Metainformationen zum Buch

Buchidentifikation: (EBI)
[Marie de Sade|Durch Sturm zum Drang (Textausgabe)|1] [2018-01-08T20:53:44Z] [20|tO415-J4IS-Eia2-c7ET]
Sprache
de
Buchtitel
Durch Sturm zum Drang
Buchuntertitel
Textausgabe
Beschreibung

Birthe fährt mit ihrem Auto im Sturm eine Allee entlang, kann gerade noch vor einem umknickenden Baum halten.
Der ihr folgende Sven stößt sie trotz Vollbremsung leicht an.
Nachdem ein weiterer Baum auf sein Auto kracht, alles blockiert ist, können sie sich noch gerade so in ein Landhotel retten, wo nach einem Stromausfall aus dem Sturm zunehmend unbändiger Drang wird, der nur noch sehr schwer zu kontrollieren ist …

Die Aufräumarbeiten nach dem Sturm werden daraufhin nicht nur ein äußeres Anliegen, sondern auch eine innere Aufgabe für die beiden.
Nicht nur bei einem kleinen Ausflug in ein nahegelegenes Moor mit einem schönen Naturerlebnis suchen sie nach Irrungen ihren Weg.
Alles ist neu und frisch durchgewirbelt nach dem Sturm, alles drängt zu neuen Perspektiven und letztlich wieder Daheim zu einer wichtigen Entscheidung …

Autorin (Text, Vorwort, Auszeichnungssprachen)
Marie de Sade
Mitarbeiter (Vorwort, Auszeichnungssprachen, Graphiken, Korrekturleser)
Dr. Olaf Hoffmann
Mitarbeiterin (Korrekturleserin, Muse)
Inken S.
Impressum
Kontakt bei BookRix: M.d.S. http://www.bookrix.de/-if4897c4a0f7965/
email: marieds@yahoo.com
Mehr Bücher von M.d.S. bei BookRix:
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Personeneintrag bei der DNB:
http://d-nb.info/gnd/1108526314
Erstellt
2017-10-31, 2017-12-01/05
Letzte Bearbeitung
2018-03-15T20:53:44Z
Datum (Ausgabe)
2018-03-16
Format
application/epub+zip
Werktyp
Sammlung: Text und Abbildungen
Schlüsselwörter, Themen
Sturm, Drang, Orkan, auf dem Land, Stromausfall, Romantik bei Kerzenlicht, Verstand, Unterbewußtsein, Hormone, Kontrollverlust, Zurückhaltung, Kompensation, Befristung, Entscheidung, Moor, eigener Weg, Suche, Familienplanung, Akademiker
Publikum, Zielgruppe
Jugendliche, Erwachsene

Durch Sturm zum Drang

Epigraph

Jeder schimpft auf das Wetter, aber keiner tut etwas dagegen.

Mark Twain

Sturm läutert die Luft.

Caspar David Friedrich

Lust der Sturmnacht

Wenn durch Berg und Tale draußen
Regen schauert, Stürme brausen,
Schild und Fenster hell erklirren,
Und in Nacht die Wandrer irren,
Ruht es sich so süß hier innen,
Aufgelöst in sel’ges Minnen;
All der goldne Himmelsschimmer
Flieht herein ins stille Zimmer:
Reiches Leben, hab Erbarmen!
Halt mich fest in linden Armen!
Lenzesblumen aufwärts dringen,
Wölklein ziehn und Vöglein singen.
Ende nie, du Sturmnacht, wilde!
Klirrt, ihr Fenster, schwankt, ihr Schilde,
Bäumt euch, Wälder, braus, o Welle,
Mich umfängt des Himmels Helle.

Justinus Kerner

Es ist die Frage, was man im Leben sucht, Unterhaltung oder Liebe. Im ersten Falle darf man es nicht allzu genau mit der moralischen, im zweiten nicht allzu genau mit der geistigen Beschaffenheit der Menschen nehmen, mit denen man sich umgibt.

Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach

Es gibt nichts Schöneres als geliebt zu werden, geliebt um seiner selbst willen oder vielmehr trotz seiner selbst.

Victor Hugo

Nicht die Vollkommenen, sondern die Unvollkommenen brauchen unsere Liebe.

Oscar Wilde

Liebe ist die Antwort, aber während man auf sie wartet, stellt der Sex ein paar ganz gute Fragen.

Woody Allen

Vorwort

Zum Inhalt

Diese fiktive Erzählung ist vielleicht erotisch, vielleicht auch eher liebevoll, wobei das eine das andere nicht ausschließt oder auch bedingt. Was als erotisch oder auch als liebevoll empfunden wird, ist aber auch eine Frage des Geschmackes und der persönlichen Assoziation oder Erfahrung.
So gewissermaßen als Luststück kann die kleine Schnurre oder Posse auch als freie, unkonventionelle Variation zum Monomythos der Heldenreise aufgefaßt werden. Allerdings gibt es, typisch für eine Liebesschnulze, hier gleich zwei Helden, die aus ihrem Alltag gerissen werden, um gemeinsam ein großes Abenteuer zu überstehen, Widerstände und Retardierungen zu überwinden, um letztlich die Heimat wieder erreichen zu können, in welcher sie bereit sind, sich ausgehend von den frisch gemachten Erfahrungen ganz neuen Herausforderungen und Fragen zu stellen.

Technisches

Bei diesem Buch handelt es sich um eine vereinfachte Textausgabe. Anders als die der Originalausgabe enthält dieses, einmal abgesehen vom Titelbild, keine Graphiken und als Voreinstellung nur eine einfache Stilvorlage ohne Farbangaben. Diese Ausgabe ist besonders geeignet für Präsentationsprogramme, Geräte und Konversionsskripte, die EPUB nur sehr rudimentär interpretieren können. Für Programme, die das Format EPUB korrekt interpretieren, ist dringend die Originalausgabe zu empfehlen.

Technisch wurden bei diesem EPUB einige Hilfen integriert, um dem Leser besseren Zugang zum Inhalt zu ermöglichen. Es gibt etwa verschiedene Stilvorlagen, zwischen denen gewählt werden kann. Bei einem Darstellungsprogramm, welches EPUB komplett interpretieren kann, wird es eine solche Auswahlmöglichkeit geben. Von daher kann dann leicht zwischen heller Schrift auf dunklem Grund und einer dunklen Schrift auf hellem Grund gewechselt werden. Für eigene Einstellungen eignet sich der per Voreinstellung verfügbare einfache Stil, welcher lediglich einige Strukturen hervorhebt oder anordnet.

Bei automatischen Konversionen dieses Buches im Format EPUB in andere Formate können diverse Mängel auftreten, welche sowohl an Fehlern und Problemen der zu naiv und einfach konzipierten Konversionsprogramme als auch an dem Format liegen können, in welches konvertiert wird. Autorin und Mitarbeiter dieses Buches haben keine Kontrolle über spätere Manipulationen oder Formatkonversionen, haben also keinen Einfluß auf die komplette Verfügbarkeit von Inhalten und Hilfen solch manipulierter Versionen. Sie empfehlen daher dringend, das unveränderte Original zu verwenden und sich dieses von einem leistungsfähigen Darstellungsprogramm präsentieren zu lassen.

Manuell ist es recht problemlos möglich, einige Techniken und Merkmale des Buches so weit zu vereinfachen, Inhalte anders aufzubereiten, um diese auch in verminderter Qualität in anderen Formaten verfügbar zu machen. Insbesondere bei wohl noch immer recht beliebten proprietären Amazon-Formaten (Mobipocket oder KF8) ist es recht einfach, ein passend vereinfachtes EPUB zu erstellen, aus welchem sich ein lesbares Buch in diesen minderwertigeren Formaten erzeugen läßt, sofern man sich mit EPUB und den Möglichkeiten dieser Formate etwas auskennt.

Im Sturm

Birthe war unlängst zu dem Schluß gekommen, daß es eine ganz schlechte Idee gewesen war, heute rauszufahren, auch noch mit dem Car-Sharing-Auto einfach so ins Blaue, ohne auf den Wetterbericht zu achten. Und dabei sah es heute Morgen noch gut aus, also schon noch ungefähr nach einer Fahrt ins Blaue. Es war im Laufe des Tages allerdings immer grauer und windiger geworden. Es hatte sich schnell zugezogen.
Sie hatte einfach den Drang gehabt, heute rauszufahren, mal nicht ökologisch korrekt mit dem Rad durch die Stadt ins benachbarte Grüne, nein, es einmal unbeschwert rauslassen und mit dem kleinen Flitzer durch die Gegend zischen, gedankenverloren gasgeben, durchs Grüne juckeln, die Gedanken und das Selbst schweifenlassen, sich von der Forschungsarbeit im Institut erholen. Diese Woche hatte sie genug geleistet, freitags also bloß nur noch raus, nicht produktiv, innovativ sein, stattdessen unabhängig, gelöst, nicht erreichbar ohne besonderes Ziel unterwegs, dabei nicht einmal über die Ziellosigkeit ihres Tuns, vielleicht gar ihres Lebens nachdenkend.
Natürlich ist es eine Illusion, es als befreiend zu interpretieren, in einem Auto nur zum Spaß ziellos durch die Gegend zu brausen und mit den Abgasen unproduktiv die Umwelt zu verpesten. Nun, natürlich ist es immer noch harmlos gegenüber einem Flug in den Urlaub. Birthe war das schon klar, hatte sich überdies ein sparsames Modell ausgesucht, so hielt sich ihre Schuld in der Umweltbilanz in ihren Augen noch im vertretbaren Rahmen.

Nun war es am späteren Nachmittag nicht nur dämmrig, was im Herbst nicht anders zu erwarten war, nein, ein Sturm verfinsterte zusätzlich das Restlicht des Tages. Ein Orkan war das schon, der Regen auf das Auto peitschte, es aus der Spur zu drängen drohte, die Bäume der Allee dieser abgelegenen Landstraße heftig schwingen ließ, bösartig heulte und zerrte. Das war schon in etwa so unheimlich wie in einer dieser romantischen Schauergeschichten, denen Birthe nicht so viel abgewinnen konnte. Sicherlich würde ihr kein verirrter Werwolf vor den Wagen springen. Solcher Unsinn amüsierte sie eher. Selbst die inzwischen wieder real existierenden richtigen Wölfe sind eher scheue Gesellen, die sich höchstwahrscheinlich bei dem drohenden Unwetter nicht ausgerechnet auf diese Straße hier verirren würden.

Birthe wünschte sich nur noch, zügig heimzukommen und sich in eine Decke zu kuscheln und dies Unwetter geduldig vorbeiziehen zu lassen. Daran war aber gerade gar nicht zu denken. Sie mußte sich konzentrieren, um mit dem Auto nicht von der Straße gepustet zu werden, bei dem starken Regen nicht eine Kurve zu übersehen und so gar noch im Graben oder vor einem der Allee-Bäume zu landen. Das wäre nicht nur sehr schade für den Baum gewesen, das demolierte Automobil wäre obendrein eine Ressourcen-Verschwendung, ganz zu schweigen von eigenen Verletzungen.

Sehr bedenklich wackelten diese Allee-Bäume. Birthe gruselte sich, wie lange sollte das noch gutgehen?
Naja, ein paar Jahrzehnte standen die doch wohl schon, das war nicht der erste Orkan, den sie überstehen mußten, warum also ausgerechnet heute umkippen?
Warum sollte es ausgerechnet sie treffen?
Sie versuchte, sich mit solchen Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen abzulenken. Die Parameter waren allerdings nicht konstant, ständig im Fluß, beziehungsweise hier im Sturm sogar.

Sven war erledigt, hatte einen Kollegen vertreten müssen, der im Urlaub einen kleinen Unfall hatte, es würde noch ein paar Wochen dauern, bis der wieder einsatzbereit war. An dessen kleiner Uni war man mehr als ausgelastet, im Rahmen der Kooperation mit seiner Uni und weil er mit dem Kollegen und dem Thema gut vertraut war, hatte man das so organisiert, daß er die ersten paar Freitage des Semesters vertretungsweise einspringen sollte. So heizte er nun freitags am Morgen - sogar mit einem Dienstwagen der Uni, wovon es gar nicht viele gab, er hatte ja gar kein eigenes Auto - immer hin, hielt Vorlesung, Übung und Sprechstunde ab, nachmittags wieder zurück und Heim ins verdiente Wochenende. Naja, um ehrlich zu sein, hatte er am Wochenende gewöhnlich gar nicht viel vor, las meist oder bereitete etwas für die neue Woche vor. Es gibt ja immer was zu tun, etwas Neues zu erfahren, zu erkunden. Dafür ist die Ruhe des Wochenende ideal geeignet.

Diese Spritztouren über Land bedeuteten schon eine gewisse Abwechslung vom akademischen Alltag, eine gewisse andere Ablenkung, einen anderen Aspekt des Lebens, fernab von sonstigen Forschungsprojekt.
An diesen paar Freitagen hatte er schon mehr Fahrpraxis gesammelt als im ganzen Jahr, dennoch fühlte er sich heute deutlich überfordert, der dichte Regen des Orkans, die am Auto zerrenden und stoßenden Böen forderten mächtig Respekt ein. Das war nun deutlich mehr Abenteuer und Erlebnis, als er Bedarf daran hatte.
Dann war er auch noch auf dieser Nebenstrecke unterwegs, die der Kollege ihm empfohlen hatte, weil es hier so schön war. Ha! Heute war es eher das Grauen, ständig hatte er das Gefühl, die Bäume der Allee würden auf die Fahrbahn krachen. Und es wurde immer schlimmer. So war er schon ein wenig froh, vor sich ein Auto zu erkennen, Rücklichter, Orientierung, der er nur folgen brauchte, um hoffentlich alsbald wieder auf eine sicherere Straße zu kommen.

Birthe hatte schon vor einiger Zeit die Musik abgestellt, der Orkan forderte volle Aufmerksamkeit, schlechte Sicht bei dem Regen, dazu das unheimliche Prasseln auf dem Autoblech, das Heulen des Sturms, kein anderes Auto voran, dafür noch reichlich Wegstrecke nach Hause. Hinten klebte zudem ein anderes Auto am Heck, vielleicht etwas zu nah, vielleicht auch nicht, irgendwie machte das etwas unruhig, das so im Nacken zu spüren, sich beobachtet zu fühlen.
Von vorne kam nun überraschend ein etwas anderes Geräusch, irgendwie ein morsches Knacken und Kreischen, Rauschen, fast vom Orkan verschluckt.
Ein Baum der Allee neigte sich, fiel!
Schreck!
Vollbremsung!
Birthes Herz schlug so heftig, sprang ihr fast aus der Brust.
Vollbremsung!
Trotzdem rutschte das Elend unaufhaltsam näher, brechende, knisternde, wippende Äste mitten auf der Straße vor ihr!
Vollbremsung, daß der Fuß schmerzte, die Finger hilflos um das Lenkrad krampften, sich die Augen und der Mund entsetzt öffneten, sich der Rücken fest in den Sitz preßte!
Kontrollverlust und Schlittern ins Geäst.
Die Bruchteile von Sekunden, die das nur dauerte, schienen sich im fokussierten Kanal der Aufmerksamkeit zu dehnen. Fluchtreflex ohne Möglichkeit des Ausweichens!
Irgendwie hielt das Auto noch im Geäst, bevor größere Äste die Windschutzscheibe durchschlagen hätten.
Birthe krampfte noch ums Lenkrad, noch immer die Luft anhaltend, fassungslos auf das Geäst direkt vor der Windschutzscheibe starrend!

Svens Augen tränten leicht vor Anstrengung, irgendwie den Durchblick zu behalten. Er hätte wohl doch nicht losfahren sollen. Aber da war auch die Pflicht, für den Kollegen einzuspringen. Dennoch, eine Woche Ausfall hätten sie spielend wieder herausgeholt.
So oder so war es nun zu spät. Er hatte das Wetter unterschätzt.
Sollte der Orkan nicht erst abends losbrechen?
Jetzt war er schon mittendrin. Selbst wenn er sich beeilt hätte, wenn er die Sprechstunde abgekürzt hätte, wäre er noch nicht wieder in der Stadt angekommen.
Schrecksekunde!
Rote Bremsleuchten beim Auto vor ihm!
Reflex!
Vollbremsung!
Auch er krampfte sich hilflos ums Lenkrad, schaute fasziniert, entsetzt, erstarrt zu, wie die Leuchten immer näherkamen!
Das Auto schlidderte, rutschte auf der nassen Fahrbahn einfach weiter, schon ein etwas älteres Modell, blockierende Reifen, trotz diesem Anti-Blockier-Dingsbums und so. Ausweichen war ohnehin nicht drin, hätte er überdies gar nicht hinbekommen. Es rumste nur so eben, als sein Auto Stoßstange an Stoßstange des anderen zum Stehen kam.

Birthe hatte die Hände schon etwas entspannt, atmete seufzend und zitternd durch.
Da kam plötzlich noch ein leichter Schubser von hinten!
Merklich heller werdendes Licht im Rückspiegel war ihr jetzt nur so nebenbei erst aufgefallen, sickerte nun erst im Nachhinein ins Bewußtsein!
Nun schaute sie sich um, da war augenscheinlich einer aufgefahren, nur so eben leicht touchiert, ihren Wagen noch ein paar Zentimeter weiter ins Geäst geschoben. Sie wollte sich aufregen, gleichzeitig irrational erleichtert lachen.
Definitiv ein Adrenalinschub bis zum Abwinken!
Den umstürzenden Baum hatte sie überlebt.
Hoffentlich krachte nun nicht noch ein Lastkraftwagen mit voller Wucht in das aufgefahrene Auto hinter ihr!
Trotz Unwetter hatte sie unwillkürlich den Türgriff in der Hand, drückte die Wagentür auf. Draußen peitschte ihr der Orkan den Regen nur so ins Gesicht, drückte die Tür fast wieder zu, sie hielt tapfer dagegen und hierauf raus!
Sie hielt sich am Wagen fest, schaute zurück.

Sven war geschockt, es war indessen irgendwie überstanden.
Definitiv ein Adrenalinrausch, der in ganz kirre machte!
Beim Wagen vor ihm tat sich was, jemand stieg aus. Sven wollte instinktiv wissen, ob was passiert war, Warnblinkanlage zunächst jedoch reflexartig an, Knopfdruck!
Sorgfältig hatte er vor der ersten Nutzung des Wagens natürlich die Gebrauchsanweisung überflogen.
Jetzt Türgriff!
Kräftig gegen den Sturm drücken!
Raus!
Windböen, Regen im Gesicht, augenblicklich klitschnaß!
Und dann sah er sie, also die Frau aus dem Wagen vor ihm, irgendwie ein Engel, zutiefst beeindruckend, jedoch gleichfalls vom Orkan getrieben, an ihr Auto gekrampft. Fasziniert tat er ein paar Schritte auf sie zu.

„Was passiert?“, schrie er gegen den Sturm an.
Birthe winkte ab, konnte kaum den Mund öffnen bei dem Sturm, duckte sich schützend runter. Erst im kaum vorhandenen Windschatten des Autos preßte sie heraus: „Neee, geht schon!
Baum ist auf die Straße gekracht, genau vor mir!“
Sven hatte das als Ursache ihrer Vollbremsung erst jetzt mitbekommen, schaute, noch immer irgendwie benommen, nickte.
Der Sturm heulte, das Wasser prickelte kalt im Gesicht, getriebene Blätter schmirgelten ab und an über die Wangen. Ein erneutes Knirschen und Knacken bei einer gewaltigen Böe.
Birthe schrie entsetzt auf: „Achtung!“
Wies auf den schon fallenden Baum.
Beide duckten sich, preßten sich eng an ihren Wagen, da krachte es auch schon herunter, mitten auf Svens Auto, Äste streiften ebenso Birthes Wagen, immerhin wischten nur ein paar dünne Äste mit noch reichlich Blättern des Herbstes hinter das Auto, jedoch vor allem über sie hinweg. Die noch reichlich vorhandenen Blätter und der relativ frühe Herbststurm mochten in der Kombination gleichfalls die Ursache für den Baumregen sein!
Aber nochmal gutgegangen!
Keine Blessuren, dennoch erneut ein heftiger Schrecken!
Das macht lebendig, das macht munter!
Sie spürten beide das Leben heftig durch ihre Körper pulsen und schwirren!
Wäre Sven nicht ausgestiegen, wäre er nun platt!
Sein Herz schlug bis zum Hals wegen beidem!

Sven hatte irgendwie als erstes die Fassung wieder, schrie in den Sturm: „Müssen hier weg!“
Er hatte die Hand fordernd zur noch immer geschockt zitternden Birthe ausgestreckt.
Diese schaute ihn an, stieß daraufhin hervor: „Aber wohin?
Noch einer kann hier doch wohl nicht umfallen!“
Da hatte sie irgendwie schon Recht, dachte sich Sven, allerdings so im Regen und Schrott verharren?
Sinnlos!
Sven wies zurück: „Hab’ ’n Stück zurück ’n Schild gesehen, Landhotel oder so …“
Birthe nickte, forderte „Moment noch …“, riß noch einmal die Tür ihres Wagens auf, griff hinein, war auch schon wieder heraus, kam auf Sven zu.
Dieser bot wieder seine Hand.
Das gefiel Birthe gleich an ihm, er zeigte Initiative und Entschlußfreudigkeit in der Krise, machte Vorschläge, schritt mutig voran, wo andere sich lieber murrend verkriechen und abwarten würden, so war sie eigentlich auch, sie war gleichfalls lieber aktiv, behielt die Initiative, hier war sie noch etwas von der Rolle aufgrund der dramatischen Ereignisse. Da folgte sie gerne. Sie ergriff die starke und entschlossene Hand sofort und anschließend suchten sie irgendwie einen Weg um den niedergewehten Baum herum, durch den Matsch, den tosenden Sturm, die Straße weiter hinunter durch das dämmrige Inferno. Der Sturm ließ sie kaum noch Atem holen, es war immer wieder notwendig, sich gegen den Sturm zu drehen und die Köpfe eng zusammengesteckt etwas geschützter Atem zu holen. So standen sie immer wieder, die Köpfe dicht zusammen, fast panisch nach Luft schnappend. Irgendwie verbindet das auch in der Not.
Sie hatten jedoch Glück, der Weg war ansonsten frei. Obwohl die Bäume erheblich schwankten, waren noch keine weiteren umgekippt, sie kamen voran. Alsbald kam das Schild als Hinweis auf einen bescheidenen Seitenweg: Landhotel Eichenhain.
Eichenhain - hmmm - die ideale Wahl bei einem Orkan mit der belegten Fähigkeit, massive Bäume zu entwurzeln?
Wieder die Landstraße zurück lag ein weiterer Baum auf der Straße, versperrte den Weg noch mehr als jener, den sie mühsam passiert hatten. Man hätte denken können, daß der Sturm die Bäume wenigstens alle in die gleiche Richtung umkippen läßt. Es war jedoch böeig und wirbelig, daher variierte die Lage der Bäume relativ zur Straße doch über einen etwas größeren Winkelbereich.
Der Seitenweg zum Landhotel schien allerdings noch? frei zu sein.
Sie zögerten einen Moment, hierauf stürzten sie fast schon verzweifelt den Weg entlang und weiter. Hier war es ebenfalls spärlich beleuchtet, das Haus als ihr Ziel indessen allerdings schon noch erkennbar. Sie kämpften sich durch den Sturm, zwangsläufig wortlos, denn sie hatten genug zu tun, um bei den Böen überhaupt Atem zu holen.

Landhotel Eichenhain

Tür auf, gemeinsam hinein, Tür zu. Irgendwie lagen sie sich kurz und spontan und erleichtert in den Armen, atmeten tief durch in der plötzlichen Windstille des Hauses!
Die plötzliche Nähe kam überraschend, indes sicher nicht unangenehm!
Dazu die ganze Aufregung, die Urgewalt des Sturmes, die unerwartete Begegnung im Elementaren. Das hatte schon Wirkung, beeindruckte nachhaltig.

Das war so etwas wie eine Rezeption. Leer hier, etwas irritiert über so viel Innigkeit und Nähe lösten sie sich schnell wieder voneinander, schauten sich einen Moment lang bei Licht an.
Birthe war noch immer merklich aufgewühlt, stellte anerkennend in Gedanken fest: ‚Hübscher Bursche, durchaus lecker, könnt’ mir schon gefallen.‘
Sven dachte, ihn hätte der Schlag getroffen, sie hatten sich wirklich kurz umarmt, obgleich vom Sturm zerzaust, vom Regen komplett durchnäßt und derangiert war sie so schön!
Und im Licht betrachtet bekam er ganz wackelige Knie bei ihrem Anblick, ihrer Nähe, ihrem Blick, der ruhig in seinen Augen ruhte, so überlegt und doch zart und sanft.
Ganz merkwürdige Stimmung und so ein eigenartiges Gefühl wie Ostern, Weihnachten und Silvester auf einen Tag, wirbelte irgendwie alles durcheinander, der Orkan, auch die Gedanken, Emotionen und Gefühle und so.

Sie räusperten sich beide fast gleichzeitig, um irgendwie wieder im Hier und Jetzt anzukommen!
Sven riß seinen Blick ungern von ihr los, drückte auf eine Klingel, hier hörte man sie, jedoch schrillte ebenso irgendwo weiter weg etwas ziemlich grell durch den Hain.
Es dauerte ein paar Minuten, daraufhin kam durch die zuvor benutzte Tür eine gleichfalls sturmzerzauste Frau in mittleren Jahren herein, schaute sie erstaunt an.
Sven erläuterte kurz: „Auf der Allee sind Bäume umgekippt, haben unsere beiden Autos erwischt!“
Die Frau nickte, meinte: „Jau, die an der Straße sind mal nicht so solide wie unsere Eichen hier, die stehen hier aber ohnehin weiter weg von den Häusern und der Scheune.
Kommt im Übrigen reichlich früh dies Jahr, der Orkan, noch reichlich Blätter auf den Bäumen.
Schade drum!
Aber kann man nix machen!
Ich rufe den Hein von der Polizei mal an!