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TOMMIE GOERZ

 

SCHAFKOPF

 

Kriminalroman

 

 

 

 

ars vivendi

 

Vollständige eBook-Ausgabe der im ars vivendi verlag erschienenen Originalausgabe (4. Auflage 2012)

 

© 2010 by ars vivendi verlag

GmbH & Co. KG, Cadolzburg

Alle Rechte vorbehalten

www.arsvivendi.com

 

Lektorat: Ulrike Jochum

Das Gedicht im ersten Kapitel stammt aus:

Peter Handke: »Die Aufstellung des 1. FC Nürnberg vom 27.1.1968.« In: Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt, © 1969 Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main

Covergestaltung: ars vivendi verlag unter Verwendung einer Fotografie von Daniel Duve

Datenkonvertierung eBook: ars vivendi verlag

 

eISBN 978-3-86913-267-9

 

Inhalt

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

Der Autor

 

Another day

Staring out of my window

Buckshot LeFonque

 

1. Kapitel

Wabra

Leupold Popp

Ludwig Müller Wenauer Blankenburg

Starek Strehl Brungs Heinz Müller Volkert

Spielbeginn:

15 Uhr

 

Dr. Hans Natzel saß auf dem Klo. Er hatte sich einen der alten, dicken Fußballkalender genommen, die er dort schon seit Jahren liegen hatte, und wahllos irgendwo aufgeschlagen. Er tat das immer wieder einmal, denn diese alten Kalender, jeder fast 200 Seiten dick, waren voll mit schönen, mal witzigen, mal geistreichen und interessanten Begebenheiten, Meldungen und Geschichten aus der Welt des Fußballs. Ausgegraben aus den Tiefen des Raums. Zum Lachen, Nachdenken oder Träumen. Oft brachten sie auch ein Zitat. Ungewollt Komisches von Spielern oder Trainern, aber auch aus dem Bereich, den man »Literatur« nannte. So wie diese Mannschaftsaufstellung. Das Blatt, das er sich heute zum wer-weiß-wievielten Mal ansah, war vom 23. und 24. Mai 2006. Es zitierte ein Gedicht von Peter Handke aus Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt von 1969 und hieß »Die Aufstellung des 1. FC Nürnberg vom 27. 1. 1968« – dem Jahr, in dem der »Club« zum letzten Mal Deutscher Meister geworden war. Wenigstens etwas Positives, dieses »zum letzten Mal«.

Dr. Hans Natzel mochte dieses Gedicht, denn es war von einem seiner Lieblingsschriftsteller. Er schätzte Peter Handke, zumindest den frühen. Sprache der Stille und des Seins, ­Sprache der Schwermut, der Ruhe, des Innehaltens, des Leids. Und er mochte dieses Gedicht, weil es alles verkörperte, was für ihn Fußball war. Unergründliche, tief aus dem Irgendwo heraus wirkende Momente der Faszination, im Ungreifbaren der vorsprachlichen Vergangenheit verankert. Aufleuchten des Augenblicks. Bilder. Panini. Klanggebilde wie ›Borussia Neunkirchen‹. ›Meidericher SV‹. Die Spieler im Flutlicht fotografiert, bei Nacht. Wie die von Inter, Real, Benfica, im gleichen Band. Ähnlich hatten ihn vorher nur die Bilder des Struwwelpeters fasziniert, oder die Stiche aus Schedels Weltchronik, ein Buch seiner Oma, das er sich immer wieder heimlich genommen hatte. Stundenlang, erinnerte er sich, hatte er als Kind über diesen Bildern gesessen und versucht, die Welt dahinter zu ergründen. Sie blieb ihm für immer geheimnisvoll, verlor nie ihren Zauber, ihren Glanz. Borussia Neunkirchen … – wo spielten die heute? Gab es die überhaupt noch? Oder Tasmania 1900 Berlin. Das war die Unergründlichkeit schlechthin gewesen, allein schon der Name. Geheimnisse der Südsee bei Nacht auf dem Platz. Unfassbare Welten und Weiten. Das Album mit den Bildern hatte er längst verloren bei einem seiner vielen Umzüge. Der Zauber aber war geblieben. Deswegen liebte er auch die 11Freunde. Ein Magazin, das genau dieses Gefühl belebte. Das Geschichten ausgrub und leben, ja schmecken, riechen ließ. Umkleide und Spind, Freundschaft und Faszination.

Eigentlich war Dr. Natzel schon fertig. Aber wenn man nur lange genug saß, kam immer noch etwas nach. Wie bei der Sendung mit der Maus: Nur nicht drücken, wegen der Adern im Kopf und am Hintern. Ganz im Gegenteil: Immer schön locker lassen. Dann kommt’s schon. Sein erstes Fußballspiel … er wusste noch gar nicht, was Fußball war. Sie waren spazieren gegangen und kamen, etwas erhöht auf einem Damm, an einem Fußballfeld vorbei. Es lief ein Spiel – und er musste dort hin!, es war für ihn nicht anders ­denkbar. Aber er hatte absolut keine Ahnung. Irgendein unterklassiges Spiel, Kleinstadt gegen Vordorf. Widerwillig hatte ihm sein Vater die 20 Pfennig gegeben, nachdem er wohl lange und intensiv genug gequengelt hatte. Der Vater ging weiter, heim. Er aber trat ein, stand auf den Stufen zwischen lauten Männern. Oh große Welt der Erfüllung! Minuten später war das Spiel jedoch vorbei, die Spieler gingen vom Platz. Das Feld war leer – die Männer um ihn herum blieben. Warum? Der Rasen war doch leer? Redeten, diskutierten, tranken Bier. Der kleine Hans begriff es nicht. Was sollte er noch dort? Das Spiel war doch zu Ende, die Gespräche der Männer verstand er nicht, und sie waren auch nicht für ihn. Waren nur für Männer. So schlich er sich, unsicher, zwischen den Männern, ihren Beinen, hindurch hinaus. Und dann von Weitem holte es ihn hinterrücks ein, eine Ohrfeige aus Dummheit und Scham: Erneut das Aufbrausen der Männer – das Spiel ging weiter, es war wohl Halbzeit gewesen. Er hatte doch keine Ahnung, wie das alles ging. Er war nur unsicher. Tränen hatte es ihm in die Augen getrieben, zurück aber traute er sich nicht. Alle würden sie über ihn lachen, die vielen großen Männer, die große Welt. So stolperte er heim, aber verschwieg die Schmach. Den richtigen Zugang zum Fußball hatte er sich damit versaut. Er, der Fußball, hatte sich ihm geöffnet, ihn empfangen mit offenen Armen, ihn bezaubert, ihn eingeladen und umgarnt – Natzel aber hatte die Torte fallen lassen, sie war ihm entglitten, er war auch noch hineingestiegen, und sie hing ihm jetzt am Schuh. Zeitlebens. Er konnte sie nicht genießen, sie war aber immer bei ihm, er konnte sie sehen, riechen, aber nie einfach nur genießen. So kam es ihm zumindest vor. Eigentlich ein blödes Bild, Torte am Schuh, auf dem Klo. Hundescheiße hätte vielleicht besser gepasst. Doch Hundescheiße war es nicht. Es war Torte, ewig verlockend und süß …

Wie schön man doch denken konnte auf dem Klo, und wie weit schweifen. Wie die Gedanken treiben konnten in dem Gestank. Wo waren sie hergekommen? Ja, das Gedicht! Er hielt es ja noch in seinen Händen. Er liebte es auf seine Weise – aber es missfiel ihm auch, denn er hatte nicht viel für die Nürnberger übrig, den Club. Ganz im Gegenteil. Wabra, Wenauer – alles so große Namen damals, doch leider vom Club und deshalb auch eigentlich so klein! Einmal hatte einer bei ihnen im Dorfwirtshaus gesessen, später. Der war vollkommen betrunken gewesen und hatte nicht zahlen wollen. »Ich bin der Raasch!«, hatte er immer wieder gelallt und gebrüllt: »Ja, wisst ihr denn nicht, wer ich bin? Ich bin der Raasch! Der Raasch!«, und gemeint, er bekäme alles umsonst. Das war der Club, den er so hasste. Der Größenwahn, die Überheblichkeit, Maßlosigkeit, Selbstüberschätzung. So nahm er auch mit Genugtuung zur Kenntnis, dass das Gedicht fehlerhaft war. Denn damit war der Club zwar in der Literatur verewigt, aber eben falsch. Zumindest schrieb das der Kalender, den Natzel in der Hand hielt: »… prompt fand das Gedicht Einzug in die Literaturgeschichte – und mit ihm auch ein Fehler, wie der Literaturwissenschaftler Volker Bohn herausgefunden zu haben meint. Es habe nämlich, so Bohn, nicht Leupold auf dem Platz gestanden, sondern sein Kollege Helmut Hilpert. Und? Wühlen wir einmal in den Archiven … und siehe da: Hilpert ist tatsächlich in der Saison 67/68 nur in Aufstellungen von 1967 zu finden, 1968 taucht er in keiner Club-Mannschaft mehr auf – nicht in den Bundesligaspielen. Das Spiel vom 27. 1. 68 aber war das DFB-Pokalspiel, 1. Runde, Leverkusen – Club (0:2) –, und in der Aufstellung von Handke fehlt? Hilpert. Allerdings war’s nochmal anders, als Bohn mutmaßt: Leupold spielte durchaus – aber erst ab der 76. Minute. Für Blankenburg …

Tja, Herr Handke. Super Gedicht, aber falsch.

Hier also noch einmal zum Mitschreiben und für die Literaturgeschichte die Aufstellung:

 

Wabra

Hilpert Popp

Ludwig Müller Wenauer Blankenburg (76. Leupold)

Starek Strehl Brungs Heinz Müller Volkert

Spielbeginn:

15 Uhr

(das wäre noch zu überprüfen …)«

 

Im Oktober 1973 hatte der Schriftsteller Handke, diesen Artikel hatte sich Dr. Hans Natzel aufgehoben und letzthin erst wieder gefunden, zu diesem Gedicht in einem Interview mit der ZEIT einmal gesagt – man hatte ihn zu seiner damals kurz bevorstehenden Auszeichnung mit dem Büchner-Preis befragt: »Sie glauben also, auch als Büchner-Preisträger noch frei genug zu sein, um Gedichte, wie sie in dem Band Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt stehen – ich denke da etwa an ›Die Mannschaftsaufstellung des 1. FC Nürnberg‹ – zu schreiben?« Und der Schriftsteller hatte geantwortet: »Ich würde gern noch einmal dahin kommen, solche spontanen Sachen zu schreiben, denn ich halte Die Innenwelt der Außenwelt nach wie vor für eins meiner schönsten Bücher. Aber sicher werde ich nicht mehr so schreiben können. Nur hat das nichts mit dem Büchner-Preis zu tun, sondern damit, daß ich das Lebensgefühl, aus dem heraus diese Gedichte entstanden sind, nicht mehr habe.« Ja, das Lebensgefühl … Das hatte Dr. Hans Natzel auch nicht mehr. Schon lange nicht mehr. Hatte er es je gehabt? Im Fußball vielleicht, ja, und da leuchtete es bis heute noch das eine oder andere Mal auf. Aber im wirklichen Leben? Hmm …

Wie lange saß er jetzt schon? Zehn Minuten? Langsam spürte er, wie ihm die Beine einschliefen. Dieses leichte Prickeln. Hatte er schon lange nicht mehr empfunden.

Die Welt war verlogen, dachte sich Natzel: Man hatte Handke das Gedicht gestohlen. Ein wenig abgewandelt zwar im Versuch, das Plagiat zu kaschieren, aber die Idee war ­eindeutig geklaut. Werber hatten das getan in Anzeigen für »sein« Magazin, die 11Freunde. Hier hieß das Gedicht dann zum Beispiel »Zeitgenössischer Spanischer Klassizismus«:

 

Barça

 

José Edmílson Gomes

Albert Joquera

Rafael Márquez Álvares

Carles Saforcada

 

Valdés Arribas

Albert Jorquera Fortia

Oleguer Presas

Ronaldo de Assis Moreira

 

Samuel Eto’o

Andres Iniesta

Fernando Navarro

Gabriel García

 

Juliano Belletti

Thiago Motta

Ludovic Giuly

Deco Luís de Souza

Frank Rijkaard, 2004

 

Variationen dieses Plagiats gab es auch noch unter den Überschriften »Zeitgenössischer Englischer Realismus« zu ManU und »Zeitgenössische Italienische Romantik« zu Inter. Billig, abstoßend, eklig. Von Kreativen einer Agentur geklaut. Einer angesehenen Agentur, einer der kreativsten Deutschlands. Und zusätzlich empörend: Die Plagiate hatten auch noch bei einem Werber-Wettbewerb Silber gewonnen. Platz zwei. Das alles stinkt doch, dachte Dr. Natzel sich, viel mehr noch als die Luft hier im Raum. Aber er spülte noch nicht. Er besah sich durch die Beine sein Werk. Früher, als Kind, hatte er es oftmals gar nicht erwarten können, sich seinen Haufen anzusehen. Das Gewusel, das immer aus diesem hervorkroch, die vielen kleinen weißen Maden und Würmer. Das gab es jetzt alles nicht mehr. Oder doch, nur die Maden waren woanders. Denn noch empörender war es für Dr. Natzel gewesen, als er einmal las, wie diese Plagiate ihren Preis gewonnen hatten: Die Köpfe der Agentur nämlich hätten höchstpersönlich in der Jury gesessen und sich den Preis, wie viele andere auch, wohl selber zugeschanzt. Da fragt man nicht nach Plagiat und geis­tiger Urheberschaft, da klaut man einfach und verschweigt. Plustert sich stolz die Brust auf. Mit fremdem geistigen Eigentum. Oder ist einfach zu blöd und ungebildet oder zu unbelesen, um den Zusammenhang zu kennen und zu erkennen. Hans Natzel ließ einen Furz. Die Welt ist schlecht und widerwärtig und verlogen, dachte er noch mal, man muss nur genau genug hinsehen. Was oberflächlich glänzt, ist drunter meis­tens faul. Es stinkt. Und auch hier verspürte er Zerrissenheit. Denn eigentlich, das musste er sich eingestehen, war dieses Magazin eines der wenigen, die ihm behagten. Es zelebrierte Fußballflair und Fußballgeruch, der längst vergangen war. Und das – dieses Zelebrieren, Wiederbeleben, Wieder-Holen – war schön. Und gleichzeitig doch so falsch.

Ach Gott, entfuhr es ihm in seiner Wolke. Unsicher stand er auf, beendete die Sitzung und spülte. Weg mit dem ganzen Dreck! Wackelig stand er am Spültisch, die Beine wachten langsam wieder auf, es kribbelte beinahe schmerzhaft. Frische Luft kam durchs geöffnete Fenster. Jetzt raus aus dem Gestank!

 

Es brannte kein Licht.

T.C. Boyle

 

2. Kapitel

20 Kilometer nördlich von Nürnberg, vor über 40 Jahren. Abseits der alten B4 liegt ein kleiner Ort am Fuße des ­Rathsbergs, Bubenreuth. Noch gibt es den alten Main-Donau-Kanal, versandet zwar und verschlammt, aber deutlich zu erkennen. Noch brüllt durch das Regnitztal kein Frankenschnellweg, noch gibt es an der Bahnlinie dort eine Schranke. Blaukehlchen leben am alten Kanal, Eisvogel, Wasseramsel, Pirol.

Direkt an der B4, gegenüber dem Bahnhof, steht ein einzelnes Haus. Ein Wirtshaus, außen herum ist nichts. Es ist das einzige Gebäude jenseits der Straße, dahinter nur Äcker, Wiesen, der Fluss.

Zum Ort selbst führt vom Bahnhof aus eine Straße. 400 Meter außerhalb liegt der Haltepunkt. So weit ist man damals gelaufen.

An der Bahnlinie eine Schranke, gekurbelt per Hand. Der Bahnhof ist heute noch immer da. Die Schranke ist weg, die Äcker und Wiesen sind weg – eine riesige Tankstellenanlage steht jetzt dort, ein großer Kreisverkehr wurde hingebaut, ein Supermarkt, ein Discounter, eine Großbäckerei und dahinter die breite Autobahn. A73, auch »Frankenschnellweg« genannt.

Jenseits der Bahnlinie vom Wirtshaus aus – die Straße führt jetzt unter ihr hindurch – ist der Ort fast bis an die Schienen herangewachsen. Nur ein schmaler Ackerstreifen trennt heute noch Häuser und Bahn.

Die neue Zeit frisst das Land wie ein Krebsgeschwür. Das Wirtshaus aber steht heute noch dort. Ebenso wie vor weit über 40 Jahren.

Windböen fegen über den Regnitzgrund, dunkel zieht es von Süden herauf. Im Westen ist der Himmel noch hell, fast gelb, doch die schwarzen Wolken jagen. Das Wetter bringt die Dunkelheit früher. Drinnen im Wirtshaus aber sieht man das Wetter nicht. Hier schaut man nur in die Karten.

Schmidla, Maschder, Risch und Usch, vier Freunde schon aus der Schulzeit, sitzen am Tisch und karteln.

Draußen könnte man es schon grummeln hören, das Gewitter kommt mit Macht.

Schmidla: »Mit der Alten.«

»Wer is’n vorn? Ich? Die wird g’schbaldn! G’lehchd hasd ah nu? Ouala, des kann teuer wer’n! Schbridse!«

Richard »Risch« Sauer nimmt ein Geldstück aus seinem Schüsselchen, legt es zu den jetzt schon vier Legern auf den Tisch und kartelt an. Eichel-Zehn, zu zweit.

Wolfgang Pitsch, genannt »Maschder«, sticht, Herz-Zehn, Uli »Usch« Schrader hat die Rufsau und muss zugeben und Wolfgang »Schmidla« Hölzer, der gerufen hatte, den Eichel-König.

»Fünfunddreißig – schon die halbe Miete«, triumphiert Maschder und sammelt die Karten ein. »Grün wie mein Haar – auf Eichel g’hört Grün«, grinst er und spielt den Grün-Zehner an, zu dritt, sein Mann, Risch, sitzt hinten. Usch sticht, Herz-Ass, Schmidla hat die Grün-Sau und gibt zu, und Risch, grünfrei, knallt den Schellen-Ober auf den Tisch. »Nochmal fünfunddreißig, macht siebzig! Jetzt machmer euch Schneider!«

Wird dann aber doch nichts daraus, die Spieler haben drei laufende Bauern.

»Spiel fünf, drei Bauern zwanzig, zweimal g’legt, Spritze, einmal z’ammg’schmissen macht vierzig … achtzig … einssechzig … dreizwanzig! Das hat sich doch g’lohnt!« Risch und Maschder klatschen sich ab.

Ein naher Blitz zuckt draußen, Staub, Laub und Papier wirbeln auf. Die ersten Tropfen klackern aufs Fensterblech, fett und schwer.

»Wirtin, an Schnaps!«

»Brunzkaddler!«, mault Schmidla seinen Partner Usch an. »Wie kannst’n da mit der Ass rein! Harrgottmargod.« Er schüttelt den Kopf und schiebt noch ein »so ein Hänfling!« nach.

»Weiß ich, dass du die Sau hast? Du hast doch g’rufen! Mit zwei Fehl!«, wehrt sich Usch, schüttelt den Kopf und zahlt aus.

»Hast recht. War scheiße g’standen«, gibt Schmidla zu. »Alles gegen uns. Keine Chance.« Zahlt ebenfalls aus.

»Kaddln muss man halt können«, kommentiert Risch, nimmt die Karten auf und mischt.

Jetzt rauscht draußen der Wolkenbruch, der Regen peitscht ums Haus. Es kracht, es blitzt wie im Roman. Kurz nur lauschen die Spieler an den Tischen nach draußen. Sie müssen jetzt nicht raus. Ein Fensterladen klappert, ein Auto fährt auf nasser Fahrbahn vorbei. Dann flackert das Licht, es hat wohl irgendwo eingeschlagen. Vom Bahnhof eine Durchsage über Lautsprecher, der Zug aus Bamberg fährt ein. Hier drinnen hört man sie nur leise, für niemanden hat sie Bedeutung. Noch einmal kracht es, ganz nah. Ein typisches Sommergewitter.

»Die aus dem Süden sind immer die heftigsten«, sagt die Wirtin, die auf ihrem Stuhl vorm Tresen sitzt. Sie sagt es für sich, wie für niemanden. Ihr hört auch niemand zu. Sie sitzt hier, die Arme verschränkt, meist den ganzen Abend, und manchmal schläft sie auch ein. Punkt zwölf wird sie die Spieler nach Hause schicken, dann macht sie das Wirtshaus zu. Die Spieler wollen dann immer bleiben, doch sie kennt kein Pardon. So ist das seit Jahren und wird es in Jahren noch sein.

Usch Schrader am Tisch stützt sich hoch, schiebt seinen Stuhl zurück und steht auf.

»Ich muss mal raus. Schorla, springst ein, seisogut. Spiel auf mein Schüsserla.«

Steht auf und geht hinaus. Georg, von allen nur »Schorla« genannt, rückt vom Nebentisch herüber, übernimmt den Platz.

Risch Sauer mischt, teilt aus.

Man schaut sich die Karten an, die ersten, dann die zweiten drei. Dann geht es reihum, wer spielt.

»Weg.«

»Weg.«

»Auch weg.«

»Gaaaanz weit weg!«

Die Karten werden zusammengeschmissen, Risch Sauer legt ein Doppeltes raus, Maschder nimmt die Karten, mischt und teilt aus.

Wieder sind alle weg.

Schorla mischt die Karten, verteilt. Wieder sind alle weg. Also noch ein Leger.

»Etz geht amoll einer die Händ’ waschen, des gibt’s doch gar nicht. Was für scheiß Karten allerweil. Lauter Weg!«

Eigentlich wäre jetzt Schmidla mit Mischen dran. Der aber legt Schorla wieder die Karten hin, er solle geben. Das gehört zum Spiel, und der Schorla merkt das nie. Versteht einfach die Regeln nicht. Verstecktes Grinsen geht über den Tisch. Das Foppen macht den Jungen Spaß.

Freitagabend, beim Stock. Seit Jahren schon treffen sich die vier – Schrader, Hölzer, Sauer und Pitsch – beim Stock zum Karteln. Schafkopf, kurzer Vierer. Ein Fremder verirrt sich kaum hierher. Das Wirtshaus hat zwar die ganze Woche über geöffnet, doch nur am Freitagabend ist hier Betrieb. Dann sind meist zwei, drei Tische besetzt mit Kartenspielern, immer die gleichen Personen. Die meisten aus dem Dorf.

Schrader, Hölzer, Sauer und Pitsch, unter sich Usch, Schmidla, Risch und Maschder, kommen schon seit ihrer Kindheit hierher. Sie stammen alle aus dem Dorf und kennen sich seit der Schulzeit. Nicht aus der gleichen Klasse – oder doch. Aber nicht aus dem gleichen Jahrgang. Damals gab es noch das dreiklassige Schulsystem. Und das bedeutete: Für erste, zweite und dritte Klasse je ein Lehrer und ein Klassenraum, das gleiche für vierte, fünfte und sechste Klasse wie auch für »die Großen« in der Siebten und Achten. Diese Aufteilung fand sich zwei Mal im gleichen Gebäude – aber nicht nach Mädchen und Jungen getrennt, wie man vermuten würde, sondern nach Konfessionen. Kam man damals in das Schulgebäude, ging man aus der gemeinsamen Aula nach links in die Bekenntnisschule, die der bibelfesten Katholiken, über die der Pfarrer waltete, und nach rechts, spiegelverkehrt, in die Gemeinschaftsschule, den Flügel für die nicht so bibelfesten oder pfarrerhörigen Katholiken und die wenigen Protestanten im Ort. Ausländer, Atheisten oder etwas Ähnliches gab es damals nicht, nicht hier im Dorf und auch sonst kaum im Land. Die Vielfalt kam erst später. Und aus dieser Zeit, der Zeit davor, kannten sich die vier. Jetzt waren sie alle Anfang, Mitte 20 und jeder schon im Beruf.

Draußen war es wieder ruhig geworden, das Gewitter war vorbei. Wie so oft hier ist es nur kurz und heftig gewesen, und selbst das kam selten genug vor. Gewitter gab es in Nürnberg oder Forchheim, in Bubenreuth gab es sie nicht. Niemand konnte erklären, woran das lag, aber es ist bis heute so. Man sagt, es liege am Fluss, warum aber, das weiß keiner. Das eine ist eben Beobachtung, das andere die Erklärung. Und Beobachten war damals nicht schwer – Erklären ist es noch heute. Genauso wie heute Beobachten.

Uli Schrader, der Usch, betrieb die Tankstelle seines Vaters an der Bundesstraße, kurz vor der Stadt Erlangen. Esso, Tiger im Tank. Da musste man nicht viel lernen und denken. Die Autos kamen und tankten, und beinahe täglich wurden es mehr. Er schraubte, das hatte er gelernt, und das konnte er auch, sein Vater war schließlich Meister. Jeder aus dem Dorf brachte sein Auto hierher, auch Mähdrescher oder Traktoren. Da gab es mal was zum Schweißen, mal eine Dichtung auszuwechseln, einen Filter zu reinigen, viel mehr war es nicht. Das lief, und man machte sich keine Gedanken.

Wolfgang Hölzer zum Beispiel brachte seine Traktoren. Er war Landwirt. Bauer sagte man hier. Noch so ein richtiger Bauer mit Kühen, Hühnern, Schweinen, Gänsen, Enten, nein, keinen Pferden mehr, und jeder Menge Arbeit und Land. Kein Mensch sagte Wolfgang zu ihm. Man nannte ihn »Schmidla«, denn sein Hof gehörte ursprünglich den Schmidts. Das bleibt auf dem Land, auch wenn einer mit anderem Namen einheiratet. Der Name des Hofes bleibt, wer den Hof macht, ist egal. So war Hölzer als Bauer des Schmidthofs »es Schmidla« und nicht der Wolfgang Hölzer. Normal.

Der Risch, also Richard Sauer, fiel ein bisschen aus der Reihe. Er hatte studiert, einer der ersten überhaupt im Dorf, war gerade Ingenieur geworden und fing in diesen Tagen bei der KWU an, einem Unternehmen von Siemens, das Kernkraftwerke baute, und zwar auf der ganzen Welt. Der hatte es schon weit gebracht – in einer Welt, die den anderen völlig fremd war. Deshalb war er auch etwas Besonderes. Aber er wohnte im Dorf, und die Runde war ihm, wie den anderen auch, so etwas wie heilig. Undenkbar, dass man am Freitag etwas anderes tat. Man traf sich einfach beim Stock.

Fehlt noch der Maschder, so nannten sie den Wolfgang Pitsch. Der war, nach dem Schmidla, der Zweitälteste und arbeitete im Dorf als Maurer. Hatte seine Lehre gemacht und war jetzt Polier. Auch er wurde, wie der Usch, im Dorf viel gebraucht. Fast in jedem Haus gab es immer irgendwo irgendetwas zu mauern und zu verputzen. Am Freitag aber saßen sie hier. Kleiner Raum, sechs Tische, Resopal, drüben der Tresen unterm Neonlicht und an den Tresen gelehnt auf einem Stuhl, fast immer im Halbschlaf und, wie schon gesagt, mit verschränkten Armen, die Mari, die einzige Frau. Frauen kamen sonst nicht hierher. War irgendwie gar nicht denkbar. Die Mari machte das Wirtshaus, schon immer. Die Mari war immer da.

Im Hinterzimmer stand ein Kicker, da hatten sie früher gespielt. Zehn Pfennig das Spiel – und das war eine Menge Geld für nur elf Bälle, das musste man sich erst einmal aus dem Geldbeutel der Eltern ergattern. Unbemerkt. Deshalb auch wurde der Kicker gestopft. Man hielt den Bolzen, der die Bälle freigab, gedrückt, ließ ihn dann mit Gefühl nur ein wenig zurück und von oben, übers Tor, einen Ball einlaufen. Das klappte nicht immer gleich, dafür brauchte man gutes Gespür. Machte aber nichts, denn die Bälle kamen ja wieder raus. Hatte man aber dann mit dem Bolzen das richtige Maß, verklemmte sich der Ball in der Sperrklappe, und los ging das Spiel. Waren alle Bälle verspielt, musste man nur wieder den Bolzen drücken, die Bälle waren erneut frei, und man stopfte den Kicker ein weiteres Mal. Angst hatten sie dabei immer gehabt, dass die Mari kommt. Und die kam auch irgendwann und schimpfte. Immer nach einer halben Stunde, das hatten sie aber erst sehr viel später bemerkt. Wer unter der Angst spielt, erwischt zu werden, der schaut nicht auf die Uhr. Obwohl eine über der Tür hing. Nein, sie hatten beim Stopfen immer Angst, denn wenn die Mari kam, wurde es laut, und die Mari drückte auch immer den Bolzen. Dann brauchte man wieder ein Zehnerla. Dass die Mari sie aber immer erst eine halbe Stunde spielen ließ, das wurde ihnen erst später bewusst.

Draußen grummelte das Wetter nach, hier drinnen hörte man es nicht. Nur durch die Tür, die die Wirtin geöffnet hatte, kam frische Regenluft herein. Der Geruch von Tropfen auf heißer Erde, heißem Sand. Frisch war die Luft und gut, der Rauch aus dem Raum zog ab. Bald würde er wieder über den Tischen hängen. Zu jener Zeit war das normal. Man rauchte und rauchte auch drinnen.

Jetzt also musste Schorla geben, zum zweiten Mal. Schorla war schon älter, schon weit in den 40ern. Pförtner seit eh und je bei der Dynamit in Fürth und immer irgendwie aufgeregt. Wie gehetzt oder ertappt, heute würde man sagen – nervös. Kartelte jetzt für den Usch. Eine Runde spielt der »Brunzkaddler« beim Stock normalerweise. Schorla hatte nie einen festen Platz an einem der drei, vier Tische der Kartler, hatte auch nie einen gehabt. Er saß immer nur daneben. Sprang mal hier ein und mal dort, wenn einer pinkeln musste. Das war beim Stock einfach so. Völlig undenkbar, dass der Schorla einen festen Platz hätte haben können. Er kam immer dazu, war da, gehörte dazu, aber gehörte zu keinem richtig. Er war aber auch nicht ganz einfach.

Schorla nahm die Karten auf, mischte, merkte nichts, teilte aus.

»Ich hätt’ eins«, meldet Schmidla, der vorn sitzt, ein Spiel an. Nach den ersten drei Karten hat er noch mal gedoppelt. Drei Leger liegen jetzt auf dem Tisch.

»Ja, spiel«, stöhnt der Risch aufgesetzt.

»Wie heißt’s denn?«

Jetzt nimmt der Schorla die ersten drei Karten auf, schaut hinein – und legt, also verdoppelt. Der vierte Leger. Leicht zitternd schon seine Hand. Er nimmt die zweiten drei, schaut hinein und sortiert. »Ich spiele auch.«

»Grün Solo«, meldet Schmidla sein Spiel an.

»Nee, dann spiel ich ein Herz«, kommt es vom Schorla mit nicht wirklich überzeugter Stimme. Und mit »Herzlich lacht die Tante« versucht er, locker zu sein. Da schwingt seine Stimme schon ins Flageolett.

Der Schmidla braust auf: »Du, Herz? Auf dem Usch sein Schüsserla? Dann zieh dich warm an!« Und legt noch ein Geldstück auf den Tisch. »Der wird sich freuen! Kontra!«

»Retour«, rutscht es dem Schorla raus, er flüchtet frontal nach vorn. Er kann doch jetzt nicht klein beigeben! Schon zittert die Hand ein bisschen mehr, als er den Leger dazulegt. Den sechsten jetzt auf dem Tisch.

Der Schmidla lässt sich nicht beirren, Spiel ist Spiel und Regel Regel. »Und nochermal!«, legt er den siebten Leger raus. Von den anderen Tischen schauen sie schon, alle Spiele dort sind unterbrochen. Es wird, denn das passiert an jedem Freitagabend irgendwann beim Stock, zum Höhepunkt kommen. Jeder weiß das schon.

»Mari, machst mir bitte a Käs’brot?« Das war das Beste, was es hier gab. Nach den Bratwürsten. Eine dicke Schicht Romadur auf Butterbrot, garniert mit Zwiebeln, Pfeffer und ­hellrotem Paprikapulver, edelsüß. Das schmeckte nach dem dritten Bier! Usch ist vom Pinkeln zurück und wischt sich die Hände an der Hose ab. Die Mari nickt, »Gleich, wart aweng«, und deutet mit dem Kopf zum Tisch. Hellwach ist sie jetzt, sitzt aufrecht auf ihrem Stuhl. Gleich wird sie wieder in die Küche müssen, den Eimer holen. Jeden Freitag dasselbe Spiel. Die anderen rücken schon ein wenig zurück. Sie sind wachsam. Der Schorla blass.

Schmidla kommt raus, ganz unkonventionell. Doch er hat Gründe, sprich: die Karten dafür. Er spielt Schell-Unter an, Herz-Zehn, Herz-König fallen, der Schorla nimmt den Stich mit dem Alten Unter. Dann kommt er raus, spielt mit Schell-Ober nach, und Schmidla greift ein: sticht mit Herz-Ober rein, der Risch hat noch Herz-Neun, der Maschder schmiert Schell-Ass. Und Schmidla zieht, den Alten, den Grünen. Seine Mannen schmieren. Grün-Ass, Grün-Zehn, Eichel-Ass, Schell-Zehn. Vom Schorla kommen zwei Unter – »Neunasechzig! Mehr schaffen wir nicht«, und schmeißt die Karten rein. »Da spielt der ohne drei! Was hast’n dir da dabei gedacht?« Er rückt noch weiter ab, der Schorla fängt an zu beben. Die Mari klappert mit der Küchentür und geht hinaus. Schon hört man Wasser laufen.

Das Wetter draußen ist ruhig.

»Spiel Herz macht fünfundzwanzig«, fängt Schmidla an zu rechnen, »dann ohne drei macht vierzig … und eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, siebenmal gelegt, ach Gotterla, das wird a Rechnung, halt dich fest. Ob ich das noch schaff? Ich versuch’s mal. Also: vierzig, achtzig, einssechzig, dreizwanzig, sechsvierzig, zwölfachtzig, vierundzwanzig – nein: fünfundzwanzigsechzig, FÜNFZIGVIERZIG!«, und zählt dabei jeden Leger mit den Fingern ab. »Ja, leck mich doch am Arsch! Das sind ja über hundertfünfzig Mark fürn Usch! Brunzkaddlerlnaah! Verdienst’n du so viel in der Wochn?«

Draußen ist es ruhig.

Auch das Wirtshaus schweigt.

Nur der Schorla bebt und bebt und bebt, die Tür zur Küche klappert von der Mari mit dem Wassereimer, der Schorla bebt, jetzt hebt es ihn, er bebt noch einmal auf – dann bricht es aus ihm heraus. Ein großer Schwall, quer über den ganzen Tisch. Die Kartler springen auf, die Stühle fallen laut nach hinten, ein Glas kippt um, ein zweiter Schwall entleert sich aus dem Schorla. Dann hält er sich mit beiden Händen am Tisch fest und schaut verstört umher. Wie hingeschmissen sieht er aus und blickt von einem zum anderen. Dann schüttelt er den Kopf. Die Mari ist schon da, räumt Gläser und Karten weg, schiebt Stühle zur Seite und schwingt den Lappen. Sie kennt das schon, jeder kennt das hier, denn Schorla kotzt an jedem Freitagabend. Das ist eben so beim Schorla. Man denkt sich nicht viel dabei, schaut, dass man mit der Hose aus dem Schwall herauskommt, hält die Luft an, bis die Mari kommt und es wegmacht. Erst vom Tisch, dann von den Stühlen, Bänken und schließlich noch vom Boden. Dann kriegt jeder frisches Bier, der Schorla zahlt eine Runde und weiter geht der Abend.

Kaum fünf Minuten später ist im Wirtshaus alles wie zuvor.

»Magst jetzt dein Käs’brot noch?«, fragt die Mari den Usch.

»Ja, mach mir eins, aber wasch dir vorher die Händ’«, und lacht.

»Ja, mach mir auch eins«, ruft der Maschder.

»Und mir machst Bratwürst’, Mari«, ruft der Schmidla hinterher, »bloß zwei und bloß mit Brot.«

Auch an den anderen Tischen karteln sie schon wieder. Knallen die Karten auf den Tisch, lachen, werden immer wieder laut. Normaler Freitagabend beim Stock.

Auch der Schorla hat sich schon wieder gefangen.

»Mach mir auch a Käs’brot, Mari«, ruft er in Richtung Küche, »ich brauch jetzt eins.«

»Deins schwimmt im Eimer, hol’s dir raus. Naah, Schorla, du kriegst von mir heut keins mehr, du hast doch deins schon g’habt«, schallt es lachend aus der Küche. »Es hat dich bloß ned g’mocht.«

Die anderen lachen. Niemand ist dem Schorla hier fürs Kotzen bös’. Der ist halt so, das ist halt so und basta.

»Also, zahl’ an Zehner an jeden«, sagt der Schmidla. »Auch wenn’s ahnerfuchzigzwanzig g’macht hätt.« Er hatte noch mal nachgerechnet, aber zehn Mark waren die Obergrenze für ein Spiel, das war die Regel.

 

Zeitverlust beginnt mit erster Eile am Tag.

Peter Handke

 

3. Kapitel

Kommissar Behütuns hatte eine Vorliebe für das Skurrile. Die Komik des täglichen Lebens, ob beabsichtigt oder nicht, das war ihm egal. Und er hatte eine Vorliebe für – ja, wie könnte man dazu sagen? – das »andere«. Das, was ein bisschen daneben lag. Die Silberblicke des Lebens. Das Subkutane. Vielleicht lag das ja an seinem Namen. »Behütuns« an sich war schon schwer genug zu tragen, man brauchte reichlich Humor, um mit so einem Namen durchs Leben zu ziehen. Zumal, wenn man auch noch mit dem Vornamen Friedemann gesegnet war. Friedemann. Friedemann Behütuns. Was sich seine Eltern wohl dabei gedacht hatten? Er hatte es nie erfahren, seine Eltern waren früh gestorben. Eine gut fünf Zentner schwere Sandsteinplatte, Gestein aus der Region, die seither über ihnen lag, machte jedes Fragen nutzlos. Behütuns hatte sie eigenhändig ausgesucht. Seine Mutter hatte sich zwar immer eine schön polierte, schwarze, marmorne Platte gewünscht, Behütuns aber hatte sich für eine dicke Sandsteinplatte entschieden. 20 Zentimeter grob geschnittenes Pleistozän. Das musste genügen, um die beiden zuverlässig dort drinnen zu halten. Die Platte setzte auch schon Moos an, wunderbar zart und grün. Alles lief hier nach Plan, und Behütuns erfreute der Anblick jedes Mal aufs Neue, wenn er auf dem Friedhof war.

Egal. Friedemann Behütuns hatte sich irgendwann eigenhändig umgetauft in Friedo Behütuns, sogar auf seiner amtlichen Visitenkarte. Niemand hatte das je bemängelt, zumindest bisher nicht. Aber ganz sicher würde irgendwann einmal irgendeine sehr kluge und aufmerksame neue Sekretärin darüber stolpern und ihn zur Rede stellen. Er wartete nur auf diesen Tag. Er würde ihr sofort einen Heiratsantrag machen, allein um sie zumindest in dieser Hinsicht bis ans Ende ihrer Tage ruhig zu stellen. In absehbarer Zeit allerdings würde es keine neue Sekretärin geben, denn sein Team hatte bereits eine, und zwar schon seit Langem. Frau Klaus, die Team­assistenz. Eigentlich war es ja Herr Klaus, er spielte seine weibliche Seite aber so offensiv und selbstbewusst aus, dass alle ihn nur noch »Frau Klaus« nannten. Und sie genoss es auch. Es waren also keine Überraschungen zu erwarten.

Friedo Behütuns zählte zu den 160 Abonnenten des Jahreskalenders der Hersbrucker Bücherwerkstatt. Das war der Humor, den er liebte. Große, schöne Kalenderblätter, via Heidelberger Zylinder im Tiefdruck und per Hand schräg bedruckt. »Gradnaus schräg«. Mal zu diesem Thema, mal zu jenem, aber immer von ausgesuchter und entscheidender Relevanz. Für nichts. Er besuchte die Drucker oft. Oder öfter mal. Vielleicht zwei- oder dreimal im Jahr. Ja, das war oft! Und immer samstags, denn nur dann waren sie da, im hintersten Raum ihrer Werkstatt, dem sogenannten »Sozialraum«. Dort gaben sie dem Unsinn einen Sinn. Oder umgekehrt. Der Reflexion des »Hmbfhhh« der fränkischen Stammtische. Grabungsarbeiten an der fränkischen Seele. Ohne auch nur einen einzigen Finger zu rühren. Man saß und saß und saß und trank vielleicht auch, und das eine oder andere Bier brachte einem den Sinn dann schon näher. Oder auch weiter weg. Oder nirgendwohin. Oder irgendwohin. Das spielte keine Rolle. Die Gegenwart brach einfach oft mit solcher Macht herein, dass nichts blieb als die Fliegen am Fenster, vielleicht mal ein hinterhältiges Grinsen oder einfach nur dieses ehrfürchtig erhabene »Hmbfhhh«.

Dieses »Hmbfhhh« war ohnehin etwas, das es immer seltener gab: Dass man auf dem Land mitten am Wochentag ein Wirtshaus betrat, in dem zwei, drei Personen am Stammtisch saßen, ohne etwas zu tun. Ein Seidla Bier vor sich – halb voll? halb leer? verkopftes Geschwätz, halt halb – die aufschauten oder nicht, meistens nicht, wenn man reinkam, und wenn sie doch die Köpfe anhoben, dann sofort wieder in ihre Ausgangshaltung zurückfielen. Das alles nur in Zeitlupe. Zeitdehner, hatte man früher gesagt, das traf es viel besser. Man schaute ja nicht hin und vergrößerte es, es ging alles nur unglaublich langsam voran. Gedehnt. Jede viertel Stunde vielleicht, dann aber nur, wenn überhaupt, von einem, und wirklich auch nur vielleicht, ein »Hmbfhhh«. Sonst nichts. Augenblick der Sterne. Ganz außergewöhnlich und nur sehr selten zu be­obachten, wenn einer einmal ein »Weadschaffd« oder ein »Nuahns!« ausstieß, meist hob er nur die Hand. Und das auch nicht schnell, die Fliegen blieben dabei jedenfalls sitzen oder liefen weiter über die Hand. Diese bewegte sich ausschließlich im Handgelenk, ganz leicht, der Unterarm blieb garantiert auf dem Tisch.

In solchen Wirtshäusern – in manchen legte man zur Bestellung seinen leeren Krug einfach um – hatte Friedo Behütuns schon manchen Nachmittag zugebracht. Während der Dienstzeit. Der ganze Quatsch des Lebens kam hier auf den Punkt. Der ganze Sinn der Etzikstenz, wie Helge Schneider es ausdrückte. Der ist auch nur aus reinem Zufall kein Franke.

Friedo Behütuns saß an solchen Nachmittagen gerne allein im Eck, bewegte sich nicht, nur in ihm drin, da bewegten sich die Gedanken. Erst schnell, dann langsam und immer langsamer, und schließlich bewegte sich nur noch die Welt, die Gedanken standen still. Sie standen und kämmten die Welt, die zwischen ihnen hindurchraste. Das waren die besten Momente. Dann wurde ihm schwer und leicht zugleich, doch eher leicht, ganz innen wie eine Heiterkeit, nach außen getarnt durch Schwermut. Das war nicht zu beschreiben. Doch Tatsache war: In diesem Vergessen, diesem sinnlosen Spreizen der Gedanken, löste er seine meisten Fälle. Nur leider – ­solche Wirtshäuser gab es immer weniger. Drei oder vier davon kannte er noch, und diese brauchte er auch. Deshalb werden sie auch nicht verraten. Und er war ständig auf der Suche nach »neuen alten«. Neue neue dieser Art gab es nicht. Sie waren eine aussterbende Rasse. Hin und wieder aber fand er noch eins. Relikte in einer Welt der »Events« und der zwanghaften Fröhlichkeit.

Und wo wir schon gerade dabei sind: Friedo Behütuns hatte noch weitere Hobbys. Was für ein blödes Wort. Aber »Vorlieben« war auch nicht besser. »Vergnügen« vielleicht. Er sammelte dies und das. Leserbriefe zum Beispiel, die anders waren. Oder Anzeigen, meistens von Ärzten. Denn die konnten kein Deutsch, kannten die Sprache nicht. Sprachen zwar den ganzen Tag mit den Menschen, aber hörten nicht zu. Drangen nicht ein in die Tiefe der Sprache mit ihren vielen Doppel- und Mehrdeutigkeiten und versteckten Bedeutungen. Diese Anzeige zum Beispiel, von einem Arzt namens Apoll, so wie der griechische Gott des Lichts, der Helligkeit, was an sich ja schon komisch genug war: »Wir ziehen um in eine neue Praxis«, war dort zu lesen. Und weiter: »Zur Verstärkung unseres Teams suchen wir engagierte und kompetente Arzthelferinnen mit besonderem Interesse an der Endoskopie …«, und so weiter und so fort. Die wussten doch nicht, was sie schrieben. Wie pervers muss denn einer sein, der ein »besonderes Interesse an der Endoskopie« hat? Den lieben langen Tag und aus purer Lust irgendwelchen Menschen etwas in irgendwelche Öffnungen, bevorzugt in den Hintern, zu schieben? Doch genau so jemanden suchten die! Nicht wirklich, das war ihm schon klar, aber so stand es da. Ärzte, unsere Elite. Apoll, Lichtergottarzt. Das war nicht viel besser als das Möbelhaus »Die mit dem roten Stuhl«. Da geht man doch zum Arzt, wenn man das hat, dachte sich Behütuns – wahrscheinlich zu Dr. Apoll. Da schließt sich dann der Kreis.

Oder diese Anzeige eines wichtigen Dr. med. Dr. phil. in Weiß: »Praxisauflösung. Nach 56 Jahren ärztlicher Tätigkeit, davon 47 Jahre als niedergelassener Nervenarzt, habe ich mich entschlossen, zum Jahresende meine Praxis aufzugeben. Ich danke meinen Patienten für das mir entgegengebrachte ­Vertrauen. In manchen Fällen war es schon die dritte Generation, die ich behandeln durfte.« Tja, fragte sich da Friedo Behütuns: Schon in der dritten Generation und noch immer plemplem? Was hat der denn nur getan all die Zeit, dieser Arzt? Geheilt ja wohl eher nicht … Kundenpflege könnte man es nennen, mit generationenübergeifendem Erfolg.

Ja, versteckte Gemeinheiten und Fallstricke bot das Leben viele. Auch ein Eigentor war in seiner Sammlung dabei. Denn einmal, da hatte er der Presse in einem Mordfall ein Paar Schuhe gezeigt, die man schon kaum mehr als Schuhe bezeichnen konnte. Nur die Sohlen waren noch da, als Turnschuhsohlen deutlich erkennbar, doch darum herum alles abgeschnitten. Kein Mensch kann so etwas tragen, das funktioniert nicht einen einzigen Schritt. Trotzdem hatte die Presse am Tag darauf ein Foto gebracht – und blöd darunter geschrieben: »Die Polizei fragt: Wer kennt diese Schuhe?« … Und er hatte die Ermittlungen geleitet! Für wie blöd mussten die Leute ihn halten, und auch die Polizei! Egal. Man musste darüber lächeln. Heute hing dieses Bild, gerahmt, bei ihm an der Wand.

In seiner Leserbriefsammlung hatte er aber auch einen, der ihm komplett aus der Seele sprach. Eine Frau Dr. Torga Legenz aus Lauf empörte sich darin über das Engagement von Savitas beim Club. Über die Dreistigkeit dieses Unternehmens und über die Dummheit des Clubs. Aber dumm war der Club ja schon immer, es hieß nicht umsonst: »Der Glubb is a Debb«. Diese Frau Dr. Legenz prangerte an, wie geschickt Savitas war und wie dumm und naiv ihrer Meinung nach Club und Presse. Denn Savitas, ein Unternehmen allein für Atomkraftwerke, also für Ware, die noch in 100 000 Jahren strahlt – und das finstere Mittelalter ist gerade einmal 500 Jahre her! Oh endlose, friedliche Zeit! – benutzte die Presse beinahe täglich für die Verbreitung positiver Meldungen über neue Arbeitsplätze, Spenden für ­Kindergärten und Horte, für die Tafel und jeden sozialen Scheiß und hatte sich auch noch beim Club eingekauft. Jeder spielte dieses Spiel einfach mit. Kein einziges kritisches Wort, kein einziger auch nur andeutungsweise erhobener Gedanke oder Zeigefinger, der auf das eigentliche Tun von Savitas verwies. Auf diese, so hatte sie geschrieben, unglaubliche Arroganz gegenüber der Menschheit, der Zeit. Nein, der Sponsor des Clubs war heilig und damit auch das, was er tat. Die Erde über Jahrtausende hinweg zu verseuchen. Atomkraftwerksbomben in Entwicklungsländer zu stellen. Felder hochstrahlender Container auf freiem Feld in Sibirien zu hinterlassen. Uranminen in Afrika auszubeuten. Uns ist es ja wurst, wir sterben ja alle schon bald, und bis dahin wollen wir es gut haben. In 100 Jahren ist von uns allen keiner mehr da. Was kümmern uns dann die nächsten vier-, fünftausend Generationen?

Das alles stand in diesem Leserbrief in wohlgesetzten, doch scharfen Worten geschrieben – und niemand hatte jemals darauf geantwortet. Nicht einmal Savitas, die hielten einfach still. Dieser Leserbrief hatte Friedo Behütuns’ Überzeugung im Kern getroffen, und er hätte die Ärztin gern einmal dazu befragt. Doch sie war nicht aufzufinden. Es gab ihren Namen nicht, es gab zumindest niemanden ihres Namens unter der angegebenen Adresse. Und niemanden dieses Namens in der Region. Irgendwann musste er noch einmal bei der Zeitung anfragen, wie so etwas denn geschehen konnte. Leserbriefschreiber mussten doch erst verifiziert werden, dachte er. Sonst würde ja alles veröffentlicht.

Und noch etwas sammelte Behütuns mit Eifer: Berichte über erstaunlich, ja manchmal unglaublich Kreatives. Über Kreativität aus der Mitte der Menschen, Kreativität, die sich scheinbar spontan so ergab. Kreativität gegen die Macht, die die Menschen solidarisierte und stark machte. Kein einziger Preis war je für so etwas vergeben worden. Die Werber, die selbsternannte »Crème de la Créativité«, feierten sich immer nur selbst. Wer Preise gewinnen wollte, musste bezahlen. Allein in Cannes mitzumachen, kostete mehrere 100 Euro – für jede einzelne Arbeit, für jede einzelne Kategorie. Die kleineren, europäischen oder nationalen, Wettbewerbe waren da kaum günstiger.

Das aber, was Friedo Behütuns faszinierte und sammelte, das waren Berichte über Vorkommnisse und Dinge, die wirklich Preise verdient hätten, zumindest wenn es nach ihm ginge. Über die Prager Mädchen von 1969 zum Beispiel, die, schwindelerregend schön und in Miniröcken, ihre Hand­taschen über die Gewehre der sowjetischen Invasoren hängten, sie umarmten und fragten, ob man denn so, mit dem Gewehr in der Hand, seine Freunde besuche. Oder darüber, wie die Bürger Prags damals nach der Invasion ihrer russischen Freunde viele Straßenschilder abschraubten, um den Invasoren die Orientierung zu erschweren. Auch, dass an jedem zweiten Klingelschild plötzlich der Name Dubcek oder Svoboda stand oder stadtweit an die Wände die Nummern der Fahrzeuge gepinselt wurden, aus denen heraus auf offener Straße Verhaftungen vorgenommen wurden. Das war nach Behütuns’ Geschmack. Ebenso wie die Perser, die nach der Wahlfälschung 2009 den Namen von Hussein Mussawi auf die Geldscheine schrieben, sodass er omnipräsent war. Die, sobald Ahmadinedschad im Fernsehen mit seinen Lügenreden auftauchte, sämtliche Elektrogeräte in den Haushalten einschalteten und so gemeinsam das Stromnetz zum Erliegen brachten. Niemand konnte den Lügner dann mehr sehen, nicht einmal mehr seine Freunde. Oder dass man in Deutschland dem damaligen Postminister und Schadstoffbatteriefabrikanten Schwarz-Schilling aufgebrauchte Batterien in die Briefkästen entsorgte, und vieles mehr. Von Berichten über solche Aktionen hatte er einen ganzen Ordner voll, über die Jahre gesammelt.

Das war Friedo Behütuns, der Kommissar. Jetzt saß er bei einer Tasse Kaffee mit seinen Kollegen im Dienstzimmer und drehte sich eine Zigarette. Er würde sie dann wegwerfen, denn er rauchte nicht mehr. Aber drehen, das wollte er doch. Oder noch.

 

Am nächsten Tag drehte der Wind.

Siri Hustvedt

 

4. Kapitel

Caprimulgus: ein wohlklingender Name für eine Schwalbe, genauer: eine Nachtschwalbe. Unwillkürlich denkt man beim ersten Lesen dieses Namens wahrscheinlich an Sommer, Sonne, Licht und Meer. Capri. Doch die Bezeichnung leitet sich vom Lateinischen »capra«, Ziege, ab, und von »mulgere«, melken. Dieser Caprimulgus europaeus, eine in Mittel­europa vorkommende Art, ist ausschließlich nachtaktiv. Am Tag macht sich der Vogel, absolut still sitzend, mit seinem graubraun gestreiften und gesprenkelten Federkleid zum Teil eines Astes und wird beinahe unsichtbar, ebenso, wenn er auf dem Boden sitzt. Dieser Vogel kommt im April oder Mai und fliegt im August oder September wieder fort. Aber er ist inzwischen sehr selten. Im gesamten deutschen Raum, so schätzt man, leben noch höchstens 5 000 Exemplare. Nachtschatten oder Tagschläfer wird er auch genannt.

Um den Ziegenmelker ranken sich viele Geschichten. Zum Beispiel, dass er nachts, wenn er auf Beutefang ist, von den Eutern der Ziegen trinkt. Pal Weber, ein Ornithologe, kannte viele solcher Geschichten, und diese hatte er vom Schäfer, der auf den Regnitzwiesen seine Schafe weidete. Der Schäfer aber hatte beim Erzählen gegrinst. Früher, so der Schäfer, habe der Ziegenmelker nachts zur Herde gehört wie heute die Schwalben und Stare am Tag. Bei diesen Worten zeigte er auf die pfeilenden Schwalben zwischen den Schafen und die Stare, die am Boden pickten. Er habe schon lange keinen mehr gesehen. Ob es die überhaupt noch gebe?