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Erwachsenenschutz

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Das Erwachsenenschutzgesetz ist am 1. Januar 2013 in Kraft getreten. Dieser Ratgeber fasst den aktuellen Wissensstand zum revidierten Recht zusammen. Wie einzelne Bestimmungen im konkreten Fall angewendet werden, wird aber erst die Gerichtspraxis der nächsten Jahre zeigen. Im Zweifelsfall empfiehlt sich deshalb, den Rat einer Fachperson einzuholen, bevor Sie ein Gerichtsverfahren einleiten.

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Alle Vorlagen im Anhang stehen online bereit zum Herunterladen und selber Bearbeiten: www.beobachter.ch/download (Code 9995).

Beobachter-Edition

4., aktualisierte Auflage, 2018

© 2013 Ringier Axel Springer Schweiz AG, Zürich

Alle Rechte vorbehalten

www.beobachter.ch

Herausgeber: Der Schweizerische Beobachter, Zürich

Lektorat: Käthi Zeugin, Zürich

Umschlaggestaltung und Reihenkonzept: buchundgrafik.ch

Umschlagfoto: plainpicture, Hamburg

Fotos: iStock

Satz: Bruno Bolliger, Gudo

e-Book: mbassador GmbH, Basel

ISBN 978-3-03875-125-0
eISBN 978-3-03875-150-2

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Inhalt

Vorwort

image Das Erwachsenenschutzrecht – eine Einführung

Von der Vormundschaft zum Erwachsenenschutz

Schutz für die Schwachen

Weg mit alten Zöpfen!

Startschwierigkeiten des Erwachsenenschutzes

Rechtliche Grundlage: das Schweizerische Zivilgesetzbuch

Selbstbestimmung und Schutzbedürfnis – eine Abwägung

Erwachsenenschutzrecht – ein Gesetz von heute

Handlungsfähigkeit, Urteilsfähigkeit: zentrale Begriffe im Erwachsenenschutz

Höchstpersönliche Rechte

image Die eigene Vorsorge

Selber für später bestimmen: der Vorsorgeauftrag

Das sagt das Gesetz

Was gehört in den Vorsorgeauftrag?

Wie schreibt man einen Vorsorgeauftrag?

Geld für die beauftragte Person

So wird der Vorsorgeauftrag sicher gefunden

Genügt eine normale Vollmacht nicht?

Der Vorsorgeauftrag tritt in Kraft

Die Aufgabe der Kesb

Das müssen beauftragte Personen wissen

Kein Vorsorgeauftrag? Das Vertretungsrecht von Verheirateten und eingetragenen Partnern

Die Patientenverfügung

Wer darf eine Patientenverfügung schreiben?

Was kann man in der Patientenverfügung festlegen?

Patientenverfügung und Sterbehilfe

Keine Patientenverfügung – wer ist zur Vertretung berechtigt?

Die Rolle der Kesb

image Beistandschaften und Beistände

Wann ist eine Beistandschaft angezeigt?

Im Zentrum: das Verhältnismässigkeitsprinzip

Wer wird verbeiständet?

Selber eine Beistandschaft beantragen?

Massgeschneiderter Schutz: verschiedene Beistandschaften

Die Begleitbeistandschaft

Die Vertretungsbeistandschaft

Vertretung bei der Verwaltung des Vermögens

Die Mitwirkungsbeistandschaft

Beistandschaften nach Bedarf kombinieren

Die umfassende Beistandschaft

Was passierte mit Massnahmen, die vor 2013 angeordnet worden waren?

Das Ende der Beistandschaft

Die Beistandschaft wird aufgehoben

Die Massnahme wird umgewandelt

Weiterführende Hilfe

Beistand und Beiständin – ein Steckbrief

Das dürfen Sie von einem Beistand erwarten

Angehörige oder Bekannte als Beistände

Privatbeistände, Berufsbeistände

Aufgabenkatalog für einen Beistand

Die Schweigepflicht

Die Kesb hat ein Wörtchen mitzureden

Beschwerden gegen den Beistand

image Die fürsorgerische Unterbringung

Was bedeutet fürsorgerische Unterbringung?

Schutzbedürftig: die Gründe für eine fürsorgerische Unterbringung

Klinik, Spital, Heim – wohin wird man eingewiesen?

Wer darf einweisen?

Einweisung durch die Behörde

Auch Ärzte können einweisen

Zurückbehalten nach freiwilligem Eintritt

Was gilt in Klinik und Heim?

Wichtige Grundlage: der Behandlungsplan

Ohne Zustimmung kein Behandlungsplan

Die Regeln für den Notfall

Bettgitter, Liftcode, Fixiertisch – bewegungseinschränkende Massnahmen

Hilfe in der Ausnahmesituation: die Vertrauensperson

Die ärztliche Schweigepflicht

Die Entlassung

Das Entlassungsgesuch

Das Austrittsgespräch

Nicht allein lassen: die Nachbetreuung

Wer das Verfahren kennt, kommt weiter

Die Anhörung nach einer Beschwerde

Entzug der aufschiebenden Wirkung

image Schutz in Heimen

Was sind Wohn- oder Pflegeeinrichtungen?

Urteilsunfähige brauchen besonderen Schutz

Der Betreuungsvertrag sagt, was gilt

Das gehört in den Betreuungsvertrag

Wer kann den Betreuungsvertrag abschliessen?

Überlegungen vor dem Vertragsabschluss

Die Hausordnung ist nicht immer verbindlich

Weitere Regeln zum Schutz von Urteilsunfähigen im Heim

Aufsicht über Wohn- oder Pflegeeinrichtungen

Zwangsmassnahmen im Heim

Wenn die Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird

Wann ist eine bewegungseinschränkende Massnahme zulässig?

Ängste abbauen: das Gespräch mit der betroffenen Person

Es braucht ein Protokoll

Sich wehren: gewusst wie

image Von Behörden und Verfahren

Zentral: die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb)

Kantonal organisiert

Die Aufgaben der Kesb

Beistand und Behörde ist nicht dasselbe

Aufsicht über die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden

Gefährdungsmeldung: die Behörde auf einen Fall aufmerksam machen

Das Verfahren im Erwachsenenschutz

Das sind Ihre Rechte

Tipps für Gespräche mit den Behörden

Was die Behörde entscheidet, wird verfügt

Beschwerden gegen Entscheide der Kesb

Unentgeltliche Rechtspflege

Die Medien einschalten?

image Anhang

Gesetzestext

Vorlagen

Adressen

Literatur

Stichwortverzeichnis

Vorwort

Als 2013 das neue Erwachsenenschutzrecht in Kraft trat, verwendeten nur Fachleute die Abkürzung «Kesb» für die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde. Doch schon bald sahen viele Menschen rot, wenn sie Kesb nur hörten – und das ganze Erwachsenenschutzrecht wurde weitherum schlechtgeredet. Tatsache ist, dass der Erwachsenenschutz viel besser funktioniert, als seine Kritiker behaupten. Auch wenn da und dort Korrekturbedarf besteht, handelt es sich um ein modernes, zeitgemässes Gesetz, das auf die Selbstbestimmung setzt und die Menschenwürde ins Zentrum stellt.

Dieser Ratgeber erklärt das neue Recht in Alltagssprache und richtet sich an Laien. Gleichzeitig soll er aber auch den Fachleuten ein nützlicher Leitfaden sein, der ihnen die Situation und die Sichtweise ihrer Klientinnen und Klienten näherbringt.

Das erste Kapitel gibt einen Überblick über den Erwachsenenschutz und erklärt wichtige Begriffe des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs.

Im zweiten Kapitel erfahren Sie, wie Sie mithilfe von Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung selbstbestimmt vorsorgen können.

Um die Rechte und Pflichten von verbeiständeten Menschen und ihren Angehörigen geht es im dritten Kapitel. Und Sie sehen, was die Arbeit eines Beistands, einer Beiständin beinhaltet.

Das vierte Kapitel zeigt, wann man gegen seinen Willen in eine Einrichtung eingewiesen werden kann und welche Rechte man dabei hat.

Das fünfte Kapitel richtet sich hauptsächlich an Angehörige von urteilsunfähigen Menschen, die in Heimen leben.

Das letzte Kapitel befasst sich mit den Aufgaben der Kesb, erklärt das Verfahren und zeigt, wie Sie sich gegen Entscheide wehren können.

Im Anhang finden Sie das Erwachsenenschutzgesetz im Wortlaut, dazu hilfreiche Adressen und Vorlagen für Ihre eigenen Schreiben.

Wir Autoren freuen uns, wenn dieses Buch Betroffenen und Angehörigen weiterhilft und ihnen die Scheu nimmt vor dem Umgang mit der Kesb.

Walter Noser, Daniel Rosch

im Oktober 2018

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Das Erwachsenenschutzrecht – eine Einführung

Nach 50 Jahren Revisionsbestrebungen ist Anfang 2013 das Erwachsenenschutzgesetz in Kraft getreten und hat das über hundertjährige Vormundschaftsrecht abgelöst. Im Vordergrund stehen wie im Vormundschaftsrecht das Wohl und der Schutz hilfsbedürftiger Menschen. Doch das heutige Gesetz bietet auch Möglichkeiten, in guten Tagen für sich selbst vorzusorgen. Es ist ein Gesetz für uns alle.

Von der Vormundschaft zum Erwachsenenschutz

Das alte Vormundschaftsrecht befasste sich hauptsächlich mit Menschen, die nicht oder nur unzureichend für sich selber sorgen konnten. Für sie war ein starres Massnahmensystem vorgesehen. Das alte Gesetz war nur für einen kleinen Kreis bedeutsam: Betroffene, Angehörige und Fachleute. Das ist heute anders.

Seit das Erwachsenenschutzrecht in Kraft ist, können auch gesunde Menschen für den Zeitpunkt ihrer eigenen Urteilsunfähigkeit vorsorgen. Zudem verbessert das Gesetz die Rechte von schutzbedürftigen Menschen und bietet Möglichkeiten zu massgeschneiderter Hilfe.

Schutz für die Schwachen

Unsere Vorväter hatten es gut gemeint. Mit dem Bild einer intakten Familie im Kopf formten sie Anfang des letzten Jahrhunderts das Vormundschaftsrecht für diejenigen Erwachsenen, von denen die Gesellschaft dachte, dass sie wie Kinder auf Fürsorge und Unterstützung angewiesen seien. Geschützt werden sollte, wer unter «Geistesschwäche» oder an «Geisteskrankheit» litt. Dieser Schutz bestand im Wesentlichen im Entzug der Handlungsfähigkeit (siehe Seite 18) und in einer Bevormundung. Zudem befasste sich das Vormundschaftsrecht mit Menschen, die durch «Trunksucht», «Verschwendung» oder «lasterhaften Lebenswandel» auffielen. Und auch wer zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt worden war, musste streng nach Gesetz bis zum 31. Dezember 2012 bevormundet werden. So wurden in den letzten hundert Jahren Zehntausende entmündigt und bekamen einen Vormund.

Das Vormundschaftsrecht war nur für Ausnahmesituationen gedacht: für Menschen, zu denen niemand aus der Familie schaute. Wenn für die Entmündigung einer Person kein ausreichender Grund vorlag, wurde ein Beirat eingesetzt. Und wer «bloss» wegen Abwesenheit, Unfähigkeit oder Krankheit nicht selber handeln konnte oder nicht gut genug zu seinen Finanzen schaute, bekam einen Beistand. In den 1980er-Jahren wurde das Vormundschaftsrecht mit den Bestimmungen zur fürsorgerischen Freiheitsentziehung (FFE) ergänzt. Dieses Gesetz auf Bundesebene ersetzte die kantonalen Bestimmungen für «Gesindel», «Arbeitsscheue und Liederliche», die sogenannten Versorgungsgesetze.

Weg mit alten Zöpfen!

Alles unter Kontrolle? Nein. Es zeigte sich je länger, je deutlicher: Der Schutz, den der Gesetzgeber den Hilfsbedürftigen geben wollte, engte diese viel zu häufig und viel zu stark ein. Als unsere Ur- und Ururgrossväter das Vormundschaftsrecht in Kraft setzten, hatten sie nicht berücksichtigt, dass Erwachsene nicht hilflos wie kleine Kinder sind.

Urteilsfähige Erwachsene können sich zum Beispiel anhand der Frage «Was wäre, wenn?» durchaus mögliche zukünftige Ereignisse vorstellen – Kinder können das nicht. Dieser kognitiven Fähigkeit wird mit dem Erwachsenenschutzrecht Rechnung getragen. Zudem macht der Gesetz­geber in jedem einzelnen der neuen Gesetzesartikel deutlich, dass Hilfsbedürftige nicht willenlose Geschöpfe sind, sondern dass ihre Selbstbestimmung zu fördern ist.

Startschwierigkeiten des Erwachsenenschutzes

Fünf Jahre nach der Einführung des Erwachsenenschutzrechts entzündet sich die Diskussion an der Kesb, der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde. Glaubt man den sozialen Medien und Boulevardjournalisten, bekommt man den Eindruck, dass die Kesb in der Dämmerung graue Gestalten losschickt, die um die Häuser schleichen und ihre Nasen in fremde Angelegenheiten stecken.

Dem ist nicht so: Die Kesb wird erst tätig, wenn sie sich von Gesetzes wegen einschalten muss – ebenfalls von Gesetzes wegen hat sie dabei die Menschenwürde und die Selbstbestimmung eines jeden Einzelnen zu beachten.

Rechtliche Grundlage: das Schweizerische Zivilgesetzbuch

Das Erwachsenenschutzrecht ist im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) in den Artikeln 360 bis 456 geregelt. In diesem Gesetzbuch geht es wie in einem hochstehenden Roman oder in einer billigen Soap um die grossen Themen des Lebens: um Geburt, Jugend und Kindheit, Zusammenleben, Heirat und Sterben. Dazwischen um Eigentum, Vereinsleben, Scheidung und Erben – und seit dem 1. Januar 2013, seit das Erwachsenenschutzrecht Bestandteil des ZGB ist, geht es vermehrt auch um Menschenwürde und Selbstbestimmung.

Die Geschichte des ZGB hat im vorletzten Jahrhundert begonnen: 1892 gab der Bundesrat grünes Licht für die Entwürfe eines vereinheitlichten schweizerischen Privatrechts. Bis dahin waren lediglich das Obligationenrecht, die persönliche Handlungsfähigkeit, die Eheschliessung und die Scheidung auf eidgenössischer Ebene geregelt. Alles andere war Sache der Kantone. Seit 1912 regelt das ZGB das Personen-, Familien-, Erb- und Sachenrecht auf gesamtschweizerischer Ebene. Das Obligationenrecht (OR) einschliesslich des Handels- und Wertpapierrechts ist dem ZGB als fünfter Teil angegliedert.

Fast alles ist im ZGB kurz und knapp beschrieben – nicht etwa, weil die Juristen im Bundeshaus nur halbe Arbeit geleistet haben, sondern weil sich die Fragen des Lebens nur in den Grundsätzen regeln lassen. Die im ZGB enthaltenen Gesetzesartikel wurden und werden deshalb durch Entscheide der Gerichte und des Bundesgerichts ständig anhand des Zeitgeistes interpretiert und ausgelegt. So ist es auch beim Erwachsenenschutzrecht.

Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick darüber, was das Erwachsenenschutzrecht bringt. Und Erklärungen für einige Begriffe, die immer wieder auftauchen, wenn es um Menschen geht, die nicht genügend für sich selber sorgen können.

Selbstbestimmung und Schutzbedürfnis – eine Abwägung

Niemand wird bestreiten, dass Kinder des Schutzes bedürfen. Damit sie nicht unter die Räder kommen, muss man ihnen oft Vorschriften machen und ihnen zeigen, wo es langgeht. Sonst würden sie nie ins Bett gehen, statt Gemüse nur Pommes essen und die Zähne nicht putzen. Sie sind also auf Betreuung, Unterstützung und insbesondere auf Förderung durch ihre Eltern angewiesen. Wenn Vater und Mutter dieser Aufgabe nicht gewachsen sind, muss der Staat dafür sorgen, dass die vernachlässigten Mädchen und Buben die notwendige Unterstützung erhalten. Andernfalls wäre das Kindswohl gefährdet.

Wie aber sieht es aus, wenn ein 30-Jähriger oder ein 80-Jähriger noch oder wieder eines besonderen Schutzes bedarf, wenn gar sein Wohl gefährdet ist? Die Gründe für Gefährdungen und für die Hilfsbedürftigkeit von Erwachsenen können vielfältiger Natur sein. Zu denken ist an körperliche und psychische Erkrankungen, aber auch an Unerfahrenheit oder Unfähigkeit. Klar ist heute, dass schutzbedürftige Menschen nicht einfach wie Kinder behandelt werden dürfen; es geht weder um Erziehung noch um Nacherziehung. Vielmehr sind die Selbstbestimmung und die Würde des Menschen zu beachten.

Jede Gesellschaft muss entscheiden, wie sie mit ihren schutzbedürftigen Mitgliedern umgehen will, wo sie die Grenzen setzt und wann der Staat einen Menschen fremdbestimmen soll und darf. Schwierig wird es vor allem dann, wenn solche Menschen der Überzeugung sind, dass sie keiner Hilfe bedürfen. Hier wird immer ein Spannungsfeld zwischen dem Recht auf Selbstbestimmung und dem Bedürfnis nach Schutz und Unterstützung bestehen.

Das Erwachsenenschutzrecht bezweckt nichts anderes, als die Schwächezustände zum Wohl hilfsbedürftiger Personen auszugleichen – zu diesem Zweck kann das Selbstbestimmungsrecht eingeschränkt werden. Im Vergleich zum alten Vormundschaftsrecht wird die Selbstbestimmung deutlich höher gewichtet. Es geht nicht mehr, dass der Übervater Staat alles vorschreibt. Die Selbstbestimmung auch von schwächeren Mitgliedern der Gesellschaft soll wenn immer möglich gewährleistet sein. Nur dort, wo es nicht anders geht, soll die Behörde beziehungsweise die Beiständin oder der Beistand nötigenfalls auch gegen den Willen einer schutzbedürftigen Person handeln.

Erwachsenenschutzrecht – ein Gesetz von heute

Im Kern geht es beim Erwachsenenschutzrecht um Personen, die an einem Schwächezustand leiden – einer psychischen Störung, einer geistigen Behinderung, einer Urteilsunfähigkeit oder einer vergleichbaren Schwäche – und deshalb wichtige eigene Angelegenheiten wie die Finanzen nicht mehr regeln können oder ihre Gesundheit stark vernachlässigen. Das ist die gros­se Klammer dieses Gesetzes, die die einzelnen Hilfs- und Schutz­instrumente zusammenhält. Neu ist die Art, wie die Unterstützung für solche Menschen und der Umgang mit ihnen geregelt werden:

Selbstbestimmungsrecht: «Eines der Ziele der Revision ist es, das Selbstbestimmungsrecht zu fördern», schrieb der Bundesrat in der Botschaft zum neuen Gesetz. Mit dem Instrument des Vorsorgeauftrags kann eine handlungsfähige Person selber bestimmen, wer im Fall der Urteilsunfähigkeit ihr Rechtsvertreter werden soll. Und mit einer Patientenverfügung kann festgelegt werden, welchen medizinischen Massnahmen man zustimmt oder nicht zustimmt – oder wer darüber zu entscheiden hat (siehe Seite 24 und 41).

Solidarität in der Familie: Der Ehemann, die Ehefrau sowie eingetragene Partner und Partnerinnen erhalten Rechte, die ihnen früher verwehrt waren (siehe Seite 39). «Damit wird die Solidarität in der Familie gestärkt und es wird vermieden, dass die Behörden systematisch Beistandschaften anordnen müssen», so der Bundesrat in seiner Botschaft.

Massgeschneiderte Massnahmen: Im revidierten Recht haben das Verhältnismässigkeitsprinzip und die Flexibilität einen grossen Stellenwert. Statt der früheren fixen Beistand-, Beirat- und Vormundschaften gibt es nur noch definierte Beistandschaften, die flexibel an die Bedürfnisse der Schutzbedürftigen angepasst sind. Unterschieden wird zwischen drei massgeschneiderten Arten der Beistandschaft und der umfassenden Beistandschaft (siehe Seite 57).

Schutz von urteilsunfähigen Personen: Ein hoher Prozentsatz der über 80-Jährigen lebt vorübergehend oder dauernd in einem Altersoder Pflegeheim. Auch viele urteilsunfähige geistig Behinderte leben in Heimen. Sie mögen dort noch so liebevoll betreut werden – sie geniessen nicht immer den Schutz, den sie brauchen. Mit schriftlichen Betreuungsverträgen wird hier Transparenz geschaffen, und die Kantone werden verpflichtet, die Institutionen zu beaufsichtigen. Das Gesetz regelt zudem, wann bewegungseinschränkende Massnahmen erlaubt sind (mehr dazu auf Seite 109).

Rechtsschutz bei Einweisungen wider Willen: Man kann es drehen und wenden, wie man will – die «fürsorgerische Freiheitsentziehung» des alten Rechts erinnerte mehr an Strafe als an Hilfe. Im Ersatz namens «fürsorgerische Unterbringung» werden die Dinge aber nicht bloss schöngeredet. Wer gegen seinen Willen in eine Klinik oder eine andere Einrichtung eingewiesen wird, hat heute mehr Rechte als früher. Gesetzlich verankert ist das Recht, eine Vertrauensperson beizuziehen; zudem müssen die Behörden periodisch die Notwendigkeit der Einweisung überprüfen. Heute ist auf Bundesebene festgelegt, welche Zwangsmassnahmen wann erlaubt sind – und wie man sich dagegen wehren kann (mehr zur fürsorgerischen Unterbringung auf Seite 81).

Darüber hinaus beseitigt das revidierte Gesetz Ausgrenzungen und Stigmatisierungen:

Angeordnete Massnahmen werden nicht mehr in den Amtsblättern veröffentlicht.

Begriffe wie «Mündel» und «Vormund» wurden ersatzlos gestrichen (nur Kinder, deren Eltern gestorben sind oder die nicht unter elterlicher Sorge stehen, haben noch einen Vormund).

Die Begriffe «mündig» und «unmündig» gehören der Vergangenheit an. Seit Januar 2013 ist man entweder minderjährig oder erwachsen beziehungsweise volljährig.

Volljährige geistig Behinderte sind nicht mehr auf Gedeih und Verderben ihren Eltern ausgeliefert: Die Erstreckung der elterlichen Sorge über die Volljährigkeit hinaus ist nicht mehr möglich.

Last, but not least wurden die rund 1400 Vormundschaftsbehörden abgeschafft und durch rund 150 professionelle Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (Kesb) ersetzt. Diese haben ihre Entscheide allein aufgrund fachlicher und nicht etwa finanzieller Gesichtspunkte zu fällen. Zudem stehen sie – wie die früheren Vormundschaftsbehörden – unter einer Aufsicht.

imageINFO Beistand, Behörden, Gerichte – je nach Situation sind unterschiedliche Stellen involviert. Wie sie alle zusammenspielen, erfahren Sie in Kapitel 6 (Seite 131).

imageINFO Die für den Schutz von Erwachsenen zuständigen Behörden kümmern sich auch um den Schutz von Kindern – daher der Name Kesb: Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde.

Handlungsfähigkeit, Urteilsfähigkeit: zentrale Begriffe im Erwachsenenschutz

Den Begriffen Handlungsfähigkeit und Urteilsfähigkeit – wie auch Handlungsunfähigkeit und Urteilsunfähigkeit – werden Sie in diesem Buch immer wieder begegnen. Sie sind zentral, wenn es darum geht, welche Massnahmen nötig und zulässig sind. Doch was bedeuten sie?

Handlungsfähigkeit

Die Handlungsfähigkeit ist in den Artikeln 12 und 13 ZGB definiert. Wer handlungsfähig ist, kann selbständig Rechte ausüben und Pflichten übernehmen. Er oder sie kann Verpflichtungen eingehen oder ausschlagen, Verträge abschliessen oder kündigen, Ungerechtigkeiten wegstecken oder zur Anzeige bringen. Oder juristisch ausgedrückt: Handlungsfähige Personen sind geschäfts- und deliktsfähig, vertrags- und testierfähig. Voraussetzungen, dass jemand handlungsfähig ist, sind die Volljährigkeit (18 Jahre alt) und die Urteilsfähigkeit. Handlungsunfähig (Art. 17 ZGB) sind Urteilsunfähige, Minderjährige und Personen, die unter umfassender Beistandschaft stehen (siehe Seite 64).

Neben der Handlungsfähigkeit und der Handlungsunfähigkeit gibt es noch eine Zwischenstufe: Handlungsunfähige, aber urteilsfähige Personen können gewisse Handlungen allein ausüben, beispielsweise Geschenke annehmen, und ihre höchstpersönlichen Rechte wahrnehmen (siehe nächste Seite).

Urteilsfähigkeit

Urteilsfähig ist jede Person, «der nicht wegen ihres Kindesalters, infolge geistiger Behinderung, psychischer Störung, Rausch oder ähnlicher Zustände die Fähigkeit mangelt, vernunftgemäss zu handeln», heisst es in Artikel 16 ZGB. Das Gesetz spricht von der Fähigkeit, «vernunftgemäss zu handeln»: Urteilsfähigkeit ist somit keine Intelligenzfrage. Und entgegen dem, was man aus dem Gesetzeswortlaut lesen könnte, kann jemand auch urteilsfähig sein, wenn er oder sie unvernünftig ist. Es geht also nicht um gesellschaftlich angepasstes Verhalten. Wenn ein Mensch fähig ist, seine Handlungen in bestimmten Situationen richtig zu beurteilen, ihre Folgen einzuschätzen, ist er urteilsfähig.

Die Frage der Urteilsfähigkeit muss immer an einer bestimmten Handlung gemessen und für eine konkrete Situation beurteilt werden. Deshalb kann jemand für bestimmte Handlungen urteilsfähig und für andere urteilsunfähig sein. Ein geistig Behinderter weiss zum Beispiel, dass er nicht ohne zu zahlen aus der Migros hinauslaufen darf. Geht es um die Unterzeichnung eines Vertrags für die Cumulus-Kreditkarte, ist er aber urteilsunfähig. Oder: Eine betagte Frau kann trotz Alzheimererkrankung sehr wohl entscheiden, welchen Operationen sie zustimmt – die Vertragsklauseln einer Pflegeversicherung würde sie jedoch nicht mehr verstehen.

Die Urteilsfähigkeit einer Person kann auch nur vorübergehend fehlen, etwa bei einem Rausch oder einer Ohnmacht. Im Rahmen des Erwachsenenschutzrechts geht es in der Regel um andauernde Urteils­unfähigkeit.

Die Urteilsfähigkeit ist entweder vorhanden oder nicht vorhanden; es gibt keine Graubereiche, keine teilweise Urteilsfähigkeit. Dieses «Allesoder-nichts-Prinzip» ist zwar nicht sehr praxisnah, erfüllt aber eine wichtige Funktion im Geschäftsverkehr: Es muss klar sein, ob ein Vertrag gültig ist oder eben aufgrund mangelnder Urteilsfähigkeit nicht zustande gekommen ist.

imageINFO Urteilsunfähigkeit darf nicht mit Unzurechnungsfähigkeit verwechselt werden. Bei Letzterem handelt es sich um einen Begriff aus dem Strafgesetzbuch, dem StGB.

Höchstpersönliche Rechte

Mit den höchstpersönlichen Rechten befasst sich das Zivilgesetzbuch in Artikel 19c. Es geht um Rechte, die derart nahe mit der Persönlichkeit eines Menschen verknüpft sind, dass nur er selber sie ausüben kann. Unter­schieden wird zwischen absolut höchstpersönlichen Rechten und relativ höchstpersönlichen Rechten.

Bei absolut höchstpersönlichen Rechten ist keine Vertretung möglich. Das heisst, ein gesetzlicher Vertreter, eine gesetzliche Vertreterin kann diese Rechte nicht an der Stelle und im Namen einer urteilsunfähigen Person wahrnehmen. Zu diesen Rechten gehören beispielsweise:

Anerkennen eines Kindes

Einreichen einer Scheidungsklage

Erstellen oder Widerrufen eines Testaments

Errichten eines Vorsorgeauftrags

Errichten einer Patientenverfügung

Entscheid über religiöse Zugehörigkeit

Entscheid über Schönheitsoperationen, Tattoos, Piercings

Bei relativ höchstpersönlichen Rechten ist die Vertretung von urteilsunfähigen Personen möglich. Relativ höchstpersönliche Rechte sind zum Beispiel:

Einwilligung in ärztliche Heileingriffe, medizinische Behandlungen und in Operationen

Unterhaltsklagen

Eheschutzmassnahmen

Vaterschaftsklagen

Namensänderungen

Urteilsfähige Personen üben alle ihre höchstpersönlichen Rechte selbst aus, niemand anderes kann ihre Entscheide fällen. Die Unterscheidung von absolut und relativ höchstpersönlichen Rechten ist deshalb nur bei Urteilsunfähigkeit von Bedeutung. Kann jemand nicht selber entscheiden, ist bei den relativ höchstpersönlichen Rechten Stellvertretung zugelassen, ein Beistand kann also zum Beispiel die Einwilligung zu einer notwendigen Operation geben. Bei den absolut höchstpersönlichen Rechten ist eine Stellvertretung vollumfänglich ausgeschlossen.

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Die eigene Vorsorge

Das Selbstbestimmungsrecht hat im Erwachsenenschutzgesetz einen hohen Stellenwert. Mit einem Vorsorgeauftrag kann man bestimmen, von wem man im Fall der Urteilsunfähigkeit vertreten werden möchte. In einer Patientenverfügung kann man für diesen Fall festlegen, welche medizinischen Massnahmen ergriffen werden sollen oder wer entscheidungsbefugt sein soll.

Selber für später bestimmen: der Vorsorgeauftrag

Wir tun uns alle schwer mit dem Gedanken, dass wir wegen eines Unfalls oder einer Krankheit urteilsunfähig werden könnten – genau wie wir uns auch nur ungern mit dem eigenen Tod auseinander­setzen. Obwohl es das Gesetz ermöglicht, zögern wir, für diesen Fall vorzusorgen. Doch wir schliessen ja auch Diebstahl-, Hausrat- und Haftpflichtversicherungen ab – obwohl wir hoffen, sie nie zu brauchen. Da spricht eigentlich nichts dagegen, auch für den Fall der Urteils­unfähigkeit vorzusorgen. Anders als eine Versicherungspolice ist diese Vorsorge erst noch gratis zu haben. Das Instrument dazu ist der Vorsorgeauftrag, geregelt in den Artikeln 360 bis 369 des ZGB.

Das Testament wird oft als «letzter Wille» bezeichnet. Der Vorsorgeauftrag ist quasi der zweitletzte Wille. Es gibt allerdings einen Unterschied: Niemand erlebt, wie sein Testament seine Wirkung entfaltet. Ein Vorsorgeauftrag hingegen tritt zu Lebzeiten in Kraft, wenn man für längere Zeit urteilsunfähig ist. Wann dies der Fall ist, entscheidet die Kesb. Verstandesmässig erfasst man das alles zwar nicht mehr. Doch wer weiss schon so genau, was jemand bei einer Demenz, einer schweren geistigen Störung oder im Koma emotional mitbekommt.

Das sagt das Gesetz

«Eine handlungsfähige Person kann eine natürliche oder juristische Person beauftragen, im Falle ihrer Urteilsunfähigkeit die Personensorge oder die Vermögenssorge zu übernehmen oder sie im Rechtsverkehr zu vertreten.» So steht es in Artikel 360 des ZGB. Was bedeuten all diese Begriffe? Der Reihe nach:

Die (Vorsorge-)Auftraggeberin muss handlungsfähig sein: Handlungsfähig ist, wer volljährig und urteilsfähig ist und nicht unter umfassender Beistandschaft steht (siehe auch Seite 18).

Vorsorgebeauftragte können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein. Natürliche Personen sind Privatpersonen – also Eltern, Nachbarn, Freunde und Bekannte. Juristische Personen sind Organisationen – Aktiengesellschaften, Genossenschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), Stiftungen und Vereine.

Ein Vorsorgeauftrag ist ein Vertrag. Durch die Annahme des Auftrags verpflichtet sich die beauftragte Person, die ihr übertragenen Geschäfte vertragsgemäss zu besorgen (so regelt es das Obligationenrecht in Art. 394).

Die Personensorge umfasst die Fürsorge in persönlichen Angelegenheiten sowie Hilfestellungen im Alltag. Auch die allgemeine Gesundheitssorge kann dazugehören, etwa die Anstellung von Pflegepersonal oder Entscheide über Spital- und Heimaufenthalte.

Bei der Vermögenssorge geht es um finanzielle Fragen; sie betrifft sowohl das Einkommen wie auch das Vermögen. Sie beinhaltet die Verwaltung des Vermögens, des Zahltags, der Renten sowie das Begleichen von anstehenden Rechnungen und das Einhalten von finanziellen Verpflichtungen.

Rechtsverkehr ist nötig, um die Personen- und Vermögenssorge bei Amtsstellen, Versicherern, privaten und öffentlichen Einrichtungen und Privatpersonen zu gewährleisten. Jemanden «im Rechtsverkehr vertreten» heisst, für diese Person gültig Verträge und Verpflichtungen eingehen oder kündigen zu können.

Was bringt ein Vorsorgeauftrag?

Krankheiten und Unfallfolgen, die früher den Tod herbeiführten, können heute mit ärztlichen Eingriffen und Medikamenten besser behandelt werden. Der medizinische Fortschritt verlängert das Leben; ein Patient kann aber für lange Zeit das Bewusstsein und somit die Urteilsfähigkeit verlieren. Auch die hohe Lebenserwartung führt zu mehr urteilsunfähigen Personen, denn im Alter steigt das Risiko, an Alzheimer und anderen Formen der Demenz zu erkranken. Mit dem Vorsorgeauftrag haben Menschen die Möglichkeit, das Selbstbestimmungsrecht auch für die Zeit der Urteilsunfähigkeit zu wahren. Man kann festlegen, wer die Personensorge (mit Ausnahme der medizinischen Massnahmen), die Vermögenssorge und den Rechtsverkehr – oder auch nur Teile davon – übernehmen soll. Und man kann auch bestimmen, was die beauftragte Person nicht tun darf.

imageBASIL F. STUDIERT NOCH und wohnt in einer WG. Dass es Patientenverfügungen und Vorsorgeaufträge gibt, hat er schon mal irgendwo gehört, interessiert ihn aber nicht sonderlich. Schliesslich ist er erst 24 und glaubt noch, dass er für immer fit sein wird. Was, wenn er erkrankt oder verunfallt und urteilsunfähig wird? Dann muss er verbei­ständet werden. In medizinischen Belangen jedoch können ihn seine Eltern vertreten; sie können den von den Ärzten vorgeschlagenen Massnahmen zustimmen oder sie verweigern. Für die Einkommensverwaltung wäre aber niemand zuständig. Dafür bräuchte es einen Vorsorgeauftrag.

imageINFO Das Bundesgesetz über die politischen Rechte bestimmt, dass diejenigen Bürger und Bürgerinnen vom Stimm- und Wahlrecht ausgeschlossen sind, die durch eine vorsorgebeauftragte Person vertreten werden und dauernd urteilsunfähig sind. Dies kann man als Diskriminierung auffassen. Anderseits: Wer nicht für sich selbst sorgen kann, interessiert sich wohl kaum für das politische Geschehen im Land.

Was gehört in den Vorsorgeauftrag?

Wenn Sie jemanden in Ihrem Vorsorgeauftrag beauftragen, darf diese Person nicht nach eigenem Gutdünken schalten und walten. Sie muss in Ihrem Sinn handeln und entscheiden. Damit sie dies tun kann, müssen Sie festlegen, wie der Auftrag auszuführen ist und in welchen Tätigkeitsfeldern gehandelt werden soll. Hier die wichtigsten Punkte (Vorlagen finden Sie im Anhang):

Sie können festlegen, wer Ihr Einkommen und Ihr Vermögen verwalten soll. Beauftragen können Sie sowohl natürliche wie auch juristische Personen. Sie können auch Anordnungen treffen, wie die Aufgaben zu erfüllen sind, oder bestimmte Vorkehrungen verbieten. Sie können zum Beispiel bestimmen, wem Geld geschenkt werden soll, wer ein Darlehen erhalten soll, wem Sie regelmässig Spenden ausrichten möchten, mit welchen Geldern Börsengeschäfte getätigt werden sollen oder welche Konten auf keinen Fall aufgelöst werden dürfen.

Weiter können Sie bestimmen, wer Ihre persönliche Pflege übernehmen soll, wie diese Pflege aussehen soll, wann Ihre Wohnung aufgelöst werden soll und Ähnliches. Kein Vertretungsrecht besteht für die absolut höchstpersönlichen Rechte (siehe Seite 19).

Damit die beauftragte Person alle notwendigen Vorkehrungen treffen und Verträge abschliessen oder kündigen kann, können Sie sie als Ihre generelle Vertretung im Rechtsverkehr aufführen.

Sinnvoll ist es, eine Ersatzfrau, einen Ersatzmann zu bestimmen für den Fall, dass die Nummer eins das Mandat nicht übernehmen kann oder irgendwann nicht mehr in der Lage ist, die Aufgaben auszuführen.

Sinnvoll ist es auch, das Verhältnis zu allfälligen früher verfassten Vorsorgeaufträgen zu regeln, zum Beispiel mit folgender Formulierung: «Dieser Vorsorgeauftrag ersetzt sämtliche vorhergehenden.» Oder: «Dieser Vorsorgeauftrag ergänzt den Vorsorgeauftrag vom 20. August 2013.»

Falls zusätzlich eine Patientenverfügung besteht, sollten Sie im Vorsorgeauftrag darauf hinweisen.

Hilfreich ist, wenn im Vorsorgeauftrag die Entschädigung für die beauftragte Person geregelt ist.

imageSOPHIE V. IST 70 JAHRE ALT und verwitwet. Sie lebt von den Renten der AHV und der Pensionskasse und von ihren Ersparnissen. Sie schreibt einen kurzen Vorsorgeauftrag: Die Vermögenssorge, die Personensorge und den Rechtsverkehr hat sie für den Fall ihrer Urteilsunfähigkeit ihrem Sohn übertragen. Sicherheitshalber setzt sie auch ihre Tochter ein – für den Fall, dass ihr Sohn den Auftrag nicht übernehmen kann oder will. Oder dass er, nachdem der Vorsorgeauftrag in Kraft gesetzt worden ist, diesen irgendwann nicht mehr ausführen kann.

Angehörige und Geschäftspartner können in eine Interessenkollision geraten oder könnten Geschäfte tätigen, bei denen sie sowohl Ihr Vertreter als auch Vertragspartei sind. Falls Sie das in Kauf nehmen, lohnt es sich, dies klarzustellen: «Die vorsorgebeauftragte Person soll mich auch vertreten, wenn Interessenkollisionen und Doppelvertretungen vorkommen.»

imageINFO Wenn bei der Ausführung Ihres Vorsorgeauftrags noch weitere Personen zugelassen werden sollen, halten Sie dies fest: «Der Vorsorgebeauftragte kann Hilfspersonen und für einzelne Aufgaben Substitute beiziehen.»

Mehrere Vorsorgebeauftragte