgestützte Sitzung. Der Sitzungsleiter wird nach seinen Ängsten fragen, nach Wünschen, Hoffnungen. Weshalb will er eine solche Erfahrung überhaupt machen? Was sind die Motive? Geht es hier lediglich um den Kick, um das Vergnügen, das Ausserordentliche der Erfahrung? (Dann wird er einfach eine interessante Erfahrung machen.) Oder will er etwas über seine verborgenen und verdrängten innerpsychischen Prozesse lernen? Wo braucht er Hilfe, was sind die Themen? Geht es um Heilung und Selbsterkenntnis? (Diese Ausrichtung wird ihm am ehesten gestatten, tiefe Einsichten zu haben, die wiederum einen transformativen Prozess auslösen.)

Die verschiedenen sozialen Faktoren der eigenen Lebenssituation haben großen Einfluss auf das persönliche Erleben. Zum Verständnis ist ein Denkmodell hilfreich, das aus vier Säulen besteht. Diese Säulen symbolisieren die vier grundlegenden Lebensbereiche “Körper – Beziehung – Wohnen – Beruf”. Sie beeinflussen entscheidend die Lebenskraft und geben ein solides Lebensgefühl – sofern sie sich harmonisch im Einklang befinden. Je belasteter ein tragender Bereich ist und je mehr Bereiche ungeklärt sind, umso schwieriger wird es sein, ein inneres Gleichgewicht zu halten. Während der Substanzwirkung kann sich daher ein Gefühl von Haltlosigkeit und Verlorensein einstellen.

Einen weiteren Hintergrund bildet sicher auch der “Glaube”, die “religiöse Erfahrung” oder “Meditation” als wichtiger, das Erleben beeinflussender und ausrichtender Bereich.

Wie sehen nun die sozialen Beziehungen aus? Lebt die Person in einer Partnerschaft? Wie steht es um den Beruf? Wie ist die aktuelle Wohnsituation? Fühlt sich der Mensch verankert? Wo gibt es Probleme?

Der gesundheitliche Zustand sollte genau geprüft werden, da die psychotropen Substanzen auch Einfluss auf das körperliche Befinden haben. Das kann sich unmittelbar nach Wirkungseintritt in einer Erhöhung der Herzfrequenz, schnellem Atmen, Schwitzen, Kälteempfindlichkeit, Schwindel, Unruhe, Verkrampfungen oder Koordinationsstörungen zeigen. Bestehen also Herz-Kreislauf-Probleme, Bluthochdruck, Diabetes oder Leberschäden, Psychosen, Neurosen, etc.? Oder ist eine Frau schwanger? Manche Wirkstoffe lösen Wehen aus.

Auch psychische Erkrankungen wie z.B. eine Depression sollten erfragt werden. Hier ist es wichtig zu wissen, wie sie behandelt werden: ob psychiatrisch, mit Medikamenten oder gar nicht. Manche Psychopharmaka haben mit psychotropen Substanzen ungute Wechselwirkungen. Medikamente wie Beta-Blocker und Antidepressiva sollten daher 3–4 Wochen bis einen Tag vor Einnahme der Substanz abgesetzt werden. Ein plötzliches Absetzen kann jedoch gefährlich sein, daher sollte vorher der Arzt befragt werden. Über solche Hintergründe muss der Sitzungsleiter Bescheid wissen und während des Erstgespräches informieren können.

Besonders wichtig sind einige Fragen zur Vertraulichkeit zu stellen. – Da die Nutzung von psychotropen Substanzen ohne Erlaubnis verboten ist, sollte der Klient in der Lage sein, über seine Erlebnisse gegenüber Unbeteiligten zu schweigen. Oder wird er damit prahlen müssen und erzählen, dass er etwas ganz Besonderes erlebt hat? Kann er die Situation einschätzen?

Bist du verlässlich? Wie stehst du zu Verrat? Kannst du dich an Abmachungen halten? Tust du, was du sagst? Wo hast du dich im Leben verraten gefühlt? Wie bist du damit umgegangen? Diese Fragen dienen ebenfalls der ersten Einschätzung. Wenn ersichtlich wird, wie jemand gewöhnlich mit schwierigen Gefühlen umgeht, lässt das eine gewisse Voraussicht auf die zu erwartenden Reaktionen zu. In stabiler Gefühlslage wird übrigens jeder Stillschweigen und faires Verhalten versprechen. Doch kann die Substanzerfahrung schwierige Gefühle und Krisen auslösen. Allzu oft hat aus dieser schwierigen Gefühlslage heraus, das einmal gegebene Versprechen plötzlich keine Gültigkeit mehr. Der Teilnehmer fühlt sich nicht mehr an sein Wort gebunden, da ihn seine Gefühle überfordern. Gibt es dann Vertraute, die in einer Krise helfen können? Wie wird er sich verhalten? Wird er auffällig werden? Manchmal wird versucht, die schwierigen Erfahrungen dem Seminarleiter anzuhängen – diese müssten jedoch selbst verantwortet werden. Ist damit zu rechnen, dass er den Therapeuten verrät? Oder wird er ihn sogar bei der Polizei anzeigen?

Diese Fragen sind es wert, bereits während des Erstgesprächs besprochen zu werden. Damit wird ein klarer Rahmen geschaffen, in dem sich jeder ganz dem tiefenpsychologischen Prozess widmen kann.

Wenn schließlich einer Teilnahme nichts mehr entgegensteht, wird auf den Verlauf einer psycholytischen Sitzung vorbereitet: Ort und Struktur der Sitzung werden bekannt gegeben, und auch, ob weitere Personen teilnehmen. Die Beschreibung der beabsichtigten Substanzabgabe und ihrer Wirkung auf das körperliche und psychische Erleben wird zusätzlich helfen, Ängste abzubauen. Dazu sollte der Sitzungsleiter genügend Selbst-Erfahrung gesammelt haben.

Nachfolgend sind die wichtigsten Fragen zum Erstgespräch aufgelistet und im Anhang B. zu einem Fragebogen zusammengefasst. Die Fragen können als Gesprächsgrundlage dienen:

•    Wie hast du von dieser Gruppe / Methode erfahren?

•     Was erhoffst du dir von einer Teilnahme? Was möchtest du erreichen?

•     Was hast du für Befürchtungen oder Ängste bezüglich deiner Teilnahme?

•     Hast du dich schon einmal mit Selbsterfahrung beschäftigt? Wie genau, in welcher Form?

•     Hattest du schon einmal Visionen oder Halluzinationen?

•     Hast du Erfahrung mit Autogenem Training, mit Meditation, Holotropem Atmen, Hypnose, Fasten o.ä.?

•     Hast du schon einmal an einer Psycholyse-Sitzung teilgenommen?

•     Wie genau, wo, in welcher Form?

•     Wie sieht dein Leben momentan aus? Wie erlebst du dich? (Wohnsituation, Beziehung, Arbeit)

•     Wie ist deine Gesundheit?

•     Besteht momentan eine Schwangerschaft?

•     Leidest du an Herz-Kreislaufproblemen, Bluthochdruck, Allergien, Diabetes, Asthma, Epilepsie, schweren Leberschäden oder anderen Erkrankungen, von denen wir wissen sollten?

•     Bestehen psychische Beeinträchtigungen wie z.B. Depressionen oder andere Diagnosen?

•     Bist oder warst du in einer psychiatrischen Behandlung?

•     Nimmst du Medikamente (Schmerzmittel, Antidepressiva, Betablocker, Herzmittel, Hustenmittel etc.)? Welche?

•     Bist du stabil genug, um auch mit eventuellen negativen Erfahrungen selbstverantwortlich umzugehen?

•     Bist du stabil genug, um für die Einhaltung von Vertraulichkeit einzustehen?

•     Gibt es in deiner Umgebung eine vertrauenswürdige und kompetente Person, an die du dich wenden kannst, um die in der Folge des Seminars auftauchenden Ereignisse aufzuarbeiten und zu integrieren?

•     Möchtest du, dass wir dir eine vertrauenswürdige und kompetente Person nennen?

 

 

Wenn wir verurteilen oder rechtfertigen, können wir nicht klar sehen, wir können es auch nicht, wenn unser Geist unaufhörlich schwatzt. Dann sehen wir nicht, was ist. Wir haben nur die Projektionen vor Augen, die wir von uns selbst geschaffen haben. Wir alle haben ein Bild von dem, was wir zu sein glauben oder was wir unserer Meinung nach sein sollten, und dieses Leitbild, diese Vorstellung hindert uns ganz und gar daran, uns so zu sehen, wie wir tatsächlich sind.

Krishnamurti,
Einbruch in die Freiheit

2. Indikation und Kontraindikation

Eigentlich muss es nicht gesagt werden. Oder vielleicht doch? Bei dieser Arbeit gilt unter allen Umständen, dass niemandem die Einnahme von psychotropen Substanzen aufgedrängt werden darf! Die Entscheidung eines jeden für oder gegen die Substanzeinnahme ist unantastbar und in jedem Fall zu respektieren.