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Erzählt von Benjamin Tannenberg

Nach Motiven von Stefan Wolf

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KOSMOS

Umschlag- und Innenillustrationen von COMICON S.L./ Beroy + San Julian

Umschlaggestaltung: Weiß-Freiburg GmbH

Grundlayout: DOPPELPUNKT, Stuttgart

TKKG Junior, Der Rote Retter, von Benjamin Tannenberg

Nach Motiven von Stefan Wolf mit freundlicher Genehmigung der SONY MUSIC Entertainment Germany GmbH

TKKG Junior ist eine eingetragene Marke der SONY MUSIC Entertainment Germany GmbH

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© 2018, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-440-16361-0

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Wieder da!

Mit einem lauten Zischen schloss sich die S-Bahn-Tür hinter Tim. Er stand allein auf dem kleinen Bahnsteig am Rande der Millionenstadt. Er sah sich um. Komisch. Niemand war zu sehen. Hatten seine Freunde ihn vergessen? Nein, das sah ihnen gar nicht ähnlich. Tim beschloss zu warten. Er hatte es sowieso nicht eilig, zurück ins Adlernest zu kommen (so hieß die Internatsbude, die er sich mit Klößchen teilte).

Während Tim sich die Nachmittagssonne aufs Gesicht scheinen ließ, spürte er, dass seine Reisetasche mächtig zugenommen hatte. Wie so oft hatte seine Mutter ihm vor seiner Abreise noch schnell Konserven und Plastikdosen mit vorgekochtem Essen eingepackt. Tim hatte ihr bislang jedes Mal erklärt, es sei ja nett, dass sie ihm Verpflegung für eine Expedition zum Südpol mitgebe – dass er aber ja nur ins Internat fahre, wo es einen Koch gäbe (hochheiliges Ehrenwort!). Diesmal aber hatte Tim nichts gesagt. Stattdessen hatte er seine Mutter beim Abschied einfach gedrückt und still in sich reingegrinst.

Er wollte eben die bleischwere Tasche absetzen, da hörte er ein Bellen – eines, das er unter tausenden Hundelauten erkannt hätte: Oskar!

Gleich hinter ihm kamen Klößchen und Gaby mit ihren Rädern aus einer sandigen Staubwolke herangewirbelt (seit Tagen war es in der Millionenstadt trocken und heiß gewesen). Tim strahlte wie ein Sonnenkönig. Mann, hatte er seine Freunde vermisst!

Aber wo war Karl abgeblieben?

Erwartungsvoll sprang Oskar an Tim hoch und wurde auch nicht enttäuscht, denn Tim hielt schon ein Leckerli bereit. Oskars Ansturm traf ihn allerdings unvorbereitet.

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Kaum hatte er sich von der nassen Begrüßung erholt, war Klößchen schon bei ihm.

»Puuh! Ohne dich war’s im Internat öder als in der Wüste!«

Dabei klopfte Klößchen ihm so überschwänglich auf den Rücken, dass Tim einen Schmerzenslaut unterdrücken musste.

»Wow, danke! Jetzt weiß ich auch wieder, dass ich Rippen habe«, lachte Tim. »Und ja, ich hab dich auch vermisst.«

Als Nächstes war Gaby an der Reihe. »Keine Sorge. Ich verschone deine Rippen«, schmunzelte sie und drückte Tim um einiges sachter. »Geht’s deiner Mutter wieder besser?«

»Zum Glück, ja. Sie humpelt nur noch ein wenig …«

Klößchen zeigte auf Tims Reisetasche. »Sind das die Geschenke für uns?«

Mit einem feierlichen Grinsen machte Tim die Tasche auf: »Wollen wir mal sehen: Also … da hätten wir Kartoffel-Lauch-Suppe, Spinat-Schafskäse-Lasagne, Dosen mit Erbsen-Karotten-Allerlei. Na, wie wär’s?«

Klößchen verzog das Gesicht. »Ähm … sehr großzügig. Aber ich passe.«

»Beim nächsten Mal bestelle ich ein paar Nachspeisen für dich, okay?«, bot Tim an.

Klößchen streckte den Daumen hoch. »Perfekt! Die Wichtigkeit von Nachtisch wird einfach unterschätzt. Insbesondere Schokomousse, Schokopfannkuchen, Schokowaffeln, Schokotort… »

»Sag mal, kennst du irgendeinen Nachtisch, der nicht mit Schoko anfängt?«, ging Gaby dazwischen.

Klößchen musste lange nachdenken: »Hm … Blätterteig … gefüllt mit …«

»Lass mich raten, gefüllt mit Schokolade«, fiel ihm Gaby ins Wort. »Ja, zum Beispiel. Klasse Idee, Gaby!«, rief Klößchen begeistert.

Tim und Gaby brachen in schallendes Gelächter aus.

In dem Moment kam Karl herangefahren – mit gleich zwei Fahrrädern. Das Fahrrad, das er mit einer Hand neben sich her führte, kam Tim bekannt vor. Es war sein eigenes! Allerdings war es völlig aufpoliert, auch einige Teile (Lenker, Sattel, Reifen) waren neu.

»Klößchen, Gaby und ich haben uns erlaubt, dein Fahrrad auf Vordermann zu bringen!«, erklärte Karl.

»Wow!« Mehr brachte Tim nicht raus. Dass es ihm die Sprache verschlug, passierte nicht alle Tage.

Gaby freute sich, dass ihnen die Überraschung gelungen war. »Jetzt mal im Ernst: Was wäre schon ein Detektivclub mit vier Profis auf nur drei Rädern?«

Tims Fahrrad war schrottreif gewesen, nachdem sich wohl Ben und Nick aus der Parallelklasse daran vergriffen hatten (Tim war sich da ganz sicher, konnte es aber nicht beweisen). So schnell hätte er sich jedenfalls kein neues Fahrrad leisten können.

»Ihr seid wirklich verrückt!«, jubelte Tim nach einer Proberunde. Dann drückte er die drei einmal reihum und gab Oskar noch ein Leckerli.

Die Stimmung unter den vier Freunden war so ausgelassen wie lange nicht mehr. TKKG waren endlich wieder komplett.

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Die Stadt hat einen Helden

Tim, Karl, Klößchen und Gaby gingen gemeinsam in die 5b. Seit sie sich am Anfang des Schuljahres kennengelernt hatten, war kaum ein Tag vergangen, den sie nicht zusammen verbracht hatten. Es schien ganz egal zu sein, was sie unternahmen – es dauerte nie lange, und schon steckten die vier wieder Hals über Kopf in einem Abenteuer.

Die fast einwöchige TKKG-Auszeit war nicht geplant gewesen. Tim hatte kurzfristig zu seiner Mutter fahren müssen. Die lebte allein und musste nach einem Treppensturz ihren angeknacksten Fuß schonen. Der Internatsdirektor hatte Tim ausnahmsweise erlaubt, das Wochenende um ein paar Tage zu verlängern. Und so war Tim zu seiner Mutter in die Plattenbausiedlung am anderen Ende der Stadt gefahren. Dort hatte er im Haushalt geholfen, Einkäufe erledigt und seiner Mutter Gesellschaft geleistet. Die Zeit hatten beide sehr genossen. Familie Carstens bestand ja nur noch aus ihnen beiden, seit Tims Vater vor zwei Jahren bei einem Autounfall gestorben war.

Gaby riss Tim aus seinen Gedanken: »Hey! Löcher in die Luft starren gilt nicht!«, feixte sie. »Sag mal lieber: Was hältst du eigentlich von der Sache im Supermarkt gestern Abend?«

»Supermarkt?!« Tim verstand gar nichts. »Hat nicht ein neuer im Gewerbegebiet Ost aufgemacht? Wart ihr auf der Eröffnungsfeier?«

Gaby kicherte.

»Ist das dein Ernst, Tim?!«, wollte Klößchen wissen. »Du hast wirklich nichts von der Sache mitbekommen, über die alle sprechen.« Klößchen bekam mit einem Mal leuchtende Augen.

Tim schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, ich war in den letzten Tagen wie auf dem Mond.«

»Also, dann halt dich mal gut am Lenker fest!« Klößchens Stimme überschlug sich förmlich. »Die Stadt hat einen Superhelden!«

Gaby konnte Klößchens Begeisterung offensichtlich nicht teilen. Sie verdrehte die Augen und stieß ein lang gezogenes »Pfffff« aus.

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Tim versuchte immer noch, aus Klößchens Aussage schlau zu werden. »Einen Superhelden?! Du meinst so einen vom Fasching mit aufgemaltem Waschbrettbauch auf dem Kostüm?«

»Nein, nein!« Klößchen verstand bei dem Thema offenbar keinen Spaß. »Ich meine einen echten! Jemanden, der den Ganoven mal so richtig in die Suppe spuckt. Jemanden, der den Job der Polizei macht, nur eben besser und schneller!«

Gaby machte ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter.

»Oh, oh, Klößchen! Höchster Fettnäpfchen-Alarm«, rief Karl aus.

»Und wie! Sieh dich vor, Klößchen! Gaby drängt dich gleich vom Weg ab«, amüsierte sich Tim.

»Und das wäre noch nett von mir!«, stellte Gaby klar. Ihr Blick war eiskalt wie ein Gletscher.

Gaby hielt große Stücke auf ihren Vater, Herrn Glockner. Und der war nun einmal zufällig Kriminalkommissar und hatte die höchste Aufklärungsquote in der ganzen Millionenstadt. Für TKKG war er außerdem die beste Informationsquelle, die sie haben konnten.

»Aber jetzt mal im Ernst: Kann mich mal jemand aufklären? Du vielleicht, Karl? Was ist denn passiert, dass sich die beiden so in den Haaren liegen? Und was hat das mit dem neuen Supermarkt zu tun?«

Auf eines war immer Verlass: Karl (genannt »der Computer«) war die Sachlichkeit in Person.

»Du hast wirklich was verpasst, Tim. Gestern gab es einen Raubüberfall auf den neuen Supermarkt. Aber das war nur der Anfang. Die Ganoven wären fast mit der Beute entkommen, da wurden sie quasi selbst überfallen. Der Mann, der sich ihnen in den Weg gestellt hat, trug ein rotes Superheldenkostüm. Die Medien haben ihn darum DEN ROTEN RETTER genannt.«

Tims Detektivgeist war geweckt. Er hatte schon viele verrückte Dinge in der Stadt erlebt, aber ein Superheld, der Räuber überfällt? Das war neu – und höchst seltsam dazu!

(K)ein Supermarktraub