PRAXISWISSEN Management
1. Auflage 2018
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ISBN 978-3-17-031828-1
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Seit den 1970er Jahren gewinnt das Management von Innovation stetig an Bedeutung in Praxis und Wissenschaft. Dies liegt darin begründet, dass Unternehmen im Wesentlichen zwei zentrale Prozesse beherrschen müssen. Zum einen die Abwicklung des bestehenden Geschäfts. Dieses ist durch Wettbewerber gefährdet, die mit voranschreitender Zeit oftmals ähnliche Qualität zu gleichen Kosten bieten können. Im Ergebnis zeigt sich diese Annäherung der Marktteilnehmer in rückläufigen Margen und steigendem Wettbewersdruck. Aus diesem Grund ist es zum anderen für zukunftsfähige Unternehmen notwendig neues Geschäft aufzubauen. Dazu bedarf es Ideen für neue Produkte, Dienstleistungen oder Geschäftsmodelle, die sich möglichst nachhaltig und erfolgreich auf dem Markt bewähren.
In den zurückliegenden Jahrzehnten durchlief das Innovationsmanagement verschiedene Entwicklungsstufen, um eine immer effektivere und effizientere Entwicklung neues Geschäfts sicherzustellen. Zunächst wurde deutlich, dass Innovation auch über die Grenzen des Bereichs Forschung und Entwicklung hinaus in Unternehmen Berücksichtigung finden muss. Die dazu notwendige bereichsübergreifende Zusammenarbeit wurde in Form von Innovationsprozessen (z. B. nach dem Stage-Gate-Ansatz von Cooper) organisiert. Mit dem Einzug von Open Innovation folgte ein weiterer wichtiger Entwicklungsschritt, in dem Innovationsprozesse offener gestaltet wurden. Dies ermöglichte z. B. die verstärkte Zusammenarbeit mit Kunden oder Lieferanten, um gemeinsam Ideen für neues Geschäft zu entwickeln.
Aus unserer Sicht steht nun der nächste große Entwicklungsschritt des Innovationsmanagements an, den wir mit Innovationsmanagement 4.0 bezeichnen. Es müssen neue Lösungen gefunden werden, um mit dem rasanten Wandel umzugehen, der die Wirtschaft als Ganzes – und das Innovationsmanagement im Speziellen – trifft. Er beruht auf neuen Möglichkeiten durch die Digitalisierung, der wachsenden Bedeutung von Geschäftsmodellen, neuen Formen der Zusammenarbeit durch agile Oragnisation, die Bildung eines Innovations-Ökosystems durch das Unternehmen und seine Umwelt sowie eine neue Innovationskultur, die Innovation nachhaltig ermöglicht und unterstützt.
Wir möchten uns damit in unserer Reihe Praxiswissen Management auseinandersetzen. Hier verfolgen wir zum einen das Ziel, aktuelle Themen wissenschaftlich fundiert einzuordnen und dem Leser entsprechende Hintergrundinformationen zu bieten. Zum anderen wird diese Einordnung durch Beiträge aus der Praxis mit Successful Practice Beispielen vertieft. Um dies möglich zu machen, sind wir auf die Unterstützung von zahlreichen Expertinnen und Experten aus der Wirtschaft angewiesen. Auch in diesem Band ist es uns gelungen, aktuelle und aussagekräftige Beiträge zusammenzutragen, die zeigen wie die betriebliche Praxis erfolgreich gestaltet werden kann. Allen Autorinnen und Autoren sind wir für ihre Beiträge und die damit verbundenen Einblicke in ihre Unternehmen oder Beratungspraxis sowie die Geduld bei der Erstellung dieses Sammelbands zu großem Dank verpflichtet. Ebenfalls bedanken möchten wir uns bei Herrn Dr. Uwe Fliegauf für die stets konstruktive Diskussion und die Begleitung dieses Projekts.
Wir laden Sie nun ein, sich einen Überblick der aktuellen Herausforderungen und Lösungsansätze im Innovationsmanagement zu verschaffen und wünschen viel Freude bei der Lektüre.
Mannheim und Frankenthal, im November 2017
Rainer Völker und Andreas Friesenhahn
Wir leben in einer Zeit der Digitalisierung. Digitalisierung im engeren Sinne meint zunächst »nur«, dass vormals analoge Informationen digital erfasst und gespeichert werden. Dieser Wandel schreitet seit der Jahrtausendwende rasant voran. Es wird geschätzt, dass heute ca. 95 Prozent aller Informationen digital zur Verfügung stehen; zu Beginn der 1990er Jahre waren es weniger als 5 Prozent.1 Durch neue technologische Möglichkeiten (enorm verkleinerte und kostengünstige Speichermedien, neue Applikationen im Internet, Cloud Computing etc.) stieg allerdings auch das weltweite Datenvolumen in gigantischer Weise. Fast 90 Prozent der heute weltweit vorhandenen Daten wurden erst in den letzten fünf Jahren generiert; es wird vermutet, dass das Datenvolumen in den nächsten Jahren um über 30 Prozent ansteigen wird.2
Aber die Digitalisierung hat nicht nur eine technologische Dimension. Im weiteren Sinne geht sie einher mit einer »digitalen Transformation«: Veränderungen in der Gesellschaft und Wirtschaft wurden und werden in erheblichem Maße durch die Digitalisierung ausgelöst. »Software is eating the world« – so lautete vor einigen Jahren eine Schlagzeile im Wall Street Journal.3 Das Aufkommen der sozialen Medien hat unser Kommunikationsverhalten teilweise grundlegend geändert. Wir können über das Internet und Suchmaschinen in Millisekunden die Informationen und Nachrichten erhalten, die wir benötigen und müssen nicht auf Fernsehnachrichten oder gar die Tageszeitung warten, laufen aber auch große Gefahr auf »Fake News« zu treffen.
Ganze Branchen fallen weg oder haben sich im Rahmen der Digitalisierung radikal gewandelt. Sinnbilder für eine solche Veränderung sind Amazon, Spotify oder Uber. Uber hat die Taxibranche verändert – ohne dass das Unternehmen selbst Taxis besitzt oder Taxifahrer beschäftigt. Mit einer entsprechenden digitalen Plattform und Software (»Apps«) hat sich das neue Geschäftsmodell in kürzester Zeit etabliert. Konzerne wie z. B. Google oder Facebook sind entstanden, die aufgrund ihrer Finanzkraft und ihrer technologischen Potenziale auch bestehende Märkte wie den Automobilmarkt betreten können.
Die Digitalisierung findet sich in allen betrieblichen Teilbereichen. In der öffentlichen Diskussion finden sich viele Beispiele für den Wandel der Produktion und Produktionslogistik – die »Smart Factory« wird postuliert.4 Schon lange haben sich »E-Commerce« und in vielen Branchen auch die »E-Supply Chain« etabliert.5 So verfügen – um nur ein Beispiel kurz zu skizzieren – heute alle großen Anbieter der Prozessautomatisierung sowie des Anlagen- und Maschinenbaus über ein voll integriertes Datenmanagement. Bei der Entwicklung hin zu »Predictive Maintenance« sind alle Prozessschritte integriert: Außendienstmitarbeiter und Remote-Zugriffe werden über die Systeme gesteuert; die Kunden selbst werden ebenfalls über alle Wartungsmaßnahmen ihrer Anlagen informiert.
Auch das Feld des Innovationsmanagements – die Generierung veränderter oder neuer Produkte, Dienstleistungen oder Geschäfte – ist von der Digitalisierung betroffen. Innovationsmanagement kann wie folgt kurz skizziert werden: Nach Auffassung von Beratern und manchen Wissenschaftlern gibt es zwei zentrale Prozesse in Unternehmen, die es zu beherrschen gilt. Die Durchführung des bestehenden Geschäfts und die Generierung von Neugeschäft. Würden Unternehmen keine Innovationen hervorbringen, würde das bestehende Geschäft durch verbesserte Produkte der Wettbewerber oder technologische Umbrüche bedroht. Es gilt, durch eigene Produkte, Dienstleistungen und neue Geschäftsmodelle Wettbewerbsvorteile zu erlangen und den Wert des Unternehmens zu steigern.
In diesem Sinne verstehen wir Innovationsmanagement als die Planung, Steuerung, Organisation und die Führung dieses Prozesses des Neugeschäfts. Innovationsmanagement ist damit funktionsbereichsübergreifend. So sind Forschung und Entwicklung, Marketing, Vertrieb, Produktion, Einkauf etc. tangiert. Im Mittelpunkt des vorliegenden Buches stehen die Auswirkungen der Digitalisierung auf das Innovationsmanagement. Hier lassen sich vorab folgende Aspekte festhalten:
• Ganz wesentliche Bedeutung kommt neuen Geschäftsmodellen zu. Digitale Technologien – so wurde schon eingangs erläutert – revolutionieren ganze Branchen. Für Unternehmen ist es wichtig, die Auswirkungen neuer Technologien auf ihr Geschäftsmodell frühzeitig zu erkennen und es entsprechend anzupassen. Analog kann man sich durch neue Geschäftsmodelle auch einen Wettbewerbsvorsprung verschaffen.
• Neue digitale Technologien verändern auch Innovationsprozesse. Über 3D-Druck gibt es neue Möglichkeiten des Rapid Prototyping. Durch Kollaborationssoftware können räumlich verteilte, global agierende Innovationsteams effizient zusammenarbeiten. Unternehmens-Wikis bieten eine Vielzahl von Möglichkeiten, Wissen zu teilen und effektiver als bisher einzusetzen. Die Liste der digitalen Potenziale lässt unbegrenzt erweitern.
• Selbstverständlich schaffen die neuen digitalen Möglichkeiten ein kaum überschaubares Potenzial für innovative Produkte und Dienstleistungen. »Predictive Analysis«, »Apps« jeglicher Art oder Cloud Computing begründen neue Wertversprechen (»Value Propositions«), die auch bei den Herstellern klassischer Hardware (Automobilbranche, Maschinenbau, Medizintechnik, Chemie etc.) die Leistungsangebote revolutionieren.
• Die digitale Transformation nimmt aber nicht nur über digitale Technologien Einfluss auf das Innovationsmanagement. Die Entwicklung von Software ist auch eng mit dem Begriff Agilität und agile Organisation verbunden. Scrum als eine zentrale Methode agiler Softwareentwicklung hat auch sukzessive den Weg in die Entwicklungsabteilungen der Hardwareunternehmen gefunden. Ohnehin hat dort der Softwareanteil bei »Hardwareprodukten« wie z. B. Messgeräten oder Maschinen zugenommen. Aber auch die eigentliche Entwicklung von Hardwareteilen vollzieht sich bei einigen Unternehmen stärker aus Basis einer Scrum-Philosophie.
• Ebenfalls aus der Softwareentwicklung kommend sind Vorgehensweisen, die sogenannte »User Stories« bzw. »Use Cases« beinhalten. Im Prinzip handelt es sich dabei um Methoden, mit denen sehr flexibel Kundenanforderungen aufgenommen und Entwicklungsschritte angepasst werden können. Der Kunde im Fokus der Entwicklung – das ist auch ein Grundsatz bei der Design Thinking-Methode.
• Mit der Digitalisierung geht auch eine stärkere Integration der Außenwelt (»Ökosystem«) einher. Dies ist durch die digitale Vernetzung der Welt fast beliebig möglich. Der Grundgedanke von »Open Innovation«, der schon in den 1990er Jahren existent war, kann durch digitale Methoden richtig greifen.
• Schließlich erfordert die digitale Transformation Veränderungen bei der Organisation, der Führung und der Kultur eines Unternehmens. Schnelles und agiles Verhalten bei der Entwicklung ist nicht kompatibel mit starren und streng hierarchischen Organisationen. Agile Organisationsformen wie sie z. B. bei Unternehmen wie Spotify vorgelebt werden oder spezifische sogenannte Innovation Center, wie sie inzwischen bei einigen Konzernen eingerichtet wurden, kommen ins Spiel. Gerade weil in dynamischen Märkten für Produkte und Dienstleistungen keine Ziele im Detail »zementiert« werden können, gewinnen Visionen an Bedeutung. Visionen für neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäfte bilden den Fokus für agile Unternehmen und deren Innovationsteams.
Das Buch Innovationsmanagement 4.0 zeigt solche Entwicklungen anhand von Praxisbeispielen auf. Gleichermaßen wird in den Beiträgen auch erläutert, wie erfolgreich mit den neuen Herausforderungen umgegangen werden kann. Anhand von »Successful Practices« werden Erfolgsfaktoren dargestellt und gezeigt, wie Fallstricke vermieden werden können.
Bevor die genannten Beispiele in den Kapitel 3 bis 5 vorgestellt werden, werden im Kapitel 2.1 zunächst die Begriffe Innovation und Innovationsmanagement genauer definiert. Ähnlich wie das Supply Chain Management, das Qualitätsmanagement und andere funktionsbereichsübergreifende Managementgebiete ist auch das Innovationsmanagement »gereift«. Insofern kann ein bewährter Bezugsrahmen des Innovationsmanagements6 herangezogen werden. Mit dessen Hilfe kann dann auch gezeigt werden, welche Elemente des Bezugsrahmens von den neuen Herausforderungen betroffen sind und wo operative Anpassungen erforderlich sind. Dieser Ansatz lässt sich als Metamodell verstehen, in dem sich bestehende Innovationsmodelle wie der Stage-Gate-Prozess von Cooper einordnen lassen.7 Allerdings gilt es auch, diesen Ansatz in Anbetracht der neuen digitalen Herausforderungen zu erweitern.
Im Anschluss stehen Praxisbeispiele im Mittelpunkt: Sie werden nach den Bereichen »neue Geschäftsmodelle« ( Kap. 3), »Prozesse und Steuerung« ( Kap. 4) und »Kultur« ( Kap. 5) gegliedert. Wie oben erläutert, stellen verbesserte oder neue Geschäftsmodelle einen zentralen Aspekt der neuen Herausforderungen des Innovationsmanagements dar. Aus verschiedenen Blickwinkeln werden Vorgehensweisen, Erfolgsfaktoren und Hemmnisse bei Daimler, IBM und SAP dargestellt. In Kapitel 4 werden die bereits erwähnten operative Methoden wie Scrum, User Stories oder allgemein der agile Ansatz erläutert. Kapitel 5 beschreibt schließlich, welche Rolle kulturelle Aspekte beim Innovationsmanagement in der digitalen Welt spielen. Abgerundet und ergänzt werden alle Kapitel durch praxisorientierte Beiträge aus der Wissenschaft.
Andreesen, M. (2011): The Wall Street Journal. Online verfügbar unter https://www.wsj.com/articles/SB10001424053111903480904576512250915629460, zuletzt geprüft am 20.08.2011.
Bundesministerium für Bildung und Forschung (2017): Industrie 4.0. Online verfügbar unter https://www.bmbf.de/de/zukunftsprojekt-industrie-4-0-848.html, zuletzt geprüft am 10.07.2017.
Cooper, R. G. (2010): Top oder Flop in der Produktentwicklung: Erfolgsstrategien: Von der Idee zum Lauch, Weinheim.
Gassmann, O./Sutter, P. (2016): Digitale Transformation im Unternehmen gestalten, München.
Hauschildt, J./Salomo, S. (2011): Innovationsmanagement, 5. Auflage, München.
Hilbert, M./López, P. (2011): The World’s Technological Capacity to Store, Communicate and Compute Information. Science 332 (6025), S. 60-65.
Völker, R./Thome, C./Schaaf, Holger (2012): Innovationsmanagement. Bestandteile - Theorien – Methoden, Stuttgart
1 Vgl. Hilbert & López, 2011, S. 60-65.
2 Vgl. Gassmann & Sutter, 2016, S. 5.
3 Vgl. Andreessen, 2011.
4 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2017.
5 Vgl. Gassmann & Sutter, 2016, S. 18.
6 Vgl. z. B. Völker et al. (2012).
7 Vgl. Cooper 2010.
Um den Prozess zu verstehen, der hinter dem systematischen Management von Innovationen steht, muss zunächst geklärt werden, was Innovationen sind. Der Begriff »Innovation« findet seinen etymologischen Ursprung in der lateinischen Sprache. Er leitet sich aus »novus« für »neu« bzw. aus »innovatio« für »Erneuerung« ab. Es existiert bis dato kein allgemeingültiger Innovationbegriff in der Literatur. In der Literatur besteht jedoch Einigkeit darüber, dass Innovationen als qualitativ neuartige Produkte, Dienstleistungen, Verfahren oder Prozesse definiert werden können, die sich gegenüber einem Vergleichszustand merklich unterscheiden.
Gleichzeitig soll die Neuerung über die Vermarktung einen Gewinn erzielen und sich dauerhaft am Markt behaupten können. Der Ökonom Joseph Alois Schumpeter war der erste, der die Begriffe Innovation und Invention klar abgrenzte. In seinem Werk »Die Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung« spricht er davon, dass eine Invention eine notwendige Vorstufe für die folgende Innovation ist. Die Invention durchläuft den Ideenentwicklungsprozess, geht aber nicht in die Produktion. Eine Invention kann geplant, aber auch ungeplant entstehen. Von einem »Serendipitäts-Effekt« wird gesprochen, wenn eine Erfindung auf Grund von Zufällen entsteht. Ob und inwieweit eine Neuerung in die Produktion Eingang findet, hängt von vielen Gründen ab: Vor allem spielt das Timing eine entscheidende Rolle. Kunden sind nicht zu jeder Zeit bereit, eine Neuerung zu akzeptieren ( Abb. 2.1).
Spielkamp/Rammer (2006, S. 10) teilen neue Produkte in folgende Kategorien ein:
• Weltneuheit: Neue Produkte, für einen völlig neuen Markt.
• Neue Produktlinie: Neue Produkte, die dem Unternehmen Zugang zu einem bereits existierenden Markt ermöglichen:
– Produktlinienergänzung: Neue Produkte, die etablierte Produktlinien ergänzen.
– Weiterentwickelte Produkte: Neue Produkte, die leistungsfähiger sind und deren vom Kunden wahrgenommener Nutzen höher ist als der des Vorgängers.
• Repositionierte Produkte: Existierende Produkte, die auf neuen Märkten oder Marktsegmenten angeboten werden.
Abb. 2.1: Zeitbezogene Interpretationsmöglichkeit des Innovationsbegriffes (Quelle: Sammerl (2006), S. 30)
• Kostengünstige Produkte: Neue Produkte, die bei niedrigen Kosten vergleichbare Leistung erbringen.
Diese Unterscheidungen basieren auf dem Neuigkeitsgrad einer Innovation. Die Abbildung 2.2 skizziert verschiedene Innovationsausprägungen im Hinblick auf zwei Dimensionen von Neuigkeiten. Zur Veranschaulichung wurde die Daimler AG herangezogen. Mit diesem Beispiel soll verdeutlicht werden, dass Begriffe wie erweiterte oder erneuerte Produktlinie sinnvoll verwendbar sind, wenn ein konkreter Bezug zu existierenden Marktsegmenten und aktuellem technologischem Know-how gegeben ist.
Mit Hilfe der beiden Neuigkeitsdimensionen kann auch versucht werden, »radikale« und »inkrementelle« Innovationen ( Abb. 2.3) abzugrenzen, allerdings gibt es keine einhellig akzeptierte »Trennlinie« der beiden Kategorien.
Durch die Arbeiten von Christensen sind die Kategorien »disruptive« und »sustaining« bekannt geworden. Die »Disruptive Innovation«-Theorie bezieht sich auf Situationen, in denen neue Unternehmen relativ einfache, passende und preisgünstige Innovationen nutzen, um Wachstum zu kreieren und über mächtige etablierte Marktteilnehmer zu triumphieren. Die Theorie besagt, dass existierende Firmen es mit hoher Wahrscheinlichkeit realisieren können, sich gegenüber Attacken von neuen Marktteilnehmern zu wehren, wenn es im Wettbewerb miteinander um die Nutzung von »sustaining innovations« geht. Aber etablierte Firmen erleiden fast immer einen Verlust, wenn sie es mit »disruptiven« Innovationen zu tun haben. Abbildung 2.4 illustriert die »Disruptive Innovation«-Theorie, wobei drei verschiedene Typen von Innovationen dargestellt werden: »Sustaining innovations«, »low-end disruptive innovations« und »new market disruptive innovations«.
»Sustaining innovations«, in Abbildung 2.4 durch die schrägen Pfeilen illustriert, stellen das dar, was Firmen zu klassischen Verbesserungstrajektoren führt. Dies sind Verbesserungen bezüglich existierender Leistungen in den Dimensionen, die historisch gesehen von Kunden besonders geschätzt werden: Flugzeuge fliegen weiter, Computer
Abb. 2.2: Innovation in Abhängigkeit von den Neuigkeitsgraden am Beispiel Daimler
rechnen schneller, Mobiltelefonakkus halten länger etc. Dies alles sind »sustaining innovations«.
»Disruptive Innovations« stellen dagegen Mehrwertangebote dar. Diese kreieren entweder komplett neue Märkte oder verändern existierende Märkte. Es gibt zwei Arten von »disruptive Innovations«: »low end« und »new market«. »Low end disruptive innovations« können in Erscheinung treten, wenn existierende Produkte oder Dienstleistungen »zu gut« und dadurch eigentlich zu teuer sind in Relation zum tatsächlich existierenden Kundennutzen. Wal Mart-Einkaufscenter oder Dells »Direct to customer«-Computerversand waren alle »low-end disruptive innovations«. Sie bildeten einen Ansatz, mit dem ein relativ einfaches Produkt zu einem niedrigen Preis an bereits existierende Kunden vertrieben werden konnte. Kodak Kamera, Bell Telefone, Sony Transistor Radio, Xerox Photokopierer, Apple Computer und der Ebay Marktplatz sind alle typische Beispiele für »new market disruptive innovations«. Sie alle führten zu Wachstum, da sie es Kunden ermöglichten, nun Dinge zu tun, die vorher nicht oder nur mit hohem finanziellen und kompetenziellen Einsatz möglich waren. Abbildung 2.4 zeigt, wie »new market disruptive innovations« Konsum in den Bereichen »Bisher keine Konsumenten« und »Nicht konsumfördernder Kontext« anregen.
Abb. 2.3: »Inkrementelle« versus »radikale« Innovationen
Abb. 2.4: Disruptive Innovationen
In der Literatur finden sich ebenfalls unterschiedliche Definitionen des Begriffes »Innovationsmanagement«. Etliche Autoren vertreten in diesem Zusammenhang eine systemtheoretische bzw. integrierte Sichtweise des Innovationsmanagements. Demnach umfasst das Innovationsmanagement die bewusste Gestaltung des Innovationssystems. Es werden also auch die Strukturen, innerhalb derer die Prozesse ablaufen, eingebunden. Auf der einen Seite steuert das Innovationsmanagement einzelne Innovationsprozesse. Auf der anderen Seite dient das Innovationsmanagement als Rahmen für einzelne Innovationsprozesse und zielt somit auf die Gestaltung des ganzen Innovationssystems ab. Die innovationsorientierte Gestaltung der Strategie, des Programmmanagements und der Kultur fällt in den systemorientierten Aufgabenbereich. Die Integration von normativen, strategischen und operativen Managementaspekten thematisiert das Management-Modell von Bleicher (2004). König/Völker (2002) greifen diesen Grundgedanken auf und nutzen das Modell als Grundlage für ihren Begriff des integrierten Innovationsmanagements. Das Zusammenspiel der Aktivitäten, Strukturen und das Verhalten ist dabei für den Innovationserfolg zentral.
Auch Gassmann (2011) vertritt diesen Ansatz. Demnach muss das Management von Innovationen ganzheitlich aus normativer, strategischer und operativer Ebene heraus erfolgen, indem sich das normative Management gezielt mit der Unternehmensvision, -mission, -werten und dem Leitbild auseinandersetzt, das strategische Management Aussagen bezüglich Ressourcen, Technologien, Wissen und Kompetenzen der Mitarbeiter beinhaltet und gleichzeitig Märkte, Kunden, Lieferanten, Kooperationspartner und Wettbewerber berücksichtigt und das operative Management sich aktiv mit der Gestaltung und Führung des Innovationsprogramms beschäftigt.
Die meisten Autoren wie Brockhoff (1999) betonten schon früh bei der Eingrenzung des Begriffs Innovationsmanagement das Zusammenspiel der betrieblichen Funktionen. Im Industriegüterbereich entstehen Innovationen durch F&E-Tätigkeit. Unterschieden wird hierbei zunächst zwischen Grundlagenforschung, angewandte Forschung und Entwicklung. Es ist wichtig die Entwicklungstätigkeiten firmenintern in Serienentwicklung, Vorentwicklung und Produktpflege zu trennen, um das F&E-Budget entsprechend aufteilen zu können. Da die Aufwendungen für Innovationen in Industrieunternehmen hauptsächlich durch den F&E-Bereich getragen werden, ist es wichtig, dass ohne das Zusammenspiel der verschiedenen betrieblichen Abteilungen kein systematisches Innovationsmanagement möglich ist ( Abb. 2.5).
Hilfreich zum Verständnis des Innovationsmanagements ist der Begriff des Bezugsrahmens. Ein Bezugsrahmen dient allgemein der Strukturierung, der Ordnung und dem Verständnis des zu untersuchenden Bereichs sowie der Erleichterung der Kommunikation: Mit Hilfe eines Bezugsrahmens können zunächst die verschiedenen Elemente des Innovationsmanagements erfasst werden. Des Weiteren kann die Abhängigkeit der einzelnen Elemente untereinander sowie deren Einfluss auf den Innovationserfolg dargestellt werden ( Abb. 2.6). Pro Element kann gefragt werden, welche Methoden, Instrumente oder organisatorische Muster existieren, die den Innovationserfolg positiv beeinflussen (»Best Practices«).
Abb. 2.5: Bereichsübergreifendes Innovationsmanagement
Abb. 2.6: Mögliche Elemente eines Bezugsrahmens und ihre Auswirkungen auf den Innovationserfolg
Die ersten Bezugsrahmen des Innovationsmanagements waren zunächst simpel aufgebaut. Sie bezogen sich meist ausschließlich auf den eigentlichen Forschungs- und Entwicklungsprozess. Jüngere Bezugsrahmen umfassen mehr Elemente und sind im Aufbau komplexer. Verworn/Herstatt (2000) unterscheiden außerdem in angelsächsische und deutschsprachige Bezugsrahmen – der angelsächsische Raum wurde insbesondere durch die Stage-Gate-Modelle von Cooper (2010) geprägt. Die Anhäufung vorliegender Bezugsrahmen verlangte nach Verdichtung – es entstanden daher mehrere Meta-Modelle (vgl. die Übersichten bei Verworn/Herstatt (2000), Strebel (2003) und Neubauer (2008)).
In Anlehnung an das erste St. Galler Management-Modell wurde ein umfassender Bezugsrahmen entwickelt, der die zentralen Aspekte des Innovationsmanagements erfasst (vgl. König/Völker (2002) oder Völker et al. (2012)). Er versteht sich als ganzheitlicher Rahmen, der verschiedene Betrachtungsebenen (Ziele, Strategie, Portfolio und einzelne Projekte) ebenso berücksichtigt wie die Bestandteile Aktivitäten, Organisation bzw. Kultur und Führung des Unternehmens.
Abb. 2.7: Bezugsrahmen des Innovationsmanagements
Zu den einzelnen Elementen kann man organisatorische Muster, Methoden und Instrumente identifizieren, die den Innovationserfolg positiv beeinflussen. Wie generell in der Managementliteratur spielen Fallstudien in Form von »Best Practices« bei der Erkenntnisgewinnung eine wesentliche Rolle. Wichtige Beiträge leisten auch Studien der sogenannten Erfolgsfaktorenforschung (vgl. z. B. Steinhoff (2008) oder Thome (2012)). Im Folgenden sollen die Elemente des Innovationsmanagements kurz skizziert werden.
Das Element der Ziele besteht aus drei wesentlichen Komponenten, welche vorab genau definiert werden sollten, um dem Innovationsmanagement einen ganzheitlichen Überbau zu geben:
• Finanzielle Oberziele,
• Vision,
• Mission.
Die Unterschiede zwischen Vision, Mission, insbesondere auch die Abgrenzung zum Element Strategie sind in der Literatur und in der Praxis oft nicht recht zu erkennen. Abbildung 2.8 soll auf die wesentlichen Abgrenzungsmöglichkeiten in Bezug auf Zeithorizont, Abstraktion, Komplexität, Emotionalität und Wirkung zwischen den Begriffen hinweisen.
Abb. 2.8: Abgrenzung Vision – Mission – Strategie
Die Innovationsstrategie besteht nach herrschender Meinung aus zwei Säulen. Zunächst ist die Produkt-Markt-Strategie festzulegen:
• Die zu bedienenden Marktsegmente und Zielkunden,
• die produktpolitischen Leitlinien,
• das Timing der Produkteinführung.
Über die Technologiestrategie muss zum anderen festgelegt werden:
• Die benötigten Technologien (Technologiefokus),
• die Ressourcenallokation bezüglich dieser Technologien einschließlich der Make or Buy-Entscheidungen,
• das Timing der Technologieentwicklung (Technology-Roadmaps).
Neue Technologien ergeben neue Marktchancen, neue Chancen benötigen zusätzliche Technologien. Die Koppelung von Produkt-Markt-Strategie und Technologiestrategie erfolgt über Plattformen bzw. die Kernprodukte des Unternehmens. In Kernprodukten bzw. in technischen Plattformen manifestiert sich das technische Know-how des Unternehmens. Plattformen bilden die Grundlage vieler Produkte über längere Zeit.
Abb. 2.9: Integration von Markt und Technologie
Aufgrund der Bedeutung von Plattformstrategien wird ihnen hier eigens ein Kapitel dafür reserviert. Unternehmen agieren mit Ihren Produkten und Dienstleistungen auf Geschäftsfeldern. Insofern werden wir im Folgenden von Geschäftsfeldstrategien sprechen, was synonym für die Produkt-Markt-Strategie zu sehen ist.
Das Innovationsprogramm wiederum besteht aus zwei großen Teilbereichen. Der erste Bereich umfasst das klassische Ideenmanagement. Dieses besteht im Wesentlichen aus
• dem Generieren und Finden von Ideen sowie
• der Bewertung und Auswahl von Ideen.
Der zweite Bereich des Innovationsprogramms ist die Planung und Steuerung des Innovationsportfolios. Hier werden alle Innovationsprojekte zentral gesteuert; wesentliche Komponenten sind:
• die Projektselektion,
• Planung des Portfolios,
• die Steuerung und Kontrolle des Programms im Zeitablauf.
Im Hinblick auf das Element Innovationsprojekt lassen sich folgende Bestandteile unterscheiden: Ein erster wichtiger Aspekt ist die Produkt- und Leistungskonzeption. Nachdem die Ideen selektiert wurden, gilt es, erfolgsträchtige Konzepte zu erstellen. In vielen Branchen mündet das Konzept nach der Erstellung eines »Lastenheftes« in ein »Pflichtenheft«. Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Projektdurchführung. Bei vielen Unternehmen hat sich hier der Stage-Gate-Prozess als wichtige Leitlinie etabliert. Innerhalb der Projektdurchführung werden Planung, Organisation und Kontrolle des Projektes abgehandelt sowie weitere wichtige Themengebiete wie die (frühzeitige) Integration von Lieferanten in die Projektdurchführung. »Early-Supplier-Involvement« ist in vielen Branchen ein Erfolgsfaktor. Der dritte große Bestandteil ist der (Gestaltungs-)Aspekt der Markteinführung. Dazu sind sowohl Kenntnisse über mögliche Adoptions- und Diffusionsprozesse als auch zu den Instrumenten des Marketing-Mix erforderlich.
Das Element Innovationsorganisation lässt sich wie folgt skizzieren: Innovationsaktivitäten finden auf Basis aufbauorganisatorischer Regeln (Primärorganisation) statt. Im Hinblick auf ein effizientes und effektives Innovationsverhalten müssen diese Strukturen entsprechend gestaltet sein. Hier spielt bei technologieintensiven Konzernen z. B. eine Rolle, ob Forschung und (Vor-)Entwicklung zentral oder dezentral zu organisieren sind und wie gerade bei Zentralisierung eine geeignete Finanzierung der Forschungsausgaben gestaltet wird. Von zentraler Bedeutung für den Innovationsprozess ist eine geeignete Sekundärorganisation. In den Bereich der Sekundärorganisation gehört auch die Frage, welche Projektorganisation (z. B. Heavy Weight vs. Light Weight) jeweils für bestimmte Projekttypen zu wählen ist. Auch hier gibt es etablierte Handlungsempfehlungen (Völker er al. (2012)). Von hoher Bedeutung sind darüber hinaus bewusst initiierte, allerdings teilweise informelle Strukturen, die Primär- und Sekundärorganisation überlappen. Man spricht hier von Tertiärorganisation. Hierzu gehören z. B. Zirkel von Experten eines Unternehmens, die sich über bestimmte Technologiegebiete austauschen (»Communities of Practice«). Im Rahmen der Internationalisierung stellt sich bei Industriegüterunternehmen auch die Frage nach der Standortwahl für F&E. Auch für Themen wie Venture-Organisationen oder Open Innovation gibt es inzwischen eine große Breite von Best Practices. Offensichtlich sind diese Themen aber nicht eindeutig der Primär-, Sekundär- oder Tertiärorganisation zuzuordnen.
Abb. 2.10: Übersicht zur Sekundärorganisation
Es dürfte sicherlich möglich sein, durch geeignete Planungsinstrumente und -methoden neue Produktvarianten zu generieren. Ob aber durch methodische Ansätze überragende Innovationen (»Durchbruchinnovationen«) geschaffen werden, ist eher fraglich. Ebenso genügen die »richtigen« Methoden und Organisationsmuster kaum, um eine nachhaltige Innovationskraft des Unternehmens zu gewährleisten. Als ein entscheidender Faktor für erfolgreiche Innovationen ist daher das »Innovationsklima« oder die »Innovationskultur« zu nennen, in denen neue Produktideen generiert und umgesetzt werden. Zu einem geeigneten Innovationsklima gehören entsprechende Einstellungen von Management und Mitarbeitern. Die Innovationskultur entspricht jenem Teil der Unternehmenskultur, welcher die Grundeinstellungen der Manager und Mitarbeiter zum Thema Innovationen im Unternehmen prägt. Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Personalführung. Diese ist vom eher zur Kultur gehörenden »grundsätzlichen Führungsverhalten« abzugrenzen. Die Personalführung betrifft bewusste veränderliche Haltungen gegenüber Mitarbeitern, die von Methoden unterstützt werden können. Geeignete Karrieremöglichkeiten über Projekttätigkeiten gehören hier ebenso dazu wie Empowerment für Projektmitarbeiter und Teams. Bereichsübergreifende Teams müssen die notwendigen Freiräume und Leitlinien erhalten, um den Innovationsprozess erfolgreich gestalten zu können.
Durch disruptive Veränderungen, Digitalisierung und immer dynamischere Märkte sind Betriebe auch im Bereich Innovation zum Handeln aufgefordert: Unternehmen, die in Zukunft innovativ sein möchten, müssen Antworten auf die folgenden Herausforderungen finden:
• Es wird immer stärker in Geschäftsmodellen anstatt in Produkten oder Dienstleistungen gedacht. Z. B. kommt man bei Konzern wie IBM immer stärker davon ab, in engen Produkt- oder Serviceentwicklungsprozessen zu denken. Die Projektteams müssen ihre Ideen von vornherein in Geschäftsmodellen aufbauen. Wichtig in diesem Kontext ist folgender Aspekt: Rein digitale Geschäftsmodelle, bei denen auch das Leistungsangebot in digitaler Form existiert, erlangen zunehmende Bedeutung (vgl. Schallmo (2016) oder Gassmann/Sutter (2016)). Allerdings wurde das Denken in Geschäftsmodellen nicht dadurch ausgelöst. Allein die Möglichkeit, physische Leistungen per Internet zu vermarkten sowie digitale Abrechnungsmodelle forcieren die Entstehung neuer Geschäftsmodelle. Neue Geschäftsmodelle haben auch dann eine zentrale Bedeutung, wenn das Leistungsversprechen oder ein Teil davon komplett physisch »daherkommt«.
• Die Bedeutung der Unternehmensumwelt und der darin enthaltenen Partner gewinnt als »Innovations-Ökosystem« weiter an Bedeutung. Im Rahmen von Open Innovation-Ansätzen gilt es immer mehr, Innovationsideen von außen aufzunehmen oder durch externe Partner realisieren zu lassen. Nach außen hin wird das bei Konzernen wie SAP oder Siemens sichtbar, die sich sehr stark in der Start-up-Szene engagieren.
• Agile Methoden, die ursprünglich aus der Softwareentwicklung stammen, halten zunehmend Einzug in die klassische Produktentwicklung. Selbst Cooper, einer der Wegbereiter und Verfechter »geordneter« Innovationsprozesse, hat in den letzten Jahren zunehmend den Einsatz agiler Verfahrensweisen propagiert (vgl. Cooper/Sommer (2016)).
• Die fortschreitende Digitalisierung spielt eine immer wichtigere Rolle für Innovationen und das Innovationsmanagement. Kaum ein Produkt oder eine Dienstleistung, geschweige denn ein zu ihnen führendes Projekt, sind ohne die IT als Enabler denkbar.
• Eine Unternehmenskultur, in der Innovation gefördert und gelebt wird, bildet immer stärker den zentralen Dreh- und Angelpunkt für erfolgreiches Innovationsmanagement. Viele Unternehmen sind bestrebt, eine solche zukunftsfähige Innovationskultur zu implementieren.
Im Rahmen verschiedener konnten Successful Practices und Tools identifiziert werden, die Unternehmen nutzen, um diesen aktuellen Herausforderungen im Innovationsmanagement zu begegnen. Das Denken in Geschäftsmodellen wird in Betrieben z. B. durch den Einsatz der 12 Kategorien digitaler Geschäftsmodelle, des Business Model Canvas bzw. Digital Canvas und des ERRC Grids zur Generierung neuer Geschäftsmodelle gefördert. Um der wachsenden Bedeutung des »Innovations-Ökosystems« zu begegnen, ist eine immer stärkere Orientierung von Betrieben an Start-ups erforderlich. Unternehmen betreiben inzwischen häufig eigene Inkubatoren und Venture Capital-Einheiten. Weiterhin sind hier ein aktives Beteiligungsmanagement, das z. B. auch als Instrument zur Einbindung von Start-ups genutzt werden kann, sowie Open Innovation zu nennen. Im Kontext der Nutzung agiler Methoden ist zunehmend auch in »hardwareintensiven« und eher klassisch geprägten Wirtschaftszweigen der Einsatz von Tools wie Use Cases, User Stories, Design Thinking und Scrum zu beobachten. Dazu kommt der 3D-Druck, der die raschere – und oft auch kostengünstigere – Fertigung von Prototypen erlaubt. Der fortschreitenden Digitalisierung begegnen Unternehmen auch durch den Einsatz von Kollaboration im Rahmen von Softwarelösungen, deren Nutzung im Kontext Innovationsmanagement eine Selbstverständlichkeit geworden ist. Als letzte Herausforderung ist die veränderte Rolle der Innovationskultur zu nennen; Unternehmen versuchen die Unternehmenskultur immer bewusster zu steuern und schaffen neuartige Orte und Einheiten zur Zusammenarbeit wie etwa Innovation Center (vgl. Friesenhahn et al. (2016)).
Tab. 2.1: Neue Herausforderungen und Successful Practices im Innovationsmanagement
Tangierte Elemente des BezugsrahmensNeue Herausforderungen und Successful PracticesVerantwortlich für die Gestaltung im Unternehmen
Bleicher, K. (2004): Das Konzept integriertes Management, 7. Auflage, Frankfurt/Main.
Brockhoff, K. (1999): Forschung und Entwicklung – Planung und Kontrolle, 5. Auflage, München.
Christensen, C./Johnson, C. W./Horn, M. B. (2010): Disrupting Class, Expanded Edition. How Disruptive Innovation Will Change The Way The World Learns, 2nd edition.
Cooper, R. G. (2010): Top oder Flop in der Produktentwicklung: Erfolgsstrategien: Von der Idee zum Lauch, Weinheim
Cooper, R. G./Sommer, A. F. (2016): The Agile-Stage-Gate Hybrid Model. A Promising New Approach and a New Research Opportunity. In: Journal of Product Innovation Management 33 (5), S. 513–526.
Friesenhahn, Andreas/Everwien, Natascha/Schmid, Samira/Völker, Rainer (2016): Innovation Center: Heil oder Hype? Kompetenzzentrum für Innovation und nachhaltiges Management (Arbeitsbericht, 41).
Gassmann, O. (2011): Innovation: Zufall oder Management, in: Gassmann, O./Sutter, P. (Hrsg.): Praxiswissen Innovationsmanagement. Von der Idee zum Markterfolg, 2. Auflage, München, S. 7-8.
Gassmann, O./Sutter, P. (2016): Digitale Transformation in Unternehmen gestalten. Geschäftsmodelle, Erfolgsfaktoren, Handlungsanweisungen, Fallstudien, München.
Hauschildt, J./Salomo, S. (2011): Innovationsmanagement, 5. Auflage, München.
König, M./Völker, R. (2002): Innovationsmanagement in der Industrie, Leipzig.
Neubauer, H. (2008): Indikatoren des Innovationserfolges im Klein- und Mittelbetrieb, in: Fueglistaller, U./ Volery, T./Weber, W. (Hrsg.): Innovation, Competitiveness, Growth and Tradition in SMEs, St. Gallen, S. 525-538.
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