Dieses Buch widme ich meiner Mutter Barbara.

Vorwort

Ich fühle mich geehrt, ein Vorwort für das Buch von Horst Lempart schreiben zu dürfen. Es hat mich gereizt, etwas über ein Werk zu schreiben, das sich mit zwei meiner beruflichen Lieblingsthemen befasst: Seminare & Methoden. Ich selbst arbeite hauptberuflich als Dozent für systemische Weiterbildungen. Meine Schwerpunkte sind hierbei vor allem systemische Beratung & Therapie, Coaching und Psychotraumatologie. Außerdem arbeite ich selbst als Autor und finde es HOCHinteressant zu sehen, wie andere ihre Projekte voranbringen. Herrn Lempart kenne ich aus dem Seminarkontext und er ist mir durch seine frische und freundlich-freche Art in Erinnerung geblieben. Als ich das Manuskript las, habe ich mir zwischenzeitlich vorgestellt, wie er mit seiner Art und den verschiedenen erfrischenden Methoden seine Teilnehmerinnen und Teilnehmer begeistert und immer wieder neu herausfordert.

Mir gefällt der spielerische Charakter der Methoden. Sie laden ein, sich als Teilnehmer auf diese lockere Ebene von Inszenierungen und konkreter inhaltlicher Auseinandersetzung einzulassen.

Meine erste Idee für dieses Vorwort war es, meinen Eindruck von diesem Buch in Form einer Metapher wiederzugeben. Ich halte mich jedoch zurück. Herr Lempart selbst nutzt als roten Faden, zur Verdeutlichung seiner Haltung und der methodischen Vorgehensweisen, sehr stringent und treffend diese verbildlichenden sprachlichen Aspekte. Absolut gelungen findet er immer wieder neue Spielarten und erzeugt Bilder im Kopf des Lesers. Wissenschaften wie zum Beispiel die Lerntheorie oder auch die Hirnforschung haben längst die Wirksamkeit der Arbeit mit Metaphern und Narrationen bestätigt. Ich selbst nutze sie in Seminaren genauso gern wie in Beratung und Therapie.

Ich möchte in meinem Vorwort nun Weiteres hervorheben, das mir aus Sicht eines Fachkollegen außerdem als besonders nützlich und ansprechend an diesem Buch erscheint.

Für mich ist es von zentraler Wichtigkeit, bereits früh im Buch den Hinweis zu erhalten, dass Methoden niemals zum Selbstzweck eingesetzt werden sollten. Auch das Konzept agil wird von Herrn Lempart in erster Linie in Bezug auf Haltung hergeleitet. Nach diesem Verständnis bleiben die agil angewandten Methoden vorerst nachrangig. Die Auswahl ist natürlich dennoch enorm wichtig. Beispielsweise spielen das Timing, aber auch ein Gespür für die Dynamik der Gruppe, eine wichtige Rolle. Primär geht es also um eine situative Orientierung im und am Gruppenprozess. Dies ist ja auch eines der Merkmale von agil.

Darüber hinaus gefällt mir auch der Gedanke der Partizipation der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr gut. Bei den Seminarmethoden von Horst Lempart wird durch diese gelebte Haltung etwas gemeinsam entwickelt und nicht irgendein Inhalt hineingegeben, der kurz- oder mittelfristig eine vorher bestimmbare Verbesserung erzeugen soll. Entsprechend finden wir weniger linear-kausales und dafür mehr systemisches bzw. konstruktivistisches Denken. Bravo. Ich denke im Zusammenhang mit dieser systemischen Sichtweise in Bezug auf Seminargestaltung an eine Aussage aus dem Buch Embodied Communication (2007) von Maja Storch und Wolfgang Tschacher: „Kontrollierend und steuernd eine ‚gewollte‘ Ordnung zu erzeugen, ist der Mensch kognitiv nicht in der Lage.“

Die beiden Autoren orientieren sich bei dieser Einschätzung ganz konkret an den Grundlagen der Systemtheorie, in diesem Fall insbesondere an den Erkenntnissen des deutschen Physikers und Begründers der Synergetik, Hermann Haken. Die Aussage hat eine große Bedeutung für konstruktivistisch gedachte Didaktik und die agile Seminargestaltung. Wir können keine gewollte Ordnung – beispielsweise Informationen und Lerngewinne – von A nach B weitervermitteln. Es ist außerdem die Frage, ob es das wäre, was wir wollten …

Wir können versuchen die Anschlussfähigkeit – Wirklichkeitskonstruktion A an Wirklichkeitskonstruktion B – für unsere Inhalte zu verbessern, indem wir agil auf Bedürfnisse und Kompetenzen unserer Teilnehmer reagieren. Dies hat Herr Lempart ebenfalls erkannt und berücksichtigt es spürbar in seiner Arbeit.

Agiles und partizipatives Vorgehen schreibt Horst Lempart GROß. Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden in die Ausgestaltung und in die Entscheidungsprozesse im Seminarablauf einbezogen. Systemisch gesehen eine allparteiliche Vorgehensweise und entsprechend effektiv. Darüber hinaus wird durch den Beteiligungsprozess Transparenz geschaffen – ein weiterer Wirkfaktor, den ich weder in Seminaren noch im Kontext Beratung und Therapie missen möchte.

Sehr anschlussfähig für mich war beispielsweise die Metapher für Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sie seien die Besatzung und nicht die Passagiere auf einem Seminar-Schiff. Sie macht mir den Gedanken der Partizipation im Seminarkontext besonders deutlich.

Agilität erhöht ebenfalls die Anschlussfähigkeit. Dies geschieht beim Lesen des Buches auch durch die immer wieder neuen alternativen Vorgehensweisen und durch zusätzliche Hinweise. Jedoch nicht nur innerhalb der Methoden gibt es Wahlmöglichkeiten und Alternativen, sondern auch im Wording und den Einsatzgebieten.

Für mich waren beispielsweise die Fußabdrücke im Sand – als gegenseitige Feedbackkultur in Gruppenentwicklungsprozessen – eine gute methodische, aber auch eine metaphorisch-sprachliche Intervention, die ab sofort auch in meinen Seminaren Anwendung finden wird.

Ich möchte Ihnen als Leserinnen und Lesern ans Herz legen, sich inspirieren zu lassen und ganz gezielt diejenigen Methoden zu versuchen, bei denen Sie spontan selbst anschlussfähig werden. Nach Herrn Lempart geschieht praktisches Üben in Erfahrungsräumen und kann so durchlaufen werden. – Auch hier findet er wieder zur metaphorischen Ebene zurück und macht diese für unser didaktisches Denken nutzbar.

Vielen Dank.

Und nun viel Spaß und Inspiration beim Lesen.

Roman Hoch
im Herbst 2018

Teil 1: Was Sie in diesem Buch erwartet

Bevor ich Ihnen meine agilen Seminarmethoden vorstelle, sollten Sie wissen, was es damit überhaupt auf sich hat. Zuerst werde ich also ein paar Takte dazu äußern, warum ich dieses Buch für notwendig halte. Tool- und Spielesammlungen gibt es ja schon eine ganze Menge. Wir könnten doch an den alten Rezepten festhalten, auch wenn sich die Menschen und Organisationen ändern, oder?

Dann werfen wir einen kurzen Blick auf den Begriff „agil“. Er begegnet mir in letzter Zeit immer häufiger und irgendwie scheint heute alles mehr oder weniger agil zu sein. Ist agil das neue „nachhaltig“? Es erwartet Sie keine kontroverse Diskussion, aber ich stelle Ihnen meine Perspektive und Arbeitshaltung vor.

Wie können Sie den bestmöglichen Nutzen aus diesem Buch ziehen? Und wie kann es zu Ihrem ganz eigenen Workbook werden? Auch dazu gebe ich Ihnen ein paar Anregungen und lasse Sie in meinen Methodenbaukasten schauen.

Und bevor es dann mit der Methodensammlung losgeht, erkläre ich Ihnen noch kurz den Aufbau der einzelnen Ideen. Schließlich können Sie mich „zwischendrin“ nicht fragen – und finden so trotzdem schnell die gewünschten Informationen. Das ist der Unterschied zwischen agilen Seminaren und einem gedruckten Buch.

1.1 Warum ich dieses Buch für notwendig halte

Entwicklung und Veränderung werden oft im Bild eines Flusses festgehalten. Die eine Seite des Flusses ist das Ufer des Bekannten, des Gewohnten und Sicheren. Auf der anderen Seite liegen das Neue, das Unbekannte und Unsichere. Wer in den Fluss steigt, wem das Wasser bis zum Hals steht, ist gut bedient, wenn er auf zuverlässige Hilfsmittel zurückgreifen kann – oder er sollte schwimmen können. Aber Achtung: Zu schweres Gepäck kann bei einer Flussdurchquerung schnell zum Hindernis werden. Da stellt sich bald heraus, was wirklich zählt. Für mich sind es Neugier, Risikobereitschaft und Flexibilität im Denken und Handeln. Manchmal steigen wir in diesen Fluss und erreichen das andere Ufer nicht. Dann landen wir auf der Seite, von der wir gestartet sind. Aber vielleicht ein ganzes Stück weiter stromabwärts, was auch ein Erfolg sein kann. Wer „zu neuen Ufern“ aufbrechen will, der wechselt in der Regel von der bekannten auf die unbekannte Uferseite. Das kann bereits ein gutes Stück persönliche Entwicklung sein.

Ich aber habe ein etwas anderes Flussbild. In meiner Vorstellung sind wir Zeit unseres Lebens in diesem Fluss unterwegs und pendeln nur zwischen den beiden Ufern. Der Fluss ist die Regel, nicht die Ausnahme. Die beiden Seiten, Stabilität und Veränderung, halten den Lebensfluss in seinem Bett und sorgen dafür, dass er überhaupt gleichmäßig fließt. Wer versucht, sich dauerhaft auf einer der Uferseiten niederzulassen, dessen Leben scheint oft „ausufernd“: Es wird zu einer ständigen Suche nach neuer Stimulation einerseits oder zur Tristesse der Gewohnheiten andererseits. In der Realität scheint es mir wahrscheinlicher zu sein, dass manche Menschen in ihrem Lebensfluss eher an der rechten oder der linken Flussseite unterwegs sind. Sie treiben aber weiter Richtung Mündung, was auch immer das für jeden Einzelnen bedeutet. Aus dem Fluss aussteigen zu wollen kommt für mich dem Versuch gleich, die Uhr anzuhalten, um Zeit zu sparen. Wir sind unterwegs, weil wir uns dem Fluss des Lebens nicht entziehen können. Ein Schiff, das ständig vor Anker liegt, egal auf welcher Flussseite, hätte ein Steg werden sollen.

Wenn ich mit Teams in Seminaren arbeite, dann lege ich mit ihnen ein Stück dieser Flussreise zurück. Wir sind gemeinsam unterwegs und klären am Anfang auch, wohin die Reise gehen soll. Wenn alles gut läuft, sind alle mit an Bord. Und dann heißt es: Leinen los! Welches Temperament zu diesem Zeitpunkt der Fluss hat, weiß niemand von uns genau. Mir ist auch nicht bekannt, wo es Gefahrenstellen oder enge Fahrrinnen gibt, ob Staustufen auf uns warten, ob wir es mit Strudeln, Hoch- oder Niedrigwasser zu tun bekommen. Was jedoch jeder der Reisenden merkt, ist, ob wir Fahrt aufnehmen.

Viele Jahre habe ich den Reisenden beim Betreten des Schiffes eine „Agenda“ vorgestellt, die ziemlich genau die Fahrtroute beschrieb. Ich hielt das für notwendig, um den Passagieren ausreichend Orientierung zu geben, womit sie rechnen dürfen und womit nicht. Gerade am Anfang meiner Trainerkarriere war mir Struktur äußerst wichtig, zum großen Teil für mich selbst. Ich hatte mir so eine Art „künstliche Sicherheit“ geschaffen, meinen roten Faden durchs Programm. In der Regel gab es dann auch mit den Teilnehmern das Commitment, alles so zu machen. Puh, Teilerfolg.

Heute sieht eine Agenda für ein zweitägiges Seminar bei mir vielleicht so aus:

Abbildung 1: Beispiel für eine Agenda

Manchmal verzichte ich auch ganz auf eine Flipchart-Agenda. Alternativ stelle ich den Teilnehmern meine Ideen mit Requisiten vor. Das hat den großen Vorteil, dass ich diese 3-D-Agenda jederzeit völlig frei anpassen kann: in der Reihenfolge, den Methoden und Übungen und den Inhalten. Natürlich bleibe ich dem Auftrag und den Zielen meines Auftraggebers verpflichtet. Und gleichzeitig habe ich eine viel größere Möglichkeit, den Seminarablauf mit Beiträgen zu bestücken, die den Teilnehmern zum Thema wirklich wichtig sind. Es ist nicht „meine“ Agenda, sondern „unsere Agenda“. Ich bemühe mich also darum, den inhaltlichen Verlauf deutlich mehr an der Perspektive der Anwesenden zu orientieren und weniger an der Vorgabe eines Plans. Im Rahmen eines Impact-Trainings bitte ich die Gruppe darum, ihre Fragen und inhaltlichen Wünsche als Headlines auf einer Art „Titelseite“ festzuhalten. Der Gedanke ist ja nicht neu. Schon früher wurden Fragen gesammelt, die dann irgendwo im Seminarverlauf aufgegriffen oder am Ende noch beantwortet wurden. Neu ist allerdings, dass dieser Input den inhaltlichen Verlauf maßgeblich steuert.

Um diese Zielgruppen-Fokussierung zu ermöglichen, braucht es ein waches Auge für den Prozess der Gruppe und die individuelle Bedürfnislage. Und es braucht noch etwas: eine ordentliche Bandbreite an guten Interventionen, die sehr flexibel eingesetzt werden können. Ich nenne diese Multitasking-Interventionen daher „agile Seminarmethoden“. Damit sie auch spontan eingesetzt werden können, verzichte ich großenteils auf umfangreiches Equipment. Die Inszenierungen sind in der Regel mit wenigen Handgriffen erledigt, sodass Sie tatsächlich ganz spontan und wendig auf die situativen Bedürfnisse eingehen können.

Die agilen Seminarmethoden, die ich Ihnen in diesem Buch vorstelle, sind allesamt von mir praxiserprobt. Für mich haben sie ganz entscheidende Vorteile:

Jule Hildemann fasst in ihrem Buch „simple things – einfach wirkungsvoll“ diese Vorteile in drei Metakompetenzen zusammen, die ein Trainer haben sollte:

Kurz gesagt: Ein Trainer, der mit agilen Seminarmethoden arbeitet, braucht eine hohe Prozesskompetenz.

Eine Agenda suggeriert, dass sich ein Seminarablauf detailliert planen lässt. Das entspricht aber meines Erachtens gar nicht dem Leben „da draußen“. Wir sind nicht nur am sicheren Ufer – ganz im Gegenteil. Wenn ich die Flussreise mit anderen Menschen unternehme, dann möchte ich keine Passagiere an Bord haben, sondern eine Besatzung. Und dann bestimmt diese Besatzung eben auch darüber mit, wie die Reise verlaufen wird. Eine Trendstudie des managerSeminare Verlags (2018) bestätigt: „Die Arbeitswelt 4.0 beschert auch der Arbeitswelt der Trainer, Coachs und Berater einen Paradigmenwechsel […] Die Unternehmen fahren auf Sicht […] Weiterbildungsanbeiter müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass Auftraggeber bei ausgefeilten PE-Konzepten und langfristigen Roll-outs nur noch entnervt abwinken. Kurze Lernzeiten, kleine ‚Learning Nuggets‘ und ‚Quick -Wins‘ lauten nunmehr die konzeptionellen Eckpfeiler der betrieblichen Weiterbildung.“

„Learning-Nuggets“ und „Quick Wins“, genau das ermöglichen agile Seminarmethoden. Sie erlauben das wendige Fortbewegen im Fluss, das Fahren „auf Sicht“. Sie wirken stimulierend und stabilisierend zugleich. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass meine Seminarteilnehmer mit großem Spaß wieder zurück in den Fluss kommen. Weder ziehen sie sich auf „sicheres“ Terrain zurück noch flüchten sie sich in die „digitale Stimulation“. Im Übrigen: Handys konkurrieren heute mit jedem Trainer um die Aufmerksamkeit der Teilnehmer. Wie ich diesen Wettbewerb gewinne, verrate ich Ihnen in diversen Methodenbeschreibungen. Agile Seminarmethoden sind die bisher klarste Form der Kunden- (oder Teilnehmer-)Orientierung.

Und es gibt noch einen ganz persönlichen Grund, warum ich dieses Buch schreibe: Die vorgestellten Methoden haben alle einen großen Spaßfaktor. Ich lache sehr gerne. Auch in meinen Coachings und Seminaren wird sehr viel gelacht. Lachen ist so eine wundervolle Ressource. Gemeinsames Lachen wirkt so verbindend, ansteckend, befreiend. Und wer zum Lachen in den Keller gehen möchte, der findet sicher auch dort ein passendes Plätzchen für eine Vielzahl meiner Seminarmethoden. Da Lernen nachweislich mit Spaß besser gelingt, würze ich wo immer es geht meine Ideen mit einer guten Prise Humor. Lassen auch Sie sich anstecken von meinem Spaß an der Inszenierung.

Ach ja: Bei der Auswahl meiner agilen Methoden habe ich, wo immer es mir möglich war, die Quelle der Ursprungmethode angegeben. In vielen Fällen konnte ich jedoch nicht herausfinden, ob es bereits jemanden vor mir mit der gleichen Idee gab. Mich würde das sehr freuen, denn gute Ideen sollten möglichst bald bekannt werden. Sollte ich also nur ein „Spätzünder“ sein und einen Urheber nicht erwähnt haben, dann melden Sie sich bitte bei mir. Für alle anderen agilen Methoden gilt: Ich beanspruche auf nichts das Urheberrecht. Machen Sie sich meine Erfahrungen und Methoden zu eigen. Achten Sie bitte nur auf das Copyright des Junfermann Verlags.

1.2 Ein paar kurze Anmerkungen zum Begriff „agil“

Ein Unternehmen kann nur durch die Menschen, die dort arbeiten, zu einem agilen Unternehmen werden. Genauso ist es auch mit meinen agilen Seminarmethoden. Agilität setzt Lebendigkeit voraus. Dazu zitiere ich Torsten Scheller (2017), den Autor des Buches Auf dem Weg zur agilen Organisation: „Bei Agilität geht es darum, den Kunden permanent zu erfreuen, ihn regelmäßig mit innovativen Produkten und Leistungen zu überraschen und ihn so zu (be)halten. […] Agilität entwickelt sich organisch – aus der Organisation heraus, getragen vom agilen Mindset.“

Damit die Wirkung agiler Seminarmethoden sich also entfalten kann („agil machen“), ist eine agile Haltung des Anwenders nötig („agil sein“). Dieses „Mindset“, wie Scheller es nennt, ist nie abgeschlossen oder etwas, das am Rande mitläuft. Es handelt sich um permanente Feedbackschleifen zu den Teilnehmern und daraus resultierende ständige Anpassungsleistungen mit dem Ziel, noch besser auf die Bedürfnisse des Kunden einzugehen. Dauerhaft lernende Systeme sind agil.

Die Auswahl meiner Seminarmethoden unterstützt Sie dabei, Ihr agiles Mindset praktisch sichtbar zu machen. Sie werden feststellen, dass die variablen Einsatzmöglichkeiten und eine schnelle Modifikation sich ändernde Bedingungen bestmöglich berücksichtigen. Agile Methoden verzichten weitgehend auf eine festgelegte Struktur: lieber improvisieren statt reglementieren. Was allerdings nicht bedeutet, dass wir vollkommen orientierungslos durch den Prozess poltern. Im Gegenteil: Agile Seminarmethoden unterstützen die agile Haltung des Seminarleiters. Ohne agile Haltung ist auch eine agile Methode völlig wertlos. Erst durch die Kombination von beidem wird ein Seminarleiter extrem anschlussfähig an die Bedürfnisse der Teilnehmer.

Abbildung 2: Ohne eine agile Haltung und ein agiles Wertesystem des Seminarleiters bleiben agile Methoden wirkungslos

Torsten Scheller hat in seinem Buch „sieben Kernbotschaften zur agilen Organisation“ herausgearbeitet. Die erste davon lautet: „Über Experimente findet die agile Organisation die für sie passenden Lösungen auf alle Herausforderungen.“ Wenn eine feste Agenda nicht mehr greift, weil sich die Dynamik des Marktes auch im Seminarraum wiederfindet, dann müssen wir mit kleinschrittigen wendigen Angeboten darauf reagieren. Machen Sie die Freude am Experimentieren zu einem Teil Ihres neuen Mindsets.

Auch Hans-Georg Huber betont in seinem Buch Die Kunst, Entwicklungsprozesse zu gestalten: „Wenn es jedoch um die Begleitung von individuellen und kollektiven Veränderungsprozessen geht, z. B. in einem Einzelcoaching oder in einem Konfliktworkshop im Unternehmen, ist die Umsetzung eines linearen Ablaufplans eher hinderlich als förderlich. Denn einen dynamischen Prozess kann man nicht in eine vorgegebene Schablone gießen“ (S. 25).

Und noch etwas ermöglichen agile Seminarmethoden besonders gut: die emotionale Berührung der Teilnehmer. Ohne emotionale Beteiligung ist eine nachhaltige Veränderung kaum vorstellbar. Reine Übungen auf der Verhaltensebene oder streng kognitive Überzeugungsarbeit schafft keine wirkliche Betroffenheit. Wird aber die aktuelle Stimmung im Seminarprozess besonders berücksichtigt, so greift dies die emotionale Energie auf, die die Übungen in Richtung des vereinbarten Zieles kanalisieren. Besonders an den inszenierten und improvisierten Methoden wird gut deutlich, wie stimmungsvolle Inszenierungen eingesetzt werden können, um emotional zu berühren. Besonders hinweisen möchte ich auf meine Anmerkungen zu Metaphern (Kap. 3.1) und Impacts (Kap. 3.2).

Kommunikation basiert immer auf den Reaktionen des Empfängers: Nicht was wir gesagt haben, ist relevant, sondern was beim andern ankommt. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass eine Agenda mit geplanten Übungen nur sehr einseitig die Reaktionen der Teilnehmer berücksichtigen kann. Was wir brauchen, ist eine Form der „situativen Anpassungsfähigkeit“, ohne dabei den Auftrag aus den Augen zu verlieren. Die inhaltliche Verantwortung wird weitgehend in den Händen der Teilnehmer gelassen, die Methodenkompetenz des Trainers ist aber umso mehr gefordert.

Wenn Sie sich eingehender mit dem Begriff der Agilität auseinandersetzen möchten, empfehle ich Ihnen einen Blick auf die Literaturliste im Anhang.

1.3 Bedienungsanleitung für dieses Buch

Vielleicht teilen Sie diese Erfahrung mit mir: Wenn ich ein Möbelstück zur Selbstmontage auspacke und mir eine zig-seitige Aufbauanleitung in die Hände fällt, sinkt mein Spaßfaktor in den Keller. Meistens beginne ich dann erst einmal mit meinem gesunden Menschenverstand – obwohl: Vielleicht wäre es gesünder, das nicht zu tun. Entweder bleiben Einzelteile übrig, die ich gar nicht brauche, oder irgendwo fehlt etwas.

Ich möchte Ihnen die Lektüre meines Buches so leicht wie möglich machen. Ich glaube, das ist die beste Voraussetzung, um den Spaßfaktor möglichst lange lebendig zu halten. Dazu gehört für mich, dass Sie nicht jede einzelne Seite lesen müssen, um einen Nutzen aus den Übungen zu ziehen. Wenn Sie allerdings vor lauter Freude am Lesen keine Zeile auslassen möchten, dann habe ich einen guten Job gemacht.

Die agilen Seminarmethoden bauen nicht aufeinander auf. So ein Abhängigkeitsverhältnis wäre für mich wieder zu stark fixiert und entbehrt jeder Wendigkeit. Ich nutze die Übungen mal in einer sehr frühen Seminarphase, mal mittendrin und, wenn es sich anbietet, auch ganz zum Schluss. Es sind keine reinen „Kennenlernübungen“ oder „Feedbackübungen“, die Sie sich aus einem künstlich konstruierten Inhaltsverzeichnis aussuchen. Sie werden feststellen, dass alle Übungen, teilweise mit ein paar kreativen Handgriffen, auch für eine ganz andere Prozessphase, zu anderen Themen und mit einem anderen Ziel nutzbar sind.

Ich werde Ihnen Einblicke geben, wie ich diese Methoden bisher eingesetzt habe. Und dann lasse ich Ihnen ganz viel Raum für Ihre eigene Kreativität. Spielen Sie mit den Möglichkeiten von:

Besonders viele Ideen kommen mir dann, wenn ich inspiriert wurde durch ein Kollegen-Seminar oder ein Buch und ich mich dann in einen völlig anderen Kontext begebe: Marktbesuch, Museumsführung, Chillen am Strand, Sport etc. Sicher fördert die Entspannung auch meine Kreativität. Eine gute Voraussetzung also, um die Früchte meines Buches bestmöglich genießen zu können, lautet: Machen Sie es sich bei der Lektüre bequem und sorgen Sie anschließend für ein inspirierendes Umfeld.

Ganz streng genommen wird mein Buch damit zu Ihrem persönlichen Workbook. Nicht nur, weil Sie die Inhalte in Ihre Seminare einarbeiten können. Sie machen meine Ideen zu Ihrem ganz eigenen Schatzkästchen. Und ich möchte Sie bereits hier dazu einladen, mich an Ihren guten Einfällen teilhaben zu lassen. Schreiben Sie mir Ihre Erfahrungen, Abwandlungen, Ergänzungen und Neuentdeckungen. Gerne möchte ich Ihre kreativen Anregungen in einer späteren Neuauflage oder in einem Nachfolgewerk unterbringen, wenn Sie mir die Erlaubnis dazu erteilen. Wir schaffen dadurch einen Multiplikatoreffekt, der allen Interessierten zugutekommen wird. Wenn Sie sich über das Buch hinaus regelmäßig über meine Arbeit informieren möchten, empfehle ich Ihnen meinen Blog. Ganz bequem machen Sie es sich, wenn Sie sich für meinen Newsletter registrieren über den QR-Code oder unter http://www.horstlempart.de.

1.4 Aufbau der agilen Seminarmethoden

Agil heißt nicht willkürlich. Damit Sie in Ihrer Prozessgestaltung möglichst wendig bleiben können, habe ich die Vorstellung meiner agilen Seminarmethoden in einen einheitlichen Rahmen gebracht. Auf die Entwicklung dieses Buches haben Sie keinen Einfluss. Schade eigentlich, eine Interaktion mit meinen Lesern während der Entstehung wäre mal ein eigenes Projekt … Gruppendynamische Prozesse habe ich (leider oder Gott sei Dank?) nicht zu erwarten, während Sie mein Buch lesen. Insofern ist es hier deutlich einfacher, eine feste Struktur zu hinterlegen. Sie soll Ihnen die Orientierung und die Anwendung meiner Methoden erleichtern.

Ich weiß von vielen Kollegen, dass sie sich gute Ideen aus Büchern rauskopieren und zu ihren Seminarunterlagen legen. Selber mache ich das oft auch so. Ich habe beim Schreiben und der Formatierung des Textes darauf geachtet, dass dies leicht möglich ist, sowohl vom Textumfang als auch von den Rändern. Bitte achten Sie bei der Nutzung solcher Kopien unbedingt auf das Copyright. Die Kopien dürfen Sie nicht an Seminarteilnehmer verteilen. Es sei denn, es handelt sich um Arbeitsblätter, die ausdrücklich als Handout gekennzeichnet sind, oder Sie haben sich die Erlaubnis des Verlags eingeholt.

Überschrift = Arbeitstitel der Methode

In der Überschrift finden Sie den Namen, den ich mir für die Methode ausgedacht habe. Manchmal steckt darin ein besonderer Gegenstand, ein Ort oder eine Person. Die meisten Einfälle kommen mir, wenn ich eine Beobachtung mache oder ein Stichwort höre. Dazu braucht es manchmal gar nicht viel Kreativität, weil sich eine Idee förmlich aufdrängt. Ein ansprechender Arbeitstitel, den ich auch bei der Ankündigung in den Seminaren verwende, ist auf jeden Fall von großer Bedeutung. Manchmal lösen allein schon die Bezeichnungen Lachen aus oder die Teilnehmer werden neugierig. Ich kann Ihnen bei der Auswahl Ihrer Titel wirklich ans Herz legen, sehr eingängige Headlines zu verwenden. Je nach Zielgruppe und Seminarthema variiere ich auch schon mal den Titel, um noch dichter am Referenzrahmen der Teilnehmer zu sein. Manchmal, zum Beispiel bei Übungen aus dem Improvisationstheater, suche ich gerade einen völlig fremden Kontext für die Übungen, um auf neue Ideen zu kommen.

Ziele

Die Ziele, die Sie mit den agilen Seminarmethoden erreichen können, sind sehr vielfältig. Ich gebe Ihnen daher eine oder mehrere Zielideen vor, die ich selbst mit der Methode erreicht habe. Wie bei einem Auto, in das Sie einsteigen, legen Sie auch hier das Ziel selbst fest. Es braucht nur manchmal ein paar Anpassungen, damit die Fahrt auch komfortabel wird. Dafür müssen Sie nicht gleich das komplette Auto austauschen. Wichtig ist jedoch, dass Sie mit den Methoden überhaupt ein Ziel verfolgen, das dem Auftrag dient. Agile Seminarmethoden sind kein Selbstzweck, sondern sie …

Meine Idee dahinter / Ablauf

An dieser Stelle beschreibe ich kurz, wie ich auf die Idee gekommen bin. Das kann Sie darin unterstützen, selbst sensibel für Input zu werden. Der lauert förmlich überall auf uns! Das Hauptgewicht liegt hier auf der praktischen Umsetzung meiner Methode. Dabei reduziere ich die psychologischen Hintergrundinformationen auf ein Minimum. Ich möchte Ihnen keine Einführung in die Kommunikationswissenschaft oder in Lerntypen geben; dafür gibt es ausreichend gute Literatur. Mir ist es wichtig, dass Sie sich den spontanen Einsatz der agilen Methoden gut vorstellen können und ich Sie ermutige, mit den Ideen im Prozess zu spielen. Die allermeisten sind mit ein paar wenigen Handgriffen umzusetzen, sodass Sie unmittelbar, spätestens aber nach einer kurzen Kaffeepause, startbereit sind.

Spielräume

Für den Einsatz agiler Methoden gibt es eine komfortable Bandbreite. Das ist ja der große Gewinn dieser multifunktionalen und anpassungsfähigen Formate. Viele Methoden habe ich selbst schon abgewandelt oder weiterentwickelt. Manchmal wurden sie dadurch noch pointierter, manchmal kam auch eine ganz neue Idee dabei heraus. Ich nehme den Begriff „Spielraum“ gerne wörtlich: Ich spiele dann mit den Materialien und den räumlichen Möglichkeiten, verrücke mal nach links, mal nach rechts und komme am Ende zu der Erkenntnis, dass die beste Bühne doch in der Kaffee-Ecke vor dem Seminarraum ist. Gerade deswegen bin ich auch immer eine ganze Zeit vor Seminarbeginn in den Tagungshäusern. Bei mehrtägigen Veranstaltungen reise ich am Vorabend an, um mich mit den Räumen und der ganzen Atmosphäre anzufreunden. Da kommt es schon mal vor, dass eine Hotel-Deko mich auf eine ganz neue Idee bringt und ich diese als Option im Hinterkopf behalte. Neulich war ich von einer Wanddekoration so begeistert, dass ich sie mit meinem Mobiltelefon abfotografierte und am nächsten Tag als Hintergrundmotiv über den Beamer für eine Übung nutzte. Das meine ich mit Spielräumen.

Weitere Einsatzmöglichkeiten

Es gibt viele Methoden, die mit ein paar Anpassungen auf völlig neue Weise eingesetzt werden können. Wenn uns etwas beschränkt, dann sind es in der Regel die Schranken in unseren Köpfen. Ich finde es zum Beispiel sehr erfrischend, wenn ich von den Seminarteilnehmern lernen darf, was diese aus verschiedenen Übungen machen. Viele meiner Ideen basieren auf den Äußerungen oder Improvisationen von Einzelklienten und Seminarteilnehmern. Aus einem Arztkittel wurde beispielsweise mit ein paar Handgriffen ein Hausfrauenkittel, und schon hatten wir für die Übung einen völlig neuen Kontext. Oder innerhalb eines Führungstrainings bemerkte eine Teilnehmerin, dass ihr „Der Stein des Anstoßes“ in ihrer Beziehung gerade eine große Hilfe sein könnte.

Sie dürfen sich also erlauben, vollkommen querzudenken und auszuprobieren. Sicher, manchmal erzielen bestimmte Methoden einfach nicht den gewünschten Effekt. Das kann viele Ursachen haben: Sie stehen nicht hinter der Methode, der Zeitpunkt hätte passender sein können, Sie haben sich zu eng an die Vorlage gehalten und dabei die Individualität der Zielgruppe aus dem Auge verloren etc. Ich finde es nicht tragisch, wenn eine gute Absicht einmal nicht rundum punktet. Das passiert mir gelegentlich, in Einzelcoachings wie im Seminar. Die Nebenwirkungen sind überschaubar und ich mache eben was anderes. Große Hilfe: Bleiben Sie locker!

Technische Hinweise

Hier gibt es noch ein paar Hinweise zu:

Lassen Sie sich auch hier nicht durch meinen Rahmen beschränken. Es ist nur angegeben, was ich bereits selbst ausprobiert habe. Was möglich ist, steht auf einem völlig anderen Blatt.

An dieser Stelle noch ein ganz wichtiger Hinweis: Verschwinden Sie mit Ihrer Persönlichkeit nicht hinter einer Technik. In erster Linie punkten Sie durch Ihre eigene Begeisterung für die Methoden und die Selbstverständlichkeit, mit der Sie diese anwenden. Wenn Sie gerne Musik als Unterstützung einsetzen, achten Sie bitte auf die GEMA-Gebühren. GEMA-freie Musik finden Sie u. a. bei http://www.audiojungle.net und auch unter http://www.youtube.de (Suchbegriff „GEMA freie Musik“ eingeben).

Meine ganz eigenen Ideen zur Methode

An dieser Stelle sind Sie dran. Den freien Raum habe ich für Ihre eigenen Notizen, kreativen Ideen und Anmerkungen zu den Methoden reserviert. Dabei kann Sie folgender roter Faden unterstützen:

Manchmal kommen mir schon beim Lesen von Kollegen-Übungen eigene Ideen. Auch als Teilnehmer an Seminaren und Fortbildungen stoße ich immer wieder auf tolle Impulse für Neuentwicklungen. Doch besonders viele Ideen liefern mir die Teilnehmer. Ich habe es mir zur Angewohnheit gemacht, die freien Interpretationen der Aufgabenstellungen und auch die Anregungen aus der Gruppe im Anschluss der Veranstaltung schriftlich festzuhalten. Daraus sind schon viele Varianten und auch ganz neue Methoden entstanden. Nutzen also auch Sie die Impulse der Gruppe. Und manchmal braucht es auch eine ganze Zeit, bis mein kreativer Motor anfängt zu laufen. Wenn ich von mir fordere, kreativ zu werden, passiert in der Regel gar nichts.

Daher mein Rat an Sie: Wenn Ihnen nicht schon beim Lesen erste Ideen in den Kopf schießen, lassen Sie meine Anregungen erst mal sacken – und machen Sie etwas ganz anderes. Mein Buch läuft Ihnen nicht weg. Toll wäre es, wenn Sie mir von Ihren Ergebnissen erzählten. Unter info@horstlempart.de sammele ich die Einfälle und Erfahrungen aller Kollegen und hoffe, dass daraus für uns alle eine noch umfangreichere Ideensammlung entstehen wird. Ich sage hier schon mal Dankeschön.

Teil 2: Agile Seminarmethoden

Gestatten Sie mir noch einen wichtigen Hinweis, bevor Sie in die wunderbare Welt der Methoden-Schatzkiste abtauchen. In Seminaren und Coachings spontan zu reagieren wird mir auch deshalb möglich, weil ich mich immer gut ausstatte mit Arbeitsmaterialien und Requisiten. Selbst dann, wenn ich längere Anfahrten zu meinen Kunden habe, führe ich als Grundausstattung meine „Lieblingsstücke“ mit. Da ich kein Auto habe und fast alle Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklege, ist das manchmal schon ein gutes Päckchen voller „Plunder“. Und nicht selten passiert es, dass ich auf meine Utensilien im Zug angesprochen werde, wenn aus der Tasche mal wieder ein Plüsch-Schwein schaut. Auch mein Entscheidungswürfel, der in keine Tasche passt, ist unter dem Arm oft ein Hingucker. Meine Botschaft für Sie: Vieles ist möglich, wenn Sie anfangen zu improvisieren und Ihre Organisation den Bedingungen anpassen. Das ist für mich Agilität. Womöglich coache ich schon immer agil, weil ich permanente Rückkopplungen zu meinen Klienten einbaue. Das heißt nicht, dass ich sämtliche Erwartungen meiner Kunden erfülle. In meiner Rolle als Persönlichkeitsstörer ist das eher nicht der Fall. Aber ich arbeite ganz dicht an den Angeboten, die mir meine Klienten und Seminarteilnehmer machen. Die konsequente Ausrichtung am Kunden war und ist für mich agiles Coachen.

Früher war ich gar kein Freund von 1-Euro-Shops. Und auch die türkischen Gemischtwarenhändler, die sich nahezu in jeder Stadt finden, waren mir viel zu unübersichtlich für eine entspannte Shopping-Tour. Inzwischen habe ich beide Adressen als reine Goldgrube für neue Ideen entdeckt. Manchmal stehe ich eine ganze Stunde in einem solchen Laden und krame in den großen Kisten rum und zack, da kommt mir eine neue Idee. Und inzwischen habe ich einen türkischen Händler in Koblenz ausgemacht, der nahezu alles hat, was ich sonst nirgends finde. Ich bin oft beeindruckt, wie schnell der Mann weiß, was ich brauche, obwohl ich manchmal selber nicht weiß, was ich da beschreibe!

Und schließlich nutze ich sehr viel von den Materialien vor Ort: Hotel-Deko, Blumenvasen, Kleiderständer, Bilder, Geschirr und Besteck, leere Weinflaschen, Prospekte, Pflanzen … Und bei mir im Büro muss sowieso alles dran glauben, was nicht festgenagelt oder festgeklebt ist. Manchmal bieten auch die Seminarteilnehmer eigene Accessoires an, die gerade für eine Inszenierung passend sind. Entdecken Sie die Möglichkeiten vor Ihrer Nase. Unperfekt ist perfekt für agiles Arbeiten.

Ich lade die Teilnehmer immer dazu ein, mit der Handy-Cam Fotos und Videos aufzuzeichnen. Da diese Geräte sowieso ständige Begleiter sind, lasse ich sie einfach ganz offiziell nutzen. Das macht den meisten nicht nur Spaß, sondern die Inhalte bleiben auch noch über die Veranstaltung hinaus abrufbar. Als kleiner Nebeneffekt ergeben sich immer wieder tolle Aufzeichnungen, die mir die Teilnehmer zur weiteren Verwendung überlassen.

Achtung: Wenn Sie das auch machen wollen, sollten mit Ihren Teilnehmern unbedingt klären, dass gefilmt und fotografiert werden darf. Und für die Weiterverwendung des Film- und Bildmaterials müssen Sie die Nutzungsrechte klären.

Damit Sie gezielt nach passenden Methoden für Ihren Kontext suchen können, haben ich eine Übersicht mit ein paar Anhaltspunkte für Sie zusammengestellt. Die Einordnung erfolgte nach meiner praktischen Erfahrung. Sie schließt keinesfalls aus, dass die Methoden nicht auch in anderen Zusammenhängen erfolgreich eingesetzt werden können. Ich möchte Sie daher unbedingt ermuntern, auch für andere Settings, Themen und Gruppengrößen meine Ideen auszuprobieren oder anzupassen. Setzen Sie dann ganz einfach Ihre eigenen Häkchen in die noch offenen Felder.

Für das Timing im Prozessverlauf orientiere ich mich am Phasenmodell nach Tuckmann (Siehe dazu auch https://de.wikipedia.org/wiki/Teambildung). Ich vereinfache das Modell auf drei Phasen: Die Kennenlernphase (KP), die Arbeitsphase (AP) und die Trennungsphase (TP). Die Rubriken sortiere ich nach Interaktion (I), Analyse (A), Evaluation (E) und Transfer (T).