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Table of Contents

Titelseite

Impressum

In memoriam

Deutschland, Deutschland über alles

Gesetz und Ordnung

I

Sigurd Linke, ein Junggeselle von 47 Jahren

EXCURS

Auftritte und Ansprachen der Politiker

EXCURS

Sigurd Linke bewegte sich außerhalb jeder Ordnung

EXCURS

In den Straßen New Yorks rannten sie um ihr Leben

EXCURS

Als es Nacht wurde über Deutschland

II

Der verdammte deutsche Winter!

EXCURS

EXCURS

Sigurds Verhältnis zu Fidel Castro

EXCURS

Sigurd in Las Tunas

III

Das neue Jahr hatte gut angefangen!

EXCURS

EXCURS

Der US-Präsident

EXCURS

Ein Tourist aus dem Regenwald des Amazonas

EXCURS

IV

Der November lag in seinen letzten Zügen

EXCURS

Afrika

EXCURS

Von Ceuta

EXCURS

Die Reisegesellschaft

EXCURS

Der Zeltplatz

EXCURS

EXCURS

Der Hass

EXCURS

Togoland

EXCURS

Ankunft

In einer schläfrigen Mittagsstunde

V

Kindliche Schwärmereien und gallige Erinnerungen

Hamburger Bahnhofsviertel

Triste Heimat

EXCURS

Schießen und Schlachten im Zweistromland

EXCURS

An einem Donnerstag Ende April

EXCURS

An einem unscheinbaren Mittwoch

EXCURS

Knarre

EXCURS

VI

Am Morgen des 25. Dezember

EXCURS

Mallorca

EXCURS

Das Faulenzen in Palma

An den folgenden Tagen

Botschaft

EXCURS

VII

Der Super-GAU! Der größte anzunehmende Unfall!

EXCURS

EXCURS

Das WTC, die berühmten und berüchtigten Zwillings-Türme

EXCURS

EXCURS

EXCURS

EXCURS

EXCURS

Kuba

EXCURS

Holguín

EXCURS

Je größer eine Organisation im Untergrund ist

EXCURS

Trübsinnig

EXCURS

Fahndungsaufruf

EXCURS

Deutschland

Die heilige Angelique des neudeutschen Bismarck-Reiches

MEHR LESESTOFF VON PAUL SCHMENLER BEI DEBEHR

 

Paul Schmenler

 

Terror-Warnung

 

oder

 

Aufzeichnungen über einen Höhlenbewohner des Atomzeitalters

 

 

 

 

ROMAN

 

DeBehr

 

Copyright by: Paul Schmenler

Herausgeber: Verlag DeBehr, Radeberg

Erstauflage: 2018

ISBN: 9783957534866

Grafiken Copyright by Fotolia by: XtravaganT

 

In memoriam

Robert Blum

Köln 10 11.1807 – Wien 9.11.1848

N

Samir Fansa

Bielefeld 13.5.1999

 

Deutschland, Deutschland über alles

über alles in der Welt,

wenn es stets zu Schutz und Trutze

brüderlich zusammenhält!

Von der Maas bis an die Memel,

von der Etsch bis an den Belt:

Deutschland, Deutschland über alles,

über alles in der Welt!

Deutsche Frauen, deutsche Treue,

deutscher Wein und deutscher Sang

sollen in der Welt behalten

ihren schönen alten Klang

um zu edler Tat begeistern

unser ganzes Leben lang:

deutsche Frauen, deutsche Treue,

deutscher Wein und deutscher Sang!

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)

 

Gesetz und Ordnung sind überall und immer Gesetz und Ordnung derjenigen,

 welche die etablierte Hierarchie schützen.

Es ist unsinnig,

an die absolute Autorität dieses Gesetzes und dieser Ordnung denen gegenüber zu appellieren,

die unter ihr leiden und gegen sie kämpfen –

nicht für persönlichen Vorteil und aus persönlicher Rache,

sondern weil sie Menschen sein wollen.

Wenn sie Gewalt anwenden,

beginnen sie keine neue Kette von Gewalttaten, sondern zerbrechen die etablierte.

Da man sie schlagen wird, kennen sie das Risiko,

und wenn sie gewillt sind, es auf sich zu nehmen,

hat kein Dritter, am allerwenigsten der Erzieher und Intellektuelle das Recht,

Ihnen Enthaltung zu predigen.

Herbert Marcuse (1898-1979)

 

I

 

 

Feuerwerksmusik

N

Dead to the World

 

            Sigurd Linke, ein Junggeselle von 47 Jahren, hatte sich früh aller beruflichen Verpflichtungen entledigt und lebte als ideologisch motivierter Arbeitsverweigerer in einem Kleinbürger-Kaff am nördlichen Rande der Provinz Westfalen. Eine regelmäßige, zwanghafte Erwerbstätigkeit empfand er als eine Art „Leibeygenschafft“, als Verhinderung einer freien Entfaltung der Persönlichkeit, so wie eine solche allen volljährigen Staatsbürgern vom Grundgesetz zugesagt worden war. Die knappe menschliche Lebenszeit – in dieser Weise pflegte er seine Haltung zu begründen – erlaube es nicht, von morgens bis abends einen Brotberuf auszuüben, da das Individuum durch die Schufterei nicht mehr ausreichend Gelegenheit habe, nach dem Schönen, Wahren und Guten zu streben und auf diese Weise den Geist mit friedvoller Harmonie und philosophischer Erkenntnis zu erfüllen. Zudem spürte er nicht den geringsten Antrieb, sich am verhassten Staatswesen zu beteiligen, also für dessen Wohlergehen irgendeinen Beitrag zu leisten; vor allem hatte er keine Intentionen, an die Obrigkeit Steuern oder Abgaben zu entrichten, oder – wenn unvermeidbar – so wenig Steuern und Abgaben wie möglich. Denn was unternahm die Obrigkeit mit ihren Einkünften? Mit diesen Einkünften, welche aufgrund von Korruption mit einer größtmöglichen Willkür eingezogen wurden, ließ die Obrigkeit eine impertinente Bürokratie wuchern, die die Menschen mit Paragrafen und Bußgeldern drangsalierte, mit diesen Einkünften baute die Obrigkeit ohne jede Rücksicht Parkhäuser, Landstraßen und Autobahnen für eine Sintflut von Kraftfahrzeugen, die mit ihrem Lärm und ihren Abgasen die Gesundheit der Menschen ruinierte, mit diesen Einkünften kaufte die Obrigkeit beständig neue Panzer und Düsenjäger, anstatt sich mittels einer pazifistischen Diplomatie für Frieden und Verständigung unter den Völkern einzusetzen. Sigurd pflegte auch keine Stimmzettel abzugeben. Da hätte er sich selbst belügen müssen. Wenn einer Herde von 60 Millionen Hornochsen, so polemisierte er gern, das Recht eingeräumt wurde, alle vier Jahre ein albernes Kreuzlein auf einen ebenso albernen Stimmzettel zu kritzeln, dann hatte dies mit einer Volksherrschaft herzlich wenig zu tun. Wenn man beim Einkauf zwischen 5 verschiedenen Waschpulvern wählen durfte, dann war das Ergebnis am Ende des Waschgangs immer das gleiche, obwohl alle Hersteller ihre Erzeugnisse als die einzig wahren priesen; wenn man in einer Demokratur einer von 5 gleichmeinigen Parteien sein Kreuzlein schenken durfte, dann war dies als eine Vorspiegelung nicht vorhandener pluralistischer Möglichkeiten zu werten, als Augenwischerei und absurdes Theater! Hätte man mit den Parlamentswahlen tatsächlich die Herrschaft der Oligarchen und ihrer treu ergebenen Beamtenschaft hindern können, dann wären nach dem Zusammenbruch von 1945 Wahlen überhaupt nicht gestattet worden! Die Spielregeln kannten keine Fairness und keine Chancengleichheit, die Karten waren ungleich verteilt! Alles nur Betrug, denn die Politiker handelten lediglich als plappernde Marionetten der Banken und der Industrie-Giganten. Deren Eigentümer bestimmten die Richtlinien der Politik und niemand sonst! So hatte sich die Unsitte eingeschlichen, dass die Prädikatsjuristen der Konzerne mit einer bodenlosen Unverschämtheit sich Zutritt zu den Bundestagsausschüssen verschafften, in denen relevante Gesetzgebungspläne erörtert wurden. Besagte Prädikatsjuristen legten dort ganz nach dem Geschmack ihrer privaten Auftraggeber fix und fertig formulierte Paragrafenwerke vor, welche dann wenig später unverändert vom Parlament verabschiedet wurden, da die Volksvertreter zu dumm oder zu faul waren, eigene, unabhängige Entwürfe zu verfertigen. Gesetze und Verordnungen wurden ausschließlich nach dem Geschmack der Oligarchen erlassen, die es sich erlauben konnten, ihre goldenen Dukaten in die fetten Hinterteile der Politiker zu stecken und damit deren unabhängiges Gewissen käuflich zu erwerben. Die Stimme, d. h. das Gewissen eines Abgeordneten kostete zwischen 50.000 und 250.000 Westmark. Dies galt als übliche Vergütung für einen Beratervertrag beziehungsweise für einen Lehnsessel im Beirat einer Geschäftsführung. Es kursierten die Namen von Abgeordneten, die mehr als ein Dutzend Quasi-Korruptionsverträge in ihrem Panzerschrank lagerten und dabei kein schlechtes Gewissen hatten – wie sollten solche Aasgeier dem Wohle des Volkes dienen? Jeder, der eins und eins zusammenzählen konnte, wusste um diese Zusammenhänge! In den angeblich freien und demokratischen Ländern des Westens hatte eine hauchdünne Schicht von Plutokraten die Macht errungen; der Feudalismus vergangener Epochen, der Absolutismus der Fürsten und Kardinäle war einer bürgerlichen Oligarchie gewichen, einem System, in dem auf eine unheimliche, nahezu gespenstige Weise alle Schlüsselpositionen mit gleichgeschalteten Funktionären besetzt wurden, wodurch die totale Kontrolle politischer Meinungsbildung und staatlicher Machtausübung gewährleistet war, während der Reichstag als schöngeistige Schwatzbude das notwendige Feigenblatt bildete, mit dem man den Betrug an der Volksherrschaft zu kaschieren suchte. Die wahren Machthaber blieben unsichtbar wie antike Gottheiten. Sie schwebten über den Wolken, mieden jede Berührung mit dem Volke und sprachen niemals mit Journalisten. Doch überall im Staate wühlten und rackerten in der Art von Geheimagenten die Lobbyisten, um die Interessen ihrer Herren und Gebieter durchzuboxen. Politiker, Priester und Polizisten bildeten den menschlichen Schutzwall, der die weltweiten, zum Teil höchst kriminellen Geschäfte der Oberschicht schützte und beförderte. Das traditionelle Prinzip von Herr und Knecht, von Macht und Ohnmacht, von Reichtum und Armut regierte weiterhin in der Welt. Die Ständegesellschaft war nicht überwunden. Allerdings drohte sie nicht mehr mit Pranger, Verbannung oder Galgen, sondern bediente sich in der Gegenwart recht ausgeklügelter Methoden. An erster Stelle muss hier erwähnt werden ein gewaltiger Propaganda-Apparat, bestehend aus einem gleichgeschalteten Rundfunk und einer privat gesteuerten Presselandschaft, insgesamt ein perfides, lärmendes, alles übertönendes Posaunen-Orchester, welches imstande war, mit allen Formen der Lügen, Unterlassungen, Verdrehungen und Geschichtsklitterungen des Volkes Meinung in jede beliebige Richtung zu drehen, um ein in sich geschlossenes, hermetisch-hierarchisches System in Zement zu gießen. Langer Rede kurzer Sinn: Es hatte im vergangenen Jahrhundert keinerlei oder allenfalls einen rein kosmetischen Fortschritt gegeben! Aufgrund dieser Einsichten verachtete Sigurd den Bürgerstaat aus tiefster Seele und mit ganzem Herzen.

 

EXCURS

Der Hessische Landbote von GEORG BÜCHNER

ZITAT:

„Das Leben der VORNEHMEN ist ein langer Sonntag: Sie wohnen in schönen Häusern, sie tragen zierliche Kleider, sie haben feiste Gesichter und reden eine eigene Sprache; das Volk aber liegt vor ihnen wie Dünger auf dem Acker. Der Bauer geht hinter dem Pflug, der VORNEHME aber geht hinter ihm und dem Pflug und treibt ihn mit den Ochsen am Pflug, er nimmt das Korn und lässt ihm die Stoppeln. Das Leben des Bauern ist ein langer Werktag; Fremde verzehren seine Äcker vor seinen Augen, sein Leib ist eine Schwiele, sein Schweiß ist das Salz auf dem Tische des VORNEHMEN.

Im Großherzogtum Hessen gibt es 718.373 Einwohner, die geben an den Staat jährlich an 6.363.436 Gulden als Steuern. Dies Geld ist der Blutzehnte, der vom Leib des Volkes genommen wird. An DIE 700.000 Menschen schwitzen, stöhnen und hungern dafür. Im Namen des Staates wird es erpresst, die Presser berufen sich auf die Regierung, und die Regierung sagt, das sei nötig, die Ordnung im Staat zu erhalten. Was ist nun das für gewaltiges Ding: der Staat? Wohnt eine Anzahl Menschen in einem Land und es sind Verordnungen oder Gesetze vorhanden, nach denen jeder sich richten muss, so sagt man, sie bildeten einen Staat. Der Staat also sind ALLE; die Ordner im Staate sind die Gesetze, durch welche das Wohl ALLER gesichert wird und die aus dem Wohl ALLER hervorgehen sollen. – Seht nun, was es heißt: die Ordnung im Staate erhalten! 700.000 Menschen bezahlen dafür 6 Millionen, d. h. sie werden zu Ackergäulen und Pflugstieren gemacht, damit sie in Ordnung leben. In Ordnung leben, heißt hungern und geschunden werden.

Wer sind die, welche diese Ordnung gemacht haben und die wachen, diese Ordnung zu erhalten? Das ist die Regierung. Die Regierung wird gebildet von dem Großherzog und seinen obersten Beamten. Die anderen Beamten sind Männer, die von der Regierung berufen werden, um jene Ordnung in Kraft zu erhalten. Ihre Anzahl ist Legion: Staatsräte und Regierungsräte, Landräte und Kreisräte, geistliche Räte und Schulräte, Finanzräte und Forsträte usw. mit ihrem Heer von Sekretären und Bütteln. Das Volk ist ihre Herde, sie sind seine Hirten, Melker und Schinder; sie haben die Häute der Bauern an, der Raub der Armen ist in ihrem Hause; die Tränen der Witwen und Waisen sind das Schmalz auf ihren Gesichtern; sie herrschen frei und ermahnen das Volk zur Knechtschaft.

Für das Ministerium des Innern und der Gerechtigkeitspflege werden bezahlt 1.110.607 Gulden. Dafür habt ihr einen Wust von Gesetzen, zusammengehäuft aus willkürlichen Verordnungen aller Jahrhunderte. Der Unsinn aller vorigen Geschlechter hat sich darin auf euch vererbt. Das Gesetz ist das Eigentum einer unbedeutenden Klasse von Vornehmen und Gelehrten, die sich durch ihr eignes Machwerk die Herrschaft zuspricht. Diese Gerechtigkeit ist nur ein Mittel, euch in Ordnung zu halten, damit man euch bequemer schinde. Die Justiz ist in Deutschland seit Jahrhunderten die Hure der deutschen Fürsten. Jeden Schritt zu ihr müsst ihr mit Silber pflastern, und mit Armut und Erniedrigung erkauft ihr ihre Sprüche. Ihr dürft euern Nachbarn verklagen, der euch die Kartoffel stiehlt; aber klagt einmal über den Diebstahl, der von Staats wegen unter dem Namen von Abgaben und Steuern jeden Tag an eurem Eigentum begangen wird, damit eine Legion unnützer Beamter sich von eurem Schweiße mästet; klagt einmal, dass ihr der Willkür einiger Fettwänste überlassen seid und dass diese Willkür Gesetz heißt, klagt, dass ihr die Ackergäule des Staates seid, klagt über eure verlornen Menschenrechte: Wo sind die Gerichtshöfe, die eure Klage annähmen, wo die Richter, die Recht sprächen?

[ …]

Was sind diese Verfassungen in Deutschland? Nichts als leeres Stroh, woraus die VORNEHMEN die Körner für sich heraus geklopft haben. Was sind unsere Landtage? Nichts als langsame Fuhrwerke, die man einmal oder zweimal wohl der Raubgier der VORNEHMEN und ihrer Minister in den Weg schieben, woraus man aber nimmermehr eine feste Burg für deutsche Freiheit bauen kann. Was sind unsere Wahlgesetze? Nichts als Verletzungen der Bürger- und Menschenrechte der meisten Deutschen.

Ihr habt nichts! – Ihr seid nichts! – Ihr seid rechtlos!“         

ZITAT ENDE

 

Wenn Sigurd Linke die Auftritte und Ansprachen der Politiker im Fernsehen verfolgte, bekam er den Eindruck, dass sich in den Parlamenten der moralische und geistige Abschaum der Gesellschaft versammelt hatte, um dort auf leichte Art sein Brot zu verdienen und eine Bedeutung zu erlangen, die dieses Gesindel in Bezug auf seine Fähigkeiten und auf seine Vertrauenswürdigkeit nicht verdient hatte. Der Staat, so urteilte Sigurd und so urteilte die Masse der Bürger, der Staat wurde vor allem verkörpert durch ein Riesenheer von Beamten, die in einem von der Allgemeinheit alimentierten Sanatorium aus Privilegien und Pfründen schwelgten und den Reichen und Besitzenden im Lande jeden Wunsch von den Augen ablasen, während das einfache Volk nach Strich und Faden für dumm verkauft wurde. Überall in Wirtschaft und Politik walteten diese grauen und gesichtslosen Führungskräfte, diese öligen Geschäftsführer und Dienststellen-Leiter als Totengräber einer harmonischen Gemeinschaft. Sie trugen Maßanzüge, weiße Hemden und schillernde Krawatten; mit ihren gelackten Schädeln und ihrer dezenten Einheitskleidung hatten sie die Absicht zu bekunden, dass sie allesamt Ehrenmänner seien – doch nur zum Zwecke der Tarnung und der Täuschung! Diese Camouflage sollte verbergen, dass sie allesamt Menschenfresser waren, eiskalte Technokraten, die keinerlei Skrupel kannten, die ganze Welt in den Abgrund zu stürzen. Von morgens bis abends forderten sie eine Steigerung von Umsatz und Rendite und ein Wachstum ohne Ende, obschon jeder vernünftige Mensch ahnte, dass ein solches Wachstum auf einem kleinen verletzlichen Himmelskörper unweigerlich zur Katastrophe führen musste. Wenn nicht heute, dann morgen oder übermorgen!

 Deutschland: das Land der Richter und Henker. Ein Land der Spitzel, Polizisten und Folterknechte: “Führer befiehl, wir folgen …!“ Ein schreckliches Land, eine blutbefleckte Nation, welche das Herz eines nachdenklichen Menschen mit Scham erfüllte. Sigurds Abscheu hatte mit den düsteren Ereignissen zwischen 1933 und 1945 zu tun, aber dieser sein Abscheu hatte auch zu tun mit der ebenso düsteren Re-Nazifizierung der bundesrepublikanischen Gesellschaft in den 1950er-Jahren. Conrad I, schwarz-katholischer Herrscher über die westdeutschen Staatsbürger in den Jahren 1949 bis 1963, hatte als Kalter Krieger des nordamerikanischen Imperiums die politischen Weichen nach rechts und immer nur rechts gestellt. Unter seiner Obhut durften die Braunhemden wieder aus ihren Schlupflöchern kriechen und ihr Wirken in allen Bereichen der jungen Republik fortsetzen. Schon nach kurzer Zeit waren wie zu Zeiten des Tausendjährigen Reiches die Schlüsselpositionen der Gesellschaft wieder mit altgedienten Nazis besetzt: in den Ministerien, in den Bundesbehörden, in den Banken, in den Industrie-Konzernen, in der Wissenschaft, in der Bundeswehr, in der Polizei und in der Justiz. Alle diese Lumpen wuschen ihre Hände in Unschuld. In den Jahren der Braunen Diktatur hatten sie vorgeblich im Befehlsnotstand bei Gefahr des eigenen Lebens gehandelt. So erteilten sie sich gegenseitig Absolution und ernteten in der ganzen Welt, ganz besonders in den leidgeprüften alemannischen Nachbarländern, nur Unverständnis und Hass. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, in dem Sigurd Linke geboren war, hieß er eine Schlangengrube und einen Augiasstall. Alles darin schien ihm abstoßend, verlogen, kalt und mörderisch.

 

EXCURS

Die Stunde Null von BERNT ENGELMANN

ZITAT:

„Im Mai 1945, als die Nazi-Herrschaft zusammengebrochen war, hatte man noch keine Ahnung, wie es in Deutschland weitergehen sollte. Damals sah es in allen vier Besatzungszonen zunächst so aus, als ob sich die gesellschaftlichen Strukturen und die bis dahin herrschenden Besitzverhältnisse grundlegend ändern würden. Der Kapitalismus schien erledigt zu sein, denn seine Vertreter waren durch ihre enge Zusammenarbeit mit den Nazis hoffnungslos kompromittiert. In den beiden ersten Nachkriegsjahren, bis 1947/48, waren alle, auch die Christdemokraten, für die Abschaffung des Kapitalismus. Im Ahlener Programm der CDU hieß es wörtlich: ‚Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen. Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein …’

Im Einzelnen forderte das Ahlener Programm der CDU von 1947: Die Enteignung und Sozialisierung des gesamten Bergbaus und der eisenschaffenden Industrie; die Entmachtung, weitgehende Entflechtung und strenge Kontrolle der Konzerne; eine rigorose Kartellgesetzgebung; die gesetzliche Begrenzung des privaten Aktienbesitzes in so starkem Maße, dass keine Familie mehr nennenswerten Einfluss auf ein Wirtschaftsunternehmen hätte ausüben können; innerbetriebliche Mitbestimmung der Arbeiter und Angestellten; entschädigungslose Enteignung aller Kriegsverbrecher und Rüstungsgewinnler, vor allem derjenigen, die ‚arisiert’ hatten, sowie eine durchgreifende Bodenreform mit dem Ziel, den Großgrundbesitz zu zerschlagen und in Gemeineigentum zu verwandeln. Doch schon im Herbst 1949, nachdem die Union unter Führung Dr. Adenauers eine anti-sozialistische Koalition mit allen bürgerlichen Parteien zustande gebracht hatte, wurde im Einvernehmen mit den West-Mächten die Konzern-Entflechtung gestoppt; Bodenreform und Entnazifizierung endeten, noch ehe sie recht begonnen hatten; die Remilitarisierung wurde eingeleitet; die Wiedervereinigung der beiden Teile Deutschlands wurde ganz bewusst geopfert zugunsten einer vollen Integrierung der Bundesrepublik in das westlich-kapitalistische Bündnis; von Sozialisierung war keine Rede mehr, und es begann eine Restauration, bei der die alten Gesellschafts- und Besitzverhältnisse voll wiederhergestellt wurden: Dreihunderttausend Reiche und zweitausend Superreiche behielten die wirtschaftliche Macht in der Bundesrepublik und ließen das Land von den Unionsparteien regieren …

Hand in Hand mit der Wiederherstellung des kapitalistischen Wirtschaftssystems, und diese kräftig fördernd, ging die politische Restauration vonstatten. Im Zuge des ‚Kalten Krieges’, der bald nach 1945 aus den schon damals starken Spannungen zwischen den Westmächten und der Sowjetunion entstand, wurden in der Bundesrepublik die abgeurteilten Kriegsverbrecher begnadigt und Tausende von mittleren und hohen Nazi-Funktionären voll rehabilitiert. Diese Leute waren ja in den Augen der westlichen Verbündeten, speziell der Amerikaner, bewährte Anti-Kommunisten. Sie durften deshalb wieder in die Schlüsselstellungen einrücken. Und sie zeigten sich ihrerseits dafür dankbar, indem sie auf eine eigene politische Partei – vergleichbar mit den Neo-Faschisten in Italien – verzichteten; von Splittergrüppchen abgesehen, konnten die Regierungsparteien der Adenauer-Zeit, von denen am Ende nur die CDU/CSU und die FDP übrig blieben, die Masse der ehemaligen Nazi-Funktionäre integrieren.

Dr. Adenauer war gewiss kein Nazi. Er gehörte zu den Konservativen des früheren katholischen Zentrums. Aber er integrierte ganz bewusst die Nazi–Funktionäre, soweit sie ihm noch eben vorzeigbar erschienen, in die von ihm geführte anti-sozialistische Front, die sich außenpolitisch als ‚Bollwerk des Abendlandes gegen den Bolschewismus’ verstand, innenpolitisch als starker Schutzwall gegen die Kräfte, die die Privilegien der Superreichen abbauen und die bundesdeutsche Gesellschaft gründlich reformieren wollten, also vor allem gegen die Gewerkschaften und die Sozialdemokraten. Und zwei Jahrzehnte lang konnte Adenauer, außenpolitisch in harter Konfrontation mit dem Ostblock, zugleich innenpolitisch Sieger über die SPD bleiben.“

ZITAT ENDE

            Engelmann, Bernt: Großes Bundesverdienstkreuz. Berlin 1974

 

 

            Sigurd Linke bewegte sich außerhalb jeder Ordnung. Freunde und Bekannte – viele waren ihm nicht verblieben – beschrieben ihn als misstrauischen, menschenfeindlichen und mürrischen Einzelgänger. Seine Mitbürger waren ihm gleichgültig, ihr Wohl und Wehe gingen ihm am Gesäß vorbei. Wären seine Landsleute morgen von einem Erdbeben verschluckt oder von einer tropischen Seuche hinweggerafft worden, hätte er dies mit einem müden Achselzucken quittiert. Schon früh hatte er gelernt, sie zu verachten. Zuerst seinen Vater, seine Nachbarn, seine Lehrer. Später seine Kollegen, seine Vorgesetzten, seine Arbeitgeber. Nun gut, der Durchschnittsteutone verhielt sich im allgemeinen höflich und zurückhaltend, zeigte sich eher schüchtern als aufdringlich. Trotzdem war das deutsche Volk kaum zu ertragen: Jeder dieser Spießbürger war fest entschlossen, 75 Jahre lang in großer sozialer Sicherheit und unbegrenztem Wohlstand zu leben. Ein Wust von Sparbüchern und Versicherungspolicen sollte ihn vor den Unbilden des Schicksals bewahren. Und dann dieses krankhafte Streben nach Ordnung und Sauberkeit! Sigurd packte das Grausen, wenn er die geputzten Häuser und die mit Giftspritzen tot gepflegten Vorgärten seiner Landsleute anschaute. In der Einfahrt die gepflegten Karossen, auf denen kein Kratzer und kein Fleck zu sehen waren! – Nein, auf Dauer waren diese geistig und seelisch verarmten Besitzstandswahrer nicht zu ertragen. Die waren nur glücklich und zufrieden, wenn sie 8 Stunden in einer Fabrik oder in einem Bureau ihre Pflicht tun durften. Man hatte ihnen unsichtbare Zwangsjacken angelegt. Ein Leben ohne Zwangsjacke, ein Leben außerhalb der Tretmühle schien ihnen unvorstellbar. – Sigurd verstand seine Mitmenschen nicht. Er verstand ihre Protzerei nicht. Ihre Vulgarität nicht, ihre Gefühlskälte und ihre Hinterlist nicht. Hin und wieder bekam er Wutanfälle. Dann träumte er davon, wie einst der göttliche Harry Haller, ein paar von diesen Robotniks in ihren Autos mit einer Schrotflinte abzuschießen oder wie die RAF-Leute ein Kaufhaus in die Luft zu jagen. Aber Sigurd vermochte sich zu beherrschen. Die Idioten da draußen sollten ihn in Ruhe lassen. Wenn sie ihn in Ruhe ließen, dann ließ auch er sie in Ruhe. Er gab ihnen nichts, und er verlangte nichts von ihnen. Er praktizierte das Innere Asyl.

Von seinem Erbvermögen hatte Sigurd ein leicht verwahrlostes Häuslein am Stadtrand erworben. Zudem hatten seine braven Eltern ihm ein Wohn- und Geschäftshaus im Zentrum und eine Eigentumswohnung am Stadtrand hinterlassen, deren Vermietungs-Einkünfte ihm ein sorgloses Dasein eröffnet hatten. So hatte Sigurd nach dem Ableben seiner alten Herrschaften die Entscheidung getroffen, sich aus dem öffentlichen Leben zurückzuziehen und seine restlichen Jahre als misanthropischer Eremit in der Industrie-Landschaft zu verbringen. Sein Wohnsitz schien ein wenig ärmlich und heruntergekommen. Aus den Dachrinnen schauten Grashalme und Löwenzahn empor, die Fassade grau und verwittert, von den Fensterrahmen blätterte der Lack ab. Immerhin würden ihn nächtliche Raubgesellen nicht heimsuchen, da bei ihm offensichtlich keine Reichtümer zu erbeuten waren. – Die unmittelbare Nachbarschaft war nicht unangenehm. Linker Hand befand sich ein Dachdecker-Unternehmen mit Werkstatt, Materiallager und Wagenhalle, an den Wochenenden verschlossen und unbewohnt. Der Besitzer hatte während des Wirtschaftswunders einen Riesenbatzen Geld gescheffelt und sich in einem Vorort einen Bungalow gebaut. Seine ehemalige Wohnung im Betriebsgebäude ließ er leer stehen, sie diente als Verwaltung, Buchhaltungs-Archiv und Ersatzteillager. Rechter Hand stand ein Zweifamilienhaus, welches ebenso ärmlich und heruntergekommen war wie Sigurds eigene Hütte. Türkische Einwanderer hatten sich darin niedergelassen. Freundliche und bescheidene Zeitgenossen. Leute, die nicht ständig über den Zaun linsten, ob er denn jeden Samstag den Rasen mähe, und die nicht meckerten, wenn er am Sonntag im Garten die Wäsche im Wind flattern ließ oder um Mitternacht seine Hi-Fi-Anlage aufdrehte, dass das Fensterglas klirrte. Sigurds antiautoritäre Garten-Philosophie zeichnete sich dadurch aus, dass alle Blumen und Kräuter frei in den Himmel wachsen durften, ohne von einer Sense gestutzt zu werden. So musste er keinen unnützen Schweiß vergießen, und so diente er obendrein den Idealen der Naturschützer. Seine Klause hatte er im Lauf der Jahre zu einer Art Festung ausgebaut. Hinter einem 2-Meter hohen Maschendraht-Zaun hatte er einen Schutzwall aus Brennnesseln, Dornengestrüpp und Stacheldraht errichtet. – Sigurd Linke lebte in bescheidenen Verhältnissen. In der Garage standen zwei klapprige Fahrräder und ein TOYOTA, der schon zwölf Jahre auf dem Buckel hatte. Für die Fortbewegung bevorzugte er die Eisenbahn oder den Linienbus. Der Terror auf öffentlichen Straßen erfüllte ihn mit Grausen. Wider den Wahnsinn der Drängler und Raser war kein Kraut gewachsen.

Im Keller hatte Sigurd einen Wust von Trödel und Antiquitäten untergebracht. Wenn die ollen Klamotten überhandnahmen und wenn es notwendig schien, sein Einkommen aufzubessern, besorgte er sich Erlaubniskarten, um auf Flohmärkten in den Nachbarstädten einen Stand zu beschicken. Auf diese Weise machte er nebenbei etwas Kohle, ohne dass die Finanzverwaltung ihn nachher zur Kasse bat. – Seine Wohnräume waren schlicht und genügsam eingerichtet, die Möbel stammten von den Eltern oder aus Haushaltsauflösungen. Für Schrankwände, Polstergarnituren oder andern Schnickschnack hatte er nie viel Zaster investiert. Während es seine Landsleute als höchstes Glück der Erde empfanden, ihr sauer verdientes Geld zu verprassen, indem sie ihre Behausungen mit vermeintlichen Kostbarkeiten vollstopften, hütete er sich vor allen als sinnlos empfundenen Investitionen. In der Überfluss-Gesellschaft, in der man viele schöne, alte Sachen im Sperrmüll finden oder preiswert aus Nachlässen übernehmen konnte, sah er dies als unnütze Geldverschwendung. Im Wohnzimmer gab es ein Plüschsofa, zwei Sessel und ein riesiges Fernsehgerät vom QUELLE-Versand. Das Arbeitszimmer diente als Bibliothek und Studienraum. Hier schrieb er sein Tagebuch, hier erledigte er seine Korrespondenz mittels seiner häuslichen Datenverarbeitung. Im Übungsraum standen Hanteln, Expander und Gewichte bereit, in einem anderen Raum eine flüchtig aufgebaute Modelleisenbahn, mit der er sich ab und an die Zeit vertrieb, wenn er sich nach Liebe und Zärtlichkeit sehnte. In seinem Refugium verbrachte Sigurd recht traurige Tage. Es fehlte ihm eine Frau an der Seite. Das Alleinsein war qualvoll. Seine Lebensweise gestattete es nicht, eine Familie zu unterhalten. Außerdem war ihm das mit zu viel Mühe und zu viel Verantwortung verbunden. Wenn man Blagen am Hals hatte, so grummelte er, dann müsse man ständig hinter dem Geld herjagen, dann könne man nicht tagsüber auf dem Sofa abhängen. So verzichtete er auf feste Beziehungen. Man konnte nicht alles haben im Leben. In der Sprache der Sozialarbeiter und Polizei-Psychologen: Er lebte als ein Individuum ohne jede soziale Kontrolle! Trotz seiner seelischen Verlotterung verstand er es meisterhaft, seine anarchistische Wut vor den Mitmenschen zu verbergen. Eines seiner Kennzeichen war der Umstand, dass er, was sein Äußeres betraf, völlig unauffällig war. Er war nicht groß und nicht klein, nicht fett und nicht dürr, nicht schön und nicht hässlich. Er duschte und rasierte sich alle drei Tage und er bevorzugte saubere, dunkle, unauffällige Kleidung. Wenn er das Haus verließ, trug er eine Mütze und eine Sonnenbrille. Er urinierte nicht in öffentlichen Grünanlagen, und er belästigte keine Schulmädchen, selbst wenn es ihn am Unterleib juckte und er solchen Bedürfnissen zu gern nachgegeben hätte.

Sein Vater war ein ehrbarer und ehrgeiziger Kaufmann gewesen, der während des Wirtschaftswunders besessen gewesen war von dem Gedanken, durch unablässiges Schuften und durch Verzicht auf jegliche Lebensfreude einen größtmöglichen Wohlstand zu erringen. Seine Kindheit hatte Sigurd Linke in materiell gut versorgten Verhältnissen verbracht, jedoch in einer Atmosphäre der menschlichen Kälte und Gefühllosigkeit, sodass sein Gemüt verkümmert war, bevor er noch richtig reif und flügge geworden. Nach der Reifeprüfung hatte er den Militärdienst geleistet, später Geschichte, Geografie und Germanistik an der Universität zu Köln studiert. Obwohl ihn seine Ausbildung zu einem Lehramt auf dem Gymnasium befähigte, war es für ihn früh beschlossene Sache, niemals als Beamter ein Leben lang in einer deutschen Philister-Schule unter lauter Philister-Kollegen eine Philister-Stelle anzunehmen. Zum Leidwesen seiner Eltern war er dann in einen abenteuerlichen Lebenswandel hineingestrudelt: Er hatte als Nachtwächter in einem Museum gearbeitet, als Lagerist in einer Möbelfabrik, als Kurier einer deutschen Großbank, als Buchhändler, als Lkw-Fahrer und als Lampenverkäufer. Wenn er genügend Geld gespart hatte und ihm seine Beschäftigungen zu langweilig geworden waren, hatte er seine Arbeitsstätten kurz und bündig verlassen. Dann hatte es ihn in die Ferne gezogen. Er hatte seinen Rucksack gepackt und ferne tropische Länder bereist. Er liebte es, sich mit einfachen, bitterarmen Menschen zu umgeben und in ihren bescheidenen Hütten einzukehren. Je mehr er über die Armut in der Welt erfuhr, desto heftiger verachtete er den Wohlstand seiner Landsleute.

Rücksichtslos hatte er seine Arbeitgeber im Stich gelassen, ebenso rücksichtslos hatte er seine Freundinnen verlassen, wenn es ihm notwendig erschienen war. Er hatte sich gern verliebt, und er hatte sich häufig verliebt. Er hatte hübsche und herzensgute Mädchen erobert, doch wenn sie ihn in einen Käfig zu stecken gedroht hatten, wenn sie ihm von Kindern und Hochzeit gesprochen, dann hatte er Schluss gemacht von einem Tag auf den andern. Die Ehe seiner Eltern war ihm als Albtraum erschienen, in einem solchen Knast wollte er nicht zugrunde gehen. Dabei hatte er nicht begriffen, dass nahezu alle Mädchen eine zarte und verletzliche Seele besaßen und dass er ihnen heftiges Leid zufügte, wenn er sie urplötzlich und wie aus heiterem Himmel sitzen ließ. Zudem hatte er nicht gesehen, dass die Jahre wie im Flug vergingen und dass es eine Art der Verdammnis war, allein zu sein, wenn das Alter begann.

Da Sigurd Linke keinerlei Zwängen oder Regeln unterworfen war, pflegte er erst in tiefer Nacht zu Bett zu gehen und am nächsten Tage bis zur Mittagszeit zu ruhen. Sigurd liebte die Dunkelheit. Er war mutiert zu einem Wiedergänger; er lebte wie Graf Dracula überwiegend in der Finsternis. Er blühte auf, wenn der Lärm in den Straßen verklungen war und die Bürger sich in ihren Schlafkammern zur Ruhe begeben hatten und selig vom nächsten Urlaub am Mittelmeer träumten.

An jenem berühmten Dienstag, den 11. September, stieg er ziemlich früh aus der Koje, putzte sich die Zähne und kleidete sich an. Ohne vorher ein Frühstück zu sich zu nehmen, marschierte er ins Zentrum. In den Eisdielen und Bistros in der Nähe des Marktplatzes forschte er nach Bekannten. Vergeblich. Er musste seinen Imbiss alleine zu sich nehmen. Dann wanderte er eine Runde durch den Bürgerpark, lauschte dem Gesang der Vögel und sann über sein verkorkstes Leben nach. Auf dem Heimweg ergänzte er in KAYSERS Supermarkt seine Vorräte. Gegen 15.30 Uhr kehrte er in seine Höhle zurück. Er brutzelte ein paar Spiegeleier und hörte währenddessen, da niemand neben ihm stand, mit dem er sich hätte unterhalten können, das Geplärre aus dem Radio. Eine höchst befremdliche Nachricht ließ ihn aufhorchen: Es trudelten wirre – wie man sagte: „noch unbestätigte“ – Meldungen aus New York ein, dass nämlich ein unbekanntes Flugobjekt, irgendeine Privatmaschine über Manhattan abgestürzt sei, nein, noch viel schlimmer, dass diese Maschine gegen eines der Symbolgebäude der ökonomischen Globalisierung, nämlich gegen einen Turm des World Trade Centers geprallt und dieser daraufhin in Brand geraten sei. Die Nachrichten klangen nebulös und vage, doch bald verdichteten sich die Hinweise. Es wurde bestätigt, dass ein ziviles Verkehrsflugzeug in den Turm gerast sei, und wenige Augenblicke später, völlig unerklärlich, ein zweites, und dass über Manhattan ein geradezu apokalyptisches Inferno eingesetzt habe. Da begab sich Sigurd in sein Wohnzimmer und schaltete sensationslüstern den Fernseher ein. So begann einer der erstaunlichsten Nachmittage seines Lebens.

 Eine Katastrophe!!!

Eine Katastrophe wie der Untergang der Titanic! Viel schlimmer noch als der Untergang der Titanic! Ein Inferno von historischer Dimension, eine Mischung aus Lakehurst und Pearl Harbor. Mitten im Leben, mitten in der Jetztzeit, hautnah und packend übertragen in das heimische Pantoffelkino!

Ein ungeheuerliches Verbrechen, wie es die größten Teufel nicht teuflischer hätten aushecken können. Ein gigantisches und geniales Verbrechen! Zerstörung, Verderben und tausendfacher Tod! Der reine Wahnsinn! Die Ereignisse schienen zunächst unerklärlich. Wie konnte denn ein Passagierflugzeug am helllichten Tage, bei schönstem Pilotenwetter mit einem einsam in den Himmel ragenden Hochhaus kollidieren? Da war doch etwas faul im Staate Nordamerika! Das mochte nach menschlichem Ermessen kein Zufall sein! Das war allein mit einem Terrorangriff zu erklären! Es musste sich um einen völlig irrsinnigen und bis dahin unvorstellbaren Terrorangriff handeln! – So ward Sigurd unverhofft Zeitzeuge des größten Mord-Anschlags in der Geschichte der Menschheit! Zwei Flieger, die mehr oder minder gleichzeitig ins WTC rasten, in halb himmlischer Höhe auf einen Schlag etwa zwölf Stockwerke zerstörten und sich, einen martialischen Feuerball bildend, in Rauch, Staub und Asche auflösten … Das ähnelte surrealistischen Untergangsvisionen, wie sie während der 1970er-Jahre in Hollywood in Mode gewesen waren. Sigurd erinnerte sich an einen Katastrophenfilm, der eine verblüffend prophetische Ähnlichkeit hatte mit dem, was sich da vor den Augen der TV-Weltgemeinde in New York abspielte. Die perversen Hollywood-Regisseure, die bekanntlich in der Lage waren, sich an den blutigsten Massakern stundenlang hochzugeilen, die ihre Schauspieler von Haifischen, Sauriern und außerirdischen Monstern in sarkastisch-sadistischen Großaufnahmen zerfleischen ließen, genau diese perversen Hollywood-Leute hatten so ein Desaster vorausgesehen, als sie das „Flammende Inferno“ mit den Superhelden Steve McQueen und Paul Newman in die Kinos brachten: Da war durch einen Kurzschluss im Kabelschacht (Terrorangriffe waren damals noch unbekannt!) ein Feuer im 85. von insgesamt 135 Stockwerken eines soeben fertiggestellten Wolkenkratzers ausgebrochen. Dieses Feuer breitete sich rasend schnell aus und schnitt irgendwelchen protzigen High-Society-Leuten, die gerade in Smoking und Abendkleid eine Party zelebrierten, die Fluchtwege ab. Die Meute war in wahnwitziger Höhe eingeschlossen und die Feuerwehr machtlos, da sie oberhalb von 40 Metern mit ihren Drehleitern nichts ausrichten konnte. In solchen Fällen halfen nur noch die Sprinkler-Anlage oder der liebe Gott – oder aber es wurde verdammt finster im Schacht! Verrückt, dachte Sigurd, echt verrückt, mit einem Male waren diese überspannten Drehbuch-Fantasien brutalste Wirklichkeit geworden, und er als zynischer Untergangs-Visionär konnte davon einfach nicht genug kriegen!

            In der TAGESSCHAU wurde ständig dieselbe schaurige Szene wiederholt: Man blickte in den strahlend blauen Himmel über Manhattan, und man sah den ab dem 95. Stockwerk brennenden WTC-Nord-Turm, der zuvor von einer BOEING 767 gerammt worden war, und dann raste kurz nach 9.00 h Ortszeit eine andre BOEING in den Süd-Turm in Höhe des 80. Stockwerks. Eine gewaltige Explosion, ein pyrotechnisches Meisterwerk, ein Feuerball wie von einer riesigen Napalmbombe, ein Höllenzauber so gewaltig und faszinierend wie einstmals die Detonationen von Fat Man und Little Boy über Hiroshima und Nagasaki. Erschütternd, verheerend, grausam und zugleich von geradezu metaphysischer Schönheit. Sylvester mitten im September. Ein Spektakel wie das Jüngste Gericht. Der Zorn der Götter schien entbrannt, um den armen Sündern einen Vorgeschmack auf die ewige Verdammnis zu bieten. Sigurd begriff nicht, und auch der tüchtige Fernseh-Moderator begriff nicht, was sich da für schrille Bilder in der Glotze abspielten und was das alles zu bedeuten hatte. Wie hatte man solchen Irrsinn aushecken können? Wer steckte hinter diesem Feuerzauber? Was waren das für hirnrissige Typen, die zu solchen Anschlägen fähig waren? Fasziniert wie nie zuvor blieb Sigurd vor seiner Glotze hocken. Die brennenden Türme des WTC ließen ihn nicht mehr los. Wie zwei riesige Karfreitagskerzen glommen sie über der berühmtesten Stadt der Welt. Nachts wäre der optische Genuss erhabener gewesen, aber auch im septemberlichen Sonnenschein waren diese Prospekte unvergesslich. Dann sprangen die Ersten aus dem Fenster! Mit flatternden Hemden stürzten sie ins Nirwana! Die hatten es nicht mehr ausgehalten in der Hitze. Die wollten nicht so erbärmlich verkokeln wie die Spiegeleier in Sigurds Bratpfanne, und Sigurd fragte sich, was wohl im Kopf eines so schrecklich Todgeweihten abgehen mochte, der aus dem 100. Stockwerk in die Tiefe rauschte und der nur noch ein paar schlappe Sekunden bis zum Aufschlag zu leben hatte. Ob man in den wenigen Augenblicken eines solchen Höllensturzes noch in der Lage war, an irgendetwas zu denken? Rational die ausweglose Lage zu erkennen? Oder ob bereits der Schock das Sensorium gelähmt und eine Ohnmacht ausgelöst hatte …?

Und dann rums! Aus und vorbei! Mausetot und ausgelöscht! Ein Fettfleck auf dem Asphalt, ein zerschmetterter Kadaver, verrenkte Gliedmaßen, ein aufgeplatzter Schädel, eine Lache aus Blut, Schleim und Urin … so banal und grausig ging es zu Ende! Lauter unschuldige Menschen …

            Lauter unschuldige Menschen???

Wer in der westlichen Welt konnte von sich behaupten, dass er unschuldig sei?

Jeder denkende Mensch musste eine Ahnung davon haben, dass der eigene Wohlstand eine bestimmte Quelle hatte, dass nämlich diese Quelle in der Ausbeutung der alten Kolonien zu suchen war. Wer konnte von sich behaupten, dass er unschuldig sei, wenn er im reichen Westen lebte und nicht Widerstand leistete gegen das mörderische Treiben der Globalisierungs-Päpste und ihrer Handlanger? Jedem halbwegs vernünftigen Individuum musste klar sein, dass der überbordende Luxus, in dem sich ein Viertel der Menschheit aalte, unweigerlich mit der Tatsache verknüpft war, dass drei Viertel der Menschheit in einem Teufelskreis aus Unterentwicklung und Armut zu leben verdammt waren. Wer konnte von sich behaupten, dass er unschuldig sei, wenn er als Schmarotzer im reichen Westen wohnte und täglich im Fernsehen sah, wie ein großer Teil der Menschheit von Hunger, Krieg und Krankheit zerrieben wurde? Es war unbestreitbar, dass der Reichtum des Westens unmittelbar aus dem schreienden Elend der Entwicklungsländer stammte und dass die Schere zwischen absoluter Armut der Massen und absolutem Reichtum der Eliten immer weiter auseinanderklaffte. Wer in der westlichen Welt durfte von sich behaupten, dass er unschuldig sei und dass an seinen Händen nicht das Blut unschuldiger Menschen klebte?

 

EXCURS

Die Kultur des Terrorismus von NOAM CHOMSKY

ZITAT:

„Wie viele andere Begriffe des politischen Diskurses wird der Terminus „Schurkenstaat“ auf zweierlei Weise verwendet: Zum einen propagandistisch, um ausgewählte Feinde zu kennzeichnen; zum anderen wörtlich, um damit Staaten zu beschreiben, die sich selbst an internationale Regeln und Abmachungen nicht gebunden fühlen. Die Logik lässt erwarten, dass die mächtigsten Staaten, zum Beispiel die USA, unter die 2. Kategorie fallen. Diese Erwartung wird von der Geschichte vollauf bestätigt!

Ein bedeutsames Beispiel ist die Invasion indonesischer Streitkräfte in Ost-Timor 1975. Indonesien wurde vom UN-Sicherheitsrat aufgefordert, sich umgehend zurückzuziehen. Binnen 2 Monaten wurden an die 60.000 Menschen getötet. Innerhalb der nächsten Jahre stieg die Zahl der Ermordeten auf etwa 200.000, wobei Indonesien zunehmend militärische Unterstützung von den USA erhielt, und, als die Grausamkeiten 1978 ihren Höhepunkt erreichten, auch von Großbritannien. Diese Unterstützung währte bis 1999, als von den USA ausgebildete und bewaffnete Kopassus-Kommandos ab Januar die ‚Operation Clean Sweep‘ organisierten, bis August etwa 5.000 Menschen töteten, später 750.000 (85 % der Bevölkerung) vertrieben und das Land praktisch komplett zerstörten. Die Regierung Clinton blieb bei ihrer Haltung, die Angelegenheit liege ‚in der Verantwortung der indonesischen Regierung, die wir ihr nicht abnehmen wollen‘. Die US-amerikanische Unterstützung dieser Aggression erfolgte fast automatisch. Der mörderische und korrupte General Suharto war, wie die Regierung Clinton erklärte, ‚unser Typ‘. Das war er schon seit dem von ihm befehligten Massaker von 1965 gewesen, das in den USA ungehemmte Euphorie ausgelöst hatte. Und das blieb er, während er gleichzeitig zu einem der Rekordhalter an Menschenrechtsverletzungen aufstieg und erst in Ungnade fiel, als er 1997 unter dem Druck harter ökonomischer Restrukturierungs-Programme ins Stolpern kam. Das Muster ist nicht neu; ein anderer Großkiller, Saddam Hussein, wurde ebenfalls bei all seinen Gräuel-Taten von den USA bestärkt und geriet erst ins Kreuzfeuer, als er Befehlen nicht gehorchte oder sie missverstand. Die Reihe vergleichbarer Beispiele ist lang: Trujillo, Mobutu, Marcos, Duvalier, Noriega und viele andere. Verbrechen werden nicht übelgenommen, nur Ungehorsam! Die Massenmorde von 1965, deren Opfer zumeist Bauern ohne Landbesitz waren, garantierten, dass Indonesien keine Bedrohung à la Kuba sein würde, keine Infektion, die sich in ganz Asien ausbreiten würde [ …]

Die Doktrin von den Schurkenstaaten blieb auch in Kraft, als die Demokraten ins Weiße Haus zurückkehrten. Präsident Clinton setzte die UN 1993 davon in Kenntnis, dass die USA ‚multilateral handeln werden, wenn möglich, und unilateral, wenn nötig’, eine Haltung, die ein Jahr später von Verteidigungsminister Cohen bekräftigt wurde. Cohen erklärte, dass die USA zum ‚unilateralen Einsatz militärischer Macht‘ verpflichtet seien, um lebenswichtige Interessen zu verteidigen. Dazu gehört die Sicherung des uneingeschränkten Zugangs zu Schlüsselmärkten, Energievorräten und strategischen Ressourcen. Neu an diesen Positionen ist nur, dass sie jetzt öffentlich bekanntgemacht wurden. Regierungsintern galten sie bereits seit Beginn der Nachkriegsordnung als verbindlich […] Die Türkei hat als NATO-Mitglied massive ethnische Säuberungen und andere Terroraktionen durchgeführt, wozu die Regierung Clinton durch umfangreiche Waffenlieferungen beitrug, als die Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung ihren Höhepunkt erreichten. Nachdem der von der Clinton-Regierung unterstützte Terror in der Türkei zunächst sein Ziel erreicht hatte, ist neben Israel und Ägypten ein anderer Staat zum führenden Empfänger US-amerikanischer Militärhilfe geworden: Der neue Spitzenreiter ist Kolumbien, einer der größten Menschrechtsverächter der 1990er-Jahre, dem nun großzügige militärische Hilfsleistungen seitens der USA zukommen. Der Beitrag der USA zur kolumbianischen Schreckensgeschichte geht auf die Regierung Kennedy zurück. Eine der bedeutsamsten Hinterlassenschaften dieser Regierung war ihre 1962 getroffene Entscheidung, die Aufgabe des lateinamerikanischen Militärs von der „Verteidigung der Hemisphäre“ auf die „innere Sicherheit“ zu verlagern und parallel dazu die Mittel (Waffen und Finanzen) und Ausbildungsmöglichkeiten bereitzustellen. Charles Maechling, der von 1961 bis 1966 den Planungsstab für Innere Verteidigung und Anti-Guerilla-Aktivitäten leitete, hat beschrieben, wie diese historische Entscheidung dazu führte, dass aus der Duldung ‚der Raubgier und Grausamkeit der lateinamerikanischen Militärs‘ die ‚direkte Komplizenschaft‘ mit ‚von Himmlers Todeskommandos übernommenen Methoden‘ wurde [ …]

Während des Kalten Krieges war „Kommunismus“ der gängige Vorwand für Terror und Aggression; im Übrigen, wie die Opfer erkennen mussten, ein hochflexibler Begriff, der vor allem die drohende „Infektion“ durch Unabhängigkeits-Bestrebungen betraf […] Als die USA Guatemalas kurzes Experiment mit der Demokratie durch eine Militärinvasion beendeten, der 40 Jahre des Schreckens folgen sollten, äußerte man sich intern besorgt darüber, dass ‚die Sozial- und Wirtschaftsprogramme der gewählten Regierung den Erwartungen der Unterschichten entsprächen und bei den meisten politisch bewussten Guatemalteken große Unterstützung fänden‘. Guatemalas Agrarreform wurde gewertet als ‚eine machtvolle Propagandawaffe; dieses umfassende Sozialprogramm, das den Arbeitern und Bauern zum siegreichen Kampf gegen die oberen Klassen und große ausländische Unternehmen verhelfen soll, findet bei der Bevölkerung der mittelamerikanischen Nachbarstaaten, die ähnliche Bedingungen aufweisen, großen Anklang‘. Diese äußerst gefährliche Bedrohung der Ordnung wurde mit 40 Jahren Gewalt und Mord im Keim erstickt! [ …]

Was solche Aktionen an Menschenleben fordern, lässt sich überhaupt nicht berechnen, aber für wirklich mächtige Schurkenstaaten wie die USA spielen solche Erhebungen keine Rolle. Sie werden aus der Geschichte gestrichen oder in unangenehme Folgen guter Absichten erklärt. Für die öffentlich gerade noch zulässige Kritik begann der Krieg gegen Südvietnam, später gegen ganz Indochina mit ‚fehlerhaften Versuchen, Gutes zu tun‘, obwohl schon 1969 deutlich wurde, dass ‚die Intervention ein katastrophaler Fehler gewesen war‘, weil die USA ‚eine Lösung nur zu einem Preis hätten durchsetzen können, der für sie zu hoch ausgefallen‘ ist. Robert McNamaras Entschuldigung für den Krieg richtete sich an die US-Bürger und wurde von den Falken als Verrat verurteilt, von den Tauben hingegen als höchst verdienstvoll und mutig gefeiert: Wenn Millionen von Leichen die Überreste der von unseren Angriffen zerstörten Länder bedecken, während immer noch viele weitere Menschen durch Spätzünder von Landminen und Fliegerbomben und an den Folgen chemischer Kriegführung sterben, geht uns das nichts an und verlangt keine Entschuldigung, geschweige denn Reparationszahlungen oder Kriegsverbrechertribunale. Ganz im Gegenteil. Die USA werden von ihren Politikern und Medien als Anführer der „aufgeklärten Staaten“ gerühmt, die Gewalt anwenden dürfen, wann immer sie es für richtig halten. In den Jahren der Clinton-Regierung ist die US-Außenpolitik in „eine noble Phase“ eingetreten und trägt der NEW YORK TIMES zufolge so etwas wie einen „Heiligenschein“. Die USA seien angeblich ‚auf der Höhe ihres Ruhmes‘ angelangt, unbefleckt von internationalen terroristischen Verbrechen, von denen hier nur einige wenige erwähnt werden konnten.

…“