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Die Entscheidung für ein Hundeleben

Die Entscheidung für ein Hundeleben

Hunde sind potenzielle Glückspakete, denn sie tragen die große Gabe in sich, unser Leben bunter, schöner und viel fröhlicher zu machen. Mit einem fröhlichen Hund an unserer Seite haben wir nicht nur einen tollen Freund gewonnen, sondern werden uns auch viel mehr an der frischen Luft bewegen und unser Leben um viele unvergessliche Augenblicke bereichern.

Doch manchmal gelingen Mensch-Hund-Beziehungen nicht und enden in gegenseitigem Missverständnis oder Trennung. Menschen, die ihre Hunde nicht verstehen und Hunde, die aufgegeben haben, ihre Menschen verstehen zu wollen, leben in einer Art Koexistenz, die traurig anzusehen ist – besonders, wenn man weiß, wie innig und toll die Bindung zwischen diesen beiden Arten werden kann. Doch wie gelingt der Traum vom fantastischen Leben mit Hund?

DEN EIGENEN WEG FINDEN

Ganz ehrlich: Bis zum oben blumig beschriebenen Bild des Mensch-Hunde-Glücks kann es manchmal ein etwas holpriger Weg sein, der aber niemals gleich aussieht. Fertige Methoden, die Sie 1:1 anwenden können, werden Sie in diesem Buch deshalb nicht finden. Dafür aber viele Informationen, wie Sie Ihren Hund besser verstehen und in seiner Entwicklung zum Glückspaket optimal unterstützen können. Wichtig ist mir nämlich, Ihr Vertrauen in sich selbst zu stärken: Viel Wissen über Hunde im Hinterkopf zu haben, macht uns sicher, ist gut und richtig. Aber mindestens genauso wichtig ist ein gutes Bauchgefühl. Als Hundehalter müssen wir oft schnell reagieren – da können wir nicht auf auswendig gelernte Handlungsmuster zurückgreifen, sondern müssen sozial flexibel präsent sein. Was ich damit sagen möchte, ist vielleicht das Wichtigste in diesem Buch: Saugen Sie Wissen über Hunde auf, aber achten Sie darauf, zum speziellen Experten für dieses Hundeindividuum zu werden und vertrauen Sie in entscheidenden Situationen auf Ihre Intuition. Denn es gibt nicht einen Weg, der für alle Menschen und Hunde passt. Jeder hat seine eigene Persönlichkeit, in der Beziehung zwischen Hund und Mensch ergibt dies ein Potpourri aus Möglichkeiten, wie in bestimmten Situationen miteinander umgegangen werden kann. Es gibt sensible Hunde, die alles recht machen möchten, und es gibt Querköpfe, die immer wieder unsere Grenzen austesten. Ihren eigenen Charme haben sie alle, ihre Erziehung fordert von uns aber neben Grundlagenwissen viel Einfühlungsvermögen, um jedem gerecht zu werden.

Kate Kitchenham mit Erna und Knox.

FEHLER MACHEN ERLAUBT

Dass Sie auf dem Weg zum Ziel Fehler machen werden, ist normal. Entscheidend ist, dass Sie aus Ihren Fehlern lernen. Hunde sind zum Glück herrlich unperfekt, vielleicht haben sie genau deshalb selbst so eine hohe Fehlertoleranz entwickelt. Ein bisschen Unvollkommenheit finden Hunde also mit Sicherheit besser, als wenn ein Mensch an ihnen Methoden nacharbeitet, die er sich mühsam angeeignet und auswendig gelernt hat. So endet Hundeerziehung leider oft in gegenseitiger Verständnislosigkeit. Das individuelle Hundewesen zu erkennen, zu verstehen, zu fördern, um dem Hund ein möglichst „hundgerechtes“ Leben in unserer stark reglementierten Gesellschaft zu ermöglichen, soll dieses Buch leisten.

ZUM AUFBAU DES BUCHES

Die meisten von uns starten mit einem niedlichen Welpen in ein gemeinsames Leben. Aber es gibt auch viele Menschen, die einen Hund aus zweiter Hand oder dem Ausland adoptieren. Diese Hunde müssen meist auch „von vorne anfangen“, deshalb passt auch zu ihnen das Kapitel „Der beste Start“ prima, denn es zeigt, wie man das Grund-ABC des sozialen Miteinanders und die ersten Übungen am besten mit dem Anfänger übt, der hier eben oft „Welpe“ genannt wird. Das gleiche gilt für das Kapitel für „Pubertiere“: Hunde aus zweiter Hand testen nämlich gern mal ihre neuen Menschen aus und haben tolle Ideen für Hobbys, die meist wenig mit unseren Vorstellungen von lustiger Freizeitgestaltung übereinstimmen. Deshalb finden verzweifelte Hundehalter für diese Phasen hier die richtigen Tipps. Parallel zum Text habe ich wichtige Grundsätze und Informationen in Kästen hervorgehoben und neue Studienerkenntnisse einfließen lassen (die Studien finden Sie hier).

Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie und Ihr Hund diese einzigartige Verbundenheit erleben können, die zwischen Hund und Mensch möglich ist: Das große Glück, einen glücklichen Hund zu haben!

Ihre Kate Kitchenham

EINE BESONDERE FREUNDSCHAFT

Seelenverwandt — warum wir Hunde lieben

„Der Hund ist das einzige Säugetier, das wirklich mit uns leben kann, nicht nur in unserer Nähe“, sagte einst der berühmte Verhaltensforscher Irenäus Eibl-Eibesfeldt (15.6.1928 – 2.6.2018). Doch warum wurden Hunde zu unseren vertrauten Alltagsbegleitern und wie fing alles an?

MENSCHENVERSTEHER

Hunde sind einzigartige Freunde auf vier Pfoten, sie bereichern unser Leben und scheinen jedes Wort zu verstehen. Doch ist das wirklich so? Forschungen bestätigen diese millionenfache Erfahrung von Hundehaltern: Im Laufe ihres Lebens können Hunde einen beachtlichen Wortschatz erwerben und verfügen über spezialisierte Fähigkeiten in der Kommunikation mit Menschen, die sogar Schimpansen fremd sind. Ihr größtes Talent ist die Gabe, uns durch genaue Beobachtung immer besser zu verstehen, zu durchschauen und sich Lebenssituationen und Persönlichkeiten flexibel anzupassen. Diese einzigartige Kommunikations- und Anpassungsfähigkeit haben Hunde einigen Rudeln neugieriger Wölfe zu verdanken, die sich vor 30 000 – 40 000 Jahren auf der Suche nach Fressbarem immer näher an die Lagerstätten unserer Steinzeit-Vorfahren herantrauten. Im Laufe des folgenden, über Jahrtausende langen Domestikationsprozesses spalteten sich diese Ur-Wölfe vom Rest der damaligen Wolfspopulation langsam ab, wurden zu „Protohunden“ und irgendwann zu den Hunden, wie wir sie heute kennen. Dieses jahrtausendelange Zusammenwachsen und -arbeiten hat zu genetischen Veränderungen geführt, die Hunde zum besten Menschenversteher im Tierreich qualifizieren.

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„CO-DOMESTIKATION“ VON HUND UND MENSCH?

Unter manchen Forschern kursiert die Theorie, dass wir uns bei der Kooperation mit unseren ersten Haustieren sozusagen „selbst zivilisiert haben“. Demnach mussten unsere Vorfahren aus der Steinzeit im Umgang mit den „Protohunden“ lernen, die eigenen Gefühle zu kontrollieren. Das bedeutet, dass sie primäre Wünsche wie „fangen“ und „essen“ zurückstellten, weil sie einen höheren Plan verfolgten: Sie wollten die Tiere in ihrer Nähe erhalten, denn sie erkannten einen künftigen Nutzen im Zusammenleben mit der anderen Art. Dazu mussten sie das Hundeverhalten beobachten und sich in die wolfsartigen Tiere hineinfühlen. Ein Gefühl für den Umgang mit anderen Lebewesen, das Mitgefühl, könnte auf diese Weise trainiert worden sein.

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Das erste Treffen ist ein magischer Moment.

DER MENSCH IM SPIEGEL

Studien konnten zeigen, dass Hunde uns Menschen als bevorzugten Bindungspartner wählen, sie also wahrscheinlich eine Art „genetische Schablone“ in sich tragen, die ihnen das Leben in der Nähe von Menschen empfiehlt. So halten sich Hunde in Stresssituationen lieber in der Nähe von Menschen auf, von Hand aufgezogene Wölfe hingegen verlassen sich auf sich selbst oder orientieren sich in der gleichen Versuchssituation eher an Artgenossen. Schon Welpen sind in der Lage, Zeigegesten des Menschen richtig zu interpretieren, und lernen die Bedeutung vieler Wörter in rasender Geschwindigkeit. Sie werden schnell zu Experten unserer Persönlichkeit: Es gibt wohl kein anderes Lebewesen, das unsere Stärken und Schwächen so gut kennt wie ein Hund, der eng mit Menschen zusammenlebt. Hunde wissen genau, wann wir im Gespräch abgelenkt sind, und ergreifen dann die Gelegenheit, in Ruhe das Schulbrot im Gebüsch zu fressen. Auf diese Weise hält uns der eigene Hund täglich einen Spiegel vor und zeigt uns gnadenlos, wer wir sind. Er kann unsere Stimmung erkennen – nicht nur anhand unserer Körpersprache und Stimmlage, die er auf „hundisch“ übersetzt, sondern auch daran, wie wir riechen. Denn Hunde haben einen Kommunikationskanal mehr als wir: Nicht nur ihre präzise Beobachtungsgabe, sondern auch der hochentwickelte Geruchssinn melden dem gut entwickelten Großhirn, wie unsere Stimmung am Morgen ist, wann wir Ärger mit unserem Chef hatten oder gerade glücklich verliebt sind. All das führt dazu, dass Hunde sich sozial flexibel uns oder anderen Menschen gegenüber verhalten können.

Sie sehen: Ihr Welpe ist bereit, Ihnen ab sofort eine einzigartige Freundschaft zu schenken und Ihr Leben auf wunderbare Weise zu bereichern. Alles, was er dafür braucht, ist ein verlässlicher, fröhlicher Mensch an seiner Seite, der ihm Orientierung, Sicherheit und viel Liebe schenkt und die entscheidenden Zutaten kennt, die Hunde brauchen, um glücklich zu werden.

Der Welpe auf Ihrem Arm trägt ein riesengroßes soziales Potenzial in sich.

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Vom Tag seines Einzugs hat er uns fest im Blick, beobachtet, lernt unsere Eigenarten kennen und merkt sich, was Erfolg bringt und Spaß macht.

ZUTATEN ZUM GLÜCKLICHSEIN

Orientierung

Hundeerziehung ist eigentlich leicht – weil Hunde uns Erziehung leicht machen. Sie sind soziale Wesen, die uns zu verstehen versuchen und uns nur nach der richtigen Richtung fragen. Deshalb sind sie glücklich, wenn wir ihnen durch die zwei wesentlichen Pfeiler JA und NEIN deutlich zeigen, wann sie etwas fantastisch gemacht haben und was sie bleiben lassen sollen.

Zeit

Machen Sie es Hunden gleich und investieren Sie in diese Freundschaft viel Zeit und Leidenschaft. Der Grund dafür ist einfach: Jede Beziehung, die wir innig pflegen, wird wertvoll. Umso besser wir uns vorbereiten, uns immer wieder überdenken, verbessern und uns für den Hund Zeit zum Spielen, Abenteuer-Erleben, Lernen und für vertraute Nähe nehmen, desto inniger und fester wird das Band der Freundschaft, das uns verbindet.

Verhundlichung

Hunde sind keine kleinen Menschen, trotzdem können wir nach dem heutigen Stand der Wissenschaft davon ausgehen, dass sie vergleichbare Gefühle erleben wie wir. Die Architektur des Säugetiergehirns inklusive des Hormonsystems hat den gleichen Grundbauplan. Deshalb entwickeln Hunde Strategien, erleben Emotionen und sogar komplexe Gefühle wie „ungleiche Behandlung“ oder „Eifersucht“. Ich möchte Sie deshalb ermutigen, sich möglichst oft in Ihren Hund „hineinzufühlen“. Einfühlungsvermögen bedeutet, dass wir unsere eigenen Absichten, Erwartungen und Gefühle auch bei anderen Menschen oder Tieren erwarten. Hunde machen das auch: Vom Moment ihres Einzugs behalten sie uns im Blick, analysieren unser Verhalten und „verhundlichen“ uns dabei. Gehen wir z.B. mit stampfenden Schritten vornübergebeugt und tief grummelnd oder leichtfüßig tänzelnd und ein Liedchen trällernd durchs Haus, dann leiten sie daraus ab, dass wir wütend oder fröhlich sind. Durch diesen Abgleich unseres mit ihrem Verhalten versuchen sie zu erahnen, was in uns vorgeht und was wir eventuell als Nächstes tun werden. Um ihn besser zu verstehen, dürfen Sie Ihren Hund also vermenschlichen – solange Sie ihn nicht in Puppenkleider stecken oder in einer Handtasche spazieren tragen. Respektieren Sie sein „Hund sein“, lassen Sie ihn möglichst oft an Laternenpfählen und Häufchen schnuppern, mit Kumpels über Wiesen toben, mit anderen Hunden streiten üben. Bieten Sie ihm eine Beschäftigung, die seine spezialisierten Sinne auslastet und zu seiner Persönlichkeit passt. In all diesen Situationen werden Sie wahrnehmen, dass er mal glücklich, konzentriert, stolz oder frustriert wirkt und diese Momente wahrscheinlich sehr ähnlich erlebt wie wir – ein schönes, verbindendes Gefühl, und total okay.

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Hunde lieben Abenteuer, aber auch gemeinsames Ausruhen verbindet – sie dösen, schlafen, ruhen bis zu zwei Drittel des Tages.

Anerkennung

In einem ganz wesentlichen Punkt unterscheiden sich Hunde von Meerschweinchen, Fischen und Katzen: Sie wollen zu unserem Leben dazugehören und eine Bedeutung darin haben. Hier ähneln sie wiederum uns Menschen, denn wer von uns möchte nicht für jemand anderen – oder zumindest für eine bestimmte Aufgabe – wichtig sein? Hunden geht es genauso. Sie lieben Erfolgserlebnisse – und bevor sie sich selbst welche verschaffen, sollten Sie ihnen Erfolgsmomente bieten, an denen Hunde wachsen können und für die sie unsere fröhliche Anerkennung ernten. Diese Herausforderungen fördern die Problemlösekompetenz, stärken die Bindung und schenken Hunden eine Art „Sinn im Leben“. Das ist wichtig, weil sie ursprünglich nicht als Bettwärmer, sondern für bestimmte Aufgaben gezüchtet wurden. Also: Bieten Sie Ihrem Hund Lernstoff, an dem er wachsen kann, und loben Sie ihn mit viel Freude über seine fantastische Leistung.

Parallelwelt

In der Brust eines Hundes schlägt trotz jahrtausendelangen Zusammenlebens mit Menschen immer noch ein Hundeherz. Deshalb müssen wir unbedingt dafür sorgen, dass sie viel Hund sein dürfen! Eine tschechische Studie hat gezeigt, dass Hunde im Park am meisten Zeit mit Schnuppern, gegenseitiger Geruchskontrolle, Markieren und Spielen verbringen. Am entspanntesten sind dabei Hunde, die ohne Leine laufen und frei Kontakt aufnehmen dürfen, ohne dass Menschen sich ständig einmischen – hier kam es bei 1 870 dokumentierten Hund-Hund-Interaktionen zu keiner einzigen beschädigenden Auseinandersetzung. Kontaktsituationen an der Leine verliefen stressiger: Hier war die Stimmung nicht so entspannt, die Wahrscheinlichkeit einer aggressiven Reaktion mehr als doppelt so hoch als im Freilauf (Rezác et al, 2011). Glückliche Hunde haben also viele freie Kontaktmöglichkeiten zur eigenen Art. Sie kommen nicht nur mit guten Kumpels, sondern auch mit flüchtigen Bekanntschaften zurecht, denn sie durften als Welpen lernen, wie man sich als Hund richtig benimmt oder Konflikte managt (siehe hier, hier und hier). Durch tägliche ausgiebige Schnüffelei sind sie stets über den Status aller Hunde in der Umgebung aktuell informiert. Was für ein schönes Hundeleben!

Respekt

Werden Hunde als Hunde ernst genommen und gefördert, können sie sich zu selbstsicheren und fröhlichen Begleitern entwickeln. Ähnlich wie Menschen, die sich durch ein liebevoll führendes Elternhaus wichtig, geliebt und als Individuum geschätzt fühlen. Noch etwas zeichnet solche ausgeglichenen Hunde aus: Durch ihr freundliches Wesen haben sie die Gabe, nicht nur unser, sondern auch das Leben anderer Menschen zu bereichern. Als Halter eines fröhlichen Hundes stehen Ihnen dadurch die meisten Herzen dieser Welt offen. Sie werden sich wundern, wie viele fremde Menschen Ihnen plötzlich zulächeln oder neugierig Fragen stellen. Und natürlich Respekt zollen, für diesen großartigen, liebenswerten Freund an Ihrer Seite.

Hunde heute — Familienmitglied mit Fell

Hunde passen unglaublich gut zu uns und bereichern unser Leben. Doch warum ist das so und was brauchen Hunde für eine entspannte Freundschaft zu uns Menschen?

WARUM HUNDE ZU UNS PASSEN

Familienstruktur

Wölfe, aber auch manche freilebenden Hundegruppen leben in ähnlichen Familienverbänden zusammen: Mutter, Vater und ältere Geschwister teilen sich die Aufzucht des Nachwuchses, erziehen mit und leben vor, wie man als Wolf oder Streuner gut durchs Leben kommt. Dabei bedienen sie sich ganz ähnlicher pädagogischer Prinzipien: Ein inniges, freundliches Miteinander ist am wichtigsten, gepaart mit der Einhaltung bestimmter sozialer Regeln.

Sozialarbeiter Hund

Hunde sorgen für eine Zunahme an fröhlichen Kontakten zu Mitmenschen. Um diese tägliche Erfahrung von Hundebesitzern wissenschaftlich zu überprüfen, ließen Forscher diese mal mit, mal ohne Hund durch den Londoner Hyde Park laufen und notierten, wie viel Kontakt die Personen dabei zu Fremden hatten. Das Ergebnis war eindeutig: Der Gang mit Hund führte zu zahlreichen Gesprächen, die Wanderung allein war dagegen ein vergleichsweise einsames Erlebnis. Der Grund: In unserer Kultur ist es nicht üblich, fremde Menschen anzusprechen – es sei denn, man erkundigt sich nach dem Weg oder der Uhrzeit. Werden wir hingegen von kleinen Kindern oder Hunden begleitet, gilt diese Regel nicht. Das Kind oder der Hund werden als Brücke genutzt, um mit dem anderen Erwachsenen ins Gespräch zu kommen.

Sicherheitsfaktor

Wer einen Hund an seiner Seite hat, fühlt sich sicherer. Das liegt u. a. an seiner beruhigenden Präsenz. Besonders in Lebenskrisen zeigt uns seine stille Anwesenheit, dass wir nicht allein sind, das Streicheln des weichen Fells beruhigt. Zudem stehen sie uns in beängstigenden Situationen zur Seite. Auch ein Schaf im Wolfspelz, das neben uns steht, während wir am Automaten Geld abheben, schreckt ab und schenkt uns dadurch Schutz und Sicherheit.

Hunde halten fit

Mit einem Hund spazieren zu gehen, tut nicht nur dem Hund gut: Auch wir profitieren von der regelmäßigen Bewegung an frischer Luft, den Eindrücken der Welt um uns herum, den Gesprächen, die sich unterwegs mit anderen Menschen ergeben. Dass unser körperliches und seelisches Wohlbefinden durch Hundehaltung positiv beeinflusst wird, ist in vielen Studien nachgewiesen worden. Hundehalter sind weniger übergewichtig, genesen schneller nach schwerer Erkrankung, gehen seltener zum Arzt, ihre Kinder sind allergieresistenter.

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Gemeinsam Spaß haben – der Bindungsbooster für Mensch und Hund.

Hunde sind flexibel

Für Hunde gilt: Dabei sein ist alles. Das macht das Leben mit ihnen herrlich unkompliziert. Hunde, die gut sozialisiert und erzogen wurden, sind (fast) überall gern gesehene Begleiter: Ob im Restaurant oder Urlaub – Hunde passen sich schnell unterschiedlichsten Situationen an, lieben Abwechslung und neue Erlebnisse.

Glücksgefühle und Lebensfreude

Sei es das Lachen beim Spiel mit dem Hund, die gemeinsamen Erfolgserlebnisse beim Training, das vertraute Kuscheln oder die große Wiedersehensfreude, wenn wir nach einem Arbeitstag nach Hause kommen und vom Hund begrüßt werden: Hunde steigern unsere Lebensfreude. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass während der Zweisamkeit und schon beim Ansehen zwischen Hund und Mensch das Glückshormon Oxytocin in die Blutbahn ausgeschüttet wird – und schon fühlen wir uns beide pudelwohl. Und das sogar mit Rückkopplungseffekt: Eine Studie konnte zeigen, dass der Oxytocingehalt bei Hund und Mensch steigt, je länger sie sich in die Augen schauen. Spielen macht beim Erleben positiver gemeinsamer Gefühle nicht nur Spaß, sondern es festigt auch die Bindung. Denn Spielsignale sind universell und werden vom Gegenüber leichter verstanden. Auf der Spielebene kann die Kommunikation im Nahbereich immer weiter verfeinert werden, wir lernen uns besser kennen und lieben.

Bunte Hunde — wer passt zu wem?

Tolle Hunde trifft man überall. Ob ein Hund jedoch gut mit uns leben kann, wird ihm häufig schon „in die Wurfkiste gelegt“. Beim Suchen und Finden Ihres ganz persönlichen „Traumhundes“ hilft Ihnen deshalb das „Gewusst Wie“.

DER WEG ZUM TRAUMHUND

„Zum Hund kommen“ kann man auf alle nur erdenklichen Weisen. Und das ist gut so. Doch denken Sie daran: Das Zusammenleben mit einem Hund wird viele Jahre dauern. Ihr Hund sollte deshalb gut zu Ihnen und Sie gut zu Ihrem Hund passen.

Seine Anlagen

Als Zuchtergebnis einer oder mehrerer Rassen trägt jeder Hund bestimmte rassetypische Anlagen in sich. Entscheiden Sie sich also für einen Jagd-, Hüte- oder Schutzhund, können Sie mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass sich Ihr Freund in vielen Situationen auch wie einer benehmen wird.

Die Eltern

Als Kind seiner Eltern kann er außerdem die Wesensarten dieser beiden Individuen weitertragen. Soll heißen: Die tollsten Eigenschaften einer Rasse können über die Elterntiere verwässert werden, wenn beide von Mutter Natur mit einem schwachen Nervenkostüm ausgestattet wurden oder im Laufe ihres Lebens schlechte Erfahrungen gemacht haben, die ebenfalls zu Veränderungen am Erbgut führen können. Die Bekanntschaft der Eltern Ihres Welpen und eine ausführliche Inspektion der Lebens- und Aufzuchtbedingungen sollten Sie deswegen unbedingt machen. Das gilt auch für Mischlingswelpen!

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Der Züchter

Der erste Menschenkontakt findet bei vielen Hunden im Zuhause des Züchters statt. Ein guter Züchter ist besonders wichtig, denn durch epigenetische Studien wissen wir heute, dass bereits die Kindheit der Eltern- und Großelterngeneration Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung des Welpen haben kann. Auch eine entspannte Trächtigkeit ist wichtig für die spätere Resilienz, also psychische Stärke eines Hundes. Die ersten Erlebnisse mit Zweibeinern prägen dann das Menschenbild des Welpen zusätzlich besonders stark. Deshalb sollte er neben einer fürsorglichen Mutter und dem Kontakt zu älteren Geschwistern von Anfang an täglich mit liebevollen Bezugspersonen in Verbindung stehen, die ihn berühren, mit ihm spielen und die menschliche Umgebung erkunden lassen.

Die neuen Besitzer

Dann kommt es auf Sie an: was aus einem Hund werden wird, liegt zum großen Anteil an Ihnen. Denn Hunde sind wie wir Menschen Lerntiere. Sie kommen zwar mit bestimmten Anlagen zur Welt. Wie Sie sich entwickeln können, hängt aber vom neuen Zuhause und der Qualität des Lehrers ab. Unter Wölfen und in freilebenden Hundegruppen gestalten Eltern und große Geschwister den Lehrplan. Beim Zusammenleben mit Menschen rücken Besitzer in diese Position: Verschiedene Studien haben immer wieder bestätigen können, dass sich Hunde ihren Menschen gegenüber in Stresssituationen wie Kleinkinder benehmen; sie suchen bei uns Schutz und fragen nach Orientierung.

Wir sind verantwortlich dafür, Hunden die Welt zu erklären und ihnen zu zeigen, wie man gut durchs Leben kommt.

Wir müssen ganz ähnlich wie bei der Kindererziehung zwei wichtige Dinge besonders beherzigen:

Sichere Basis: Wir sind liebevoll, spielen viel mit dem Hund, bieten ihm Nähe, aber lassen ihn auch die Welt erkunden. Durch unser immer gleiches, ruhiges Verhalten bieten wir ihm dabei Orientierung und das schenkt Sicherheit. Der Welpe oder Tierschutzhund wird sich dadurch schneller an uns binden, lernt fix, wird selbstbewusster und kann sich bald in der Menschen- und Hundewelt zurechtfinden.

Sicherer Hafen: In aufregenden Situationen bieten wir dem Hund Rückhalt. Wir stehen für ihn ein, wenn er zu sehr bedroht wird oder von Situationen überfordert ist. Um dies zu verhindern, steigern wir langsam, immer angepasst an die individuelle Hundepersönlichkeit, die Herausforderungen des täglichen Lebens.

Nehmen Sie sich für das erste Jahr im Leben Ihres Hundes oder die erste Zeit mit Tierschutzhund also besonders viel Zeit. Der schöne Lohn: Sie werden für die restlichen 10 bis 15 Jahre einen großartigen Begleiter an Ihrer Seite haben!

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Charakterhunde — vom Apportier- bis Windhund

Hunderassen zeigen je nach Ursprungsverwendung verschiedene Wesenszüge. Deshalb orientiert sich diese Übersicht nicht unbedingt an den Kategorien der Féderation Cynologique International (FCI).

Hütehunde

  • BESCHREIBUNG: Genetisch bedingt sehr lernfreudige und sensible Hunde. Diese Rassen brauchen besonders im ersten Jahr einen ruhigen Umgangston, als Lernstoff reicht die Gewöhnung an die Welt und das Basis-ABC der Hundeerziehung. Sowohl bei Unterforderung als auch monotoner Überbeschäftigung können sie schnell stereotypes Suchtverhalten entwickeln.

  • FÜR WEN GEEIGNET?: Gut geeignet für aktive Familien, Paare oder Einzelpersonen, die viel Zeit und Lust auf anspruchsvolles, niemals einseitiges Hundetraining haben. Ein „Zuviel des Guten“ kann zu Hyperaktivität führen. Deshalb müssen bewusst Ruherituale geübt werden und eintönige Spiele – Stichwort „Balljunkie“ – vermieden werden.

  • RASSEBEISPIEL: Anspruchsvoll sind Border Collie, Australian Shepherd, Berger des Pyrénées, Altdeutsche Hütehunde wie Harzer Fuchs, einfacher sind Kurz-, Langhaar, Bearded Collie oder Sheltie.


Herdenschutzhunde

  • BESCHREIBUNG: Sehr eigenständig denkende und handelnde, charakterfeste Hunde. Herdenschutzhunde sollen sich eigentlich für Schaf- oder Ziegenherden verantwortlich fühlen und für deren Schutz mutig Wölfen oder Bären entgegenstellen. Das erfordert von ihnen, selbstständig Entscheidungen treffen und mutig aufzutreten zu können, sobald sie Gefahr wittern. Dann können diese Hunde plötzlich von 0 auf 100 einen Spaziergänger am Horizont als vermeintlichen Bären verbellen, was bei ihrer Körpergröße schnell zu Herzinfarkten oder Ärger führen kann.

  • FÜR WEN GEEIGNET?: Diese Hunde brauchen unbedingt Menschen, die hundeerfahren sind, bei der Erziehung einen langen Atem und Durchsetzungsvermögen zeigen und trotzdem keinen Kadavergehorsam erwarten. Hier ist vorausschauendes Denken und schnelles Reaktionsvermögen gefragt. Herdenschutzhunde müssen besonders intensiv sozialisiert werden, das erfordert ein abwechslungsreiches Besuchsprogramm verschiedener Menschen und Hundetypen. Tägliche, lange Hunderunden und Kontakte zu Artgenossen müssen diese Hunde gut auslasten, wenn keine eigene Herde bewacht werden muss. Durch die ausgeprägte Territorialität und das laute Bellen, besonders in der Dämmerung, ist er kein Hund für die Reihenhaussiedlung!

  • RASSEBEISPIEL: Maremmen-Abbruzzen-Schäferhund, Kangal, Kuvasz, Pyrenäenberghund, Mischlinge aus diesen Rassen


Jagd-, Stöber- Apportier- und Dachshunde

  • BESCHREIBUNG: Sehr schnelle Auffassungsgabe und ein großer Lernwille, teilweise gepaart mit einer großen Portion an Energie. Die Leidenschaft zum Stöbern, Hetzen oder Apportieren von Wild muss früh in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Durch eine „rassegerechte“ Beschäftigung können Jagdhunde aber trotz Hetzverbot auf Jogger und Hasen sehr glücklich und zufrieden werden.

  • FÜR WEN GEEIGNET?: Im Umgang mit Menschen sind Jagdhunde oft sehr sensibel, anhänglich und verschmust. Dadurch sind Jagdhunderassen heute zu Recht beliebte Familienhunde. Weil Familien aber nicht wollen, dass der Spaniel auf der Gassirunde einen zu Tode gehetzten Hasen apportiert, muss den Jägern leider ein lebenslanges Jagdverbot erteilt werden. Im Gegenzug sollte man diesen Hunden unbedingt andere Aufgaben bieten, die ihrer hervorragenden Nase und dem wachen Kopf viel zu tun geben. Das erfordert Zeit und Kreativität von uns …

  • RASSEBEISPIEL: Labrador-, Flat coated-, Golden Retriever, Cockerspaniel, Münsterländer, Setter, Dackel, Magyar Vizsla, Weimaraner, Englisch Springer Spaniel, Mischlinge aus diesen Rassen


Wachhunde

  • BESCHREIBUNG: Die Wächter von Haus und Hof haben ebenfalls eine sehr gute Lernbereitschaft (Hovawart, Riesenschnauzer) bis extrem schnelle Auffassungsgabe (Malinois, Schäferhund). Überzeugt sie ein Mensch mit tollen Führungsqualitäten, können sie sehr treu sein, aber reagieren immer zurückhaltend bis misstrauisch gegenüber Fremden. Sobald diese Hunde jedoch merken, dass der Unbekannte von seinem Menschen freundlich begrüßt und gemocht wird, ändert er sein Verhalten: Er zeigt dann seine nette und oft humorvolle Seite.

  • FÜR WEN GEEIGNET?: Menschen, die sich neben einem treuen Begleiter durchs Leben auch die Bewachung von Haus und Hof wünschen; ist dies nicht nötig, so kann die Freude am Bewachen durch richtige Erziehung gut kontrolliert werden. Diese Hunde brauchen neben Menschen mit der Fähigkeit zu freundlicher, aber klarer Kommunikation unbedingt Ersatzaufgaben, damit sie sich nicht aus Langeweile eigene Erfolgserlebnisse verschaffen. Zum Beispiel Schulkinder oder Omas am Zaun erschrecken. Eher nicht geeignet für Menschen mit wenig Hundeerfahrung.

  • RASSEBEISPIEL: Riesenschnauzer, Hovawart, Dobermann, Boxer, Dogge, Rottweiler, Schäferhund, Malinois, Mischlinge aus diesen Rassen


Begleit- und Gesellschaftshunde, „Schoßhund“

  • BESCHREIBUNG: Entstanden sind diese Hunde als Begleiter der Damenwelt der Oberschicht, um diesen die Langeweile zu vertreiben. Diese Herkunft erkennt man bis heute, denn sie erfüllen immer noch optisch alle Kennzeichen des „Kindchenschemas“: sie sind klein und handlich, haben meist im Verhältnis zum Körper große Köpfe, mit vorn am Schädel sitzenden Knopfaugen und oft kurzen Schnauzen. Deshalb sollte man die kleinen Kerle aber nicht unterschätzen. Sie können eine Menge lernen und zeigen oft großen Mut, wenn es darum geht, ihren Besitz zu verteidigen.

  • FÜR WEN GEEIGNET?: Trotz ihrer niedlichen Optik wollen die kleinen Clowns nicht als Accessoire oder „Spielzeug“ angesehen werden, sondern unbedingt als Hund ernst genommen werden. Deshalb ist es wichtig, bei ihnen genauso viel Zeit in Sozialisation und Erziehung zu investieren, damit ihr Potenzial voll ausgeschöpft wird. Denn dann werden sie zu freundlichen und fröhlichen kleinen Hunden, die überallhin mitgenommen werden können und alles machen dürfen, was andere Hunde auch gern tun: sich dreckig machen, viel lernen und Spaß haben mit anderen Hunden zum Beispiel.

  • RASSEBEISPIEL: Chihuahua, Pekingese, Bichon, Zwergpudel, Mops, Kromfohrländer, Shi Tsu, Frisé, Lhasa Apso, Löwchen


Windhunde

  • BESCHREIBUNG: Die Sichtjäger scannen den Horizont fast ständig nach Bewegungsreizen ab – passt man nicht auf, kann man sie genau dort lange Zeit elegant rennen sehen. Im Haus sind diese sensiblen Hunde dann regelrechte „Couch-Potatoes“, die am liebsten verknotet mit Artgenossen unsere Sofas und Sessel besetzen. Sie sind klassische „Ein–Mann-Hunde“ und zu sehr viel Nähe und Zuneigung fähig.

  • FÜR WEN GEEIGNET?: Für Menschen, die keinen Kadavergehorsam erwarten und wissen, dass Freilauf nur bei wenigen Individuen möglich ist, könnten Hunde dieser Rassen gut passen. Weitere wünschenswerte Eigenschaften für Windhund-Besitzer: eine ruhige Ausstrahlung und Ideen für passende Auslastung. Ist das nicht gegeben, benehmen sich Windhunde außer Haus wild und ungebändigt.

  • RASSEBEISPIEL: Whippet, Galgo Espagnol, Greyhound, Afghane, Saluki, Irischer Wolfshund


Hunde vom Urtyp

  • BESCHREIBUNG: Meist arbeitsfreudige Hunde mit schneller Auffassungsgabe. Sie lieben es, im Team zu agieren oder lange an der frischen Luft unterwegs zu sein – am besten mit vielen anderen Hunden und Menschen. Starke Persönlichkeiten, die sich nicht sofort jedem Menschen anschließen, sondern gute Gründe dafür brauchen.

  • FÜR WEN GEEIGNET?: Menschen, die sich gern und viel bewegen. Besonders Huskys brauchen eine Ausbildung, die über den Grundgehorsam hinausgeht und sie körperlich und geistig fordert – z.B. als Zughund. Keine Hunde für Wetterfühlige oder Menschen mit Angst vor Dreck im Haus!

  • RASSEBEISPIEL: alle Schlittenhunde, Spitz, Chow Chow, Eurasier


Laufhunde / Schweißhunde

  • BESCHREIBUNG: Wie der Name schon andeutet, haben diese Hunde einen riesigen Bewegungsdrang, dem wir unbedingt gerecht werden sollten. Im Jagdwesen werden sie immer noch viel als Meutehunde eingesetzt. Durch die erwünschte Selbstständigkeit müssen Sie mit Geduld und besonders viel Konsequenz erzogen werden.

  • FÜR WEN GEEIGNET?:

  • RASSEBEISPIEL: Dalmatiner, Rhodesian Ridgeback, Beagle, Basset, Bloodhound