cover

Dr. Alina Hübecker

Ayurveda

YOGA

Dr. Alina Hübecker

Ayurveda

YOGA

Bringe dich ins Gleichgewicht mit den besten Übungen für dein Dosha

images

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

info@rivaverlag.de

Wichtiger Hinweis

Dieses Buch ist für Lernzwecke gedacht. Es stellt keinen Ersatz für eine individuelle medizinische Beratung dar und sollte auch nicht als solcher benutzt werden. Wenn Sie medizinischen Rat einholen wollen, konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Arzt. Der Verlag und die Autorin haften für keine nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind.

Originalausgabe

1. Auflage 2020

© 2020 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Rolf Seyfried

Umschlaggestaltung: Manuela Amode

Umschlagabbildungen: Nils Schwarz, shutterstock/Laboko, shutterstock/Piamphon Chanpiam, shutterstock/ Katika

Fotos: alle Fotos von Nils Schwarz außer: S. 37 iStock/fizkes, S. 48 shutterstock/vasanty, S. 128–133 shutterstock/Maya Kruchankova, S. 158–163 shutterstock/Tonktiti, S. 200–205 iStock/Martin Wahlborg, S. 238–243 iStock/kamisoka, S. 248 shutterstock/POLIGOONE, S. 252–253, 258–259, 264–265 iStock/vasantytf, S. 254 iStock/NataliaBulatova, S. 260 iStock/MundusImages, S. 271 Martin Theunissen

Illustrationen: S. 20, 22, 24, iStock/voinSveta, S. 33 Daniel Förster

Layout: Katja Muggli, www.muggli.de

Satz: Daniel Förster, Belgern

Druck: Firmengruppe APPL, aprinta Druck, Wemding

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-7423-1191-7

ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-0843-3

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-0844-0

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.rivaverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Inhalt

Vorwort

1 Ayurveda und Yoga – die perfekte Kombination für ein gesundes Leben

Was ist Ayurveda?

Alle Elemente vereint: Die Konstitutionstypen

Ayurveda-Yoga: Die Vorteile deiner individuellen Yogapraxis

2 Dein Weg zum perfekten Yoga-Flow

Was gibt es für dein Dosha zu beachten?

Wie sollte dein persönlicher Flow aufgebaut sein?

Achtsamkeit, Pranayama und Meditation

Warm-up: Der perfekte Start in deinen Flow

Cool-down für einen entspannten Ausklang

Das Beste kommt zum Schluss: Shavasana

3 Frühlingserwachen – startklar für das neue Jahr

Fit durch den Frühling

Deine Routinen frühlingstauglich gestalten

Deine Ernährung frühlingstauglich gestalten

Deine perfekten Frühlingsübungen

Vata: Dein Flow für den Frühling

Pitta: Dein Flow für den Frühling

Kapha: Dein Flow für den Frühling

4 Sommerzeit – strahle mit der Sonne

Zeit für Abkühlung

Deine Routinen sommertauglich gestalten

Deine Ernährung sommertauglich gestalten

Deine perfekten Sommerübungen

Vata: Dein Flow für den Sommer

Pitta: Dein Flow für den Sommer

Kapha: Dein Flow für den Sommer

5 Goldener Herbst – Zeit des Wandels

Zeit zum Loslassen

Deine Routinen herbsttauglich gestalten

Deine Ernährung herbsttauglich gestalten

Deine perfekten Herbstübungen

Vata: Dein Flow für den Herbst

Pitta: Dein Flow für den Herbst

Kapha: Dein Flow für den Herbst

6 Winterzeit – entspannt das Jahr beenden

Zur Ruhe kommen

Deine Routinen wintertauglich gestalten

Deine Ernährung wintertauglich gestalten

Deine perfekten Winterübungen

Vata: Dein Flow für den Winter

Pitta: Dein Flow für den Winter

Kapha: Dein Flow für den Winter

7 Yoga-Flows bei konstitutionsspezifischen Krankheiten

Vata-Störungen: Wenn der Gegenwind zu stark wird

Pitta-Störungen: Wenn sich das Feuer ausbreitet

Kapha-Störungen: Wenn Trägheit zur Krankheit wird

Dankbarkeit – mehr als nur ein Wort

Über die Autorin

»No one ever made a difference by being like everyone else.«

P. T. Barnum

Vorwort

Wie ist es, gesund zu sein? Fit und vital durchs Leben zu spazieren und sich allen Dingen gewappnet zu fühlen?

Wir leben in einer Welt, in der wir jederzeit medizinischen Rat bekommen. Wir bemerken ein Kratzen im Hals und können noch am selben Tag den Arzt unseres Vertrauens aufsuchen. Oder, noch besser, wir gehen einfach in die Apotheke und bekommen dort, ganz ohne ärztliche Begutachtung, das passende Gegengift zu unseren Beschwerden.

So kann man es nennen: Gegen-GIFT. Zu fast jedem Symptom gibt es eine geeignete Pille. Oft vergessen wir jedoch, dass Medikamente Nebenwirkungen haben. Die bei uns so beliebten Kopfschmerztabletten können beispielsweise nicht nur zu Magenschmerzen, sondern auch zu Nierenversagen führen. Natürlich passiert das nicht jedem. Aber dieses Beispiel zeigt, dass wir oft leichtsinnig Medikamente nehmen. Vor allem, wenn wir uns selbst therapieren, ohne einen Arzt aufzusuchen, kann das dramatische Folgen haben.

Schon früh im Medizinstudium habe ich mich gefragt, wieso wir eigentlich alle Symptome mit Tabletten behandeln. Ich habe in dieser Zeit mehr über Pharmakotherapie als über Prävention gelernt. Das hat mich traurig gemacht. Ich sah Patienten, die fast wöchentlich wieder ins Krankenhaus kamen, und fragte mich, warum unsere Therapien nicht anschlugen. Mittlerweile weiß ich, dass das Problem darin lag, dass wir Symptome reduzierten statt Ursachen zu behandeln. Viele Patienten hatten sich damit abgefunden, ein Leben »frei von Krankheit« zu führen. »Frei von Krankheit« ist schon einmal nicht schlecht, aber noch lange nicht sehr gut. Ich habe mich also gefragt: Wie wäre ein Leben in voller Gesundheit und Vitalität? Wie wäre ein Leben, in dem du jeden Tag voller Energie bist? Ein Leben, in dem du dein volles Potenzial ausleben kannst und sowohl körperlich als auch mental immer weiter über dich hinauswächst?

Ich fand die Idee, nicht nur den verschiedenen Krankheiten hinterherzurennen, ziemlich verlockend. Das Auftreten einer Krankheit zu verhindern, erschien mir nicht nur logisch, sondern auch unfassbar relevant für die Qualität des Lebens. Das bedeutet auch, dass man sich selbst als Schöpfer seines Lebens sieht und nicht nur als Opfer der Gegebenheiten.

Während meines Studiums habe ich begonnen, mich nach Alternativen umzuschauen. Die klassische Naturheilkunde mit ihren Verfahren wie beispielsweise dem Schröpfen hatte mein Interesse geweckt. Ich wollte für meine Patienten nicht nur eine Ansprechpartnerin zur Behandlung von Krankheiten sein, sondern auch eine Begleiterin, die ihnen hilft, ihre Gesundheit zu erhalten. Zur selben Zeit etwa erfuhr ich die Vorteile von Yoga und Achtsamkeitstraining am eigenen Leib. Ich praktizierte regelmäßig Yoga und entschied mich, nach dem Studium eine Yogalehrerausbildung zu machen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, wie sehr sich mein Leben und auch die Art, wie ich meine Patienten sehe, verändern sollten.

Yoga und Ayurveda sind sehr eng miteinander verknüpft und kommen nicht ohneeinander aus. In Indien traf ich einen indischen Arzt, der mit uns Konstitutionsanalysen durchführte. Ich fand es unglaublich spannend, mehr über mich und meinen Körper zu erfahren, und war Feuer und Flamme. Mir gefiel die Art und Weise, die Patienten individuell zu betrachten und so auch ein und dieselbe Erkrankung immer wieder individuell zu behandeln.

Wir sind alle unterschiedlich. Jeder Mensch hat die gleichen Organe, ähnliche Körperformen, und doch sind wir alle individuell. Jeder Mensch hat seinen eigenen Fingerabdruck! Wir ähneln uns und sind doch vollkommen einzigartig. Und genauso unterschiedlich sind die Ursachen unserer Krankheiten. Sollten nicht dann auch unsere Therapiekonzepte ganz individuell gestaltet sein?

Die Kombination von Ayurveda mit unserer westlichen Medizin ist eine unschlagbare Mischung, die für ein langes, glückliches und gesundes Leben sorgt. Nicht umsonst wird Ayurveda die Lehre vom langen und gesunden Leben genannt. Wir sollten nicht das eine oder das andere praktizieren, sondern die Vorteile von beiden Konzepten anwenden. Ayurveda ist für mich eine Lebensweise, die hilft, individuelle Stärken zu nutzen und gleichzeitig Schwächen zu akzeptieren.

Neben der Integration von Ayurveda in den Alltag ist auch die tägliche Yogapraxis in Kombination mit Achtsamkeitstraining ein wertvoller Bestandteil von Krankheitsprävention. Die Reduktion von Stress und die Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit sind nur zwei der vielen Vorteile von Yoga und Achtsamkeit. Dank neuerer wissenschaftlicher Studien wissen wir, dass Yoga und Meditation auch das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduzieren und das Immunsystem stärken können.

Es wird immer wieder Zeiten geben, in denen dein Körper oder dein Geist im Ungleichgewicht sind. Es wird immer wieder Zeiten geben, in denen du dich krank oder schlapp fühlst. Natürlich spielt in puncto Gesundheit auch die Genetik eine Rolle. Aber es gibt auch die Epigenetik: Wir wissen mittlerweile, dass wir durch unsere Ernährungsweise, durch Lebensgewohnheiten und körperliche Fitness spezielle Gene ein- oder ausschalten und damit die Wahrscheinlichkeit des Ausbruchs von Krankheiten beeinflussen können.

Du selbst hast die Kraft, über deine Gesundheit zu bestimmen, sie, das wichtigste Gut in deinem Leben, zu schützen. Niemand von uns möchte eine der bekannten Volkskrankheiten erleiden. Doch am Ende sitzen viele mit Bluthochdruck, Übergewicht oder Diabetes öfter beim Arzt als bei Freunden. An dieser Stelle habe ich eine gute Nachricht für dich: Es ist nie zu spät für eine Veränderung.

Dein Leben ist Veränderung. Du hast es in der Hand, dein Leben in Fülle und Gesundheit zu leben.

images

1

Ayurveda und Yoga

Die perfekte Kombination für ein gesundes Leben

Was wäre, wenn du ein Leben voller Gesundheit leben würdest? Wenn du aktiv an deiner Gesundheit mitarbeiten könntest? Und wenn du Yoga so nutzen würdest, dass es dich zu jeder Tages- und Jahreszeit gesundheitlich unterstützt? Ich habe da eine gute Nachricht für dich: Es ist möglich! Auf den nächsten Seiten erkläre ich dir, wie du mit Yoga und Ayurveda wieder Verantwortung für deine Gesundheit übernehmen und dadurch Krankheiten vorbeugen kannst.

Was ist Ayurveda?

Um zu verstehen, warum ein Leben nach den Erkenntnissen des Ayurveda und Yoga das Potenzial besitzt, dir zu einer neuen Art von Gesundheit zu verhelfen, musst du wissen, was Ayurveda bedeutet. Auf den nächsten Seiten erfährst du, was Ayurveda ist, wie du nach den Lehren des Ayurveda lebst und was diese mit Yoga und deiner Gesundheit zu tun haben. Du lernst, wie dein Körper funktioniert und wie du die Stärken und Schwächen deines Körpers erkennst. Du wirst verstehen, wie Krankheiten entstehen und welchen Einfluss Tages- und Jahreszeiten auf deinen Körper und deinen Geist haben können.

Wenn ich über Ayurveda spreche, höre ich oft die Antwort: »Ayurveda? Das kenn ich, das ist doch diese Pflanze!« Es tut mir dann fast leid, die euphorischen Gesichter enttäuschen zu müssen, um klarzustellen, dass Ayurveda nicht gleich Aloe vera ist. Und doch lauschen die meisten Personen ganz interessiert meinen Erklärungen über die indische Gesundheitslehre. Es fasziniert sie, ihre individuelle Körperkonstitution zu erkennen und dadurch mehr über sich selbst zu erfahren.

Ayurveda ist keine neue alternative Heilmethode, sondern eine jahrtausendelang angewendete Wissenschaft, die sich in den vergangenen Jahren dank großer Therapieerfolge und dem Wunsch nach einem ganzheitlichen Behandlungskonzept in große Teile der Welt ausgeweitet hat. Ayurveda umfasst das Wissen vom langen und gesunden Leben und wurde vor etwa 5000 Jahren erstmals verschriftlicht. Mittlerweile gibt es unzählige wissenschaftliche Studien, die die Wirkung der ältesten Heilkunde der Welt belegen.

Ayurveda setzt unseren Körper mit den Elementen der Natur in Beziehung und erschafft so ein ganzheitliches Konzept, das darauf abzielt, nicht nur Krankheit zu heilen, sondern auch Gesundheit zu erhalten. Im Ayurveda geht es darum, dass wir alle ein Teil des Makrokosmos sind und aus den fünf Grundelementen bestehen: Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther (Raum). Unser eigener kleiner Mikrokosmos, also zum Beispiel unsere Organe, sind durch diese Elemente geprägt und besitzen dadurch spezielle Eigenschaften. Ayurveda fasst diese Elemente zu Funktionseinheiten zusammen, zu den Doshas Vata, Pitta und Kapha.

Jede Zelle unseres Körpers besteht aus allen drei Doshas. Das individuelle Gleichgewicht der Funktionstypen macht uns zu einzigartigen Lebewesen. Jeder von uns hat seine ganz eigene DNA-Zusammensetzung und so auch seine eigene Dosha-Zusammensetzung. Wenn die Doshas in deinem Körper im Gleichgewicht sind, hast du das größte Potenzial zu vollkommener Gesundheit. Unsere Lebensweise (zum Beispiel Essgewohnheiten) kann dieses natürliche Gleichgewicht stören, sodass Krankheiten entstehen.

Ayurveda lehrt uns, dass wir selbst die Verantwortung für unsere Gesundheit tragen. Wir haben die Macht, unser Leben so zu gestalten, dass wir in Gesundheit und Glück leben. Ein Symptom ist ein Ausdruck des Körpers, dass etwas schiefläuft. Durch Ayurveda lernst du, diese Signale zu erkennen und anzuerkennen, dass es Zeit für eine Veränderung ist. Du kannst durch bewusste Entscheidungen in den Bereichen Ernährung, Lebensgestaltung, Sport, Ruhe und Entspannung deine Gesundheit beeinflussen. Ayurveda hilft dir dabei mit individuellen Empfehlungen zu Themen wie Yoga und Achtsamkeitsübungen (Meditation, Pranayama), Heilkräutern, Reinigungs- und Verjüngungsmaßnahmen und manueller Therapie. Wichtig bleibst aber bei all diesen Empfehlungen du. Du hast alles bereits in dir und kannst durch dieses ganzheitliche Gesundheitskonzept lernen, dir selbst und deiner Intuition wieder zu vertrauen und in deine volle Kraft zu kommen.

Alle Elemente vereint: Die Konstitutionstypen

Jedes Wesen dieser Welt besteht aus den Elementen unseres Kosmos: Erde, Feuer, Wasser, Luft und Äther. Im Ayurveda werden die Elemente zu drei Funktionsprinzipien zusammengefasst. Erde und Wasser bilden das Kapha-Dosha, Feuer und Wasser das Pitta-Dosha und Luft und Äther beschreiben das Vata-Dosha. Das hört sich für dich zu esoterisch an? Ich beweise dir, dass es das nicht ist!

Das Prinzip von Ayurveda lässt sich am Beispiel des Kniegelenks erklären. Kapha wird als Strukturprinzip bezeichnet. Erde ist das Element, das es in unserer Welt überhaupt möglich macht, Dinge zu formen. Hast du als kleines Kind einmal aus Tonerde und Wasser etwas gebastelt? Dann hast du etwas erschaffen, die Erde durch Wasser in eine Struktur gebracht. Kapha sorgt im Fall unseres Kniegelenks also mit den Elementen Erde und Wasser für die Stabilität und den Aufbau unseres Gelenks. Es zeigt sich in der Struktur des Knochens oder auch im Aufbau des Bandapparates.

Pitta steht für das Stoffwechselprinzip. Feuer und Wasser verkörpern die Verwertung von Nährstoffen. Ohne die Elemente von Pitta wäre die Versorgung des Gelenks nicht möglich. Das Feuer in uns kann mit Stoffwechsel oder Umsatz gleichgesetzt werden. Das Wasser der Gelenkflüssigkeit sorgt also nicht nur für die Federung und Dämpfung (Kapha), sondern auch für die Ernährung des Gelenkknorpels (Pitta).

Vata ist durch Luft und Äther (Raum) gekennzeichnet. Ohne den Antrieb der Luft und den Raum hast du keine Chance, dich zu bewegen; ohne die beiden Elemente wärst du nur ein starres Objekt. Deswegen teilt man Vata das Bewegungsprinzip zu. Hast du schon einmal einen aufgeschnittenen Knochen gesehen? Der Knochen gilt als eines der stärksten Gewebe unseres Körpers. Dennoch ist er innen nicht komplett ausgefüllt. Er besteht aus einem Netzwerk kleinster Knochenzellen, die durch Knochenkanälchen verbunden sind. Im Knochen selbst gibt es also Luft und Raum, um Bewegung und Informationsaustausch stattfinden zu lassen. Und was wäre erst dein Gelenkspalt ohne einen Spalt? Du würdest schneller an Arthrose (Gelenkabnutzung) erkranken, als dir lieb wäre.

Wir bestehen nicht nur aus diesen Elementen, wir bestehen nur wegen dieser Elemente. Erst aufgrund ihres Zusammenspiels kann unser Körper so funktionieren, wie er es Tag für Tag tut.

Elemente und Doshas

Dein Körper besteht also aus den fünf Elementen und ist durch die Funktionsprinzipien, die Doshas, in deinem Körper zu verschiedensten Vorgängen und Abläufen fähig. Jetzt wird es erst richtig spannend. Denn genauso, wie du einen ganz individuellen Fingerabdruck hast, so hast du auch eine ganz individuelle Zusammensetzung der Doshas. Du besitzt immer alle drei Doshas, aber wie viel Vata, Pitta oder Kapha wirklich in dir steckt, ist einzigartig. Laut Ayurveda wird deine Grundkonstitution, deine Prakriti, schon bei der Zeugung festgelegt. Du bekommst Anteile von deiner Mutter und deinem Vater vererbt.

 

Vata

Pitta

Kapha

Elemente

Luft und Raum

Feuer und Wasser

Erde und Wasser

Prinzip

Bewegungsprinzip

Stoffwechselprinzip

Stabilitätsprinzip

Funktion

Katabol – abbauend

Metabol – umwandelnd

Anabol – aufbauend

Eigenschaften

Kalt, leicht, trocken, rau, beweglich, subtil, schnell

Heiß, scharf, feucht, flüssig, sauer, ausdehnend, durchdringend

Schwer, feucht, glatt, ölig, weich, langsam, stabil, grob

Was ich als Ärztin so besonders daran finde, ist, dass die gleiche Erkrankung bei zwei Menschen nicht unbedingt die gleiche Ursache haben muss. Dementsprechend kann und muss die Behandlung nicht in jedem Fall gleich sein. Wenn wir auf unsere Patienten einen ayurvedischen Blick werfen, können wir vielleicht auch jenen helfen, die auf die herkömmliche Therapie nicht ansprechen.

An dieser Stelle wieder ein kleines Beispiel, das Thema Übergewicht: Vata-Typen können genauso an Übergewicht erkranken wie Pitta- oder Kapha-Naturen, die Ursache ist aber eine andere. Patienten mit einem hohen Kapha-Anteil neigen von Natur aus zu Übergewicht. Hier liegt die Ursache oft in mangelnder Bewegung oder in falschen Essgewohnheiten. Bei einer Person mit einem sehr hohen Vata-Anteil kann das Übergewicht natürlich ebenfalls an der falschen Ernährung liegen. Oft sind aber noch andere Faktoren maßgebend, zum Beispiel Stress. Vata-Naturen haben oft Probleme, mit Stress umzugehen. Sie versuchen dann, das Vata in ihrem Körper durch das Essen süßer Speisen zu reduzieren. Ganz unbewusst. Es kann aber ebenso sein, dass Erschöpfung zu mangelnder Bewegung geführt hat – gleiche Erkrankungen, unterschiedliche Ursachen und daher eben auch unterschiedliche Therapieansätze.

Durch das ayurvedische Wissen können wir nicht nur Therapien individualisieren. Du kannst dein Leben tatsächlich zu deinem ganz eigenen Leben machen. Höre auf, nach rechts und links zu schauen, denn das nützt dir absolut gar nichts! Niemand außer dir steckt in deinem Körper! Du musst selbst in dich hineinhorchen und entscheiden, was du heute brauchst, was dir heute guttut. Neben deinen täglichen Routinen und deiner Ernährung kannst du auch deine Yogapraxis ganz einzigartig gestalten.

Um das zu lernen, ist es wichtig, dich selbst gut kennenzulernen. Bevor ich dir erkläre, welche Eigenschaften die einzelnen Dosha-Typen haben, habe ich dir einen kleinen Testbogen vorbereitet, mit dem du in der Lage bist, deine Konstitution selbst herauszufinden.

Dosha-Testbogen

Mit diesem kurzen Fragebogen erfährst du, wie die verschiedenen Doshas in deinem Körper wirken. Du vereinst in deinem Körper immer alle drei Doshas, besitzt aber ein ganz individuelles Gleichgewicht. Fülle den Bogen aus und erfahre, wo die einzelnen Doshas in deinem Körper sitzen und welche Vor- und Nachteile sich hierdurch ergeben. Um deine komplette Konstitution und eine potenzielle Disbalance zu ermitteln, ist eine tiefer gehende Analyse notwendig. Wir konzentrieren uns jetzt vorwiegend auf deine körperlichen Merkmale, um im späteren Verlauf die verschiedenen Eigenschaften für deine ganz eigene Yogapraxis zu nutzen.

Körperbau

A Du hast einen schmalen, leichten Körper.

B Du bist von Natur aus muskulös und athletisch gebaut.

C Dein Körper ist schwungvoll und stämmig gebaut.

Körpergröße

A Du bist eher klein.

B Du bist mittelgroß.

C Du bist groß.

Gelenke

A Deine Gelenke sind klein und schmal.

B Deine Gelenke sind mittelgroß.

C Deine Gelenke sind stabil und groß.

Haut

A Du hast eher dünne, trockene Haut.

B Du hast eine Mischhaut und immer die Neigung zu Rötungen und Unreinheiten gehabt.

C Du hast eine reine, weiche oder dicke Haut.

Haare

A Du hast dunkles, feines oder lockiges Haar, das oft schwer zu bändigen ist.

B Du hast leicht fettendes, glattes oder blondes Haar.

C Du hast kräftiges, volles Haar.

Gesicht

A Dein Gesicht ist schmal und länglich. Du hast eher asymmetrische Gesichtszüge.

B Dein Gesicht ist oval und du hast kantige Gesichtszüge.

C Dein Gesicht ist rundlich, symmetrisch und harmonisch.

Augen

A Du hast kleine, dunkle Augen, die nicht komplett geöffnet werden können.

B Du hast mittelgroße, leuchtende, blaue oder grüne Augen.

C Du hast große braune Augen mit langen Wimpern.

Lippen

A Du hast schmale Lippen.

B Du hast mittelgroße Lippen mit einem Lippenherz.

C Du hast große, füllige Lippen.

Zähne

A Deine Zähne sind länglich, klein und etwas schief.

B Deine Zähne sind quadratisch und gelblich.

C Deine Zähne sind groß, regelmäßig und weiß.

Hände

A Deine Hände sind klein und schmal, deine Handfläche ist eher länglich geformt.

B Deine Handfläche ist gleich lang wie breit und mittelgroß.

C Du hast große Hände. Deine Knochen sind eher nicht sichtbar.

Finger und Nägel

A Deine Finger sind knochig, schmal und länglich. Dein Nagelbett ist schmal und länglich.

B Du hast mittelgroße Finger mit einem gleich langen und breiten Nagelbett.

C Deine Finger sind breit und dein Nagelbett ist groß und breit.

Gewicht

A Du nimmst leicht ab und schwer zu.

B Du nimmst leicht ab und zu.

C Du nimmst leicht zu und schwer ab.

Verdauung

A Deine Verdauung war den Großteil deines Lebens wechselhaft und empfindlich.

B Deine Verdauung war den Großteil deines Lebens regelmäßig und intensiv.

C Deine Verdauung war den Großteil deines Lebens träge und langsam.

Immunsystem

A Dein Immunsystem war den Großteil deines Lebens relativ schwach.

B Dein Immunsystem war den Großteil deines Lebens mittelstark.

C Dein Immunsystem war den Großteil deines Lebens stark und zuverlässig.

Sport

A Du bewegst dich gerne viel, hast aber eine mäßige Ausdauer.

B Du machst gerne Wettkampfsport und wächst über dich hinaus.

C Du bewegst dich langsam, aber ausdauernd.

Auswertung

Zähle deine Antworten zusammen. Hast du am öftesten A angekreuzt, hast du viel Vata in deiner Konstitution. Hast du viel B angekreuzt, besitzt dein Körper viel Pitta. Du hast am meisten C ausgewählt? Dann steckt besonders viel Kapha in dir. Die mentalen Eigenschaften sind für eine vollständige Konstitutionsanalyse ebenso wichtig wie die körperlichen. Charakterzüge ändern sich aber oft, Erziehung und Gesellschaft beeinflussen sie. Um deine ganz individuelle Yogapraxis zu finden, ist es wichtig, deine körperlichen Stärken und Schwächen zu kennen. Zu den körperlichen Eigenschaften erfährst du in den nächsten Abschnitten mehr.

Stärken und Schwächen der Doshas

Nun weißt du also, welches Dosha bei dir dominiert oder ob du vielleicht ein Mischtyp bist. Die folgende Beschreibung der Typen gibt dir wichtige Tipps für deine tägliche Yogapraxis. Beginnen wir mit dem Vata-Dosha – wir wollen die Ungeduld der Vata-Typen ja nicht überstrapazieren.

images Vata

Wir sprechen von einer Vata-Konstitution oder einem Vata-Typen, wenn in deinem Körper Vata gegenüber den anderen Doshas stark dominiert. Um die Konstitution zu erhalten, blicken wir auf alle unveränderlichen Eigenschaften deines Körpers, wie zum Beispiel Körpergröße, Gelenke oder Nagelform. Dieser Gesundheitstyp beschreibt damit deine Prakriti, deine unveränderliche Grundkonstitution. Vata ist geprägt durch Luft und Äther (Raum). Vata ist also ein sehr luftiges Element und gilt als das leichteste Dosha. Es wird schnell ins Ungleichgewicht gebracht, quasi durch jeden Windstoß. Der Körper eines Vata-Typen ist entweder sehr klein und zierlich oder sehr groß und schlaksig mit langen Extremitäten und schmalen Gelenken. So erscheinen auch Hände, Finger und Nägel oft lang und schmal. Sie besitzen tendenziell weniger Körpermasse, wodurch sich Gefäße, Muskeln oder Knochen deutlich zeigen. Die dünne Haut lässt oft Venen oder blaue Flecke durchscheinen. Die Gelenke sind häufig von Geburt an hyperflexibel und instabil. Außerdem kann bei Männern ein hervortretender Adamsapfel ein Zeichen des Vata-Doshas sein.

Hast du vielleicht zwei unterschiedliche Augenfarben? Oder eine wundervolle schiefe Nase? Das würde man ebenfalls als Teil des Vata-Doshas identifizieren. Asymmetrische Gesichtszüge zählen genauso zum Vata-Dosha wie schmale Lippen und kleine, schmale Zähne mit Zahnlücken. Dies sind keine Stigmata; es gibt kein Richtig oder Falsch, kein Urteil. Warum du trotzdem über deinen Körper und seine Beschaffenheit Bescheid wissen solltest? Weil du dich erstens dadurch besser verstehen wirst und weil du zweitens deinen Alltag dadurch individuell und für dich gesund gestalten kannst. Du kannst durch dieses Wissen eine gesunde und ganzheitliche Yogapraxis in deinem Leben etablieren. Eine Yogapraxis, die mehr ist als nur ein kleines Workout nebenbei.

Was sind also die Stärken und Schwächen, die ein Mensch mit hohem Vata-Anteil in seiner Konstitution kennen sollte?

Die geringe Körpermasse kann in gedrehten Asanas (Yogapositionen) von Vorteil sein. Es bleibt Raum für Vorbeugen oder Twists, weil keine überflüssige Masse den Weg versperrt. Andererseits können aber zum Beispiel bei knienden Positionen durch mangelnde Weichteilunterstützung Schmerzen auftreten. Hier hilft dir eine Decke unter den Knien, um Verletzungen vorzubeugen. Durch eine oft geringe Muskelmasse können die Asanas nicht allzu lange gehalten werden. Zusätzlich können bei zu langem Verweilen in einer Position die ohnehin schon kleinen und teils instabilen Gelenke verletzt werden. Balanceübungen auf einem Bein können wegen der schmalen Gelenke eine große Herausforderung sein, aber dafür die Konzentration und Achtsamkeit des nervösen und unruhigen Vata-Typen stärken. Vata-Menschen haben sehr flexible Gelenke, was ihnen einen großen Bewegungsspielraum verschafft, aber auch zu Krankheiten wie Arthrose (Abnutzung) der Gelenke oder der Wirbelsäule beitragen kann. Hypermobilität zeigt sich im Yoga, wenn es um Rückbeugen oder Armbalancen geht. Wie schwebend können sich Vata-Typen in alle Richtungen verbiegen und meistern dadurch häufig auch schwierige, fortgeschrittene Asanas. Oft fehlt ihnen aber die Muskelkraft, um die Positionen sicher auszuführen. Bänder werden überdehnt und Ellenbogen, Knie und Rücken meist überstreckt. Darauf solltest du bei deiner Yogapraxis unbedingt achten!

Die schlechte Durchblutung der Vata-Typen äußert sich in kalten Händen und Füßen. Und auch die Gelenke werden nicht optimal versorgt. Deshalb ist ein gutes und umfangreiches Warm-up sehr wichtig für dich. Für das Shavasana, die Endentspannung, solltest du dir Decken und Kissen vorbereiten. Besonders anfällige Zentren der Vata-Typen sind das Becken und der Rücken. Sie neigen zu Schmerzen im Bereich des Ischiasnervs. Bei Stress reagieren Vata-Naturen mit Verspannungen entlang der Wirbelsäule, vor allem im Nacken- und Schulterbereich. Du solltest also bei deiner Yogapraxis einen besonderen Wert auf diese Muskelgruppen legen. Vata als Bewegungsprinzip hat oft Probleme, zur Ruhe zu kommen. Deswegen tendieren Vata-Typen dazu, fließende Vinyasa-Stunden dem erdenden Yin Yoga vorzuziehen – obwohl es manchmal sinnvoller wäre, sich ein bisschen zurückzunehmen und durch langsames Yoga Stille im Moment zu finden. Das Bewegungsprinzip manifestiert sich auch mental. Vata-Menschen sind sehr kreativ und haben deshalb das Potenzial zu einer inspirierenden und abwechslungsreichen eigenen Yogapraxis. Auf der anderen Seite kann es ihnen schwerfallen, ihre Gedanken zu ordnen und wirklich im Moment zu bleiben. Die Einkaufsliste ist dann genauso interessant wie ein Vogel, der am Fenster vorbeifliegt. Achtung, denn genau hier liegt hohes Verletzungspotenzial! Lerne, dich während deiner Praxis nur auf dich selbst zu konzentrieren und in dich hineinzuhören, ob das, was du tust, auch das ist, was du benötigst. Die große Chance für Vata-Typen besteht darin, dass sie durch die richtige Yogapraxis Krankheiten wie Schlaflosigkeit, innere Unruhe, Herzrasen oder auch Schwindel lösen können. Lerne, dich durch Bewegung ein Stück weit selbst zu heilen.

 

Stärken

Schwächen

Körperlich

Große Flexibilität

Neigung zur Hyperflexibilität

Geringe Körpermasse

Schwache, instabile Gelenke, geringe Muskelkraft

Niedriges Verletzungsrisiko der Muskulatur durch große Flexibilität

Hohes Verletzungsrisiko der Gelenke durch Überlastung oder Überstreckung

Mental und emotional

Kreativität und Freude

Unruhe

Leichter Zugang zu Meditation

Nervosität und Ängste

images Pitta