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Hagen van Beeck

Zauber der

Düfte

Gewinnung, Wirkung & Anwendung

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Alle Rechte vorbehalten.

© Copyright Verlag »Die Silberschnur« GmbH

ISBN: 978-3-89845-431-5

1. Auflage 2018

Umschlaggestaltung: XPresentation, Güllesheim; unter Verwendung eines Motivs von © Floydine, www.fotolia.com

Verlag »Die Silberschnur« GmbH · Steinstr. 1 · 56593 Güllesheim

Folg’ in deinem Leben deiner Lust,
leg’ Myrrhe auf dein Haupt,
kleide dich in schönes Leinen,
von reichen Düften voll durchtränkt,
der Götter wahre Gaben …

Imhotep

Jetzt entwusch sie zuerst mit Ambrosia
jede Befleckung ihrem reizenden Wuchs
und salbt’ ihn mit lauterem Öle,
fein und von ambrosischer Kraft,
von würzigem Dufte durchbalsamt;
welches auch, kaum nur bewegt im
ehernen Hause Kronions, Erde sogleich
und Himmel mit Wohlgerüchen umhauchte …

Homer

Hinweis

Ätherische Öle sollten Sie innerlich eingenommen nur unter Anleitung einer erfahrenen Therapeutin oder eines Therapeuten anwenden. Alle Ratschläge und Rezepte in diesem Buch wurden von dem Autor sorgfältig geprüft und erprobt. Trotzdem kann keine Haftung übernommen werden. Die im Buch beschriebenen Verfahren können eine Behandlung durch Ärzte oder Heilpraktiker bei ernsthaften gesundheitlichen Problemen nicht ersetzen.
Essenzen sind wertvolle Geschenke der Natur. Sie sollten mit Achtung verwendet werden. Wir sollten sie gebrauchen, aber nicht verbrauchen
.

Inhalt

1.Allgemeines

2.Warum die Pflanzen ätherische Öle produzieren

3.Eine Rosmaringeschichte

4.Intermezzo: Über morphogenetische Felder

5.Aus welchen Pflanzenteilen die ätherischen Öle gewonnen werden

6.Die beliebtesten ätherischen Öle

7.Intermezzo

8.Die Wirkungen ätherischer Öle

9.Wie funktioniert das Riechen eigentlich?

10.Intermezzo: Die ›Wolfsgeschichte‹

11.Die Duftgenealogie

12.Intermezzo: Duftende Erinnerungen

13.Über die Aromalampe

14.Die Gewinnung, Wirkung und Anwendung der einzelnen ätherischen Öle

15.Intermezzo: Über den Tod

16.Die Botschaften der Pflanzen

17.Intermezzo: Duftpsychologie

18.Die Destillation: Der Alambic

19.Intermezzo: Warum jede Blüte anders duftet

20.Über den Lavendel

21.Eine Nacht mit einem Lavendeldestillateur

22.Intermezzo

23.Lavendelmischungen

24.Die Herstellung der ätherischen Öle 1

25.Intermezzo: Über Bachblüten

26.Die Herstellung der ätherischen Öle 2

27.Intermezzo: Warum die Schalenfrüchte Schalen haben

28.Der kontrolliert biologische Anbau

29.Warum manche Düfte aphrodisierend wirken

30.Liebesdüfte

31.Mischungen zum Arbeiten

32.Mischungen für den Wohnbereich

33.Parfüms in Eigenregie

34.Ätherische Öle aus esoterischer Sicht

35.Intermezzo: Yin und Yang

36.Mit den Gestirnen gehen

37.Schlankheitskur mit ätherischen Ölen

Anmerkungen

Literaturhinweise

Bildnachweise

Über den Autor

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1.

Allgemeines

In Untersuchungen über menschliche Verhaltensweisen und möglicherweise auch von Ihnen selbst wurde der Geruchssinn bisher vielleicht zu gering bewertet, obwohl es eine Erfahrungstatsache ist, dass Gerüche die Kraft haben, Erinnerungen auszulösen. Ferner haben die meisten Menschen das Gefühl, dass Gerüche, ob angenehm oder unangenehm, ihr seelisches Befinden beeinflussen. Bestimmte Düfte versetzen uns in Hochstimmung, wecken unser kreatives Potenzial, muntern auf oder haben gar aphrodisierende Wirkung. Andere Gerüche wiederum beruhigen, lösen depressive Zustände oder sogar Angst aus – je nachdem, womit wir sie in Verbindung bringen. Manche Düfte sollen sogar einen geheimnisvollen Ursprung haben.

Pater Pio, ein italienischer Mönch, der Stigmata (die Wundmale Christi) an sich trug, soll, je nach Gemütslage, einen intensiven Duft von Veilchen, Rosen oder Zyklamen ausgeströmt haben. Die Gläubigen nannten diesen Duft den Geruch der Heiligkeit.

Es stellt sich die Frage, wie eng diese Verbindung zwischen Düften und Gefühlen ist. Wie wir auf bestimmte Gerüche reagieren, hängt unter anderem von unseren Erfahrungswerten ab.

Hätten Nonnen schon immer Moschusduft ›getragen‹, verbänden wir diesen Geruch möglicherweise mit ›Keuschheit‹, und gäbe es eine schöne Blume, die wie Benzin röche, würden wir sicherlich gerne an Tanksäulen und Benzinkanistern schnuppern.

Seit einiger Zeit wächst außerhalb der Schulmedizin das Interesse an den psychophysischen Auswirkungen von Gerüchen auf Kranke. Naturheiler griffen zunächst die alte ›Kunst der Aromatherapie‹ wieder auf, die sich heute zunehmender Beliebtheit erfreut.

Die Anwender der Aromatherapie behaupten, Gerüche könnten Stimmungen verändern, und dieser Wandel lasse sich für therapeutische Zwecke nutzen.

Die Aromatherapie führt Gefühlsveränderungen herbei, die sowohl die geistige als auch die körperliche Verfassung positiv beeinflussen können.

Man sollte jedoch nicht davon ausgehen, mit Duftstoffen Infektionskrankheiten heilen zu können – allerdings sind bei stressbedingten Krankheiten oder weitverbreiteten Leiden wie Migräne, Menstruationsbeschwerden und Bronchitis, die vielfach psychosomatische Ursachen haben, schon sehr schöne Erfolge erzielt worden.

Die Düfte frischer Blumen, Blätter, Wurzeln, Harze, wie man sie in ätherischen Ölen findet, spielen in der Aromatherapie eine entscheidende Rolle. Die Griechen zum Beispiel ordneten den Göttinnen und Göttern in ihrem Pantheon jeweils eine bestimmte Blume zu, weil sie glaubten, an den Eigenschaften der Gottheiten teilhaben zu können, wenn sie den Duft der ihr gewidmeten Pflanze einatmeten.

So war dem Kriegsgott Ares der Mohn geweiht, und man glaubte fest daran, dass Tapferkeit in denjenigen floss, der den Duft des Mohns einatmete.

Heute weiß man, dass fast jeder Duft eine spezifische Wirkung ausübt – sei es eine gute oder eine schlechte. Einige Aromatherapeuten stützen sich dabei auf die mittelalterliche Signaturenlehre.

Diese Signaturenlehre geht davon aus, dass Form, Farbe, Aroma oder andere Merkmale einer Pflanze auf ihre ›geheimen‹ Kräfte schließen lassen. Ähnlichkeiten zwischen ›Signatur‹, das heißt den Kennzeichen einer Pflanze, und verschiedenen Körperteilen beziehungsweise Organen verraten uns, welcher Körperteil oder welches Leiden mit dieser Pflanze behandelt werden kann.

Die herzförmigen Blätter der Melisse zeigen an, dass diese Pflanze bei Herzkrankheiten helfen soll. Das Lungenkraut oder das Leberblümchen erhielten ihre Namen nach den Organen, deren Form den Blättern in etwa ähnelt, und sie sollen bei den entsprechenden Erkrankungen helfen.

Das Veilchen wird in der Signaturenlehre als ›scheue‹ Pflanze angesehen, da es seine Blüten zwischen den Blättern versteckt. Sein Duft, so glaubt man, führt zur inneren Ruhe und Ausgeglichenheit. Der Geruch der Chrysanthemen löst angeblich im Menschen mystische Stimmungen aus, richtet seine Gedanken auf das Jenseits und fördert seine übersinnlichen Fähigkeiten, während das Aroma der Kornblumen bei Alkoholkater und ähnlichem Unwohlsein hilft. Der Duft des Enzians gilt als kräftiges und harmloses Antidepressivum, das einige in der herkömmlichen Psychiatrie verwendeten Medikamente bestens ersetzen kann. Den leicht pfefferartigen Geruch der Kapuzinerkresse hält man für ein Aphrodisiakum, der Duft roter Rosen soll poetische Regungen und der des Eisenkrauts allgemeine Kreativität wecken können. Der bekannte Arzt Paracelsus sagte hierzu: »Die Natur zeichnet ein jeglich Gewächs, so von ihr ausgeht, zu dem es gut ist.« Und: »Es ist kein Ding in der Natur, das geschaffen oder geboren ist, es offenbart denn seine Gestalt auch äußerlich; denn das Innerliche arbeitet stets zur Offenbarung.«

Weiterhin wird die Zuordnung bestimmter Pflanzen zu den Planeten ebenfalls als Signaturenlehre bezeichnet, da die Planeten den Pflanzen das Signum verleihen. Doch davon später mehr.

Man wusste also von alters her, dass ›es‹ funktioniert, aber man wusste nicht, wie und warum ›es‹ funktioniert. Die ›Kräuterkundigen‹, die ›weisen Frauen‹ und ›Hexen‹, fanden heraus, dass die Heilpflanzen in den Tagen um Vollmond herum viele Wirkstoffe enthalten, und pflegten die Heilkräuter in Vollmondnächten zu sammeln.

Nun, ich habe zunächst auch gelächelt, aber später wurde mir der Grund klar: Um überhaupt wachsen zu können, produziert jede Pflanze ätherische Öle. Nachdem die Pflanze ihren Wachstumsschub gemacht hat, werden die Reste ausgeschieden. Da es aber in den Tagen um oder nach Vollmond häufig regnet und die Pflanzen das ›wissen‹, stehen sie in Erwartung des Regens, den sie für ihren Wachstumsschub benötigen, ›in vollem Saft‹.

Wenn Sie also das nächste Mal nach einem erfrischenden Sommerregen einen Waldspaziergang machen, achten Sie bitte mal darauf: Die meisten Pflanzen haben einen Wachstumsschub bekommen und sind dabei, die Reste der für das Wachstum benötigten Substanzen auszuscheiden. Diese Ausscheidungen empfinden wir meistens als ›angenehm duftend‹ und ›aufbauend‹ für Physis und Psyche – einer der Gründe, weshalb sich dieser Geruch positiv auf unsere Gemütslage auswirkt.

Das, was bei Pflanze, Mensch und Tier gleichermaßen wirkt, soll sich, wie namhafte Forscher behaupten, in unserem fünf Milliarden Jahre alten Gehirn genetisch weitervererben!

Seit Urzeiten musste sich der Mensch, kaum dass er ein Gehirn besaß, mit geschärften Sinnen im Wald bewegen. Der Wald bot Nahrung, aber der Mensch war auch Nahrung für andere Lebewesen.

Der Geruchssinn vermittelte und vermittelt dem Körper wesentliche Informationen, zum Beispiel die, ›im Wald zu sein‹. Durch den Geruchssinn ›weiß‹ der Körper, dass er im Wald ist, und durch das ›genetische Wissen‹ weiß er auch, dass im Wald mannigfaltige Gefahren lauern; also wird er Vorsorge treffen, indem er zum Beispiel Adrenalin und Endorphin ausschüttet, wie es auch bei dem Duft frisch geschnittenen Grases der Fall ist.

Wieso wirkt der Duft geknickten oder geschnittenen Grases eigentlich belebend?

Das ist eine sogenannte ›genetische Urinformation‹, denn in Zeiten, in denen sich das Gehirn entwickelte, kam niemand auf die Idee, seine Energie und Zeit damit zu verschwenden, ›Rasen zu mähen‹. Das geknickte oder abgerissene Gras musste einen anderen Grund haben, nämlich den, dass vor kurzem ein recht großes Tier hier entlanggekommen war, vielleicht ein Feind? Möglicherweise ein Beutetier? In jedem Fall war es angebracht, Vorsorge zum Kampf oder zur Flucht zu treffen, sich zu bewegen, aktiv zu sein!

Wenn wir jetzt mal einen kleinen Vorgriff zu den Wirkungen der ätherischen Öle machen, werden wir feststellen, dass die Essenzen, die aus Hölzern, Blättern, Nadeln und Zweigspitzen gewonnen werden, meistens aufbauend und aktivierend wirken; es muss natürlich ›etwas‹ da sein, eine Basis, ein Fundament, auf dem Sie aufbauen können: Ihre Grundeinstellung zum Leben, Ihre ganz persönliche Philosophie!

Vielleicht finden Sie Freude daran zu erkennen, dass vieles nach gleichen Gesetzmäßigkeiten abläuft und es sehr interessant ist, diese Gesetzmäßigkeiten zu erkennen.

Wir nennen allgemein die Pflanzen ›Unkraut‹, deren Wert wir noch nicht erkannt haben, und wir bezeichnen das als Chaos, dessen Gesetzmäßigkeit wir noch nicht erfasst haben …

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2.

Warum die Pflanzen ätherische Öle produzieren

Nach W. Treibs1 besteht die physiologische Rolle der Terpene und Aromaten, also der Hauptinhaltsstoffe der ätherischen Öle, in der Lieferung von Verbrennungsenergie für biochemische Synthesen, die bei ihrer Bildung frei werden. Nach ihrer Ablagerung sind die Öle trotz ihres noch hohen Energiegehalts Exkrete, also als am Stoffwechsel nicht mehr beteiligte Schlacken.

Nachdem die Pflanze die ätherischen Öle in den Ölzellen beziehungsweise den Ölbehältern deponiert hat, können diese Öle nicht wieder resorbiert werden, das heißt, die Pflanzen können einmal produziertes Öl nicht mehr zurückentwickeln.

Neben dieser primären Aufgabe haben die ätherischen Öle noch einige Sekundäraufgaben, die sich wiederum je nach Ablagerungsort unterscheiden.

In den Blüten dienen sie als Merkzeichen für die Bienen. In den vegetativen Teilen der Pflanzen fungieren sie als Schutzvorrichtung gegen Transpiration, gegen Fraß durch kleine, greuliche Tiere und gegen Infektion durch Pilze und Bakterien. In der Tat wurden bei vielen Ölen desinfizierende (zum Beispiel Orange), antibakterielle (zum Beispiel Immortelle) und antiseptische (zum Beispiel Rosmarin) Wirkungen nachgewiesen.

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In den unterirdischen Teilen der für die Aromatherapie nutzbaren Pflanzen entwickeln sich ebenfalls Stoffe, die Mikroorganismen abwehren und manchmal sogar wachstumshemmend auf Nachbarpflanzen wirken.

Beim Vetiver, dem Öl der Ruhe, sind es diese Stoffe, die einen beruhigenden Einfluss auf den Menschen ausüben.

Die ätherischen Öle werden jedenfalls im Protoplasma von Sekretzellen gebildet, die die Pflanze sowohl als exogene Drüsen (äußere Drüsen) als auch als endogene Drüsen (innere Drüsen) bildet.

Fenchel und Anis lagern ihr Öl in den interzellularen Zwischenräumen in ihrem Gewebe, und wenn sich die Zellen voneinander entfernen, formen sich winzige Kanäle voller Öl.

Manche Pflanzengattungen, wie zum Beispiel der Zimtbaum, besitzen spezielle Öl- oder Harzzellen. Orangen und Zitronen bilden Ölreservoirs, wenn sich die Wände der Zellen, die das Öl absondern, langsam zersetzen. Andere Pflanzen wie Rosmarin oder Salbei haben feine, mit Öldrüsen versehene Härchen oder Schuppen auf ihrer Oberfläche.

Endogene Drüsen werden aus Einzelzellen, den Ölzellen, Sekretlücken oder röhrenähnlichen Sekretgängen, den sogenannten Drüsenepithelen, gebildet. Diese Drüsen sind im Pflanzengewebe eingeschlossen und geben das ätherische Öl in die Interzellularräume ab.

Während der Wachstumsphase lösen sich die Epithelzellen und weitere umgebende Zellen auf und geben das Öl ab, bis nur noch eine durch eine mehr oder weniger dicke Außenhülle zusammengehaltene Ölschicht übrig bleibt.

Wenn Sie eine Orangenschale scharf biegen, zerstören Sie diese Außenhülle und das ätherische Öl spritzt heraus.

Die exogenen Drüsen sind plasmareiche, haarige Sekretzellen, die sogenannten Drüsenschuppen, aus denen das gebildete ätherische Öl durch die Zellwände austritt. Durch die äußere Epidermisschicht, die Cuticula, wird das Öl zunächst am Ausfließen gehindert. Erst bei Überfüllung oder mechanischer Beanspruchung – wenn sich eins der erwähnten gräulichen Tiere anschickt, die Pflanze zu fressen – platzt diese Schicht, und das Öl wird ausgeschieden.

Sie können das Öl freisetzen, wenn Sie zum Beispiel Minzeblätter knicken oder zwischen den Fingern reiben. Nachdem Sie die Öle auf diese Weise freigesetzt haben, werden sich die Blätter etwas klebrig anfühlen.

Minze ist natürlich nicht jederfraus oder jedermanns Sache, aber auf den Menschen wirkt Minze allgemein kühl und erfrischend, Tiere hingegen lehnen Minze ab.

Das Tier, das einmal an der Minze geknabbert hat, wird diese Pflanze in Zukunft meiden.

Aber kehren wir wieder zu uns Menschen zurück …

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3.

Eine Rosmaringeschichte

Als im 17. Jahrhundert in Frankreich die Pest an jede Haustür pochte und grausame Ernte hielt, gab es zahlreiche Spitzbuben, die die Häuser der Verstorbenen ausplünderten. Die meisten steckten sich dabei an und starben – nicht dabei eine Bande von vier Strolchen. Wie durch ein Wunder blieben sie von der Pest verschont, obwohl sie halb Marseille leergeklaut haben sollen, und trugen das verseuchte Diebesgut zu den Hehlern, die wiederum sich und andere ansteckten.

Aber die Strolche wurden schließlich gefasst und zum Tode verurteilt. Man versprach, sie allerdings zu begnadigen, wenn sie verraten würden, wie sie es geschafft hatten, sich in einer pestverseuchten Umgebung nicht anzustecken und ihrem üblen Treiben nachzugehen.

Nach anfänglichem Zögern verrieten die Spitzbuben ihr Geheimnis, das sie mal von einem ›Kräuterweiblein‹ erhalten hatten, denn man war ja zu der Zeit nicht gerade zimperlich, wenn es darum ging, Antworten auf bestimmte Fragen zu bekommen.

Dieses ›Geheimnis‹ wurde später als »Essig der vier Räuber« bekannt. Normaler Weinessig wurde als Basis benutzt, hinzu kamen natürlich Rosmarin, Angelikawurzel, Salbei, Minze und sicher – weil es sich um französische Schurken handelte, aber nicht nur deshalb – auch Lavendel.

Fortan wurde der Essig der vier Räuber benutzt, um sich selbst, Häuser, Hab und Gut vor der Pest zu schützen.

Dieser Essig dürfte also viele Menschenleben gerettet haben, und es stimmt zumindest nachdenklich, dass besagtes Kräuterweiblein vor Gericht gezerrt wurde, weil sie den Räubern das Rezept dieses Essigs verraten hatte. Ob und wozu sie damals verurteilt wurde, konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen, aber man sprang, wie gesagt, mit den Delinquenten, besonders mit Frauen, in der ›guten alten Zeit‹ nicht gerade zimperlich um.

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4.

Intermezzo: Über morphogenetische Felder

Die Kirche wusste den Duft des Weihrauchs schon immer zu ihren Gunsten einzusetzen. Wenn Sie den berauschenden Weihrauchduft einatmen, womöglich noch vermischt mit den Dämpfen der Bienenwachskerzen, können Sie sich möglicherweise einer gewissen mystischen Regung nicht erwehren.

Namhafte Verhaltensforscher, Psychologen, Genforscher und Therapeuten behaupten, dass diese Fähigkeit tief im ›genetischen Wissen‹ des Menschen verwurzelt ist; oder ist da noch etwas anderes?

Einige Psychologen, C. G. Jung und Sigmund Freud zum Beispiel, sprechen von dem Kollektiven Unbewussten. Dieses Kollektive Unbewusste geht davon aus, dass bestimmte Symbole in Mystik, Mythologie, Alchemie und Astrologie bildhafte Aussageweisheiten der ganzen Menschheit darstellen. Zahlreiche Kulturkreise haben unabhängig voneinander die gleichen Symbole entwickelt. Diese Strukturelemente werden als Archetypen bezeichnet und genau solche Archetypen finden wir bei den Düften wieder.

Auch wenn die Empfindungen bei den unterschiedlichen Gerüchen individuell verschieden sind, wird kaum jemand bei dem süßlichen Aasgeruch eines verendeten Lebewesens in Verzückung geraten – ebenso wenig wie Rosenduft bei normalen Menschen einen Brechreiz hervorrufen wird.

Was die Psychologen Kollektives Unbewusstes nennen, bezeichnen die Esoteriker als Das Weltgedächtnis. Dieses Weltgedächtnis hat zum Beispiel der Flieger Dieter Dengler ›angezapft‹, als er im Jahre 1966 über dem Dschungel Vietnams abgeschossen wurde und in Gefangenschaft geriet.2 Er konnte fliehen, war genötigt, sich durchzuschlagen und sich von Früchten, Beeren, Blättern und Wurzeln zu ernähren. Zwar erhielten die Flieger eine Überlebensausbildung, aber die war sehr lasch gehandhabt worden und lag auch schon lange zurück. Dengler konnte sich an keine Pflanze, an keine Frucht erinnern, wohl aber erinnerte er sich daran, dass einige Beeren, Früchte und sogar Wurzeln für Menschen schädlich, ja sogar giftig sind!

Dengler roch also an jeder Frucht oder Beere, bevor er sie zu sich nahm. Er ließ sich von dem Geruch sagen, ob diese Frucht, diese Beere ›gut‹ für ihn war.

Was nun der Esoteriker als ›Weltgedächtnis‹ und der Psychologe als ›Kollektives Unbewusstsein‹ bezeichnet, nennt der Naturwissenschaftler und Philosoph Rupert Sheldrake morphogenetische Felder.

Nach Sheldrakes Hypothese lernt die Natur gewissermaßen von sich selbst und ›baut‹ das nächste Lebewesen ein bisschen vollkommener als das vorherige. Sie sammelt so Erfahrungen und verankert sie in den Genen (natürlich muss sich die ›Natur‹ in diesem Sinne nach einer – von wem oder was auch immer vorgegebenen – höchsten Qualität richten). Auf diese Weise entstehen Instinkte. Diese Informationen werden im limbischen System des Gehirns niedergelegt, auf das der Geruchssinn zuerst wirkt.

Da dieses bei vielen Lebewesen der gleichen Art gleichzeitig passiert, kommt es zu der sogenannten morphischen Resonanz, also zum Gleichklang der Strukturen. Nach dieser These der ›Formbildungskräfte‹ existiert eine Art ›veränderliches Kraftfeld‹, das sich in Einzellebewesen durch morphische Resonanz als normales Erinnerungsvermögen offenbart.3

Im Fall des Weihrauchs wäre es also so, dass die Kirche im Lauf der Zeit ein so gewaltiges morphogenetisches Feld aufgebaut hat, dass jeder, der erstmalig Weihrauch einatmet, mystische Regungen verspürt, weil viele andere bei dem Duft des Weihrauchs auch von derartigen Regungen berührt wurden und werden.

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Wie dem auch sei – bewiesen ist die These noch nicht, aber sie würde eine Menge zum Verständnis beitragen. So auch zu der Tatsache, dass Gerüche auch erotische Gefühle hervorrufen. Hiervon profitiert nicht zuletzt die Kosmetikindustrie, aber auch in Läden, in denen es ›angenehm duftet‹, ist Vorsicht geboten. Langzeitstudien zeigen, dass ›das Geld locker in der Tasche sitzt‹, wenn durch Wohlgerüche eine Atmosphäre von Vertrauen geschaffen wird, und der noch heute gebräuchliche Spruch »Den oder die kann ich nicht riechen« lässt darauf schließen, wie bedeutsam der Geruchssinn für unser Wohlbefinden, für Sympathie und Antipathie ist.

Mehr als wir gemeinhin bereit sind zu glauben, spielt unsere Nase, unser Geruchssinn, eine wichtige Rolle als Sinnesorgan, und wir suchen – mehr oder weniger unbewusst – zur Erholung und Entspannung Orte aus, die eine Vielfalt von ›Gutriechendem‹ zu bieten haben; nicht umsonst saß man in der ›guten, alten Zeit‹ abends gemeinsam unter der Dorflinde.

Wälder, Parks oder Gärten bieten eine Fülle der verschiedensten Wohlgerüche, die uns beleben, entspannen und mit denen wir alles, was mit Frühling, Aufbau und Erneuerung zu tun hat, verbinden. Wohl niemand kann sich an einem Ort erholen oder kreativ arbeiten, der anstelle von schönen Gerüchen mit ›Gestank‹ aufwartet.

Wir können uns zwar in den seltensten Fällen einen Garten an den Arbeitsplatz, ins Krankenzimmer oder den Wohnraum holen, aber wir brauchen durch die Verwendung ätherischer Öle und die dafür gefertigten Aromalampen nicht auf anregende oder entspannende Düfte zu verzichten.

Nun gut. Jetzt sind wir endlich an der Stelle angekommen, an der wir ein bisschen über schöne Düfte plaudern können, doch vorher sollten wir uns schnell mal Nachfolgendes anschauen.

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5.

Aus welchen Pflanzenteilen die ätherischen Öle gewonnen werden

Blüten:

Arnika, Cananga, Immortelle, Jasmin, Kamille, Mairose, Neroli, Rose, Tuberose, Ylang-Ylang

Knospen:

Nelke

Samen:

Anis, Fenchel, Kardamom, Karottensamen, Koriander, Moschus, Vanille

Nadeln:

Fichte, Kiefer, Thuja, Zypresse (auch die Früchte)

Blätter:

Bay, Cajeput, Cistrose, Citronella, Eukalyptus, Lorbeer, Niaouli, Patchouli, Petitgrain (auch unreife Früchte), Pfefferminze, Teebaum, Wintergrün

Rispen oder

 

ganze Pflanze:

Geranium, Lavendel, Lemongras

Kraut:

Basilikum, Beifuß, Bohnenkraut, Estragon, Majoran, Melisse, Muskatellersalbei, Myrte, Palmarosa, Rosmarin, Salbei, Thymian, Ysop

Wurzeln:

Angelika, Baldrian, Ingwer, Narde, Vetiver

Rinde:

Cascarilla, Cassia, Zimt (auch Blätter und Blüten)

Holz:

Kampfer, Rosenholz, Sandelholz, Zeder

Harz:

Benzoe (Styrax), Myrrhe, Weihrauch

Fruchtschalen:

Bergamotte, Limette, Mandarine, Orange, Zitrone

Scheinfrüchte:

Wacholder (auch Holz)

»Welchen Duft muss ich nehmen«, werden Sie jetzt fragen, »um mich so richtig wohlzufühlen, um mich endlich aufzuraffen, die Fenster zu putzen, kreativer zu werden, gegen meine Depressionen anzugehen und so weiter?« Nehmen Sie doch einfach den Duft, der Ihnen gefällt.

Ich beginnne jetzt mit einem Schnelldurchgang.

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6.

Die beliebtesten ätherischen Öle

Angelikawurzel

Die Angelikawurzel wird auch Engelwurz oder Waldengelwurz genannt. Ihr Duft wirkt stabilisierend, aufbauend und ist hilfreich bei Mutlosigkeit und Entscheidungsschwäche.

Anis

Das nach Lakritz duftende Aroma wirkt anregend und wärmend – während kalter Wintertage verbreitet Anis im Zimmer eine gemütliche Atmosphäre.

Baldrian

Das ›klassische‹ Beruhigungsmittel. Der süß-moderige Duft des Baldrian-Öls vermittelt Ruhe und Entspannung für Körper und Seele.

Basilikum

Das nahezu klassische Nervenberuhigungsmittel, das aber trotzdem aufmunternd wirkt. In der Ruhe liegt die Kraft des Basilikums, sein angenehm würziger Duft wirkt lindernd bei geistiger Erschöpfung.

Bay

Dieser Duft motiviert zu neuen, kreativen Taten und regt den Unternehmungsgeist an. Ein beliebter Duft für Menschen, die Entscheidungen fällen.

Benzoe

Dieser männliche Duft, gewonnen aus dem Harz der Benzoebäume, gibt ein Gefühl der Wärme und des Schutzes gegen äußere Einflüsse.

Bergamotte

Erfrischende und stimmungsaufhellende Wirkung. Aktiviert die Lichtkräfte und stärkt das Vertrauen in sich selbst.

Bohnenkraut

Der strenge, lederartig-würzig-männliche Duft wirkt anregend auf den Körper und stimulierend auf den Geist. Als Basis für sinnliche Duftmischungen ist Bohnenkraut wegen seiner aphrodisierenden Note sehr beliebt.

Cajeput

Auch bekannt als Buchsbaum oder Myrtenheide. Ein beliebter Duft für »Kopfarbeiter«, weil dieser Duft die Konzentration fördert.

Cananga

Ein Duft wie Ylang-Ylang, jedoch eine Spur herber, wilder und ungezähmter. Das tut jedoch seiner inspirationsfördernden Wirkung keinen Abbruch.

Eisenkraut

Ein sehr feines, zitronenartiges Aroma, das erfrischend, inspirierend, sogar kreativitätsfördernd wirkt.

Eukalyptus

Sehr frischer Duft. Eukalyptus desinfiziert die Raumluft, wirkt ausgleichend, stabilisiert und hilft bei Ermüdung und Erschöpfung.

Geranie

Der Duft der Geranie hat eine aufmunternde Wirkung. Menschen, die seelisch ständig beunruhigt sind, finden ihre Ausgeglichenheit wieder.

Jasmin

Ein schwerer, blumiger, süßlicher Duft, der jedoch niemals aufdringlich wirkt. Jasmin ist einer der empfindlichsten und feinsten aller Düfte mit wärmenden und öffnenden Eigenschaften. Dieser Duft unterstützt die Fähigkeit zur Hingabe und erschließt unsere Herzen für die Schönheit.

Kamille

Der scharfe, süß-aromatische Geruch, der entfernt an Äpfel erinnert, ist ein altbewährtes Antistressmittel, das vor allem von Frauen sehr geschätzt wird.

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Kamille, römisch

Die beruhigende, entkrampfende Wirkung der Kamille – selbst bei großer Aufregung und sogar Nervenkrisen – ist seit jeher bekannt. Ein angenehm frischer, süßlicher Duft, der auch ›schlechten Träumen‹ entgegenwirkt.

Koriander

Ein leicht-würziger, süßlicher Duft mit anregender Wirkung auf Körper und Geist.

Kiefer

Der Duft der Kiefernnadel und der Latschenkiefer lässt den Eindruck eines Gebirgswaldes vor uns entstehen, von einem frischen Bach durchzogen und von Gnomen und Elfen bewohnt.

Lavendel

Ein lieblicher, klarer, frischer Duft von beruhigender, wärmender, herb-süßer Wirkung wie die Berghänge und Hochtäler der Provence zur Mittagszeit. Ein Duft gegen extreme Stimmungen, gegen Melancholie und Depression.

Lemongras

Der ideale Duft für Autofahrer und Menschen, die konzentriert wach bleiben müssen. Lemongras erzeugt Optimismus, frische Energie und motiviert zu hehren Taten.

Lemone

Wirkt reinigend und erfrischt die Raumluft, fördert Konzentration und Tatkraft.

Limette

Ein spritzig-frischer, kontrastreicher Duft, der seine Erotik hinter selbstverständlicher Leichtigkeit verbirgt. Die Wirkung ist aromatisierend und erfrischend, anregend und belebend.

Lorbeer

Der Duft von Ruhm und Ehre. Der milde Kräuterduft mit fruchtiger Note stimuliert die vitalen Funktionen des Geistes und des Körpers.

Majoran

Ein angenehm würziger Duft, der wärmend auf Körper und Seele wirkt und bei Trauer und Einsamkeit hilft.

Mandarine

Duftet kräftig und zugleich würzig. Das Lieblingsöl vieler Kinder und der Duft der ewigen Jugend. Die Wirkung ist ausgleichend und beruhigend. Dieser Duft bringt uns wieder ins Lot.

Melisse

Ein sehr zarter, zitrusartiger, eleganter Duft. Melisse wirkt beruhigend, doch zugleich aufbauend. Menschen, die aus der Ruhe ihre kreativen Kräfte schöpfen, schätzen diesen Duft. Ideal für die Anwendung in der Aromalampe zur Verbesserung des Raumklimas.

Muskatellersalbei

Der Lieblingsduft vieler Künstler. Aber nicht nur neben der Staffelei vermittelt dieser Duft harmonisierende, hingebende Leichtigkeit, auch Manager schätzen diesen Duft mittlerweile.

Myrte

Die Blüten der Myrte scheinen die Wärme und Schönheit der mediterranen Sonne in sich gespeichert zu haben. Die Wirkung ist klärend und reinigend harmonisierend für den ganzen Tag oder die Nacht.

Narde

Schon im Altertum war dieses Öl ein äußerst kostbares Salböl, aber auch heute noch weiß man diesen erdverbundenen Duft, der hilft, das innere Gleichgewicht zu finden, zu schätzen. Narde harmonisiert das geistig-seelisch-körperliche Zusammenspiel der Kräfte.

Nelken

Strenges, würziges Aroma, bringt Entspannung und Gelassenheit. Wir lassen los auf geistiger und materieller Ebene. Der Geruch der Nelke ist zwar nicht jederfraus oder jedermanns Sache, aber die lästigen Insekten nehmen Reißaus.

Niaouli

Der ideale ›Feierabendduft‹. Wegen seiner entspannenden, beruhigenden Wirkung führt Niaouli zu angenehmer, wohltuender Stimmung und bereitet uns vor auf die Faszination der Nacht. Aber dann sollte Neroli seinen Platz in der Aromalampe einnehmen …

Neroli

Eines der besten Antidepressiva, ein beruhigendes Öl von süßlichem, dennoch trockenem Duft, dem eine leicht hypnotische Wirkung nachgesagt wird. Schon im Altertum wusste man Neroli als Aphrodisiakum zu nutzen.

Orange

Entspannender, freundlicher Duft, der nicht nur von Kindern und unserem ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl geschätzt wird. Er wirkt harmonisierend und beruhigend.

Palmarosa

Ein sanftmütiger Duft, voller Vertrauen und doch verführerisch und anregend. Dezent wie die Begleitmusik für das erste Glas Wein, das erste Gespräch zum Kennenlernen und vielleicht noch etwas mehr …

Patchouli

Ein sinnlicher, naturverbundener Geruch. Dieser Duft von Erde, Wald und Holz schützt vor negativen, depressiven Stimmungen. Doch Vorsicht! Gemeinsam mit sinnlichen Duftnoten kann Patchouli zum Beginn brodelnder Leidenschaft führen …

Pfefferminz

Der Duft der ›Kopfarbeiter‹. Nüchtern, sachlich, unerotisch. An Schreibtisch, Computer oder Zeichenbrett hilft der dominierende Duft der blühenden Pfefferminzpflanze, Nase und Kopf frei zu machen. Hilfreich bei geistiger Erschöpfung und kühlend an heißen Tagen.

Rose

Einer der klassischen ›Frauendüfte‹, schon Kleopatra soll ihn benutzt haben, und die alten Griechen waren der Meinung, die Rose stamme aus dem Blut des Adonis. Rosenöl hilft gegen Depression oder Trauer, nervöse Spannung, Eifersucht, Frigidität und Impotenz.

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