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Management Know-how für die Praxis

Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. h. c. Helmut Kohlert

Wolfgang Schmid/Rüdiger Schönbohm

Agil und digital

Ein Leitfaden für Führungskräfte

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

1. Auflage 2020

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-035498-2

E-Book-Formate:

pdf:     ISBN 978-3-17-035499-9

epub:  ISBN 978-3-17-035500-2

mobi:  ISBN 978-3-17-035501-9

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Vorwort

 

 

»Schon wieder! Es gibt so viele Bücher zum Thema Digitalisierung und Agilität! Also warum dann noch ein Management-Handbuch?«

Wir betrachten dieses Buch als einen praktischen Ratgeber, der einerseits für die Umsetzung gedacht ist, andererseits es aber nicht versäumt, die wichtigsten Zusammenhänge zwischen Management, Organisation, Methoden und betroffenen Menschen darzustellen.

Wir haben in den letzten gut zehn Jahren, in denen wir uns intensiv mit diesen Themen beschäftigt und unterschiedlichste Kunden beraten haben, festgestellt, dass sich viele Unternehmen noch immer schwer tun mit dem Wandel. Das mag verschiedene Gründe haben. Interessant ist jedoch dabei, dass die Fragestellungen und Probleme weitgehend übertragbar sind, ja sogar fast unabhängig von Branche und Größe (von den ganz Kleinen vielleicht mal abgesehen). Wir haben uns die Frage gestellt, warum ist das eigentlich so? Wie kann es sein, dass ein mittelständischer Dienstleister sich mit ganz ähnlichen Problemen herumschlägt wie ein produzierender Industriekonzern oder Energieversorger?

Die einzige für uns naheliegende Schlußfolgerung: im Kern geht es bei dem notwendigen Wandel weder um Technologie noch um die Einführung der einen oder anderen Methode. All das ist grundsätzlich vorhanden. Die vielen Initiativen, Piloten, Inkubatoren und kleinen Digital-Töchter zeigen das ja auch mehr als deutlich. Die Schwierigkeit liegt vielmehr im nächsten Schritt: der nachhaltigen Veränderung in Richtung eines anderen (Zusammen-)Arbeitens, einer veränderten Führungs- und Unternehmenskultur, einer grundsätzlich neuen Ausrichtung der Unternehmen. Hier tauchen die größten Widerstände auf, denn eines scheint vielen noch immer nicht wirklich bewusst zu sein: der Wandel in ein agiles, vernetztes und digitales Unternehmen ist eine große, äußerst anspruchsvolle Weiterentwicklung der Organisation, die viel Energie, Mut und Ausdauer benötigt.

Dieser Leitfaden soll Führungskräften und Mitarbeitern vor allem zwei Dinge bieten: zum einen die inhaltlichen Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen den unterschiedlichen Themenfeldern aufzeigen und zum anderen Wege skizzieren, wie mit diesen Veränderungsthemen umgegangen werden kann. Dabei stützen wir uns beide auf jeweils mehr als 25 Jahre operative Berufserfahrung in ganz verschiedenen Branchen, von denen die letzten 15 Jahre vor allem der Beratung und dem Change-Management gewidmet waren.

In diesem Sinne wünschen wir viel Spaß beim Lesen und relevante, vielleicht auch neue Einsichten für den eigenen Arbeitsalltag! Anregungen und Kommentare sind immer willkommen. Sie finden uns beide im Web unter www.going-mad.de sowie www.tyscon.com und natürlich auch auf LinkedIn und Xing.

 

Im November 2019

Dr. Wolfgang Schmid und Rüdiger Schönbohm

Erklärung der Symbole im folgenden Text

Images Beispiele aus der Praxis

Images Aktuelle Informationen und Tipps

Inhaltsverzeichnis

 

 

  1. Vorwort
  2. 1 Einführung und Übersicht
  3. 1.1 Agil & digital – ein Versuch der Strukturierung
  4. 1.2 Das Denkmodell von »Treibern und Trends«
  5. 1.3 Megatrends und Treiber
  6. 1.4 Trends und pragmatische Handlungsempfehlungen
  7. 2 Was hat agil mit digital zu tun?
  8. 2.1 Digitale Transformation – nur ein Hype?
  9. 2.2 Was heißt »digital« – eigentlich?
  10. 2.3 Ursprünge des Internets und der Siegeszug der Smartphones
  11. 2.4 IoT und Industrie 4.0
  12. 2.5 Veränderte Kommunikation ändert alles
  13. 2.6 Was ist »agil« – und was nicht?
  14. 2.7 Taylorismus und Industriezeitalter
  15. 2.8 Lean-Konzepte
  16. 2.9 Agiles Arbeiten und Führen
  17. 2.9.1 Agiles Arbeiten
  18. 2.9.2 Das agile Vorgehensmodell SCRUM
  19. 2.9.3 Product Owner, Scrum Master und Team – der magische Dreiklang
  20. 2.10 Lean & agil – die Brücke
  21. 2.10.1 Komplex vs. Kompliziert
  22. 2.10.2 Fazit
  23. 3 Digitale Geschäftsmodelle
  24. 3.1 Was ist ein Geschäftsmodell?
  25. 3.2 Die Netzökonomie (Net Economy)
  26. 3.3 Das Schalenmodell der Netzökonomie
  27. 3.4 E-Business und Industrie 4.0
  28. 3.5 Die Macht des Kunden
  29. 3.6 Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle
  30. 3.6.1 Die Digitale Geschäftsidee
  31. 3.6.2 Geschäftsmodell-Architektur
  32. 3.6.3 Geschäftsmodell-Design
  33. 3.7 Der digitale Marktplatz
  34. 3.7.1 Lebenszyklus digitaler Marktplätze
  35. 3.7.2 Anforderungen an einen digitalen Marktplatz
  36. 3.7.3 Wo funktionieren digitale Marktplätze?
  37. 3.7.4 Der Aufbau eines digitalen Marktplatzes
  38. 4 Wie begibt man sich auf die Reise?
  39. 4.1 Das Befähigungsmodell
  40. 4.2 Reifegradmodelle
  41. 4.2.1 Organisatorische Reifegradanalysen
  42. 4.2.2 Digitale Reifegradmodelle
  43. 4.2.3 Spezielle Reifegradmodelle
  44. 4.2.4 Reagieren auf Veränderungen steht über dem Befolgen eines Plans!
  45. 4.2.5 Die Umsetzung immer am Kunden und dessen Wohl ausrichten!
  46. 4.2.6 Menschen begeistern
  47. 4.3 Veränderungsmodelle
  48. 4.3.1 Modell von Kotter
  49. 4.3.2 Deming-Kreis
  50. 4.3.3 ADKAR-Modell
  51. 4.3.4 Lewin-Modell
  52. 4.3.5 Krüger-Modell
  53. 4.4 Änderungsstrategien
  54. 4.4.1 Agiles Veränderungsmodell
  55. 4.4.2 Reißverschluss-Modell nach TYSCON
  56. 4.4.3 Die Lernende Organisation – der 4E-Zyklus nach EUTAS
  57. 4.4.4 7-Phasen-Veränderungsmodell von Streich
  58. 4.5 Die 7 Schlüsselbefähiger (Enabler)
  59. 5 Fähigkeiten und Kompetenzen
  60. 5.1 Die Rolle der Schlüsselbefähiger
  61. 5.1.1 Die Vision als Befähiger
  62. 5.1.2 Werte und Prinzipien als Befähiger
  63. 5.1.3 Leadership als Befähiger
  64. 5.1.4 Prozesse als Befähiger
  65. 5.1.5 Technologie und Methoden als Befähiger
  66. 5.2 Die Rolle der intrinsischen Motivation als Befähiger
  67. 5.3 Die Bedeutung der intrinsischen Motivation für agile Teams
  68. 5.4 Die Macht der Netzwerke – Community Management
  69. 5.5 Blended Learning
  70. 5.6 Agiles Lernen
  71. 5.7 Agile und digitale Kompetenzen
  72. 6 Agilität in der Organisation
  73. 6.1 Agile Einheiten
  74. 6.2 Die 3 Ebenen der Agilität
  75. 6.3 Agile Teams und alternative Konstellationen
  76. 6.4 Agile Teams und ihr Lebenszyklus
  77. 6.4.1 Phase I – Evaluation: Strategie-Check und Freigabe
  78. 6.4.2 Phase II – Vorbereitung
  79. 6.4.3 Phase III – Das agile Team arbeitet
  80. 6.4.4 Phase IV – Abschluss und Transfer
  81. 6.5 Skalierung
  82. 6.5.1 Horizontale Skalierung – agile Domänen
  83. 6.5.2 Vertikale Skalierung
  84. 6.6 Hybride Organisation
  85. 6.6.1 Die Bausteine der hybriden Organisation
  86. 6.6.2 Framework hybrider Organisationen
  87. 7 Zehn Schritte in ein agiles, vernetztes Unternehmen
  88. 1. Schritt: Machen Sie sich schlau!
  89. 2. Schritt: Ermitteln Sie Potenziale und Risiken!
  90. 3. Schritt: Standortbestimmung
  91. 4. Schritt: Legen Sie die Ausrichtung fest!
  92. 5. Schritt: Schaffen Sie geschützte Räume!
  93. 6. Schritt: Probieren Sie’s einfach aus – die Pilotierung
  94. 7. Schritt: Beobachten, evaluieren, anpassen!
  95. 8. Schritt: Operationalisieren und Skalieren!
  96. 9. Schritt: Lernen, Expertise und Fähigkeiten ausbauen!
  97. 10. Schritt: Organisation gesamthaft agil weiterentwickeln!
  98. Grundsätze
  99. Anhang I: Agil & Digital – Beispiele für die erfolgreiche Umsetzung in der Praxis
  100. M-Pesa (Kenia)
  101. Babajob
  102. Estland Digital (Estland)
  103. Haier Group (China)
  104. Kreatize (Deutschland)
  105. Saubermacher AG (Österreich)
  106. TransferWise (Großbritannien)
  107. Altenheim digital (Deutschland)
  108. Digitale Landwirtschaft
  109. Die transparente Stadt
  110. Digitales Handwerk
  111. Industrie 4.0
  112. Augmented Reality in der Projektlogistik
  113. Minecraft
  114. Anhang II: Diagnostik – Persönlichkeitsdiagnostik LUXXprofile
  115. Ablauf einer Persönlichkeitsdiagnostik
  116. Die 15 LUXXprofile-Lebensmotive
  117. Anhang III: Collaboration Werkzeuge – Ein Leitfaden für Führungskräfte
  118. Literaturverzeichnis

1          Einführung und Übersicht

 

1.1       Agil & digital – ein Versuch der Strukturierung

Agilisierung und Digitalisierung, agile und digitale Transformation sind Hype-Begriffe aus dem 1. und 2. Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts. Sich agil und digital zu transformieren gilt bei den einen als Heilsbringer, für die anderen sind das reine Buzzwords. Allein deshalb posten, schreiben und reden Hundertschaften von Beratern und Influencer zu den Themen agil und digital. Neben bekannten und unbekannten Impulsgebern, Beratern und Coaches wird viel Stückwerk veröffentlicht und vieles dient nicht der Klärung und Hilfestellung für Unternehmen, sondern eher der Verwirrung.

Dieses Buch soll entwirren. Es soll Praxishilfe für agiles und digitales Arbeiten geben, indem es von konkreten Beispielen berichtet und anwendungsorientierte Tipps liefert. Es sollen aber auch sechs »große« Fragen beantwortet werden, denn ohne die dazu gehörenden Antworten ist agile und digitale Praxis nicht möglich. Die 6 zentralen Fragen und Antworten und damit die Struktur dieses Buches sind deshalb folgende:

1.              Was bedeutet »agil & digital«? Dabei geht es einerseits um die Begriffsdefinition und andererseits um die Ursachen und Treiber für deren Bedeutung.

Wir verstehen agil als mögliches organisatorisches Handeln, das insofern zeitgemäß und notwendig ist, als dass sich technologische, gesellschaftliche, politische und ökonomische Rahmenbedingen vergleichsweise schnell ändern. Digital sehen wir einerseits als technologischen Treiber und andererseits als Befähiger, um gesellschaftliche, politische und ökonomische Rahmenbedingen zu gestalten (image Abb. 1).

2.              Warum haben »agil & digital« so eine große Bedeutung? Hinter dieser Frage stehen der Sinn und der Nutzen für agiles und digitales Arbeiten. Warum sollte man darin investieren? Was wäre der Mehrwert?

Um zu prosperieren, müssen sich Unternehmen den holistischen Treibern Politik, Gesellschaft, Ökonomie und Technologie stellen. Dem Treiber Technologie ist die höchste Veränderungsgeschwindigkeit immanent. Digitales Arbeiten ermöglicht dem neuen Umfeld entsprechende Geschäftsmodelle, Services und Produkte sowie veränderte Prozesse (was müssen Unternehmen tun, um ihren Unternehmenszweck zu

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Abb. 1: »Agil und digital« im Kontext der technologischen Veränderungsgeschwindigkeit

erfüllen). Agile Organisationen unterstützen die Anpassungsfähigkeit der Unternehmen an die Geschwindigkeitsveränderung der holistischen Treiber. Die Evolution zeigt: Nicht die Stärksten, sondern die Anpassungsfähigsten werden überleben – ansonsten würden heute noch Dinosaurier leben. Sinngemäß gilt das auch für Unternehmen (image Abb. 2).

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Abb. 2: »Agil und digital« als Befähiger für Unternehmenszwecke

3.              Wie entwickelt man (agil) digitale Geschäftsmodelle? Was ist der Unterschied zwischen »realer« und digitaler Wertschöpfung?

Digitalisierung bedeutet nicht einfach eine App zu entwickeln oder einen Online-Shop zu platzieren. Das Verständnis digitaler Wertschöpfungsmodelle und einige darauf aufbauende strategische Überlegungen sind essenzielle Grundlagen für die sogenannte Digitalisierung (image Abb. 3).

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Abb. 3: Werteketten der realen und digitalen Wertschöpfung (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kollmann, 2013, S. 47)

4.              Wie geht man die Themen agil & digital an? Gibt es Strategien, Vorgehensmodelle und Best Practices? Agiles und digitales Arbeiten ist nicht neu.

Der Begriff agil im Kontext betriebswirtschaftlichen Arbeitens existiert spätestens seit den 1990er Jahren. Entsprechend gibt es vielfache erprobte Strategien, Erfolgsmodelle und Praxisbeispiele. Digitales Arbeiten existiert spätestens seit der Erfindung der Mikroprozessoren und in der Breite seit der Nutzung von PCs. Technologische Meilensteine wie das Web 1.0 bis 3.0 haben das digitale Arbeiten maßgeblich verändert. Das Buch gibt strukturierte Empfehlungen, wie man in Unternehmen agiles und digitales Arbeiten einführt und weiterentwickelt (image Abb. 4).

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Abb. 4: Ebenen der Veränderung im Kontext »agil & digital«

5.              Was sind die Schlüsselbefähiger, also die Faktoren, die Unternehmen dazu befähigen, das Richtige richtig zu tun, wenn es um agiles und digitales Arbeiten geht?

Die Schlüsselbefähiger stellen die Parameter oder »Stellschrauben« dar, welche tatsächlich im Kontroll- und Einflussbereich von Unternehmen sind. Wir klären die Bedeutung der unten aufgeführten Schlüsselbefähiger, deren Zusammenhänge und Wechselwirkungen sowie Relevanz für agiles und digitales Arbeiten (image Abb. 5).

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Abb. 5: Schlüsselbefähiger

Welche Fähigkeiten und Kompetenzen sollten Führungskräfte und Mitarbeiter entwickeln, damit agiles und digitales Arbeiten sinnvoll und wertschöpfend wird? Wir gehen der Frage nach, welche »weichen« Faktoren eine zentrale Rolle spielen und wie sich der notwendige Paradigmenwechsel gestalten lässt (image Abb. 6).

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Abb. 6: Notwendige Fähigkeiten in agilen und digitalen Geschäftswelten

Jedes Unternehmen muss dabei seinen individuellen Weg gehen. Denn Marktumfeld, Branche und Unternehmensstruktur haben einen erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung des Wandels. Die Antworten auf die genannten sechs zentralen Fragen sollen dabei eine wertvolle Hilfestellung geben.

6.              Welche organisationalen Fähigkeiten müssen erarbeitet werden, damit agiles und digitales Arbeiten seinen vollen Nutzen entfalten kann?

Damit die Schlüsselbefähiger wirken können, müssen Unternehmen in diesen Feldern bestimmte Fähigkeiten erlangen, d. h., als Unternehmen bestimmte Dinge beherrschen. Diese werden als organisationale Fähigkeiten bezeichnet und bilden die Summe all dessen, was ein Unternehmen als Organisation »kann« (image Abb. 7).

Dieses Buch richtet sich in erster Linie an Führungskräfte und Mitarbeiter von kleineren bis mittleren Unternehmen (KMU und Mittelstand). Es enthält die gesammelten Erfahrungen der Autoren aus über 10 Jahren Projekt- und Beratungspraxis in der Organisationsentwicklung im agilen und digitalen Kontext. Wir hoffen daher, dass auch andere Interessierte einige wertvolle Anregungen mitnehmen können.

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Abb. 7: Organisationale Fähigkeiten

Bevor wir versuchen, diese 6 zentralen Fragestellungen zu beantworten, soll ein kontextuales Verständnis vermittelt werden. Es geht dabei um die Bereiche, die sich zunächst dem Kontroll- und Einflussbereich von Unternehmen entziehen, die aber trotzdem mittelbar auf Unternehmen wirken.

Dieses Modell, das den Zusammenhang zwischen dem Umfeld von Unternehmen und seinem Kontroll- und Einflussbereich aufzeigt, ist insofern wichtig, als dass es die Notwendigkeit von Veränderungen und im speziellen die Notwendigkeit von agilem und digitalem Arbeiten beschreibt.

1.2       Das Denkmodell von »Treibern und Trends«

Das Denkmodell folgt bewusst einem Ursache-Wirkungs-Prinzip. Dies mag insofern ungewöhnlich erscheinen, als man doch derzeit von einem vorherrschenden komplexen Umfeld spricht, also einem Umfeld, das eben nicht durch reine Logik und Ursache-Wirkung zu erklären wäre.

Komplexitätsreduktion ist nach Meinung der Autoren aber nach wie vor ein hilfreiches Mittel, um Sachverhalte besser zu verstehen und Vorgänge im Wirtschaftsleben handhabbarer zu machen. Man denke dabei nur an das Baukastensystem in der Produktentwicklung, das Toyota-Produktionssystem, die Anwendung des Pareto-Prinzips im Vertrieb oder die Beschaffung nach dem Muster von ABC-Teilen.

In dem Denkmodell von Treiber und Trends kann folgendes Bild gezeichnet werden.

Die großen holistischen Treiber sind

•  Gesellschaft,

•  Politik,

•  Ökonomie und

•  Technologie.

Diese »Einteilung« folgt der STEP-Analyse1 (auch bekannt als PEST-Analyse) und ist ein Modell der externen Umfeldanalyse. Oft wird es von Unternehmen eingesetzt, um Marktchancen zu evaluieren.

Der holistische Treiber Technologie, vor allem die digitale Technologie, ist derjenige mit der größten Veränderungsgeschwindigkeit. Dadurch hat er maßgeblichen Einfluss auf Gesellschaft, Politik und Ökonomie (Unternehmen). Dies ist der Grund, warum Digitalisierung (in seiner Meta-Bedeutung) so im Fokus steht und komplexe Auswirkungen auf »alles und jeden« hat. Technologie verändert sich exponentiell immer schneller (image Abb. 8).

Gesellschaften, im soziologischen Sinne, verändern sich vergleichsweise langsam. Von der typischen soziologischen Schule eines Karl Marx bis hin zur Systemtheorie von Luhmann2 dauerte es ca. 100 Jahre. Trotzdem: Eine offene, liberalere Gesellschaft ermöglicht eher technologischen Fortschritt. Videoüberwachung verschafft vielleicht einerseits Sicherheit, andererseits ist Big Data für etliche Regierungen auch ein Mittel zum Zweck, um ihre Machtposition zu manifestieren. Die gewandelte Gesellschaft fordert Informationen in Echtzeit – immer und überall. Aber nicht nur Informationen, sondern auch Waren. Deshalb liefert Amazon Prime am nächsten Tag und hinter dieser Leistung steckt »digitale Höchstleistung«.

Politik, im Sinne von Systemen und Staatsformen, ändern sich vielleicht manchmal disruptiv (Revolution), aber im Allgemeinen evolutionär langsam.

Ökonomie – betriebswirtschaftlich gesehen – ändert sich auch nur langsam. Die doppelte Buchführung aus dem 16. Jahrhundert wird heute noch angewendet. Trotzdem: Die Ökonomie erwartet sich vom Internet der Dinge einen Quantensprung in Produktions- und Serviceprozessen. Die Produktivität soll dadurch nochmals enorm steigen. Die Wertschöpfung verschiebt sich zunehmend in den virtuellen Bereich. Eine Sharing-Ökonomie3 entsteht, die auf digitalen Plattformen (Marktplätzen) aufbaut und damit Wirtschaftszweige radikal verändert. Die Markttransparenz ist hoch, Preise und Leistungen weltweit vergleichbar. Die Sharing-Ökonomie verändert zunehmend auch Lebensmodelle.

Nach dem Mooreschen Gesetz4 verdoppeln sich die Rechnerleistungen alle 12 bis 24 Monate. Wir haben es also mit einem exponentiellen Wachstum zu tun. Die

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Abb. 8: Signifikante Zunahme der Entwicklungsgeschwindigkeiten (Quelle: McKinsey Global Institute5)

Leistungsfähigkeit von Rechnern zur Speicherung und Verarbeitung von Daten ist so enorm, dass etliche Fachleute davon sprechen, wir wären bereits in der Nähe der Singularität, also in einem Zusammenhang, in dem eine kleine Ursache eine große Wirkung hervorruft. Eng verbunden ist der Begriff der Singularität mit dem Begriff der Komplexität, die wiederum die Basis für empfundenes Chaos und Singularitäten ist. So finden sich in der unternehmensrelevanten Umwelt zunehmend Erscheinungen, die durchaus vergleichbar mit Phänomenen der System- und Chaostheorie sind, wie die durch die Vernetzung entstandenen zahlreichen Interdependenzen, die geringe und nur kurzfristig mögliche Vorhersagbarkeit von Marktentwicklungen, die Verdichtung von Informationen in Raum und Zeit und die immer häufiger fehlende Möglichkeit, zwischen richtigen und falschen Handlungen zu unterscheiden.

Der Treiber der digitalen Technologie besitzt die höchste Veränderungsgeschwindigkeit und hat damit den maßgeblichen Einfluss auf Gesellschaft, Politik und Ökonomie (Unternehmen).

Diese Vergleiche über unterschiedliche Veränderungsgeschwindigkeiten der holistischen Treiber sind offensichtlich nicht wissenschaftlich fundiert, aber plausibel. Diese immer wirksamen Treiber und deren Wechselwirkungen untereinander lassen Megatrends entstehen. Der Begriff Megatrend wurde vom Zukunftsinstitut6 geprägt. Megatrends zeichnen sich dadurch aus, dass man sie nicht voraussagen muss, denn sie sind schon da und »markieren Veränderungen, die uns schon lange prägen und auch noch lange prägen werden. Megatrends sind Tiefenströmungen des Wandels. Als Entwicklungskonstanten der globalen Gesellschaft umfassen sie mehrere Jahrzehnte. Ein Megatrend wirkt in jedem einzelnen Menschen und umfasst alle Ebenen der Gesellschaft: Wirtschaft und Politik, sowie Wissenschaft, Technik und Kultur.« Megatrends entziehen sich ebenso wie die Treiber unserem unmittelbaren Kontroll- und Einflussbereich, aber sie wirken als Umfeld und machen unser Handeln notwendig, um zu überleben bzw. um das Wohl von Menschen, Unternehmen und Gesellschaften zu gestalten.

Um das Ursache-Wirkungs-Prinzip zwischen Treibern und Megatrends zu verdeutlichen, mag folgendes Beispiel dienen:

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Die technologische Erfindung des Internets, ökonomischer Freihandel und politischer Wandel hin zu gemeinschaftlichen Vereinigungen wie z. B. der EU (Treiber) beeinflussen sich gegenseitig und schaffen einen Megatrend der Konnektivität (im Sinne von Vernetzung). Oder: Die technologische Erfindung des Internets und eine offene demokratische Gesellschaft (Treiber) generieren eine Kultur des Megatrends Wissen.

1.3       Megatrends und Treiber

Betrachtet man die Megatrend-Map des Zukunftsinstitutes (image Abb. 9), so erkennt man 8 Megatrends, die größte Gemeinsamkeiten besitzen. Größte Gemeinsamkeit bedeutet hier, dass an den Knotenpunkten sich mindestens 3 Megatrends »überlappen«.

Die Megatrends mit den größten Gemeinsamkeiten sind:

•  Urbanisierung

•  Sicherheit

•  Konnektivität

•  Individualisierung

•  Wissenskultur

•  Gesundheit

•  Neo-Ökologie und

•  New Work

Megatrends prägen wiederum Trends, sozusagen die Detaillierung der Megatrends. Die größten gemeinsamen Trends der acht genannten Megatrends sind folgende:

•  Kollaboration (Trend aus Konnektivität, Wissenskultur und New Work)

•  Internet of Things (Trend aus Konnektivität, New Work und Sicherheit)

•  Big Data (Trend aus Urbanisierung, Gesundheit und Konnektivität)

•  Achtsamkeit (Trend aus Neo-Ökologie, Individualisierung und Gesundheit)

•  Digital Health (Trend aus Gesundheit, Sicherheit und Konnektivität)

•  Self-Tracking (Trend aus Gesundheit, Sicherheit und Konnektivität)

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Abb. 9: Megatrend-Map (Quelle: Zukunftsinstitut, 20197)

•  Digital Literacy (Trend aus Konnektivität, New Work und Wissenskultur)

•  Blockchain (Trend aus Konnektivität, New Work und Urbanisierung)

•  Business Ecosystems (Trend aus Konnektivität, New Work und Urbanisierung)

Auffallend bei dieser »Analyse« ist, dass alles – mit Ausnahme des Trends Achtsamkeit – sich um »Digitalisierung« dreht, wenngleich nicht ausschließlich. Digital Health ist sicher per se ein digitales Thema, wobei die Entwicklung und Umsetzung natürlich nicht allein digital gelingen kann.

Konnektivität, der am meisten auftretende Megatrend, hat offensichtlich einen digitalen Schwerpunkt. Phänomene wie Social Media, künstliche Intelligenz, Augmented Reality etc. werden dadurch unter dem Gesichtspunkt des Megatrends Konnektivität als Tiefenströmung des Wandels erklärbar.

Die oben aufgeführten Trends haben in der Betrachtung aller Megatrends die meiste, »gewichtete« Bedeutung (zugegeben auf einer plausibilitäts-analytischen Ebene) und haben bis auf eine Ausnahme eindeutig digitalen Charakter. Auch das ist wiederum ein Grund, warum die sogenannte Digitalisierung so eine hohe Bedeutung für uns alle hat und Gegenstand dieses Buches ist. Treiber und Trends, die per Definition immer wirken, zeigen die Bedeutung der Digitalisierung auf (image Abb. 10).

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Abb. 10: Zusammenhang holistischer Treiber mit Trends

Wie gehen nun Gesellschaft, Politik und Ökonomie (Wirtschaft und Unternehmen) mit digitaler Technologie um? Die Politik versucht eine Antwort mit Hilfe von Industrie 4.0 und Arbeit 4.0 zu finden (image Abb. 11).

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Abb. 11: Zusammenhang holistischer Treiber mit Industrie und Arbeit 4.0

Unter dem Gesichtspunkt des Treibers Ökonomie nutzen Unternehmen ihre Möglichkeiten der Gestaltung anhand von Schlüsselbefähigern, organisationalen Fähigkeiten und Kompetenzen. Dazu weiter unten mehr.

Diese 4.0-Phasen wie Arbeit 4.08 oder Industrie 4.09 – beides Initiativen der Bundesregierung – sind immer Versuche, Megatrends in operationalisierbare Programme zu fassen. Andere 4.0-Phasen wie z. B. Consulting 4.0 oder Planen Bauen 4.0 sind im Wesentlichen branchen- oder prozessspezifische Ausprägungen der zwei erstgenannten Konzepte. Auch wenn das Anhängsel »4.0« unterdessen zum modischen Ausdruck von Modernität geworden ist, so hat es doch eine vernünftige Bedeutung zur Unterscheidung und Einordnung des Reifegrades von Branchen, Prozessen oder Themen wie eben Arbeit und Industrie.

Dominic Lindner10 schlägt folgende Unterscheidung vor: In einer 1.0-Phase ist der Gegenstand noch ohne große Technologie ausgestattet und funktioniert mit reiner Mechanik (Beispiel Kutsche). In einer 2.0-Phase erfährt der Gegenstand durch Elektrik/Elektronik einen höheren technologischen Reifegrad (Beispiel Starter im Automobil). In der 3.0-Phase kommt Informationstechnologie (Soft- und Hardware, also z. B. das Navigationsgerät im Automobil) zum Einsatz, während in der 4.0-Phase intelligente Automatisierung als weitere Revolution zu verstehen ist (autonomes Fahren).

Arbeit 4.0 beschäftigt sich weniger mit den technologischen Aspekten als mit aktuellen und zukünftigen Arbeitsformen in der gesamten Arbeitswelt des digitalen Zeitalters. Ergebnisse der Dialogprozesse aus dem »Arbeit 4.0«-Programm sind die Erkenntnis, dass Digitalisierung und Megatrends die wichtigsten Treiber für die Arbeitswelt darstellen. Weitere identifizierte Ergebnisse aus Arbeit 4.0 sind die Spannungsfelder aus Technologie und Wirtschaft11:

•  »Wie wirken sich neue Geschäftsmodelle wie digitale Plattformen auf die Arbeit der Zukunft aus«? (→ Megatrend »Konnektivität«)

•  »Wie kann der berechtigte Anspruch der Beschäftigten auf Datenschutz sichergestellt werden?« (→ Megatrend »Sicherheit«)

•  »Auf welche Weise können Maschinen zur Unterstützung und Befähigung des Menschen im Arbeitsprozess beitragen?« (→ Megatrend »Konnektivität«)

•  Wie können Lösungen aussehen, die zeitliche und räumliche Flexibilität auch für Beschäftigte zu verbessern?« (→ Megatrend »Mobilität«)

•  Wie sieht das moderne Unternehmen der Zukunft aus, das vielleicht nicht mehr in allen Fällen dem Bild des klassischen Unternehmens entspricht, aber dennoch Teilhabe und soziale Sicherheit ermöglicht? (→ Megatrend »New Work«)

Arbeit 4.0 beschäftigt sich aber auch mit dem Trend »Big Data« und sieht sich mit den Herausforderungen des Trends Business Ecosystems (Vernetzung und Automatisierung von teil- bis selbstorganisierten ökonomischen Netzwerken) konfrontiert.

Orientierungshilfen zu Themen aus Arbeit 4.0 gibt u. a. die Initiative Offensive Mittelstand12. Das Industrie 4.0-Programm (als Vierte Industrielle Revolution) hat hingegen einen digitalen und technologischen Fokus. Es geht zunächst um die intelligente Automatisierung und Digitalisierung der Produktion, weiter gefasst aber um alle Phasen des Lebenszyklus’ eines Produktes, also von der Entwicklung bis zum Recycling.

Industrie 4.0 versucht, den Megatrend »Konnektivität« dem Produktionsprozess – und anderen Prozessen – nutzbar zu machen. Den Megatrend »Wissenskultur« aufnehmend, werden riesige Enterprise Social Network (ESN)-Lösungen entwickelt. Für die Neo-Ökologie gibt es Projekte unter dem Namen Circular Economy, die das lineare Modell der Ressourcenausbeutung ablösen möchten, in dem Stoffströme zu Kreisläufen geschlossen werden und dies nicht nur aus ökologischen, sondern ökonomischen Chancen geschieht.

Der Trend »Big Data« wird nicht nur für die Versicherungsbranche zur Herausforderung13 und ist unter dem Aspekt Industrie 4.0 sowieso nicht mehr wegzudenken. Die Wechselwirkungen zwischen Treibern, Trends und den 4.0-Programmen (image Abb. 12) sind hier nur unvollständig aufgeführt. Im Anhang I des Buches werden konkrete Beispiele aufgezeigt. An dieser Stelle ist für Unternehmen »nur« wichtig zu erkennen, dass sie

1.  die holistischen Treiber und vor allem die besondere Stellung der digitalen Technologie und deren dynamische Entwicklungsgeschwindigkeit verstehen,

2.  sich mit Ergebnissen aus Industrie 4.0 und Arbeit 4.0 auseinandersetzen und versuchen davon zu profitieren,

3.  in jedem Megatrend oder Trend Chancen für ihre Geschäftsmodelle suchen, denn diese sind mehr oder weniger überall, also auch potenziell bei Kunden wirksam.

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Abb. 12: Holistische Treiber, Trends und 4.0-Bewegungen

Wenn Industrie 4.0 und Arbeit 4.0 in einem Dialogprozess Versuche der Politik sind, mit dem digitalen Zeitalter umzugehen, dann – um in einer sprachlichen Analogie zu bleiben – geht es aus der Sicht des Treibers Ökonomie um das Unternehmen 4.0.

Das Unternehmen 4.0 muss sich mit seinen

•  Schlüsselbefähigern

•  organisationalen Fähigkeiten und

•  Kompetenzen

dem digitalen Zeitalter stellen (image Abb. 13).

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Abb. 13: Unternehmen im Kontext von Treibern und Trends

Die bisherigen Ausführungen sollen fünf wesentliche Punkte zeigen:

1.  Der wichtigste holistische Treiber ist die hohe Geschwindigkeitsveränderung der (digitalen) Technologie.

2.  Die holistischen Treiber lassen Megatrends und in der Folge Trends entstehen, die zunächst einmal als Phänomene das Umfeld auch schon jetzt prägen und uns zum Handeln auffordern, wenn wir als Unternehmen überleben und prosperieren wollen.

3.  Megatrends und Trends sind vielfach geprägt durch digital-technologische Aspekte.

4.  Industrie und Arbeit 4.0 sind politische Initiativen, wie mit Fragestellungen aus der Digitalisierung und den damit verknüpften Herausforderungen in der gesamten Arbeitswelt umzugehen ist.

5.  Das Unternehmen 4.0 muss Treiber und (Mega-)Trends aufgreifen, um zu überleben und zu prosperieren. Treiber und (Mega-)Trends sind Herausforderungen und Chancen zugleich.

Daher stellt sich die Frage, wie Unternehmen auf dem Weg zum Unternehmen 4.0 mit dieser hohen Geschwindigkeitsveränderung und der hohen Komplexität umgehen können. Eine Antwort lautet: mit Agilität! Um möglichen Vorbehalten an dieser Stelle schon den Wind aus den Segeln zu nehmen: Es geht bei agilem Arbeiten darum, professionell und hocheffizient zu arbeiten. Das bedeutet, den besten Standard einzuhalten, den es derzeit gibt14. Und das kann gar nicht falsch sein.

Zudem sei an das folgende Zitat erinnert, das im Übrigen nicht von Charles Darwin stammt, sondern von Leon C. Megginson, einem Professor für Business Management an der Universität von Lousiana15: »It is not the strongest of the species that survives, nor the most intelligent, but the one most adaptable to change.«

1.4       Trends und pragmatische Handlungsempfehlungen

Bevor die »Was-Wie-Warum-Fragen« beantwortet werden, sollen die Trends, die ja schon die Konkretisierungen der Megatrends sind, genauer betrachtet werden. Und es sollen vor allem pragmatische Handlungsempfehlungen formuliert werden.

Die Trends werden zuerst genauer beleuchtet (Was ist der Trend?) und dann deren Zusammenhänge und Wechselwirkungen betrachtet, um anschließend Handlungsempfehlungen zu skizzieren. Macht die Betrachtung von Zusammenhängen und Wechselwirkungen das Bild der Trends zunächst komplexer, so wird dann doch klar, dass daraus mit vereinzelten Maßnahmen Lösungsansätze entwickelt werden können, die an komplexen Zusammenhängen ihre Wirkung zeigen. Die Arbeiten der Autoren bezogen sich in den letzten Jahren im Schwerpunkt auf die in Abbildung 14 folgenden Trends.

Alle Trends, mit Ausnahme des Trends Social Networks (Megatrend Konnektivität), sind dem Megatrend »New Work« zuzuordnen. Die Netzökonomie ist ein Überbegriff, der viele dieser Trends, die ja zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen, umfasst. Die Trends werden im Folgenden zunächst erklärt und mit Beispielen erläutert, Zusammenhänge zwischen ihnen aufgezeigt und abschließend Handlungsempfehlungen dazu ausformuliert.

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Abb. 14: Übersicht der Trends mit Handlungsempfehlungen

Business Ecosystems (Ökosysteme)

Business Ecosystems16gelten als eine Wirtschaftsgemeinschaft aus interagierenden Organisationen und Einzelpersonen – den Organismen der Geschäftswelt. Die Wirtschaftsgemeinschaft produziert Güter und Dienstleistungen, die für die Kunden von Wert sind, die selbst Mitglieder des Ökosystems sind. Zu den Mitgliedsorganismen zählen auch Zulieferer, führende Produzenten, Konkurrenten und andere Interessengruppen. Im Laufe der Zeit entwickeln sie ihre Fähigkeiten und Rollen zusammen und neigen dazu, sich an den Anweisungen eines oder mehrerer zentraler Unternehmen auszurichten. Ein Orchestrator richtet die Unternehmen auf Wertschöpfung aus, die aus Kundensicht »die Summe der Einzelbeiträge der Unternehmen übersteigt«. Die Digitalisierung liefert ihren Beitrag durch die Senkung der Transaktionskosten zwischen den Unternehmen. Ein gemeinsames Leistungsversprechen ist Voraussetzung. Business Ecosystems setzen Formen der Konnektivität durch Collaboration und Co-Working voraus. Der Unterschied zu der üblichen Kooperation liegt darin, dass die Zusammenarbeit kein notwendiges Übel darstellt, sondern integraler Bestandteil des Geschäftsmodells ist. Es muss also eine Art Symbiose im Ökosystem vorherrschen.

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Beispiele für Ökosysteme:

•  BMW und Daimler bauen in Berlin zusammen ein Car-Sharing-Center auf17.

•  Airbus und Boeing nutzen gemeinsame Zuliefersysteme.

•  28 von 30 DAX-Konzernen bauen Labs und Start-ups als Innovation Ecosystems auf18.

•  Apple bietet unter seiner Marke eine ganze Familie an Geräten und Zubehör an, die durchaus von unterschiedlichen Herstellern stammen, aber aufgrund ihrer Konnektivität und Kompatibilität einen erheblichen Mehrwert für den Kunden darstellen19.

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Prüfen Sie, ob auf Unternehmensebene oder zwischen Fachbereichen von Unternehmen eigene Ökosysteme Sinn machen, ob auf Basis einer gemeinsamen Vision ein hervorragendes Leistungsversprechen für Kunden, verbunden mit der Senkung von Transaktionskosten, möglich ist. Digitalisieren Sie, vor allem an den Stellen mit Kontakt zum Kunden und zu Partnern, Ihre internen Prozesse. Aber übersehen Sie dabei nicht, dass durchgängige digitalisierte Prozesse den größten Nutzen bringen. Digitalisieren Sie möglichst zuerst intern, da dies die besten Voraussetzungen für digitalisierte Prozesse »nach außen« darstellt. Digitale Vernetzung mit Ihren Business Partnern in einem Ökosystem erleichtert die gemeinsame Arbeit, macht sie transparent und effizient. Arbeiten Sie mit Ihren Partnern auf einer digitalen Plattform und richten Sie gegebenenfalls Co-Working Spaces ein. Um ein Business Ecosystem aufzubauen, benötigen Sie alle Schlüsselbefähiger.

Service-Ökonomie

Service-Ökonomie (As-a-Service-Geschäftsmodell) beschreibt das Phänomen, dass der Dienstleistungssektor einen immer größeren Anteil an der Wertschöpfung einnimmt20.

Man kann das ökonomisch dadurch erklären, dass Wirtschaft immer mehr auf Wissen und Information basiert. Die technologischen Wurzeln sind darin begründet, dass verstärkt digitale Prozesse zum Einsatz kommen, die im Charakter zunächst einmal immer Dienstleistungen sind (außer es handelt sich um Fertigungsprozesse wie z. B. beim 3D-Druck). Gesellschaftspolitische Gründe liegen wohl darin, dass Zeit- und Lebensqualität inzwischen einen höheren Stellenwert in der Gesellschaft einnimmt als der »alleinige Konsum von Gütern«. Im Speziellen kann dies aber auch bedeuten, dass Konsum- und Industriegüter nicht mehr gekauft werden, sondern nur die Leistung des Produktes gemietet wird.

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Beispiele:

•  Nutzung von Smartphones und deren Apps (Technologie)

•  Mobilität statt ein Autokauf (Wirtschaft)

•  Druckluft mieten21 statt Kompressor kaufen (Wirtschaft)

•  Pay-per-Lux-Modell22 von Philips (Wirtschaft)

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–  Die Service Ökonomie verlangt neue Geschäftsmodelle »As-a-service«, die nicht das Produkt selbst, sondern seine Nutzung und den daraus resultierenden Mehrwert für den Kunden beinhalten. Das bedeutet in erster Linie, sich mit dem Nutzungskonzept des eigenen Produktes und des eigenen Portfolios auseinandersetzen und zielgruppenspezifische »As-a-service«-Möglichkeiten zu eruieren.

–  Services müssen dann genau so professionell entwickelt werden wie bislang die Hardware-Produkte.

–  Der Einsatz von Internet of Things (IoT)-Ansätzen, wie z. B. Predictive Maintenance (vorbeugende Wartung), ist zu evaluieren. Oft gibt es (Mess-)Daten, auf deren Basis Dienstleistungen entwickelt werden können. IoT ist damit sicherlich einer der wichtigsten Katalysatoren für die Service Ökonomie.

–  Zielgruppen müssen schon im Marketing und Vertrieb lösungs- und nutzenorientiert angesprochen werden. As-a-service zieht sich also durch die ganze Kette der Kerngeschäftsprozesse, von der Entwicklung, über Marketing und Vertrieb, der Auftragsabwicklung bis zum After Sales. Vieles, wenn auch nicht alles, wird auf Basis digitalisierter Prozesse gestaltet werden.

–  Smartphones und Tablets werden dabei oft die zentralen Werkzeuge der Kundenkommunikation.

Wenn ein Fertigungsunternehmen wie Kaeser Kompressoren vor mehr als 10 Jahren Druckluft as-a-service erfolgreich angeboten hat, andererseits erst 2018 ein Unternehmen zur Produktion von Espressomaschinen darüber nachdenkt wie es per Predictive Analysis den Service rund um seine Produkte verbessern könnte, dann zeigt das nur die große Spannweite in der Industrie auf, zwischen Early Adoptern und denjenigen, die Marktchancen sehr spät aufgreifen oder einfach auch schon verschlafen haben.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass erst Uber die Taxi- bzw. Personenbeförderungsbranche augeschreckt hat und letztendlich dazu bewegte, kundennahe Dienstleistungen über die MyTaxi-App anzubieten. Ohne das personalisierte Kundenerlebnis »Wo ist gerade mein bestelltes Taxi, welches Modell fährt vor und wie heißt der Fahrer?«, hätte die Branche sicher noch größere Probleme als ohnehin schon.

Netzökonomie (Net Economy)

Tobias Kollmann, einer der renommierten deutschen Wissenschaftler auf diesem Gebiet und Autor des Werks »Deutschland 4.0«, definiert:

»Die Net Economy bezeichnet den wirtschaftlich genutzten Bereich von elektronischen Datennetzen (E-Business) und ist damit eine digitale Netzwerkökonomie, welche über verschiedene elektronische Plattformen die direkte oder indirekte Abwicklung oder Beeinflussung von Informations-, Kommunikations- und Transaktionsprozessen erlaubt.«23

Die Net Economy umfasst damit vor allem die drei großen Anwendungsfelder E-Sales, E-Procurement (elektronisch ver- und einkaufen) und E-Marketplace (elektronisch handeln über Plattformen und Marktplätze). Flankiert werden diese Transaktionen durch E-Community (Kontakte knüpfen und nutzen) sowie E-Company (Kooperation zwischen Unternehmen). Während der Vertrieb und Einkauf über das Netz schon lange etabliert sind, haben vor allem in den letzten Jahren die Plattform- und Marktplatz-Konzepte einen beispiellosen Siegeszug angetreten. Sie sind das Paradebeispiel für Dienstleistungen, die ohne das Internet gar nicht möglich wären. Sie verbinden die Trends der Business Ecosystems und Service-Ökonomie, ihre »Produkte« sind reine Dienstleistungen, die einen erheblichen Mehrwert für den Kunden darstellen.

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Beispiele:

•  AirBnB: Vermittlung von Wohnraum ohne eigenen Immobilienbesitz

•  Uber: Vermittlung von Mobilitäts-Dienstleistungen ohne eigene Fahrzeuge

•  Amazon: Verkauf von Produkten über einen elektronischen Marktplatz

•  Wastebox: Vermittlung von Abfall-Entsorgungsleistungen24

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–  Überlegen Sie, ob und wie Sie Ihren Kunden Mehrwerte anbieten könnten, indem Sie zwischen Angebot und Nachfrage als Vermittlungsplattform (Marktplatz) fungieren und damit ein eigenes Wertschöpfungsmodell schaffen.

–  Beginnen Sie bei diesen Überlegungen immer bei den Kunden. Stellen Sie sich die Frage, wo Ihren Kunden bisher »der Schuh drückt«, was aus deren Sicht bisher lästig bzw. unbequem ist und was notwendig wäre, um so viel Mehrwert zu generieren, dass Kunden bereit sind, dafür zu bezahlen.

–  Denken Sie daran, Sie müssen nicht alles selber machen. Der Trend geht klar in Richtung einer verringerten Wertschöpfungstiefe. Suchen Sie Partner auf Anbieterseite, die in das Plattformkonzept passen und die noch fehlenden Puzzle-Steinchen beisteuern können.

Soziale Netzwerke (Social Networks)

Social Networks im Sinne des Zukunftsinstituts und in einer engen Bedeutung beschreiben soziale Netzwerke wie Facebook und Co. Im Unternehmenskontext spricht man von Enterprise Social Networks (ESN).

Letztendlich sind damit Enterprise 2.0-Lösungen gemeint, die die Kommunikation und Zusammenarbeit im Unternehmen erleichtern, Silowissen verringern und Menschen über Organisations- und Hierarchiegrenzen hinweg vernetzen. ESN haben stets kollaborativen Charakter, setzen Konnektivität voraus und unterstützen Solution Worker.

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Beispiele:

•  Bosch Connect: Einführung eines Enterprise 2.0-Systems welt- und unternehmensweit25

•  Sammlung zu Fallstudien über Enterprise 2.0-Lösungen (www.e20cases.org/)

•  Microsoft Teams26

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–  ESN-, also moderne Intranet-Lösungen, sind technisch leicht zu implementieren. Die Herausforderung stellt sich im Konzept. Welche Funktionen eines ESN werden wirklich gebraucht und von welchen Nutzerkreisen? Wie gestalte ich das Onboarding, also die Phase, in der ich die zukünftigen Nutzer an die Lösung heranführe und sie begeistern muss? Wie halte ich die Lösung am produktiven Leben? Wie schaffe ich es, dass der Nutzungsgrad nicht nur bei den typischen 20 Prozent bleibt?

–  Seien Sie sich bewusst, dass die Einführung von ESN, vor allem dann, wenn sie unternehmensweit erfolgt, weitreichende Konsequenzen haben kann: Arbeitsprozesse ändern sich, die Transparenz nimmt ganz erheblich zu, Kommunikation wird sichtbar, Hierarchieschranken werden reduziert, die Selbstorganisation nimmt zu. Grundsätzlich sind das alles positive Auswirkungen. Man sollte sich nur der kulturellen Auswirkungen bereits im Vorfeld bewusst werden.

–  ESN-Lösungen sind weniger für Bereiche mit wiederholbaren (repetitiven) Prozessen und festen Standards geeignet (also z. B. in der Fertigung oder auch der Buchhaltung). Alle anderen Bereiche, in denen vor allem kreativ gearbeitet wird (Marketing, Entwicklung) oder wo verschiedene Beteiligte an einer Aufgabe arbeiten (Management, Vertrieb, Projektmanagement), profitieren davon.

–  Immer dort, wo Kommunikation, Zusammenarbeit, Daten und Dokumente im Vordergrund stehen, sind Fax, E-Mail und ERP eher hinderlich. Bekannte Groupware-Lösungen aus den 1990er Jahren sind meist veraltet. Chats dienen der reinen Kommunikation, sind wenig organisiert und erlauben meist keine vollumfängliche Kollaboration. Statten Sie also zumindest die Bereiche Management, Entwicklung, Marketing und Vertrieb mit Blogging oder ESN-Lösungen aus (image Abb. 15).

Digitale Kollaboration

Digitale Kollaboration, unterstützt – technisch gesehen – die inhaltliche Zusammenarbeit mit Hilfe digitaler Werkzeuge. Sie werden häufig auch als »Social« Tools bezeichnet, da sie die Vernetzung zwischen Menschen und damit auch selbstbestimmtes, flexibles (Zusammen-)Arbeiten in virtuellen Gruppen (Communities) und Arbeitsräumen (Workspaces) ermöglichen. Unternehmen können dadurch beweglicher,

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Abb. 15: Entwicklungsstufen von Informations- und Kommunikationssystemen

anpassungsfähiger und kreativer werden27. Der Begriff »Social« steht in diesem Kontext für »gemeinschaftlich« oder »vernetzt«. Er hat mit dem deutschen Ausdruck »sozial« eigentlich wenig zu tun, was bis heute übrigens ein beliebtes Missverständnis ist.

Kollaborationswerkzeuge gehen zurück auf das Konzept der Enterprise 2.0, das 2006 von Andrew McAfee veröffentlicht wurde. In seinem Beitrag »The Dawn of Emergent Collaboration« des MIT Sloan Management Review beschreibt er, wie »Social« Software im Unternehmenskontext eingesetzt werden kann, um die Zusammenarbeit der Mitarbeiter zu unterstützen.

Nach Auftauchen der ersten ESN-Werkzeuge auf dem Markt gegen Ende des letzten Jahrzehnts (image Abb. 15) untersuchte die Unternehmensberatung McKinsey bis 2015 über mehrere Jahre hinweg die Auswirkungen von deren Nutzung auf die Produktivität von Unternehmen. Diese Studien belegen deutlich, dass Unternehmen, die ESN-Werkzeuge nicht nur intern, sondern durchgängig auch für die Vernetzung mit externen Stakeholdern wie Kunden und Lieferanten einsetzten (fully networked), die größten Produktivitätssprünge in der Zusammenarbeit verzeichneten28. In der letzten Zeit ist nach Jahren des rapiden Anstiegs allerdings ein Abflachen der Adoption von reinen (social) ESN-Werkzeugen in Unternehmen zu beobachten. Ein Grund dafür scheint zu sein, dass die breitflächige Adoption zumindest zwei Dinge erfordert, die nicht immer gegeben sind: Bereitschaft zu Investitionen und eine hohe Disziplin des Managements, um die Integration voranzutreiben29.

Die zunehmende Verbreitung von Cloud-Technologien, des Internets der Dinge (IoT) sowie eine Flexibilisierung und Vernetzbarkeit von ESN-Werkzeugen mit bestehenden IT-Architekturen könnte das Muster in Zukunft allerdings erheblich verändern. Unternehmen, die diese Technologien mit Enterprise 2.0-Tools interagieren, und damit den Schritt von einem Social Tool zu einem echten Collaboration-Werkzeug machen (ESN → ECN) können die Auswirkungen potenziell vervielfachen.

Selbstbestimmtheit, Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit sind typische Charakteristika von agilem Arbeiten. Werkzeuge für Collaboration unterstützen daher auch explizit diese Form der organisierten Arbeit. Sie können Arbeitsprozesse transparent machen (Transparenz als eine der drei wichtigsten Säulen agilen Arbeitens!) und geben Gruppen Orientierung. Collaboration-Werkzeuge erlauben Konnektivität und unterstützen den Aufbau von Business Ecosystems, insbesondere wenn sie auf externe Kunden und Partner ausgedehnt werden und sind damit ein wichtiges Element der Plattformökonomie sowie des Co-Workings.

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Beispiele:

•  Produkte von Atlassian30 in der Software-Entwicklung

•  IBM Connections

•  Jive-N31

•  Citrix Podio32

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–  Die Einführung von leistungsfähigen Collaboration-Werkzeugen sollte keinesfalls so erfolgen, dass man lediglich irgendein Tool durch die IT auswählen und dann freischalten lässt. Die Chance, dass ein solches Vorgehen nach einer ersten Euphorie-Phase scheitert, ist sehr hoch, wie die Erfahrung der letzten Jahre zeigt. Der Grund dafür ist relativ simpel und wird doch oft komplett übersehen: Echten Mehrwert generieren Collaboration-Werkzeuge nur dann, wenn sich auch die zugehörigen Arbeitsprozesse und -prinzipien nachhaltig ändern. In aller Regel erfolgt das aber nicht von allein, sondern ist bereits ein Veränderungsprojekt, das einer sorgfältigen Vorbereitung und Begleitung bedarf und alle Schlüsselbefähiger berührt.

–  Collaboration-Werkzeuge sollten nicht mit Chat-Werkzeugen wie WhatsApp, WeChat, Yammer, usw. verwechselt werden. Auch wenn sich diese aufgrund ihrer einfachen Bedienbarkeit schnell viral von selbst verteilen, ist der Nutzen doch sehr begrenzt und geht selten über die reine Kommunikation hinaus. Um das zu verdeutlichen, überlegen Sie einfach mal, welche Funktionalitäten Facebook bietet und ob es damit wohl möglich wäre, globale Projekte über mehrere Kontinente hinweg zu managen. Daher: Evaluieren Sie, für welchen Zweck und welche Ziele Collaboration-Werkzeuge eingeführt werden sollen. Nutzen Sie die Anforderungskriterien aus dem Anhang.

–  Unterscheiden Sie strikt zwischen folgenden Arten von Werkzeugen für unterschiedliche Anwendungsgebiete (Beispiele):

–  Kommunikation: Outlook, Skype, WhatsApp, WeChat

–  Wissen & Kontakt: Yammer, Slack, Hipchat, Wikis

–  Planen & Steuern: Trello, Wrike, Smartsheet

–  Aufgaben & Dokumente: Dropbox, asana, Do

–  Enterprise Social Network Lösungen (ESN): Jive, IBM Connections (diese vereinen die bislang oben genannten Funktionen) oder auch diverse Intranet/Extranet-Lösungen, die es in unendlicher Zahl gibt)

–  Prozesse: ERP (SAP), Workflow-Engines

–  Enterprise Collaboration Lösungen (EC) vereinen die Funktionen der Enterprise Social Network Lösungen mit Prozess-Lösungen/ Workflow-Engines

Enterprise Collaboration Network (ECN) Lösungen werden aufgrund der theoretischen und praktischen Arbeiten der Autoren fortan Enterprise Collaboration 4.0-Lösungen genannt. Dies soll verdeutlichen, dass es sich um »echte« Collaboration-Lösungen handelt, die es auch ermöglichen, komplette Arbeitsprozesse abzubilden und zu automatisieren (image Abb. 16).

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Abb. 16: Von Einzel- zu Gesamtlösungen

Etliche Unternehmen meinen, mit populären Tools wie WhatsApp, Slack oder Trello ließe sich echte Kollaboration vorantreiben. Leider ist das nicht so, denn alle diese Tools bilden nur einen Teil der Funktionalitäten ab, die für echte Kollaboration erforderlich wäre. Zur Verdeutlichung einige Beispiele:

•  Mit WhatsApp lässt sich eine deutlich einfachere und schnellere Kommunikation (im Vergleich zu E-Mail) einrichten.

•  Mit Slack können sich Gruppen gut organisieren und Wissen austauschen.

•  Mit Trello organisiert man etwa ein Kanban-Board.