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Table of Contents

Titel

Impressum

I.

II.

III.

IV.

V.

VI.

VII.

VIII.

IX.

X.

XI.

XII.

XIII.

XIV.

XV.

XVI.

XVII.

XVIII.

XIX.

XX.

ÜBER DIE AUTORIN DORIS E. M. BULENDA

 

 

Doris E. M. Bulenda

 

 

 

 

Dämonen-Lady

 

Lust im Reich der Schatten

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fantasy-Roman

 

 

 

 

DeBehr

 

Copyright by Doris E. M. Bulenda

Herausgeber: Verlag DeBehr, Radeberg

Erstauflage: 2016

ISBN: 9783957532947

Grafiken Copyright by Fotolia by Luca Oleastri

 

I.

Warum sagen die Leute, es sei schwer, einen Dämon zu rufen? Wenn man es richtig macht, ist es eigentlich ganz einfach – leider … Leider ist es auch für Leute wie mich zu schaffen. Für eine neugierige, ein wenig angeheiterte Menschenfrau, attraktive Blondine mit ein wenig zu vielen Kilos auf der Hüfte. Gelangweilt von ihrem Leben, ziemlich allein und ohne Freunde, Liebhaber oder sonstigen Anhang. Mit ein paar alten Büchern, weißer und roter Farbe und ein paar farbigen Kerzen war es eigentlich gar nicht so problematisch.

Ich war wie gesagt einfach nur neugierig, gelangweilt, fühlte mich einsam und bekam durch Zufall diese Bücher in die Hand. Als fanatischer Leser verschlinge ich einfach alles, was mir in die Finger kommt – und an einem langen, grauen, kalten Winternachmittag, der unmerklich in eine eiskalte, dunkle und unheimliche Winternacht überging, war ich mehr als bereit, Unfug zu machen.

Es sollte natürlich nur ein blöder Scherz sein, einer von denen, bei denen nicht wirklich etwas passiert und bei denen man nachher über die eigene Einfalt lacht. Wer kann denn schon ahnen, dass an diesen Sachen was dran ist – und dass man über manche Sachen nicht lachen kann, auch sehr viel später nicht. Eigentlich bis heute nicht …

So bastelte ich die Grundlagen auf dem Teppichboden meines Schlafzimmers zurecht – nein, das stört überhaupt nicht, der Grund, auf dem man die Beschwörungen zeichnet, ist vollkommen egal, wie ich feststellen konnte. Auch die Farben – Nagellack für Rot und Mehl für Weiß – bzw. deren Zusammensetzung war völlig egal. Die alten Bücher schreiben von komplizierten, schwer zu beschaffenden Materialien, aber das ist nicht notwendig. War es bei mir jedenfalls nicht. Genauso wenig muss das Pentagramm genau gezeichnet sein, es reicht schon, dass es so ungefähr aussieht. Nur der Kreis, der muss perfekt sein, was aber nicht schwierig hinzubekommen ist. Ja, das wissen die wenigsten. Ich habe keine Ahnung, wer außer mir so was noch weiß. Ich glaube nicht, dass in diesen Tagen noch jemand auf die blöde Idee kommt, einen Dämon zu rufen – außer vielleicht bei hausgebastelten schwarzen Messen, die aber von Dämonen schon aus Prinzip gemieden werden.

Gelacht habe ich bei der Zeremonie sogar recht viel, ich war natürlich von einer ordentlichen Menge Wein ganz schön angeheitert, natürlich habe ich nicht wirklich an irgendwas geglaubt. Wer glaubt denn schon an Dämonen und so was, heutzutage? Ich zündete meine Teelichter – lila mit Lavendelduft – an und versuchte so halbwegs, die eigenartigen Worte rauszubringen. Auch so ein Punkt, laut den alten Büchern muss man die Worte ganz genau richtig aussprechen und betonen. Nun, das kann ich nicht bestätigen. Es reicht heutzutage, wenn man versucht, es einigermaßen hinzukriegen. Ich schätze mal, dass es aufgrund der wenigen Anfragen, die das Dämonenreich in unseren aufgeklärten Zeiten erhält, schon reicht, so zu tun als ob, damit sich drüben jemand angesprochen fühlt.

Und als ich noch kichernd und über mich selbst lachend am Boden hockte und die Lichter beobachtete, geschah etwas. Ich spürte ganz langsam das Herankommen einer anderen „Person“. Obwohl Person nicht das richtige Wort ist. Es war mehr das Einsickern und Hereintauchen einer neuen Wesenheit. Gerade hatte ich noch gelacht, als mir die Heiterkeit im Hals stecken blieb. Nur war es auch nicht wirklich unheimlich, nichts von dem Gefühl, wie es beschrieben worden ist, in den alten Büchern von vor Jahrhunderten. Keine Gänsehaut, kein Schauder, keine Angst. Einfach nur das Dazukommen von irgendetwas – irgendjemandem – irgendeinem fremden Wesen.

Nein, auch erschrocken bin ich nicht. Es fühlte sich vielmehr logisch an, als hätte ich jetzt die Konsequenz meines Handelns begriffen und wusste, dass auf mein Tun eine ganz normale, sinnvolle Reaktion erfolgt war. So spürte ich, wie erst im Raum sich etwas aufbaute, nicht materialisierte, sichtbar war nichts. Aber spürbar dafür umso mehr.

Erst schien das Wesen in das Zimmer einzusickern, es dann auszufüllen und schließlich, ohne dass ich etwas dagegen unternehmen konnte oder auch nur hätte wollen können, begann es, in meinen Geist einzudringen. Auch das ließ mich weder zusammenzucken noch Angst empfinden – es fühlte sich einfach wie ein ganz normaler, logischer Vorgang an, der auf meine Handlungen folgen musste.

Erstarrt auf dem Boden sitzend spürte ich, wie sich in meinem Kopf etwas tat, wie jemand sich neugierig – ja, es war Neugier, nichts anderes – in meine Gedanken einmischte, in meinen Verstand drängte und sich schließlich darin bequem niederließ. Dann hörte ich eine Stimme, die sich belustigt an mich wandte: „So, so, es gibt also in euren aufgeklärten, technischen und ach so wissenden Zeiten auf eurer Erde noch jemanden, der sich mit einem Dämon abgeben will! Freut mich sehr – ich bin Aziz. Das ist nicht mein voller Dämonenname, aber den brauchst du auch nicht zu wissen. Du hast mich gerufen, jetzt werden wir mal sehen, was wir zusammen so erleben können.“

Langsam kam ich wieder zu Verstand, oder genauer, eigentlich befürchtete ich, dass ich selbigen gerade verloren hatte. Aber Angst oder Ähnliches empfand ich immer noch nicht. Ich stotterte – und ich habe es laut ausgesprochen – „WER bist du? WEN oder WAS habe ich da gerade beschworen?“ Die Antwort kam prompt: „Du brauchst nicht zu schreien, ich höre dich, auch wenn du nur deutlich denkst. Aziz, das ist mein Name, nicht mein ganzer Dämonenname, aber für dich reicht er.“ Dazu war so was wie höhnisches Gelächter zu spüren.

Das gab mir dann doch erst mal den Rest – ein Dämon in meinem Kopf, noch dazu einer, der einen eigenartigen Humor zu haben schien. Ich klappte einfach zusammen, wozu der reichliche Wein seinen Teil beitrug. Es wurde alles schwarz um mich …

Die Ohnmacht ging in einen tiefen Schlaf über. Ich muss wohl die ganze Nacht und den ganzen nächsten Tag geschlafen haben. Als ich erwachte, war gerade Abenddämmerung und ich sah erschrocken auf die Uhr – ein ganzer Tag verpennt. Zum Glück war’s ein Wochenende, also keine Probleme mit Job oder Ähnlichem. Dann kam allmählich die Erinnerung an den gestrigen Abend zurück, aber ich dachte dabei nur, was für ein bescheuerter Traum.

Darin hatte ich mich gründlich getäuscht. Ich hörte eine Stimme in meinem Kopf: „Nein, das war kein Traum, ich habe dich nur erst mal über den Schock hinwegschlafen lassen.“ Ich richtete mich auf, langsam, ganz langsam und hatte nur einen Gedanken: Jetzt bin ich wahnsinnig geworden. Wieder diese Stimme in mir, die jetzt in meinem ganzen Körper zu hallen schien: „Nein, du bist nicht verrückt, ich bin real. In früheren Jahrhunderten war das einfacher, da haben die Menschen noch an uns geglaubt und wussten, was sie von uns zu halten hatten.“ Mein nächster Gedanke darauf war, dass die Magier im Mittelalter von Dämonen als körperlichen Wesen gesprochen hatten und sie wohl auch gesehen hatten, so sagten sie jedenfalls.

Ich fühlte eine gewisse Amüsiertheit von Aziz, und er ließ vor meinem inneren Auge mehrere Dämonenkörper entstehen – wie ich gestehen muss, kamen die den Vorstellungen der mittelalterlichen Magier und auch Maler doch sehr nahe. Ich erschauderte innerlich, fragte dann aber doch: „Und warum bist du jetzt nur geistig anwesend und sitzt hier in meinem Kopf?“ Die Antwort war simpel: „Waren wir immer – alle Dämonen, die sich mit Menschen eingelassen haben, waren nur in deren Köpfen, aber die armen, kleinen Menschlein brauchten eine Form, die sie sich vorstellen konnten. Außerdem haben wir in der Dämonenwelt sehr wohl Körper, so wie ich sie dir gerade gezeigt habe. Nur nehmen wir sie nicht mit hier auf eure Welt.“ Aha – alles klar.

Doch dann bekam ich einen ersten Vorgeschmack von dem, was mich erwarten sollte. Der Dämon drängte mich: „Los, lass uns losziehen, ich will deine Welt ansehen, will sehen, was sich in den letzten Jahrhunderten verändert hat und ich will ein bisschen Spaß haben.“ Als ich nicht gleich reagierte, spürte ich, wie Aziz meinen Körper im Bett aufrichtete und mich über die Bettkante schieben wollte. Ganz automatisch kämpfte ich dagegen an, spürte aber eine gewaltige Kraft, die mich bewegte, sich über meinen Willen hinwegsetzte und so musste ich wohl oder übel nachgeben. „O. k., o. k., ich stehe auf – lass mich das gefälligst selber machen.“ Der Dämon nahm seine Kraft zurück und ich hatte wieder Herrschaft über meinen Körper.

Etwas mühsam bewegte ich meinen Körper ins Bad und in die Badewanne, wo ich erst mal ein heißes Bad nahm. Das schien für den Dämon eine Neuheit zu sein, denn er staunte sehr. Über das einfach aus der Wand fließende und auch noch heiße Wasser wohl ebenso wie über die Tatsache, dass ich mich in heißes Wasser mit Schaumbad legte und mich und meine Haare wusch. Er blieb dabei ruhig und schien das fast so zu genießen wie ich.

Nachdem ich aus der Wanne gestiegen war und meinen Körper eincremte, kam eine Bemerkung: „Das ist das erste Mal, dass ich in einem Frauenkörper bin. Soweit ich weiß, hat kein Dämon in all den Jahrhunderten und Jahrtausenden das je gemacht – sehr interessant – fühlt sich doch ganz anders an.“

Ich antwortete nicht, unterdrückte die latente Panik, die sich breitmachen wollte und bewegte mich zum Kleiderschrank. Dann wollte ich mich anziehen, was aber gar nicht so einfach war, denn jetzt war Aziz wieder recht interessiert. Keinen Pullover, keine dicken Sweatshirts – er ließ nur einen kurzen Rock und ein ausgeschnittenes T-Shirt zu. Und während ich mich noch fragte, was das denn solle, hörte ich schon die Erklärung: „Ich habe schon ab und zu in einem Männerkörper gewohnt, und was die gerne ansehen, das ziehst du jetzt an.“

„Wozu?“

„Weil wir jetzt losziehen und etwas Spaß haben wollen. Ich bin zu gespannt, wie sich das in einem Frauenkörper anfühlt.“

„WAS anfühlt?“

„Na, das was ihr Menschen so fanatisch und wild sucht und doch meist nicht findet oder richtig genießen könnt – Liebe oder genauer Sex natürlich.“

Jetzt war der Moment gekommen, wo ich so richtig schockiert war! Ausgerechnet Sex. Ausgerechnet ich. Wie kam der nur darauf, dass er mit mir so was machen könne? Nein, nein, nein … Wieder spürte ich nur ein gewisses Amüsement, dann zog ich wie eine Marionette die Klamotten an, die der Dämon ausgesucht hatte und schminkte mich mit den wenigen Mitteln, die dafür bei mir vorhanden waren. Wie ferngesteuert bzw. eigentlich wie nahgesteuert …

Ich ließ mich aus der Haustür steuern, einen dicken Mantel konnte ich wenigstens durchsetzen, diese Notwendigkeit in einer Winternacht leuchtete sogar dem Dämon ein. Wir gingen in die Tiefgarage zu meinem Wagen – eine Neuigkeit, die den Dämon entzückte. Ein Wagen ohne Pferde, kein Stall, kein Mist und Dung – er lobte diese Erfindung sehr. „Ich sehe schon, ich werde mich in deiner Welt sehr wohlfühlen.“

Nun, das hoffte ich eigentlich ja nicht …

Als eigentlich sehr solides, eher ein wenig spießiges Erdenwesen hatte ich nicht viel Erfahrung mit den Orten, wo Aziz „Spaß haben“ wollte. So fuhr ich aufs Geratewohl los und landete im Amüsierviertel der Stadt. Vor einer nicht gerade vertrauenerweckenden Kneipe ließ mich der Dämon parken. Wir betraten den Laden – es schlug mir eine geradezu aufdringliche Körperlichkeit entgegen. Und es waren natürlich viel mehr Männer als Frauen anwesend. Letztere sahen dafür sehr „zugänglich“ aus. Mir liefen Schauer über den Rücken – niemals hatte ich ein solches Lokal betreten, niemals wäre ich freiwillig in einer derartigen Spelunke gelandet. Aber ich hatte keine Wahl, der Dämon trieb mich vorwärts an die Bar. „So viel hat sich da nicht geändert, diese Orte sehen immer noch so aus wie früher – na gut, sie sind sauberer …“, war der Kommentar dazu in meinem Kopf.

Mangels Alternativen ergab ich mich erst mal in mein Schicksal und bewegte mich zur Bar. Und schon sprach mich ein Typ an: „Hey, Lady, was kann ich dir spendieren?“ Statt mir, antwortete Aziz: „Was ordentlich Hochprozentiges, das kann ich jetzt brauchen.“ Auf meine geistigen Einwände wegen meines Autos, dass Fahren unter Alkohol verboten ist und ich den Führerschein brauche, ging der Dämon gar nicht ein. So kam es, dass der Kerl mir ein Glas mit Whisky-Cola vorsetzte und dann mit mir anstieß. Zugegebenermaßen brauchte ich den Alkohol jetzt doch sehr nötig, da ich genau spürte, was der Dämon vorhatte. Ich musterte den Typ – nun, so übel war der eigentlich gar nicht. Nicht allzu groß, schlank, lange Haare – eigentlich gar nicht die Sorte Mann, die ich bisher als Partner in Erwägung gezogen hatte, aber trotzdem nicht übel. Wobei ich mich gleich fragte, war das jetzt etwa meine Einschätzung oder die des Dämons?

Lange hatte ich nicht Zeit, darüber nachzudenken, denn der Dämon trieb mich in einen heißen Flirt. Ich hatte gar nicht gewusst, dass ich so was konnte, aber es war eigentlich gar nicht so schwierig. Vor allem, wenn man von einem Dämon geleitet wurde, der genau zu wissen schien, was das männliche Gegenüber anmachte. Natürlich hatte ich starken inneren Widerwillen und versuchte auch, dem Dämon Widerstand entgegenzusetzen, was sich aber als total nutzlos erwies. Die Konsequenz war klar, als der Typ – dessen Namen ich nie erfuhr – nach mehreren Gläsern Whisky-Cola vorschlug, zu ihm zu gehen, nickte ich nur.

Innerlich schauderte ich sehr, mir grauste, aber ich hatte keine Wahl. Gegen den Willen des Dämons kam ich nicht an. Wir gingen den kurzen Weg zu seiner „Wohnung“, die sich als Zimmer mit Bad herausstellte, total zugemüllt und ziemlich dreckig. Genau wie ich mir eine Behausung von solchen Typen immer vorgestellt hatte. Mir graute vor dem Dreck und allem anderen, aber wieder hatte ich keine Chance, der Dämon warf meine Kleider vom Leib und zog den Mann an mich.

Und dann kam die Überraschung, etwas, auf das ich so gar nicht vorbereitet war. Der Typ begann, mich vorsichtig zu streicheln, küsste mich – und ich reagierte, genauer gesagt, mein Körper reagierte. Wieder fragte ich mich, war ich das oder der Dämon? Aber ich hatte ein durchaus erfahrenes Exemplar der männlichen Rasse erwischt (oder hatte Aziz das geahnt oder gewusst, durch seine Erfahrung in Männerkörpern?). Jedenfalls begann er, meine Brüste zu küssen, die Brustwarzen richteten sich auf – etwas, das mir noch nie passiert war. Dann bewegte sich sein Mund nach unten, und schließlich kniete er vor mir und begann, mich an meiner intimsten Stelle zu küssen. Als ich durch die Zunge, die an meiner Klitoris leckte, zu stöhnen begann, erhob er sich, hob mich hoch und legte mich auf sein Bett. Inmitten von Hamburger-Schachteln, Pizza-Kartons und alten Zeitungen lag ich da, der langhaarige Lover legte sich zu mir und küsste mich dann immer weiter an dieser einen Stelle. Seine Zunge liebkoste meinen Kitzler, fuhr ein bisschen weiter nach unten, leckte um den Eingang und drückte die Zunge leicht in meine Scheide, kam zurück zu meiner Klitoris. Der Druck wurde stärker und stärker, das Lecken immer intensiver.

Wieder etwas, das ich noch nie erlebt hatte – und ich reagierte, ich reagierte wie wild. Es war, als ob Feuerstürme durch meinen Körper tosten, gleichzeitig, als ob herrliche Kühle mich berühren würde, dann wurde das Feuer stärker und stärker – ich explodierte richtig. Ich hörte mich stöhnen und schreien, ein Gefühl, unglaublich und schön, Wellen durchfluteten mich – dann sank ich zusammen, spürte Zuckungen in meinem Inneren und fühlte mich total zufrieden. Nein, so was hatte ich noch nie vorher erlebt. Gut, viel Erfahrung in diesen Dingen hatte ich auch nicht gehabt – aber trotzdem, ich hätte nie gedacht, dass so was möglich war. Wieder spürte ich das Amüsement des Dämons in mir – aber auch sein Erstaunen. Ein Gedanke wie „das ist entschieden besser als in einem Männerkörper“ flog schnell in meinem Gehirn vorbei.

Der Typ lachte zufrieden, fragte mich, ob es gut war – was ich mit einem Nicken beantwortete. Danach streifte er ein Kondom über seinen steifen Schwanz und kam zu mir – und wieder wurde ich überrascht, wie sehr ich es genoss. Vorsichtiges Eindringen in meine Muschi, dann kam er tiefer und tiefer, langsam begann er, rhythmisch zu stoßen. Und wieder wurde ich erregt, wurde erregter, es näherten sich die Feuerstürme in meinen Körper, wieder begann das starke Gefühl, wieder mündete es in diesem Höhepunkt und ich erkannte, dass ich erstmals die Bedeutung des Wortes Orgasmus gelernt hatte. Gleich danach kam auch der Typ, wälzte sich von mir, mit den Worten „Hey, das war echt toll“, drehte er sich um und schlief ein.

Von widerstrebenden Gefühlen geplagt, Scham und Lust gemischt mit Interesse und Angst, stellte ich fest, dass ich meinen Körper wieder selbst bewegen konnte. So rollte ich mich vorsichtig aus dem Bett, klaubte die diversen Junggesellen-Artefakte von meinem Körper und zog mich eilig an. Ich raste aus der Wohnung und raus auf die Straße. Die Kälte ernüchterte mich so weit, dass mir klar war, Autofahren ist nicht mehr. Ich trinke doch eher selten Alkohol, nie was Stärkeres als Wein, ich war betrunken von dem vielen Whisky in der Kneipe und dem sexuellen Erlebnis und daher auch sicher nicht mehr fahrtüchtig. Kurz bekam ich einen Gedanken des Dämons mit: „Das war mit Pferdekutschen doch wohl einfacher, die Viecher haben ihren Weg selber gefunden.“ Danach folgte Gekicher, das in meinem benebelten Gehirn dröhnte.

Ich zog den Mantel dichter um mich und machte mich auf den Heimweg mit dem Bus. An der Haltestelle musste ich zum Glück nicht lange warten, es gab auch eine halbwegs brauchbare Verbindung, was mir früher nie aufgefallen war. Kunststück – ich war ja nie vorher in diesem Viertel gewesen. Als ich meine Wohnung betrat, stellte ich fest, dass seit dem Verlassen selbiger nicht mehr als 2 ½ Stunden vergangen waren. Dabei reichte diese Erfahrung, die ich gerade gemacht hatte, für Wochen und Monate …

Wieder ließ ich Wasser in die Badewanne und ließ mich ins heiße Wasser gleiten. Ich blieb noch länger im Bad als das erste Mal, und ich schrubbte meinen Körper mehrfach, als wollte ich diese ganze Erfahrung abwaschen. Dabei hörte ich wieder die Stimme des Dämons: „Na, das hast du doch gebraucht“ – wieder dieses Amüsement – „Schön, dass nicht nur ich etwas gelernt habe. Ich sage dir, unser Zusammensein wird uns beiden viel Freude machen. Für heute verlasse ich dich – aber ich komme wieder. Und dann werden wir wieder viel Spaß haben.“

Endlich allein, endlich wieder Herr über meinen Körper und meinen Verstand – und doch. Was hieß, ich komme wieder? War das möglich – ohne das Ritual? Ich hatte jedenfalls nicht vor, das noch mal abzuhalten. Die Bücher würde ich gleich morgen verbrennen. Schließlich schaffte ich es, wieder ins Bett zu gehen – aber der Gedanke an die Geschehnisse dieser Nacht hielt mich noch lange wach. Wobei ich zwischen allen möglichen Gefühlen schwankte. Endlich konnte ich einschlafen und fühlte mich nicht mal allzu schlecht. Wofür ich mich dann wieder schämte. Meine Gefühle und mein Körper waren in totalem Aufruhr. Endlich umfing mich tiefer Schlaf.

 

 

II.

Als ich am nächsten Tag erwachte, einem ganz normalen Montag und Arbeitstag, kamen mir die Geschehnisse des Wochenendes unwirklich vor und ziemlich weit weg. Ich konnte meinen gewohnten Tätigkeiten nachgehen, ohne dass mich irgendetwas behindern oder ablenken wollte, ich war ein wenig fahrig in den ersten Stunden des Tages, aber dann kam die Routine wieder zurück und ich lebte mein Leben, wie ich es schon jahrelang gelebt hatte. Mit Job, mit Fernsehen und Internet, ohne Freunde – komischerweise habe ich es nie geschafft, irgendwelche längeren Freundschaften zu schließen. Und auch ohne Partner, zu mehr als drei oder vier recht kurzen, sehr unbefriedigenden Liebschaften hatte ich es bisher nicht gebracht. Und so war ich über die Mitte meiner Dreißiger hinausgekommen, hatte mein Leben gelebt – oder auch nicht. Dieser Gedanke ließ mich selbst zusammenzucken …

So langsam hatte ich es die nächste Woche über geschafft, mir einzureden, dass die Sache erledigt war und ich wieder mein altes Leben aufnehmen konnte, ohne einen Dämon. Es erschien mir wie ein Traum, wie ein übler und gleichzeitig faszinierender Traum. Und ich sank in meine übliche Einsamkeit und meine Lethargie zurück.

Am Freitag verließ ich meinen Arbeitsplatz ohne sonderliche Pläne für das Wochenende. Alle meine Kollegen schienen vor Freude zu platzen, machten Pläne für Unternehmungen, erzählten, wie schön das jetzt wäre, Ausflüge, Skifahren – das konnte ich nicht nachvollziehen. Ich wanderte durch leichtes Schneetreiben in Richtung Heimat, da spürte ich plötzlich wieder eine fremde Wesenheit, eine „Person“, ein Hineingleiten in meinen Verstand. Diesmal ging das wesentlich schneller, unproblematischer – es war nur ein kurzer Moment, und Aziz war wieder da. Für Panik oder Abwehr hatte ich keine Zeit, dazu auch weder eine Idee oder eine Abwehr-Strategie – so waren fast von einem Moment auf den anderen mein Körper und mein Verstand wieder in der Hand des Dämons.

Er trieb mich als Erstes in eine Boutique, die ich nie im Leben betreten hätte, ein Geschäft für „Reizwäsche“. Alles, was da angeboten wurde, war für mich ekelhaft und nuttig, mich schauderte. Was den Dämon wieder mal sehr zu erheitern schien. Er ließ mich einiges anprobieren, dünne Seide, durchsichtige Materialien, Spitze – und widerwillig stellte ich fest, dass mir einiges davon sehr gut stand. Als ich schließlich an der Kasse stand, war ich mit einer Menge Dessous beladen und zuckte wegen des Preises zusammen. Der Dämon beruhigte mich, dass ich mir das durchaus leisten könnte und auch sollte – er kannte wohl den Kontostand meines Sparbuches genau. Er schien meine Gedanken zu lesen und in meinen Erinnerungen wühlen zu können. Und damit verließ ich diese Boutique, mit einigen Einkaufstüten beladen. In einer anderen Boutique brachte Aziz mich dazu, mir einen Minirock und ein paar ausgeschnittene, für meinen Geschmack viel zu aufreizende Oberteile zu kaufen. Schließlich lotste er mich in einen Schuhladen, wo ich Stiefel mit viel zu hohen Absätzen kaufte – kaufen musste.

Dann wankte ich beladen mit Tüten und Taschen nach Hause. Der Dämon ließ mir eine kurze Pause, gönnte mir ein Abendessen. Eine Pizza vom Lieferservice, die auch Aziz recht gut zu schmecken schien – aber dann wurde ich unerbittlich in die Badewanne und danach in die neu erworbenen Klamotten gezwungen. Wenn ich aber gedacht hatte, die Ereignisse vom letzten Mal würden sich in etwa wiederholen, hatte ich mich geirrt. Diesmal bestand der Dämon gleich darauf, das Auto – das ich letztes Mal am nächsten Abend hatte abholen müssen – stehen zu lassen und in ein Taxi zu steigen. Aus meinem Mund klang die Frage des Dämons: „Ich bin fremd hier, wo ist denn hier was los, wo kann eine Lady was erleben?“ Der grinsende Fahrer brachte mich zu einer anderen Bar – die sah vornehmer aus, aber auch etwas zwielichtiger. Ich zögerte sehr, da hineinzugehen und der Dämon brauchte diesmal – wie ich deutlich spüren konnte – mehr Kraft, mich hineinzudrängen.

Der erste Eindruck war, wie man sich ein Puff vorstellt, wenn man so was noch nie gesehen hat. Plüsch, viel Rot und Gold, schlechte Luft, unangenehme Typen und – tja, die Frauen zumindest Amateurnutten. Oder wie ich mir solche damals vorstellen konnte. Mir grauste, grauste, grauste. Wieder spürte ich das Amüsement des Dämons. Diesmal lotste er mich durch den ganzen Laden, ließ mich langsam und wiegend gehen, ich blickte mich um, nahm das Ambiente auf. Und es gefiel mir so gar nicht. Aziz suchte und suchte – nach was, war mir nicht so ganz klar. Endlich ließ er meinen Körper auf einen Barhocker fallen und bestellte Whisky. Ich war ganz froh drum, nahm einen kräftigen Schluck. Dann bemerkte ich, wie er einen der Männer fixierte und mit meinem Mund anlächelte. Ein Typ, bei dem ich mir nie hätte vorstellen können, dass er mich bemerken würde. Der Typ Mann, der durch mich hindurchsah und mich ignorierte. Diese unangenehme, ernüchternde Erfahrung hatte ich schon früher gemacht.

Diese Gedanken machten den Dämon stutzig und ich spürte, wie er begann, den Mann – dem Aussehen nach ein seriöser, gut verdienender Geschäftsmann, vornehm und nobel – auszuchecken. Mir schien, als würde er in den Kopf des Typen schlüpfen oder zumindest seine oberflächlichen Gedanken lesen. Letzteres traute ich ihm übrigens durchaus zu. Und damit hatte ich auch recht, die relativ deutlichen Gedanken der Männer bereiteten ihm offensichtlich keine Probleme. „Du hast leichtes Spiel mit dem – geh hin, remple ihn an, tu furchtbar erschrocken, mach` große Augen – und schon fährt er auf dich ab.“ Nein, das glaubte ich absolut nicht, solche Typen waren nicht für Frauen wie mich da. Aber wieder wurde mir die Entscheidung abgenommen, denn Aziz führte sein angekündigtes Manöver sofort aus. Also bewegte ich mich zu dem Geschäftsmann, stieß ihn ordentlich an und entschuldigte mich mit Kleinmädchenmiene und zarter Stimme. Und der Dämon hatte wohl recht, der schien sofort darauf abzufahren.

Der Typ musterte mich, bemerkte etwas von oben herab: „Kann ja mal vorkommen, Kleine. Auf den Schreck trinkst du erst mal was mit dem alten Charlie.“ Etwas stieß mich an diesem Typen ab, diese herablassende Art gefiel mir so gar nicht. Nur der Dämon störte sich wenig an meinen Einwänden, sodass der nächste Teil lief wie beim ersten Mal. Ein paar Getränke, ein „gehen wir“, die Fahrt im Taxi zu seinem Hotel.

Daher erwartete ich eigentlich auch eine Wiederholung des restlichen Teils – aber denkste. Was der erste Liebhaber angenehm war, war dieser Charlie unangenehm und brutal. Er riss mir fast die Kleider vom Leibe, verschwendete keine Zeit auf irgendwelche Küsse oder Zärtlichkeiten, im Gegenteil. Er wollte meinen Kopf sofort auf seinen Schwanz drücken, ohne Kondom, ich spürte ein Würgen im Hals und machte mich mühsam frei. Nein, so was hatte ich noch nie getan und hatte es auch nicht vor! Aber sofort merkte ich, wie sauer diese Type jetzt war. „Stell dich bloß nicht an“, schnauzte er mich an, warf mich grob aufs Bett und wollte sofort in mich eindringen. Seine Hände drückten mich fest auf die Laken, hielten mich brutal fest, sodass ich blaue Flecken bekam. Ich zitterte und langsam keimte Todesangst in mir auf.

Das bemerkte jetzt auch endlich Aziz. Eine wilde, ungezügelte Kraft durchströmte mich, der Dämon gab mir damit von seiner Stärke ab, sodass ich mich losreißen und Charlie mit voller Wucht zurückstoßen konnte. Ich sprang vom Bett auf, in einer Geschwindigkeit und Geschmeidigkeit, die ich ohne die Kraft des Dämons nie gehabt hätte. Aber auch der Typ war nicht ohne, er war sofort wieder bei mir und wollte mich wieder aufs Bett stoßen. Der Dämon reagierte in meinem Körper – und landete einen Fauststoß an der Brust des brutalen Kerls. Der war so stark, dass Charlie zurücktaumelte, mit dem Kopf an den Wandschrank stieß und leicht benommen zu Boden sank.

Mit mehr Geistesgegenwart, als ich bisher in meinem Leben bewiesen hatte, raffte ich meine Klamotten zusammen, raste aus dem Zimmer, den Hotelflur lang, bis ich auf Waschräume stieß. Dort zog ich mich eilig an und rannte – wieder wie von Furien gehetzt – raus aus dem Hotel. Erst als ich keuchend mehrere Straßen weit gelaufen war, schaffte es Aziz, mich zu stoppen. „Hey, der wird uns nicht mehr einholen, der liegt noch im Zimmer …“

„Ist er – tot?“

„Ach was tot – ein bisschen benommen und wahrscheinlich stinksauer – aber sonst nichts. Nein – er wird dich nicht anzeigen – der wird sich morgen nicht mal an dein Gesicht erinnern können.“ So langsam kam ich wieder zu Atem und versuchte, mich zu beruhigen.

Kaum war mir das gelungen, spürte ich wie der Dämon einen neuen Gedanken fasste: „So geht das nicht – du hast gar keine Kraft – du weißt nicht, wie du dich wehren sollst – so ein Frauenkörper ist doch sehr schwach, habe ich festgestellt – wenn du allein in so eine Situation gerätst, dann hast du echt ein Problem.“ Ich wehrte diese Zumutung, ohne sein Zutun so was anzufangen, freilich ab, aber er ließ nicht locker. „Du wirst Kampfsport lernen, gleich morgen werden wir da was tun.“

Also ehrlich, das schockte mich fast noch mehr als alles, was in diesem Hotelzimmer passiert war. Ich Sport? Ich? Wer – ich – und Sport? Dazu diesen furchtbaren, brutalen, ekelhaften Kampfsport, wo Leute mit den Händen und Füßen auf Bretter schlagen und gegeneinander kämpfen – niemals. Damit kam ich heim und fiel ins Bett. Der Dämon meldete sich nicht mehr.

Aber am nächsten Morgen weckte mich der Dämon früh, ließ mich Leggins und ein T-Shirt einpacken – und dann bewegte er mich in eine Kampfsportschule. Gegen meinen entschiedenen Widerstand, schließlich hatte ich es all die Jahre erfolgreich vermieden, mich irgendwie sportlich zu betätigen. Aber auch da hatte ich keine Chance. Ich meldete mich an, wurde sofort zu einem Probetraining eingeladen und absolvierte dieses auch. Natürlich nur, weil mich der Dämon dazu zwang, ich hatte keine Kontrolle über meinen Körper. Und auch mein Verstand war ziemlich blockiert.

Es war schrecklich – was ich da alles tun sollte. Kicken und schlagen und blocken und Liegestütze machen und was nicht noch alles. Die Feststellung, dass meine Körperbeherrschung geradezu mies wäre, war noch eine der freundlichsten Bemerkungen, die ich vom Trainer zu hören bekam. Auch über meine fehlende Kondition musste ich ein paar Freundlichkeiten einstecken. Wie gerne wäre ich geflohen, aber das ging eben nicht, das wurde von Aziz mit sicherem Griff in meinem Verstand verhindert. So musste ich eine volle Stunde lang harte Gymnastik machen, man zeigte mir Blocks und Kicks, die ich sicher niemals würde nachmachen können, ich wurde für eine sogenannte „Form“ herumgedreht und geschubst – grauenhaft, einfach grauenhaft.

Endlich hatte auch das ein Ende, und ich stellte fest, dass ich mich fest angemeldet hatte und einen echten Trainingsvertrag mit unbegrenzter Laufzeit unterschrieben hatte. Ich schlich nach Hause, der Dämon in meinem Kopf amüsierte sich wieder mal ganz gewaltig. „Du wirst das noch zu schätzen wissen, und es wird dir irgendwann richtig Spaß machen.“ Nein, also diese Prophezeiung konnte ich so gar nicht glauben.

Den ganzen Rest des Wochenendes und auch noch am Anfang der nächsten Woche plagte mich ein schmerzhafter Muskelkater und ich litt fürchterlich. Was den Dämon etwas sanfter zu stimmen schien, er ließ mich am Samstag zwar mal eine Runde durch verschiedene Kneipen machen, mit einem Drink in jeder davon, aber er sah davon ab, mit meinem Körper Eroberungen bei der Männerwelt zu machen. Natürlich war ich ihm dankbar dafür – aber irgendwo ganz tief in mir war ich enttäuscht, dass ich so ein Erlebnis wie bei der ersten Tour nicht wieder bekommen hatte. Das hätte ich mir nur selbst niemals eingestanden. Und ich hoffte, dass Aziz das nicht herausfinden würde. Zumindest versuchte ich, diesen Gedanken ganz innen in meinem Verstand zu verbergen.

Eine weitere Woche verging, in der ich mich wider eigenes Erwarten von selber aufraffte, in den Kampfsportverein zu gehen, sogar zweimal – auch wenn ich mich ziemlich dämlich dabei anstellte. Ich stellte fest, dass es ein harter Kampf werden würde, gegen mich und gegen meinen Körper, der total unsportlich und über Jahrzehnte untrainiert war. Aber am Ende des dritten Trainings hatte ich ein kleines Erfolgserlebnis: Auf einem Bein stehen, das andere angewinkelt hochgehalten und sich dann mit dem Standbein abstoßen, hochspringen und in die Luft kicken – ich hatte das für absolut unmöglich gehalten. Und da gelang es mir – naja, fast. Aber ich war über mich selber erstaunt. Viel mehr erstaunt war ich danach aber, wie viele Muskeln man doch bei so einem Muskelkater spüren kann …

Es näherte sich der Freitagabend, ich ging von der Arbeit nach Hause und machte in einem Kosmetikladen Halt, besorgte mir – fast unbewusst – etwas Lidschatten und auffälligen Lippenstift. Auch wenn sich der Dämon bis dato noch nicht gemeldet hatte, hatte ich doch das Gefühl, dass das bald der Fall sein würde.

Womit ich recht hatte – kaum hatte ich mein Abendessen verzehrt und mich vor den Fernseher gesetzt, spürte ich, wie die Wesenheit Aziz in meinen Kopf einsickerte. Diesmal hatte ich das Gefühl, dass sich eine Brücke bilden würde, eine Brücke von der Dämonenwelt in diese Welt bzw. in mein Gehirn. Es war nur eine kurze Spur, aber instinktiv versuchte ich, so viel wie möglich von dieser Brücke im Gedächtnis zu behalten. Aziz meldete sich mit „Lass uns rausgehen – diesmal wird es echt lustig.“ Ich fragte mich nur kurz, woher er eigentlich das ganze Wissen nahm über diese Welt, die er doch angeblich zuletzt irgendwann im Mittelalter gesehen hatte. Irgendwo spürte ich seine Antwort, dass er diese Information aus meinem Gedächtnis nehmen würde, aus all den Informationen, die ich bewusst und viel mehr noch unterbewusst gesammelt hatte. Alles, was ich so gelesen, gesehen und gehört hatte, schien ihm zugänglich zu sein.

So zog ich also wieder aufreizende, für meine Begriffe viel zu aufreizende Kleider an und malte mir das Gesicht noch ein bisschen mehr an. Wir zogen los, noch relativ früh am Abend, Aziz führte meine Schritte. Wir kamen zu einem Lokal, das so ganz anders aussah als die vorherigen – wieso, wusste ich nicht. Aber für Zögern war im Wesen des Dämons kein Platz, er lotste mich hinein. Drin traute ich meinen Augen kaum. In meinem etwas naiven Gemüt war für diese Dinge kein Platz gewesen – Männer, die geschminkt und tätowiert waren, Männer in mehr oder weniger weiblicher Aufmachung, Frauen, die wie Männer auftraten und Frauen, die so überhyperweiblich waren … Verwirrt blickte ich um mich, wusste gar nicht, wohin ich sehen sollte oder konnte oder auch nur durfte.

Ein wieherndes Gelächter kam vom Dämon – mir dröhnte der Kopf davon. „Ja, da staunst du, das hast du noch nie gesehen und kennengelernt.“ Ich konnte ihm da nur zustimmen – aber woher kannte der Dämon das? Wieder Gelächter und „glaubst du, so was hat es nicht schon früher gegeben? Ihr Menschen habt so was schon immer gemacht, die Rollen getauscht und auch das gleiche Geschlecht geliebt.“ Der nächste Gedanke, der mich durchzuckte, war einfach absurd: Gibt es so was wohl auch im Dämonenreich? Nun, diese Frage schien bei Aziz einen wunden Punkt getroffen zu haben, er überging das einfach und lotste mich auf die Bar und auf eine der überweiblich aufgemachten Frauen zu. „Was soll das – was soll das – du willst doch nicht etwa …“ Aber meine Proteste waren vergeblich, da der Dämon bereits einen aggressiven Flirt mit der Frau begonnen hatte. Sie stellte sich als Linda vor.

Es endete wie die beiden ersten Male damit, dass ich zu viel zu starken Alkohol trank, mit Linda wegging und bei ihr landete. Eine sehr, sehr weibliche Wohnung, viele Plüschtiere, süßliche Bilder, Duftkerzen, Dämmerlicht. Was dann begann, war für mich irgendwie zwischen Traum und Albtraum angesiedelt. Die Lady küsste mich, schälte mich vorsichtig, dabei aber sehr bestimmt und ohne zu zögern aus meinen Kleidern. Sie trank einen Schluck Sekt, nahm noch einen Schluck in den Mund und drückte ihre Lippen auf meine. Ich war überrascht, schmeckte den Sekt und dann wurde daraus ein langer, süßer, aufregender Kuss. Sie führte mich in ein Schlafzimmer das – Hilfe! – mit Spiegeln über und über ausgestattet war, sogar an der Decke waren Spiegel. Ein riesiger Fernseher stand gegenüber dem Bett – sie schaltete ihn ein, und es lief ein Film, indem drei oder vier Damen intim miteinander beschäftigt waren.

Zu verlegen, um irgendwo hinzusehen, zu beschämt, um in einen Spiegel zu sehen – und doch zu erregt, um wegzulaufen – ich wusste nicht mehr, was gut oder böse war. Plötzlich lag ich mit geschlossenen Augen auf dem Rücken im Bett und spürte, wie meine Geschlechtsgenossin begann, meinen Körper zu streicheln und dann meinen Busen zu küssen. Die Brustwarzen richteten sich wieder auf – und über meinen ganzen Körper liefen wohlige Schauer. Sie tastete sich erst mit den Händen, dann mit dem Mund nach unten und begann das gleiche Spiel, das der Junge am ersten Abend gemacht hatte. Und wieder genoss ich es – widerwillig, aber doch nicht mehr so verschämt –, ich genoss es noch viel mehr als bei dem Mann. Diese Lady wusste sehr genau, wo sie mich berühren musste, sie verstand, wann sie sanft und wann sie fordernder sein musste. Das wechselte sie in einem absolut traumhaften Rhythmus – mein Orgasmus ließ nicht lange auf sich warten. Flammen durchzuckten meinen Körper, als die Lady mit meinem Kitzler spielte und mit zwei Fingern in meine Muschi eindrang. Ich stöhnte, zuckte und schrie vor Vergnügen. Diesmal spürte ich, wie der Dämon in mir es völlig genoss – was mich ebenfalls nicht kalt lassen konnte, Aziz’ Gefühle verstärkten meinen Höhepunkt noch einmal.

Ich war verblüfft, zufrieden, gedemütigt, verwirrt – aber da gab mir meine Partnerin zu verstehen, dass ich jetzt an der Reihe wäre, sie zu verwöhnen. Für irgendwelche Ablehnungen oder gar Ekelgefühle hatte ich keine Zeit. Linda hatte sich jetzt neben mich auf den Rücken gelegt und der Dämon warf meinen Körper auf ihren, sorgte dafür, dass ich sie am ganzen Körper mit den Händen zu erkunden begann. Dann hatte ich eine Hand zwischen ihren Beinen und begann, noch zögerlich und langsam, ihren Busen mit meinem Mund und meiner Zunge zu erkunden. Und musste feststellen, dass ich das genoss – sehr genoss sogar. Mit „Hilfe“ des Dämons wagte ich mich tiefer, drängte meine inneren Widerstände zurück, ließ meine Zunge in ihrem Nabel kreisen, das schien sie sehr zu erregen.

Und weiter wanderte ich mit meiner Zunge nach unten, fand ihre intimste Stelle und versuchte langsam, meinen Mund und meine Zunge dort einzusetzen. „Leck mich, küss meine Muschi, leck meine Pussy“ – diese Worte kamen von Linda mehr gestöhnt als gesprochen. Und auch das regte mich an, regte mich so sehr an. Ich küsste und leckte, fand auf einmal, geleitet von ihrem Stöhnen und ihren gestammelten Worten, die richtige Stelle, liebkoste den kleinen Knubbel, mein Finger fand von ganz allein seinen Platz in ihr – bis sie schließlich laut stöhnte und schrie – sie kam heftig, ich spürte es an Fingern und Zunge. Sie zuckte lange und stöhnte zufrieden, als die Zuckungen ihrer Muschi nachließen.

Sie zog mich zu sich hoch, wir lagen eng aneinander geschmiegt und rieben unsere Körper aneinander. Sie griff hinter sich und holte vom Nachttisch ein längliches Instrument. In meiner Naivität wusste ich so gar nicht, was das sein sollte – aber ich sollte es gleich erfahren. Sie schaltete den Vibrator (wie sie mir erklärte) an, begann, diesen an meiner Muschi einzusetzen, erst fuhr sie leicht über die Klitoris, dann schob sie das Instrument in meine Muschi, erst nur ein kleines Stück, dann immer tiefer und tiefer, sie streichelte mich weiter an meinem Kitzler – das war so gut, dass ich noch mal kam. Jetzt konnte ich die Flammen und Wellen, die meinen Körper durchliefen, richtig genießen. Ich schauderte, meine Brustwarzen waren hart, leichte Röte überzog meinen Oberkörper, ein Zittern war in meinem ganzen Körper. Und als ich danach wieder ein wenig zu mir kam, spürte ich, dass mich der Dämon jetzt nicht mehr leitete oder meinen Körper kontrollierte. Er war wie ein unbeteiligter Zuschauer in meinem Verstand, der genoss, was jetzt geschah, aber der keinerlei Anteil an meinen Handlungen hatte, was mir einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Das war also alles allein mein Werk, mein Körper, meine Lust? Doch darüber nachdenken wollte ich sicher nicht, sicher nicht gerade jetzt.

Ich nahm den Vibrator aus meiner Muschi und ahmte damit bei meiner Partnerin nach, was diese bei mir gerade getan hatte. Und an ihrer Reaktion konnte ich feststellen, dass das wohl genau das Erwünschte war. Linda begann wieder zu stöhnen, sie wand sich, bat „fester, tiefer“ – ich folgte ihren Anweisungen, bis auch sie noch mal einen Orgasmus hatte.

Dann zog sie mich an sich und küsste mich leidenschaftlich, hielt mich in ihren Armen und bemerkte: „Für eine Anfängerin hast du dich gar nicht schlecht angestellt.“ Ich erstarrte sofort – was hatte ich da nur getan. Pervers, unnatürlich – alle die negativen Worte, die ich für so was gelernt hatte, hallten in meinem Kopf. Dazu gesellte sich das Gelächter des Dämons, der jetzt wieder völlig präsent war, auch wenn er meinen Körper nicht beherrschte. Vielleicht oder sicher habe ich auch etwas von dem ausgesprochen, was mir durch den Kopf ging. Die Lady wandte sich von mir ab und meinte: „Diese alten Vorurteile solltest du schnellstens ablegen – das ist doch Schnee von gestern – wir leben nicht mehr im 19. Jahrhundert.“ Dies und noch mehr hörte ich mir an, ohne es aber wirklich zu begreifen.

Langsam machte ich mich von ihr los, drehte mich auf den Rücken und wollte nachdenken. In meinem Gehirn rasten die Gedanken nur so hin und her, dazu kam immer noch das Gelächter des Dämons, es war so verdammt verwirrend. Ich rollte mich langsam auf die Bettkante, schlug die Beine über die Kante und setzte mich auf. „Was denn – willst du schon gehen?“ – ich spürte die Enttäuschung meiner Partnerin fast körperlich. Dann geschah etwas sehr Seltsames – der Dämon gewährte mir einen kurzen, nicht einmal sekundenlangen Einblick in ihre Gefühle. Es war schockierend, so sehr von den Gefühlen eines anderen Menschen überflutet zu werden. Aber noch bevor ich das richtig begreifen konnte, machte Aziz schon wieder dicht. Ich hatte trotzdem genug gespürt, ich musste etwas tun.

Ich beugte mich zu ihr, küsste ihr Gesicht, ihren Mund und ihre Augen und sagte: „Leider muss ich dich jetzt verlassen. Aber gib mir deine Telefonnummer, ich rufe dich an – ganz sicher.“ Ein wenig versöhnt – nicht ganz und auch nicht ganz zufrieden – gab sie sie mir, beobachtete mich, während ich mich schnell anzog und nach einem weiteren, sehr langen Kuss ihre Wohnung verließ.

Draußen war es immer noch kalt, ich riskierte einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass ich mehrere Stunden bei der Frau verbracht hatte. Das war mir viel kürzer vorgekommen … Natürlich war es jetzt zu spät, noch einen Bus zu bekommen, also machte ich mich auf die Suche nach einem Taxi. Ich ging völlig in Gedanken an das gerade Erlebte die Nebenstraße, in der Lindas Wohnung war, entlang, in Richtung Hauptstraße, wo ich ein Taxi zu finden hoffte.

Auf einmal wurde ich von Aziz grob aus meinen angenehmen Gedanken an die verbrachten Stunden gerissen. „Achtung, gleich gibt’s Trouble – wir werden uns jetzt noch mal amüsieren – aber auf ganz andere Art.“ Bevor ich ihn noch fragen konnte, was er damit meinte, stand ein Mann vor mir. Ein Typ, dem man besser nicht im Finstern begegnen wollte, wie man so schön sagt. Und der wollte ganz deutlich was von mir. Er pöbelte mich sofort an, ob ich nicht mit ihm ein bisschen mitkommen wollte. Mein „Nein“ nahm er so gar nicht zur Kenntnis, er packte meinen Arm und wollte mich mitziehen.

In diesem Augenblick spürte ich wieder, wie der Dämon mir seine Kraft – eigentlich nur einen Teil seiner gewaltigen Kraft – abgab. Ich spannte die Muskeln an, und mit einer Blockbewegung, die ich im Kampfsport mit als Erstes kennengelernt hatte, schüttelte ich seine Hand ab. „Ach was, frech werden auch noch, du blöde Tusse“, knurrte er mich an und wollte mich an den Schultern packen. Darauf hatte der Dämon wohl nur gewartet. Er ließ mich unter den Armen des Kerls durchtauchen, so dass ich ganz dicht vor ihm stand. Damit hatte der nun wirklich nicht gerechnet – und Aziz nützte das Überraschungsmoment sofort. Mein Ellbogen schoss von unten gerade hoch und traf den Typen voll am Kinn. Der Widerling taumelte ein wenig zurück und ging dann sofort unkontrolliert auf mich los. Der Dämon ließ ihn rankommen, dann brachte er mich mit einer Drehung aus der Schusslinie, riss meinen Fuß hoch und gab ihm einen gewaltigen Tritt in den Rücken, was den Kerl zu Fall brachte. Aziz ließ mich jetzt losrennen, der Typ fluchte und schimpfte hinter uns her – aber auch hier gab mir der Dämon von seinen Kräften ab, ich rannte so schnell, dass mich wohl nicht mal ein Weltrekordläufer eingeholt hätte.

Zur Hauptstraße war’s nicht mehr weit, ein Taxi kam, ich hielt es an und ließ mich auf den Rücksitz fallen. Und spürte zu meiner großen Überraschung nicht nur Schreck oder Angst, sondern auch ein Hochgefühl – eigentlich war’s ein Triumph. Ich hatte die Stärke, die mir Aziz geborgt hatte, genossen, ja absolut genossen. Auch diese Überraschung, dass ich – wenn auch mit Dämonenhilfe – diesen Kerl umgehauen hatte, mit ihm fertig geworden war, das ließ mich triumphieren. Ja, triumphieren – ich genoss das Hochgefühl, das Adrenalin, das durch meine Adern strömte. Auch wenn ein anderer Teil von mir entsetzt und schockiert war – ich hatte diese Szene genossen, wenn auch nicht so, wie das Erlebnis davor.

Ein Lachen von Aziz antwortete mir, er schien sich sowohl im Bett mit der Frau wie auch bei der Auseinandersetzung mit dem Kerl recht wohlgefühlt zu haben. „So, jetzt hast du gleich zwei neue Erfahrungen gemacht – wie es mit einer Frau ist und wie sich eine erfolgreiche Prügelei anfühlt – ich habe dein Leben doch wahrlich bereichert.“ Um nichts in der Welt hätte ich ihm zugestimmt, auch wenn ein kleiner Teil in mir wusste, dass er recht hatte. Ich spürte, wie der Dämon mich verließ, und wieder spürte ich die Brücke zwischen Dämonenwelt und unserer Welt, die sich nun etwas deutlicher anfühlte. Das Taxi hielt vor meiner Tür, ich zahlte und schleppte mich in mein Zuhause und warf mich in mein Bett.

Trotz eines langen Schlafes und eines ruhigen Samstags war ich am Samstagabend immer noch erschöpft und hoffte, dass der Dämon nicht auftauchen würde. Aber das war ein Irrtum, er sickerte in der Dämmerung in mein Bewusstsein ein – wieder hatte ich das Gefühl, dass da eine Brücke zwischen den Welten und den Dimensionen war, die jetzt auch für mich sehr deutlich zu fühlen war.

„Heute machen wir mal was ganz anderes – ich habe Lust, mich so richtig zu betrinken – richtig zu besaufen – mir den Schädel zuzudröhnen.“ Oh nein, oh nein – nicht das auch noch! Doch auch in diesem Fall hatte ich keine Wahl. Aziz schleppte mich bzw. meinen Körper in eine reine Saufkneipe, in der sich heruntergekommene Typen beiderlei Geschlechts nur für den Alkohol in verschiedenen Flaschen zu interessieren schienen. Keinerlei erotisches Interesse war spürbar, nicht der geringste Hauch von sexuellen Gedanken. So standen wir denn an der Bar, tranken schnell und ohne großen Genuss irgendeinen billigen Fusel runter. Immer ein kleines Glas mit Schnaps und ein großes Glas mit billigem Rotwein, immer abwechselnd. Der Lärmpegel war gewaltig, anfangs war ich nicht in der Lage, auch nur ein Wort der Unterhaltung zwischen den Umstehenden zu verstehen.

Aber ein kleines „Wunder“ geschah, als mein Alkoholpegel stieg; ich verstand plötzlich ziemlich genau, was so geredet oder gelallt wurde – oder glaubte zumindest, es zu verstehen.

Die Witze, die so gerissen wurden, wurden mit jedem Glas lustiger, mir wurde immer leichter und leichter zumute, ich schien zu schweben und dann zu fliegen. Ich entwickelte logische, einleuchtende Theorien über Gott und die Welt, lachte über alles und jeden und stieß mit allen und jedem an. Längst hatte ich die Übersicht über die Menge der Getränke verloren. Bis mir auf einmal schlecht wurde, so richtig übel.

Ich versuchte, zur Toilette zu gelangen und stellte fest, dass der Weg dahin doch ziemlich im Zickzack verlief. Endlich – mit viel Anstoßen und Anrempeln an Wände und Personen – schaffte ich es. Ich übergab mich in eine der Schüsseln, der Würgereflex dauerte ewig an. Schon als mein Magen total leer war und ich nur noch Magensäure hochwürgen konnte, war mir noch übel. Endlich war alles überstanden, ich stieß mich weg von der Kloschüssel, vor der ich gekniet hatte, wuchtete mich hoch, taumelte zum Waschbecken und spülte mir den Mund aus.