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Über dieses E-Book

Obwohl Kim ihren Freund Dominic liebt, wünscht sie sich manchmal, ihre Beziehung offener zu gestalten, denn das leidenschaftliche Prickeln fehlt schon länger zwischen den beiden. Als die Studentin in einem Club den sexy Halbgriechen Christos kennenlernt, kann sie seiner Anziehungskraft nicht widerstehen und lässt sich auf einen heißen One-Night-Stand ein. Doch das schlechte Gewissen quält sie und sie beschließt, Christos nie wieder zu sehen.
Unerwartet bekommt Kim kurze Zeit später das Angebot, mit ihrer besten Freundin und deren neuem Freund in den Urlaub zu fahren. Vielleicht kann ein Pärchenurlaub wieder Schwung in Kims Beziehung bringen? Zu ihrem Entsetzen entpuppt sich Alinas neuer Freund allerdings als niemand anderer als Christos. Beide machen gute Miene zum bösen Spiel, aber das erotische Knistern zwischen ihnen will nicht nachlassen. Und auch zwischen Alina und Dominic fliegen die Funken. Ob sich hier die Chance auftut, ein unvergessliches Abenteuer zu viert zu erleben?

Impressum

Secret Desires

Erstausgabe Mai 2018

Copyright © 2020 Secret Desires, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH
Made in Stuttgart with ♥
Alle Rechte vorbehalten

E-Book-ISBN: 978-3-96087-429-4

Covergestaltung: dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH
unter Verwendung eines Motivs von
© G-stockstudio/shutterstock.com
Lektorat: Daniela Höhne

Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.

Abhängig vom verwendeten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

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Eins: Kim

Verzweifelt wedle ich mit meiner Verzehrkarte in der Luft, doch der große Blonde hinter dem Tresen ignoriert mich geflissentlich und bedient in aller Seelenruhe die heiße Rothaarige neben mir. Typisch. Vielleicht hätte ich doch den Push-up-BH anziehen sollen? Genervt stütze ich mich auf den Tresen und warte.

Auf der gegenüberliegenden Seite der Bar entdecke ich den dunkelhaarigen Typ mit den braunen Augen. Der in dem knackig sitzenden, olivgrünen Henley-Shirt. Er ist mir vorhin am Rand der Tanzfläche schon aufgefallen. Ziemlich niedlich. Er redet mit dem zweiten Barkeeper und gestikuliert in meine Richtung. Der Barmann dreht sich zu mir und fragt, was ich trinken möchte. Ich bestelle Gin Tonic und schiebe meine Verzehrkarte über den Tresen. Der Barmann schüttelt den Kopf, grinst und deutet mit dem Kopf zu dem Kerl im Henley-Shirt. Er streicht den Betrag auf der Karte meines Gegenübers ab und mixt den Drink.

Meine Wangen brennen. Passiert mir nicht oft, dass ein Wildfremder mir einen Drink ausgibt. Ich lächle, hebe das Glas und proste ihm zu. Oh mein Gott, er kommt rüber! Während ich noch überlege, in der Menge unterzutauchen, hat er sich schon zu mir durchgequetscht und steht vor mir.

Aus der Nähe betrachtet, sieht er noch besser aus. Die schwarzen Haare sind an den Seiten kurzgeschnitten und am Oberkopf strubbelig nach oben gestylt, was ihm einen frechen Ausdruck gibt. Die von dichten Wimpern überschatteten Augen sind dunkelbraun und glänzen. Fast wie dieser Rübensirup, den ich als Kind geliebt habe. Aber am meisten faszinieren mich seine Lippen. Voll und weich sind sie und sehen aus, als ob sie fantastisch küssen können. Einen Kontrast zu diesen fast femininen Lippen bildet der ordentliche Dreitagebart, der Oberlippe, Kinn und den unteren Teil der Wangen bedeckt. Das Shirt sitzt eng und betont den kräftigen Oberkörper und die schmale Taille. Er trägt es aufgeknöpft, was den Ansatz einer spärlichen Brustbehaarung erahnen lässt.

Als er lächelt, zeigt er eine Reihe vollkommen gerader, blitzweißer Zähne. Er beugt sich nah zu mir, um die Musik zu übertönen.

»Hi! Ich hoffe, das war nicht zu aufdringlich. Aber du sahst aus, als könntest du einen Drink gebrauchen.«

Sein Atem kitzelt in meinem Ohr.

»Ja, danke! Der Typ hat mich ständig übersehen.« Während ich ebenfalls in sein Ohr schreie, steigt mir sein Parfum in die Nase. Ein würziger Duft mit einer deutlichen Pfeffernote. Passt zu ihm. Ich würde gern noch länger schnuppern, ziehe den Kopf jedoch wieder zurück. Bloß nicht die falschen Vibes abgeben.

»Kann ich nicht verstehen! So ein Vollpfosten!« Er grinst und legt mir beiläufig die Hand auf den Oberarm. Erst jetzt kapiere ich, dass er mir mit der anderen sein Glas hinhält. Ich stoße mit ihm an.

»In die Augen schauen!«, mahnt er.

»Ich weiß. Sonst gibt es sieben Jahre schlechten Sex.«

Auch der Uralt-Spruch ändert nichts an meinem Urteil, dass dieser Typ einfach wahnsinnig niedlich ist. Krampfhaft überlege ich, wann der perfekte Zeitpunkt ist, meinen Freund zu erwähnen. Doch jetzt würde es irgendwie aufgesetzt wirken, finde ich. Oder?

»Ich bin übrigens Christos. Aber die meisten nennen mich Chris.«

»Kim«, brülle ich zurück und nehme einen großen Schluck von meinem Drink. Seit drei Jahren bin ich jetzt mit Dominic zusammen, ich bin total aus der Übung, was das Flirten angeht und das zeigt sich gerade in meiner blamablen Performance.

Aus den Augenwinkeln erhasche ich einen Blick auf Carla, die an der Seite der Tanzfläche steht und mit den Fingern übertriebene Stielaugen formt. Ich kann ein »What the fuck!?« von ihren Lippen lesen.

Ja, ich weiß. Ich weiß. Ich habe einen Freund. Und eigentlich war ich bis jetzt auch nie in Versuchung. Moment. Bis jetzt? Oh Gott, ich bin wohl doch schon ein bisschen betrunken.

Christos folgt meinem Blick. Carla reißt die Hände runter und starrt auffällig unauffällig auf die Tanzfläche.

»Meine Freundin steht da drüben«, schreie ich in sein Ohr. »Vielleicht sollte ich mal wieder rübergehen.«

»Was dagegen, wenn ich mitkomme?« So leicht scheint er nicht aufgeben zu wollen. Er wirft einen Blick auf mein halbvolles Glas. »Hast du vielleicht Lust, gleich eine Runde zu tanzen?«

Mein Mund ist schneller als mein Verstand.

»Klar, gerne«, höre ich mich sagen, bevor ich intervenieren kann. Ob das so eine gute Idee ist? Irgendwann muss ich dem Typ doch stecken, dass mit mir nichts geht. Na ja, aber tanzen ist schon noch okay, finde ich. Ich werde ihn schließlich nicht gleich anspringen.

Chris begrüßt Carla und stellt sich vor. Hm. Manieren hat er jedenfalls. Carla schaut auch schon wieder freundlicher drein. Ich weiß genau, was sie mir sagen will und ich ahne, dass sie gleich vorschlagen wird, dass wir beide einen Trip zum WC unternehmen. Also stürze ich den Rest meines Drinks hinunter und ziehe Chris mit auf die Tanzfläche. Ich habe heute nämlich einfach verdammt noch mal Bock zu tanzen. Da ist doch nichts bei. Dominic ist seit Wochen im Klausurstress und hat abends meistens keine Lust mehr, auszugehen. Gut, kann ich ja auch verstehen. Er steckt mitten in der Bachelorprüfung. Schließlich möchte ich ja auch nicht so eine Graupe, die lieber feiern geht und dann durch alle Prüfungen rasselt. Und ein großer Tänzer war Dominic ohnehin noch nie.

Dafür hat Christos es drauf, wie ich feststelle. Ich gebe acht, ausreichend Abstand zu halten, und er spielt mit, drängt sich nicht auf. Doch er passt sich meinen Bewegungen und meinem Rhythmus an. Obwohl gut ein Meter Platz zwischen uns ist, wirkt es wirklich, als tanzten wir zusammen und nicht jeder für sich. Die Luft zwischen uns scheint zu knistern. Ich kann überhaupt nicht verhindern, dass mein Blick anerkennend über seinen Körper huscht. Was er da mit den Hüften macht, wirkt ungekünstelt sexy. Seine Bewegungen sind lässig und geschmeidig und folgen exakt dem Rhythmus der Musik. Er zwinkert mir zu, während er eine schnelle seitliche Kopfbewegung macht. Die kleine Geste sieht frech aus und scheint zu sagen: »Hey, trau dich. Komm ein bisschen näher.«

Christos wiegt sich locker in den Hüften, während seine Hände so tun, als zögen sie mich an einem imaginären Seil näher zu ihm heran. Ich muss lachen. Ehe ich mich versehe, bewegen sich meine Füße beinahe von selbst auf ihn zu. Seine Hände legen sich leicht auf meine Hüften und wir bewegen uns im selben Rhythmus zur Musik. Langsam gleitet er an meinem Körper abwärts, geht in die Knie und richtet sich in einer fließenden Bewegung wieder auf. Dabei ruhen seine Hände weiter auf meiner Hüfte. Ich merke, wie meine Wangen sich röten, denn ein paar Leute sehen bereits zu uns herüber. Anerkennendes Kopfnicken bei den einen, neidvolle Seitenblicke und amüsiertes Grinsen bei anderen. Zunächst ist es mir noch ein wenig unangenehm, aber je mehr ich mich eingroove und je länger ich in diese glänzenden braunen Augen schaue, desto weniger interessieren mich die Leute um mich herum. Es macht einfach Spaß, zur Abwechslung mal mit jemandem zu tanzen, der es nicht nur verdammt gut kann, sondern auch sichtlich Spaß daran hat. Unsere Bewegungen werden ruhiger, enger, intimer, der Abstand zwischen uns schmilzt dahin, meine Hände wandern fast wie von selbst von seiner Brust über die Schultern, schlingen sich um seinen Nacken, die Arme locker auf seinen Schultern, während wir uns sinnlich gegeneinander bewegen. Ich kann meinen Blick einfach nicht von seiner weich geschwungenen Oberlippe abwenden. Noch nie war ich in den drei Jahren meiner Beziehung so in Versuchung, einen anderen Mann einfach zu küssen. Die Kreise unserer Hüften werden enger, ich spüre die Wärme seiner Oberschenkel durch meine Jeans. Langsam schiebt sich seine Hand unter mein Top, ruht locker auf der Taille. Ganz sacht streicht sein Daumen über meine Haut. Ich kann die Berührung überall spüren. Sie hinterlässt ein sehnsüchtiges Ziehen unter dem Nabel. Ich widerstehe mit Mühe dem Impuls, mich noch enger an ihn zu schmiegen.

Chris beugt sich vor und berührt mit der Nase sachte die Seite meines Halses. Sein Atem streift meine erhitzte Haut und schickt einen Schauer über meinen Rücken.

Ich sollte schleunigst die Reißleine ziehen, bevor ich Dummheiten mache. Doch da umfasst auch schon seine Hand vorsichtig meinen Nacken und diese sexy Lippen legen sich auf meine. Sie erfüllen jedes Versprechen, das ihr Anblick gemacht hat. Weich fühlen sie sich an, warm und angenehm. Sie berühren meine mit genau dem richtigen Druck, stupsen vorsichtig, zupfen spielerisch an meiner Unterlippe. Ich schließe die Augen. Seine Zunge tastet sich neugierig vor. Sachte wie zwei Schmetterlinge in der Luft umtanzen sich unsere Zungenspitzen, testen und necken. Der Kuss wird intensiver. Noch immer ruht seine Hand auf der nackten Haut meiner Taille, schiebt sich langsam höher. Sein Daumen streift für eine Sekunde die Unterseite meiner Brust. Immer noch bewegen sich unsere Hüften langsam gegeneinander, während wir uns gierig küssen.

»Wow!«, keucht er in mein Ohr, als wir uns voneinander lösen. »Das ist heiß! Ich hoffe … Ich meine, normalerweise gehe ich nicht so ran, aber … ist das okay für dich?«

Spätestens jetzt wäre der Moment gekommen, Dominic zu erwähnen. Zu sagen, dass ich mich irre geschmeichelt fühle und wirklich arg in Versuchung bin, aber dass ich so etwas nicht mache und es mir wahnsinnig leidtut, wenn ich ihn habe glauben lassen, dass ich zu haben sei. Doch nichts dergleichen kommt über meine Lippen. Stattdessen starre ich ihn nur an, als seien mir spontan achtzig Prozent der Gehirnmasse abhandengekommen. Warum sieht dieser Kerl bloß so unverschämt gut aus? Und warum küsst er noch besser, als er tanzt? Ich meine, ich will doch nichts mit ihm anfangen. Ich könnte Dominic doch nicht betrügen, oder? Schließlich will ich auch nicht, dass er mit anderen Mädchen rummacht.

Um mein Gehirn wieder in die Spur zu bringen, versuche ich mir vorzustellen, wie Dominic sich auf der Tanzfläche an einer anderen Frau reibt, sie anfasst, wie er sie küsst. Seltsamerweise tun diese Bilder überhaupt nichts dafür, mich abzuschrecken. Im Gegenteil, eigentlich hat die Vorstellung etwas, ihm dabei zuzusehen, wie er eine andere küsst – wie sie auf ihn reagiert und er auf sie. Ich schiebe die Vorstellung beiseite. Sie hilft mir gerade überhaupt nicht, mich von Christos loszureißen. Was ist nur los mit mir? Ich erkenne mich kaum wieder. In den letzten Monaten haben sich solche Gedanken häufiger in meinen Kopf geschlichen. Ich habe es auf die Routine in der Beziehung geschoben. Auf das Gefühl, das sich irgendwann fast zwangsläufig einstellt, dass das Gras auf der anderen Seite des Zauns grüner, saftiger und interessanter aussieht. Aber letzten Endes – wäre es wirklich spannender, aufregender mit diesem Typ? Mit Christos? Scheiße! Ich habe gerade die Büchse der Pandora geöffnet. Ich habe angefangen, mir vorzustellen, wie es mit ihm wäre. Schon beginne ich, mir auszumalen, wie er unter seinem knackigen Henley aussieht – was seine engen Jeans verbergen. Verflucht, Kim, jetzt krieg dich in den Griff! Sag etwas! Irgendwas! Zieh dich raus aus der Nummer und dann schnapp dir Carla und fahr nach Hause.

»Alles okay?«, murmelt er an meinem Ohr.

»Ähm. Ja, ja. Alles bestens. Ich werd nur mal kurz verschwinden«, kündige ich meinen Rückzug an.

Seine Hände greifen nach meinen, halten sie für einen Augenblick gegen seine Brust.

»Du kommst zurück, oder?« Er lächelt und küsst meine Unterlippe. »Ich finde, das hier schreit einfach nach einer Fortsetzung.«

»Ja. Sicher, klar. Ich wollte nur schnell mal … für kleine Mädchen.«

Wir drängeln uns zum Rand der Tanzfläche, wo Carla mich mit einem Blick begrüßt, der mir zu sagen scheint: »Was zur Hölle war das da eben?«

Ich lasse Christos zurück und drängle mich mit Carla durch in Richtung Toilette. Wie erwartet, fängt sie an, mir ins Gewissen zu reden, kaum hat sich die Tür hinter uns geschlossen.

»Hoffentlich weißt du, was du da tust.« Sie reiht sich in die Schlange vor den Kabinen ein und sieht mich herausfordernd an.

»Ich weiß doch!« Ich fahre mir mit der Hand durch die Haare. »Ich weiß, es ist dämlich, aber der Typ ist einfach verdammt süß.«

»’Ne Menge Kerle sind verdammt süß, aber denen musst du ja nicht allen gleich die Zunge in den Hals stecken.« Carla verdreht die Augen. »Oder läuft es nicht mehr zwischen dir und Dominic?«

»Nein. Ja. Ach, ich weiß es auch nicht«, sage ich wahrheitsgetreu. Dieses Gefühl lässt sich schwer in Worte fassen. »Eigentlich ist alles in Ordnung, aber in letzter Zeit – ich weiß nicht, wie ich das sagen soll. Es ist ein bisschen die Luft raus. Weißt du, ich bin nicht unglücklich, aber da ist dieses Gefühl. Manchmal würde ich – ich würde einfach gern noch ein bisschen herumprobieren.«

»Herumprobieren?« Offenbar versteht Carla nicht, was ich meine. Vielleicht verstehe ich es selbst nicht. »Du meinst, irgendwas fehlt dir in der Beziehung?«

Wir rücken in der Schlange auf und stehen nun direkt vor den Kabinentüren.

»Keine Ahnung. Ja, irgendwie schon. Aber ich weiß nicht so genau, was. Vielleicht brauche ich Bestätigung?«

»Hm«, macht Carla. »Süße, du weißt, ich bin auf deiner Seite, oder?«

Ich nicke. »Klar weiß ich das.«

Die Tür der Kabine vor uns öffnet sich und Carla verschwindet dahinter.

Kurz darauf stehen wir am Waschbecken. Mein Lippenstift hat sich nach der heftigen Knutschaktion natürlich fast vollständig verabschiedet. Ich krame in meiner Tasche und beginne, mir die Lippen nachzuziehen. Carla tupft nur ein wenig Gloss nach. Sie lehnt sich an den Waschtisch und sieht mich an.

»Du musst natürlich selbst wissen, was du machst. Aber wenn du heute mit diesem Typ abziehst – ich garantier dir, du hast morgen den Katzenjammer wegen Dominic.«

Wie so oft hat Carla recht. Und ich bin froh, dass ich so eine gute Freundin habe, die nicht davor zurückscheut, mir ihre ehrliche Einschätzung zu allem zu sagen.

»Ich weiß. Du hast vollkommen recht«, sage ich. Doch gleichzeitig weiß ich, dass ich wahrscheinlich gleich alle Warnungen in den Wind schlagen werde. Ich betrachte mich im Spiegel, presse die Lippen aufeinander und ziehe einen Schmollmund. Na ja, gar nicht übel. Heute finde ich mich ausnahmsweise sogar mal richtig hübsch. Dabei habe ich mir noch nicht einmal die Zeit genommen, meine Haare, die dazu neigen, sich bei Regen aufzukräuseln, mit dem Glätteisen zu bearbeiten. Die Wärme und die Feuchtigkeit im Club haben ganze Arbeit geleistet und einzelne blonde Strähnen kringeln sich neckisch um mein Gesicht. Normalerweise nervt mich das, aber heute finde ich, es sieht niedlich aus.

Carla grinst. »Komm schon, du bist schön genug.«

Ich zupfe noch schnell BH und Top zurecht und folge ihr aus der Toilette. Chris wartet tatsächlich immer noch am selben Fleck. Als er uns entdeckt, lächelt er und winkt zu uns herüber.

Zwei: Christos

Fuck! Ich hätte einfach abhauen sollen. Wenn sie es drauf anlegt, werde ich nicht lange widerstehen können. So viel ist sicher. Eine absolute Traumfrau. Mit einer Hammerfigur, Wahnsinnsbrüsten, irre großen, blauen Augen und dieser blonden Mähne. So verflucht sexy. Wie sie küsst! Und wie sie sich bewegt! Das hat mich total scharfgemacht. Ich kann an nichts anderes mehr denken. Wie sie sich wohl anfühlt? Ob sie sich im Bett genauso sexy bewegt? Bei dem Gedanken wird es eng in meiner Hose. Aber wie soll es jetzt weitergehen? Nehme ich sie einfach mit nach Hause? Und dann? Mist. So war das echt nicht geplant. Doch ich weiß nicht, ob ich es schaffe, jetzt noch auf die Bremse zu steigen. Und der Alkohol hilft auch nicht gerade. Ich kann nicht vergessen, wie sich ihre Haut angefühlt hat unter dem Top und die Kurve ihrer Brust, die ich kurz ertastet habe.

Sie ist mir gleich zu Anfang schon auf der Tanzfläche aufgefallen. Wie heiß sie ihren Hammerkörper zur Musik bewegt hat. Und als sie mir dann an der Bar gegenüberstand, konnte ich einfach nicht anders. Dabei bin ich doch nicht so ein Arsch, der bei der ersten Gelegenheit seine Freundin betrügen würde. Oder?

Ehrlich gesagt, ich weiß es gar nicht so genau. Schließlich hatte ich bisher noch keine längeren Beziehungen. Womöglich hatte das seine Gründe? Vielleicht bin ich einfach nicht der Typ dafür.

Da kommt sie schon zurück, jetzt ist es auch zu spät, noch den Rückzug anzutreten. Ich winke zu ihr herüber und habe den bösen Verdacht, dass ich dabei grinse wie ein bescheuertes Honigkuchenpferd.

Bevor ich noch etwas sagen kann, greift sie nach meiner Hand und zieht mich zurück auf die Tanzfläche. Okay. Scheint, als will sie, dass wir da weitermachen, wo wir aufgehört haben.

Wir schlängeln uns zwischen den Leuten durch und finden eine Lücke in der wogenden Menge. Sie beginnt zu tanzen und sieht dabei wieder so zum Anbeißen aus, dass ich einfach nicht anders kann, als sie zu berühren.

Sie dreht mir ihren knackigen Hintern zu und bewegt lasziv ihre Hüften. Ich schlinge locker die Arme um ihre Mitte und bewege mich mit ihr. Mann, sogar ihre Haare riechen gut. Irgendwie nach Vanille. Mit einer Hand schiebe ich die Haare von ihrer Schulter und küsse ihre weiche Haut. Sie schmeckt leicht salzig und fühlt sich ganz warm an unter meinen Lippen. Sachte knabbere ich mit den Zähnen daran und spüre, wie sie ihren Hintern enger an mich schmiegt. Ui! Jetzt wird es aber wirklich brenzlig. Mein bestes Stück springt natürlich sofort auf die Berührung an. Langsam schiebe ich eine Hand unter ihr Top, spüre ihren warmen, glatten Bauch unter meiner Handfläche. Mein Daumen streicht kurz über den dünnen Stoff ihres BHs. Spitze. Nett. Sieht bestimmt scharf aus. Welche Farbe sie wohl trägt? Als ich kurz darüber streiche, spüre ich deutlich ihren harten Nippel durch das Material. Anscheinend bin ich hier nicht der Einzige, den unser Tanz tierisch antörnt. Und allein der Gedanke, dass sie genauso scharf auf mich ist wie ich auf sie, reicht, dass sich nun deutlich etwas in meiner Hose regt. Sie bewegt die Hüften rhythmisch zur Musik. Bei jeder Bewegung reibt ihre appetitliche Hinterseite an meinem pochenden Schritt. Ich umfasse ihre Taille mit beiden Händen und küsse ihren Nacken. Jetzt wirbelt sie herum, tanzt mich an. Ich schiebe mein Knie zwischen ihre Schenkel und wir kreisen die Hüften, während ich in diese Wahnsinnsaugen blicke. Groß, rund, blau und unschuldig wie bei einem Baby. Aber das, was sie da mit ihren Hüften veranstaltet, ist alles andere als unschuldig. Jetzt spüre ich ihre Hände unter meinem Shirt. Sie liegen locker auf dem unteren Rücken, streicheln über meine Haut.

Ihr kleiner Schmollmund sieht zu sexy aus. Ich muss ihn küssen. Mm! Sexy! Diese Lippen! Die Zunge! So warm und so weich. Und sie weiß genau, was sie da tut. Wie sie ihre Lippen und ihre Zunge einsetzt, lässt mich daran denken, wie sich das wohl woanders anfühlen würde. Oh Shit! An ein Zurück brauche ich überhaupt nicht mehr zu denken. Ich will diese Frau! Ich will wissen, wie sie sich anfühlt, wie sie schmeckt, was sie wohl Verrücktes im Bett anstellt. Ob sie voll aufs Ganze geht? Oder ob man sie erst aus der Reserve locken muss? Steht sie wohl auf Doggy Style? Oder wird diese Göttin mich reiten? O Mann! Jetzt wird es fast schmerzhaft. Ich wandere mit den Lippen zu ihrem Hals und küsse ihr Ohr.

»Hey! Vielleicht sollten wir das mal an einen weniger öffentlichen Ort verlegen?«, schlage ich vor. Einen Augenblick scheint sie zu zögern. Dann flüstert sie:

»Zu dir?«

Drei: Kim

Offenbar wohnt er nicht weit vom Club entfernt. Er ist mit dem Fahrrad da. Ich klettere hinter meinem Ritter mit dem klapprigen Drahtesel auf den Gepäckträger und halte mich bei ihm fest, während er in die Pedale tritt. Carla ist mit Freunden nach Hause gefahren – natürlich hätte ich sie niemals einfach alleine im Club gelassen, goldene Freundinnenregel! Der Drahtesel ist vielleicht nicht das coolste Fortbewegungsmittel, aber es ist lustig. Wir scherzen und lachen, als wir durch die Nacht eiern. Für Ende März ist es noch reichlich kalt und ich bin froh, dass ich nicht zu geizig war, eine dicke Jacke, Mütze und Schal mitgenommen zu haben, die ich bei der Garderobe abgegeben habe. Er trägt eine Biker-Lederjacke – was das Fahrrad optisch ein wenig aufwertet. Denn er sieht damit ziemlich heiß aus. Überhaupt bin ich noch total geplättet, wie ich so einen scharfen Fang machen konnte. Meine Lust und meine Neugier auf ihn, auf seinen Körper und das, was er damit anstellen wird, überwiegen mein schlechtes Gewissen, das im Club noch laut und deutlich protestiert hat. Doch je heftiger die Küsse und je heißer die Moves auf der Tanzfläche, desto leiser wurde die kleine Stimme in meinem Hinterkopf.

Mann, ich bin doch noch keine fünfundzwanzig. Ich will noch etwas erleben. Ist das so verwerflich? Vor einem Mietshaus in der Innenstadt halten wir an und steigen ab. Nachdem wir das Rad durch ein Tor in den Innenhof geschoben haben, betreten wir das Haus durch den Seiteneingang.

Ein Altbau mit einer knarzenden Holztreppe, die wir nun Hand in Hand bis zum dritten Stockwerk hochsteigen.

Er schließt die Wohnungstür auf und ich folge ihm in den Flur, wo er die Schuhe auszieht und ins Regal stellt.

Aha. Ordentlich ist er offenbar auch. Und eine Menge Schuhe hat er – für einen Kerl.

»Wir haben Glück. Mein Mitbewohner ist übers Wochenende mit seiner Freundin nach Rom geflogen. Wir haben die Wohnung komplett für uns.« Er lächelt und zieht die Augenbrauen hoch, während ich den Reißverschluss meiner Stiefel öffne und seinem guten Beispiel folge.

»Möchtest du noch was trinken? Bier? Wein? Wasser? Cola?«

»Wein klingt nicht verkehrt. Habt ihr weißen da?«

Ich gehe ihm nach in die Küche, wo er den Kühlschrank öffnet.

Er zieht eine Flasche hervor.

»Chardonnay, Kalifornien«, liest er vom Etikett. Er grinst. »Ich könnte ja jetzt so tun, als hätte ich Ahnung, um Eindruck zu schinden. Aber ich habe keinen Plan. Ist vom Lidl.«

Ich lache.

»Geht mir ähnlich. Bei Wein gibt es bei mir exakt zwei Kategorien: Schmeckt und schmeckt nicht.«

Aus einem Oberschrank holt er zwei Gläser und schenkt uns ein.

»Jia mas!«

»Jammas!«, ich proste zurück. »Ist das Griechisch?«

»Genau.« Er nippt an seinem Glas und stellt es auf die Arbeitsfläche.

»Dann bist du Grieche?«

»Nur ein halber. Und geboren bin ich hier. Mein Vater stammt von Kreta.«

»Oh, cool. Dann hast du bestimmt noch viel Verwandtschaft da und kannst immer umsonst Urlaub machen.« Ich lache und nehme auch einen Schluck Wein.