cover.jpg

img1.jpg

 

Nr. 107

 

Das blaue System

 

Seine Untertanen hassen ihn – und seine Stammväter verachten ihn! Ein neues Atlan-Abenteuer!

 

von K. H. SCHEER

 

img2.jpg

 

Mit dem Flug des Forschungskreuzers FANTASY, des ersten Raumschiffes mit Linearantrieb, hatte zu Beginn des 22. Jahrhunderts eine neue Epoche der Raumfahrt begonnen.

Gleichzeitig aber hatte dieser Flug auch zur Folge, dass die geheimnisvollen Vorväter der Arkoniden, die Akonen, die sich bislang hinter dem systemumspannenden Energieschirm sicher wähnten und sich für die galaktische Politik nicht interessierten, jetzt mit skrupellosen Mitteln gegen Terra und Arkon vorzugehen begannen.

Das von den Akonen ausgesandte »Plasma-Ungeheuer« hätte fast die Menschheit vernichtet, und die »Geisterflotte« stand bereits im Begriff, die Erde in eine Atomhölle zu verwandeln, bevor die Zerstörung des Zeitumformers die Flotte wieder in die Vergangenheit zurückwarf, aus der sie gekommen war.

Atlan ist über die Geschehnisse zutiefst beunruhigt. Er, dessen Position als Imperator von Arkon schwierig genug ist – Attentate und Intrigen machen ihm das Leben schwer – vermutet, man würde im Blauen System auf den Gedanken kommen, das Arkonidenreich und Perry Rhodans Solares Imperium gegeneinander auszuspielen.

Atlan hat Perry Rhodan daher zu sich zu einer Lagebesprechung eingeladen.

Die beiden Herrscher weilen gerade in der Zentrale des gigantischen Robotgehirns, als die Akonen erneut zuschlagen ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Seine Untertanen hassen ihn – nur die Terraner sind seine Freunde.

Perry Rhodan – Administrator des Solaren Imperiums.

Tama Yokida – Er gehört zum Mutantenkorps – zu Perry Rhodans »alter Garde«.

Oberst Jefe Claudrin – Ein »Umweltangepasster« vom Planeten Epsal.

Auris von Las-Toór – Eine schöne – und gefährliche junge Frau.

Lempart von Fere-Khar – Obmann des Regierenden Rates von Akon.

1.

 

Wenn ein Mann einsam ist, sehnt er sich noch mehr als andere Menschen nach Liebe und Zuneigung, echter Freundschaft und unterhaltsamer Zerstreuung.

Ich war einsam! Wahrscheinlich war ich sogar das verlorenste Individuum im kosmischen Ballungsraum des Kugelsternhaufens M 13-Herkules, dessen Sonnen und Planeten – dem Vernehmen nach – mir gehörten.

Ich war allein inmitten von einigen Milliarden Arkoniden und etwa fünfhunderttausend Menschen, denen ich in meiner Eigenschaft als Imperator Gonozal VIII. und absolutistischer Herrscher über ein Sternenreich die Erlaubnis erteilt hatte, die Arkonplaneten betreten zu dürfen.

Die Terraner hatten mich aber auch nicht erlösen können, obwohl ich mich seit Monaten bemühte, die formelle Steifheit der vielen Empfänge und Festlichkeiten aufzulockern.

Bisher war es mir noch nicht gelungen, das uralte Zeremoniell zu durchbrechen, um zu versuchen, den Verkehr mit den Vertretern der Menschheit unkonventioneller und herzlicher zu gestalten.

Ich war der Imperator! Also hatte ich mich wie ein solcher zu verhalten, wie mir die Zeremonienmeister des Hofes immer wieder versicherten. Die Aufrechterhaltung des nötigen Respektes sei eine Frage ›repräsentativer Zurückhaltung‹, die unter keinen Umständen der unwürdigen Form einer ›händeschüttelnden Annäherung‹ an andere Intelligenzen weichen dürfe. Auch das war mir von den Beamten des Hofes dringend nahegelegt worden.

Ich wusste nicht genau, was man unter dem Begriff ›repräsentative Zurückhaltung‹ verstand. Meiner Auffassung nach lag darin ein Widerspruch. Wenn ich das Große Imperium repräsentativ vertreten sollte, so waren Pomp und damit verbundene Ausgaben unerlässlich.

Das vertrug sich gar nicht mit dem Wörtchen ›Zurückhaltung‹, da ich darunter nun einmal das verstand, was damit gemeint war: nämlich bescheidenes Auftreten und menschlich einwandfreies Gebaren.

Offenbar aber hatten sich im Laufe vieler Jahrtausende Sitten und Gebräuche eingebürgert, die ich als alter, kompromissloser Soldat und arkonidischer Flottenchef nicht mehr verstand.

So hatte ich auch sehr bald einsehen müssen, dass ich nicht ewig gegen den Strom schwimmen konnte. Mein anfängliches Aufbegehren gegen die bestehende Gesellschaftsordnung auf den Arkonplaneten war der Resignation gewichen. Wenn ich genügend geistig aktiv gebliebene Arkoniden zur Verfügung gehabt hätte, wäre eine Änderung des Zustandes möglich gewesen. Dann hätte ich wahrscheinlich mit ›eisernem Besen‹ den dekadenten Schrott einer unwirklich gewordenen Überlieferung aus den Hallen und Sälen fegen können.

So aber war ich nur auf die wenigen Terraner angewiesen, die aber mit ihren eigenen Problemen genug zu tun hatten.

All diese Zustände, der unwahrscheinliche Prunk bei den Festen, das leere, inhaltslose Plappern von Nichtstuern und Kriechern, das grundlos überhebliche Gebaren von Räten und hohen Flottenoffizieren waren zu einem Bestandteil des Reiches geworden, das ich nicht mehr aus seinem Dornröschenschlaf erwecken konnte.

Ich dachte in Begriffen, die mehr und mehr für die ferne Erde Gültigkeit haben mochten als für das Arkoniden-Imperium.

Zu all den vielen Schwierigkeiten kam noch eine ständig drohende Gefahr hinzu. Mehr als einmal hatte man versucht, mich auf diese oder jene Weise aus dem Wege zu räumen. Mordanschläge waren beinahe an der Tagesordnung gewesen, bis ich energische Maßnahmen ergriffen und einige Todesurteile nicht aufgehoben hatte.

Man hasste mich! Ich, der alte Arkonidenadmiral Atlan aus dem Herrschergeschlecht der Gonozal, war ebenso gefürchtet wie unpopulär. Längst hatte ich vor mir selbst eingestanden, dass ich mehr Mensch als Arkonide war. Meine wirklichen und echten Freunde lebten im vierunddreißigtausend Lichtjahre entfernten Solarsystem. Perry Rhodan, Erster Administrator des von ihm aufgebauten Solaren Imperiums, war ein Mann, auf den ich im Sinne des Wortes bauen konnte.

Er hatte sich meines Vertrauens würdig erwiesen, weshalb ich keinen triftigen Grund mehr gesehen hatte, den Menschen im Zuge ihrer galaktischen Handels- und Kolonialpolitik Schwierigkeiten zu bereiten. In meinem tiefsten Innern wusste ich, dass die Blütezeit der Arkoniden trotz allen von mir unternommenen Aufbauanstrengungen endgültig vorüber war.

Dabei war es für mich schmerzlich, ganz genau zu wissen, dass Perry Rhodan über meine Lage unterrichtet war.

Nun hatte ich ihn schon wieder um Hilfe gebeten, nachdem ich es erst zwei Monate zuvor hatte tun müssen. Unbekannte Mächte hatten sowohl das Arkonidenreich als auch die Erde angegriffen. Es war mit ungewöhnlichen Mitteln geschehen, die mir aber bewiesen hatten, dass der grenzenlose Hochmut der geistig noch aktiven Arkoniden fehl am Platze war.

Eigentlich hatte es mich erfreut, dass ausgerechnet Perry Rhodan, der von vielen Arkoniden nach wie vor als Barbar angesehen wurde, hatte nachweisen können, dass wir nicht mehr waren als degenerierende Kolonistennachkommen eines großen Volkes, das die Ahnen der heutigen Arkoniden schon zwanzigtausend Jahre zuvor als galaktische Siedler in die Tiefen des Raumes ausgeschickt hatte.

Dies war eine Tatsache, die ich erst zwei Monate zuvor erfahren hatte. Meine Stellung als Imperator des Reiches war damit noch verantwortungsvoller und schwerwiegender geworden.

Es war etwas geschehen, was wir Arkoniden uns niemals hätten träumen lassen: es gab im Zentrum der Milchstraße ein Volk, das uns ebenso hochnäsig behandelte, wie wir es bisher mit anderen Intelligenzen getan hatten. Natürlich hatte es Rhodan nicht unterlassen können, mich ironisch darauf hinzuweisen.

Mir tat er damit nicht mehr weh; aber andere Arkoniden waren bei den Erklärungen des ›Barbaren‹ Rhodan merklich erblasst. Der Gedanke, von den Stammvätern nicht für voll genommen, sondern als degenerierende Kolonistennachkommen mit unwürdig gewordenen Sitten angesehen zu werden, war schmachvoll.

Das war die Situation auf dem Kristallplaneten des Arkonidenreiches, als das terranische Linear-Großkampfschiff IRONDUKE mit noch hoher Fahrt in die aufglühende Atmosphäre vorstieß und zur Landung auf dem Hafengelände des Imperators ansetzte.

 

*

 

Der Himmel schien zu flammen. Die weiße Sonne Arkons verblasste unter dem hellen Düsenlohen des Achthundert-Meter-Riesen, der mit gespreizten Landebeinen auf die Stahlplastikpiste niedersank.

Die IRONDUKE war ein terranisches Schlachtschiff der STARDUST-Klasse. Bei flüchtiger Betrachtung unterschied es sich kaum von anderen Fahrzeugen dieses Typs, und doch wusste ich, dass die mächtige Kugelhülle Maschinen und Triebwerke barg, die ihresgleichen auf Arkon nicht hatten.

Rhodan hatte mir über Hyperfunk in knapper Form mitgeteilt, er würde diesmal mit dem ersten Linearraumer in Großbauweise erscheinen, nachdem er mir schon zwei Monate zuvor einen mit Lineartriebwerken ausgerüsteten Schweren Kreuzer vorgeführt hatte.

IRONDUKE hatte er dieses wundervolle Raumschiff genannt, ›Eiserner Herzog‹! Die Bezeichnung erinnerte mich an meine lange Wanderung durch die Geschichte der Erde. Wie immer pulsierte auf meiner Brust der kleine Zellaktivator, der mich seit Jahrtausenden gesund und jung erhalten hatte. Wie lange mochte dieser Zustand noch anhalten? Wann würde meine Stunde kommen?

Von bitteren Gefühlen bewegt, beobachtete ich das exakte Landemanöver der IRONDUKE, deren sehr beachtliche Masse einwandfrei auf den Boden gebracht wurde.

Die Beamten und Offiziere meiner Begleitung gingen fluchtartig hinter den dafür vorgesehenen Panzerwänden in Deckung. Ich blieb allein auf dem weiten Gelände stehen, um die heiße Landungsdruckwelle von meinem überstarken Körperschutzschirm auffangen und abwehren zu lassen.

Ich lauschte auf das helle Summen des Miniaturreaktors, der im Gehäuse meines Rückentornisters zusammen mit einigen anderen Geräten untergebracht war.

Nach dem abgewehrten Angriff der so genannten Akonen, auch Vorarkoniden genannt, hatte ich mich endgültig dazu entschlossen, ständig einen Individualprojektor zu tragen. Meine anscheinend zahllosen Gegner waren in der Wahl ihrer Mittel nicht kleinlich. Somit gehörte ich zu den vielen, wenig beneidenswerten Männern der galaktischen Geschichte, die Tag und Nacht um Leben und Gesundheit bangen mussten.

Erst kürzlich hatte man versucht, mich durch einen umgeschalteten Kampfroboter der Palastwache erschießen zu lassen; aber dies war nur eine Variante unter vorangegangenen Anschlägen gewesen.

Ich wollte und konnte nicht verstehen, warum man mit solcher Hartnäckigkeit versuchte, mich aus dem Wege zu räumen. Ehrgeizige Arkoniden hatte es immer gegeben; aber Mordbuben waren in der Geschichte des Großen Imperiums eigentlich kaum in Erscheinung getreten.

Seitdem man wusste, dass wir mit hoher Wahrscheinlichkeit die Nachkommen eines Volkes waren, das schon lange vor der arkonidischen Machtentfaltung noch viel mächtiger gewesen war, hatten sich anscheinend Widerstandsgruppen mit verworrenen Zielen gebildet. Wahrscheinlich war ich dabei noch mehr im Wege, als es schon Jahre zuvor der Fall gewesen war. Ich dachte nicht daran, mich dem Willen Unbekannter zu beugen, um so zu versuchen, die kläglichen Überreste ehemaliger Größe zu retten.

Die Druckwelle verrauschte. Es wurde still. Die Triebwerke der IRONDUKE liefen singend aus.

Moku, meine verspielte Boxerhündin, sprang bellend auf mich zu. Dicht vor meinem Schutzschirm, dessen Gefährlichkeit sie aus trüben Erfahrungen kannte, blieb sie stehen, um gleich darauf, kläglich jaulend und mit der rechten Vorderpfote nach mir tappend, Einlass zu begehren.

Moku war ein Geschenk Rhodans. Er hatte mir das wundervolle Tier mit einem Kurierschiff geschickt und in seinem Begleitschreiben darauf hingewiesen, die Liebe und Treue eines terranischen Hundes sei echter und wertvoller als die Ergebenheitsbekundungen von hunderttausend Arkoniden.

Moku bettelte noch immer. Sie schien zu wissen, wer mit dem großen Schiff angekommen war. Ich konnte nicht in ihre feuchten, braunen Augen sehen, ohne mich versucht zu fühlen, den Abwehrschirm zu öffnen. Wie gewohnt würde sie sich so dicht an mich schmiegen, dass ich das Feld ohne Gefahr für die Hündin wieder einschalten konnte.

Ich sah mich rasch um. Weiter vorn standen fünfhundert Kampfroboter in Reih und Glied. Natürlich musste der Erste Administrator einer befreundeten Großmacht mit allen militärischen Ehren empfangen werden.

Das Wachregiment der dreiäugigen Naats war ebenfalls angetreten. Die gewaltige Stimme ihres Kommandanten schallte soeben über den Platz.

Dicht hinter mir hatten sich einige Beamte des Hofes und mehr als zehn Offiziere der Flotte versammelt. Während ich aus reinem Trotz die einfache Kombiuniform mit den unauffälligen Rangabzeichen und dem Symbol meiner Familie trug, waren die Herren in voller Gala erschienen. Die Wissenschaftler des Großen Rates in Weiß, Rot und Violett, die Offiziere in den Prunkuniformen der Raumflotte.

So, wie ich Perry Rhodan kannte, würde er diesen Aufwand an seltenen Edelmetallen, irisierenden Stoffen und schillernden Orden nur mit einem bezeichnenden Stirnrunzeln zur Kenntnis nehmen. Ich hatte ihn persönlich noch nie anders gesehen, als in der kleidsamen, jedoch sehr einfach geschnittenen Kampfkombi, wie sie nun einmal an Bord von Kriegsschiffen getragen wurde.

Moku jaulte jämmerlich, und mir brach fast das Herz. Auch ein arkonidischer Imperator konnte nicht gefühllos in die flehenden Augen eines solchen Tieres sehen; wenigstens nicht einer von meiner Art.

»Nun komm schon«, rief ich und schaltete mit einem Griff meinen Schutzschirm ab.

Moku setzte bellend zum üblichen Begrüßungssprung an, der zumeist mit einem heftigen Aufprall begann, um mit einem Beschlecken meiner Ohren zu enden.

Es tat gut – unendlich gut, diese Zeichen echter und ungekünstelter Zuneigung zu spüren. Ich breitete die Arme aus und setzte den rechten Fuß zurück, um den Sprung der Hündin abfangen zu können, als es dicht hinter mir knallte.

Eine glühheiße Energieentladung zuckte so dicht an meiner Brust vorbei, dass die Kunstfasern meiner Uniform zu qualmen begannen.

Moku wurde während des Sprunges getroffen, von der Aufschlagswucht des Thermostrahls aus der Richtung gerissen und so heftig zu Boden geschleudert, dass ich den Aufprall hören konnte.

Die Hündin regte sich nicht mehr. Sie musste sofort tot gewesen sein. Zornglühend fuhr ich herum. Meine Waffe wurde beim Berühren des Zugkontaktes aus dem offenen Halfter schussfertig in meine Hand geschleudert. Zugleich schlug ich mit der Linken auf den breiten Druckknopf der Abwehrautomatik. Der Schutzschirm baute sich sofort auf.

»Lloyd!«, schrie ich außer mir, und meine schwere Strahlwaffe ruckte mit meiner Hand nach oben.

Fellmer Lloyd, ein Mutant des terranischen Spezialkorps, hielt seinen Strahler noch in der Hand. Ausdruckslos sah er mich an. Lloyd war erst vor vier Wochen eingetroffen. Rhodan hatte ihn zu meinem persönlichen Schutz abkommandiert, nachdem der auf Arkon weilende, terranische Verbindungsoffizier seinem obersten Chef mitgeteilt hatte, wie sehr man mich mit Anschlägen belästigte. Nun hatte Lloyd auf mich geschossen, als ich eben für einen Augenblick das Körperfeld abgeschaltet hatte.

Auf mich geschossen?

Mein Logiksektor meldete sich mit schmerzhafter Stärke.

›Narr! Ein Fehlschuss bei dieser Entfernung? Bei deiner Größe?‹

Ich fuhr unter den zwingenden Impulsen meines aktivierten Extrahirns zusammen. Unwillkürlich ließ ich die Waffe sinken. Mein um den Abzug gekrampfter Finger lockerte sich.

Fellmer Lloyd, ein muskulöser, dunkelhaariger Mann, sah mich noch immer an, bis er schleppend sagte: »Sir, ich bitte um Entschuldigung. Ich bemerkte den feinen Stachel erst, als Moku zum Sprung ansetzte.«

»Stachel?«, stammelte ich fassungslos.

»Ganz recht, Sir. Die Hirnwellenimpulse der Hündin waren mir genau bekannt. Als sie aus dem Flugwagen Ihres Bedienungsroboters sprang, registrierte ich Schmerz, Not und noch etwas, was ich nicht gut verstehen konnte. Das Tier war verzweifelt. Etwas war mit Moku geschehen. Sie rannte sofort auf Sie zu, als wolle sie Ihnen ihr Leid mitteilen. Damit aber hatte jemand gerechnet, Sir! Dieser Jemand wusste auch, dass Sie es kaum über sich bringen würden, den Schutzschirm nicht zu öffnen. Ich zögerte beinahe zu lange, Sir. Bitte, Sir, Sie sollten mir glauben, dass Moku auf andere Art nicht mehr zu stoppen gewesen ist. Ich musste schießen.«

Ich stand da wie betäubt. Mein Blick ging zwischen dem Mutanten, meinen blassen Begleitern und der toten Boxerhündin hin und her.

Einige der Offiziere hatten ihre Waffen gezogen, die sie nun, unsicher werdend, in die Halfter zurücksteckten.

»Welcher Stachel?«, fragte ich stockend. »Was meinen Sie überhaupt?«

»Seine Administrative Exzellenz nähern sich, Euer Erhabenheit!«, flüsterte mir der anwesende Zeremonienmeister mit einer Spur von Verzweiflung zu. »Euer Erhabenheit, der Empfang ...!«

Ich winkte den aufgeputzten Schwätzer herrisch zur Seite. Hinter mir hielt ein Fahrzeug. Ich vernahm das Summen des Motors, aber ich drehte mich nicht um.

Gegen die warnenden Impulse meines Extrahirns schaltete ich den Individualschirm erneut ab. Ich wollte und musste meinen besten Freund auf Arkon untersuchen. Wehe dir, Fellmer Lloyd, wenn die Sache nicht in Ordnung sein sollte!

»Mister Mahaud Sikhra, der Imperator ist schutzlos. Tun Sie etwas!«, klang eine kalte, beherrschte Stimme auf.

»Einsatzkommando ausschwärmen und entsichern«, sagte eine andere Stimme im gleichen, besorgniserregenden Tonfall. »Wenn jemand zur Waffe greift, eröffnen Sie ohne Warnung das Feuer.«

»Ohne Ansehen der Person«, fügte jener, der zuerst gesprochen hatte, dem Befehl hinzu.

Ich vernahm das dumpfe Aufprallen von elastischen Stiefelsohlen. Die hohen Herren meiner Begleitung wurden womöglich noch blasser, aber ich drehte mich trotzdem nicht um. Ich billigte die Anweisung des Mannes, der den Strahlschuss mit all seinen Folgeerscheinungen bemerkt haben musste.

Ich kniete vor der Hündin nieder. Neben mir erschien Fellmer Lloyd. Vorsichtig hob er den unverletzten Kopf des Hundes an und zog die Kiefer auseinander. Noch behutsamer schob er die Zunge zur Seite, und da sah ich es selbst.

Ein fingerlanger, nadelspitzer Stachel war unter der Zunge mit einem biologischen, sofort haftenden Klebstoff befestigt worden. Es war das gleiche Bioplast, das man in der Medizin zum narbenlosen Verkleben von Operationswunden verwendet.

Wenn mich Moku in der gewohnten Art begrüßt hätte, wäre ich zweifellos von der Stachelspitze verletzt worden. Wie benommen starrte ich auf das heimtückischste Mordwerkzeug, das ich jemals kennengelernt hatte. Jemand war mit teuflischer Schlauheit vorgegangen. Man hatte mit meiner Zuneigung für Moku gerechnet und das unschuldige Tier als Träger einer wahrscheinlich fürchterlichen Waffe eingesetzt.