INHALTSÜBERSICHT:

1)

Einleitung

2)

Geschichte & Psychologie

 

Religion, Medizin & Erziehung

3)

Übersicht der Instrumente

 

… zum Schlagen und lustvollen Quälen

4)

Ablauf einer Flag-Session

 

… so kann das Ritual aussehen

5)

Flag-Positionen & -Techniken

 

- Stehende Flag-Positionen

 

- Gesicht nach unten

 

- Specials

 

- Flagellation in Kombination mit anderen „Sex-Kicks“

6)

Flagellation in der Literatur

 

… eine Auswahl an Büchern

7)

41 Flag-Storys

 

… zum Lesen und „Mitfühlen“!

8)

Quellennachweis

Körperliche Züchtigung — auch unter Frauen keine Ausnahme.

1. EINLEITUNG

 

Um es gleich vorweg zu sagen: Flagellantismus hat nichts mit Grausamkeit zu tun! Es geht hier nicht um sinnloses Schlagen, sondern die Hiebe mit Hand oder Peitsche & Co. sind ein sinnliches Ritual, das es zu zelebrieren gilt. Doch dazu später mehr. Zunächst einmal zum Begriff Flagellantismus selbst. Die Bezeichnung Flagellation stammt vom lateinischen Wort flagellum, das Peitsche/Geißel bedeutet. Rein sachlich erläutert ist Flagellation körperliche Züchtigung, die grundsätzlich aus zwei unterschiedlichen Gründen geschieht: Entweder als Bestrafung im öffentlichen oder privaten Bereich oder aber aus rein sexuellen Motiven, also zum Zwecke erotischer Stimulation, geschlechtlicher Erregung; und um diesen letzteren Aspekt geht es in diesem Buch. Somit ist Flagellation also als eine Praktik im Rahmen sadomasochistischer Spiele einzuordnen, egal ob soft oder etwas härter. Auch wenn viele Flag-Fans ausdrücklich darauf bestehen, sich von S/Mlern zu unterscheiden, so ist doch eine ganz wichtige Gemeinsamkeit zwischen Flagellation und S/M-Spielen zu sehen: Die Lust am süßen Schmerz! Aber echte Flagellanten sehen in ihrer bizarren Sex-Spielart viel mehr als nur eine von vielen Möglichkeiten, sich sexuell zu stimulieren; sie preisen diese Form der Erregung als extrem lustvoll, und für viele von ihnen ist es sogar der einzige Weg um sexuelle Befriedigung zu erfahren – in jenem Fall ist die Peitsche dann als Fetisch zu betrachten. Aber natürlich muss Flagellation nicht gleich ins Extreme ausarten. Viele Paare lieben die softe Version dieses erotischen Spiels. Sie genießen sie ab und zu als eine reizvolle Variante unter vielen und wenden dabei unterschiedliche Schlagwerkzeuge an: Ob es die flache Hand oder der Gürtel, die Weidenrute oder gar eine echte Lederpeitsche sein soll, muss jedes Paar individuell entscheiden. Meist finden diese erregenden Szenen im Rahmen kleiner, oftmals spontaner Rollenspiele statt: Der strenge „Vater“ gibt der unartigen „Tochter“ strafende Klapse auf den nackten Po oder die ungehörige Verspätung der Frau wird ihr von ihrem dominanten Lover mit Hilfe eines Rohrstockes „ausgetrieben“. Auch dazu später mehr.

Fakt ist: Die Lust an süßen Hieben – ob aktiv oder passiv – kommt wesentlich häufiger vor, als es sich „Otto Normalsexler“ vorstellen kann. Warum auch nicht, wenn’s Spaß macht und vor allem Lust bringt?! Einige Sexualwissenschaftler vertreten sogar die Meinung, die Neigung zum Flagellantismus ist mindestens so weit verbreitet wie die (bewusste oder unbewusste) Neigung zur Bisexualität. Kurz gesagt – viele von uns haben schon mal erregende flagellantistische Phantasien gehabt oder wurden spontan durch eine Szene sexuell stimuliert, in der jemand Klapse auf den Po (oder anderswo) bekam. Es muss ja nicht gleich immer zum absoluten Fetisch ausarten – die Bandbreite des Flagellantismus ist groß!

„Wollt ihr mir wohl gehorchen, ihr unfolgsamen Pferdchen!“ (Engl. Zeichnung um 1800.)

Flagellation, auch Geißelung genannt, um das erotische Verlangen eines Sexpartners zu steigern, wird schon von Alters her praktiziert. Bereits der indische Autor Vatsyayana kannte offensichtlich die stimulierende Wirkung des Schmerzes und gab vor rund 2.000 Jahren in seinem berühmten Liebeslehrbuch „Kamasutra“ klare Anweisungen für das Schlagen eines Partners während des Liebesaktes. Und auch der alte persische Dichter Rumi wusste bereits: „Liebe ist ihrer Natur nach Schmerz.“ Was passte da wohl besser, als diesen einzigartigen Schmerz durch sinnliche, lustvolle Hiebe noch zu versüßen?

Ein ganz wichtiger Punkt, der hier hervorgehoben werden soll, ist, dass bei der Flagellation niemals Gewalt im Spiel sein darf – auch wenn das den Leser vielleicht im ersten Moment wundern wird. Es geht hier um das Spiel von Dominanz und Unterwerfung, von Schmerz und Lust, und nicht etwa um das Ausleben von Gewalt oder ums Abreagieren von Aggressionen am Gezüchtigten. Das erotische Schlagen ist Ausdruck von Macht, von sexueller Kontrolle und vor allem von Zuneigung oder gar Liebe. Der aktive Flagellant muss immer einen klaren Kopf und die Übersicht behalten; der passive, empfangende Partner ist derjenige, der sich fallen lassen kann in sein Gefühl, das Schmerz und Lust auf so süße Art und Weise vereint. Es sei hier jedoch ausdrücklich betont, dass Flagellation eine Kunst ist, die niemals mit laienhafter Naivität ausgeübt werden sollte. Freiwilligkeit und Rücksicht auf die individuellen Bedürfnisse und persönlichen Grenzen des Partners sind oberstes Gebot. Sich einfach ein Schlaginstrument zu schnappen und draufloszudreschen, das ist weit von dem sinnlichen Ritual entfernt, an das echte Flag-Fans und -Fetischisten ihr Herz – und ihr Genital – hängen. Deshalb empfehlen wir Einsteigern (egal ob aktiv oder passiv) ausdrücklich, sich erst einmal eingehend mit dem Thema zu beschäftigen, sich per Buch, Video, DVD, CD-ROM oder übers Internet zu informieren und inspirieren zu lassen und erst dann Step by Step mit der Flagellations-Praxis zu beginnen. Genau dabei wollen wir mit diesem Buch Hilfestellung leisten, denn hier finden Sie die richtige Mischung aus geschichtlichen und psychologischen Hintergründen des Flagellantismus, einer Erläuterung der einzelnen Schlagwerkzeuge sowie vielen detaillierten Anregungen, wie ein Flag-Ritual ablaufen kann. Wir zeigen Ihnen alles, was man als Neuling über die Welt des Flagellantismus wissen muss, und bieten Ihnen auch eine Auswahl an flagellantistischen Beispiel-Szenen aus der bekannten und auch weniger bekannten (Welt-)Literatur. Entscheiden Sie selbst, wonach Ihnen ist – die Bandbreite der Möglichkeiten ist groß und reicht von sanften Klapsen auf den Po als reizvolles Vorspiel zum Sex bis zu den perversen Flagellations-Orgien des Marquis des Sade; und vor allem: Lassen Sie Ihre Phantasie spielen und genießen Sie die schmerzvoll-prickelnde Lust, die Peitsche, Rohrstock und Co. schenken können. Denn die Welt des Flagellantismus ist genauso vielfältig wie alle anderen Bereiche der menschlichen Sexualität! Wichtig ist uns, dass sich jemand, der sich seiner flagellantistischen Neigungen vielleicht noch nicht ganz sicher ist, nach der Lektüre dieses Buches informiert und inspiriert fühlt; wir möchten Ihnen dabei helfen, diese erotische Spielart besser zu verstehen, diese bizarre Neigung für sich zu akzeptieren und sie gegebenenfalls als prickelnde Lustquelle zu nutzen.

Quälend-süße Erlebnisse wünscht Ihnen Kim Powers

„Alle gegen einen, denn in der Gruppe sind wir stark!“

2. GESCHICHTE & PSYCHOLOGIE

RELIGION, MEDIZIN & ERZIEHUNG

In diesem Kapitel sollen die geschichtlichen sowie die psychologischen Hintergründe des Flagellantismus erklärt werden. Denn es gab körperliche Züchtigung natürlich nicht immer nur zu Lust-Zwecken, sondern Geißelung hatte früher auch eine wichtige Stellung in der Medizin und spielt noch heute auch in der Religion eine Rolle. Grund dieser Selbstkasteiung: Durch die Schläge sollte und soll ein tranceähnlicher Zustand herbeigeführt werden. Während des griechischen Thessalifestes zu Ehren der Liebesgöttin Aphrodite zum Beispiel wendeten Frauen in der Antike die Geißelung an um ihr erotisches Verlangen vor Sexorgien zu steigern. Unfruchtbare griechische Frauen wurden nackt ausgezogen und im Juno-Tempel geschlagen um ihre Unfruchtbarkeit zu heilen. Es gab auch ein solches Fest zu Ehren des römischen Gottes Lupercus, bei dem sich die Frauen ebenfalls von den Priestern mit Riemen oder Ruten auf das nackte Gesäß schlagen ließen um ihre Fruchbarkeit zu erhöhen. Von den Fruchtbarkeitsreligionen fand die Flagellation schließlich ihren Weg ins Christentum. Christliche Mönche übernahmen sie als Teil ihrer Selbstkasteiungsriten; sie wollten damit ihre Fleischeslust abtöten. Besonders im 13. Jahrhundert blühten diese religiösen Sekten, die als so genannte Geißler in die Geschichte eingingen. Die Geißler, die als Gruppen durch die Lande zogen, schlugen sich singend und betend – oft in Ekstase – den Oberkörper blutig. Ganz sicher spürten die Mönche bereits damals, dass durch die Schläge nicht nur „ihre Sünden vergeben und ihre Nähe zu Gott größer“, sondern vor allem ihr sexuelles Verlangen intensiviert und schließlich auch befriedigt wurde: Die Geißelung löste sexuelle Gefühle aus, anstatt sie zu verhindern, und brachte den Mönchen und Sektenanhängern oftmals höchste sexuelle Befriedigung. Zuerst von der Kirche gefördert, wurden die Geißler deshalb bald verfolgt, nachdem sich aus den Geißelungen immer öfter sadomasochistische Orgien entwickelten. Es lässt sich also zusammenfassend sagen, dass der Ursprung des Flagellantismus eine Mischung aus sexuellen Trieben und religiösen Emotionen war.

Das Schlagen mit Ruten, Peitschen und Brennnesseln wurde früher aber auch aus medizinischen Gründen zur Heilung anderer Leiden als der Unfruchtbarkeit empfohlen. So schrieb zum Beispiel der italienische Medizin-Professor Hieronymus Mercurialis Mitte des 15. Jahrhunderts, dass es viele Ärzte gebe, die abgemagerten Menschen die Geißelung als Mittel zum Zunehmen anrieten. Viele medizinisch bewanderte Mönche lobten das Schlagen zur Linderung verschiedener Probleme oder Krankheiten wie zum Beispiel Verstopfung und allgemeine Müdigkeit. Ein weiterer berühmter Mediziner, der in diesem Zusammenhang zu nennen ist, war Johann Heinrich Meibom der Ältere, der als Professor der Medizin in Helmstädt wirkte und von dem medizinische Wert der Flagellation überzeugt war; unter anderem schrieb er 1629 eine Abhandlung zum Thema „Der Nutzen des Geißelns in medizinischer und sexueller Beziehung“. Vor allem aber war die Geißelung in Bordellen jahrhundertelang zur Bekämpfung männlicher Impotenz üblich – besonders ältere Freier erigierten oft nur nach intensiver Peitschen-Behandlung. Und das Prügeln war speziell (aber nicht nur!) in englischen Schulen und Internaten sehr beliebt, aber auch sehr viele englische Durchschnittsbürger des Viktorianischen Zeitalters waren Flagellanten: Das Schlagen wurde geradezu zur „Epidemie“, das beweisen sowohl schriftliche Zeugnisse aus dieser Zeit als auch Zeichnungen und Fotos; in der zeitgenössischen englischen Pornographie aus dieser Zeit dominiert ganz klar der Flagellantismus vor allen anderen Themen. Zucht und Disziplin waren damals wichtige Ideale der englischen Gesellschaft – und das schlug sich (im wahrsten Sinne des Wortes!) eben auch im Sexuellen nieder. Daher stammt also die Bezeichnung Englische Erziehung; auch heute noch sind deshalb in der einschlägigen Flagellanten-Szene englische Bezeichnungen wie „Top“ (= „Oberer“) für den aktiven und „Bottom“ (= „Unterer“) für den passiven Flagellanten gang und gäbe. Flagellantismus ist also fest mit der Englischen Gesellschaftsgeschichte verbunden. Iwan Bloch schreibt sogar in seinem Werk „Die Flagellomanie“ (1902): „Man kann die Flagellomanie, das heißt die Sucht zu prügeln und zu geißeln und die Vorliebe für den Gebrauch der Rute, als ein den Engländern eigentümliches Laster bezeichnen und diese unter allen Ständen und Lebensaltern verbreitete Leidenschaft als das interessanteste Kapitel in der Geschichte des englischen Sexuallebens betrachten. Zwar haben auch bei anderen Völkern das Prügeln als Strafmittel und die Rute als sexuelles Stimulans eine Rolle gespielt und spielen sie noch heute, wie jeder weiß, der sich auch nur ganz oberflächlich mit dem erotischen Flagellantismus bei den einzelnen Völkern beschäftigt und daraus den Schluss ziehen kann, dass der Mensch im Allgemeinen, ganz abgesehen von Rasse und Nationalität, von Kultur und Zivilisation, von jeher eine große Neigung für die Misshandlung seines Mitmenschen durch Prügeln mit verschiedenen Instrumenten bekundet hat, wobei auch häufig sexuelle Motive mit im Spiele gewesen sein mögen.“

Es lässt sich zwar nicht mit Sicherheit nachweisen, aber die meisten Sexualwissenschaftler und -psychologen gehen davon aus, dass flagellantistische Neigungen fast immer auf entsprechende Erfahrungen in der Kindheit und Jugend zurückzuführen sind; wer also als Erwachsener auf süße Hiebe steht, der ist meist als Kind durch körperliche Strafen gezüchtigt worden. Natürlich gibt es bei dieser Theorie auch Ausnahmen. Denn andererseits wird ganz sicher nicht jedes Kind, das im Rahmen seiner Erziehung Schläge erfahren hat, später zum Flagellanten, der die süßen Hiebe als sexuellen Anturner schätzt.

Hier nun eine kurze Erläuterung der körperlichen Abläufe während der Flagellation – zunächst einmal aus „sachlicher“ Sicht: Englische Erziehung beziehungsweise Flagellation kann stimulierend wirken, indem sie beim passiven Partner beispielsweise physische Stressreaktionen auslöst, durch die bestimmte körpereigene Hormone (Endorphine) ausgeschüttet werden. Diese verursachen eine lustvollen Stimmungsrausch, nach dem sich der Flagellant beziehungsweise Masochist sehnt. Auch die SchmerztoleranzGrenze wird durch die Endorphin-Ausschüttung erhöht. Ziel der Flagellation ist zweifellos: Die Nerven sollen zu äußerster Sensibilität erregt, alle Empfindungen über die Reizschwelle des körperlichen Schmerzes in eine Ekstase der Lust getrieben werden. Qual und körperliche Begierde verschmelzen zu einer Einheit; eine Einheit, die zugleich gefürchtet und ersehnt, die angestrebt und genießend erduldet wird. Die Windungen und Zuckungen des gepeinigten Körpers erhöhen gleichzeitig die sexuelle Lust des aktiven Flagellanten, diese überträgt sich dann wiederum auf das „Opfer“. Ein Flagellant wie zum Beispiel einer der Hauptcharaktere in dem Roman „Wimmern darfst du … schreien nie!“ von der Autorin Amun Gard beschreibt diese Leidenschaft viel emotionaler: „Flagellation ist ein Zeichen von Liebe. Und das Geheimnis dieser Liebe ist das Flagellations-Ritual. Nur wer dieses Ritual versteht, wer seine Liebe im Schmerz erlebt, nur der ist fähig das auszuschöpfen, was Liebe wirklich schenken kann. Es gibt keine Liebe ohne Schmerz. Alles andere bleibt Oberfläche. Abziehbild. Nur der, der sich im Schmerz der Liebe hingibt oder in der Liebe dem Schmerz, wird das erreichen, was köstlicher ist als jedes andere Geschenk, das das Leben für uns bereithält. Sie werden den Schmerz lieben, den ich Ihnen schenken werde, weil er Ihnen den Ozean und den Himmel öffnet. (…) Und auch ich, auch ich werde den Schmerz lieben lernen, den es mir bereitet, ihn Ihnen zuzufügen. Sie zu züchtigen. Denn es bedeutet Schmerz, wenn man dem Liebsten, dem Wichtigsten, dieses Opfer abverlangen muss. Glauben Sie mir, es ist schwerer, dieses Opfer zu fordern, als es zu bringen.“ (…)

„Der Magister“, Federzeichnung von B. W.

Auch in den Pariser Bordellen um 1850 war Flagellation äußerst beliebt. Cardier, damals Polizeipräsident der Metropole, bemerkte dazu: „Sie hatten ein wahres Arsenal von Peinigungswerkzeugen, Klopfpeitschen, Ruten, knotigen Stricken, Lederriemen, in die Nagelspitzen eingefügt waren. Das getrocknete Blut, das diese verschiedenartigen Instrumente wie ein Überzug bedeckte, lieferte den Beweis, dass sie nicht nur als Spielzeug dienen sollten, sondern wirklich zur Befriedigung ungeheurer Launen angewandt wurden.“

Zum Bereich der Flagellation gehört auch das Spanking (engl. für „prügeln“, „versohlen“). Unter Spanking versteht man leichte Schläge, besonders auf den nackten Hintern, um dadurch sexuelle Lust zu erzeugen. Echte Spanking-Experten achten besonders auf einen langsamen, gleichmäßigen Schlagrhythmus; das ist wichtig um auch tiefer liegende Nerven zu stimulieren. Beim Spanking kann mit der Hand geschlagen, es können aber auch diverse Schlaginstrumente angewendet werde: Ruten, Gerten, Rohrstöcke, so genannte Paddel oder sogar Gürtel, Kochlöffel oder Teppichklopfer. Spanking wird beim S/M gerne in Rollenspiele mit einbezogen, in denen zum Beispiel eine „strenge Erzieherin“ ihren „Schüler“ übers Knie legt.

„Das Peitschenkarussell“ heißt diese englische Strichzeichnung.

„Disziplin“, Englischer Kupferstich um 1700.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass die Sexualwissenschaft begonnen hat, sexuelle Neigungen wie Flagellantismus überhaupt als Fetisch zu erkennen und zu erklären. Noch vor etwas mehr als hundert Jahren zählte man diese bizarren Neigungen zu den so genannten Geschlechtsverwirrungen. Diese wurden damals als Krankheiten angesehen – als Psychopathia sexualis. Ein andere Bezeichnung für Flagellantismus ist übrigens Rhabdophilie (rhabdos: Rute; philie: Bindung an), wobei es bei Rhabdophilie und Flagellantismus zwar grundsätzlich um das Gleiche geht – nämlich das Schlagen zum Zwecke der erotischen Stimulation –, aber es einen wichtigen und entscheidenden Unterschied gibt: Im Falle von Rhabdophilie ist der erotische Flagellantismus ein Fetisch, ohne den der Betroffene keine sexuelle Befriedigung mehr erlangen kann. Solange das Peitschen, Klapsen oder Schlagen nur ein reizvolles Spiel unter vielen ist, spricht man von Flagellantismus. Ansonsten müsste man von Rhabdophilie oder Flagellomanie sprechen, also von der Sucht nach dem aktiven oder passiven Schlagen.

„Jetzt spielen wir unser eigenes Erziehungsspiel!“

Erst ab Ende des 19. Jahrhunderts erkannten so berühmte Psychologen und Sexualwissenschaftler wie der Österreicher Sigmund Freud (1856 - 1939) und der Deutsche Richard von Krafft-Ebing (1840 - 1902) die tiefere Bedeutung derartiger Neigungen. Sie brachten erstmals die Psychoanalyse, die Erforschung des Unterbewussten, mit in ihre Untersuchungen ein. Aber auch Medizin und Biologie sowie Verhaltensforschung und Sexualwissenschaft spielen heute eine Rolle bei der Untersuchung und Erklärung flagellantistischer Neigungen. Inzwischen weiß man zwar noch lange nicht alles über die komplexen Zusammenhänge, die bei diesem sexuellen Fetisch eine Rolle spielen. Aber zumindest können wir erklären, wie biologisch gesehen der so sehnsuchtsvoll erhoffte LustKick bei der sexuellen Züchtigung entsteht: Währen des Erleidens von Schmerzen werden im Körper (genauer gesagt in der Hypophyse = Hirnanhangsdrüse) so genannte Endorphine produziert und freigesetzt (endogene Morphine, das heißt im Körper selbst produzierte Schmerzlinderungsmittel). Dies sind besondere Substanzen, die Stress mindern und uns den Schmerz besser ertragen lassen. Diese Endorphine haben aber gleichzeitig den willkommenen Nebeneffekt, dass sie unsere sexuelle Sensibilität erhöhen – wir werden quasi lustbereiter. Das erklärt, warum Flagellanten den Grad der sexuellen Befriedigung, den sie im Zuge von Flag-Spielen erlangen, als so extrem hoch erleben. Ihre Empfänglichkeit für sexuelle Reize ist durch das Ertragen der Schmerzen (beziehungsweise durch die Endorphine, die dadurch freigesetzt werden) um ein Vielfaches höher als bei „normalen“ Sexspielen – sozusagen ein natürliches Aphrodisiakum!

„Mittelalterlicher Flagellant“, Kupferstich eines unbekannten Meisters der italienischen Schule.

Rückenansicht des „Mittelalterlichen Flagellanten“, Kupferstich eines unbekannten Meisters.

Sowohl für den Top (= sexuell dominant Veranlagten) als auch für den Bottom (= sexuell devot Veranlagten) ist der psychische Aspekt also sehr wichtig. Dort, im Kopf, beginnt alles und dort laufen alle Fäden des erotischen Spiels zusammen. Nur wenn der Top spürt, hört und sieht, dass der Bottom sich ihm unterwirft und Demütigung und Schmerzen genießt, kann er seine Rolle ausleben und sich von dem Spiel erregen lassen; und umgekehrt findet der Bottom nur dann sexuelle Befriedigung, wenn er spürt, hört und sieht, dass er von seinem Top dominiert und gezüchtigt wird. Die psychische Komponente spielt beim Flag-Ritual also eine große Rolle; sie ist für beide Seiten ein sehr wichtiger Bestandteil des sexuellen Reizes.

Doch Flagellantismus beinhaltet für viele seiner Anhänger noch mehr. Einige gehen sogar so weit, darin die Überwindung eines ihnen von der Gesellschaft auferlegten Zwanges zu sehen. Das Ritual ist für sie eine Art Reinigung, auch Katharsis genannt; nach dem Durchstehen des Schmerzes ist der Delinquent geläutert. Diese kultische Reinigung hilft beim Befreien von seelischen Konflikten und inneren Spannungen durch eine emotionale Abreaktion. Deshalb fühlen sich viele Bottoms nach der Bestrafung so ausgeglichen und glücklich.

Buchillustration um 1750.

Der Top hingegen übernimmt die Rolle des Auffangenden, er führt den Partner durch die seelische Reinigung hindurch. Er fängt ihn auf, nachdem dieser den Schmerz durchlitten hat. Demütigung und Schmerz lösen sich als Illusion auf und der Bottom fühlt sich festgehalten und getragen von seinem Partner. Der Top hat während des Rituals das volle Vertrauen des Bottom und er darf dieses nie missbrauchen, indem er gewisse Grenzen überschreitet. Er darf den Bottom nie über Grenzen hinausführen, die dieser nicht zu überschreiten bereit ist – auch wenn der Top theoretisch die Möglichkeit dazu hätte; er muss dies erkennen, darin liegt seine große Verantwortung.

Denn wer einem anderen bewusst Qual oder Schmerz zufügt, muss auch wissen, wann Schluss ist. Der Top darf sich niemals so weit zur Ekstase mitverleiten lassen, dass er die individuellen Grenzen des Partners aus den Augen verliert und überschreitet. Er ist schließlich derjenige, der die Verantwortung für den Bottom übernommen hat – und diese Verantwortung muss er ganz bewusst tragen.

Noch ein Wort zum Thema Phantasie: Lust und Erotik entstehen primär in unseren Köpfen. Zwar scheint Sexualität auf den ersten Blick eine rein körperliche Handlung zu sein, wer sich jedoch genauer damit beschäftigt, wird schnell merken, dass der Ursprung einer jeden sexuellen Handlung im Kopf liegt. Es sind unsere Gedanken, Gefühle, bestimmte Phantasien, Vorstellungen und Wünsche, die den Startschuss geben zu jedem erotischen Abenteuer, das wir erleben. Diese Gedanken allerdings werden oftmals von außen stimuliert durch spezielle Sinneswahrnehmungen, wie beispielsweise den Anblick eines reizvollen Partners oder eines erotischen Fotos, einen als sinnlich empfundenen Duft oder romantische Musik. Der Lust-Kick im Kopf kann somit durch Anstöße von außen ausgelöst werden. Dann beginnt unsere Phantasie zu arbeiten und schließlich beginnen wir zu handeln. Vor unserem geistigen Auge erleben wir also bereits bestimmte sexuelle Szenen, lange bevor wir sie in die Realität umsetzen – und das erregt uns. Wir empfinden bereits Erotik, lange bevor es überhaupt zu einer sexuellen Handlung kommt, und das ist ein enormer Reizfaktor, der die Erregung immer weiter intensiviert.

Mittelalterliche Miniatur aus einem Heiligenwerk.

Zweifellos steht fest: Ein wenig Sadismus/Masochismus ist bei jedem Flagellationsspiel dabei – selbst wenn es nur ums softe „Popoklatschen“ geht. Ein passiver Flagellant möchte geschlagen werden um sexuelle Bereitschaft zu erlangen beziehungsweise um diese zu steigern. Und für den aktiven Partner ist es erregend, sich an der Bestrafung zu berauschen und zu erleben, dass die Hiebe den Bottom anturnen. Für beide ist die Flagellation also Teil des lustvollen Vorspiels. Zum Fetisch wird Flagellantismus nur dann, wenn der Flagellant – ob aktiv oder passiv – ohne das Schlagen keinen Orgasmus erleben kann. Davon sind die hocherotischen Erziehungsspiele, die in vielen Schlafzimmern von Zeit zu Zeit immer mal wieder zur Abwechslung stattfinden, jedoch weit entfernt; sie geben dem Sex-Life lediglich den erwünschten Kick, sorgen für mehr sinnliche Lust und sexuelle Power.

„Der Herr und Gebieter“, Französischer Kupferstich um 1780.

„Die Dame Liancour“, Französischer Stich.

Moderne Schlaginstrumente, die der Erotik-Fachhandel heute anbietet.