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Table of Contents

Titel

Impressum

Shlof main Fegele

(001)

(002)

(003)

(004)

(005)

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(007)

(008)

(009)

(010)

(011)

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(051)

(052)

(053)

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(055)

(056)

(057)

(058)

(059)

(060)

(061)

(062)

(063)

(064)

Nachtrag

Personen, in alphabetischer Reihenfolge:

Legende/Begriffserklärung:

(000) – Nachtrag

Der Autor

 

 

 

 

John Wyttmark

 

 

 

Lokführer der Todeszüge

Holocaust-Roman nach wahren

Begebenheiten

„das große geschieht im kleinen“

KatAr – קטר

 

 

 

 

 

DeBehr

 

© 2019 John Wyttmark
Herausgeber: Verlag DeBehr, Radeberg
Erstauflage: 2019
IBN: 9783957536815

Grafiken: Ganzenmüller https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Ganzenm%C3%BCller

Weitere Grafiken: Copyright by Fotolia by: ©hofle, ©diy13, ©Bergringfoto, ©Sergey Ryzhov, ©frenk58, ©Animaflora PicsStock, ©Bogdan, ©katatonia, @thauwald-pictures


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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 

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Shlof main Fegele

jüdisches Kinderlied

Shlof main fegele, mach tzu dain egele, ailululu, shlof geshmak main kind, shlof un zai gezund, ailululu, shlof un c holem zis fun der velt genis, ailululu. Kol z’man du bist yung, kenst du shlofen gring, lachen fun altzding, ailulu.

Schlaf, mein Vögelchen, mach deine Augen zu, ai-lu-lu-lu, schlaf schön, mein Kind, schlaf und sei gesund, ai-lu-lu-lu, schlaf und träume süß vom Schönen der Welt, ai-lu-lu-lu. Solange du jung bist, kannst du leicht schlafen und über alles lachen, ai-lu-lu.

 

 (001)

Die Welt im Jahr 44 war bedrohlich und schlich sich mit seinem Schrecklichen in sein Leben. Er sollte es nicht schaffen, diese grausame Welt für immer aus seinem Leben zu verbannen. Er funktionierte, und genau das war das Schreckliche daran. Er tat mit, was viele andere auch mittaten. Um ihn herum Teufel, die schrien und schlugen. Doch wo war er, wo stand er, hatte er sich irgendwann einmal dazu entschlossen, mitzutun, bewusst oder unbewusst? Er wusste es nicht mehr. War das schon lange her oder erst vor Kurzem passiert? Er hockte im Führerhaus der Lok, bei den Kohlen, selber rußverschmiert, sah er aus wie der Leibhaftige. Er saß da und hielt sich die Ohren zu, die Augen zusammengekniffen, dass es wehtat, so versuchte er, die Welt von sich fernzuhalten. Hilse und Achim waren nicht da, sie waren bei den Wachen außerhalb dieser kleinen heilen Welt des Führerhauses dieser großen starken Lok. Überall übersteuerte laute deutsche Musik, nur unterbrochen von Kommandos.

 

(002)

Klaus wohnte mit seinen Eltern in einer großen Stadt. Die Arbeitersiedlung lag an einem Bahndamm. Wann er bewusst sein Interesse für Dampflokomotiven fand, wusste er nicht mehr. Anfangs, heimlich, schlich er sich auf den Bahndamm, obwohl es ihm sein Vater ausdrücklich verboten hatte. Er sollte sich später noch an den Wind der vorbeirasenden Loks erinnern.

Er hörte noch das Fauchen, Stampfen und Pfeifen der Lok. Das Pfeifen wurde immer dann vom Lokführer panisch ausgelöst, wenn die Lok um die Ecke bog und er den Jungen an den Bahnschienen stehen sah, denn Halten ging nicht mehr. Und genau das sah sein Vater. Der Riemen wollte danach nicht aufhören zu schlagen.

Später wird er sich an ein Weihnachtsfest erinnern, da war er vielleicht vier oder fünf Jahre alt und entdeckte unter dem Baum eine Holzeisenbahn. Sie hatte nicht das ausgearbeitete Perfekte von späteren Modellen. Aber in diesem Alter war das völlig egal, die Fantasie übernahm die Herrschaft und ließ aus dieser Holzeisenbahn ein Dampfross werden, das im Westen Amerikas genauso fuhr, wie im Ruhrpott zum Transport von Kohle und Erz. Es konnte ein Militärtransport der Reichswehr sein oder einfach nur eine Passagierbeförderung. Der kleine Junge hatte glänzende Augen, wenn er mit seiner Lok auf dem Teppich die Muster als Schiene entlangfuhr oder an Weichen und Bahnhöfen halten musste, immer ein Stampfen ausstoßend, begleitet von einem langen Pfiff. Mehr brauchte er nicht. Er war der Stolz seines Vaters. Der Vater arbeitete in dem schon 1924 geschaffenen Eisenbahnausbesserungswerk (EAW), das man später in Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) umbenannt hatte, an der Reparatur genau dieser Lokomotiven, von denen der Junge so schwärmte.

Jedes Jahr gab es im Werk eine große Feier für die Belegschaft und deren Familien. Die Feier fand zum vierten Mal statt. Überall spürte man schon die Anspannung. Klaus war aufgeregt, konnte nicht schlafen und lebte nur noch in Tagträumen. Der Tag war im Juli, ein großer Tag für die ganze Stadt.

Die Leitung des RAW ließ es sich etwas kosten. Neben kostenlosem Bier und Würsten gab es meist auch Blasmusik. Eingeladen waren nicht nur die Mitarbeiter und ihre Familien, sondern auch ehemalige Kollegen wie Schlosser, Triebwagenführer, Reiniger oder auch Betriebsleiter und Meister. Pünktlich um drei, die Werkssirene stieß ihren Ton aus, stieg der Werkleiter auf das Podest und hielt seine Rede an die Belegschaft, für Klaus ein langweiliger und farbloser Mann in grauem Anzug. Er wusste schon Minuten später nicht mehr, wovon gesprochen wurde. Irgendwelche Zahlenkolonnen und positive Betriebsergebnisse. Nach gefühlten einhundert Stunden hörte er auf zu reden, das zeigte sich auch am mäßigen Beifall. Danach trat ein anderer Mann an das Rednerpult. Eine klare Stimme, straffe Gestalt und ein tiefschwarzer Anzug zeigten, dass hier eine besondere Person stand. Sein ganzer Habitus verriet, dass er etwas Besonderes war. Tatsächlich jetzt und hier am Rednerpult war Albert Ganzenmüller noch nichts Besonderes. Er war Vertreter der Leitung der Deutschen Reichsbahn, ein Oberregierungsamtmann, und zuständig für das Reparaturwesen von Lokomotiven sowie Güter- und Personenwagen. Seine Rede war anders, packend, voller Motivation und es gab etwas Neues. Dieser Ganzenmüller sprach vom Stolz der Deutschen, auch nach dem großen Krieg dürfe man das nicht vergessen. Er sparte auch nicht mit Hinweisen darauf, warum es vielen Menschen im Deutschen Reich so schlecht ging. Da waren die Engländer, Franzosen und das Diktat von Versailles auf der einen Seite sowie das bolschewistische Judentum und der Dolchstoß gegen die Reichswehr auf der anderen Seite.

Deutschland müsse wieder stark werden, rief er in die Menge. Noch nie hatte Klaus einen solchen Redner gehört, auch die Belegschaft nicht, denn auf einmal rumorte es. Seine Mutter nahm Klaus hinter sich und schimpfte, dass Arbeit nichts mit Politik zu tun haben solle. Bei den Leuten vom Heizkraftwerk regte sich Unmut mit wüsten Beschimpfungen. Die Ordner der Betriebswache stellten sich parat, sodass es zu keiner Eskalation kam. Trotzdem konnte man einen Tumult nicht verhindern. Stühle wurden geworfen und Tische umgestoßen. Lautes Geschrei ließ die Betriebswache handeln und die vermeintlich linken Rädelsführer nach draußen, außerhalb des Betriebsgeländes befördern. Die Betriebsleitung nickte diese Vorgehensweise ab, wollte man doch nur eine schöne Feier haben, mit Ruhe und ohne Aufregung. Als die Betriebswache zurückkam, bekam sie aufmunterndes, bestätigendes Schulterklopfen.

Inzwischen waren auch alle Ehemaligen da. Es war ein großes Hallo, man saß in der Sonne auf den Bänken und quatschte von alten Zeiten, auch vom großen Krieg und was man alles gemeinsam geschafft oder durchgestanden hatte. Oft war alles geschönt, man erinnerte sich nicht mehr an die Strapazen. Die Männer erinnerten sich auch an die Frauen, die man hatte und wie oft und wie viel man gesoffen hätte. Alles oberflächlich. Etwas tiefgründiger ging es dann zu, wenn man nur im kleinen Kreis zusammensaß, man sich gut kannte und sich über die Familie und das Leben austauschte. Da war auch die Rede von Schicksalen und Krankheiten, vielleicht auch der Tod von Ehemaligen, oder wie schwer es war, jetzt zu leben.

Immer noch wirkte der große Weltkrieg nach, denn solange war ’18 noch nicht her. Und dann diese politischen Kämpfe. Man spürte förmlich, dass bald etwas passieren würde. Vor allem die Kämpfe der Kommunisten und der Nationalsozialisten waren überall präsent. Ja und jeder musste irgendwie leben und überleben und jeder war froh, eine Arbeit zu haben, die genügend Geld abwarf.

Zwischen all diesen Menschen, der Musik und den Gerüchen von Altöl und Würstchen saß Klaus mit seiner Mutter und seinem Vater. Er war, eher untypisch für diese Zeit, ein Einzelkind. Seine Mutter bekam bei der Geburt von Klaus große Komplikationen und wäre beinahe gestorben. Kinder konnte sie dann keine mehr bekommen. Sie selbst arbeitete auch im RAW, aber mehr im Büro. Das interessierte Klaus weniger, da war sein Vater schon etwas Besonderes, er war Schlosser. Aus den Gesprächen mit seinen Kollegen und dem Umgang untereinander merkte er, dass der Vater anerkannt war. Die Männer und Frauen lachten viel, scherzten und flirteten miteinander. Er sah mitleiderregend zu seiner Mutter auf, die sich dann doch erbarmen ließ und ihm eine Wurst holte. Gierig biss er hinein und genoss den Geschmack von Fleisch, Gewürzen und Fett. Im Hintergrund spielte die Blaskapelle Musik, die ins Bein ging. Klaus’ Eltern hielt es nicht lange auf den Stühlen. Hunderte Paare bewegten sich nach der Musik. Solch eine große Feier war für Klaus bisher das Beste, was er in seinem Leben erlebt hatte. Als er so dasaß, er hatte die Bratwurst schon verdrückt, wurde er in die Seite gestoßen. Erschrocken und unwillig drehte er sich um. Im gleichen Augenblick änderte sich sein Blick.

Sein Freund Günter stand neben ihm. „Du bist ja auch hier“, rief der, ohne Klaus zu Wort kommen zu lassen. Das Tanzen, fanden die beiden, sei nichts für sie, aber im RAW gab es noch viele andere Dinge zu sehen.

Zumal man nichts abgesperrt hatte und man sich heute ziemlich viel ansehen durfte. So begaben sich beide auf Entdeckertour.

 

(003)

Das Werk war riesig. Der zentrale Platz, auf dem die Betriebsfeier stattfand, befand sich gleich hinter dem Haupteingangstor. Zu Zeiten des Arbeitsbeginns, der Pausen und des Schichtwechsels hörte man bis in die Stadt hinein die Betriebssirene. Dann setzten sich hunderte Menschen in Bewegung, um in die Umkleiden zu kommen und sich für die Arbeit umzuziehen oder um nach Hause zu gehen. Ein riesiges Kommen und Gehen. Alle, ausnahmslos alle, mussten an der Pforte vorbei. Hier saßen oft Kriegsversehrte, die hier noch ihr Auskommen und eine sinnvolle Arbeit fanden. Meist Leute, denen ein Arm oder ein Bein fehlte. Diese Pförtner waren wichtige Menschen, denn nur sie bestimmten, wer das Betriebsgelände betreten oder verlassen durfte. Jeder Arbeiter und Mitarbeiter musste „unaufgefordert“ seinen Betriebsausweis vorzeigen, stand auf einer Tafel am Gebäude des Pförtners. Meistens saßen vier bis fünf Pförtner in diesem Gebäude, die zu Beginn und Wechsel der Schichten ausschwärmten und die Ausgangstore besetzten, um so ihrer Pflicht zur Kontrolle gerecht zu werden. Insbesondere bei Schichtwechsel, da der Ein- und Auslass zügig geschehen musste.

Der zentrale Platz war groß, ungefähr fünfhundert Meter im Quadrat. In der Mitte ein kleiner Park mit Springbrunnen, Grünflächen, Ziersträuchern und einem Denkmal aus großen Zugrädern. Über allem stand „DR“ für Deutsche Reichsbahn. An diesem Platz stand auch das zentrale Gebäude, hier saß der Betriebsleiter, später dann der Wehrwirtschaftsführer, mit seiner Verwaltung und Buchhaltung und was sonst noch so nötig war. Von diesem Platz gingen vier Straßen ab, die in unterschiedliche Bereiche führten. In das RAW kamen Lokomotiven oder Zugan-hänger für den Güter- und Personentransport, die hier gewartet und repariert werden mussten. Die beiden Jungs schlugen den Weg nach rechts ein. Es ging vorbei an großen, offenen Lagern für Metallstäbe und Kabeltrommeln. Diese Kabeltrommeln, dachte sich Klaus, waren riesig, bestimmt drei Meter im Durchmesser und eigneten sich hervorragend zum Klettern. Günter machte genau diesen Vorschlag, auf den Klaus einstieg. Geschickt hielt sich Günter am Kabel fest, mit Hilfe von Klaus trat er auf die Nabe in der Mitte der Kabeltrommel und zog sich hoch. Oben angekommen, half er Klaus. Als beide oben waren, konnten Sie das gesamte Gelände übersehen. Ein riesiges Lager voll mit diesen Kabeltrommeln lud förmlich dazu ein, zu versuchen, von einer zur anderen zu springen. Zwei kleine Kerle überboten sich mit mutigem Springen, immer sich gegenseitig anfeuernd. Die Jagd ging entlang der Mauer des Betriebsgeländes. Wie sie beide so herumsprangen, ergatterte Klaus nur einen kurzen Blick außerhalb des Betriebsgeländes und sah ein befreundetes Ehepaar seiner Eltern, das ihn irritiert beobachtete. Der Mann schwang seine Faust bedrohlich. Klaus erschrak dermaßen, dass er beim nächsten Sprung daneben trat. Mit Karacho fiel er in den Zwischenraum von drei Kabeltrommeln und schlug hart auf dem Betonboden auf.

Günter blieb stehen und rief nach ihm. Klaus rief, dass ihm nichts passiert sei und er meinte nur: „Mist.“ Außer einem verstauchten Fuß und Schürfwunden hatte er nichts. Günter kletterte schnell herunter und half Klaus auf die Beine. „Mist“, wiederholte Klaus seine Feststellung, „Müllers sind gerade vorbeigekommen, die petzen doch alles meinen Eltern.“ Mit den Worten „Vielleicht auch nicht“, verwarf Günter, als Unbeteiligter, diese Feststellung. Klaus ließ sich mitziehen und beide beratschlagten, wohin es gehen sollte. Das „Polsterlager“ war das neue Ziel. Es war der Bereich, wo die Personenzüge der 1. Klasse und Sonderzüge gebaut, gewartet und repariert wurden. Klaus war klar, dass er einen ordentlichen Reibach bekommen würde, schob es aber beiseite und machte sich mit Günter auf in das nächste Abenteuer.

Klaus und Günter kannten sich schon ewig. Günter und seine Familie wohnten um die Ecke. Beide kannten sich vom Spielen und gingen später gemeinsam in die Hauptschule. Sie waren ungefähr gleich groß, nur dass Günter oft stärker, schneller und gewandter war. Klaus war dafür etwas klüger, und so half man sich gegenseitig.

In leicht geduckter Haltung schlichen beide an den Kabeltrommeln vorbei, hielten sich links und kamen dann an der großen Werkshalle vorbei. Hier standen Tore offen und man konnte große Loks und Waggons stehen sehen, die teilweise vollständig auseinandergebaut in Einzelteilen dalagen. Ein riesiges Durcheinander, aber die Schlosser und Ingenieure wussten, wie was zusammenzubauen war. Es roch nach Schweißbrennern, Feuer, Fett und Werg und nach Männerschweiß. Eine komische Zusammenstellung. Rechts in der Halle hingen an Kränen schon zusammengebaute Chassis, große ungestüme Fahrgestelle, die nur noch auf die Aufbauten warteten, um ein vollständiges Ganzes zu werden. Diese Halle, so interessant sie auch war, ließen sie liegen. Günter meinte, dass die Polsterabteilung viel interessanter sei. Seine Mutter würde dort arbeiten und hätte wohl sogar einen Gefängniszug gesehen. Das war spannend für beide und Ansporn zugleich. Sie rannten jetzt, denn Günter kannte den Weg. Es war nicht mehr weit, denn irgendwie waren die Hallen miteinander verbunden.

Zuerst kamen die Hallen, in denen die Waggons und Loks soweit nötig auseinandergebaut wurden, dann wurden sie auf Schienen weiter in die nächsten Hallen gefahren, wo die Chassis, Motoren und Bremsanlagen geprüft wurden. Von dort ging es zu den Schlossern und Spenglern und zum Schluss in die Hallen des Innenausbaus. In den letzten Hallen wurden neben den Auflagen, Verkleidungen und Lichtanlagen auch die Sitzanlagen und Kofferablagen und je nach Ausstattung auch die Polster eingebaut, ehe der Zug oder Waggon zur Endreinigung kam und wieder ausgeliefert werden konnte. Das hörte sich einfach an, war aber ein langer Prozess. Das Sanieren eines Waggons konnte schon ein halbes Jahr dauern.

Die Jungs kamen an die letzten Hallen. Die großen Tore waren verschlossen, auch die einzelnen Durchgangstüren.

Sie gingen um die Hallen herum, der Weg wollte gar nicht aufhören. Selbst das hintere große Tor war verschlossen, jenes Tor, wo die fertigen Waggons auf die Abstell- oder Abholgleise geschoben wurden. Ihnen blieb nichts weiter übrig, als umzudrehen und einen anderen Eingang zu suchen.

Günter sah um die Ecke und entdeckte eine kleine, eher unscheinbare Tür. Vorsichtig öffneten sie die Tür, sie knarzte schrecklich laut, sodass beide ihr Gesicht verzogen und mit jedem Geräusch mitlitten. Als der Spalt groß genug war, traten beide in die Halle. Heute hatten alle in diesen und den letzten Hallen frei und waren bestimmt vorn bei der Feier. Es war ein tolles Gefühl. Vor ihnen öffnete sich eine riesige Produktionshalle, wahrscheinlich 800 Meter in der Länge und 300 Meter in der Breite. Beide befanden sich fast am Übergang zur nächsten, letzten Halle. Beide Hallen waren durch große, grün gestrichene Hallentore getrennt, darunter verliefen Gleise für die Waggons, die den jeweiligen Baufortschritt erreicht hatten und in die nächste Halle mussten. Die Farbe war von der Nutzung teilweise abgeplatzt. In diesen großen Hallentoren gab es wiederum kleine Durchgangstüren. Oberlichter ließen die Halle in einem unwirklichen Licht erscheinen. Überall standen halbfertige Waggonteile, an denen noch gearbeitet werden musste. Im Hintergrund sah man Klein- und Großwerkzeuge. In der Mitte hingen riesige Laufkatzen mit schweren Metallteilen, die wie riesige Wasserboiler aussahen. Es roch nach verbranntem Öl, Benzin und Farbe. Die beiden durchliefen diese Halle und erreichten die kleine Durchgangstür, diese war glücklicherweise unverschlossen. Mutig ging Günter voran.

Beide durchschritten die Tür und befanden sich in einer vollkommen anderen Welt. Da war die Lackiererei und ganz hinten das Polsterlager und die eigentliche Polsterei. Sie fingen an, schnell zu rennen, um den großen Bereich der Lackiererei mit den bissigen Gerüchen der Farben und Lacke hinter sich zu lassen. Und dann waren sie da – in der Polsterei. Hier roch es nach Klebern, Ölen, Stoffen und Hölzern unterschiedlichster Arten und Formen.

Der erste Waggon war ihrer. Geschickt sprangen sie auf die Eintrittsplattform und sahen sich um. Sie öffneten die Tür und rannten durch den Gang. Ein Personenwagen 3. Klasse. Manche nannten solche Waggons auch Holzklasse. Das war insoweit verständlich, weil der größte Teil des Innenausbaus aus Holz bestand, das galt auch für die Sitzbänke. Längeres Sitzen war bestimmt nicht angenehm. Hier waren einige Abteile schon fertig, andere jedoch noch nicht. Es lagen Baupläne herum, daneben Werkzeuge. Jemand hatte nachlässig gearbeitet, vielleicht ein Lehrling. Als sie den Waggon durchquert hatten, standen sie am anderen Ende auf der Plattform. Klaus schätzte ab, ob sich der Sprung zum nächsten Waggon ohne Probleme bewältigen ließe. Da sprang Günter schon, lachte laut und rannte in den nächsten Waggon. Klaus nahm all seinen Mut zusammen und sprang ebenfalls ohne Mühe. Der nächste Waggon war tatsächlich der Waggon für die Polizei oder Justiz. Er bestand aus einzelnen Zellen. Die Sitzbänke waren in den kleinen Häftlingszellen nur aus verschweißtem Metall, sonst nichts. Die Zelle war ca. anderthalb Meter im Quadrat und durch eine starke Gittertür abgeschlossen. Die Jungs stellten sich vor, welcher Mörder hier schon transportiert wurde.

Ihre Fantasie kannte keine Grenzen und überschlug sich. Sie durchforsteten alle Zellen auf der Suche nach etwas Besonderem oder Außergewöhnlichem. Doch hier fanden sie nichts. Sie rannten weiter. Jetzt schon mutiger, wollten sie auf den nächsten Waggon aufspringen, doch das ging nicht, denn da stand kein Personenwagen, sondern ein Güter-Waggon aus der Baureihe G-10. Beide mussten heruntersteigen und sie kletterten in die große Ladeklappe hinein. Es war nur ein Raum, dieser war leer. Die Außenwände waren ebenfalls nur aus Holz gefertigt. Die Ladeklappen hatten Scharniere und Vorrichtungen zum sicheren Verschließen. In den Außenwänden befanden sich nur kleine Fenster, da diese für den Transport an sich nicht notwendig waren. Der Güter-Waggon war für die beiden langweilig, sodass sie den Waggon verließen und sich dem Letzten annäherten. Es war ein besonderer Waggon, das sah man schon von außen. Dunkelgrüne und schwarze mit Gold abgesetzte Beschläge deuteten schon das Besondere des Waggons an. Außen waren Reichsadler angebracht, darunter in Emaille die deutsche Reichsflagge des Kanzlers. Es war der offizielle Zug der Deutschen Reichsregierung. Den beiden Jungs war das nicht klar. Die Türen standen offen. Mutig kletterten sie, sich gegenseitig helfend, in den Waggon. Die beiden waren sprachlos. Sie standen in einem offenen Waggon, der innen mit Mahagoni ausgeführt und mit teuersten Stoffen ausgeschlagen war. Es war der Rauch- und Clubwagen des Reichskanzlers. Neugierig öffnete Klaus eine Schublade, darin befand sich die Bar mit teuersten Gläsern und Schnaps, den hatten die beiden noch nie gesehen, geschweige denn getrunken. Eine Flasche, die einen besonders teuren Eindruck machte, nahm er heraus, öffnete sie und setze sie an den Mund. Gierig trank er einen großen Schluck, um daraufhin fast zu ersticken. Etwas Ekligeres hatte er noch nie getrunken, das Brennen in der Kehle wollte einfach nicht aufhören. In seinem Bauch wurde es warm. Günter wollte wissen, was das ist und auch mal kosten. Ehe Klaus etwas sagen konnte, erging es ihm genauso. Beide setzten sich in die riesigen Clubsessel und spielten Staatsmänner, als beide sich auch noch zwei große Zigarren in den Mund steckten, ohne diese anzuzünden. Beide hatten das schon mal bei jemandem gesehen.

Auf einmal hörten sie außerhalb des Waggons ein klirrendes Geräusch. Es waren Schlüssel, die in ein Schloss gesteckt und herumgedreht wurden. Die Jungs sahen sich entsetzt an und versuchten, alles wieder an seinen Ort zurückzulegen, um nicht aufzufallen. Man hörte das Echo der Schritte in der gesamten Halle. Die Schritte kamen immer näher, ein Wachmann von der Betriebswache, der seinen Rundgang machte. Die Jungs verhielten sich ganz ruhig. Auf Zehenspitzen gingen sie durch den Waggon, ganz am Ende war ein gesondertes Abteil. Es war das Schlafabteil des Reichskanzlers. Sie öffneten die Tür, gingen hinein und sahen vorsichtig durch die Gardine des Abteils den Wachmann kommen. Er hatte einen großen Schlüsselbund wie bei einem Kalfakter an seinem Gürtel, dieses war mit einer extra Kette am Hosenbund befestigt. Er war nicht das erste Mal hier. Mühsam stieg er die Treppe zum Waggon herauf und betrat den Raum. Die Jungs hielten den Atem an, denn er kam immer näher. Langsam durchschritt er den Raum und ging an der Tür des Schlafabteils vorbei. Er blieb in der Mitte des Waggons stehen und holte umständlich ein kariertes Taschentuch hervor. Geräuschvoll schnäuzte er sich und verstaute das Taschentuch in der rechten Hosentasche. Er sah sich oberflächlich um, jedoch nicht mit dem Eifer, etwas zu entdecken. Dann ging er an den Schrank mit der Bar und entnahm ihr eine Flasche Remy Martin. Es war die gleiche Flasche, von der die Jungs vorher getrunken hatten. Der Wachmann öffnete die Flasche mit einem „Plopp“ und setzte sie genüsslich an den Mund. Gierig trank er. Man merkte seine Erfahrung beim Trinken stärkeren Alkohols. Ohne zu husten und ohne abzusetzen, trank er bestimmt eine Viertelflasche. Dann verkorkte er sie wieder und stellte sie zurück in den Schrank. Er sah sich noch einmal um, strich seine Uniform glatt und setzte seinen Weg fort. Er verließ geräuschvoll furzend den Waggon des Reichskanzlers und schließlich auch die Halle.

Die Jungs fingen an, sich langsam zu beruhigen. Aber so richtig gut ging es beiden nicht. Sie öffneten die Tür des Schlafabteils, gingen durch den Salon und verließen den Waggon. So schnell sie konnten, verließen sie die Halle und traten ins Freie. Erst hier fiel die Angst vollständig ab. Vom Alkohol hochrot gezeichnet, kotzten beide erst einmal um die Wette. Dann nahmen beide ihren Mut zusammen und machten sich auf zu ihren Eltern. Diese warteten schon. Der Vater von Klaus war in Fahrt und begann schon mit seiner Standpauke, wurde aber wegen der Feier und vor allem von seiner Frau gebremst. So wurde alles nicht so schlimm.

 

(004)

Am morgigen Tag sollte ein Besuch bei Tante Magdalene folgen. Klaus’ Mutter und Magdalene kannten sich schon als Kinder. Magdalene hatte sich dann als junges Mädchen in einen Leutnant verliebt und ihn später geheiratet. Eine „gute Partie“ nannte man das. Der Kontakt zwischen Magdalene und Klaus’ Mutter blieb auch später bestehen. Selbst die Männer konnten gut miteinander und sprachen oft und viel über ihre Anteile an Kriegen und deren vermeintliche Erfolge. Selbst als Magdalenes Mann viel Geld als Unternehmer verdiente, traf man sich zum lockeren Plausch. Die Frauen regelmäßiger als die Männer.

Eine richtige Tante war Magdalene also nicht. Jetzt war Magdalene schon älter und ihr Mann gestorben. Allein lebte sie in einer riesigen Wohnung, in der es aber auch viel zu sehen gab. Was Klaus an diesem Abend nicht mehr mitbekam, waren die Gespräche der Eltern, die sich um das Geschehen in Deutschland allgemein und der Situation in der Stadt drehten. Große und kleine Politik eben. Magdalene erwartete sie schon in ihrer Wohnung, alles sah für Klaus hochherrschaftlich aus. Der verstorbene Mann als Offizier im Weltkrieg und erfolgreicher Geschäftsmann hatte Magdalene etwas hinterlassen. Magdalene Fischbach-Rautenkranz trug immer Schwarz, aber nicht zu übertrieben. Sie war sich ihrer Witwenschaft bewusst und zeigte dies auch nach außen. Klaus bewunderte Magdalene immer als eine Frau von Welt, die keinerlei Sorgen hatte. Als sie ankamen, drückten sich Klaus’ Mutter und Magdalene lange. Der Vater gab ihr sehr freundschaftlich die Hand. Klaus hatte wie immer das Pech, erst einen sehr feuchten Wangenkuss zu bekommen und dann das obligatorische Bäckchenkneifen über sich ergehen lassen zu müssen. Und doch war diesmal etwas anders. Klaus war acht Jahre alt.

In diesem Jahr 1929 war vieles anders in Deutschland. Die Aufwartefrau und die Haushälterin gab es bei Magdalene nicht mehr. Sie erzählte, dass der Zusammenbruch der Börse auch sie und ihr Vermögen getroffen hätte. Die Hälfte sei weg, gut, sie hätte immer noch genügend. Aber ärgerlich war es allemal. Von solchen Problemen konnte die Familie von Klaus nur träumen. Aber es war interessant, zuzusehen, wie sie auf einmal von Magdalene bewirtet wurden. Als sie am Tisch saßen und Bohnenkaffee tranken, wurde das Gespräch für Klaus langweilig. Zentrales Thema waren die Kommunisten, Sozialdemokraten, der Stahlhelm, Hindenburg und Hitler. Irgendwie fühlte sich niemand mehr so richtig zufrieden. Magdalene war sich klar darüber, dass dieser Hitler mit seinen Rabauken nicht gewinnen wird. Ständig diese Attacken auf die Juden und dann diese öffentlichen schrecklichen Schlägereien, es hätte wohl sogar schon Tote gegeben. Für Klaus waren diese Debatten nichts, deshalb setzte er seinen „Hundeblick“ auf, dem Magdalene nichts abschlagen konnte und er ergatterte die Fotosammlung ihres verstorbenen Mannes aus dem Krieg. Das war bei Weitem spannender. Und so sah er sich Bilder vom Krieg an. Da waren Paraden, Auszeichnungen und Kriegsfotos immer mit Unterschriften, wo und wann das gewesen war, und wer auf den Fotos zu sehen war. Klaus konnte noch nicht so richtig lesen, so blieben die Bilder. Einmal hatte er ein Bild in der Hand, das lose zwischen den aufgeklebten Fotos lag. Auf der Rückseite stand „Serbische Freischärler – ich mit Fritz und Heinz“. Als er das Bild umdrehte, war er erschrocken und fasziniert zugleich. Er sah drei Männer in Uniform, dahinter an einem Galgen zwei Gehenkte. Vor den dreien lag ein Leichnam, den Kopf hatte man abgeschlagen und auf einem Holzbock, wahrscheinlich zum Köpfen, abgelegt. Alle drei Offiziere lachten in die Kamera, in der Hand eine Flasche Schnaps. Schnell versteckte er das Bild unter seinem Hemd.

In der Zwischenzeit plätscherte das Gespräch zwischen den Eltern und Magdalene dahin. Man erinnerte sich an früher, als Egon noch da war und alles regelte. Klaus’ Vater fragte mehr nebenher, ob nicht Magdalene auch Jüdin wäre, es solle ja jeder glauben, was er wolle, setzte er hinzu. „Ja, ja, das war ich mal früher als junges Mädchen, aber jetzt schon lange nicht mehr. Als ich Egon kennenlernte, der war doch katholisch, bin ich konvertiert und in die katholische Kirche eingetreten, das ging ganz unkompliziert.“

„Bloß gut“, meinte er, „man hört ja in letzter Zeit immer schlimme Sachen von den Juden. Aber du bist ja nicht so“, und atmete hörbar aus, als wäre ihm eine Last von der Schulter genommen. Er selbst Mitglied im Stahlhelm, hatte großen Respekt vor Egons Leistung als Offizier im Weltkrieg und wollte sich das durch jüdisches Gequatsche nicht kaputtmachen lassen. Vorsichtig deutete Magdalene an, dass ihre Aufwartefrau aber gerade deshalb gegangen sei. „Unvorstellbar“, meinten beide. Nachdem sie ihren Kaffee getrunken und den Kuchen gegessen hatten, machten sie sich auf den Heimweg. Klaus sprach nicht über das Foto, hielt es aber unter seinem Hemd sorgsam versteckt. Seine Eltern waren sehr in ein Gespräch vertieft, in dem der Vater immer auf die Schuld der Juden hinwies, egal ob in England, Amerika oder bei den Russen, dass es Deutschland so schlecht ging.

Ludendorff wäre ein guter Kanzler für Deutschland und der Hitler nur ein Grünschnabel, der von nichts wüsste.

Als sie zu Hause ankamen, zog sich Klaus um. Seine guten Sachen legte die Mutter zusammen, und ehe sie es sich versah, hatte er seine Räuberklamotten an und rannte raus zu Günter. Stolz präsentierte er das Foto.

 

(005)

Das RAW war fast wie ein riesiger Familienbetrieb. Hier arbeiteten viele, die auch untereinander verwandt waren. Die Leitung des RAW ließ es zu, dass die Kinder der Arbeiter und Bediensteten hier ihre Lehre machen konnten. Später würden diese dann auch hier arbeiten. Für Klaus ging sein Traum in Erfüllung und er begann seine Lehrzeit als Lokschlosser. Seine Lehrzeit war nicht einfach. Zu Beginn hatte er immer die Halle zu fegen, alles sauber zu halten und allgemeine Handlangerarbeiten zu verrichten. Er war in der Lehrzeit oft unzufrieden. Das eigentlich Fachliche als Lokschlosser kam erst fast zum Schluss, im letzten Lehrjahr, denn jetzt waren ja die Neuen, die „Spritzer“ oder “Sprutze“ hier. Er war jetzt der Erfahrene. Wie oft er den Spruch „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ hörte, konnte er schon nicht mehr sagen.

Die Freisprechung der Lehrlinge fand durch den Wehrwirtschaftsführer des RAW, den Präsidenten der Handwerkskammer und den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses, statt. Klaus war aufgeregt, denn so richtig wusste keiner, ob er die Gesellenprüfung zum Lokschlosser geschafft hatte. Er saß auf seinem Stuhl, mit dieser doch recht steif sitzenden Uniform der Deutschen Reichsbahn, kurz nur DR genannt, im großen Saal des RAW und fühlte sich nur noch schlecht. Er war nicht so richtig von sich überzeugt. Neben ihm saß mit stolzgeschwellter Brust sein Vater. Dieser hatte seinen besten Anzug angezogen. Seine Mutter war nicht dabei, sie war zu Hause geblieben, um das Festessen vorzubereiten. Der Vater von Klaus war alter Werksarbeiter und schon von Anfang an dabei. Er kannte alles und jeden im Betrieb, auch wenn im RAW über 2000 Menschen arbeiteten. Nach der Machtübernahme wurden es noch mehr. Loks und Waggons der unterschiedlichen Typen wurden gebraucht und mussten gewartet und repariert werden. Es ging aufwärts in diesem neuen Deutschland.

Klaus war mit seinem Elend nicht allein. Neben ihm saßen andere Eltern, aber auch seine Kumpels und Mitlehrlinge. Es roch schon nach Bockwürsten, Brause, Bier und frischem Brot. Sein Magen knurrte und meldete sich so laut, dass sogar sein Vater böse zu ihm herübersah. Aber er konnte es nicht ändern. Der Saal war festlich geschmückt. Hier saßen bestimmt fünfhundert Menschen mit bangem Hoffen auf Erfolg oder Niederlage. Gesellenbrief oder eben nicht. Überall hingen große Konterfeis des Führers und große Hakenkreuzfahnen. Auf der Bühne standen ein Rednerpult, daneben große Blumenkübel. Dahinter saß auf ihren Stühlen eine Kapelle der Deutschen Arbeitsfront. An den Aufgängen standen uniformierte Schüler der Hitlerjugend und bildeten die notwendige feierliche Staffage. Dr. Grube als Wehrwirtschaftsführer begrüßte alle Anwesenden, insbesondere die Honoratioren.

Seine Rede strotzte nur so von deutschem Stolz und der Qualitätsarbeit, die jeder an seinem Platz in der deutschen Volksgemeinschaft leisten müsste. Danach begann die Kapelle der DAF den Badenweiler Marsch und das Horst-Wessel-Lied. Überall standen jetzt die Anwesenden auf und sangen mit. Nachdem die letzten Noten verklungen waren, setzten sich alle. Der Vorsitzende der Prüfungskommission setzte sich in Bewegung. Er war nicht groß, dafür behäbig und dick. Mit schwerfälligem Gang begab er sich auf die Bühne. An der Treppe wäre er beinahe gestürzt. Einige Lehrlinge mussten sich ein schadenfrohes Lachen verkneifen. Am Rednerpult angekommen, fiepte zuerst einmal das übersteuerte Mikrofon. Er tippte zwei Mal darauf und es verstummte. Er öffnete seine mitgebrachten Unterlagen und begann, nüchtern die Daten vorzutragen. Neben Aktenzeichen und dem Hinweis auf die Prüfungen, die die Lehrlinge der unterschiedlichen Gewerke zu absolvieren hatten, kamen die einzelnen Berufsabschlüsse. Da waren Polsterer genauso wie Spengler. Die Namen der Gesellen wurden aufgerufen. Jeder musste dann auf die Bühne und bekam seinen Gesellenbrief. Es ging straff hintereinander weg. Erst ganz zum Schluss ertönte die sonore aber doch teilnahmslose, ja fast einschläfernde Stimme des Vortragenden mit dem Hinweis auf die Lokschlosser. Gespannt lauschte Klaus, er war zum Bersten gespannt und dann fiel endlich befreiend sein Name. Er schritt aufgeregt nach vorn. Er war einer von zwanzig freigesprochenen Lehrlingen, die auf der Tribüne standen. Er nahm den Applaus nur nebenher wahr, genauso wie die Gratulation durch die Honoratioren. Er sah fasziniert auf seinen Gesellenbrief, auf dem oben der Reichsadler mit dem Hakenkreuz thronte.

In der Hand hielt er auch die neuen Schulterstücke als Eisenbahner, die ihn als Mitarbeiter der DR auswiesen. Als er zu seinem Platz zurückging, empfing ihn sein Vater, drückte ihn an sich und gratulierte ihm stolz zu seinem Gesellenbrief. Als alle ihre Gesellenbriefe hatten, kam zum Abschluss noch der Gauleiter zu Wort. Er beschwor das „Deutsche“ in jedem seiner Sätze. Jeder Volksgenosse hätte an seinem Platz in der Volksgemeinschaft seinen Beitrag zu leisten. Nicht zu vergessen seien der Schandfrieden von Versailles oder der Dolchstoß der roten Horden gegenüber der heldenmütig kämpfenden Reichswehr im großen Krieg. Er verwies auf die herausragende Entwicklung des Deutschen Reiches, und dass man auf der Hut sein müsse vor den äußeren Feinden. Dann erging er sich umfangreich an den inneren Feinden des Reiches – den Juden – Jeder Volksgenosse hätte auch hier wachsam zu sein. Zum Schluss dankte er innig dem Führer des Deutschen Reiches begleitet vom Aufspringen der Menschen und frenetischem Beifall. Klaus hatte gar nicht zugehört oder wollte sich die Tiraden nicht anhören, dachte er doch lieber an seine bestandene Gesellenprüfung und das Geld, das er verdienen würde. Man hatte ihm gesagt, dass er als Geselle im RAW arbeiten dürfte, und vor allem dachte er noch an die Feier. Es gab heute zwei davon. Zuerst noch die obligatorische Familienfeier, doch dann wollte er sich noch mit Günter und den anderen in der Gastwirtschaft am Bahnhof treffen. Günter hatte seine Gesellenprüfung als Spengler ebenfalls geschafft. Es war warmes Wetter und man wollte sich einen hinter die Binde gießen, schließlich hatte man ja etwas geschafft.

Die Familienfeier ging glücklicherweise ohne die politischen Vorträge des Vaters ab. Der Vater war einfach zu stolz. Man setzte sich, trank gemeinsam Kaffee und trank dann deutschen Korn. Doch Klaus wollte weg. Schließlich gaben die Eltern nach und ließen ihn ziehen.

Er musste sich beeilen, denn Günter und seine Freunde saßen schon seit über einer Stunde in der Kneipe am Bahnhof, man wollte sich im Freisitz treffen. Klaus’ Mutter hatte ihm noch etwas Geld zugesteckt, ohne zu wissen, dass dies der Vater auch schon getan hatte. So war er gut ausgestattet. Er hastete, so schnell er konnte, zum Bahnhof. Als er ankam, hörte er schon den Lärm im hinteren Freisitz, denn der war voller Gäste. Auch Günter saß hier mit noch fünf weiteren Gesellen, darunter auch Franz Kochem, Gernot, Heinz und Karl, die alle heute feiern wollten. Klaus wurde mit großem Hallo begrüßt und Günter schob ihm gleich ein Bier und einen Korn hin, den Klaus hinunterschüttete. Er schüttelte sich kurz und lachte. Man schüttelte sich gegenseitig die Hände und es gab Schulterklopfen. Man quatschte und trank und wurde lauter. Klaus hatte sich entwickelt, er war jetzt nicht mehr klein und schmächtig. Ein junger Mann mit guter Figur, nicht zu dünn und nicht zu dick. Eher schüchtern als ein Draufgänger. Er hatte ein markantes Gesicht und einen beginnenden Bart. Günter war anders, muskulös gebaut und draufgängerisch. Klaus hatte noch keine Freundin und noch nie etwas mit einem Mädchen gehabt. Günter schon, er war sogar mal bei einer „Professionellen“ und brüstete sich auch damit. Klaus war neidisch. Mit zunehmendem Alkoholpegel wurden auch die Jungs mutiger, stachelten sich gegenseitig auf und erzählten sich gegenseitig teilweise erfundene Erfolgsgeschichten bei Frauen. Klaus hatte mit sich zu tun. Der Alkohol tat seine Wirkung, denn so richtig viel hatte er noch nie getrunken.

Er stand auf und musste sich abstützen. Er würgte, schaffte es aber nicht zu kotzen. Torkelnd ging er an der Hauswand entlang. Die Füße wurden ihm schwer. Das war also das, von dem alle schwärmten. Saufen. Ihm war nur schlecht. Er stützte sich an einem Baum im hinteren Bereich ab. Da erschien ein Mädchen neben ihm. Er konnte sich überhaupt nicht an sie erinnern. Tatsächlich war sie Teil einer Mädchengruppe, die auch ausgelernt hatte. Sie selbst war jetzt Polsterin. Sie hakte ihn beherzt unter und brachte ihn zur Toilette. Sie ließ ihn hier auch nicht alleine, schob ihm mutig zwei Finger in den Hals, der alles herausbrach, was noch nicht verdaut war. Sie kannte Klaus, hatte ihn schon mehrmals gesehen und beobachtet und wusste, wo er wohnte. Sie wusch sein Gesicht ab, so gut es ging, legte dann seinen rechten Arm über ihre Schulter und steuerte ihn fast unbemerkt aus der Kneipe. Wie er nach Hause kam, wusste er später nicht mehr. Aber am nächsten Mittag gegen zwölf Uhr, glücklicherweise ein Sonntag, wachte er irgendwann auf. Er hatte einen riesigen Schädel und einen schlimmen Kater. Die Helligkeit und laute Geräusche taten nur weh. Er wollte nur noch sterben. Er schob die Bettdecke zur Seite und setzte sich langsam hin. Seine beiden Hände hielt er an den Kopf. Dann stand er auf und ging zur Tür. Er öffnete sie und trat in die Küche. Am Tisch saßen seine Eltern beim Mittag und sahen hoch. Am Tisch saß noch das Mädchen von gestern. Er konnte sie zuerst nicht einordnen, obwohl er es versuchte. Seine Mutter meinte, das sei Hilde, die ihn gestern nach Hause gebracht hätte. Der Vater nickte anerkennend und deutete darauf hin, dass er sich zu ihnen setzen solle, doch vorher solle er sich waschen und anziehen. Noch etwas derangiert setzte er sich dann an den Tisch.

Die Mutter gab ihm einen Teller und tat ihm auf. Hilde stotterte etwas, dass sie nur wissen wollte, wie es ihm geht und sie wolle nicht stören. Doch seine Eltern ließen sie nicht gehen, für Klaus ging es nicht peinlicher. Als das Mittagessen vorbei war, brachte er Hilde zur Tür und das Peinliche war vorbei.

 

(006)

Endlich war die Zeit der Lehre vorbei. Endlich würde er an großen Maschinen und Gewerken mitschrauben dürfen. Er hatte es ja begriffen, dass Lehrjahre keine Herrenjahre seien. Aber er hätte es sich gewünscht, vielleicht nicht nur alle Bereiche mal gesehen zu haben, sondern mehr Spezialwissen zu haben. Gut, das sollte jetzt kommen. Eingeteilt war er in der Abteilung „Schlosserei“ unter Koslowski. Koslowski war ganz o. k., kein Arsch wie manch anderer hier. Ein alter Meister, der bestimmt schon gefühlte hundert Jahre hier arbeitete. Der wusste auch, dass Klaus der Sohn vom Schmidt war. Schnell stellte er fest, dass Klaus willens war, zu arbeiten und zu lernen. Da war Klaus nicht traurig, als Koslowski zu ihm trat und festlegte, dass er die ersten Tage mit bei ihm arbeiten würde. „Merke dir“, sagte Koslowski, „wenn man friert, ist Arbeit die beste Jacke.“

Und dann stand sie da, da war sie, sein Traum. Eine Preußische P 08 – eine riesige Dampflokomotive mit großem Führerhaus, welches teilweise abgebaut war. Die Farbe war schwarz, auch Aufbauten fehlten schon. Der Tender war leer, keine Kohlen, die würde man zum Testbetrieb wieder benötigen. Mit ihren fast zwanzig Metern Länge, der Normalspur von fast eineinhalb Metern und einer Dienstmasse von achtzig Tonnen ein wahres Ungetüm. Einfach imposant. Koslowski erklärte, dass der gesamte Bereich der Schlosserei in Einzelschritte aufgeteilt ist, sodass jede Lok von unterschiedlichen Gruppen mit immer gleichen Aufgaben abgearbeitet wurde. Das ging schnell, war effektiv und fachlich sauber. Klaus fand sich dann im ersten Bereich der Zerlegung wieder, lernte aber weiter den Aufbau der Bremsanlagen, das Herstellen des Dampfdrucks und die Übertragung auf die Räder kennen und, und, und. Er verschlang förmlich alles. Er kam mit seinen Kollegen gut aus und war schnell anerkannt. Er war ein junger Mann, dem alle Wege offenstanden. Koslowski beobachtete ihn und stachelte ihn weiter an, zu lernen. Eines Tages nahm Koslowski Klaus zur Seite und nahm ihn mit zu den Auslieferungsgleisen. „Ich will dir mal das Endergebnis zeigen“, sagte Koslowski und wies auf eine P 08 am hinteren Ende des Gleises. Dort waren gerade drei Leute damit beschäftigt, diese für die Fahrt fertigzumachen. „Heinz“, rief Koslowski, „Heinz, bist du da?“ Ein älterer hagerer Mann, etwas rußverschmiert, aber in Bahnuniform, meldete sich von der anderen Seite. „Koslowski, du alter Sack, du Haudegen, schön, dich wieder zu sehen.“ Koslowski meinte, dass dies Heinz aus Düsseldorf sei, der die P 08 als Triebwagenführer übernehmen und überführen würde. Wichtig sei am Anfang der Übernahme das eigene Überprüfen durch den Triebwagenführer anhand eines Formulars, so Koslowski belehrend. Heinz hakte ab, was in Ordnung war. Das Formular war schon fast abgearbeitet. Koslowski nahm Heinz beiseite und sprach auf ihn ein. Heinz sah immer wieder zu Klaus und nickte dann. Koslowski sagte dann zu Klaus: „Du fährst eine Runde mit, um festzustellen, ob es noch Probleme gibt.“ Klaus konnte sein Glück nicht fassen.

Das war sein Traum, mit einem solch wahrlichen Dampfross zu fahren. Koslowski haute ab und überließ Klaus sich selbst. Heinz rief: „Komm her, los, rauf auf den Bock.“ Das ließ er sich nicht zwei Mal sagen. Er war erstaunt, wie wenig Platz doch im Führerhaus war. Die Besatzung bestand noch aus dem Heizer, der auch zuständig war für das Betanken mit Wasser und dem nötigen Wasserdruck. Solch eine Riesenlok und dann nur zwei Leute, das fand er erstaunlich, aber Heinz stellte lapidar fest, dass hierzu gerade bei langen Strecken auch noch ein zweiter Lokführer gehörte. Heinz meinte, man würde jetzt eine Spritztour machen. Die Fahrt war in den zu passierenden Bahnhöfen und Bahnübergängen bekannt. Veranschlagt war eine Fahrt von ungefähr fünf Stunden. Der Tender mit der Kohle war gefüllt, der Heizer hatte alle Hände voll zu tun. Schon seit Stunden lief das Anheizen. Überall trat überschüssiger Dampf aus, wie ein schnaufender Stier, der los wollte. Klaus war euphorisiert und wusste jetzt, dass er Lokführer werden wollte. Der Heizer hatte hinten zu tun und beobachtete die Anzeigen für den Druck. Als genügend Druck anlag, gab er Heinz durch Kopfnicken Bescheid, dass es losgehen könnte. Heinz zog am oberen Abzug und ließ Dampf durch das Signal ab. Ein lautes Pfeifen, genau das, was Klaus immer am Bahndamm hörte, ertönte laut und sehr nah. Er bekam Respekt vor diesem technischen Wunder. Vorsichtig legte Heinz den Hebel um, der den Dampf schrittweise in die Kolben lenkte, gleichzeitig löste er die Feststellbremse. Sie spürten, wie sich die Lok aufbäumte, um sich langsam in Bewegung zu setzen, rhythmisch den Dampf ausstoßend. Sie verließen das Auslieferungsgleis und begannen ihre Fahrt. Die Lok zog an. Heinz und Klaus sahen aus den Seitenfenstern des Führerhauses und genossen die Fahrt.

Den Wind im Gesicht, zog die Gegend an ihnen vorbei. Heinz machte sich einen Spaß daraus, immer mal das Signal zu blasen und Dampf abzulassen. Klaus war nur glücklich. Mehr nebenher beobachtete er, wie der Heizer ziemlich zu tun hatte, Kohle nachzuwerfen und die Druckkontrolle durchzuführen. Der Lokführer hatte vor allem die Aufgaben, sich um die beweglichen Teile der Lok zu kümmern, also zu schmieren und zu fetten und mögliche Schmierabläufe einzuhalten, sich um das Anhängemanöver und die Güter- und Personenwaggons zu kümmern und schließlich die Fahrt zu den festgelegten Zielen unter Beachtung der Verkehrsregeln der Deutschen Reichsbahn umzusetzen. Es ging hinaus, doch schon nach fünfhundert Metern musste er halten, weil dort eine Weiche stand, die dafür zuständig war, dass die Lok auf das öffentliche Schienennetz fahren durfte. Alle warteten, dann hob sich das Signal und die Weiche schob sich nach links. Die Fahrt ging schnaufend weiter. Jetzt, da die Fahrtstrecke frei war, ging es vorbei an Feldern, Dörfern, Bahnübergängen und zügig, da man ohnehin nicht anhalten wollte, auch durch Bahnhöfe. Wann die drei zurück waren, wusste er nicht mehr. Aber irgendwann hielt dieses Ungetüm am gleichen Auslieferungsgleis, von dem man abgefahren war und die Reise war vorbei. Für Klaus war klar, Schlosser ist klasse, aber sein Ziel, sein Lebenstraum war Lokführer.

 

(007)

Albert Ganzenmüller war aufgeregt wie schon lange nicht mehr. Er stand in der Diele seiner großen Berliner Wohnung. Früher hatte hier eine Jüdin, irgendeine Witwe, gewohnt. Nach der Arisierung fiel diese Wohnung in bester Lage mit ihren 150 qm dann an Ganzenmüller.

Auch als Zeichen für die Anerkennung, die er in diesem, seinem neuen Deutschen Reich genoss. Auf seine Karriere konnte er stolz zurückblicken. In Sachen Logistik und Verkehr kam keiner an ihm vorbei. Er genoss die Machtfülle als stellv. Generaldirektor der Deutschen Reichsbahn und Mitarbeiter im RVM. Sein Freund, SS-Obergruppenführer Wolff, hatte sich angeboten, ihn zum Essen zum Reichsführer mit seinem Mercedes-Benz W136 abzuholen. Seine Frau lehnte in der Tür und beobachtete, wie sich Ganzenmüller anzog und darauf achtete, dass der tiefschwarze Anzug ordentlich saß. Langsam nahm er das goldene Parteiabzeichen aus der Schmuckschatulle und befestigte es am Revers. Es saß jedoch schief, sodass seine Frau, seine Hilflosigkeit bemerkend, heranschlenderte, den Bügel löste und das Abzeichen symmetrisch und gerade wieder festmachte. Ehrerbietig öffnete er dann das kleine schwarze Lederetui. Als er das Etui öffnete, sah er darin den ihm vom Führer verliehenen Blutorden. Vor vielen Jahren war er beim Marsch auf die Feldherrnhalle in München dabei. Er entnahm den Blutorden aus dem Etui und heftete sich die Auszeichnung an die linke Brustseite. Damals schritt er hinter Hitler her, da war noch nicht klar, wie sich das noch alles entwickeln würde. Fast schon etwas kokett bewegte er sich vor dem Spiegel hin und her. Er hatte es geschafft.

„Und, würdest du mich noch einmal so heiraten?“, meinte er in den Raum hinein, ohne sich umzusehen. Er hörte hinter sich nur ein kurzes Lachen und dann „Immer wieder“.

Manchmal schien Ganzenmüller an diesem Hickhack von Hierarchien und Zuständigkeiten in diesem Reich zu verzweifeln. War er denn der Einzige, der das Große, den Endsieg sah und was man alles dafür tun musste. Der Führer stellte sich hinter ihn und ließ ihm freie Hand. Er erinnerte sich noch an das wohlige Gefühl, als Hitler ihm zum Schluss des Gesprächs die Hand reichte und jovial auf die Schulter klopfte „Solche wie Sie, Ganzenmüller, bräuchte ich mehr“, hallten die Worte in seinem Ohr und seiner vor Stolz geschwellten Brust noch nach.