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Fußnoten

Insbesondere im ersten Akt verwendet er eine Vielzahl an rhetorischen Fragen.

Unter »Frühsozialismus« werden frühe Vorstellungen über das Gemeineigentum und von der sozialistischen Bewegungen vor 1848 verstanden.

Durch verschiedene Maßnahmen sollte die materielle Situation der Bauern (Leibeigenen) verbessert werden. Dazu sollte ihnen das Eigentum an den von ihnen bewirtschafteten Höfen zugesprochen werden. Um jedoch von ihren bisherigen Abgaben (Naturalabgaben: Getreide, Früchte, etc.) sowie Spann- und Frondiensten (kostenlos Pferdegespanne bereitstellen und für den Gutsherrn arbeiten) befreit zu werden, mussten sie sich durch eine entsprechende Zahlung freikaufen, die die Gutsbesitzer als Entschädigung betrachteten.

Gutsherrliche Bauern sind Pächter, die von einem Gutsherrn Ackerland gepachtet haben, das sie selbst bewirtschafteten. Diese Bezeichnung war zwischen der Elbe und Ostpreußen gebräuchlich, in anderen Gegenden nannte man sie »grundherrschaftliche« Bauern. Durch die Bauernbefreiung zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die Gutsherrschaft (Grundherrschaft) und Leibeigenschaft abgeschafft.

Theodor Fontane, Sämtliche Werke, Abtl. 3: Aufsätze, Kritiken, Erinnerungen, Bd. 2: Theaterkritiken, hrsg. von Siegmar Gerndt, Darmstadt 1969, S. 858 f.

William H. Rey, »Der offene Schluß der Weber. Zur Aktualität Gerhart Hauptmanns in unserer Zeit«, in: The German Quarterly 55 (1982) H. 2, S. 141163.

Rey (s. Anm. 6), S. 160.

Fontane (s. Anm. 5), S. 858.

Rey (s. Anm. 6), S. 160.

Gerhart Hauptmann, Sämtliche Werke, hrsg. von Hans Egon Hass, Bd. 7: Autobiographisches, Frankfurt a. M. / Berlin 1962, S. 1079.

Autor

  • Gerhart Hauptmann, geboren am 15. November 1862 in Ober Salzbrunn, gestorben am 6. Juni 1946 in Agnetendorf

  • Beisetzung auf Hiddensee

  • Er gilt als bedeutender Dramatiker und Schriftsteller und erhielt 1912 den Nobelpreis für Literatur

Entstehungszeit

  • 1888: Erste Ideen zu dem Drama über die Weber

  • 1890: Vorarbeiten

  • 1891: Erste Dialektfassung

  • 1892: Buchform des Dramas; das Stück darf nicht öffentlich aufgeführt werden

  • 1893: geschlossene Vorstellung der sprachlich überarbeiteten Fassung

  • 1894: öffentliche Uraufführung

Orte und Zeit der Handlung

Die (fiktionalisierte) Handlung spielt in Langenbielau und Peterswaldau in Schlesien.

Zeitlich orientiert sich die Handlung an den realen Abläufen des Weberaufstandes von 1844. Die Handlung setzt »gegen Ende Mai« an einem nicht genauer genannten Tag um 12 Uhr ein und dauert acht Tage.

Epoche

Naturalismus

Gattung

Soziales Drama

Aufbau

  • Orientierung am Fünf-Akte-Schema ohne Untergliederung in Auftritte

  • Offene Dramenform

Die QuellenGrundlagen von Gerhart Hauptmanns sozialem Drama Die Weber bilden neben den zeitgenössischen Quellen zum Weberaufstand von 1844 die zahlreichen Gespräche mit einigen Augenzeugen, mit denen der Autor bei seinem zweimaligen Besuch der originalen Schauplätze gesprochen hatte. Hinzu kamen nach sorgfältigen Studien weitere historische Darstellungen aus den 80er Jahren.

Die erste Fassung von 1891 trägt den Titel »De Waber« und ist ein Hinweis darauf, dass Hauptmann das Stück im schlesischen Dialekt verfasst hatte. Die zweite Fassung passte er bis 1892 sprachlich stärker der Standardsprache (Hochdeutsch) an, so dass sein Publikum die Dialoge zwischen den Protagonisten aus den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen auch außerhalb Schlesiens leichter nachvollziehen konnte. Diese Version durfte jedoch zunächst wie die Dialektversion nicht öffentlich gespielt werden. Eine geschlossene Vorstellung nur für Mitglieder der Freien Bühne in Berlin (1893) ging der ersten öffentlichen Aufführung des Schauspiels 1894 in Deutschland voran.

In fünf nur wenig aufeinander bezogenen Akten schildert der Autor verschiedene Stadien des Der Verlauf des WeberaufstandesWeberaufstandes in Schlesien aus dem Jahr 1844:

Der erste Akt gewährt dem Zuschauer einen Blick in einen Lager- und Geschäftsraum im Hause des Verlegers Dreißiger: der Fabrikant, der den Webern ihren Rohstoff auslegt. Kranke, ausgemergelte, heruntergekommene und verängstigte Weber liefern

Der zweite Akt spielt in einem kleinen Armut im Hause Baumert/AnsorgeRaum, der im starken Kontrast zum Geschäftsraum Dreißigers steht. Der Raum in der Hütte des alten Webers Ansorge dient der Familie Baumert zugleich als Wohn-, Schlaf- und Arbeitsraum. Hier fristen die sechs Mitglieder der Familie ihr Leben. Darüber hinaus wird deutlich, dass sie alle hungern und nur noch Flicken auf dem Leibe tragen. Aber nicht nur die Baumerts leben unter dem Existenzminimum, sondern auch ihr Vermieter Ansorge sowie weitere Bewohner des Hauses.

Der alte Baumert bringt den ehemaligen Weber Jäger mit nach Hause, der etwas Geld beim Militär

Im dritten Akt kommt es im Wirtshaus von Peterswaldau zu einem Solidarisierung unter den WebernAufeinandertreffen von Angehörigen unterschiedlicher sozialer Klassen. Über die äußerst schlechte materielle Situation der Weber führen diese, verschiedene Handwerksmeister und Gewerbetreibende sowie die Wirtsleute (Bürgerliche) und einige den Grundbesitzern nahestehende Figuren, eine heftige Auseinandersetzung.

Es bilden sich zwei Gruppen heraus: einerseits die Gruppe, die Partei für die notleidenden Weber ergreift, und andererseits die Gruppe, die die Weber selbst für ihre Misere verantwortlich macht. Jäger und Bäcker ist es unterdessen gelungen, einige aufständische Weber hinter sich zu versammeln. Noch aber herrscht Uneinigkeit unter ihnen: Es gibt gewaltbereite Weber und Weber, die zur Besonnenheit aufrufen. In diesen Streit platzt der Gendarm Kutsche und informiert die Weber über das Verbot der staatlichen Obrigkeit, das Weberlied zu singen. Das nehmen Bäcker und Jäger zum Anlass, aus Protest das verbotene Weberlied anzustimmen und mit den aufständischen Webern zum Hause Dreißigers zu ziehen.

Zu Beginn des vierten Aktes erhält der Leser einen Einblick in die luxuriösen Wohnräume des Ehepaares Dreißiger. Sie haben Besuch von Frau und Herrn Pastor Kittelhaus sowie vom Hauslehrer Weinhold, als der Zug der Weber, weiterhin das Weberlied singend, vor dem Hause des Verlegers eintrifft. Am Ende dieses Aktes steht der Bericht, wie die aufgebrachten Flucht und Rebellion Weber das Haus stürmen.

Dreißiger hat Jäger festnehmen lassen, den er dem Polizeiverwalter ausliefert. Dessen Bemühungen, die Auseinandersetzung beizulegen, misslingen ebenso wie der Vermittlungsversuch des Pastors, der sich auf die Seite des Verlegers schlägt. Als die Situation zu entgleiten droht, trifft der Verleger Vorbereitungen zur Flucht. In letzter Sekunde gelingt es ihm, mit dem hilflosen Pfeifer vor den Webern zu fliehen. Zögernd dringen die Aufständischen in das Haus ein und plündern und zerstören das Inventar.

Im fünften Akt geht es um die Teilnahme an dem Aufstand oder Anpassung?Aufstand innerhalb der Weberfamilie Hilse. Der alte, tiefreligiöse Hilse beschwört seine Familie, nämlich seine Schwiegertochter Luise und seinen Sohn Gottlieb, sich nicht am Aufstand zu beteiligen, sondern im Glauben an die Lehren der Kirche das Leid zu ertragen. Luise hört nicht auf ihn und schließt sich dem Protestzug an. Gottlieb zögert lange – als seine Frau jedoch durch das mittlerweile eingetroffene Militär in Gefahr gerät, hält es auch ihn nicht mehr zu Hause. Der alte Hirse, der sich mit Nachdruck von den Rebellen distanziert hat, setzt seine Arbeit am Webstuhl

Auch 125 Jahre nach der ersten öffentlichen Aufführung besitzt Hauptmanns Schauspiel nach wie vor große Die Aktualität der WeberAktualität. Nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit droht die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinanderzudriften. Die ungleiche Verteilung der Vermögensverhältnisse führt dazu, dass auf der einen Seite wenige Personen über enormen Geldbesitz verfügen und sich ein Leben in unvorstellbarem Luxus leisten können. Auf der anderen Seite leben Millionen von Menschen am Rande der Existenz (Krankheiten, Hunger, unzureichende Bildung, Altersarmut usw.). Noch schlimmer trifft die Armut vor allem junge Menschen auf allen Kontinenten: Sie verrichten Kinderarbeit oder müssen anderen Tätigkeiten nachgehen, um an genügend Nahrung und in den Genuss einer (Aus-) Bildung zu kommen. Insgesamt können sie meistens nur mit dem Notdürftigsten ausgestattet werden. Daher ist es an vielen Orten notwendig, dass sich private Personen und Gruppen sowie andere nichtstaatliche Hilfsorganisationen um diese hilfsbedürftigen und oft notleidenden Menschen kümmern, damit auch sie in unserer Überfluss- und Wegwerfgesellschaft ein menschenwürdiges Dasein führen können.

Gerhart Hauptmanns Drama vermag uns diese Problematik vor Augen zu führen und uns für die Nöte und Sorgen unserer Mitmenschen zu sensibilisieren.

Das in fünf Akte eingeteilte Schauspiel weist zu Beginn jeden Aktes – im Vergleich zu anderen Dramen – Funktion der Regieanweisungen lange Regieanweisungen auf. Darin beschreibt der Autor die Orte der Handlung und die auftretenden Figuren so, dass sich der Leser die Einrichtung der Räume und das Aussehen der Figuren bildhaft vorstellen kann. Die Regieanweisung zum ersten Akt enthält auch Informationen zum Zeitpunkt der Handlung. In den nachfolgenden Akten erschließt sich der Zeitpunkt der jeweiligen Handlung aus den Aussagen der Protagonisten.

Erster Akt

In einem Lager- und Geschäftsraum im Hause des Verlegers Dreißiger in Peterswaldau finden sich am Ende des Monats Mai, gegen Mittag, nach und nach Weber, Weberfrauen und Kinder ein, um ihre gewebten Stoffe abzugeben. Der Leser erhält einen circa einstündigen Einblick in das Geschehen am Rückgabetag.

Die Regieanweisungen Informationen in den Regieanweisungenenthalten neben einer genauen Beschreibung der Einrichtung des Zimmers eine umfassende Schilderung der Abläufe am Rückgabetag: Die Weber präsentieren ihre gewebten Stoffe, Angestellte des Verlegers begutachten und wiegen sie und zahlen den Arbeitslohn aus. Der ehemalige Weber Pfeifer (im Gegensatz zu den Webern

Die ersten Dialoge der Handlung drehen sich um die Notlage der WeberNotlage der Weber. Pfeifer kümmert sich nicht um die Klagen der Bittsteller, sondern sucht nach Möglichkeiten, die Löhne weiter zu drücken. Viele Weber lassen sich das gefallen, Reimann und Bäcker lehnen sich jedoch gegen Pfeifers Kürzungen auf. Als Bäcker weiter auf eine gerechte Bezahlung drängt, ruft Pfeifer den Verleger zu Hilfe. Die verbale Auseinandersetzung zwischen Bäcker und Dreißiger endet mit dem Rauswurf des Webers.

Der fast verhungerte Sohn der Frau Heinrich liefert die Stoffe seiner Eltern beim Verleger ab. Als er zusammenbricht, bemüht sich Dreißiger, den Dreißiger: Fürsorge und Ausbeutungfürsorglichen Unternehmer zu spielen. Er veranlasst, dass der Junge in sein Kontor gebracht wird, wo er ihn versorgen lassen will. Er gibt den Eltern, die schon neun Kinder haben, die Schuld an dessen Zusammenbruch. Dann schildert Dreißiger voller Selbstmitleid die

Abb. 1: »Weber-Szene«, anonyme Lithographie, um 1845

Zweiter Akt

Der Autor hat auch dem zweiten Akt ausführliche Regieanweisungen vorangestellt. Er schildert darin die armselige und notdürftig reparierte Webstube der Familie Baumert, die der Weber Ansorge ihr vermietet hat. In der Stube leben und arbeiten die Baumerts mit ihren drei Kindern und einem Enkelkind. Die Familienmitglieder sind »abgemagert zum Skelett« (S. 27) und tragen verschlissene Kleidung. Ihre Augen werden als »entzündlich gerötet und wässrig« (S. 27) beschrieben. Zahlreiche Heiligenbilder weisen auf die Religiosität der Bewohner hin.

Am Nachmittag/Abend des Rückgabetages halten

Ähnlich geht es der schwangeren Frau Typisches Schicksal einer WeberfamilieHeinrich, die mit ihrem kranken Ehemann bereits neun Kinder hat. Als sie bei Baumerts um ein bisschen Mehl für ihre Kinder bittet, wird sie zurückgewiesen, weil diese selbst nichts mehr haben. Aus Frau Heinrichs Worten spricht eine solche Niedergeschlagenheit, dass die alte Baumert befürchtet, dass sich die Heinrich etwas antun könnte.

Wenig später kehrt der alte Baumert mit dem ehemaligen Weber Moritz Jäger