TEXT+KRITIK. Zeitschrift für Literatur.
Begründet von Heinz Ludwig Arnold
Redaktion:
Hannah Arnold, Steffen Martus, Axel Ruckaberle, Michael Scheffel,
Claudia Stockinger und Michael Töteberg
Leitung der Redaktion: Hermann Korte
Tuckermannweg 10, 37085 Göttingen,
Telefon: (0551) 5 61 53, Telefax: (0551) 5 71 96
Print ISBN 978-3-86916-841-8
E-ISBN 978-3-86916-843-2
Umschlaggestaltung: Thomas Scheer
Umschlagabbildung: Anton Hansen: Ernst Toller, in: Rudolf Broby Johansen (Hg.):
Anton Hansen, Kopenhagen: Axel Junckers, o. J. [1927], [unpag.]. Zuerst erschienen in: Quod Felix. Akademisk Tidsskrift, 2. Jg., Nr. 11, 8.3.1927, S. 117. (Ausschnitt).
Rechteinhaber konnten leider nicht ermittelt werden; wir bitten diese, sich ggfs. mit dem Verlag in Verbindung zu setzen.
Herausgeber und Verlag danken der Hochschule Østfold (Norwegen) für die Gewährung eines Publikationszuschusses.
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© edition text + kritik im Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG, München 2019
Levelingstraße 6a, 81673 München
www.etk-muenchen.de
Ernst Toller
Tagebuch eines seltsamen Mädchens
Peter Langemeyer
Eine unbekannte Erzählung aus einem Buch, das nie erschienen ist
Jim Jordan
Materialismus, Moderne und die natürliche Ordnung. Ernst Tollers »Schwalbenbuch« und sein Gefängnisdrama »Der deutsche Hinkemann«
Peter Langemeyer
Ernst Tollers Massenfestspiele als Komplement und Korrektiv seiner Dramen. Unter besonderer Berücksichtigung des Szenariums »Krieg – Frieden«
Kirsten Reimers
Vom Visionär zum Ankläger durch Aufklärung. Stilgeschichtliche Änderungen in den Dramen Ernst Tollers nach 1923
Christiane Schönfeld
Ernst Toller und das Kino. Die Bedeutung von Film im Leben und Werk des Autors
Thorsten Unger
US versus SU. Zu den amerikanischen und russischen Reisebildern in Tollers »Quer durch«
Michael Pilz
Masse – Medium – Mensch. Medienreflexion und Medienkritik in Ernst Tollers Radioarbeiten am Beispiel des Hörspiels »Indizien. Drama für Rundfunk«
Stefan Neuhaus
Am Puls der Zeit. Authentifizierungsstrategien in Ernst Tollers »Eine Jugend in Deutschland«
Wolfgang Frühwald
Ernst Toller in Spanien
Veronika Schuchter / Irene Zanol
»(E)inige aufschlußreiche und einige rührende Stellen«. Zu Ernst Tollers Briefen
W. H. Auden / Jan Wagner
In Gedenken an Ernst Toller
Irene Zanol
Daten zu Leben und Werk Ernst Tollers
Michael Pilz
Kommentierte Auswahlbibliografie
Notizen
Hannah Arnold; studierte Modern Languages und English Literature in St. Andrews und Oxford, Promotion dort zu W. H. Audens Deutschlandbeziehungen. Arbeit als freie Übersetzerin und als Coach.
Wolfgang Frühwald, 1935 – 2019; war bis 2003 Professor für Neuere Deutsche Literaturgeschichte am Institut für Deutsche Philologie der Universität München. Dr. phil., Dr. phil. h.c. mult., Dr. theol. h.c.; 1992–1997 Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft; 1999–2007 Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung, deren Ehrenpräsident ab 2008. Arbeiten zu Toller u. a.: Ernst Toller: »Gesammelte Werke« (hg. mit John M. Spalek, 5 Bde., 1978); »Der Fall Toller. Kommentar und Materialien« (hg. mit John M. Spalek, 1979); Ernst Toller: »Eine Jugend in Deutschland« (hg. und kommentiert, 2011; veränderte Ausg. 2013).
James Jordan; Associate Professor of German Studies an der Universität Warwick in Großbritannien; Forschungsschwerpunkte in der deutschsprachigen Diaspora-Literatur und in der Kultur der Weimarer Republik; Publikationen u. a.: »Previously Unpublished Poems of German Playwright Ernst Toller (1893–1939)« (Hg., 2000), »Politics and Culture in Twentieth-century German« (Mithg., 2003), »Ernst Toller: Sämtliche Werke. Bd. 5: Lyrik, Erzählungen, Hörspiele und Film« (Mithg., 2015).
Peter Langemeyer; Professor für deutsche Literaturwissenschaft an der Hochschule Østfold (Halden, Norwegen). Forschungsschwerpunkte: Dramentheorie, Klassische Moderne, Gegenwartsliteratur und Editionsphilologie. Letzte Buchveröffentlichungen: Textkritische Kommentarausgaben von Gerhart Hauptmanns »Bahnwärter Thiel« (2017), »Vor Sonnenaufgang« (2. Nachdruck 2017) und »Die Ratten« (2. Nachdruck 2017), »Narratologie Plus – Studien zur Erzählweise in aktueller internationaler Kinder- und Jugendliteratur« (Hg. mit Karen Patrick Knutsen, 2017).
Stefan Neuhaus; Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Koblenz-Landau, Standort Koblenz; Publikationen u. a.: »Literatur und nationale Einheit in Deutschland« (2002), »Das Spiel mit dem Leser. Wilhelm Hauff: Werk und Wirkung« (2002), »Sexualität im Diskurs der Literatur« (2002), »Revision des literarischen Kanons« (2002), »Literaturkritik« (2004), »Literaturvermittlung« (2009), »Märchen« (2. Aufl. 2017), »Grundriss der Literaturwissenschaft« (5. Aufl. 2017), »Grundriss der Neueren deutschsprachigen Literaturgeschichte« (2017).
Michael Pilz; Assistenz-Professor am Institut für Germanistik der Universität Innsbruck und Leiter des Innsbrucker Zeitungsarchivs zur deutsch- und fremdsprachigen Literatur (IZA); stellvertretender Vorsitzender der Ernst-Toller-Gesellschaft; Mitherausgeber der kritischen Werkausgabe Ernst Tollers (2015); weitere Publikationen u. a.: »Ernst-Toller-Bibliographie 1968–2012« (2016), »Zwischen Literatur und Journalistik. Generische Formen in Periodika des 18. bis 21. Jahrhunderts« (Mithg., 2016), »›… doch nicht nur für die Zeit geschrieben‹. Zur Rezeption Ernst Tollers: Person und Werk im Kontext« (Mithg., 2018).
Kirsten Reimers; freie Literaturwissenschaftlerin und Literaturkritikerin, Hamburg. Arbeitsschwerpunkte: Literatur der Moderne, Gegenwartsliteratur, Exilliteratur, Literaturkritik. Publikationen u. a.: Ernst Toller: »Sämtliche Werke« (2015, 5 Bde., hg. mit Dieter Distl u. a.), Ernst Toller: »Briefe 1915–1939« (2018, 2 Bde., hg. mit Stefan Neuhaus u. a.).
Christiane Schönfeld; Institutsleiterin am Department of German Studies des Mary Immaculate College (Limerick, Irland). Veröffentlichungen v. a. zur deutschen Literatur und visuellen Kultur des 20. Jahrhunderts, u. a. »Dialektik und Utopie. Die Prostituierte im deutschen Expressionismus« (1996), »Commodities of Desire: The Prostitute in German Literature« (Hg., 2000), »Practicing Modernity: Female Creativity in the Weimar Republic« (Mithg., 2006), »Processes of Transposition: German Literature and Film« (Hg., 2007), »Representing the ›Good German‹ in Literature and Culture after 1945« (Mithg., 2013); Mitherausgeberin der Ernst-Toller-Werkausgabe (2015).
Veronika Schuchter; Senior Scientist am Institut für Germanistik an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck. Publikationen u. a. »Textherrschaft. Zur Konstruktion von Opfer-, Heldinnen- und Täterinnenbildern in Literatur und Film« (2012), »Ultima Ratio. Räume und Zeiten der Gewalt« (Mithg., 2013), »›… doch nicht nur für die Zeit geschrieben‹. Zur Rezeption Ernst Toller: Person und Werk im Kontext« (Mithg., 2018), »Ernst Toller. Briefe 1915–1939. Kritische Ausgabe« (2018, 2 Bde., hg. mit Stefan Neuhaus u. a.).
Thorsten Unger; Professor für Germanistische Kulturwissenschaft an der Universität Magdeburg. Publikationen u. a.: »Diskontinuitäten im Erwerbsleben« (2004), »Das Erdbeben von Lissabon und der Katastrophendiskurs im 18. Jahrhundert« (Mithg., 2. Aufl. 2014), »Arbeit und Müßiggang in der Romantik« (Mithg., 2017), »Der Erste Weltkrieg« (Mithg., 2018).
Jan Wagner; geboren 1971 in Hamburg, lebt in Berlin. Neben Gedichtbänden – zuletzt »Regentonnenvariationen« (2014), »Selbstporträt mit Bienenschwarm. Ausgewählte Gedichte 2001–2015« (2016) sowie »Die Live Butterfly Show« (2018) – veröffentlichte er die Essaysammlungen »Die Sandale des Propheten« (2011) und »Der verschlossene Raum« (2016). Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Preis der Leipziger Buchmesse (2015) und den Georg-Büchner-Preis (2017).
Irene Zanol; Universitätsassistentin im Doktoratskolleg Austrian Studies und Projektmitarbeiterin am Forschungsinstitut Brenner-Archiv der Universität Innsbruck; Mitherausgeberin der kritischen Ausgabe der »Sämtlichen Werke« Ernst Tollers (2015) und der kommentierten Edition der »Briefe 1915–1939« (2018). Weitere Publikationen u. a.: »Bibliografie Daniel Kehlmann« (2018), »›… doch nicht nur für die Zeit geschrieben‹. Zur Rezeption Ernst Tollers. Person und Werk im Kontext« (Mithg., 2018).
Bisher sind in der Reihe TEXT+KRITIK erschienen:
Günter Grass
(1) 7. Aufl., 138 Seiten
Hans Henny Jahnn
(2/3) vergriffen
Georg Trakl
(4/4a) 4. Aufl., 123 Seiten
Günter Eich
(5) vergriffen
Ingeborg Bachmann
(6) 5. Aufl., 207 Seiten
Andreas Gryphius
(7/8) 2. Aufl., 130 Seiten
Politische Lyrik
(9/9a) 3. Aufl., 111 Seiten
Hermann Hesse
(10/11) 2. Aufl., 132 Seiten
Robert Walser
(12/12a) 4. Aufl., 216 Seiten
Alfred Döblin
(13/14) 3. Aufl., 200 Seiten
Henry James
(15/16) vergriffen
Cesare Pavese
(17) vergriffen
Heinrich Heine
(18/19) 4. Aufl., 203 Seiten
Arno Schmidt
(20/20a) 4. Aufl., 221 Seiten
Robert Musil
(21/22) 3. Aufl., 179 Seiten
Nelly Sachs
(23) 3. Aufl., 126 Seiten
Peter Handke
(24) 6. Aufl., 141 Seiten
Konkrete Poesie I
(25) vergriffen
Lessing contra Goeze
(26/27) vergriffen
Elias Canetti
(28) 4. Aufl., 177 Seiten
Kurt Tucholsky
(29) 3. Aufl., 103 Seiten
Konkrete Poesie II
(30) vergriffen
Walter Benjamin
(31/32) 3. Aufl., 232 Seiten
Heinrich Böll
(33) 3. Aufl., 156 Seiten
Wolfgang Koeppen
(34) 2. Aufl., 112 Seiten
Kurt Schwitters
(35/36) vergriffen
Peter Weiss
(37) vergriffen
Anna Seghers
(38) vergriffen
Georg Lukács
(39/40) 90 Seiten
Martin Walser
(41/42) 3. Aufl., 156 Seiten
Thomas Bernhard
(43) 4. Aufl., 288 Seiten
Gottfried Benn
(44) 3. Aufl., 223 Seiten
Max von der Grün
(45) vergriffen
Christa Wolf
(46) 5. Aufl., 151 Seiten
Max Frisch
(47/48) 4. Aufl., 217 Seiten
H. M. Enzensberger
(49) 3. Aufl., 164 Seiten
Friedrich Dürrenmatt I
(50/51) 3. Aufl., 245 Seiten
Siegfried Lenz
(52) 2. Aufl., 88 Seiten
Paul Celan
(53/54) 3. Aufl., 185 Seiten
Volker Braun
(55) 65 Seiten
Friedrich Dürrenmatt II
(56) vergriffen
Franz Xaver Kroetz
(57) vergriffen
Rolf Hochhuth
(58) 67 Seiten
Wolfgang Bauer
(59) 53 Seiten
Franz Mon
(60) 80 Seiten
Alfred Andersch
(61/62) vergriffen
Ital. Neorealismus
(63) vergriffen
Marieluise Fleißer
(64) 95 Seiten
Uwe Johnson
(65/66) 2. Aufl., 212 Seiten
Egon Erwin Kisch
(67) 63 Seiten
Siegfried Kracauer
(68) 90 Seiten
Helmut Heißenbüttel
(69/70) 126 Seiten
Rolf Dieter Brinkmann
(71) 102 Seiten
Hubert Fichte
(72) 118 Seiten
Heiner Müller
(73) 2. Aufl., 214 Seiten
Joh. Christian Günther
(74/75) 142 Seiten
Ernst Weiß
(76) 88 Seiten
Karl Krolow
(77) 95 Seiten
Walter Mehring
(78) 83 Seiten
Lion Feuchtwanger
(79/80) 148 Seiten
Botho Strauß
(81) 166 Seiten
Erich Arendt
(82/83) 155 Seiten
Friederike Mayröcker
(84) 98 Seiten
Alexander Kluge
(85/86) 155 Seiten
Carl Sternheim
(87) 112 Seiten
Dieter Wellershoff
(88) 116 Seiten
Wolfgang Hildesheimer
(89/90) 141 Seiten
Erich Fried
(91) 2. Aufl., 119 Seiten
Hans/Jean Arp
(92) 119 Seiten
Klaus Mann
(93/94) 141 Seiten
Carl Einstein
(95) vergriffen
Ernst Meister
(96) 98 Seiten
Peter Rühmkorf
(97) 94 Seiten
Herbert Marcuse
(98) 123 Seiten
Jean Améry
(99) 85 Seiten
Über Literaturkritik
(100) 112 Seiten
Sarah Kirsch
(101) 104 Seiten
B. Traven
(102) 100 Seiten
Rainer Werner Fassbinder
(103) 2. Aufl., 153 Seiten
Arnold Zweig
(104) 105 Seiten
Ernst Jünger
(105/106) 167 Seiten
Eckhard Henscheid
(107) vergriffen
MachtApparatLiteratur. Literatur und › Stalinismus ‹
(108) 100 Seiten
Günter Kunert
(109) 95 Seiten
Paul Nizon
(110) 99 Seiten
Christoph Hein
(111) vergriffen
Brigitte Kronauer
(112) 91 Seiten
Vom gegenwärtigen Zustand der deutschen Literatur
(113) vergriffen
Georg Christoph Lichtenberg
(114) 91 Seiten
Günther Anders
(115) 103 Seiten
Jurek Becker
(116) vergriffen
Elfriede Jelinek
(117) 3. Aufl., 127 Seiten
Karl Philipp Moritz
(118/119) 142 Seiten
Feinderklärung
Literatur und Staatssicherheitsdienst
(120) 117 Seiten
Arno Holz
(121) 129 Seiten
Else Lasker-Schüler
(122) 102 Seiten
Wolfgang Hilbig
(123) 99 Seiten
Literaten und Krieg
(124) 112 Seiten
Hans Joachim Schädlich
(125) 97 Seiten
Johann Gottfried Seume
(126) 116 Seiten
Günter de Bruyn
(127) 109 Seiten
Gerhard Roth
(128) 102 Seiten
Ernst Jandl
(129) 113 Seiten
Adolph Freiherr Knigge
(130) 107 Seiten
Frank Wedekind
(131/132) 185 Seiten
George Tabori
(133) 106 Seiten
Stefan Schütz
(134) 93 Seiten
Ludwig Harig
(135) 91 Seiten
Robert Gernhardt
(136) 121 Seiten
Peter Waterhouse
(137) 98 Seiten
Arthur Schnitzler
(138/139) 174 Seiten
Urs Widmer
(140) 94 Seiten
Hermann Lenz
(141) 104 Seiten
Gerhart Hauptmann
(142) 117 Seiten
Aktualität der Romantik
(143) 100 Seiten
Literatur und Holocaust
(144) 97 Seiten
Tankred Dorst
(145) 99 Seiten
J. M. R. Lenz
(146) 97 Seiten
Thomas Kling
(147) 122 Seiten
Joachim Ringelnatz
(148) 115 Seiten
Erich Maria Remarque
(149) 104 Seiten
Heimito von Doderer
(150) 113 Seiten
Johann Peter Hebel
(151) 109 Seiten
Digitale Literatur
(152) 137 Seiten
Durs Grünbein
(153) 93 Seiten
Barock
(154) 124 Seiten
Herta Müller
(155) 105 Seiten
Veza Canetti
(156) 111 Seiten
Peter Huchel
(157) 98 Seiten
W. G. Sebald
(158) 119 Seiten
Jürgen Becker
(159) 130 Seiten
Adalbert Stifter
(160) 115 Seiten
Ludwig Hohl
(161) 111 Seiten
Wilhelm Genazino
(162) 108 Seiten
H. G. Adler
(163) 115 Seiten
Marlene Streeruwitz
(164) 92 Seiten
Johannes Bobrowski
(165) 113 Seiten
Hannah Arendt
(166/167) 198 Seiten
Stefan George
(168) 124 Seiten
Walter Kempowski
(169) 107 Seiten
Nicolas Born
(170) 125 Seiten
Junge Lyrik
(171) 119 Seiten
Wilhelm Raabe
(172) 114 Seiten
Benutzte Lyrik
(173) 116 Seiten
Robert Schindel
(174) 100 Seiten
Ilse Aichinger
(175) 117 Seiten
Raoul Schrott
(176) 104 Seiten
Daniel Kehlmann
(177) 91 Seiten
Jeremias Gotthelf
(178/179) 149 Seiten
Juden.Bilder
(180) 126 Seiten
Georges-Arthur Goldschmidt
(181) 94 Seiten
Grete Weil
(182) 115 Seiten
Irmgard Keun
(183) 109 Seiten
Carlfriedrich Claus
(184) 141 Seiten
Hans Jürgen von der Wense
(185) 129 Seiten
Oskar Pastior
(186) 108 Seiten
Helmut Krausser
(187) 117 Seiten
Joseph Zoderer
(188) 100 Seiten
Reinhard Jirgl
(189) 107 Seiten
Rainald Goetz
(190) 117 Seiten
Yoko Tawada
(191/192) 171 Seiten
Ingo Schulze
(193) 100 Seiten
Thomas Brasch
(194) 101 Seiten
Uwe Timm
(195) 95 Seiten
Literatur und Hörbuch
(196) 101 Seiten
Friedrich Christian Delius
(197) 97 Seiten
Gerhard Falkner
(198) 102 Seiten
Peter Kurzeck
(199) 97 Seiten
Hans Fallada
(200) 109 Seiten
Ulrike Draesner
(201) 101 Seiten
Franz Fühmann
(202/203) 179 Seiten
Sibylle Lewitscharoff
(204) 104 Seiten
Ulrich Holbein
(205) 101 Seiten
Ernst Augustin
(206) 98 Seiten
Felicitas Hoppe
(207) 93 Seiten
Angela Krauß
(208) 105 Seiten
Kuno Raeber
(209) 106 Seiten
Jan Wagner
(210) 103 Seiten
Emine Sevgi Özdamar
(211) 99 Seiten
Christian Dietrich Grabbe
(212) 108 Seiten
Kurt Drawert
(213) 106 Seiten
Elke Erb
(214) 109 Seiten
Wolf Wondratschek
(215) 103 Seiten
Christian Kracht
(216) 104 Seiten
Navid Kermani
(217) 95 Seiten
Marcel Beyer
(218/219) 178 Seiten
Christoph Ransmayr
(220) 91 Seiten
Terézia Mora
(221) 100 Seiten
Michael Lentz
(222) 110 Seiten
Ernst Toller
(223) 123 Seiten
Sonderbände
Theodor W. Adorno
2. Aufl., 196 Seiten
Die andere Sprache. Neue DDR-Literatur der 80er Jahre
258 Seiten
Ansichten und Auskünfte zur deutschen Literatur nach 1945
189 Seiten
Aufbruch ins 20. Jahrhundert
Über Avantgarden
312 Seiten
Ingeborg Bachmann
vergriffen
Bestandsaufnahme Gegenwartsliteratur
vergriffen
Ernst Bloch
305 Seiten
Rudolf Borchardt
276 Seiten
Bertolt Brecht I
2. Aufl., 172 Seiten
Bertolt Brecht II
2. Aufl., 228 Seiten
Georg Büchner I/II
2. Aufl., 479 Seiten
Georg Büchner III
315 Seiten
Comics, Mangas,
Graphic Novels
272 Seiten
DDR-Literatur
der neunziger Jahre
218 Seiten
Theodor Fontane
3. Aufl., 224 Seiten
Gelesene Literatur
283 Seiten
Johann Wolfgang
von Goethe
363 Seiten
Oskar Maria Graf
224 Seiten
Graphic Novels
330 Seiten
Grimmelshausen
285 Seiten
Die Gruppe 47
3. Aufl., 353 Seiten
E. T. A. Hoffmann
213 Seiten
Friedrich Hölderlin
295 Seiten
Homer und die deutsche Literatur
303 Seiten
Jean Paul
3. Aufl., 309 Seiten
Franz Kafka
2. Aufl., 359 Seiten
Heinrich von Kleist
237 Seiten
Friedrich Gottlieb Klopstock
129 Seiten
Karl Kraus
vergriffen
Kriminalfallgeschichten
237 Seiten
Literarische Kanonbildung
372 Seiten
Literatur in der DDR. Rückblicke
307 Seiten
Literatur in der Schweiz
262 Seiten
Literatur und Migration
285 Seiten
Lyrik des 20. Jahrhunderts
300 Seiten
Martin Luther
265 Seiten
Heinrich Mann
4. Aufl., 180 Seiten
Thomas Mann
2. Aufl., 265 Seiten
Karl May
299 Seiten
Moses Mendelssohn
204 Seiten
Österreichische Gegenwartsliteratur
326 Seiten
Poetik des
Gegenwartsromans
213 Seiten
Pop-Literatur
328 Seiten
Joseph Roth
2. Aufl., 166 Seiten
Friedrich Schiller
171 Seiten
Theater fürs 21. Jahrhundert
238 Seiten
Versuchte Rekonstruktion –
Die Securitate und Oskar Pastior
140 Seiten
Visuelle Poesie
224 Seiten
Zukunft der Literatur
204 Seiten
Ernst Toller
24. Februar: Schlanke Linie ist modern, habe ich heute in der »Eleganten« gelesen. Ich habe die Tür zugeschlossen und mich vor den Spiegel gestellt. Meine schmalen Hüften kommen mir jetzt zupass. Morgen will ich mir ein neues Kleid nähen. Vielleicht ist es bis zum Faschingsball des Schützenvereins fertig.
1. März: Mein neues Kleid ist todschick. Ich habe bleu genommen, obwohl mir meine Freundin Marie riet beige zu kaufen. Aber ich habe Marie immer in Verdacht, sie will, dass ich eine Farbe kaufe, die zu meinem Haar nicht passt. Den Stoff fürs Revers am Hals trennte ich aus meinem Winterkostüm heraus. Tante wird schön schimpfen, wenn sie sieht, wie ich das Futter verschandelt habe.
Der Schnee ist geschmolzen. Ganz warm schien die Sonne heut Mittag schon. Ich glaube, es wird Frühling. »Laue Luft, Blumenduft und der Winde Wehn.« Ach, wenn ich auch so dichten könnte. Aber Tante sagt, die Dichter sind alle Taugenichtse. Ich kann das nicht glauben. Wer so Schönes schreibt, muss doch eine gute Seele haben.
3. März: Marie war grün vor Neid. »Du hast Dir also doch bleu genommen«, sagte sie mir süsslich, »dreh Dich mal um. Ich hab ja gleich gesagt, bleu steht Dir nicht.« Ich habe mich umgedreht und bin weggegangen. Dieses schlechte Geschöpf. Dabei haben alle gemeint, ich hätte das schönste Kleid auf dem Ball. Max N., der in der Theatervorstellung den Liebhaber spielt (ach wie himmlisch er aussah –) tanzte fast jeden Tanz mit mir. Nachher brachte er mich nach Haus. Es war schon 5 Uhr morgens. »Fräulein Anna«, sagte er zu mir in der Haustür, »wenn Sie sich jetzt noch einen Bubikopf schneiden lassen, können Sies mit jeder Berlinerin aufnehmen.« Aber das würde Tante nie und nimmer zugeben.
4. März: Ich bin erst ein paar Mal am Friseurladen vorbei gegangen. Nachher stand ich eine Weile vorm Schaufenster. Das Schild »Spezialität Bubikopf schneiden« musst ich immerzu ansehen. Schliesslich ging ich hinein und sagte, ich möchte mir … die Haare ondulieren lassen.« »Ihre Haare werden immer schöner«, meinte der Friseur, »darauf können Sie stolz sein.« Ich wurde ganz rot und fragte ihn gleich, ob seine Frau mit der Bluse, die ich ihr genäht habe, zufrieden gewesen sei. Wie er mir den Knoten drehte, fragte ich so nebenbei, »Was meinen Sie, Herr Knatschke, würde mir ein Bubikopf gut stehn?« »Bei Ihrer Fasson glänzend! Wollen wirs wagen, Fräulein Anna? Immer ran an den Speck.« »Aber Herr Knatschke, ich dürfte nicht mehr nach Hause, Tante jagte mich davon.« »Och Ihre Tante«, erwiderte Herr Knatschke, »die ist auch immer so altmodern.«
5. März: Ich habe Max N. auf der Hauptstrasse getroffen. »Na, Fräulein Anna, gut geschlafen«, rief er mir zu. »Danke schön, Herr N.« habe ich gesagt, »und Sie?« »Ich … um neun Uhr stand ich schon wieder aufm Bau, zum grossen Frühstück paar Schnäpse hinter die Binde, der Kater war wie weggeblasen.« Dabei kniff er mich verstohlen in den Arm. »Was sollen denn die Leute denken«, sagte ich, »auf offener Strasse, wenn das jemand gesehen hätte.« »Wer solls denn sehen«, sagte Max. »Na, Ihre Freundin Alma!« »Die, … das war Spass, mit der bin ich längst fertig. Ich lieb nicht solche, die an jeder Blüte saugen. Die ist für jeden Kommis zu haben. Neulich kaufe ich mir eine Krawatte, steht sie im gleichen Laden ohne mich zu bemerken. Was die dem Ladenschwengel für Augen hinschmiss, pfui Deibel kann man da nur sagen.« Mir wurde ganz heiss ums Herz. Als er mir Adieu sagte, habe ich auf Wiedersehen gesagt. Er drückte mir die Hand und schaute mich tief an. Ich bin rasch davon gelaufen.
8. März: Hat das einen Krach gegeben. Ich sagte, ich muss mir meinen Unterhalt selbst verdienen und bezahle mein Essen. Ich kann machen, was ich will. Aber Tante haute mir eine runter und schrie »Du Frauenzimmer, jetzt siehst Du aus, wie eine von der Strasse.« Ich weinte bitterlich. Ich fühle mich so allein.
Verlassen, verlassen, verlassen, bin i.
Wie der Stein auf der Strassen, verlassen bin i.
Du liebes Mütterlein du, du liegst draussen im kühlen Grabe, und auf mir treten sie herum, als ob ich ein Stein wäre.
Max hat auch nichts mehr von sich hören lassen. Ich glaube er geht doch mit Alma.
9. März: Sträusslein blauer Veilchen, wie herzig du duftest. Der Frühling ist da, der Frühling ist da, möcht ich rufen immerzu.
Ich ging Futter einkaufen für das Kostüm der Frau Schlächtermeister nebenan. Es schlug gerad zwölf, da ruft jemand hinter mir, »Fräulein Anna, Fräulein Anna.« Ich dreh mich um, da ist es Max.
»Gott, sehen Sie schön aus, und einen richtigen Bubikopf haben Sie.« Ich wäre fast vergangen, aber ich habe nur geantwortet: »So«, und dann sagte ich, ich hätte keine Zeit.
10. März: Heute früh um halb acht hats geklingelt. Der Briefträger stand draussen und brachte einen Brief. Ich bekam einen mächtigen Schreck, als ich meinen Namen sah. Gut, dass Tante noch nicht auf war. Sie hätte sicher den Brief aufgerissen und mit mir rumgeschimpft. Ob ich morgen Abend in das Wäldchen gehen soll, wie ers will? Was er wohl von mir denkt? Er hätt mich auch wo anders hinbestellen können. Mittags war Marie bei mir. »Wie ein Mann siehst Du aus« sagte sie. »Doch höchstens wie ein Bubi«, wollt ich antworten, aber ich hab mirs verkniffen.
11. März: In zehn Minuten geh ich ins Wäldchen. Es ist so warm draussen wie im Mai. Ich setz mir keinen Hut auf.
12. März morgens: Die Brust sprengts mir, ich kann nicht schreiben. Verzeih mirs, liebes Tagebuch.
Nachmittags: Wie er mich küsste zum Abschied, wollt ich ihn gar nicht los lassen. Er hat mich gefragt, ob ich zu ihm ziehen wolle. Noch 4 Stunden bis wir uns wiedersehen …. Die Minuten kleben als hätten sie Leim an den Füssen.
Abends 6 Uhr:
13. März: Mein Gott, mein Gott, ist es immer so furchtbar, ich hätte schreien mögen, aber ich habe an mich gehalten. Als ich schluchzte, hat er mich gestreichelt und gesagt, es geht schon vorüber. Nach einer Viertelstunde war er ganz ärgerlich, stand auf, und wir gingen schweigend nach Hause. Heut ist der dreizehnte. Ich hab immer gewusst, dass die Zahl dreizehn mir Unglück bringt. Es war nach zwölf.
15. März: Wie soll das enden? Ich bin so unglücklich, wenn ich mir nur Rat wüsste, aber an wen mich wenden. Marie, die würde schön tun, und morgen wüsste es die ganze Strasse und Tante, die schlüg mich halbtot. Ich komme mir so verdorben vor. Ich bin zu ihm in die Wohnung gegangen. Er hat mich ausgezogen. Ich hatte schreckliche Angst …. Gegen Morgen sprang er auf, stellte sich vors Fenster und pfiff. Ich hab die ganze Nacht geweint. Die Romane lügen alle. Nichts ist schön dabei. Ob ich wohl ein Kind bekommen werde? Und wenn Sie in der Nachbarschaft auf mich mit Fingern zeigen, ich wünsch es mir doch.
18. März: Schon der dritte Tag, an dem ich nichts mehr gehört habe. Nein, nein, ich glaub nicht, dass er wie die andern ist. Erst die Blume brechen, dann husch davon.
19. März morgens: Ein Brief von Max, ich soll mittags, fünf Minuten nach zwölf in der Nähe vom Bauplatz sein, er müsse unbedingt mit mir sprechen. Was mag er nur haben? Hat uns jemand beobachtet?
Um halb zwei: Ich fasse nichts. Max hat gesagt, ich soll mal zum Arzt gehen, da stimmt was nicht. »Glaubst Du, dass ich ein Kind bekomme«, habe ich gefragt. Max hat laut gelacht und gesagt: »Im Gegenteil, wenn Du Dich heute trauen liessest, könntest Du mit gutem Gewissen einen echten Myrthenkranz aufsetzen.« Er wollte sich ausschütten vor Lachen und dann hat er gepfiffen, »Wir winden Dir den Jungfernkranz« und mich furchtbar abgeküsst.
20. März: Ich schäm mich zum Arzt zu gehn, ich tus nicht.
21. März: Eben traf ich Max. »Warst Du schon beim Doctor« hat er gefragt. Als ich das verneinte, sagte er »Na, denn nicht, liebe Tante« zog seinen Hut und ging davon.
22. März: Der Doctor hat mich untersucht, hat den Kopf geschüttelt, hat mich was gefragt, was ich nicht verstand und dann hat er gesagt: »Kommen Sie morgen wieder.«
23. März: Heute haben zwei Aerzte mich untersucht. Der Doctor sagte, ich soll mich nicht wundern, das sei ein Kollege von ihm. Sie haben mich beide untersucht und haben miteinander in einer Sprache gesprochen, die ich nicht verstand. Ich hab mich so geniert. Am Schluss hat der Doctor gesagt: »Weiss Ihre Tante, dass Sie hier sind?« »Nein, und sie solls auch nicht wissen«, hab ich geantwortet. »Also hören Sie«, hat er gemeint, »ich kann Ihnen nicht helfen. Die Dinge liegen nicht gut für Sie.« »Bekomme ich ein Kind?« hab ich gefragt, da hat er eben so laut gelacht wie Max, und der fremde Doctor hat auch gelacht. »Ich gebe Ihnen einen Rat, liebes Kind. Sie müssen unter irgend einem Vorwand nach Berlin fahren. Dort werde ich Ihnen eine Adresse geben für einen Arzt, zu dem müssen Sie gehen.« Da hab ich zu weinen angefangen. »Bitte, bitte, lieber Herr Doctor, hab ich den Krebs, meine Mutter ist auch an Krebs gestorben.« »Beruhigen Sie sich nur, Sie sind gesund, wie ein Fisch im Wasser.« Was hat das nur zu bedeuten? Ich fahre nicht nach Berlin, nein, nein. Noch einmal sich auf den Operationsstuhl setzen und all das Widerwärtige – lieber will ich sterben.
Morgen werde ich siebzehn Jahre alt. Ich freu mich nicht ein bisschen. Ach wer mir das vor drei Wochen prophezeit hätte ….
24. März: Tante hat mir Staubtücher geschenkt. Für die Aussteuer, hat sie gesagt. Dabei weiss ich ganz genau, nächste Woche wird sie kommen und sagen, ich soll ein Staubtuch nehmen und das Vertikow abstauben. So wirds weiter gehn, bis das dritte Staubtuch ein Lumpen geworden ist. Und Marie, das hätt ich ihr nicht zugetraut. Eine Schürze brachte sie mir, ich weiss genau, die hat sie in der 95 Pfennig Woche gekauft, und drin eingewickelt lag eine Tube Bartpomade. Das soll nun ein Witz sein. »Weil Du aussiehst wie ein Ringer«, hat Marie gesagt, »schmier mal ein. Hühnerdreck mit Eiweiss ist drin, vielleicht wächst der Bart.« »Wenn mir Bart-Creme gut tut, dann musst Du Dir eine Luftpumpe kaufen«, hab ich ihr geantwortet. Die mit ihrer Hühnerbrust. Wir wären uns beinah in die Haare geraten. Aber plötzlich wurde mir ganz weich zumute. Ich fiel Marie um den Hals und habe lange geweint.
Abends 11 Uhr: Max meint, ich müsse nach Berlin fahren, davon verstünde ich nichts. Wenn ich haben wollte, dass er mich lieb behalte, sollte ichs tun.
2. April: Morgen früh fahr ich nach Berlin. Was hab ich zusammen schwindeln müssen. Marie hat mir 16,- M dazu geliehen. Ich hab ihr nichts erzählt. Marie ist doch ein gutes Mädchen.
4. April: Ich überleb das nicht, ich überleb das nicht. Ich geh ins Wasser. Ach Mutter, Mutter, warum hast Du mich geboren? Diese Schande, diese Schande ….
5. April: Ich muss es Dir anvertrauen mein liebes Tagebuch, du bist mein einziger Freund auf dieser Welt. Der Sanitätsrat hat mich behorcht und beklopft, dann hat er mich in ein dunkles Zimmer geführt und hat gesagt, ich müsse durchleuchtet werden. Ganz nackt hab ich mich ausziehn müssen. »Ziehn Sie sich jetzt an, liebes Fräulein Anna.« Ich sass vor ihm am Tisch. »Haben Sie eine Freundin?« »Ja« »Wie heisst sie?« »Marie.« »Haben Sie Marie sehr gern?« »Manchmal ja, manchmal nein.« »Küssen Sie Marie oft?« »Nein.« »Haben Sie einen Schatz?« Da fing ich an zu weinen und hab ihm alles erzählt. Er hat mich gestreichelt. »Hören Sie mal zu, liebes Fräulein Anna, was ich Ihnen jetzt sagen werde, ist gar nichts Schreckliches. Es ist alles natürlich, Sie müssen nämlich wissen«, und dann hat er eine lange Pause gemacht, »Sie sind gar kein richtiges Mädchen, Sie sind eigentlich ein Mann.« Ich dachte, er wollte mit mir Spass machen und fand diesen Spass recht unanständig. Er sah wohl, wie ich rot wurde und weglaufen wollte. »Ich spreche im Ernst, liebes Fräulein Anna.« »Das kann doch nicht sein, Herr Doctor, ich heisse doch Anna und bin Anna getauft.« Und da hat er mir dann alles erklärt. Mein Gott, mein Gott, was soll jetzt werden. Ich reise nicht mehr nach Danzig. Vielleicht fahre ich nach Amerika.
6. April: Als ich heute morgen in dem kleinen Hotel am Potsdamerplatz aufwachte, und die Frühlingssonne so recht warm ins Fenster schien, als ich an Max dachte und mir das Herz so recht warm wurde, bin ich aus dem Bett aufgesprungen und hab mich vor den Spiegel gestellt. Bin ich verrückt, oder sind die Doctoren verrückt? Ich bin doch eine Frau, ich habe Brüste, schönere als Marie, und überhaupt …. Ich glaube ich werde noch meinen Verstand verlieren.
9. April: Ich wohne jetzt in der Klinik beim Sanitätsrat. Bezahlen brauche ich nichts, er hat gesagt, ich solle nur hinziehen. Heute Vormittag hat er mir eine Maske vors Gesicht gebunden und mich andern Aerzten gezeigt. Ich hab mich zuerst sehr gesträubt. »Nur keine Furcht, Fräulein Anna, oder, soll ich Herr Anna sagen«, hat er gemeint, »nur keine Furcht, vielleicht finden wir einen Ausweg.«
10. April: Ich war schon morgens um neun in der Sprechstunde. »Wollen Sie wirklich ein Mädchen bleiben?« Ich guckte ihn ratlos an. »Sehen Sie, Fräulein Anna, das alles mag Ihnen jetzt komisch erscheinen, aber Sie sind nicht die einzige, der es so ging. Sie ziehn dann in eine andere Stadt, vielleicht nach Süddeutschland. Sie sind kräftig, Sie haben doch das Schneidern gelernt?« »Ja.« »Na also, Sie können bei Ihrem Handwerk bleiben. Als Damenschneider verdient man nicht wenig.« Da hab ich laut geschrien, hab mich vor ihm in die Knie geworfen und gerufen »Lieber, lieber Herr Doctor, helfen Sie mir doch, dass ich eine Frau bleibe. Ich bin ja kein Mann, ich fühle mich ja nicht als Mann …. Ich lieb meinen Max und er liebt mich.« »Doch, doch, Fräulein Anna, Sie sind ein Mann, aber lassen Sie mich überlegen. Kommen Sie morgen wieder.«
Nachts: Ich hab an Tante geschrieben, ich würde hier eine Stellung annehmen. Mag sie schimpfen, mir ist alles gleich.
Von Max kam ein Brief, wo ich denn bleibe, warum ich denn nicht zurückkomme. Ich hab seine liebe Handschrift geküsst und den Brief wohl zwanzig mal gelesen. Oh Max, wir müssen scheiden, wie weh das tut ….
12. April: »Sie sehn aber schlecht aus«, begrüsste mich der Doctor. »Ich hab kein Auge zugemacht.« »Mut gefasst, liebe Anna. Ich hab mich mit meinem Kollegen besprochen. Jeder soll nach seiner Fasson selig werden. Wir werden Ihnen helfen.« Ich hab nichts mehr hören können. ich bin herum getanzt und hab den Onkel Doctor abgeküsst rechts und links. Am Nachmittag hat er mir alles erklärt. Ich bin mit allem einverstanden.
Aber Kinder, sagte er, werde ich nie bekommen. Und ich hab mir immer so einen süssen Bubi gewünscht.
24. April: Übermorgen darf ich nach Haus fahren. Ich hab so Angst vor Max. Ob er nichts merken wird. Heute Nachmittag kam der Doctor mit einem fremden Herrn. »Das ist ein Dichter«, sagte er, »der schreibt Schauspiele und Romane, der möchte sich gern mit Ihnen unterhalten.« Der Doctor liess uns allein. Erst genierte ich mich ein bisschen, aber wir haben uns gut unterhalten. Tante hat doch Unrecht. Dichter sind gar nicht so. Er hat sich alles von mir erzählen lassen, und bevor er wegging, hat er gesagt: »Darf ich Ihnen einen Rat geben, liebes Fräulein? Was Sie hier erfahren haben, und was hier mit Ihnen geschehen ist, davon dürfen Sie nie ein Wort Ihrem Max berichten.« »Aber«, hab ich geantwortet, »ich werde doch meinen Max nicht belügen.« »Nehmen Sie diese Lüge auf sich«, hat er gemeint, »Mit dieser Lüge machen Sie ihn glücklich und sich glücklich. Sagen Sie ihm die Wahrheit, so helfen Sie ihm nicht und Sie werden das unglücklichste aller Menschenkinder.«
Ich hab die ganze Nacht an diese Worte denken müssen. Was soll ich nur tun??
25. April: Jetzt muss ich dich in meinen Reisekorb packen, liebes Tagebuch. Ich hab mich entschlossen Max nichts zu sagen.
28. April: Max strahlte. Ich wusste zuerst nicht, ob ich froh sein soll oder weinen. Ich bin doch glücklich. Max hat gesagt, so wie die Papiere beisammen sind, heiraten wir.
25. Mai: Morgen werden wir getraut!!!
Nachschrift des Herausgebers:
Hier bricht das Tagebuch ab. Anna hat, aus Furcht, es könnte ihrem Mann in die Hände fallen, das Buch mir anvertraut.
Ich veröffentliche es am 26. Mai 1927, dem Jahrestag ihrer fünfjährigen glücklichen Ehe.