MUSIK-KONZEPTE Neue Folge
Die Reihe über Komponisten
Herausgegeben von Ulrich Tadday
Heft 180/181
Alvin Lucier
Herausgegeben von Ulrich Tadday
Mai 2018
Wissenschaftlicher Beirat:
Ludger Engels (Aachen, Regisseur)
Detlev Glanert (Berlin, Komponist)
Jörn Peter Hiekel (HfM Dresden/ZHdK Zürich)
Birgit Lodes (Universität Wien)
Laurenz Lütteken (Universität Zürich)
Georg Mohr (Universität Bremen)
Wolfgang Rathert (Universität München)
Print ISBN 978-3-86916-650-6
E-ISBN 978-3-86916-678-0
Umschlaggestaltung: Thomas Scheer
Umschlagabbildung: Porträt Alvin Lucier, © Amanda Lucier
Die Hefte 1–122 und die Sonderbände dieses Zeitraums wurden von Heinz-Klaus Metzger und Rainer Riehn herausgegeben.
E-Book-Umsetzung: Datagroup int. SRL, Timisoara
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© edition text + kritik im Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG, München 2018
Levelingstraße 6a, 81673 München
www.etk-muenchen.de
Vorwort
Bernhard Rietbrock
Alvin Lucier und das Reale
Eine Ästhetik der minimalen Differenz
Volker Straebel
Musikalische Repräsentation geometrischer
Objekte in Alvin Luciers Kammermusik
Sabine Sanio
Musik als Raumkunst
Zur Ästhetik von Alvin Lucier
Tobias Gerber
Technologie als Landschaft als Klangraum
Alvin Luciers Bird and Person Dyning
Jan Thoben
Look at the Natural World
Klang und Licht bei Alvin Lucier
Dieter Mersch
Von Wissenschaft zur Kunst
Alvin Luciers kompositorisches Werk als Kunstforschung
Jörn Peter Hiekel
»Öffnen statt Schließen«
Zu Kontexten und zum historischen Ort der Musik Alvin Luciers
Helga de la Motte
No Ideas But In Things
Das kompositorische Denken von Alvin Lucier im Kontext amerikanischer Ästhetik
Martin Supper
Der Raum als Instrument
Bemerkungen zu I Am Sitting in a Room for voice and electromagnetic tape (1969)
Abstracts
Bibliografische Hinweise
Zeittafel
Autorinnen und Autoren
Gegenstand dieses Doppelbandes ist das außergewöhnliche Werk und die eigenwillige Ästhetik des 1931 in Nashua, New Hampshire geborenen Komponisten Alvin Lucier. Als ein wichtiger Vertreter der amerikanischen Musik der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts liegt Luciers Pionierarbeit vor allem darin, gewöhnlich Unhörbares hörbar, aber auch Hörbares auf ungewöhnliche Weise sichtbar oder räumlich erfahrbar zu machen. Ob während der Phase der Live-Elektronik in den 1960er und 1970er Jahren mittels Verbalpartituren oder seit den frühen 1980ern anhand traditionell notierter Instrumentalstücke, fokussiert Lucier entsprechend konsequent akustische als auch akustisch generierte Phänomene, wie minutiös geplante Schwebungen oder Raumresonanzen. Verstanden als ästhetische Reflexionen verweisen diese ebenso minimalistischen wie abwechslungsreichen Werke Luciers neben der Phänomenalität des Klangs stets auch auf die Wahrnehmung der Wahrnehmung selbst. Seine bis heute mit Abstand populärste Arbeit I Am Sitting in a Room (1969) gilt dabei als eine der bedeutendsten experimentellen Kompositionen des 20. Jahrhunderts überhaupt.
Die Autorinnen und Autoren des Doppelbandes stecken ein weites Feld ab, um das vielfältige Schaffen Luciers für den geneigten Leser und Hörer einzugrenzen und überschaubar zu machen. Nach einer fulminanten Einführung von Bernhard Rietbrock, der maßgeblich an der Konzeption und Entstehung des Bandes beteiligt gewesen ist und dem der Herausgeber für Rat und Tat sehr zu danken hat, wendet sich Volker Straebel im Besonderen der Repräsentation geometrischer Objekte in Luciers Kammermusik zu, wonach Sabine Sanio im Allgemeinen Luciers Musik als Raumkunst reflektiert. Am Beispiel von Bird and Person Dyning (1975) wird die räumliche Dimension der Musik Luciers dann von Tobias Gerber weiter erkundet. Jan Thoben widmet seinen Beitrag einem anderen klanglichen Aspekt, nämlich dem medialen Wechselverhältnis von Klang und Licht, das in Luciers Kompositionen der Jahre 1972 bis 1994 eine bedeutende Rolle spielt. Luciers ästhetische Forschung hat, wie Thoben am Verhältnis von Klang und Licht bzw. Hören und Sehen exemplifiziert, zahlreiche wissenschaftshistorische Implikationen, die Dieter Mersch philosophisch zum Thema macht, indem er Luciers kompositorisches Werk als Kunstforschung betrachtet. Im Anschluss daran greift Jörn Peter Hiekel die ästhetischen Konstanten im Werk Luciers auf und ordnet diese in den Kontext der europäischen Gegenwartsmusik ein. Zentral dabei sind Aspekte wie Raum, Körper/Performativität, Reduktion und Konzeptualismus. Zu den Konstanten seines als »phänomenologisch« charakterisierbaren Ansatzes zählt aber auch die Neigung, Anregungen aus anderen Kunstbereichen aufzugreifen, sowie die damit oft verbundene Idee, das Komponieren in einem spezifischen Sinne als Erkenntnispraxis zu verstehen. Helga de la Motte spinnt den Faden anschließend fort und verortet das kompositorische Denken Luciers im Kontext amerikanischer Ästhetik. Schließlich – last but not least – widmet sich Martin Supper dem wohl bekanntesten Stück Luciers I Am Sitting in a Room und rundet den Band ab.
Den beteiligten Autorinnen und Autoren dankt der Herausgeber sehr, Bernhard Rietbrock zuallererst.
Ulrich Tadday