MASSAGE MAL ANDERS

WAS SIE MIT CUPPING ERREICHEN KÖNNEN:

Wer nicht jeden Tag etwas für seine Gesundheit aufbringt, muss eines Tages sehr viel Zeit für die Krankheit opfern.

Sebastian Kneipp (1821–1897)

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Heike Oellerich

hat langjährige Erfahrung als Trainerin im Bereich Gesundheitssport. Sie arbeitet als Referentin in der Weiterbildung für medizinische Berufe und Trainer sowie als DTB-Ausbilderin unter anderem für FASZIO® Kursleiter. Gemeinsam mit Miriam Wessels entwickelt sie neue Bewegungskonzepte und schreibt als freie Autorin besonders gern über Themen wie Yoga, Beckenbodentraining und Faszien.

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Miriam Wessels

interessierte sich schon während ihres klassischen Sportstudiums für ganzheitliche Bewegungs- und Therapieformen. Sie ist Heilpraktikerin und Ausbilderin für Yogalehrer und -therapeuten. Als Faszientherapeutin arbeitet sie in ihrer eigenen Praxis in Hamburg. Zusammen mit Heike Oellerich bietet sie unter der Marke FASZIO® Ausbildungen für Trainer, Therapeuten, Heilpraktiker und Ärzte an.

NEUE WEGE DER SELBSTBEHANDLUNG

Lange stand bei der Behandlung von Faszien das Druck-Ausüben im Vordergrund, wobei mithilfe des sogenannten Schwammeffekts die Gewebsflüssigkeit in Schwung gebracht werden soll. Damit etwas fließen kann, benötigt es jedoch ausreichend dreidimensionalen Raum. Daher erahnten wir, als wir die Silikon-Cups das erste Mal sahen, sofort das Potenzial dieser modernen Schröpfgeräte. Inzwischen sind die Cups ausgiebig in der Praxis getestet und stellen eine große Bereicherung im Therapiebereich, aber auch in der Selbstbehandlung dar. Mit das Beste: Ganz abgesehen von den vielen positiven Effekten auf den Gesundheitszustand sind die Cups nahezu nebenwirkungsfrei, leicht zu handhaben und dazu auch noch erschwinglich.

Im Einführungskapitel dieses Ratgebers erklären wir Ihnen, was klassisches Schröpfen ist, wie die innovativen Faszien-Cups funktionieren und was überhaupt die Faszien damit zu tun haben. Im Praxisteil finden Sie dann zahlreiche genaue Anleitungen, wie Sie alltägliche und berufsbedingte Beschwerden mit den Cups behandeln können. Beim Schreiben unterstützt hat uns diesmal der TCM-Therapeut und Akupunktur-Experte Peter Holthausen aus Hamburg. Er hat zusätzlich speziell auf Akupunkturpunkte ausgerichtete Cupping-Tipps beigesteuert. Gemeinsam haben wir nicht nur die vielen Anwendungen zusammengetragen, sondern auch aufeinander abgestimmte Behandlungsabfolgen für die einzelnen Beschwerden erstellt.

In diesem Sinne: Schaffen Sie Raum für Ihre Gesundheit!

Ihre Cupping-Experten

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TRADITION UND FORSCHUNG

Cupping, die moderne Variante des Schröpfens, kombiniert die altbewährte Technik mit aktuellem Faszienwissen. Indem es Raum für Vitalität und Geschmeidigkeit im Gewebe schafft, eröffnet es neue, gezieltere Wege zur Behandlung vieler Beschwerden.

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CUPPING: MASSAGE IN 3D

Cupping ist eine regulative Therapie, die auf einen reichen Schatz an Erfahrungslehren aufbaut. Es steht schließlich in der Tradition einer uralten Heilmethode: dem Schröpfen. Diese Therapieform kam vermutlich bereits vor über 5 000 Jahren in Vorderasien und China zum Einsatz. Im alten Griechenland war die Methode sogar so beliebt und anerkannt, dass Schröpfgläser als Sinnbild für die gesamte ärztliche Kunst standen, so wie heute der von Schlangen umwundene Äskulapstab.

Die Wirkung des Schröpfens erklärte man sich von der Antike bis ins 18. Jahrhundert im Sinn der sogenannten Säftelehre. Zu den (Körper-)Säften gehören unter anderem Blut, Lymphe, Gewebewasser und »Schleim«. Wenn ein Saft beispielsweise zu flüssig ist, in zu hoher Dichte oder auch in einem ungünstigen Temperaturbereich im Körper auftritt, kann es zu körperlichen Beschwerden kommen. Dies spiegelt sich im gesamten Organismus wider, der ja auf Flüssigkeiten in einem ausgewogenen Zustand angewiesen ist. Mithilfe des Schröpfens sollte bei Kranken das gestörte Gleichgewicht der Körpersäfte wiederhergestellt werden – und damit auch seine Gesundheit.

In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) weiß man bis heute, dass ein Mensch dann krank wird, wenn das Blut und die Lebensenergie Qi nicht mehr frei fließen können. Schröpfen soll auch in dieser Lehre helfen, Blockaden im Körper zu beseitigen.

Aber Cupping ist weit mehr als eine Variante des Schröpfens mit modernen Bechern aus elastischem Silikon. Es ist eine Behandlungstechnik auf der Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Faszien sowie deren Bedeutung und Verlauf im Körper.

Bereits im vergangenen Jahrhundert konnte der österreichische Arzt Alfred Pischinger (1899–1983) anhand von Studien und Untersuchungen nachweisen, dass sich im Laufe des Lebens im Bereich des Bindegewebes zwischen den Zellen »Abfälle« anlagern. Je mehr dieser Ablagerungen und Gifte sich im Körper befinden, desto schlechter ist die Zufuhr von Nährstoffen und die Abfuhr von Stoffwechselendprodukten.

Pischinger erbrachte in seiner Arbeit auch einen Beweis dafür, wie sich von außen kommende Reize in die Reflexzonen des Körpers und von dort aus weiter in die Organe fortpflanzen und welche Stoffwechselvorgänge dabei ablaufen. Genau hier setzt das Cupping an: Es regt dieses Gesamtsystem und den damit verbundenen Stoffwechsel an und stärkt dadurch unter anderem die körpereigenen Selbstheilungskräfte.

Das aktuelle Faszienwissen ermöglicht heute weitere Denk- und Handlungsansätze, die die bewährte Technik des Schröpfens weiterentwickeln. Dadurch lassen sich die Behandlungen noch gezielter einsetzen, und die Anwendungsvarianten erweitern sich. Dazu kommt: Moderne Silikon-Cups gibt es in verschiedenen Größen und sie erlauben aufgrund ihrer Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit eine einfache Handhabung. Vor allem aber können Sie sich mit ihnen zu Hause und unterwegs ganz einfach selbst behandeln und so Ihre Regeneration, Ihr Training und Ihre Beweglichkeit im Alltag unterstützen.

Hier vorab nur ein paar Beispiele: Wenn Sie gegen Stress angehen wollen, der sich häufig in Nackenverspannungen äußert, ziehen Sie den Cup einfach für einige Minuten im Nackenbereich über die Haut. Genauso können Sie ihn aber auch nach dem Training für die beanspruchte Muskulatur verwenden. In diesem Fall fördert die Behandlung die Erholung der Muskeln. Zur Hautpflege und für einen gleichmäßigen Teint können Sie mit dem kleinen Cup zum Beispiel sanft das Gesicht massieren. Sie sehen schon jetzt: Es gibt viele unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten.

SCHRÖPFEN – EINST UND HEUTE

Beim klassischen Schröpfen wird in der Regel ein gläserner Schröpfkopf kurz über eine Flamme gehalten, damit sich die Luft in ihm erwärmt. Anschließend wird der Schröpfkopf auf die Haut gesetzt. Dadurch kühlt die Luft in seinem Inneren wieder ab und es entsteht ein Unterdruck, der die Haut »ansaugt«.

Es gibt Schröpfköpfe in unterschiedlichen Größen: Die größeren eignen sich für großflächigere Bereiche und erzeugen meistens einen stärkeren Sog. Kleine Schröpfköpfe haben den Vorteil, dass sie lokaler beziehungsweise punktueller eingesetzt werden können. Besonders bei der Behandlung von Meridianen und einzelnen Akupunkturpunkten ist dies vorteilhaft (siehe auch >).

Mittlerweile gibt es mehrere Alternativen zu klassischem Glas, wie zum Beispiel Acrylgläser mit einem Gummiball. Drückt man den Ball vor dem Aufsetzen, erzeugt man mit dem Loslassen den Unterdruck. Je nachdem, wie viel Luft aus dem Ball gedrückt wird, ist dieser Unterdruck unterschiedlich stark. Genau- so gibt es Schröpfköpfe aus Kunststoff, aus denen die Luft mit einer angeschlossenen Handpumpe herausgesogen wird, um den erforderlichen Unterdruck zu erzeugen.

SCHRÖPFMASSAGE

Die Schröpfmassage gehört zu den trockenen Schröpfmethoden. So werden diejenigen Schröpfmethoden bezeichnet, bei denen kein Blut aus der Hautoberfläche tritt und die sich je nach Schröpfgefäß auch zur Selbsttherapie eignen – im Gegensatz zum blutigen Schröpfen, das wie ein »Mini-Aderlass« wirkt und ausschließlich von Ärzten und Heilpraktikern durchgeführt werden darf.

Bei der Schröpfmassage wird der Schröpfkopf – mit oder ohne Öl – über die Haut gezogen. In der Regel reagiert die Haut darauf mit einer Rötung, manchmal auch mit Einblutungen. Überhaupt kann es bei allen Methoden zu sogenannten Schröpfmarkierungen kommen. Sie sind aber in der Regel harmlos und mitunter sogar aus therapeutischen Gründen erwünscht.

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Der größere Cup allround eignet sich für den ganzen Körper, der kleinere Cup local speziell für Gesicht, Hände, Füße und Gelenke oder Triggerpunkte.

Faszien-Cups – die modernen Schröpfgeräte

Mit dem geänderten Blickwinkel und dem erweiterten Verständnis, dass die Faszienwissenschaft in die Schröpfentwicklung gebracht hat, entstand auch der Bedarf an handlicheren Schröpfgeräten. Ganz neu sind speziell für die Faszienbehandlung gestaltete Silikon-Cups, mit denen auch die Anwendungen in diesem Buch ausgeführt werden. Ihre Wirkung ähnelt zwar den traditionellen Schröpfgläsern, im Gegensatz zu diesen sind sie aber unzerbrechlich und in der Handhabung sehr viel angenehmer. Außerdem haben sie einen zusätzlichen Peeling-Effekt. Man drückt sie einfach mit der Hand zusammen und setzt sie dann auf die entsprechende Körperpartie. Lässt man sie los, entsteht automatisch ein gewünschter Unterdruck.

Die modernen Cups bestehen aus biokompatiblem Silikon, sind damit dermatologisch unbedenklich und auch für Allergiker geeignet. Sie werden überwiegend aus natürlichem Quarzsand hergestellt und sind durch ihre lange Haltbarkeit besonders nachhaltig. Weitere Vorteile sind unter anderem die Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit des Materials sowie die einfache Handhabung.

Die Materialstärke und damit die Sogintensität eignen sich optimal für die Behandlung von faszialen Strukturen. Der spezielle Peeling-Rand sorgt für eine ideale Haftung und eine barrierearme Verschieblichkeit zweier Gewebearten gegeneinander (Scherwirkung) auf der Haut und in den Faszienschichten. Zusätzlich lässt sich die abgeflachte und gehärtete Spitze des Cups einsetzen, um sogenannte Triggerpunkte, das sind lokale Schmerzpunkte, zu finden und mit Druck zu behandeln. Eine Wohltat!

Die Faszien-Cups sind in zwei Größen erhältlich. Welche Cup-Größe jeweils eingesetzt wird, hängt vom zu behandelnden Gewebetyp und vom Ort der Anwendung ab. Der große Cup wirkt flächig und tiefer, der kleine Cup punktuell. Auch eine Behandlung mit zwei Cups zur selben Zeit ist möglich – in der gleichen oder in unterschiedlicher Größe. Ein Cup kann dann zum Beispiel auf einer Stelle belassen werden, während der andere hin und her bewegt wird. Damit wird ein Impuls in die gesamte Faszie gesetzt, mehr Flexibilität zuzulassen, denn das fasziale Gewebe ist wie ein Netz in mehrere Dimensionen aufgespannt. Wenn dementsprechend an einem Ende des Netzes gezogen wird, entwickelt sich eine Aufdehnungsdynamik – und dadurch kann sich die gesamte Faszienstruktur ohne Qualitätsänderung verformen.

Werden beide Cups voneinander wegbewegt, entsteht ein Zug in der Längsebene, während die umgebenden Strukturen eher entlastet werden. Damit entwickelt die Faszie mehr Stabilität.

Sie finden, das klingt überaus vielversprechend? Da haben Sie recht! Doch vielleicht fragen Sie sich wie so viele andere auch: Was sind überhaupt Faszien?

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1. Fresszelle

2. Mülldepot

3. Crosslink

4. Arterie

5. Lympfgefäß

6. Grundsubstanz

7. Kollagen

8. Kapillare

9. Zelle

10. Fibroblast

11. Elastin

12. Vene

13. Nervenzelle