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INHALT

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Mein Weg zum wilden Nützlingsgarten und zu diesem Buch

Über dieses Buch

Danke

TEIL I

MEIN WILDER NÜTZLINGSGARTEN

Was ist ein wilder Nützlingsgarten?

Einer für alle! Lebensraum für Mensch, Wildtier und Pflanze

Ein eigenes kleines Ökosystem

Wildtiere im Garten? Warum überhaupt?

Intensive Landnutzung und ihre Folgen für die wilde Artenvielfalt

Vernetzung von wilden Nützlingsgärten mit naturnahen Landschaften

Wie entsteht ein Wohlfühlort für alle?

Schritt für Schritt zum Biogarten

Auch mit ungebetenen Gästen gelassen umgehen

Deshalb lieben wir unseren wilden Nützlingsgarten – er ist …

… naturnah und dynamisch

… pflegeleicht und tierfreundlich

… spannender als jeder Krimi

… ein Ort der Freude und zum Leben

TEIL II

WER LEBT IM WILDEN NÜTZLINGSGARTEN?

Emsige Gourmets und umtriebige Genießer

Schmetterlinge – Persönlichkeiten mit zwei Gesichtern

Die wundersame Verwandlung von der Raupe zum Schmetterling

Tagpfauenauge – farbenprächtige Edelfalter

Zitronenfalter – dezente Schönheit aus der Familie der Weißlinge

Taubenschwänzchen – imposanter Schwärmer mit Exotik

Segelfalter – anmutige Ritterfalter

Bläulinge – klein, lebendig und nicht immer blau

Pflanzen für Schmetterlinge und ihre Raupenkinder

Alles Bienen oder was?

Lebensweise und Lebensräume von Bienen und Hummeln

Westliche Honigbiene – ein Leben für den Staat und für uns Menschen

Wildbienen – unbekannte Artenvielfalt

Furchenbienen – kleine Schwestern der Honigbienen

Sandbienen – sandliebende Wildbienen

Mauerbienen – bauchsammelnde Baumeisterinnen

Holzbienen – groß und furchterregend, aber friedfertig

Hummeln – robuste und fleißige Brummer

Ackerhummel – fast überall zu Hause

Dunkle Erdhummel – oft als professionelle Bestäuberin im Einsatz

Steinhummel – die Langschläferin

Blütenpflanzen für Bienen und ihren Nachwuchs

Bienen- und Schmetterlingssafari

Wilde Gärtnergehilfen – Ameisen, Eichhörnchen und Co.

Ameisen – eine Ameise kommt nie allein

Eichhörnchen – ein Waldbewohner zu Gast im Garten

Eichelhäher – Waldgärtner und Waldwächter

Amsel – ausdrucksstarke und energische Schwarzdrossel

Hausrotschwanz – liebenswürdiger Zeitgenosse

Eifrige Schleckermäulchen – unsere gefiederten Freunde

Haussperling – gesellschaftsliebender Mitbewohner

Zaunkönig – kleiner zielstrebiger Dauergast

Kohlmeise – zutrauliche Meise mit Durchsetzungskraft

Stieglitz – quirliger und geselliger Fink mit buntem Gesicht

Kleiber – Klettermeister und geschickte Lehmbauer

Mönchsgrasmücke – Gartenbesucherin im Tarnkleid

Bachstelze – elegant schwanzwippender Stelzenvogel

Rauchschwalbe – Delphine der Lüfte

Mauersegler – gewandte Flugkünstler

Kuckuck – interessanter Außenseiter

Ruhelose Streuner und flatternde Nachtschwärmer

Braunbrustigel – liebenswerter Rabauke

Spitzmaus – außergewöhnliche Maus, die keine ist

Europäischer Maulwurf – unterirdischer Einzelgänger mit Verve

Mauswiesel – flinker Jäger in Mausgröße

Fledermäuse – unheimlich nützliche Nachtschwärmer

Großer Abendsegler – dämmerungsaktiver Städter

Zweifarbenfledermaus – anpassungsfähiges Fledertier

Graues Langohr – fleißig und häuslich

Geduldige und beharrliche Jäger

Zauneidechse – wendige Echse mit Appetit auf allerlei Kleingetier

Blindschleiche – scheue Schleiche in Schlangengestalt

Ringelnatter – seltene Gartenbesucherin

Grasfrosch – kälteresistenter Froschlurch

Wechselkröte – kleine Kröte mit hübscher Zeichnung

Nutzschnecken – und es gibt sie doch …

Tigerschnegel – das Raubtier unter den Schnecken

Lauernde und blitzschnelle Beutefänger – Spinnentiere

Listspinne – elegante Räuberin mit Brautgeschenk

Wespenspinne – Netzkünstlerin mit Sinn für Exotik

Veränderliche Krabbenspinne – getarnte Jägerin mit viel Geduld

Gartenkreuzspinne – robuste Radnetzspinne

Weberknechte – lauernde Jäger mit langen Beinen

Raubmilben – Winzlinge mit Riesenhunger auf Schädlinge

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Schwirrende, krabbelnde, robbende Jäger in Insektengestalt

Siebenpunkt-Marienkäfer – Blattlausschreck mit freundlichem Gesicht

Großer Leuchtkäfer (Glühwürmchen) – Leuchtkäfer mit besonderen Fähigkeiten

Weichkäfer – Blüten sind sein Jagdrevier

Lederlaufkäfer – Beutefang im Laufschritt

Gemeiner Ohrwurm – lichtscheues Tierchen mit großem Appetit

Rote Mordwanze – Jägerin im auffälligen Kleid

Europäische Gottesanbeterin – exotische Fangschrecke

Gemeine Florfliege – Blattlauslöwe mit Mordshunger

Räuberische Gallmücken – klitzeklein, aber oho

Hainschwebfliegen – Blattlausvertilger und Blütenbestäuber

Wespen – smarte Fliegenjäger und Bestäuber

Libellen – prachtvolle Flugakrobaten

Parasitoide – sie haben ihren Wirt zum Fressen gern

Kohlweißlings-Raupenwespen – radikale Mietnomaden

Blattlauswespen – ein Leben in und von der Blattlaus

Erzwespen – professionelle Schädlingsbekämpferinnen

Raupenfliegen – Fliege ist nicht gleich Fliege

Fadenwürmer – wichtige Nützlinge im biologischen Pflanzenschutz

Rege Bodenbereiter und verborgene Recyclingspezialisten

Gemeiner Regenwurm – lichtscheuer Humusbildner und Bodenbereiter

Doppelschwänze – urige Liebhaber organischer Reste

Springschwänze – Pioniere in puncto Recycling

Asseln – kiemenatmende Reststoffverwerter

Tausendfüßer – vielbeinige Organikumwandler

Saftkugler – Kot für die Welt

Kaiserlicher Kurzflügler – unscheinbarer Raubkäfer mit Heißhunger auf organische Endstoffe

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TEIL III

WIE WIRD MEIN GARTEN ZUM WILDEN NÜTZLINGS-SCHLARAFFENLAND?

Den eigenen wilden Nützlingsgarten planen

Hindernisse, Gefahren und Fallen für Wildtiere entschärfen

Vielfalt schaffen – Vielfalt fördern

Kräuterrasen à la nature

So gelingt die Kräuterrasenansaat

Was uns wilde Kräuter zeigen und wofür wir sie verwenden können

Pflege des Kräuterrasens

Wildblumenwiese

So gelingt die Wiesenansaat

Was uns Wildblumen erzählen

Pflege der Wildblumenwiese

Wildpflanzen für Sonnengärten

So gelingt die Pflanzung im Beet

Passende Pflanzen mit Wildnisfaktor für den Sonnengarten finden

Pflege von Sonnengärten mit Wildnisfaktor

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Wildpflanzenbeete für Schattengärten

So gelingt die Pflanzung im Gefäß

Wie wir die passenden Pflanzen für unser Schattenbeet finden

Pflege von Schattengärten

Wildsträucher und Wildstrauchhecken

So gelingt die Einzelstrauchpflanzung

Wildsträucher – so bunt wie das Leben selbst

Pflege der Wildsträucher und Heckenelemente

Nützlingsbaum

So gelingt die Einzelbaumpflanzung

Kriterien für die Baumauswahl

Obstbäume – von klein bis groß

Pflegemaßnahmen für Bäume

Vertikales Grün

So gelingt die Vertikalbegrünung

Welche Pflanze soll meine Wände hochgehen?

Pflege von Vertikalbegrünungen

Wasserstellen

Wasserstellen anlegen

Reinigung der Wasserstelle

Futterstationen für Vögel

Aufstellen der Vogelfutterstation

Futterstation – worauf es ankommt

Nisthilfen für Vögel

Vogelnistkasten (Grundtyp) selbst bauen

Vogelnistkästen – worauf es ankommt

Spezielle Nisthilfen für Schwalben und Mauersegler

Fledermauskästen

Unterschlupfe für Igel, Eidechse und Co.

Igelhaus selbst bauen

Igelhaus – worauf es ankommt

Noch mehr Unterschlupfe für Wildtiere schaffen

Nützlingsunterkünfte für Wildbienen und andere Insekten

Wildbienenpension selbst bauen

Ohrwurmhäuschen selbst bauen

Noch mehr Lebensqualität für unsere Nützlinge

Serviceteil

Über die Autorin

MEIN WEG ZUM WILDEN NÜTZLINGSGARTEN UND ZU DIESEM BUCH

Seit nun über zehn Jahren habe ich zusammen mit meinen Ehemann unseren ersten eigenen Garten. Jahr für Jahr hat er sich zu dem entwickelt, wovon dieses Buch handelt. Er ist ein wilder Nützlingsgarten. Wie er dazu geworden ist und was ihn ausmacht, ist in Verbindung mit meiner Lebensgeschichte zu sehen.

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In manchen Jahren stellen sich im Garten auch kleine Nager wie Wühlmäuse ein. Nicht jeder mag sein Gemüse mit ihnen teilen. In meinem wilden Nützlingsgarten haben selbst sie nichts zu befürchten.

Ich bin auf einem Bauernhof in der Steiermark aufgewachsen. Meine Eltern bewirtschafteten den Hof sehr naturnah. Zahlreiche Wildpflanzen und Wildtiere besiedelten ihn. Als Kind war für mich der Hof mit den umgebenden Wiesen, dem nahegelegenen Bach und Wald mein Abenteuerspielplatz. Und neben dem Spiel im Freien nahm die Beobachtung der Natur selbst eine wichtige Rolle in meiner Erlebniswelt ein. Es begeisterte mich, meine Umwelt mit allen ihren interessanten Lebewesen und spannenden Naturphänomenen zu erfahren. So kann ich mich noch erinnern, bei einem Waldspaziergang eine Waldmaus beobachtet zu haben. Sie hatte mich nicht bemerkt. Und so konnte ich dieser liebenswerten Maus zusehen, wie sie in der Moosschicht nach Fressbarem suchte. Ich fand die kleine Waldmaus schön und sympathisch. Und so mag ich Mäuse bis heute. Selbst wenn ich sehe, dass eine Wühlmaus genüsslich an meiner Paprika im Garten nagt. Ich kann ihr nicht böse sein. Denn auch sie will einfach nur leben. Mein Leben hängt nicht von dieser Paprika ab. Glücklicherweise sind – meiner Ansicht nach – ungebetene Gäste wie Wühlmäuse und andere Plagegeister selten im wilden Nützlingsgarten anzutreffen. Vielmehr überwiegen nützliche und interessante Wildtiere. Besonders arten- und zahlreich ist die Insektenwelt vertreten. Wildbienen und Hummeln, Käfer und Schmetterlinge und viele andere Insekten haben ihren Lebensort in unserem Garten gefunden. Auch ein Igel sowie Wechsel-und Knoblauchkröten zählen zu unseren Gartenbewohnern.

Es macht mich glücklich, zu wissen, dass unser Garten für viele Wildtiere eine Heimat ist. Wenn ich im Garten arbeite oder mich dort entspanne, kann ich mich an ihnen erfreuen. Denn die Faszination für Flora und Fauna ist mir bis heute erhalten geblieben. Wenn ich Tiere und Pflanzen beobachten kann, vergesse ich meinen Arbeitsalltag und meine Sorgen. Im Garten fühle ich mich so frei und unbeschwert wie ein Kind. Ich erlebe das Hier und Jetzt ganz intensiv. Und es zählt nur, was gerade passiert. Das sind schöne Momente in meinem Leben.

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Das Joglland in der nördlichen Oststeiermark ist eine Kulturlandschaft mit Feldern, Weiden und Wald. Es ist die Region, in der ich aufgewachsen bin.

ÜBER DIESES BUCH

Mit diesem Buch möchte ich interessierten Naturfreunden und jenen, die es noch werden möchten, Einblicke in Naturkreisläufe, die lebensfreundliche Vielfalt und die zahlreichen positiven Aspekte des wilden Nützlingsgartens geben.

Aber was ist eigentlich ein wilder Nützlingsgarten? Was macht ihn zu einem so besonderen Ort, was passiert dort? Wie können wir natürliche Lebenskreisläufe aktiver in unser eigenes Gartenleben einbinden? In TEIL I des Buches geht es genau darum.

TEIL II widmet sich unseren zahlreichen kleinen Helfern im Garten, den Nützlingen. Wer sind sie? Wie helfen sie uns? Wie und wo leben sie? Welche Bedürfnisse haben sie?

In TEIL III wird es praktisch. Mit vielen Anregungen, Vorschlägen und konkreten Anleitungen, um selbst aktiv zu werden. Gestalten und verwandeln wir unsere Gärten, Balkone, Terrassen und sogar Fensterbänke in wilde, lebenswerte und nützlingsfreundliche Lebensräume. Wer noch einmal nachschlagen möchte oder kompakte Informationen zum Weiterlesen, Kontaktefinden und Vernetzen sucht, wird im Serviceteil am Ende des Buches fündig.

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DANKE

Damit dieses Buch entstehen konnte, haben mich zahlreiche Menschen unterstützt. Dafür bin ich sehr dankbar, denn allein hätte ich es nie geschafft. Deshalb bedanke ich mich bei allen, die mich bekräftigt haben, dieses Buch zu schreiben. Besonders bedanke ich mich bei meinem Ehemann Bernd, der mir in vielerlei Hinsicht aktiv beim Entstehen des Buches geholfen hat. Der mir immer zugehört und mich immer bestärkt hat. Danke an den Verlag, das gesamte Verlagsteam, Katharina Schaller und insbesondere an Anita Winkler. Sie hat mich in meiner Arbeit immer ermutigt. Ein besonders großes Dankeschön geht an die Biologin und Tierpflegerin Anna Gmeiner. Sie hat mir zahlreiche Tierfotos zur Verfügung gestellt. Dankbar bin ich auch für das Fotomaterial folgender Personen: Brigitta Colbert, Oliver Gebhardt, Martin Hughes-Jones, Verena Schönauer, Michaela Schwingesbauer und Bernd Selzer. Ohne ihre Bilder würde dem Buch etwas fehlen. Merci auch jenen, die „Fotomodell“ waren oder mir Einblick in ihr Gartenreich gegeben haben. Vielmals bedanke ich mich auch bei folgenden Tierexperten, die mir Insektenfotos bestimmt haben: Sophie Kratschmer und Josef Pennerstorfer von der Universität für Bodenkultur Wien, Herbert Zettl vom Naturhistorischen Museum Wien und Martin Schwarz vom Oberösterreichischen Landesmuseum. Vielen Dank für die Unterstützung durch ihr Fachwissen. Danke auch an Erich Hübel für die Beratung in botanischen Belangen. Und schlussendlich bedanke ich mich bei meinen Eltern, meiner Mutter Christine und meinem leider bereits verstorbenen Vater Rupert Schwingesbauer. Sie haben ermöglicht, dass ich die Schönheit unserer Kultur- und Naturlandschaft in meiner Kindheit unmittelbar erfahren durfte. Diese Erfahrungen prägen meinen Zugang zum Garten und meinen Beruf als Pflanzplanerin bis heute.

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Wild sein – ein Motto, das wir im Garten voll ausleben können.

MEIN WILDER NÜTZLINGSGARTEN

Was bedeutet „wild“ im Zusammengang mit Garten? „Wild“ ist nicht mit verwildert oder Wildnis zu verwechseln. Sondern mit „wild“ ist hier gemeint, der Natur wieder Raum zu geben. Wildpflanzen zu kultivieren oder einfach wachsen zu lassen. Der wilde Nützlingsgarten hat ein natürliches Erscheinungsbild. Wir Gärtnerinnen und Gärtner greifen lenkend ein. Dieser Gartenstil lässt Dynamik und Spontaneität zu. Somit ist unser Garten für Wildtiere lebenswert. Und auch wir selbst dürfen wild sein. Im Garten können wir unsere Begeisterung für die Natur in vollen Zügen genießen und ausleben. Im wilden Nützlingsgarten sind wir selbst ein Teil der Natur. Also, lasst uns wilder werden!

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VON NÜTZLINGEN UND WILDPFLANZEN, UNERMÜDLICHEN GÄRTNERINNEN UND GÄRTNERN UND DER DYNAMIK ZUR SPONTANEITÄT.

WAS IST EIN WILDER NÜTZLINGSGARTEN?

Der wilde Nützlingsgarten ist für mich ein Lebensraum und zugleich mein Lebenstraum. Hier umgibt mich, was für mich persönlich wertvoll ist: Wildpflanzen wie der Hahnenfuß, den ich von den Sumpfwiesen meiner Kindheit her kenne, Wildtiere wie der räuberische Eichenbuntkäfer, den ich erstmals in meinem Weinviertler Garten beobachtet habe.

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Der Eichenbuntkäfer ist ein Räuber und eine Rarität.

Der wilde Nützlingsgarten ist ein fazinierender Ort, an dem vieles passiert. Doch es sind nicht die großen Dinge, die es hier zu erleben gibt. Vielmehr zeigt sich die Schönheit der Natur in kleinen, manchmal winzigen Beobachtungen. Etwa, wenn eine Wildbiene im kahlen Kräuterrasen ein Nest für ihre Kinder baut. Oder wenn die Krokusse blühen und den Vorfrühling ankünden.

Einer für alle! Lebensraum für Mensch, Wildtier und Pflanze

Gärten sind Ausdruck unserer Lebensstile. Sie sind vielschichtig. Sie sind Freiräume, die wir nach unseren Vorstellungen gestalten und nutzen. Wir Menschen erschaffen und prägen das Erscheinungsbild eines Gartens, kultivieren Gewächse darin. Der wilde Nützlingsgarten ist ein Lebensraum für Mensch, Wildtier und Pflanze.

Welche Bedeutung der eigene Garten als Lebensraum haben kann, hängt vom Betrachter ab. Aus unserer menschlichen Perspektive hat ein Garten einen anderen Stellenwert als aus der eines Wildtieres oder einer Pflanze. Um die möglichen Bedeutungen eines wilden Nützlingsgartens zu verstehen, betrachten wir den Garten aus diesen drei unterschiedlichen Blickwinkeln.

Der Mensch

Wir leben in ständiger Veränderung. Unsere moderne Gesellschaft ist durch die voranschreitende Digitalisierung geprägt. Das Leben spielt sich zunehmend in Innenräumen und an virtuellen Orten ab. Der stetige Wandel in unserer Gesellschaft und Arbeitswelt verändert unsere Lebensstile. In Österreich leben bereits mehr Menschen in urbanen Siedlungsräumen als in ländlichen Gebieten. Sind reale Gärten für uns moderne Menschen überhaupt noch zeitgemäß? Ja. Denn sie bieten die Möglichkeit, mit unserer natürlichen und freien Umwelt in direkten Kontakt zu treten.

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Unser Garten – ein Lebens- und Erholungsraum für alle!

Die Erscheinungsbilder und Funktionen von Gärten verändern sich, passen sich unseren heutigen Ansprüchen an. Doch wir verspüren das Bedürfnis, unsere Freizeit im Freien zu verbringen. Wir streben eine Balance zwischen beruflichem und privatem, zwischen digitalem und realem Leben an.

Aus unserer menschlichen Perspektive betrachtet, ist ein Garten ein erweiterter Raum im Freien. Wir nutzen diesen Freiraum aktiv zum Kultivieren von nützlichen und schönen Pflanzen, für Sport und Spiele. Oder wir suchen dort Erholung und Ruhe. Aus diesen Bedürfnissen und unserer modernen Lebensweise heraus haben sich auch neue Formen des Gärtnerns entwickelt. Menschen schließen sich zusammen und teilen ihre Leidenschaft für das Arbeiten mit der Natur. Daraus hat sich in den letzten Jahren vielerorts das gemeinschaftliche Gärtnern unter dem Namen Urban Gardening etabliert. Außerdem sind heutige Gärten nicht nur auf ebenerdige Standorte beschränkt. Es gibt Terrassen- und Balkongärten in luftiger Höhe. Und auch ein begrüntes Fensterbrett kann ein Garten in Miniaturform sein.

Tierische Gäste und Mitbewohner

Es kriecht und fliegt, es summt und brummt. Ein Garten ist vor allem auch ein Lebensraum für Tiere. Wir sehen, dass unterschiedliche Organismen an diesem Ort leben möchten. Doch wollen wir unseren privaten Freiraum mit anderen Lebewesen teilen?

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Eine Maus auf dem Komposthaufen. Hier gibt es bestimmt noch ein paar Leckerbissen.

Wildtiere besiedeln – nüchtern betrachtet – Orte, die für sie Lebensräume darstellen. Egal ob Igel oder Maus, Schmetterling oder Blattlaus. Jedes Wildtier möchte leben und für Nachkommen sorgen. Instinktiv versucht daher jedes Wildtier, einen idealen Lebensort für sich und seinen Nachwuchs zu finden.

Und ein Garten, insbesondere ein wilder Nützlingsgarten, kann ein erstklassiger Wohnsitz für viele Tierarten sein. Denn er bietet diverse Nischen und Unterschlupfe, die Wohnung und Brutstätte sein können. Er bietet Nahrung und Wasser. Besonders in urbanen Siedlungsräumen, aber auch in intensiv genutzten Agrarlandschaften, können Gärten für Wildtiere überlebenswichtige Rückzugsorte sein. Doch nicht immer ist die Grünoase ein tierfreundlicher Ort. Auch zahlreiche Fallen und Gefahren gibt es hier. Etwa den geliebten Stubentiger, der auf den Ausflug der Jungvögel aus dem Nest lauert. Oder offene Licht- und Wasserschächte, in die unachtsame Gartenbesucher fallen und sich aus eigener Kraft nicht befreien können.

Doch meist ist ein Garten ein attraktiver Lebensort für Wildtiere. Jene ohne besondere Lebensansprüche, wie etwa die Blattläuse, gehören aus unserer Sicht oft zu den ungeliebten Gartengästen. Andere Tiere sind anspruchsvoller. Welche Arten sich im Garten einstellen können, hängt vom Gartenstandort selbst, seinem Umfeld und der Klimaregion ab, in der er sich befindet. Dazu zwei Beispiele: In den Weinbaugebieten Mitteleuropas etwa gibt es einige Wildtiere, die sommerwarme und sommertrockene Offenlandschaften als Lebensraum benötigen. Dazu gehören etwa viele Wildbienenarten und die Gottesanbeterin. In gehölzreichen Gebieten mit hohem Baumanteil sowie Strauch- und Heckenstrukturen finden sich gehölzliebende Tierarten ein. Zu ihnen gehören zahlreiche Vögel wie Zaunkönig, Rotkehlchen oder Eichelhäher. Das potenzielle Artenspektrum an Wildtieren, das wir im Garten antreffen können, wird also durch das Umfeld und die Ausgestaltung des eigenen Gartens beeinflusst.

Kultivierte und wilde Gewächse

Jeder Garten ist einzigartig. Doch alle haben ein gemeinsames Merkmal: In Gärten wachsen Pflanzen. Das Wesen eines Gartens ist seine Lebendigkeit. Sie entsteht durch die Bepflanzung. Wir kultivieren daher bewusst ein bestimmtes Artenspektrum. Dabei kann der Fokus auf einem direkten Nutzaspekt liegen, indem Obst, Gemüse und Kräuter angebaut werden. Oder der Zierwert der Gewächse steht im Vordergrund. In jedem Fall stellen Pflanzen für uns persönliche Werte dar.

Diese von uns kultivierten Pflanzen haben sich ihren Lebensort nicht selbst ausgesucht. Sie werden von uns hier etabliert, angepflanzt oder angesät. Wenn wir also den richtigen Standort für unsere Pflanzen wählen, werden sie sich wohlfühlen und gut wachsen. Sind die Standortbedingungen unpassend, wird die Pflanze kümmern, Krankheiten oder Schädlinge bekommen. Und im schlimmsten Fall sogar verschwinden. Da Pflanzen selbst nicht mobil sind, können sie nicht so einfach an einen passenden Ort abwandern. Zur Verbreitung brauchen sie fremde Hilfe von Wind, Wasser oder auch von Tieren (mehr dazu in Teil II, ab S. 47). Im Garten sind wir verantwortlich für ihr Wohlergehen. Daher sollten wir für unsere Gartenpflanzen den optimalen Standort wählen. Dann werden sie uns mit vitalem Wachstum und attraktivem Erscheinungsbild belohnen.

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Wildblumenbeet im Frühsommer

Nützling oder Schädling?

Das ist nicht immer eindeutig zu beurteilen. Manche Tiere nützen uns in einer ihrer Lebensphasen und schaden uns in einer anderen. Bei vielen Schmetterlingen geht uns das so. Als Raupe haben sie einen unermesslichen Appetit auf unsere geliebten Gartenpflanzen, häufig sind das auch Gehölze. Als Schmetterling saugen sie Nektar und machen die Bestäubung vieler dieser Blütenpflanzen überhaupt erst möglich. Wer mehr über Lebensweise und Nutzen der Säugetiere, Schmetterlinge und Wildbienen, Gottesanbeterinnen und Vögel erfahren möchte, findet ihre Steckbriefe in

Teil II (ab S. 47).

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Die gelben Blüten des Felsen-Steinkrauts (Alyssum saxatile) umgarnen eine rote Nelkenwurzblüte (Geum x cultorum).

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Mein wilder Gemüsegarten.

Wenn wir uns im Garten genau umsehen, bemerken wir aber auch alsbald, dass hier nicht nur kultivierte und erwünschte Pflanzen wachsen. Eine unbeabsichtigte Besiedelung findet statt. Es gibt Pflanzen, die plötzlich erscheinen. Wie aus dem Nichts sprießen sie hervor. Wenn sie lästig sind, bezeichnen wir sie als Unkraut. Wir versuchen manchmal mit intensivem Arbeitsaufwand diese unerwünschten Beikräuter fernzuhalten. Doch jeder weiß aus eigener Erfahrung: Der spontane Bewuchs stellt sich immer wieder von neuem ein. Denn häufig begünstigt die eigene Gartenarbeit unbewusst die Etablierung dieser wilden Gewächse. Indem wir den Boden offen halten, für reiche Nährstoff- und Wasserzufuhr sorgen, bieten wir Pflanzen optimale Keimbedingungen.

Die Besiedelung unseres Gartens mit Spontanvegetation erfolgt auf vielen Wegen. Sei es durch Anflug, die natürliche Samenbank im Erdreich, über Tiere und sehr häufig über uns Menschen selbst. Etwa wenn wir unsere neuen Gartenschätze als Topfpflanzen kaufen, bekommen wir den Spontanwuchs frei Haus mitgeliefert. Oder auch über unsere Schuhe und Gartengeräte verbreiten wir unbewusst Samen. Findet der Samen ideale Wuchsbedingungen vor, wird er seine Chance nutzen. Er wird keimen und wachsen. Durch unser Tun fördern oder behindern wir also das Wachstum von Pflanzen.

Aus der Perspektive einer Pflanze – egal ob Wild- oder Kulturpflanze, ob spontan gewachsen oder bewusst von uns etabliert – ist der Garten ihr Lebensort. Hier wächst sie in Gesellschaft anderer Pflanzen.

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Der Bauerngarten meiner Mutter.

Ein eigenes kleines Ökosystem

Der Begriff Ökosystem stammt aus der Ökologie. „Ökologie“ leitet sich aus den griechischen Wörtern oikos für Haus oder Haushalt und logos für Lehre ab. Diese Wissenschaft beschäftigt sich mit den Zusammenhängen und Wechselwirkungen zwischen der belebten und unbelebten Umwelt.

Ein wilder Nützlingsgarten funktioniert wie ein Mini-Ökosystem. Zwar ist er nicht so raumgreifend wie ein Wald oder Fluss. Aber im verbauten Siedlungsgebiet ist der ökologische Wert eines wilden Nützlingsgartens nicht zu unterschätzen. Was macht also den Garten zum Ökosystem?

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Nützling in Aktion.

Der Garten als Ökosystem und der Einfluss des Menschen

Ein Ökosystem zeichnet sich dadurch aus, dass es ein Lebensraum mit funktionierenden Lebenskreisläufen und Nahrungsketten ist. Alle Organismen in diesem System bilden eine Lebensgemeinschaft. Ein wilder Nützlingsgarten funktioniert daher durch Kreislaufwirtschaft.

Ein Ökosystem besteht aus:

•  Biotop = Lebensstätte. Sie wird durch Umweltbedingungen charakterisiert. Diese werden als abiotische Faktoren bezeichnet. Dazu zählen Klimabedingungen wie langjähriger Temperaturverlauf, jährliche Niederschlagsmengen und Formen der Niederschläge, aber auch Licht- und Windverhältnisse sowie die Beschaffenheit des Bodens mit seinen Luft-, Nährstoff- und Wasserverhältnissen.

•  Biozönose = Lebensgemeinschaft. In einem Lebensraum sind alle Lebewesen, Pflanzen wie Tiere, voneinander abhängig. Sie bilden alle zusammen eine Biozönose. Diese schließt sowohl die Beziehungen zu Artgenossen als auch zu anderen Arten mit ein. Alle Lebewesen, die das Leben eines einzelnen Organismus beeinflussen, werden als biotische Faktoren bezeichnet.

Wenn also unser wilder Nützlingsgarten ein Ökosystem ist, dann sind auch wir Menschen ein Teil des Systems und der Lebensgemeinschaft. Doch wir nehmen eine besondere Stellung ein. Denn wir können die Standortbedingungen beeinflussen und so das Ökosystem Garten manipulieren. Wir bestimmen aktiv den Standort der kultivierten Pflanzen. Durch unser menschliches Handeln schaffen wir Bedingungen, die Organismen nützen oder schaden können.

Wenn wir beispielsweise unsere Rose reichlich düngen und gießen, hat sie größere Blüten und einen üppigeren Wuchs als ohne zusätzliche Nährelemente und Wasser. Denn durch die Nährstoff- und Wasserzufuhr investiert die Rose ihre Energie in die Produktion von immer mehr Blüten und Blättern. Sie produziert viel Masse in relativ kurzer Zeit. Ihre Blätter sind deutlich weicher als bei einer vergleichbaren Rose, die nicht gedüngt und nicht gegossen wird. Uns gefällt, dass die Rose üppig blüht. Doch plötzlich sehen wir an der geliebten Rose lauter kleine Blattläuse, die an ihr saugen. Und schon schrillen die Alarmglocken. Schädlinge! Wir fühlen uns gezwungen zu agieren. Etwas muss geschehen! Denn wir fürchten, dass alle Arbeit und Fürsorge, die Pflege umsonst war. Und dann entdecken wir auch noch kleine Käfer. Doch bei genauerer Betrachtung stellen wir fest: Es sind Marienkäfer. Mit ihren roten Flügeln und schwarzen Punkten finden wir sie sympathisch. Und tatsächlich sind Marienkäfer, aus unserer menschlichen Sicht, nützliche Insekten. Denn sie verspeisen mit Vorliebe die unerwünschten Blattläuse. Sie sind Nützlinge in unseren Gärten.

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Ein Nadelwald mit Naturverjüngung und einer ausgeprägten Moosschicht.

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Diese Rose ist Lebensraum und Nahrungsquelle für zahlreiche Blattläuse …

Wer hat Blattläuse zum Fressen gern?

Nicht nur Marienkäfer sind Nützlinge. Auch andere Insekten helfen uns, weil ihre Nahrung aus Blattläusen besteht:

Marienkäfer und

Marienkäferlarven (S. 161)

Florfliegenlarven (S. 171)

Schwebfliegenlarven (S. 173)

Ohrwürmer (S. 165)

einige räuberische

Gallmückenlarven (S. 172)

Weichkäfer (S. 163)

Blattlauswespenlarven (S. 182)

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Fressen und gefressen werden, leben und vergehen. Blattläuse mit ihrem Fressfeind, der Schwebfliegenlarve, auf einem bereits herbstlich gefärbten Blatt, das bald abfallen und Teil des Bodens werden wird.

GÄRTEN KÖNNEN EIN LEBENDIGES UND VIELFÄLTIGES ÖKOSYSTEM SEIN.

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Nahrungsketten als Basis für ein funktionierendes System

Blattläuse leben von den energiereichen Säften der Rose und anderer Pflanzen. Der Marienkäfer ernährt sich als räuberisches Insekt von Blattläusen. Doch auch er selbst kann zur Beute von Vögeln werden. Im wilden Nützlingsgarten machen wir uns diese Beziehungen von Räuber zu Beute, von Jägern zu Gejagten zunutze. Die Natur arbeitet für uns.

Damit diese natürliche Regulierung stattfinden kann, müssen wir der Natur Zeit geben. Zuerst sind es die Beutetiere, die erscheinen. Erst nach und nach rücken die Jäger auf den Plan. Wenn wir also Blattläuse im Garten haben, werden Florfliegen- und Schwebfliegenweibchen gern ihre Eier auf die befallenen Pflanzen ablegen. Nach kurzer Zeit schlüpfen die Larven und vernaschen die Blattläuse. Wenn diese Larven erwachsene Flor- und Schwebfliegen sind, werden sie bei einem ordentlichen Nahrungsangebot wieder ihre Nachkommen auf passenden Pflanzen platzieren. Reicht die Nahrung nicht mehr aus, verlassen sie den Garten und suchen andere Orte auf.

Und selbst wenn ein Organismus abstirbt und auf die Erde fällt, ist er nicht wertlos. Er bildet gemeinsam mit anderen abgestorbenen Organismen wie etwa leblosen Pflanzenteilen, Aas und Kot die Streuschicht auf dem Boden. Im Garten landen die organischen Reststoffe, auch Detritus genannt, meist auf dem Komposthaufen. Von ihnen ernähren sich zahlreiche Kleinstlebewesen. Diese können wir mit bloßem Auge kaum oder gar nicht mehr wahrnehmen. Springschwänze und Mikroorganismen zersetzen die Stoffe. Als Detritusfresser bereiten sie die zerfallenen Streuteile weiter auf. Anschließend können Bakterien und Pilze sie noch weiter abbauen, bis schließlich am Ende dieses Abbauprozesses die organischen Substanzen wieder von Pflanzen aufgenommen und in den Lebenskreislauf rückgeführt werden. So funktioniert ein Ökosystem.

Gärten sind also weit mehr als nur Nutzräume und Zierde für uns Menschen. Gärten können ein lebendiges und vielfältiges Ökosystem sein. Und wir können die Lebenskreisläufe und Nahrungsketten der Organismen im Garten für uns nutzen.

WILDTIERE IM GARTEN? WARUM ÜBERHAUPT?

In meinem wilden Nützlingsgarten kultiviere ich Zier- und Nutzpflanzen. Und obwohl es „nur“ ein Wochenendgarten ist, ernte ich erstaunlich viel. Der hohe Ertrag ist zu einem Gutteil auch auf meine tierischen Nützlinge zurückzuführen. Wie wir in Teil II („Wer lebt im wilden Nützlingsgarten?“ ab S. 47) noch genauer erfahren werden, profitieren wir von zahlreichen Wildtieren im Garten. Sie bestäuben Obst und Gemüse wie Kirschen und Tomaten und andere Gartenpflanzen. Sie helfen bei der Pflanzenverbreitung und natürlichen Schädlingskontrolle mit, indem sie schädigende Organismen regulieren und im Zaum halten. Sie beteiligen sich an der Bodenbereitung sowie dem Recycling von organischen Stoffen. Sie bereiten mir meine organischen Abfälle im Komposthaufen auf, sodass ich fruchtbare Erde für meine Beete habe. Und die Wildtiere erfreuen mich mit ihrer Anwesenheit in meinem Gartenreich. Das sind die Hauptnutzaspekte für uns wilde Gärtnerinnen und Gärtner. Damit ist die Frage, wieso wir Wildtiere im Garten aktiv fördern sollten, eigentlich beantwortet. Eigentlich. Denn darüber hinaus gibt es auch noch andere bedeutsame Aspekte, die dafür sprechen.

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Eine fleißige Hummel bei der Arbeit.

Wer bestäubt meine Tomatenpflanzen?

Es sind hauptsächlich Hummeln, die Tomatenblüten aufsuchen und die Bestäubungsarbeit verrichten. Gibt es keine Hummeln, gibt es keine Tomatenernte. Im Kapitel Emsige Gourmets und umtriebige Genießer (ab S. 48) lernen wir einige Bestäuber unserer Gärten näher kennen.

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Ein Getreidefeld im Frühsommer. Artenvielfalt Fehlanzeige.

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An der trostlosen Monokultur ändert sich auch im Sommer nur die Farbe. Sonst nichts.

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Nach der Ernte im Hochsommer bleiben nur Stoppeln.

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Der offene Boden mit den untergepflügten Stoppeln kann leicht erodieren, weil er Wind und Wasser direkt ausgeliefert ist.

Intensive Landnutzung und ihre Folgen für die wilde Artenvielfalt

Die zunehmende Siedlungserweiterung insbesondere im Umland von Städten, ihre Verdichtung zu urbanen Großballungsräumen, beeinflusst den landschaftlichen Wandel. Infolge der Urbanisierung braucht es infrastrukturelle Maßnahmen. Diese prägen das Landschaftsbild neu. Straßen- und Energietrassen zerschneiden Grünkorridore, beeinträchtigen Wanderrouten und erschweren Wildwechsel von Tieren. Windkraftanlagen liegen in Flugrouten von Wildvögeln und stören ihre Zugaktivitäten.

Die nächtliche Beleuchtung dieser Infrastruktur und unserer Siedlungen irritiert Tiere in ihrer Lebensweise. Sie versetzt die Tiere in Stress und erschwert ihr Leben in der freien Wildbahn. Leider belegen zahlreiche Studien einen besorgniserregenden Rückgang an Wildtieren. Das betrifft Schmetterlinge, Wildbienen und Hummeln, aber auch viele Vogelarten und Säugetiere, die in unseren Siedlungsräumen lange Zeit individuenreich vertreten waren.

Nicht nur im Siedlungsgebiet und dessen Umland schrumpfen die Populationen. Auch in unserer Kulturlandschaft zeichnet sich ein dramatischer Rückgang der Artenvielfalt ab. Denn auch sie untersteht dem Wandel. Durch die weiterhin voranschreitende Ökonomisierung und Industrialisierung der Land- und Forstwirtschaft entstehen immer großflächigere Monokulturen. In diesen artenarmen Systemen sind wilde und spontan auftretende Lebewesen unerwünscht. Denn jene Organismen, die unter diesen Bedingungen noch existieren können, zeigen sich meist als schädlich für die Kulturen. Nützliche Organismen fehlen oder sind in zu geringem Ausmaß vorhanden, um das künstliche System auf natürliche Weise regulieren zu können.

In diesen intensiv genutzten Agrarlandschaften ist das natürliche Gleichgewicht verloren gegangen. Um schädigende Organismen einzudämmen, werden chemisch-synthetische Spritzmittel eingesetzt. Fungizide, Herbizide, Pestizide. Diese Art der Bewirtschaftung bleibt nicht ohne Folgen für die Natur. Beispielsweise hat der massive Einsatz von Neonicotinoiden dazu geführt, dass Honig- und Wildbienen in Regionen, wo dieses Insektizid zum Einsatz kommt, dramatisch zurückgegangen sind. Damit schaden wir nicht nur den Bienen, sondern auch uns selbst. Denn ganze Honigbienenvölker sterben. Die Honigernte bleibt aus. Und durch die fehlenden Bienen geht die Bestäubungsleistung drastisch zurück. Das wirkt sich letztlich auf einen geringeren Ertrag zahlreicher Nutzpflanzen aus, die von Insekten bestäubt werden.

Die voranschreitende Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft – mit und ohne Spritzmitteleinsatz – ist wegen ihrer negativen Auswirkungen auf die Artenvielfalt kritisch zu sehen.

GÄRTEN SIND WIE KLEINE ÖKOLOGISCHE ZELLEN. DURCH IHRE VERNETZUNG KÖNNEN WIR GRÜN-KORRIDORE SCHAFFEN.

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Artenreiche Blumenwiesen bieten Nahrung für zahlreiche Insekten und leisten so einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt.

Beispiel: Intensivgrünland statt artenreicher Wiese

Ein anschauliches Beispiel, um den Artenverlust zu verdeutlichen, sind unsere Wiesen. Im Zuge der landwirtschaftlichen Industrialisierung rentierte sich für viele Klein- und Nebenerwerbsbauern die Bewirtschaftung nicht mehr. Zahlreiche Wiesenflächen wurden umgenutzt, häufig auch verbaut. Landwirte, die heute noch Milchwirtschaft betreiben, kultivieren meist Intensivgrünland. Dieses Grünland wird bis zu sechs Mal im Jahr gemäht. Der häufige Schnitt eliminiert auf Dauer blühende Kräuter. Außerdem wird dieses vielschürige Grünland, ähnlich wie ein Acker, umgebrochen, gedüngt und mit Kraftfutter-mischungen besämt. Der ursprüngliche Lebensraum Wiese mit seiner natürlichen Artenvielfalt an Wildtieren und Wildpflanzen geht bei dieser intensiven Bewirtschaftung verloren.

In der traditionellen extensiven Landwirtschaft hingegen waren Wiesen artenreich. Sie wurden zwei Mal pro Jahr gemäht. Auf diesen naturnahen Blumenwiesen blühten zahlreiche Kräuter, die nicht nur Grünfutter oder Heu für Kühe lieferten, sondern auch für viele Wildtiere eine Nahrungsquelle darstellten. Die Wiese selbst war ein Lebensraum. Die schonende und landschaftspflegerische Nutzung förderte die natürliche Artenvielfalt von Wildpflanzen und Wildtieren.

Diese blütenreichen Extensivwiesen waren ein Teil unserer mitteleuropäischen Kulturlandschaft, die lange Zeit kleinstrukturiert und mosaikartig ausgestaltet war. Von oben betrachtet ein bunter Teppich an vielfältigen Lebensräumen. Die menschlich geprägten Kulturlandschaften waren mit den natürlichen Landschaften verzahnt. Diese Landschaftsausgestaltung und die extensive Bewirtschaftung wirkten sich positiv auf die Artenvielfalt aus.

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Diese naturnahe Weide bei Retz ist ein gutes Beispiel für lebensfreundlichen Grünraum.

Vernetzung von wilden Nützlingsgärten mit naturnahen Landschaften

Glücklicherweise gibt es noch naturnahe und extensive Lebensräume. Doch der Druck auf diese Gebiete steigt. Durch die oben beschriebenen Entwicklungen schreitet die Verinselung dieser wertvollen Landschaftsräume voran. Daher sind naturnahe Landschaften zu erhalten. Und auch innerhalb der Siedlungsgebiete braucht es lebenswerte Grünräume für Wildtiere und Wildpflanzen. Hier bieten unsere Gärten, neben öffentlichem Grün, ein großes Potenzial. Denn sie sind wie kleine ökologische Zellen. Durch ihre Vernetzung können wir Grünkorridore schaffen. So werden die unterschiedlichen Grünräume verbunden und Organismen können, wie auf Trittsteinen, von einer Grünzelle zur anderen wandern. Daher sind unsere wilden Nützlingsgärten prädestiniert dafür, als Mini-Ökosysteme zu fungieren.

Wilde Gäste willkommen heißen

Jeder kann im eigenen Garten beginnen, der spontanen und wilden Natur wieder Raum zu geben. Wenn wir Wildpflanzen bewusst ansiedeln oder Spontanwuchs zulassen, folgen auch bald die ersten Wildtiere. Geben wir ihnen geeignete Wohnquartiere und Unterschlupf, etwa in Form von Wildstrauchhecken, Totholzhaufen oder Nistkästen, werden auch einige Gäste ihre Familiengründung in den Garten verlegen.

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So ist ein Terrassengarten auf einem mehrstöckigen Wohnhaus, mit entsprechendem Blütenangebot und einer passenden Unterkunft, für Wildbienen ein idealer Lebensraum. Und ein begrünter Innenhof wird für Vögel zum perfekten Ort für die Aufzucht ihrer Jungen. Bieten wir ihnen Wasser und geeignetes Nistmaterial, sind die Aussichten auf Bruterfolg groß. Wenn wir Hecken nicht während der Brutzeit schneiden und Vögel bei der Brutpflege nicht stören, wenn wir Schon- und Ruhezeiten berücksichtigen, können sich nützliche und interessante Wildtiere dauerhaft ansiedeln.