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Impressum

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Herausgeber:

Körber-Stiftung

Berlin, April 2010

Coverfotos: Stiftung Bürger für Bürger; Stiftung Polytechnische Gesellschaft, Stadtteil-Botschafterin Nathalie Ismaili; Bayer Cares Foundation, Günter Huberim im Kinderheim in Nicaragua (v.l.n.r.)

V.i.S.d.P.:

Autoren:

Redaktion:

Korrektorat:

Gestaltung und Satz:
stickfish productions | Christian Mathis

Druck:
trigger.medien.gmbh

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Einleitung

2. Engagementförderung in Zahlen

3. Engagementfördernde Stiftungen im Porträt

3.1 Bayer Cares Foundation

3.2 Bertelsmann Stiftung

3.3 Bewegungsstiftung

3.4 Bürgerstiftung zivita

3.5 Freudenberg Stiftung

3.6 Körber-Stiftung

3.7 Baden-Württemberg Stiftung

3.8 Robert Bosch Stiftung

3.9 Senior Experten Service Stiftung

3.10 Stiftung Bürger für Bürger

3.11 Stiftung Polytechnische Gesellschaft

3.12 Thüringer Ehrenamtsstiftung

4. Zusammenfassung der Ergebnisse

5. Diskussion im Forum Engagementförderung

5.1 Kommentar von Dr. Lothar Dittmer

5.2 Kommentar von Prof. Dr. Thomas Olk

Vorwort

Bürgerschaftliches Engagement ist erst seit Kurzem als Stiftungszweck anerkannt, für viele Stiftungen jedoch seit jeher ein zentrales Betätigungsfeld. Stiftungen stellen an vielen Orten Ressourcen bereit, die es den Bürgern1 erlauben, eine eigenständige und unabhängige Position gegenüber Politik und Wirtschaft einzunehmen und so die Demokratie mit Leben zu füllen. Das Förderfeld Bürgerengagement ist zudem für Stiftungen eine ausgezeichnete Möglichkeit, als zivilgesellschaftlicher Akteur mit begrenzten Mitteln weitreichende Impulse zur Fortentwicklung unserer Gesellschaft zu geben. Umso überraschender ist es, dass in den Stiftungen bislang eher das Nebeneinander von mitunter gleichen, mitunter sich ergänzenden Konzepten dominiert, weniger das Bemühen um die Nutzung von Synergien.

Aus der Überzeugung heraus, dass Stiftungen in der gemeinsamen Anstrengung größere Wirkung entfalten können, hat die Körber-Stiftung gemeinsam mit dem Bundesverband Deutscher Stiftungen die neue Veranstaltungsreihe „Forum Engagementförderung“ ins Leben gerufen.

Die vorliegende KurzStudie „Engagementförderung durch Stiftungen in Deutschland“ soll als Gesprächsgrundlage für dieses Forum dienen, um eine zielgerichtete gemeinsame Arbeit auf den Weg zu bringen. Es werden erstmals die Grundzüge des Betätigungsfelds bürgerschaftliches Engagement für Stiftungen beschrieben.

Dr. Lothar Dittmer, Mitglied im Vorstand der Körber-Stiftung

1 Im Interesse der Lesbarkeit des Textes wird im Folgenden bei der Bezeichnung von Personengruppen nur die männliche Form verwendet, gemeint sind aber stets Frauen und Männer.

1. Einleitung

In der letzten Dekade hat das bürgerschaftliche Engagement stark an politischer Attraktivität gewonnen – ein neues Politikfeld ist entstanden. Auch in der Wahrnehmung von Wissenschaft und der breiten Öffentlichkeit gewinnt das Thema an Bedeutung. Heute herrscht weitgehende Einigkeit, dass bürgerschaftliches Engagement ein unverzichtbarer Pfeiler unserer demokratischen Gesellschaft ist. Gleichzeitig bleiben quantitative und qualitative Schwachstellen in der Engagementförderung bestehen.

Über 17.300 selbstständige Stiftungen bürgerlichen Rechts (Stichtag 31.12.2009) wirken in Deutschland für das Gemeinwohl. Mit der Errichtung einer Stiftung übernehmen die Stifter dauerhaft Verantwortung gegenüber ihren Mitbürgern und der Gesellschaft. Stiftungen sind damit Ausdruck des bürgerschaftlichen Engagements der Stifter. Zudem wird die Stiftungsarbeit häufig von bürgerschaftlichem Engagement geprägt, vor allem die Gremienmitglieder in Stiftungen sind ehrenamtlich tätig. Daneben handeln Stiftungen aber auch als Förderer des bürgerschaftlichen Engagements von Dritten und operativ mit eigenen Programmen und Projekten.

Die Rolle von Stiftungen in der Engagementförderung wurde von der Wissenschaft bislang wenig untersucht. Es fehlen fundierte Daten und Kenntnisse zum Status quo im Stiftungswesen, die für die Weiterentwicklung der Stiftungsarbeit wichtig sind. Die KurzStudie „Engagementförderung durch Stiftungen in Deutschland“ soll zur besseren Orientierung beitragen. Untersucht werden Stiftungen als Förderer des bürgerschaftlichen Engagements. Da Forschungsfeld und -fragen noch wenig entwickelt sind, können sie im Rahmen dieser KurzStudie nur explorativ untersucht werden. Zum einen wurden Experteninterviews mit verschiedenen Stiftungsvertretern geführt, um Ziele und Aktivitäten von diesen Stiftungen zu ermitteln, die bürgerschaftliches Engagement strategisch in ihre Stiftungsarbeit einbinden. Zum anderen wurden mittels einer Onlineumfrage die Anzahl engagementfördernder Stiftungen und deren Förderschwerpunkte erfragt.

Zur Begriffsbestimmung wird dieser Studie der weithin akzeptierte Vorschlag der Enquetekommission des Deutschen Bundestages zur „Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements“ (2002) zugrunde gelegt. Demnach ist bürgerschaftliches Engagement dadurch gekennzeichnet, dass es freiwillig ist, im öffentlichen Raum stattfindet, nicht auf materiellen Gewinn gerichtet ist, einen positiven Beitrag für das Gemeinwohl leistet und in der Regel gemeinschaftlich ausgeübt wird.

Gerade die innovativen und unabhängigen Beispiele der Engagementförderung durch Stiftungen erschließen sich erst mit einer gezielten Öffnung der Forschungsperspektive. Der Begriff bürgerschaftliches Engagement wurde im Rahmen der Befragung daher nicht starr definiert, sondern es wurde ein Interpretationsspielraum gelassen: Die interviewten Stiftungen benutzen verschiedene Begriffe wie Ehrenamt, bürgerschaftliches Engagement oder Freiwilligentätigkeit. In den Gesprächen mit den Stiftungsvertretern stellte sich indes heraus, dass das Engagementverständnis der untersuchten Stiftungen eng an die obenstehende Definition angelehnt ist.

2. Engagementförderung in Zahlen

Der Umfang von Stiftungsaktivitäten im Engagementförderfeld wurde mithilfe einer repräsentativen Stiftungsumfrage erhoben. Die Befragung, mit der im Schwerpunkt die Auswirkungen der Finanzkrise auf Stiftungen ermittelt wurden, enthielt eine Fragebatterie zur Engagementförderung und wurde online durchgeführt. Die repräsentative Stichprobe2 entstammt der Datenbank Deutscher Stiftungen des Bundesverbandes. Mit 388 beendeten Fragebögen im Erhebungszeitraum von November bis Dezember 2009 wurde ein sehr hoher Rücklauf von 18,3 Prozent erreicht, der auf eine große Akzeptanz der Befragung schließen lässt.

Ziel der Erhebung war zum einen zu zeigen, wie viele Stiftungen sich selbst als aktive Förderer des bürgerschaftlichen Engagements verstehen, zum anderen sollten erste Aussagen darüber getroffen werden, wie sich dieses Engagement gestaltet.

Die Frage „Meine/unsere Stiftung fördert freiwilliges/bürgerschaftliches Engagement“ beantworteten 220 Stiftungen mit „Ja“. Damit fördern 60 Prozent der befragten Stiftungen nach eigenen Angaben freiwilliges/bürgerschaftliches Engagement.

Die Verteilung des Vermögens, der Verwirklichung der Stiftungsarbeit (fördernd und/oder operativ) und der Rechtsform unter den engagementfördernden Stiftungen unterscheiden sich nur marginal von der Verteilung unter allen deutschen Stiftungen. 70 Prozent der befragten engagementfördernden Stiftungen sind selbstständige Stiftungen privaten Rechts, 20 Prozent selbstständige Stiftungen öffentlichen Rechts. Knapp zwei Drittel der engagementfördernden Stiftungen haben ein Kapital von bis zu einer Million Euro. Bürgerschaftliches Engagement wird damit vor allem von kleineren Stiftungen gefördert. Die Anzahl engagementfördernder Stiftungen und deren Kapital sagen jedoch nichts über die Fördervolumina oder den Umfang der Aktivitäten aus.

Bürgerschaftliches Engagement zeigt sich in vielen gesellschaftlichen Bereichen und unterschiedlichen Formen – von den Freiwilligendiensten über das Ehrenamt im Sportverein oder im Pflegeheim bis hin zur Beteiligung an Protestbewegungen. Dies gilt auch für die Aktivitäten der Stiftungen. Der Blick auf die Satzungszwecke, in deren Rahmen bürgerschaftliches Engagement gefördert wird, macht deutlich, dass Stiftungen in verschiedenen Feldern des bürgerschaftlichen Engagements aktiv sind (vgl. Abbildung 1). Engagementförderung ist also eine Querschnittsaufgabe.

Abbildung 1: Meine/unsere Stiftung fördert freiwilliges/bürgerschaftliches Engagement im Zusammenhang mit folgenden Satzungszwecken (Mehrfachnennungen möglich):

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Quelle: Onlineumfrage „Stiftungen & Finanzkrise“, Bundesverband Deutscher Stiftungen (2010)

Auffällig ist, dass bürgerschaftliches Engagement vergleichsweise selten im Rahmen des gleichnamigen Satzungszwecks gefördert wird. Das liegt daran, dass es erst seit 2007 als gemeinnützig eingestuft und damit als steuerlicher Gemeinnützigkeitszweck anerkannt ist. Da eine Satzungsänderung aufwendig und meist nicht erforderlich ist, sind es vor allem neu gegründete Stiftungen, die Bürgerengagement als Satzungszweck verzeichnet haben.

Bemerkenswert ist dennoch, dass der Großteil der Stiftungen die Bedeutung des bürgerschaftlichen Engagements offenbar erkannt und in die Stiftungsaktivitäten aufgenommen hat.

Am häufigsten wird bürgerschaftliches Engagement im Rahmen des Satzungszwecks „Soziales“ gefördert, gefolgt von „Bildung und Erziehung“ und „Kunst und Kultur“. Damit unterscheiden sich die Bereiche der Engagementförderung kaum von der allgemeinen Stiftungstätigkeit, was die Verteilung der Stiftungszwecke im Gesamtbestand der deutschen Stiftungen verdeutlicht (vgl. dazu die Verteilung der Satzungszwecke in Abbildung 2. Diese Daten entstammen allerdings einer anderen Grundgesamtheit – der Datenbank des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen – und die Satzungszwecke sind in Hauptgruppen gewichtet.).

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Abbildung 2: Verteilung der Stiftungszweckhauptgruppen im Stiftungsbestand (gewichtet3)

Quelle: Datenbank des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen (2010)

Im Rahmen der Umfrage wurde ferner ermittelt, in welcher Form die Stiftungen bürgerschaftliches Engagement fördern (vgl. Abbildung 3). Dabei waren Mehrfachnennungen möglich. Mit rund 60 Prozent unterstützen die meisten engagementfördernden Stiftungen die „Mobilisierung zum Engagement“. Weitere wichtige Aufgaben sind die „Anerkennungskultur“ sowie der „Aufbau und die Weiterentwicklung von Infrastruktur“. Selten gefördert werden hingegen die Bereiche „Politikberatung“ und „Engagementforschung“. Die Umsetzung der Engagementförderung in den einzelnen Stiftungen kann im Rahmen der quantitativen Erhebung nicht erschlossen werden, hierzu dienen die Fallbeispiele im dritten Kapitel.

Abbildung 3: Meine/unsere Stiftung fördert freiwilliges/bürgerschaftliches Engagement durch (Mehrfachnennung möglich):

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Quelle: Onlineumfrage „Stiftungen & Finanzkrise“, Bundesverband Deutscher Stiftungen (2010)

2 Der Stichprobenumfang beträgt n = 2.126 Stiftungen verschiedener Rechtsformen.

3 Die Nennung von mehreren Zwecken innerhalb einer Stiftungszweckhauptgruppe führt zur einmaligen Zählung in dieser Hauptgruppe. Die Nennung von mehreren Zwecken, die in verschiedenen Hauptgruppen liegen, führt zu gleich verteilten Anteilen (Stand von Januar 2010 anhand der Angaben von 11.729 rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts).

3. Engagementfördernde Stiftungen im Porträt

Die Gestaltung der Engagementförderung durch Stiftungen wurde durch leitfragengestützte Experteninterviews mit verschiedenen Stiftungsvertretern untersucht. Mittels einer Sekundärerhebung wurden Stiftungen ausgewählt,

Images die bürgerschaftliches Engagement strategisch in ihre Förderprogramme einbinden und eine wichtige Rolle im Förderfeld einnehmen oder

Images die besonders innovative Förderkonzepte entwickelt haben.