Traumwelt – 6 – Sinnliche Nächte in Rom

Traumwelt
– 6–

Sinnliche Nächte in Rom

Annabelle Herzog

Impressum:

Epub-Version © 2016 KELTER MEDIA GmbH & Co. KG, Sonninstraße 24 - 28, 20097 Hamburg. Geschäftsführer: Patrick Melchert

Originalausgabe: © KELTER MEDIA GmbH & Co.KG, Hamburg.

Internet: http://www.keltermedia.de

E-mail: info@kelter.de

Dargestellte Personen auf den Titelbildern stehen mit dem Roman in keinem Zusammenhang.

ISBN: 978-3-74093-064-6

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Dieses sanfte Streicheln. Sandra hatte es so vermisst. Sie seufzte leise.

Jetzt kreisten Olivers Hände um ihren Bauch. Die Haut prickelte unter seinen Berührungen.

»Du bist so schön«, flüsterte er und sah auf ihren Leib, der vor Verlangen bebte. Dann blickte er zum großen venezianischen Spiegel an einer der Wände.

Er zeigte das Paar im breiten Bett. Der Anblick ihrer nackten Körper erregte Oliver noch mehr. Er sah, wie Sandra sich vor Lust wand. Sie hatte den Kopf zurückgeworfen. Ihr langes blondes Haar war über das Kopfkissen ausgebreitet.

Oliver beugte sich vor und küsste sie auf die Lippen, die sich öffneten. Ihre Zungen spielten miteinander.

Sandra fühlte ein Pochen in ihrem Schoß. Sie legte die Arme um ihn, wollte ihn tief in sich spüren. Jetzt gleich. Sie konnte es kaum noch erwarten.

Aber Oliver zögerte es hinaus. Er küsste jetzt die Spitzen ihrer Brüste. Erst die eine, dann die andere. Seine Zunge fühlte die Nippel prall werden. Und er hörte Sandra sehnsüchtig stöhnen.

Er öffnete ihre Beine, streichelte durch das seidige Haar auf dem Hügel. Dann fanden seine Finger die empfindlichste Stelle und liebkosten sie.

Nun küsste er seine Freundin nicht mehr. Er blickte wieder zum Spiegel und sah, wie sie sich ihm entgegenwölbte, wie sich ihre Lippen zu einem leisen Schrei öffneten, als sie kam. Beinahe wäre auch er so weit gewesen. Es kostete ihn viel Kraft, sich zurückzunehmen, war beinahe schmerzhaft.

Er wandte seine Blicke vom Spiegel ab und versenkte seinen Kopf zwischen ihren Schenkeln, genoss ihre Feuchte und den besonderen Duft der Liebe. Seine Zunge begann sie zu streicheln.

Sandra sollte noch einmal kommen. Er wollte sie an ihrem ersten Abend in Rom verwöhnen. Sie hatte lange darauf verzichten müssen.

Tatsächlich erreichte Sandra schon nach wenigen Sekunden einen zweiten Höhepunkt.

»Nimm mich«, wisperte sie atemlos.

Nun konnte Oliver es wirklich nicht mehr hinauszögern.

»Sieh zum Spiegel«, forderte er.

Sandra blickte tatsächlich hin und beobachtete im Glas zwischen dem geschwungenen Goldrahmen, wie Oliver ihre Schenkel auf seine Schultern legte. Sie sah den prallen Schwanz in sich eindringen und spürte, wie er sie ganz ausfüllte.

Als er sich in ihr hin und her bewegte, konnte sie nicht länger in den Spiegel sehen. Dazu war sie zu erregt. Sie umschloss ihn fest. Ihr Inneres vibrierte jetzt.

Oliver fühlte dieses Zucken. Es steigerte seine Lust. Er stieß schneller in sie hinein. Sie hob sich ihm immer wieder entgegen. Schließlich verströmte er sich in ihr.

Danach gab er ihr einen liebevollen Kuss auf den Mund. So endete das Liebesspiel zwischen ihnen immer. Leider war es in letzter Zeit selten geworden. Aber jetzt würde es sich für sie beide ändern.

Sandra fühlte ein tiefes Glücksgefühl in sich aufsteigen und kuschelte sich an den Mann, den sie liebte.

Oliver blickte noch einmal zum Spiegel. Er sah sich selbst und Sandra dicht neben ihm im Bett liegen. Ihre nackte Haut schimmerte im flackernden Licht des Kerzenleuchters auf dem Nachttisch. Die blauen Seidenvorhänge vor der halb geöffneten Terrassentür blähten sich im Nachtwind, der plötzlich aufgekommen war.

Schnell löschte Oliver die Kerzen. Ein Feuer wollte er in seinem neuen Liebesnest nun wirklich nicht haben. Er hatte lange um diese prächtige Penthouse-Wohnung in Rom kämpfen müssen.

Ebenso wie um die Freiheit, so zu leben, wie er es sich wünschte, getrennt von seiner Ehefrau Gina.

Seine Zufriedenheit schwand, als er an ihren Vater dachte, diesen starrsinnigen und mächtigen Mann, in dessen Mode-Imperium er arbeitete. Früher in Deutschland, jetzt in Rom. Immer unter der strengen Aufsicht von Alberto Mondi, dem man Mafia-Kontakte nachsagte. Oliver glaubte das zwar nicht, aber er fürchtete den Alten.

Es erschien ihm wie ein Wunder, dass der Schwiegervater ihm erlaubt hatte, seine deutsche Assistentin aus Düsseldorf mitzubringen.

Alberto Mondi ahnte natürlich nicht, welche Rolle Sandra im Leben von Oliver spielte. Auch Gina wusste nichts, sonst hätte sie nicht gestattet, dass er sich diese eigene Wohnung nahm. Sie glaubte, die Ehe durch eine räumliche Trennung retten zu können. Die wilden Streitereien zwischen ihnen waren schließlich für beide unerträglich geworden.

Gina war sicher, dass sie irgendwann wieder unter einem Dach leben würden.

Für diese Hoffnung gab es Gründe. Oliver schämte sich, wenn er daran dachte. Warum war er bei seinen Besuchen im alten Palazzo, in dem sie mit ihren Eltern lebte, nur immer wieder schwach geworden?

Während Oliver die leichten Atemzüge seiner Geliebten neben sich im Bett hörte, bekam er Schuldgefühle. Er konnte lange nicht einschlafen.

Sandra erwachte zuerst, als ein leichter Luftzug über ihren Rücken strich. Sie richtete sich auf. Die Terrassentür stand immer noch einen Spalt weit offen. Die Vorhänge wehten im Morgenwind. Goldenes Licht fiel in ein Zimmer, das ihr sekundenlang fremd erschien. Dann war wieder dieses Glücksgefühl in ihr, als sie an die Liebesnacht mit Oliver dachte. Er schlief noch fest.

Sie sah sich um. In einer Ecke des Zimmers stapelte sich noch das Gepäck, das sie gestern Abend einfach abgestellt hatten. Sie waren gleich ins Bett gegangen, ungeduldig und fiebrig vor Verlangen.

Ich war völlig ausgehungert nach Liebe, dachte Sandra. Natürlich hatte sie sich am Abend das Appartement nicht genauer angesehen. Jetzt schweiften ihre Blicke über den weißen Lackschrank an einer der Wände, zu dem bunten Kronleuchter an der Decke und schließlich zum venezianischen Spiegel, in dem Oliver und sie sich beim Liebesspiel beobachtet hatten.

Jetzt erwachte auch Oliver. Er legte den Arm um sie und küsste sie zärtlich.

»Guten Morgen, Liebes«, flüsterte er in ihr Ohr. »Danke für die wundervolle Nacht.«

Sandra lachte vor lauter Glück und schmiegte sich wieder an ihn. Ein paar Augenblicke blieben sie so liegen.

Sandra hörte ein leises Rauschen. Sie waren mitten in Rom, dieser ewigen Stadt, in der niemals Stille herrschte.

»Lass uns aufstehen«, sagte Oliver. »Ich will dir an deinem ersten Wochenende hier die schönsten Plätze zeigen.«

Sandra wunderte sich. Keine Liebe am Morgen? Oliver liebte Sex nach dem Aufwachen.

Doch diesmal war er nicht in Stimmung dafür. Die nächtlichen Grübeleien bedrückten ihn noch.

Als sie nackt am Spiegel des Schlafzimmers entlanggingen, wurde er abgelenkt. Er blieb stehen.

»Wir sind ein schönes Paar«, sagte er, und Sandra musste wieder lachen.

Aber es stimmte. Beide waren fast gleich groß. Oliver hatte breite Schultern und einen athletischen Körper. Er trainierte regelmäßig in einem Fitness-Club.

Sie wirkte zierlich neben ihm. Die blonden Haare fielen bis auf die Schultern.

»Du siehst fast wie eine Schwedin aus«, sagte Oliver. »Nur die braunen Augen erinnern daran, dass deine Mutter Italienerin war.«

Er blickte Sandra so intensiv an, dass es ihr plötzlich peinlich war.

»Fast wie Bernstein«, murmelte er.

»Was?«

»Deine Augen haben die Farbe von Bernstein.«

»Komm.« Sie zog ihn vom Spiegel weg.

Olivers Eitelkeit war eine seiner kleinen Schwächen. Sandra sah darüber weg. Manche von ihnen fand sie inzwischen liebenswert.

Eine halbe Stunde später standen sie auf der Dachterrasse des Penthouses.

»Vielleicht sollten wir heute das Forum Romanum besuchen«, meinte er. »Später könnten wir zum berühmten Trevi-Brunnen gehen. Hast du je den alten Film mit Anita Ekberg und ihrem Latin Lover Marcello Mastroianni gesehen?«

»Irgendwann im Fernsehen. Sie badeten nachts verliebt in diesem Brunnen.«

»Seltsam dass du Rom nie kennengelernt hast«, sagte Oliver nachdenklich.

»Meine Mutter kam aus Süditalien. Wir haben die Verwandten in Neapel früher oft besucht.«

»Ohne deine guten Sprachkenntnisse hätte mein Schwiegervater nicht erlaubt, dass du mit mir nach Rom kommst.«

Sandra hörte einen Hund bellen und sah über die Brüstung der Dachterrasse nach unten, und so bemerkte sie nicht die Sorgen in Olivers Blick.

Ein großer weißer Königspudel sprang an einem jungen Mann hoch, der von der anderen Straßenseite auf das Haus zukam. Die Leine schleifte hinter dem Hund her. Er hatte sich offensichtlich losgerissen.

Sein aufgeregtes Bellen hörte gar nicht mehr auf.

»Du tust ja so, als ob du mich seit Ewigkeiten nicht gesehen hast«, hörte Sandra den Mann belustigt rufen. Er beugte sich nieder und streichelte das lockige Fell des Tieres.

»Der Hund gehört einer Nachbarin, die im Erdgeschoss des Hauses lebt«, erklärte Oliver. »Jetzt ist sie wohl wieder verreist, und ihr Sohn kümmert sich um ihn.«

»Der da drüben?«

»Nein, der Typ vor unserer Haustür.«

Sandra beugte sich weiter vor und entdeckte erst jetzt einen schwarzhaarigen Mann, der das Geschehen amüsiert betrachtete.

»Beinahe hättest du dem armen Mario den Arm ausgekugelt«, schimpfte der Besucher den Hund gutmütig aus.

Da musste Sandra laut lachen, und dieser Mario blickte hoch.

Er sah in das fröhliche Gesicht einer unbekannten Frau. Sie hatte die Hände auf Geländer gelegt. Ihre blonden Haare wehten im Wind, und sie trug ein leuchtend rotes Sommerkleid. Er war sofort hingerissen.

Spontan winkte er ihr zu.

»Buon giorno«, rief er, ebenfalls lachend.

So fröhlich und leichtherzig sind die Italiener, dachte Sandra und freute sich, dass sie nun mit ihnen leben konnte.

Jetzt beugte sich auch Oliver über die Balustrade der Dachterrasse.

»Ah, Signore Berger«, rief der schwarzhaarige Mann. »Sie haben charmanten Besuch.«

Sandra sah, wie die beiden Männer mit dem Königspudel davongingen. Der Besucher hatte Mario einen Arm um die Schulter gelegt.

»Ein glückliches Paar«, sagte Sandra. »So wie wir.«

»Du meinst, die beiden sind schwul?«

»Na klar. Siehst du nicht den geschmeidigen Gang, den der Jüngere hat?«

Oliver zuckte mit den Schultern.

»Vielleicht hast du recht«, sagte er. »Ich kenne Mario Darin nicht näher. Nur seine Mutter Lucia. Eine tolle Frau. Sie muss schon über Sechzig sein und hat noch einen Lover in England.«

»Damit der Pudel nicht in Quarantäne muss, kümmert sich jetzt also ihr Sohn um ihn.«

»Richtig. Sie kommt erst in zwei Wochen zurück. Dann wirst du sie kennenlernen.«

Er legte den Arm um Sandra.

»Komm«, sagte er. »Wir gehen jetzt frühstücken. Ich habe einen Bärenhunger. An der Ecke gibt es eine Bar.«

Wenig später saßen sie an einem gemütlichen Tresen. Sandra genoss einen Cappuccino.

»Das ist der beste meines Lebens«, meinte sie gut gelaunt und biss herzhaft in ein Cornetto, eines dieser Hörnchen, die die Römer gern zum Frühstück genießen.

»Ich freue mich auf das Wochenende mit dir, Sandra. »Heute Nachmittag …«

Er brach ab, als sein Handy klingelte. Auf dem Display erschien der Name seiner Frau.

Was wollte sie jetzt schon wieder? Er war froh, dass er sein Handy erst an diesem Morgen wieder eingeschaltet hatte. Nach einem kurzen Zögern meldete er sich.

»Hallo, Gina. Was gibt es?«

Er warf Sandra einen entschuldigenden Blick zu, während er dem Wortschwall lauschte, der über ihn hereinbrach.

»Wieso soll ich gleich zu euch kommen? Was ist denn so dringend?«

»Ich bin schwanger«, erklärte seine Frau überglücklich. Ihre Stimme klang jubelnd.

Oliver wurde blass. Das konnte doch nicht wahr sein. Sie hatte die Pille genommen, auch als sie schon getrennt lebten. Gina wollte auf Sex nicht verzichten, und er war immer wieder schwach geworden. Jetzt bereute er das bitter.

»Bist du sicher?«

»Ja, ich habe zu Hause einen Test gemacht. Der Arzt sagte mir gestern, dass ich im dritten Monat bin.«

»Aber du hast doch verhütet. Wie kannst du dann schwanger werden?«

Sie lachte. »Vor einem deiner Besuche hatte ich eine Magengeschichte. Da ist es passiert.«

Er schwieg.

Ginas nächste Worte klangen vorwurfsvoll: »Ich habe gestern immer wieder versucht, dich anzurufen. Aber dein Handy war ausgeschaltet.«

Übelkeit stieg in Oliver hoch. Er hatte gehofft, dass Gina sich irgendwann in einen anderen verliebte, dass sie ihn freigab, dass ihr Vater mit einer Scheidung einverstanden sein würde.

»Warum sagst du nichts?«, drang die aufgeregte Stimme seiner Frau an sein Ohr. »Du kannst es nicht fassen. Es ist ja auch der Hammer.«

Oliver brachte kein Wort hervor. Er blickte wieder zu Sandra. Hoffentlich hatte sie nicht verstanden, um was es ging.

»Du musst sofort kommen«, forderte Gina. »Heute Abend geben wir ganz spontan ein Fest. Papa hat eine Überraschung für uns. Die ganze Familie wird da sein.«

Oliver war immer noch wie gelähmt vor Entsetzen.

»Tante Flora kommt übers Wochenende sogar aus Positano zu uns. Also setz dich ins Auto und komm. Subito!«

»Gina, ich …«

»Beeil dich. Wir warten. Du weißt, wie schnell Papa ungeduldig wird.«

»Gut, ich komme«, flüsterte er. Gina war genauso ungeduldig wie ihr Vater.

Sandra war fassungslos. Wollte er tatsächlich gleich zu der Frau fahren, von der er sich getrennt hatte?

Verzweifelt überlegte Oliver, wie er seiner Freundin klarmachen konnte, dass er sie an ihrem ersten Tag in Rom alleinlassen würde. Da öffnete sich die Tür der kleinen Bar. Mario und sein junger Freund setzten sich auf die letzten freien Hocker am Tresen, so dicht, dass sie jedes Wort hören konnten. Der Pudel legte sich zu ihren Füßen nieder, den Kopf zwischen seinen Pfoten.

»Mein Schwiegervater möchte mich sehen«, erklärte Oliver.

Sandra sah ihn ungläubig an.

»Heute?«

»Jetzt gleich.«

»Er ruft, und du springst«, murmelte Sandra.

Plötzlich erfüllte Oliver eine ohnmächtige Wut. Die dauernden Demütigungen, die er von der Familie seiner Frau hinnehmen musste, wurden ihm bewusst.

»Alberto Mondi ist nicht nur mein Schwiegervater. Er ist auch mein Chef«, rief er sehr laut. Plötzlich wurde es still in der kleinen Bar.

Mario und sein Freund blickten zu ihm. Der Pudel hob erschrocken den Kopf.

»Um Himmels willen«, sagte der junge Mann. »Wenn der Don ruft, muss er kommen.«

Sandra zuckte zusammen.

»Ist dein Schwiegervater bei der Mafia?«, stieß sie hervor.

Oliver schüttelte stumm den Kopf. Die Situation wurde immer unerträglicher.

Der junge Mann beugte sich zu ihnen.

»Entschuldigen Sie, dass ich mich ins Gespräch einmische. Ich bin Luigi Bertone.«

Mario lächelte seinem Freund zu und erklärte den anderen: »Luigi arbeitet für dieselbe Presse-Agentur wie ich. Er fotografiert die Promis. Was er da über den sogenannten Don erzählte, ist natürlich nur ein Gerücht.«

»Klatsch und Tratsch«, bestätigte der Fotograf. Es klang nicht überzeugend.

Eine Weile herrschte Schweigen.

Oliver verlangte die Rechnung.

»Es tut mir leid, dass ich dich an deinem ersten Tag in Rom alleinlassen muss«, sagte er leise. »Mein Schwiegervater ist natürlich kein zweiter Don Corleone. Aber er kann äußerst hartnäckig sein. Ich werde so schnell wie möglich zurückkommen.«

»Fahren Sie jetzt zum alten Palazzo der Mondis außerhalb Roms?«, mischte Luigi sich wieder ins Gespräch ein.

Oliver sah ihn ärgerlich an.

»Dann kann es dauern, bis Sie zurück sind«, sagte der Fotograf.

Es war so peinlich, dass Sandra am liebsten aus der Bar geflohen wäre. Jeder am Tresen wusste jetzt, dass ihr Freund sie im Stich ließ, wenn die Familie seiner Frau ihn zu sich befahl. Und jeder sah die Geliebte in ihr, die in eine Ehe eingebrochen war.

Sie wollte aufstehen und weglaufen, da berührte Mario ihren Arm. Seine braunen Augen blickten sie voller Mitgefühl an.

»Bleiben Sie noch eine Weile hier«, bat er sie. »Trinken Sie einen zweiten Cappuccino mit uns.«

Oliver war erleichtert. Er legte den Wohnungsschlüssel vor seine Freundin auf den Tresen.

»Tu das.« Er küsste sie auf die Wange und ging. Sandra war außer sich. Wie konnte er sie so einfach mit zwei fremden Männern zurücklassen? Auch wenn sie sicherlich schwul waren, ging das nicht.

Mario schien ihre Gedanken zu erraten.

»Meine Mutter ist eine Nachbarin von Signore Berger. Sie kennen sich gut. Nach seinem Einzug vor zwei Jahren haben sie schon so manches Glas Wein getrunken, und ich war auch immer wieder mal dabei.«

Mario orderte einen neuen Cappuccino. Sandra war so verlegen, dass sie ihm nicht in die Augen sehen konnte. Sie tat ihm leid. Der verheiratete Mann behandelte sie mies. Sollte sie wirklich ihren ersten Tag in Rom einsam und traurig verbringen?

Was konnte er tun?

»Wir müssen aufbrechen«, sagte Luigi jetzt. »Die Dreharbeiten …«

Kurz entschlossen unterbrach Mario den Freund. Er wusste jetzt, was er tun konnte, um der bezaubernden Frau auf dem Hocker neben ihm zu helfen.

»Du fährst allein dorthin«, sagte er zu Luigi. »Ich muss beim Filmen nicht dabei sein, um meinen Text schreiben zu können. Abends gibt es ja noch eine Fete. Da werde ich dann erscheinen.«

Er wandte sich zu Sandra.

»Erlauben Sie mir, Ihnen heute Nachmittag Rom zu zeigen?«