Der Autor
PD Dr. med. habil. Andreas Schwarzkopf, Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, öffentlich bestellter und beeidigter Sachverständiger für Krankenhaushygiene, betreibt mit seiner Frau das Institut Schwarzkopf. Getreu seinem Motto »Kurz, Knapp, Knackig« werden pragmatische Lösungen dargestellt.
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1. Auflage 2020
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-036762-3
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-036763-0
epub: ISBN 978-3-17-036764-7
mobi: ISBN 978-3-17-036765-4
AMG |
Arzneimittelgesetz |
ART |
Antiinfektiva, Resistenz und Therapie (Kommission am RKI) |
BAM |
Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung |
BAuA |
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin |
BfArM |
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte |
BGW |
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege |
BiostoffV |
Biostoffverordnung |
CE |
»Communauté Européenne = Europäische Gemeinschaft« |
DGHM |
Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie e. V. |
DGKH |
Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e. V. |
DGUV |
Deutscher Gemeindeunfallversicherungs-Verband |
DIN |
Deutsches Institut für Normung |
DVG |
Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft |
EG 852/2004 |
Europäische Direktive zur Lebensmittelhygiene |
EN |
Europäische Norm |
FFP |
Filtering Face Piece |
GefStoffV |
Gefahrstoffverordnung |
HA-MRSA |
Hospital acquired MRSA |
HIV |
Human Immunodeficiency Virus (Humanes Immundefekt-Virus-»AIDS-Virus«) |
HWI |
Harnwegsinfekt |
HWK |
Harnwegskatheter |
IfSG |
Infektionsschutzgesetz |
ISO |
International Standards Organisation (engl.), weltweit gültige Normen |
KBE |
Koloniebildende Einheit, lebender Bakterien, die mit einem bestimmten Nachweisverfahren gefunden wurden. |
KRINKO |
Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert-Koch-Institut |
LAGA |
Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes) |
LA-MRSA |
Lifestock associated MRSA (aus der Massentierhaltung) |
LFGB |
Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch |
LVRE |
Linezolid- und Vancomycin-resistente Enterokokken |
MPBetreibV |
Medizinproduktebetreiberverordnung |
MPG |
Medizinproduktegesetz |
MRE |
Multiresistente Erreger |
MRGN |
Multiresistente gramnegative (Stäbchen): Sammelbezeichnung |
MRSA |
Methicillin-resistente Staphylococcus aureus |
MRSE |
Methicillin-resistente Staphylococcus epidermidis |
NI |
Nosokomiale (im Haus erworbene) Infektion |
n. n. |
nicht nachweisbar |
NTM |
Nicht tuberkulöse Mykobakterien (z. B. Mycobacterium marinum) |
RDG |
Reinigungs- und Desinfektionsgerät |
RDG-E |
Reinigungs- und Desinfektionsgerät für Endoskope |
RKI |
Robert-Koch-Institut, dieses Bundesinstitut ist für die Infektionsverhütung in der Bundesrepublik Deutschland zuständig. Das Institut verfügt über mehrere Expertengruppen. |
STIKO |
Ständige Impfkommission, gibt Empfehlungen zur Impfung von Kindern und Erwachsenen heraus. |
RLT |
Raumlufttechnische Anlage |
SGB |
Sozialgesetzbuch |
Tb oder Tbc |
Tuberkulose |
TRBA |
Technische Regeln »Biologische Arbeitsstoffe« |
TRGS |
Technische Regeln für Gefahrstoffe |
TrinkwV |
Trinkwasserverordnung |
UBA |
Umweltbundesamt |
UV |
Ultraviolette Strahlung |
VAH |
Verbund für angewandte Hygiene e. V. (gibt seit 2005 die ehemalige DGHM-Desinfektionsmittelliste heraus) |
VDI |
Verein Deutscher Ingenieure |
VHD |
Vereinigung der Hygienefachkräfte Deutschlands |
VRE |
Vancomycin-resistente Enterokokken (ohne Linezolidresistenz) |
Piktogramme
Definition |
Information |
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Gesetzestext |
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In den letzten Jahren hat sich Hygiene zunehmend zu einem anspruchsvollen Fach entwickelt. Die Hygienepläne werden komplexer und die Rechtslage umfangreicher. Kein Wunder, dass sich manche Pflegekräfte mit einem Bein im Gefängnis wähnen. Aber, Hygiene hat auch viel mit gesundem Menschenverstand zu tun. Was aber, wenn Pflegeschüler Fragen stellen? Oder Angehörige eine Beratung zum Thema Wäsche und Skabies haben wollen? Da stellt sich schnell heraus, dass die eigene Ausbildung schon eine ganze Weile her ist.
Bedingt durch die Reduktion erfahrener Fachleute kann man auch nicht immer gleich fragen. Also:
»Selbst ist die Pflegekraft« und sieht einfach schnell nach.
Dieses Büchlein bietet Inhalte des Hygieneplans, Rechtsgrundlagen und Praxistipps für Pflegehelfer, Pflegekräfte, Altenpflegekräfte (stationär und ambulant), MFA beim ambulanten Operieren, aber auch für Personal, ohne besondere Hygienezusatzausbildung und Medizinstudierende im Pflegepraktikum.
Personal mit kürzerer Hygieneausbildung, etwa Hygienebeauftragte in der Pflege (Krankenhaus) oder Hygienebeauftragte in der Altenpflege können dieses Büchlein als aktuelle, schnelle Vor-Ort Schulungs- und Argumentationshilfe nutzen. Der Autor vertritt die Fächer Hygiene und Medizinische Mikrobiologie seit über 30 Jahren in voller Breite und würde sich freuen, wenn dieses Pflege Kompakt-Buch allen eine Hilfe wäre.
Definitionen
Manifestationsindex: Anzahl der an einer Krankheit Erkrankten bezogen auf die mit dem gleichen Erreger Infizierten, Angabe in Prozent.
Inzidenz: Neuauftreten einer bestimmten Erkrankung in einer Population innerhalb eines Untersuchungszeitraumes, Angabe in Prozent.
Prävalenz: Anzahl Infizierter an einem bestimmten Stichtag.
Letalität: Zahl der an einer bestimmten Erkrankung Verstorbenen bezogen auf die Erkrankten (%).
Inkubationszeit (IKZ): Zeit zwischen der Aufnahme des Erregers (Infektion) und dem Auftreten der ersten Krankheitssymptome.
Latenzzeit: Anderes Wort für Inkubationszeit, bezogen auf Toxinwirkung oder auch bei viralen Infektionen verwendet.
Kontamination: Haften von Krankheitserregern ohne Vermehrung auf der Haut oder Gegenständen.
Kolonisation: Haften von Krankheitserregern mit Vermehrung auf der Haut, Schleimhaut, Wunden oder Gegenständen.
Biofilm: Bakterielle Siedlungsform in einer Glycokalix oder Matrix, die Schutz vor Antibiotika und Antiseptika bietet.
Superinfektion: Erneute Infektion mit dem gleichen Erreger innerhalb kurzer Zeit, führt zum Rezidiv.
Sekundärinfektion: Zusätzliche Infektion mit einem anderen Erreger, z. B. ausgehend von einer Parainfluenzavirus-Infektion (Schnupfen) eine Zweitinfektion mit Pneumokokken (eitrige Bronchitis).
Bakterielle Infektionen stellen die Mehrheit der während des Aufenthalts in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes entstehenden (nosokomialen) Infektionen. Die generell verminderte Abwehrlage sowie ggf. bestehende Multimorbidität von Patienten oder Bewohnern mit entsprechender Medikation macht sie zu willkommenen »Wirten« für Bakterien.
Bakterien können mit ihrem Stoffwechsel auf unbelebten Flächen, z. B. in trockenen Textilien, Bettdecken, Arbeitsflächen, Tischen etc., zum Teil aber monatelang überleben und infektionstüchtig bleiben.
Sie vermehren sich am besten bei Temperaturen um 36°C und tolerieren beträchtliche Temperaturschwankungen. Potentiell humanpathogene Bakterien vermehren sich in der Regel in einem pH-Bereich von 6–9.
Bei Bakterien unterscheiden wir fakultativ (nur unter bestimmten Bedingungen krankmachende) und obligat (bei Erreichen der Infektionsdosis immer krankmachende) pathogene Gattungen. Während fakultativ pathogene Bakterien in der Regel zu den Mikrobiomen des Menschen (wie z. B. E. coli) zählen, gehören die obligat pathogenen nicht dazu und kommen oft auch aus der Umwelt (z. B. Pseudomonas, Acinetobacter).
Sporenbildung (Dauerformen zur Vermehrung) ermöglicht den bildenden Bakterien eine relative Resistenz gegen Hitze und Desinfektionsmittel (mit Ausnahme der Aldehyde und Perverbindungen). Typische Sporenbildner sind Clostridioides (vormals Clostridium) difficile, Clostridium perfringens und Bacillus cereus.
Biofilme sind Lebensgemeinschaften an Grenzflächen (z. B. Wundgrund, Endoprothesen-Gewebe) Typische Biofilme finden sich z. B. in Wasser- und Abwasserleitungen. Auf z. B Wunden entstehen Biofilme durch die Anlagerung von zunächst wenigen Bakterien der gleichen Art, die sich mittels ihrer Haftorgane (Pili) auf den Wundgrund setzen. Über Botenstoffe sind sie in der Lage, sich gegenseitig wahrzunehmen (Quorum Sense), dann folgt eine »Schleimbildung« (EPS = Extrazelluläre Polysaccharid Schleime aus Exopolysacchariden, Alginaten und Dextranen). Wissenschaftlich ausgedrückt wird dieser Schleim als Matrix oder Glycocalix bezeichnet und bewirkt:
• Schutz der Bakterien vor der Einwirkung von Antibiotika (Toleranz).
• Schutz der Bakterien vor der Einwirkung von Antiseptika.
• Anlagerung auch von Bakterien, die sich sonst nicht ohne weiteres auf dem Wundgrund hätten ansiedeln können.
• Schutz der Bakterien vor Zellen und Wirkmolekülen der körpereigenen Abwehr.
Innerhalb des Biofilms entsteht ein Gleichgewicht zwischen den besiedelnden Bakterien. Dabei können die Bakterien wechselseitig Stoffwechselprodukte für sich verwenden oder, andere Bakterien schädigen und zerstören.
Multiresistente Erreger vereinen in sich verschiedene Resistenzmechanismen. So können sie beispielsweise mit Enzymen Antibiotikamoleküle zerstören (MRGN-Enterobakterien), durch Wandveränderungen die Zielproteine von Antibiotika unbrauchbar machen (MRSA) oder Antibiotika entweder gleich den Eintritt in die Zelle verwehren oder einmal aufgenommene Moleküle wieder aus der Zelle ausschleusen (Pseudomonas aeruginosa).
Derzeitige besonders auffällige multiresistente Erreger sind Staphylococcus aureus als Methicillin-resistente S. aureus (MRSA), Enterococcus species (vor allem E. faecium als Vancomcin- bzw. selten Linezolid und Vancomycin resistente Enterokokken (VRE bzw. LVRE) und verschiedene multiresistente gramnegative Stäbchen (MRGN) ( Tab. 1). Mehr dazu siehe in Abschnitt 14.1.1 ( Kap. 14.1.1).
Tab. 1: Einfache Übersicht der multiresistenten Erreger
Die medizinisch relevanten Pilze werden in drei Gruppen eingeteilt:
Fakultativ pathogene Hefepilze, z. B. Candida species werden von vielen Menschen im Darm getragen und haben in geringeren Mengen keinen Krankheitswert. Allerdings können sich die Hefen stark vermehren, z. B. nach Antibiotikagaben und eine Soorerkrankung kann die Folge sein. Befallen werden auch Zunge und Wangenschleimhaut, kenntlich durch weißliche Beläge. Auch Hautinfektionen – vor allem in feuchten Hautfalten und Windeldermatitis – mit Hefepilzen kommen vor. Katheter- und Portinfektionen führen zu einer Fungämie, die durch unregelmäßiges, oft im Zusammenhang mit Infusionen bzw. Katheternutzung, auftretendes Fieber auffällt. Hefepilze vermehren sich durch Abschnüren von Tochterzellen und können Pseudomycel bilden, mit dem sie in tiefere Gewebsschichten eindringen können.
Diese Gruppe stört durch lästiges Wachstum an feuchten Wänden oder auf Lebensmitteln. Einige Spezies (Aspergillus, Mucor z. B.) können sehr wohl Infektionen auslösen, dies aber in der Regel nur bei stark abwehrgeschädigten Menschen. Einige von ihnen erzeugen krebserregende Toxine, weswegen verschimmelte Lebensmittel verworfen werden müssen. Pilzbesetzte Wände in Gebäuden müssen saniert werden, da disponierte Menschen Allergien gegen Pilzelemente und Stoffwechselprodukte entwickeln. Neben Feuchtigkeit in Mauerwerk (Wänden) kommen als Quelle für Schimmelpilzsporen unter anderem auch Klimaanlagen oder nicht sachgerecht gelagerte Abfälle in Frage, ebenso auch Erde oder Blähtonperlen (Topfpflanzen). Dennoch müssen Topfpflanzen und Hydrokulturen nicht völlig aus Krankenhäusern verbannt werden. Sie dürfen im Empfangs- und Wartebereich platziert werden, nicht jedoch auf Intensivstationen oder Hämatologisch/onkologischen Stationen. Schimmelpilze verfügen über Nähr-, Luft- und Vermehrungsmyzel und vermehren sich über Sporen, die jedoch im Gegensatz zu bakteriellen Sporen keine wesentlich höhere Resistenz gegen Desinfektionsmittel aufweisen.
Diese von der Struktur her den Schimmelpilzen ähnelnde, auf Haut, Haare und Nägel von Mensch und Tier spezialisierte Pilzgruppe ist überall verbreitet. Infektionen treten am häufigsten als »Fußpilz« bzw. »Nagelpilz« in Erscheinung. Ihre sporenähnlichen Vermehrungsköper werden als Konidien bezeichnet. Im medizinischen Bereich sind vor allem sanitäre Einrichtungen betroffen (Bäder, Duschen, etc.). Die häufigsten Infektionen mit Pilzen in Pflegeeinrichtungen sind Dermatophyteninfektionen von Haut und Nägeln.