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Table of Contents

Titel und Impressum

1. Teil

Die Geisel

Der Fünfziger

Familie Abbas

Die Besatzer

Sport und Alkohol

Zwänge der Jugend

Jeder braucht Geld

Als Rocker locker vom Hocker

Zoff

Ungeheuerlich

NoDrugs

Man gönnt sich ja sonst nichts

Bei allem, was rechts ist

Alles Handy, oder was?

Lieber zur Natur

Die Biografie

Es bewegt sich was

Rufusianer oder Abbasiner

Ismalena Bangoluwani

Die Odyssee

Eine Bewegung wird zum Kult

Die ewige Leier

Das Ende kommt nie

LESEN SIE MEHR VON HANS JOACHIM GORNY BEI DEBEHR

 

 

 

Hans Joachim Gorny

 

 

Die Post-mortem-Karriere

des Rufus Abbas

 

 

 

 

 

ROMAN

 

 

DeBehr

 

 

 

 

 

Copyright by Hans Joachim Gorny

ISBN: 9783957533289

Herausgeber: Verlag DeBehr, Radeberg

Erstauflage: 2016

Umschlaggrafik Copyright by Fotolia by © Kovalenko I

 

1. Teil

 

Die Geisel

Am Morgen des 21. Oktober 2013 schälte sich Rufus Abbas gegen neun Uhr mühsam aus dem Bett, es war Montag und Rufus ein Morgenmuffel. Sein erster Weg, noch vor dem Toilettenbesuch, führte zu seiner Espressomaschine auf der Küchentheke. Seine Tage begannen grundsätzlich mit einem doppelten Espresso. Er lebte in einer großzügigen Zweizimmerwohnung, die sein Besitz nicht annähernd zu füllen vermochte. Der wichtigste Einrichtungsgegenstand außer seiner Espressomaschine war ein Barhocker an der Theke, auf dem er die Zeitung las und nebenbei frühstückte. Falls er mal frühstückte.

Erst nach dem Besuch der Toilette stellte er sein Radio an. Sein Lieblingssender, den er seit Studentenzeiten bevorzugte, spielte die üblichen Hits aus den Charts. Die Neunuhrnachrichten brachten als Erstes einen Bericht über eine Geiselnahme, eine Geiselnahme, die sich sogar in seiner vierzigtausend Einwohner zählenden Heimatstadt abspielte. Das machte Rufus schon stutzig, so etwas hatte sich hier noch nie ereignet. Die Mitteilung des Nachrichtensprechers, dass ein Bewaffneter in die Wohnung des hiesigen Sparkassendirektors eingedrungen sei, machte Rufus hellwach, denn der Direktor war Rainer Trenkle, ein ehemaliger Klassenkamerad. Auch Rainers Frau sei in der Gewalt des Bewaffneten, der neunjährige Sohn zum Glück in seiner Schule.

Rainer Trenkle war der einzige Klassenkamerad, mit dem Rufus noch in Kontakt stand. Wenn man von dem versoffenen Sascha Grumek absah, über den er ab und an bei diversen Straßenfesten stolperte. Diese beiden, Rainer Trenkle und Sascha Grumek, hatten immer mal wieder Rufus’ Wege gekreuzt, weil sie als die letzten drei ihrer Abiturklasse immer noch in der Heimatstadt lebten. Die anderen ihrer Klasse waren in der Welt verstreut, verschollen oder schon unter der Erde.

Es waren drei Männer, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten, drei Männer wie drei verschiedene Pole. Die 53-jährigen befanden sich auch in einem total unterschiedlichen körperlichen Zustand. Der 1,72 große Bankdirektor Rainer Trenkle war das Abbild eines Wohlstandsmenschen. Immer ordentlich in schickem Anzug mit Krawatte, aber auch ordentlich übergewichtig, lebte er mit seiner Familie am Stadtrand in einem spießigen Bungalow. Er hatte auch einen ordentlichen Abschluss mit einem Notenschnitt von 2,1.

Der 1,83 große Sascha Grumek hingegen stammte aus einem von Alkohol geprägten Milieu. So hatte Sascha schon während der Schulzeit regelmäßig Bier und Schnaps konsumiert und auch Drogen aller Art getestet. Das Abitur hatte er nur mit Ach und Krach geschafft. Danach machte es sein Drogenkonsum unmöglich, eine Lehre abzuschließen, mehrfach kam er mit dem Gesetz in Konflikt, lebte von Gelegenheitsarbeiten und allerhand windigen Geschäften. Sascha sah aus wie ein schmuddeliger, ausgemergelter 65-jähriger Obdachloser.

Der 1,78 große Rufus hatte zwar auch einen bierseligen Lebensabschnitt hinter sich, aber das Abitur mit einer 1,2 absolviert. Diversen Ausschweifungen zum Trotz, hatte er immer Sport getrieben und sich gesund ernährt, denn Rufus war die Vernunft in Person. So wirkte er eher wie ein gut trainierter 40-Jähriger, den lange, rotblonde Haare zierten, zu denen ein Dreitagebart gehörte. Er war ein dynamischer und agiler Mann und sah aus wie das blühende Leben.

Rufus hatte jahrelang sein Geld als Leiter einer städtischen Begegnungsstätte verdient. Seit Jahresanfang half er seinen Eltern beim Gärtnern und verkaufte das Gemüse auf den Märkten, was ihm eine flexible Arbeitszeit verschaffte. Im Oktober wurde die Arbeit weniger, weshalb er morgens manchmal zu Hause blieb. Espresso schlürfend überlegte er, ob er sich die Zeit nehmen und zu Rainers Haus fahren sollte. Doch was sollte er dort, der Polizei zuschauen? Er las die Zeitung zu Ende, putzte die Zähne und setzte sich an seinen Schreibtisch, um das Unerledigte zu bearbeiten. In den Zehnuhrnachrichten berichtete dann schon ein Reporter vor Ort von der Geiselnahme. Der Geiselnehmer fordere eine Million in gebrauchten Scheinen. Eine halbe Stunde später äußerte der Kriminelle, da es ihm zu lange ging, mit einem Schuss aus seiner Waffe seinen Unmut. Rufus erinnerte sich daran, wie ängstlich Grete war, wie sie sich zum Beispiel nie traute, nachts alleine nach Hause zu gehen.

Kurz vor elf wurde die Identität des Geiselnehmers bekannt. Es handle sich um einen ehemaligen Klassenkameraden des Bankdirektors, dem finanziell das Wasser bis zum Hals stand. „Sascha“, durchfuhr es Rufus. Alles liegen und stehen lassend verließ er das Haus, schwang sich auf sein Rad und strampelte zu Rainers Bungalow. Von Weitem blinkten ihm die blauen Lichter von quer auf der Fahrbahn stehenden Polizeifahrzeugen entgegen. Selbst die Tankstelle um die Ecke, über deren Emissionen sich Rainer immer aufregte, war abgesperrt. Unübersichtlich viele Beamte mit schusssicheren Westen umlagerten den Bungalow. Dass er nicht so ohne Weiteres zu Trenkles Haus spazieren konnte, war Rufus schon klar, deshalb stellte er sich gleich beim ersten Beamten als guten Freund der Geiseln, wie auch des Geiselnehmers vor. Dem herbeigerufenen Einsatzleiter schilderte er sein Verhältnis zu den Personen im Bungalow, besonders seinen Einfluss auf den Geiselnehmer, dem er schon öfters aus der Patsche geholfen hätte. Nach einer längeren Diskussion, während der das Für und Wider von allen Seiten beleuchtet wurde, durfte Rufus im Bungalow anrufen.

Sofort meldete sich der Geiselnehmer: „Habt ihr das Geld endlich?“

„Hallo Sascha, was machst denn du für Sachen“, begrüßte ihn Rufus.

„Rufus? Du hast mir gerade noch gefehlt“, bellte es aus dem Hörer.

„Wie geht es Grete?“, erkundigte sich der Erkannte mit leiser Stimme.

„Der musste ich eine aufs Maul hauen, weil sie so genervt hat“, war die beunruhigende Antwort. „Sag der Polizei, wenn das noch lange dauert, kann ich für nichts garantieren.“

„Reiß dich zusammen, Sascha“, sagte Rufus jetzt mit energischer Stimme, „das geht nicht so einfach. Die Sparkasse hat hier vor Ort nicht so viel Geld. Das muss erst herangekarrt werden.“

„Die wollen mich nur hinhalten. Du kennst mich, sag denen, dass ich schnell ungeduldig werde.“

Das wusste Rufus, er hatte schon erlebt, wie das war, wenn Sascha unter Spannung und Drogen stand: „Lass doch wenigstens Grete frei, die macht dir doch nur Ärger.“

„Nix da, um Druck machen zu können, brauche ich eine zweite Geisel zum Erschießen, damit ich für die Flucht noch eine habe“, antwortete Sascha hämisch.

Rufus wurde nun doch etwas unwohl, denn Sascha geiferte in einer Tonlage, die er nicht mit seinem Klassenkameraden in Verbindung bringen konnte. „Drehe bloß nicht durch“, versuchte ihn Rufus zu beruhigen, „bleib bloß nüchtern, sonst kommst du hier nie weg. Du musst schauen, dass du deine Sinne beisammen hältst.“

„Um mich zu beruhigen, könnten die mindestens das Fluchtauto schon einmal bereitstellen“, kreischte es jetzt giftig aus dem Telefon.

„Kannst du mir mal Rainer geben?“, startete Rufus einen neuen Versuch.

Pause. Dann nach einer Minute die leise Stimme Rainers. „Hallo?“

„Hier ist Rufus. Kann ich was für euch machen?“

„Hol Grete hier raus, sie blutet am Kopf, er schlägt uns, ich glaube, er steht unter … Ah!“ Das Gespräch war beendet.

Kalt lief es Rufus den Rücken hinunter, Sascha war von Sinnen. „Er prügelt die Geiseln“, sagte er zum Einsatzleiter, der mitgehört hatte. „Wo sind das scheiß Geld und der Fluchtwagen?“

„Der Fluchtwagen ist präpariert, der kommt gleich. Das Geld dauert noch.“

Rufus wanderte hin und her und überlegte. In seinem Zustand hat Sascha doch nie und nimmer die Nerven für eine Flucht.

Nach einem weiteren Warnschuss aus dem Haus, stellte die Polizei das Fluchtauto bereit und Rufus ging wieder zum Einsatzleiter. Er wolle sich als Geisel anbieten, er kenne schließlich seinen Sascha, er wäre der Einzige, der ihn beruhigen konnte, der verhindern konnte, dass er ausrastete. Viel zu gefährlich, befand der Hauptkommissar. Er hätte die Wahl zwei Morde zu riskieren oder ihn ins Haus zu lassen, um die Lage zu entspannen, hielt Rufus dagegen. Dann wäre die Chance größer, die Sache glimpflich zu Ende zu bringen. Auch sei der Zustand von Rainer und Grete bestimmt nicht für eine Flucht geeignet.

Unter den Beamten wurde diskutiert und gestritten. Nachdem Rufus nochmals seinen positiven Einfluss auf den Geiselnehmer beschrieben hatte, willigte die Polizei schließlich ein. Rufus verlangte das Telefon.

„Sascha, hier ist Rufus. Das Fluchtauto steht bereit. Ich komme jetzt zu dir, dann bringen wir die Sache gemeinsam zu Ende. Nur du und ich. Rainer und Grete lässt du gehen, diese Memmen sind ein zu großes Risiko. O. k.?“

Gespannte Stille. Dann endlich: „Dann komm halt.“

Rufus spazierte mit von sich gestreckten Armen langsam zum Bungalow und klingelte. Die massive Holztür wurde nur so weit geöffnet, dass sich Rufus durch den Spalt drücken konnte. Nach fünf langen Minuten öffnete sich die Tür ein zweites Mal und die Geiseln erschienen. Mit blutverschmierten Gesichtern und sich die Handgelenke reibend, humpelten die Geiseln auf die Polizei zu, wo sie gleich von Sanitätern und Psychologen in Empfang genommen wurden.

Im Haus blieb es still. Um 13:17 Uhr rief der Einsatzleiter dort an und meldete Rufus die Ankunft der Million. Ein unbewaffneter Beamter würde die Tasche mit dem Geld vor die Haustüre stellen. So geschah es. Doch es tat sich nichts. Ungläubig beobachteten Dutzende Polizisten und eine Reihe von Fernsehteams und Reportern die Tasche mit der Million. Dem Einsatzleiter schwante nichts Gutes. Wenn die im Haus zuerst noch verhandelten und stritten, war mit Komplikationen zu rechnen. Nochmals rief er drüben an, um zu melden, dass das Geld vor der Tür stand, doch unerwarteterweise nahm niemand ab.

Die gespannte Stille auf und um das Grundstück wurde plötzlich von einem Schuss zerrissen, einem Schuss, der wieder aus dem Haus kam. Alles starrte auf die Haustür und die heruntergelassenen Rollläden. Die Polizisten begannen nervös auf ihren Plätzen herumzuhibbeln, der Einsatzleiter starrte wie weggetreten auf den Bungalow und bohrte dabei in seinem linken Ohr nach Schmalz.

Plötzlich, wie aus dem Nichts, trat hinter der nächstgelegen Ecke Rufus Abbas hervor, leicht erkennbar an seinem rotblonden Schopf und beigen Pullover, zu dem er Bluejeans und braune Stiefel trug. Gemütlich und mit entspannten Gesichtszügen ging er auf den Einsatzleiter zu und sagte in aller Ruhe: „Jetzt ist er allein, jetzt müssen sie ihn holen, bevor das arme Schwein sich erschießt.“

„Was war das für ein Schuss?“, fragte der Hauptkommissar, der von Rufus Ruhe total irritiert war.

„Ich müsste dringend auf die Toilette“, antwortete er nur und verzog dabei leicht das etwas grinsende Gesicht. Der Einsatzleiter winkte eine Beamtin und einen Beamten heran, zeigte auf Rufus und sagte nur „Toilette.“ Die beiden Beamten marschierten mit Rufus zur Tankstelle, damit er dort in die an diesem Morgen schon von vielen Polizisten benutzte Dunkelzelle zum Pinkeln konnte. Die Beamtin öffnete ihm die Tür und machte sie hinter ihm wieder zu. Rufus verzichtete auf das Abschließen.

Der Hauptkommissar und Einsatzleiter versuchte nun wieder, mit Sascha Grumek zu telefonieren. Er ließ es klingen und klingeln, der Verbrecher nahm nicht ab. Unterdessen hatten sich hinter und vor dem Haus Beamte mit Helmen, schusssicheren Westen und Brechstangen sturmbereit aufgestellt. Ein abermaliger Schuss ließ sie alle zusammenzucken und in die Hocke fallen. Ihr Chef versuchte es ein letztes Mal mit dem Telefon und sprach dann durch ein Megafon, dass die Beamten nun kommen würden. Als sich keine Reaktion zeigte, winkte er seine Leute zum Bungalow.

In Sekundenschnelle war vorne die Haustür aufgebrochen und hinten ein Rollladen hochgeschoben und die Sturmtruppe im Haus. Schon nach einer Minute kam einer der Polizisten heraus und ging auf seinen Chef zu. Der Polizist schob sein Visier hoch und sagte ganz verdattert: „Das glauben sie nicht, das müssen sie selber gesehen haben.“

Der Einsatzleiter ging zur Haustür, warf einen Blick in den Flur und sah dort einen Mann mit einem seitlichen Kopfschuss liegen, dem etwas helle Gehirnmasse heraussickerte. Der Verdatterte zeigte in den nächsten Raum. Der Chef schlich vorsichtig um die Leiche herum und blickte nun ins Wohnzimmer. Dabei wurde es ihm abwechselnd heiß und kalt, kurzfristig fürchtete er um seinen Verstand. Mitten im Wohnzimmer lag auf dem Rücken in einem See aus Blut, aber wegen seiner Frisur und seiner Kleidung unverkennbar, Rufus Abbas. Mit genau den gleichen langen, rotblonden Haaren, mit dem gleichen beigen Pullover, wenn auch von einem aufgeplatzten Herz verunstaltet, den Bluejeans und braunen Camel-Boots, wie er sie gerade eben außerhalb des Hauses getragen hatte.

Ungläubig sah der Chef erst in die Gesichter seiner Kollegen, dann zur Haustür. „Wer war dann der andere?“, fragte er in die Runde. Der Chef schickte jemand zur Toilette, um den entspannten Doppelgänger zu holen. Der saß inzwischen schon eine Viertelstunde geräuschlos auf dem Thron und machte keine Anstalten herauszukommen. Auch auf Klopfen meldete er sich nicht, sodass schließlich ein Beamter die unverschlossene Toilettentür aufriss und – in eine leere Zelle starrte.

„Wo habt ihr ihn hingehen lassen?“, wollte der natürlich von seinen Kollegen wissen. „Wir sind beide nicht von der Tür gewichen“, beteuerte die ganz aus dem Gleichgewicht geworfene Beamtin. Denn die Toilette war fensterlos und hatte nicht einmal ein Lüftungsgitter, durch das man hätte aussteigen können. „Suchen, aber sofort“, war die Parole. Die Beamten mussten nun das Umfeld der Tankstelle absuchen, gleich mehrere Fahrzeuge fuhren den Stadtteil ab.

Dem Chef wurde es unheimlich, denn ihm war etwas Entscheidendes aufgefallen: Wo hatte der Doppelgänger das Haus eigentlich verlassen. Durch die Haustür kam er nicht, die hatten dutzende Augenpaare bewacht, auch ein hochgeschobener Rollladen wäre aufgefallen. Obwohl das Haus umstellt war, hatte kein Beamter gesehen, wie Rufus das Haus verlassen hatte. Wie aus der Luft geschnitten war der echte oder falsche Rufus Abbas hinter dem Haus aufgetaucht.

Der müsse sich schon vorher irgendwo versteckt haben, mutmaßte der Chef, das sei ein abgekartetes Spiel gewesen, um an den Geldkoffer zu kommen. Doch der Koffer war noch da, dafür gab es zwei Leichen, etwas musste schiefgegangen sein. Wie eine Furie rannte der Einsatzleiter von einem Anwesenden zum nächsten und fragte alle Beamten, Reporter und Zuschauer, was sie gesehen, fotografiert oder gefilmt hatten. „Heutzutage filmt doch jede Sau“, brüllte er herum, „da muss es doch ein Bild geben, wo der Kerl hergekommen ist.“

Zwei Tage war die Spurensicherung beschäftigt und brachte keine Erkenntnisse. Von dem zweiten Herrn Abbas war nichts zu finden. Keine Fußspuren, keine Fingerabdrücke, nicht das kleinste rotblonde Haar. Weder vor dem Haus, noch in dem Haus, weder in der Toilette noch auf dem Weg zu ihr. Immer wieder sahen sich die Kriminalbeamten die Fernsehbilder diverser Kameras an und sahen nichts anderes als den original Rufus Abbas, der auf einmal hinter dem Bungalow auftauchte und zum Einsatzleiter ging. Bevor der blutfreie Rufus um die Ecke spaziert war, hätte er eigentlich von der anderen Hausseite aus gesehen werden müssen. Die Leute, die dort auf der Lauer gelegen und ihn nicht gesehen hatten, hielten alle, die ihnen gegenüber gewesen waren, für Spinner.

Die Nachforschungen brachten nichts anderes zutage als die einwandfreie Identifikation zweier Leichen, der Rest blieb an den beiden armen Beamten hängen, die die Toilette bewacht hatten. Es kam überhaupt keine andere Möglichkeit in Betracht, als dass die zwei ihre Vorgesetzten belogen und kurzfristig die Tür, um sich vielleicht einen Schokoriegel zu holen, außer Acht gelassen hatten. Doch auch dafür gab es keine Zeugen, alle Befragten versicherten, die zwei permanent vor der Toilettentür gesehen zu haben, niemand hatte jemanden aus der Toilette kommen sehen. Sehr mysteriös blieb auch der Umstand, dass in der fensterlosen Toilette keine Spuren von Rufus gefunden werden konnten, obwohl mehrere Personen übereinstimmend beschrieben, wie er hineingegangen war. War es möglich, dass die beiden Beamten auch noch die Spuren beseitigten? Für die Beamtin und den Beamten wurden die Ereignisse dieses Tages zu einem Trauma, das sie den Rest ihres Lebens begleiten sollte, schon allein deshalb, weil sie nicht mehr befördert wurden.

Nach einigen Tagen schrieb eine Zeitung vom „Geist aus der Banker-Villa.“ Doch weil niemand an Geister glauben wollte, brachte der Einsatzleiter Massenhypnose ins Spiel. So etwas soll es tatsächlich geben. Oder wie sei es sonst zu erklären, dass die Erscheinung von vorne zu sehen, von hinten aber nicht zu sehen war und nicht die geringste Spur hinterlassen hatte. Auch die Beamten und Zeugen an der Tankstelle mussten Opfer einer Hypnose gewesen sein. Oder Magie. Dagegen sprach aber: Wenn große Zauberei oder Magie, wie sie auf den Bühnen der Welt vorgeführt wurde, im Spiel gewesen wäre, hätte es keine Toten gegeben und die Million wäre weg gewesen. Hypnose und Magie waren also genauso weit hergeholt wie ein Geist. Den Beteiligten und der Öffentlichkeit war eine Geistererscheinung wesentlich sympathischer als eine Massenhypnose. Rufus Abbas hatte sich geopfert, als guter Geist die Polizisten beruhigt und war dann gen Himmel gefahren, oder so. Sicher war nur, dass Sascha Grumek zuerst Rufus erschoss und danach sich selber. Die Erscheinung des zweiten Rufus Abbas wurde nie aufgeklärt.

Doch niemand hätte sich träumen lassen, was eines Tages daraus gemacht wurde.

 

Der Fünfziger

„Menschen sind recht, wenn sie gut drauf sind und wenn sie schlecht drauf sind, soll sie der Teufel holen.“

Das letzte Mal, als Rufus mit seinem Klassenkameraden Rainer Trenkle sprach, es war an Rainers 50sten Geburtstag, ging es um Rufus’ zunehmende Abneigung gegen den modernen Menschen.

„Soll das heißen, du hast an Menschen nur noch Freude, wenn sie gut gelaunt sind?“, forschte Rainer nach.

„So in etwa. Wenn sie schlecht drauf sind, werden die Bösen noch böser, die Gewalttätigen noch gewalttätiger und die Frustrierten vertiefen ihre Leck-mich-am-Arsch-Haltung“, begann Rufus sich in Rage zu reden. Die Party fand in Trenkles Wohnzimmer und ihrem Garten statt. Der Hausherr hatte sich hinter seinem Grill, der an die Ausmaße einer Ritterburgruine heranreichte, verschanzt, um seine Gäste mit Gebratenem versorgen zu können. Rufus saß wie das personifizierte schlechte Gewissen neben Rainer hinter dem Grill und nuckelte an einer Cola Flasche. Vor dem Grill wartete ein halbes Dutzend Gäste auf das erste Fleisch und lauschte Rufus’ Ergüssen.

„Eigentlich kann man nur von gut gelaunten Menschen Positives erwarten. Die nehmen Rücksicht aufeinander, sind ehrlicher, suchen nicht immer ihren eigenen Vorteil und lassen auch mal Fünfe gerade sein, sind also kulanter. Natürlich wirkt sich schlechte Laune von Person zu Person unterschiedlich aus. Die miesen Charaktere lassen sie voll an Anderen aus, während es die Vernünftigeren bei Maulaffen belassen.“

Rainer hätte seinem besten Freund, um dessen Stimmung zu heben, gerne etwas von seinem vorzüglichen Wein angeboten, doch Rufus hatte seit mindestens 20 Jahren keinen Alkohol mehr angerührt.

„Vor allem diese Leck-mich-am-A-Einstellung der von Frust geplagten Mitbürger macht mir zu schaffen“, gab Rufus mit angewidertem Gesicht von sich. „Die sagen kein anständiges Wort zueinander, Alkoholmissbrauch wird als notwendiges Übel dargestellt, wenn jemand einen Schaden macht, wird weggeschaut und wo sie gehen und stehen wird der Müll hingeschmissen. Da wird voll das schlechte Sozialverhalten ausgelebt. Ich verstehe gar nicht, wo diese Unzufriedenheit herkommt, wir leben doch in einem reichen Land. Während in anderen Ländern die Armen ausgehungert aussehen, sind sie bei uns dick. Selbst Sozialhilfeempfänger können sich die seltsamsten Dinge leisten und haben oft eine Wohnung voller Nippes. Aber mit dem Wohlstand scheint der Frust zuzunehmen. Zu anderen freundlich sein, für Asylanten Verständnis zeigen, selbst vor der eigenen Haustür den Müll entfernen, ist für viele schon zu anstrengend. Oder dass sich ein Manager für die Sorgen der Arbeiter interessiert, ein Arbeiter für die Probleme der Lehrer, oder ein Banker für Habenichtse, scheint nur mit guter Laune möglich zu sein.“

„Jetzt wird es aber persönlich“, sagte der Banker Rainer Trenkle. „Und wie sollen deiner Meinung nach die Menschen zufriedener werden?“

„Sie sollten sich nicht so sehr am Materiellen aufhängen und mit dem zufrieden sein, was sie haben. Jeder giert nach immer mehr Besitz, obwohl er zu Hause in einem Berg Gerümpel erstickt, den er nicht braucht. Anstatt nach dem zu schielen, was andere haben, sollten sich die Leute an ihren seelischen Bedürfnissen orientieren. Sollten sich bemühen, in einem ordentlichen, sauberen und freundlichen sozialen Umfeld zu wohnen. Jeder, der etwas mehr macht, als er muss, trägt zur Verbesserung der Gesellschaft und Lebensqualität bei und tut gleichzeitig etwas für sich. Es wäre auch bestimmt kein Schaden, höflicher zueinander zu sein und auf so allgegenwärtige Wörter wie Wichser, Scheiße und Fuck zu verzichten. Denn wenn man höflich zueinander ist, passiert am wenigsten. Doch mit welchen Argumenten bringe ich das den Leuten in ihren Verstand?“

Rainer rief: „Die ersten Steaks sind fertig!“ Bestimmt die Hälfte der Geburtstagsgäste, denen ihre betuchte Herkunft anzusehen war, versammelte sich jetzt vor dem Grill genannten Gemäuer. Die andere Hälfte stand in kleinen Grüppchen im Garten und Wohnzimmer verstreut und war in Gespräche vertieft. Rainer begann, das Fleisch auf die Teller zu legen.

Etwas ruhiger redete Rufus weiter. „Ich verlange ja nicht von der Menschheit, in Harmonie miteinander leben zu müssen. Ein Streit kann auch etwas Positives bewirken. Doch dieses Wegsehen, wenn es unangenehm wird, geht mir auf den Sack. Diese mangelnde Courage, das fehlende Rückgrat, diese Angst, sich die Finger zu verbrennen, kotzen mich an. Das vermisse ich nicht nur bei meinen Leuten im Jugendzentrum, ich vermisse es auch bei den Arbeitern und Angestellten. Ganz besonders sehe ich diesen Mangel bei Leuten, die echt was zu sagen haben.“

Rufus nuckelte wieder an seiner Flasche, die Umstehenden trauten sich nicht, sich in den Monolog einzumischen.

„Wenn die Menschen gut drauf sind, sind sie imstande viele brenzlige und unangenehme Situationen mit Humor zu überspielen. Wenn sie schlecht drauf sind, gehen sie aufeinander los, meistens mit bösen Worten, manchmal sogar mit Fäusten oder Waffen.“

„Hast du schon einmal in Betracht gezogen“, meldete sich eine Frauenstimme aus der Zuhörergruppe, „dass nicht allen deine Einsicht, Stärke und dein Mut in die Wiege gelegt wurde?“ Die Stimme gehörte Grete, Rainers Frau, die mit Rufus einmal drei Jahre zusammengelebt hatte.

„Jeden Tag höre ich von irgendjemand aus dieser Stadt, aus was für einer kaputten Familie er kommt. Der springende Punkt dabei ist doch“, entgegnete Rufus, „dass man sich an denen orientieren könnte, die aus intakten Familien kommen. Aber dann müsste man ja Ratschläge annehmen und seine Umgangsformen verbessern. Leider sind die Menschen dazu aber zu bequem, wie zu vielem anderen auch.“

„Und was wollen uns deine vielen unbestellten Worte sagen?“, fragte Grete mit provozierender Stimme, obwohl sie von Rainer mit aufgerissenen Augen gewarnt wurde.

„Dass mich die Menschheit zutiefst frustriert, so wie du damals.“ Damit leerte er die Cola-Flasche, drehte sich um und verschwand zwischen Gretes exotischen Gewächsen zum Pinkeln.

Für Rufus war 50 nur eine Zahl, an der man nichts aufhängen konnte, mit der man nicht viel verbinden sollte, deshalb hatte er seinen 50sten erst gar nicht gefeiert. Wie wenig sie über das Alter aussagte, sah er deutlich, wenn er sich mit dem gleichaltrigen Rainer verglich. Der war im Gegensatz zu ihm übergewichtig, grau und weitgehend kahl und hatte aufgequollene Tränensäcke unter seinen Augen. Rufus war mit seinem vollen Haar und seiner sportlich schlanken Figur eine jugendliche Erscheinung. Deshalb kam er bei der Jugend, die er zu betreuen hatte, wohl auch so gut an. Die kannten zwar Rufus’ Alter, aber im Vergleich mit ihren Vätern nötigte ihnen Rufus’ Fitness viel Respekt ab. Zudem schätzten sie seine nüchterne und sachliche Art und niemand nahm es Rufus übel, wenn er mal Klartext redete. Er verfügte auch über nicht wenig Charme und konnte gut mit seinen Mitmenschen.

Trotz seines blendenden Aussehens und seinen vielen Vorzügen haderte er doch mit dem Altern. Unzufrieden beobachtete er, wie sich einzelne graue Haare in seine rotblonde Mähne mischten. Noch weniger gefielen ihm der Doppelkinnansatz, der seinen Hals fülliger zu machen drohte und der Wulst über dem Gürtel, der immer schwerer wegzubekommen war. Wenn er nach dem Duschen ungeschickt unter der Lampe stand, sah er wie sein Oberkörper eine leicht wellige Oberfläche bekam. Das Ebenmäßige seines Körpers schien ihm abhanden zu kommen. Weil ihn das störte, gab es mit seiner Freundin nur noch Sex bei Kerzenlicht, in die Sonne legte er sich nur noch, wenn er alleine war. „Eitel, eitel“, meinte er zu sich. Er musste damit rechnen, auch 60 und 70 zu werden. Würde er dann seinen veränderten Körper noch ertragen können?

Rufus kam wieder aus den Hecken. Vor ihm stand eine kauende Grete mit einem Teller in der Hand.

„Na, alles bewässert? Mich wundert’s, dass du dieses Zuckerzeug trinkst.“

„Rainer hat leider kein light für mich besorgt“, war die Antwort.

„Dass ich dir früher auf den Wecker gegangen bin, ist nichts Neues. Aber du haderst ja richtig mit deinem Dasein. So kenne ich dich überhaupt nicht“, stellte Grete zwischen zwei Bissen fest.

Rufus überlegte, ob er sich mit Grete überhaupt unterhalten sollte. Es war zwar schon 10 Jahre her, dass sie miteinander gegangen waren, aber Gretes unangenehme Eigenschaften waren ihm noch präsent. Leute, die immer ein Haar in der Suppe fanden und es anschließend auch noch breittraten, waren einfach unerquicklich. Grete war von der Sorte Mensch, die in einem gut besuchten Fischlokal als Einzige eine Gräte hatte und es natürlich gleich großräumig kundtun musste. Irgendwann hatte er sich eingestanden, dass er mit Grete hauptsächlich wegen ihrer tollen Figur zusammen war, was nicht unbedingt die Basis für ein langlebiges Verhältnis darstellte.

„Vielleicht liegt es einfach an euren Gästen, die ich mit meiner Welt nicht in Einklang bringen kann“, sagte er dann doch etwas. „Die erinnern mich an das Klassendenken, das viele pflegen und daran, wo sich die wahren Asozialen befinden.“

„Mach jetzt bloß nicht noch schlechtere Stimmung“, raunzte Grete ihn an. „Viele unserer Bekannten sind auch irgendwo engagiert und sie spenden auch.“

„Leider kommt davon aber nichts bei den mittellosen Mitbürgern dieser Stadt an. Gespendet wird immer dorthin, wo man die Menschen nicht kennt. Das Elend, das sie vor ihrer eigenen Nase vorfinden, ist für unsere lokale Oberschicht nicht interessant genug.“

„Ha!“, machte Grete Trenkle. „Da sieht sie auch deutlich, wie arbeitsunwillig die sogenannten Mittellosen sind und wie ungeschickt sie mit dem Geld umgehen.“

Rufus bekam nun einen grimmigen Gesichtsausdruck. „Leider sind nicht alle Leute gleich leistungsfähig. Alle, die nicht so können wie ihr, weil sie vielleicht psychisch angeschlagen sind, werden von euch vorsätzlich ausgegrenzt. Zudem musste ich auch immer wieder feststellen, dass die Oberschicht dieser Stadt mit allem, was ihr fremd ist, ein Problem hat. Das gilt auch für dich.“

„Gleiches gesellt sich“, verteidigte sich Grete. „Man hat doch schon genug an der eigenen Familie und am eigenen Bekanntenkreis, wo soll man denn die Zeit hernehmen und sich auch noch um andere kümmern.“

„Genau, ihr kennt nur die Eigenen, auch wenn sie noch so unangenehm sind. Ich ticke da anderes. Ich sehe in den Menschen nicht den Armen oder den Reichen, Weißen oder Schwarzen, Muslim oder Christen, den Mann oder die Frau. Ich richte mich danach, ob sie sympathisch oder unsympathisch sind, und halte mich an die Sympathischen. Sympathisch können die ungewöhnlichsten Menschen sein, egal wo sie herkommen, wie sie aussehen oder was sie machen. Man muss die Sympathischen unterstützen, damit die Unsympathischen erkennen, dass es sich lohnt höfflich und freundlich zu sein. Damit kommt man am besten durch die Zeit und mit dieser Einstellung fühle ich mich auf der Straße um einiges wohler als hier.“

Grete wusste, dass sich Rufus mit den erstaunlichsten Menschen gut verstand. Das konnte ihr Mann sein, der auch nicht einfach war, oder ein Stadtstreicher, Künstler, Lehrer oder die Arbeiter vom Bauhof. Seltsamerweise verstand er sich auch ausgezeichnet mit dem Oberbürgermeister, den sie persönlich für einen schmierigen Politiker hielt, der anderen nach dem Maul redete. Einmal darauf angesprochen meinte Rufus: „Das musst du als Politiker, wenn du wiedergewählt werden willst. Der das am besten kann, beweist damit eine hohe soziale Kompetenz und eine überdurchschnittliche Intelligenz.“

„Mich erstaunt, dass du überhaupt gekommen bist“, meinte Grete, „wo du doch jeden Krawattenträger für einen Uniformierten hältst, der den Leuten ans Geld will.“

Rufus grinste und hob seine Brauen. „Wenn die Uniformierten angesäuselt sind, haben sie einen gewissen Unterhaltungswert. Denn auch sie werden lustig, wenn sie blau sind, und manch einer weiß gute Witze zu erzählen und für einen guten Witz bin ich immer zu haben.“

Rainer kam mit einem Teller voll Fleisch. „Ihr zofft euch hoffentlich nicht an meinem Geburtstag? Hier habe ich noch Fleisch übrig. Wer will?“

Rufus nahm sich ein Lammsteak vom Teller und biss hinein. Auf der Terrasse hörte man den Oberbürgermeister lachen, der sich endlich aus der Stadtratssitzung befreit hatte. Rufus winkte mit dem Steak in der Hand Grete und Rainer zu und meinte: „Ich gehe jetzt Witze hören.“ Den Rest des Abends war er ein höflicher Zuhörer, der gerne lachte. Nachdem die Frau des Oberbürgermeisters zum zweiten Mal auf dessen Handy angerufen hatte, um zu fragen wann er endlich nach Hause käme, wurde es Rufus zu blöd und er verschwand, ohne sich von irgendjemand zu verabschieden.

Rufus Abbas kam zeit seines Lebens ohne Handy aus. Wenn ich keins habe, kann mich schon niemand anrufen und mir meine Zeit stehlen, war sein Credo. Er hatte auch nie einen I-Pod oder ein Smartphone oder sonst was in dieser Richtung, war nicht bei Facebook oder sonstwo angemeldet und machte auch keine PC-Spiele. Handy und Co. dienten seiner Meinung nach hauptsächlich dem Spieltrieb der Menschen, weniger der Nützlichkeit. Für die Kids fand er die Geräte gar nicht so schlecht, besser ständig ein Tüttelüd in der Hand, als einen Joint und wenn sie mit allerlei Gerätschaften beschäftigt waren, machten sie auch weniger Blödsinn.

Rufus hatte aber von Anfang an die Nützlichkeit eines Notebooks erkannt, was er eifrig und vielfältig gebrauchte. Mit der Schnelligkeit einer Chefsekretärin rotzte er seine Berichte in das Gerät, schrieb Briefe an Redaktionen, Behörden, Vereine und Bekannte, und hielt auch Erinnerungen, Gedanken und Erlebnisse fest. Von Jugend an hatte er als engagierter Mensch zahlreiche Protestbriefe geschrieben, die inzwischen einen dicken Ordner füllten. Ursprünglich waren die Bundes- und Landesregierung und diverse Ministerien das Ziel seiner Briefe, die meistens nach Monaten auch antworteten und zum Teil einen Berg Werbematerial mitschickten, den jeder bekam, der sich die Mühe machte, sich einzubringen. In späteren Jahren unterstützte er Greenpeace, Amnesty International und Naturschutzvereine mit seinen Briefen, die ihm noch lockerer von der Hand gingen, als er sich den ersten Laptop zugelegt hatte.

Viele Jahre nach seinem Tod sollte sein Geschriebenes einem Unbefugten in die Hände fallen.

 

Familie Abbas

Rufus Abbas war ein Kind der Stadt Lahr, die mit Blick nach Frankreich am Rande des Schwarzwaldes liegt. Er wurde dort geboren, ging dort in den Kindergarten, zur Grundschule, auf das Gymnasium, war dort im Fußballverein und arbeitete auch die meiste Zeit in seiner Heimatstadt.

Seit Rufus, 1960 geboren, auf der Welt war, hat diese Stadt Erstaunliches mitgemacht und schon mehrfach ihr Gesicht verändert, denn ein Viertel der Bevölkerung stellte, öfters wechselnde Nationalitäten. Die Stadt wurde hauptsächlich von Fremden geprägt.

Schon Ende des 19. Jahrhunderts, zur Kaiserzeit, wurde eine Kaserne gebaut und Lahr zur Garnisonsstadt. Ab dort begann das verschlafene südbadische Städtchen, sich auszudehnen und verleibte sich nach und nach die anliegenden Dörfer ein. 20 Jahre lang prägten das preußisch gefärbte Militär und seine Angehörigen das Stadtbild, dann war der Erste Weltkrieg verloren und das Militär verschwunden.

Gebaut für die Soldaten des Kaisers, wurden die Kasernen dann nochmals neun Jahre lang von den Nazis genutzt und auch erweitert. Wie eifrig die Lahrer Nazis waren, bekamen vor allen die südbadischen Juden zu spüren.

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die badischen Lande von den Franzosen besetzt, die in diese Kasernen einzogen und für die noch mehr Wohnungen gebaut werden mussten. Zudem bekam Lahr einen Nato-Flugplatz mit der längsten Landebahn Deutschlands, für die das Dorf Langenwinkel verlegt wurde.

Mit dem Austritt Frankreichs aus der Nato, 1966, mussten die Franzosen den Flugplatz, die Kasernen und die Wohnungen aufgeben, die Stadt wurde leer. Im Gegenzug hatte alles ausländische Militär Frankreich zu verlassen. So fanden die kanadischen Streitkräfte, die vorher in Frankreich stationiert waren, nach Südbaden und das überdeutlich. Die Kanadier richteten in der Stadt ihr europäisches Hauptquartier ein und stellten schließlich ein Viertel der Einwohner. Sie stellten auch höhere Ansprüche als die französischen Nachbarn. Als eine wohlhabende Nation benötigten sie für ihren Lebensstandard unsinnig viel Platz. Für einen Eingeborenen war es im Umkreis von 20 Kilometern nicht mehr möglich, eine Wohnung zu finden, weil die kanadischen Soldaten so gut besoldet waren, dass sie sich fast jede Wohnung leisten konnten. In der Kaserne wollten sie nicht wohnen.

Der Mauerfall 1989 beendete den Kalten Krieg, danach sparten nicht nur die Deutschen am Militär, sondern auch die Kanadier. Die Stadt blutete mal wieder aus. Die Kanadier hinterließen leere Kasernen, Werkstätten, ein ganzes Wohnviertel, leere Geschäfte, Kinos, Lokale, jede Menge Flugplatzgebäude und Flugzeugbunker und die längste Rollbahn Deutschlands, auf der alles, was die Kanadier gebraucht hatten, mit riesigen Transportmaschinen eingeflogen worden war. Außerdem nahmen sie Hunderte von deutschen Frauen mit, die ihren Männern in deren Heimat folgten.

Aber es gab auf einmal freien Wohnraum, erschwinglichen Wohnraum. Während vor dem Wegzug der Kanadier Wohnungssuchende die Kleinanzeigen dominierten, machten das nun die freien Wohnungen. Aber auch das sollte nicht von Dauer sein.

Ein unbekannter Menschenschlag bemächtigte sich schleichend der leer stehenden Wohnblöcke. Meist blonde Menschen mit blassen und oft breiten Gesichtern, deren Frauen sich gerne auftakelten und deren Männer ganz verrückt nach schnellen Autos waren. Es waren Leute aus dem Osten, die dort als Deutsche beschimpft wurden, weil sie von Deutschen Einwanderern abstammten und in Deutschland als Russen zu integrieren waren.

Da der Stadt überproportional viel Wohnraum zur Verfügung stand, wurden ihr deshalb überproportional viele Aussiedler zugewiesen. Wie zuvor bei den Franzosen und Kanadiern, mussten sich die Eingeborenen wieder mit einer neuen Mentalität anfreunden.

Rufus war der Erstgeborene einer Ureinwohnerin, die sich in Südbaden als Alemannen bezeichnen und eines Palästinensers, den es auf Irrwegen nach Lahr verschlagen hatte. Zwei Jahre später folgte noch ein Bruder.

Der Vater, ältester Spross einer reichen Familie, war von seinen Eltern zum Zwecke einer Druckerlehre nach Deutschland geschickt worden. Den Namen Abbas konnte man mit etwas gutem Willen von den Abbasiden ableiten. Die Abbasiden hatten die eher weltlichen Umayyaden abgelöst und fünfhundert Jahre lang die muslimischen Kalifate geprägt. Erst die Mongolen machten ihrer Dominanz ein Ende. Die letzten Abbasiden waren nach Palästina geflüchtet. Josephs Familie Abbas hätte sich nun auf eine berühmte Abstammung berufen können, doch die Sache hatte einen markanten Schönheitsfehler: Joseph und seine Verwandten waren Christen.

Joseph beendete in Hannover brav seine Lehre und wollte aber danach in Deutschland bleiben und heiraten, denn er konnte sich nicht vorstellen, mit seiner Freundin, die aus einer gutbürgerlichen Familie stammte, in Palästina zu leben.

Das schrieb er an seine Familie und bekam postwendend von einem Bruder und einem Cousin Besuch, die ihm sozusagen die Pistole auf die Brust setzten. Er hätte zu seiner Familie, die schließlich seine Ausbildung finanziert hatte, in den Nahen Osten zurückzukehren. Entweder mit oder ohne Frau. Da sich der Drucker Joseph monatelang sträubte, erhöhte seine Familie mit hässlichen Anrufen und Briefen den Druck, was vor allem seiner Freundin schwer zu schaffen machte. Er lebte mit Monika, damals eine Ungeheuerlichkeit, in wilder Ehe, weshalb sie psychisch schon deutlich angeschlagen war. So litt sie nicht nur unter dem Druck aus der Heimat ihres Freundes, sondern auch unter den dummen Bemerkungen ihrer Familie, Vereinskameraden und Arbeitskollegen.

Letztendlich verweigerte Monika die Hochzeit, weil sie sich davor fürchtete, in eine so fremde Kultur einzuheiraten. Es kam zum Bruch. Während sie es schaffte, von ihrer Familie wieder aufgenommen zu werden, stand Joseph alleine da, wofür er seine eigene Familie verantwortlich machte. Aus Rache und um seine Spuren zu verwischen, wechselte er mehrmals den Betrieb und die Stadt ohne eine Anschrift zu hinterlassen. Nach einigen Jahren landete er im halbfranzösischen Lahr, wo er Sabine Schorer kennenlernte.

Die Familie Schorer lebte im Osten der Stadt in einem alten Bauernhof, der nahe eines Dorfes am Waldrand lag. Rufus Mutter war die Letztgeborene von sieben Kindern. Ihre Geschwister, vier Buben und zwei Mädchen, mussten von klein auf nach der Schule in der Landwirtschaft helfen. Da der Hof für eine große Familie zu wenig abwarf und damit er seine vielen Mäuler einigermaßen satt bekam, arbeitete der Vater hauptberuflich als Zimmermann. Auch Sabines Mutter ließ keine Gelegenheit aus, um etwas Geld zu verdienen. Mit zunehmendem Alter blieben immer mehr Arbeiten an den Kindern hängen, die schulischen Leistungen waren dementsprechend.

Bei den vielfältigen Tätigkeiten auf dem Hof, wie Hacken der Feldfrüchte, täglich Futter für die fünf Kühe mähen, Hühner und drei Schweine versorgen, Heuen, Ernten und im Winter den Mist mit zwei Kühen und dem Wagen auf die Felder fahren, oder sogar Melken vor der Schule, wurde das Nesthäkchen Sabine oft vergessen oder übersehen. Nur wenn es darum ging, für den Winter vorzusorgen, also Äpfel und Nüsse einzulagern, Marmelade zu machen und Weißkraut in großen Kübeln anzusetzen, war sie mit Feuereifer dabei. Als einziges Familienmitglied führte sie ein unbeschwertes Leben, das sich auch noch besserte, als sie sensationell, als Einzige in der ganzen Verwandtschaft, auf die Realschule wechselte.

Da Sabine dazu mit dem Bus täglich in die Stadt musste, genoss sie größere Freiheiten als ihre Geschwister, die an ihr Dorf gebunden blieben und auch dort eine Lehre machten. In der Stadt sah sie die unterschiedlichsten Leute, lernte auch einige kennen und erweiterte dadurch ihr dörfliches Weltbild beträchtlich. In der zehnten Klasse, ihrem letzten Schuljahr, durfte sie oft bei ihrer Freundin Luise übernachten. Weil die Eltern von Luise wohlhabende Kaufleute waren, so empfanden es auf jeden Fall die Schorers, entrückte Sabine immer mehr den familiären Vorstellungen.

Nach bestandener Mittlerer Reife begann sie bei einer der örtlichen Zeitungen eine Ausbildung zur Sekretärin. Nicht so gedrungen wie ihre Familienmitglieder, mit blonden Zöpfen und einem gelösten Lachen, hatte sie nicht wenig Verehrer, die sie nur mit viel diplomatischem Geschick in Schach halten konnte. Als viele Männer schon dachten, sie wolle überhaupt nie heiraten, tauchte Joseph Abbas im Betrieb auf. Der südländische Typ mit dem traurigen Gesicht hatte es ihr sofort angetan. Auch Joseph konnte seine Stilaugen nur schlecht an ihr vorbeilenken und sie begannen, miteinander ins Kino zu gehen, was Sabine noch keinem ihrer Verehrer zugestanden hatte. Ihre ältere Schwester hatte sie davor gewarnt, weil die Kerle im Dunkeln immer an den Beinen oder noch höher herumfummelten. Joseph Abbas machte das nicht, was Sabine etwas schade fand.

Wer nun gehofft hatte, Sabine würde zu Hause Ärger bekommen, weil sie sich mit einem Südländer einließ, musste sich von ihren Eltern eines Besseren belehren lassen. Bis auf den Sohn, der den Hof übernehmen wollte, waren alle Kinder schon unter der Haube und die alten Schorers froh, nun auch ihre Jüngste versorgt zu wissen. Dass ihre Tochter einen Hauch Exotik in die Verwandtschaft brachte, empfanden sie als abwechslungsreich, Dörfler hatte man schließlich schon genug.

Joseph hatte diesmal alles getan, damit es mit seiner neuen Frau auch klappt. Er konnte es kaum fassen, eine so gut aussehende und fröhliche Frau erobert zu haben. Er war Wachs in Sabines Händen und das mit Absicht. Im Oktober wurde etwas geschwind geheiratet und im Mai kam, als Frühgeburt (!), der erwünschte Sohn auf die Welt. Da war Sabine 22 und Joseph 26. Zwei Jahre später folgte Sohn Thomas, was das Glück der jungen Familie vollkommen machte.

Schon im Kindergarten fühlte Rufus die Kluft zwischen sich und anderen Buben, denn er spielte auch mit Mädchen und musste sich deshalb als Mädleschmecker beschimpfen lassen. Schon früh irritierten ihn diverse Verhaltensmuster seiner Geschlechtsgenossen. Weshalb sollte er denn nicht mit Mädchen spielen? Er hatte an ihnen nichts Schlimmes oder Schlechtes festgestellt. Und weshalb mussten manche Jungs immer stören und Unfug treiben, oder sich vor anderen hervortun? Es gab welche, die sich mit offensichtlichen Lügengeschichten aufspielten und sich sogar vor anderen bedrohlich aufbauten. Nervig waren vor allen diejenigen, die immer jemand brauchten, den sie ärgern konnten. Wirklich schlimm fand Rufus die Jungs, die andere schubsten, ein Bein stellten und dazu hämisch lachten oder sogar eine Rauferei anzettelten. Wenn er die Drangsalierer fragte, welchen Sinn ihr Benehmen habe, bekam er keine Antwort oder eine unsinnige wie „Winnetou ist gestorben.“ Es war die Zeit, als die Jugend in die Kinos strömte und den Tod des tapferen Apatschenhäuptlings miterlebte, was alle als ungerecht empfanden. Es aber als Ausrede für eine ausgeführte Gemeinheit zu benutzen, fand Rufus doch etwas weit hergeholt.

Er sollte noch Jahre brauchen, bis er dahinter kam, dass es sich um unverstandene, geprügelte und vernachlässigte Kinder gehandelt hatte. Wobei manchen Jungs mehreres wiederfahren war und es noch genug andere Gründe gab, weshalb sich ein Kind wichtigmachte oder auf Kosten anderer abreagierte.

Die ersten Jahre hauste die junge Familie in einer Zweizimmerwohnung. Eine winzige Küche, in der mit Mühe ein kleines Tischchen mit drei Stühlen zwischen Gasherd, Spüle und Küchenschrank Platz fand, war der Mittelpunkt der kalten Wohnung. Das Wohnzimmer war nicht der Rede wert. Zwei alte Sessel, ein Sofa und ein Buffet aus dem letzten Krieg, ein Überbleibsel des Vormieters, führten ein unbedeutendes Dasein im imaginären Schatten eines riesigen Ölgemäldes, das eine wuchtige Gebirgslandschaft darstellte. Auch das Schlafzimmer hatte nichts Aufregendes. Kleiderschrank, Doppelbett, zwei Nachtkasten, am Fußende eine Kinderbettchen in dem Rufus schlief, der kleine Thomas schlief zwischen den Eltern. Keine Frisierkommode, dafür fehlte der Platz.

Aber die Wohnung hatte ein Bad mit Wanne und einen mit Holz beheizbaren Warmwasserofen. Jeder Samstag, zumindest in der kühlen Jahreszeit, wurde zum Festtag, wenn der Vater, sobald er Zeit hatte, für ein warmes Bad und heißes Wasser sorgte. Zuerst durfte die Mutter, von der ihre Männer ausgingen, dass sie der sauberste Mensch in diesem Haushalt war, das frische Wasser benutzen. Danach schrubbte sich der Drucker Joseph Abbas den Dreck der Woche vom Laib, während die zwei Jungs vor der Tür schon quengelnd Druck machten. In seine Dreckbrühe gab der Vater noch heißes Wasser dazu, wonach die Buben so lange baden durften, bis sie im Wasser blau wurden. Mama und Papa vergnügten sich derweil mit ihren sauberen Körpern im Schlafzimmer.

Ob Oma und Opa auch ein Badezimmer hätten, wollte einmal der kleine Rufus von seiner Mutter wissen, denn er kannte von ihren seltenen Besuchen nur das Plumpsklo beim Stall. Auf dem Schorerhof wurde auch immer samstags gebadet, erzählte sie ihrem Sohn. Dazu wurde in die Küche ein Blechzuber gestellt, halb mit kaltem Wasser gefüllt und so lange heißes Wasser vom Herd dazu geschüttet, bis es den Kindern warm genug war. Da ständig Wasser erhitzt wurde, war es in der Küche mollig warm. Ob sie mit den Großeltern gebadet hätten, wollte er noch wissen. Wie sich die waschen, wusste sie gar nicht, musste Sabine zugeben. Aber die Buben und Mädchen badeten immer getrennt, die Mädchen nur unter Aufsicht der Mutter.

Wie sich ihr Vater in seinem Elternhaus gewaschen hatte, erfuhren Rufus und Thomas nie. Er erzählte ihnen nichts von seinen Vorfahren, nichts von seiner Familie, nichts aus Palästina. Dass er mit dem Land eine engere Verbindung gehabt hatte, merkte man nur während des Sechstagekriegs, als Israel seine Heimat besetzte, denn da saß Joseph sehr oft vor dem Radio, um den Kriegsberichten zu lauschen. Was er aus seiner Vergangenheit erzählte, handelte nur von seinen Erlebnissen in Deutschland, von Hannover bis Lahr.

Wenn es im Winter im ungeheizten Schlafzimmer nicht warm werden wollte, erzählte die Mutter, vor allem dem aufmerksamen Rufus, von ihrer Kindheit auf dem Bauernhof. Geschichten, die sie zeit ihres Lebens immer wieder erzählte. In der Schlafkammer der Schorerkinder, sie benutzte nie die Worte Schlaf- oder Kinderzimmer, konnte es im Winter bitterkalt werden. So kalt, dass sie manchmal zu dritt in einem Bett lagen. Es gab dann jeden Abend Streit, wie die gestrickten Bettschuhe und Handschuhe, die nie für alle reichten, verteilt wurden, wer eine der vier warmen Mützen bekam und für zwei der vier Betten gab es eine Wärmeflasche, die anderen mussten sich mit vorgewärmten Kirschkernsäckchen begnügen. Ungelogen konnte nachts in ihrem Schlafraum in einem vergessenen Becher das Wasser gefrieren. Im Winter ging nachts niemand hinaus auf das Klo, für die Bedürfnisse standen mehrere Nachttöpfe unter den Betten.

Und im Sommer?

In der gleichen Kammer konnte es bei sieben Kindern auf engstem Raum im Sommer unerträglich heiß werden. So heiß, dass sich manche Geschwister mit feuchten Bettlaken zudeckten, um am nächsten Morgen einigermaßen ausgeruht in die Schule zu kommen, mit der sie eh auf Kriegsfuß standen. Weil wegen der Hitze beide Fenster geöffnet waren, wurden die kaum zugedeckten Kinder jede Nacht Opfer unzähliger Stechmücken. In den Zwischenräumen der Decke rannten manchmal die ganze Nacht Siebenschläfer hin und her, was auch sehr nervend sein konnte. Man durfte sich auch glücklich schätzen, keine Mäuse in der Kammer zu haben und von den Streichen der älteren Brüder verschont zu bleiben, die einem schon mal eine Kröte ins Bett legten. Mussten sie alle früh ins Bett, weil eines der Kinder was ausgefressen hatte, aber alle die Klappe hielten, erzählten die zwei ältesten gerne Gruselgeschichten. Überhaupt sei es damals ein weitverbreiteter Sport gewesen, den Kleinen, wo es nur ging, Angst einzujagen.