Buchcover

Lothar Streblow

Barro, der Braunbär

SAGA Egmont




„Die Frage nach dem tierlichen Bewußtsein hat die Menschen schon immer gefesselt, weil Haus-und Wildtiere gleichermaßen unsere Bewunderung und Neugier erregen. Sie verlocken uns dazu, in ihre Haut zu schlüpfen und uns vorzustellen, wie ihr Leben sein mag.“

Donald R. Griffin

„Gefühle sind es, die alle Kreatur dazu drängt, etwas zu tun oder, wenn es ängstliche Stimmungen sind, etwas zu unterlassen.”

Vitus B. Dröscher

Die Höhle am Steilhang

Dämmerung lag über dem Bergwald, ein fahles unwirkliches Licht. Ein scharfer Wind wehte von den Gipfeln, trieb Schneeflocken vor sich her, seit Tagen schon. Und die Schneedecke über dem steilen Südhang wuchs von Stunde zu Stunde. Klirrender Frost ließ die Äste knacken. Sonst drang kaum ein Laut durch die weiße Stille.

In der geräumigen Höhle am Steilhang aber war es warm. Die Bärin hatte ihre Wurfhöhle gut gewählt und den mehrere Meter langen Gang zu einem Kessel ausgeweitet. Kein Luftzug konnte eindringen. Und mit der Wärme ihres mächtigen Körpers heizte sie die Höhle auf.

Als Barro zum erstenmal seine Augen aufschlug, sah er zunächst gar nichts. Es war dunkel in der Höhle, stockdunkel. Doch Barro wußte auch im Dunkeln, seine Milchquelle zu finden; die kannte er schon seit Wochen. Er brauchte seine kleine Schnauze nur dorthin zu wenden, wo es am wärmsten war: weich und sehr warm. Dort gab es immer Milch.

Tapsig und unbeholfen wühlte er sich durch die dicke Lagerstreu aus Gräsern, Kräutern, Laub und dünnen Zweigen. Dabei kam ihm ein welkes Blatt auf die Nase. Und das kitzelte. Unwirsch wischte er das Blatt mit der Pfote weg. Und leise brummelnd krabbelte er weiter, stieß im Dunkeln gegen etwas Warmes, Weiches mit zotteligem Pelz. Das roch gut, roch nach seiner Mutter. Nur fand er hier noch nichts zu trinken: Das war ihre mächtige Hinterkeule. Milch gab es erst am Bauch. Und da krabbelte er hin.

Aber da lag schon jemand: ein winziges Wesen mit noch dünnem Fell, das mitunter vernehmbar schmatzte. Es war Barros Schwester Burri. Sie hatte schneller zur Milchquelle gefunden als er. Und ihr Schmatzen reizte Barro. Ungestüm krabbelte er über sie hinweg. Burri strampelte, kratzte mit ihren kleinen Krallen über Barros Ohr. Barro brummte ärgerlich. Schließlich fand er, was er suchte. Und mit Behagen schlürfte er die warme Milch.

Geduldig ließ die Bärin ihre Jungen saugen. Und als sie satt waren und an ihrem Bauch einschliefen, wagte sie kaum eine Bewegung. Nur einmal hob sie ihren mächtigen Kopf und schnupperte nach dem Höhleneingang. Noch immer roch es kalt. Das Tauwetter ließ auf sich warten. Schläfrig schloß sie ihre Lider.

So verstrichen die Tage und die Nächte. Barro spürte nichts davon. Er kannte nur die Welt der dunklen Wurfhöhle, die Wärme der Mutter, ihre zärtliche Zunge, wenn sie ihm über die Nase leckte, kannte nur Trinken und Schlafen und mitunter ein wenig Umherkrabbeln. Von der Helligkeit des Tages, von Sonne, Wind und Regen, von Pflanzen und Tieren, von der Welt draußen wußte er noch nichts.

Allmählich aber klang der Frost ab, das Schneetreiben ließ nach. Zwischen Wolkenfetzen schimmerte matt das Blau des Himmels. Manchmal zog ein Fuchs seine Spur durch den Schnee, schnüffelte mißtrauisch am Höhleneingang. Er roch die Bären, ihren warmen Dunst. Und eilig zog er weiter. Nur die Schnee-Eule verspeiste unweit davon in aller Ruhe einen gerade geschlagenen Lemming.

Im fahlen Licht des Mondes drang das Heulen der Wölfe aus dem nächtlichen Bergwald. Die Rentiere im Tal hoben lauschend ihre Köpfe. Und auch die Elche horchten auf. Doch das Geheul kam aus weiter Ferne. Es bedeutete keine Gefahr. Und gegen Morgen verstummte es.

Am Mittag verwehte ein lauer Wind die letzten Wolken. Warm schien die Sonne auf den Südhang, und der Schnee begann zu schmelzen. Tauwetter rieselte träge hangabwärts, bildete Rinnsale auf gefrorenem Boden unter der Schneedecke. Und das leise Glucksen drang bis in die Höhle.

Behutsam schob die Bärin ihre Jungen zur Seite, richtete sich halb auf. Sie hörte das Glucksen des Tauwassers, roch den lauen Wind. Und sie spürte den Hunger nach langen Monaten des Fastens. Sie war mager geworden, ihr Winterspeck aufgezehrt, und ihr dichtes Fell schlotterte um ihre Glieder. Aber noch war nicht Zeit für einen ersten Ausflug.

Licht im Dunkel

In der Nacht blieb der Himmel wolkenfrei. Es wurde kalt. Frost ließ die Rinnsale erstarren. Und im Bergwald heulten die Wölfe. Sie waren mit dem Winter nach Süden gezogen; hier fanden sie leichtere Beute. Erst im Frühling würden sie wieder nordwärts wandern. Die Bärin wußte das aus Erfahrung. Sie fürchtete die Wölfe nicht.

Zwei Tage noch blieb sie in der Höhle, säugte ihre Jungen, leckte ihnen zärtlich über die kleinen Schnauzen und sammelte im Schlaf neue Kräfte. In der folgenden Nacht heulten die Wölfe nicht mehr. Es blieb still. Mitunter nur hallte ein Eulenruf durch den Wald. Und als die Morgensonne die Froststarre löste, hörte die Bärin den harschen Schnee vom Steilhang rutschen. Auf dieses Geräusch hatte sie gewartet.

Langsam tappte sie durch den Höhlengang, prüfte die eindringende Luft. Und sie brummte befriedigt. Jetzt konnte sie ihre wärmegewohnten Jungen ins Freie führen: Es roch nach Frühling. Und sie schob ihren wuchtigen Schädel aus der Öffnung. Weiß lag der Hang vor ihr, unterbrochen von erdigbraunen Flecken, naß schimmernd im grellen Licht.

In der Höhle hinter ihr rührte sich etwas. Burri spürte die Abwesenheit ihrer Mutter. Wärmesuchend schmiegte sie sich an ihren kleinen Bruder, stupste ihn dabei drängelnd vor seinen Bauch. Und das machte Barro munter. Er gähnte schläfrig und blinzelte.

Irgend etwas war anders heute. Und es dauerte eine Weile, bis er begriff: Es war nicht mehr dunkel. In der Höhle herrschte ein schummriges Dämmerlicht. Er konnte sehen, sah zum erstenmal in seinem Leben, sah die verschwommenen Konturen des Wurfkessels. Nur seine Mutter sah er nicht, hörte nur dumpfe Geräusche vom Eingang her, wo matter Schein einfiel.

Neugierig schnupperte er in die Runde, tappelte auf seinen kurzen Beinen dem Schein entgegen, kam in den Gang. Und da lag etwas: ein riesiges Tier. Barro stutzte, aber nur einen Augenblick. Das Tier roch vertraut, roch wie seine Mutter. Und vertrauensvoll stieß er sie mit seiner kleinen Schnauze vor ihren Stummelschwanz.

Die Bärin tappte weiter, gab den Eingang frei. Und sie beobachtete aufmerksam Barros vorsichtiges Getappse ins Unbekannte. Doch Barro machte nur einen einzigen Schritt, unbeholfen und täppisch. Die unerwartet einflutende Helligkeit blendete ihn. Aus seiner Kehle drang ein ängstlich fiependes Brummen. Und er zögerte.

In diesem Augenblick spürte er, wie ihn von hinten jemand sanft berührte. Es war Burri. Sie mochte nicht allein sein, nicht in der Höhle Zurückbleiben, hatte aber genauso viel Angst wie Barro. An ihm vorbei traute sie sich nicht. Leise brummelnd blieb sie an seiner Seite.

Jetzt steckte die Bärin ihren dickpelzigen Kopf in den Eingang. Auch sie brummte, tief und schon ein wenig ungeduldig. Es klang wie ein Lockruf. Die beiden Jungen zögerten noch immer. Doch da, wo ihre Mutter war, wollten auch sie hin: in diese seltsame Helligkeit. Und sie überwanden ihre Angst.

Vorsichtig blickte Barro aus der Höhlenöffnung. Alles dort draußen war ihm fremd: das schimmernde Blau des Himmels mit der grellen Sonne, der glitzernde Bach im Tal und der gegenüberliegende Steilhang, die flechtenüberzogenen Felsen und der düstere Bergwald darüber. Ein leichter Wind wehte um seine Nase. Und als Barro in einen tauenden Schneefleck trat, zog er erschrocken die Pfote zurück und flüchtete zu seiner Mutter, wo Burri zwischen ihren Beinen hervorlugte. In ihrer Nähe fühlte er sich sicherer.

Nasse Pfoten

Die Bärin spürte die Angst ihrer Kinder, ihre Angst vor dem Ungewohnten. Die Kleinen mußten erst lernen, sich in dieser unbekannten Welt zurechtzufinden. Und sie mußte ihnen dabei helfen.

Vor allem aber brauchte sie endlich etwas in den Magen. Während sie in früheren Jahren im Winter ohne zu essen und zu trinken vier bis fünf Monate durchschlafen konnte, war das in diesem Jahr anders gewesen. Im Januar hatte sie ihre Kinder geboren. Und ihre Ernährung hatte zusätzlich an ihren Kräften gezehrt. So war sie magerer als sonst im Frühling.

Entschlossen bewegte sie sich ein Stück hangabwärts. Tief sanken ihre breiten Tatzen in den wäßrigen Pappschnee. Doch auch auf schneefreien Stellen lief es sich nicht besser. Das Erdreich war vom Tauwasser aufgeweicht und glitschig. Manchmal rutschte sie, trotz ihrer scharfen Krallen. Aber das störte sie nicht. Sie wollte hinunter zum Bach. Dabei blickte sie sich immer wieder besorgt nach ihren Kindern um.

Barro fand das unheimlich. Noch nie hatte seine Mutter sich so weit von ihm entfernt. Wohl oder übel tappte er ein paar Meter weiter, platschte durch Schneeinseln und Matsch. Seine Pfoten wurden naß, Schlamm spritzte gegen seinen Bauch. Und die hellfarbene Halsbandzeichnung auf seinem braunen Fell bekam schmutzige Flecken.

Mit einemmal sah er, wie seine Mutter stehenblieb. Immer wieder rieb sie ihre Schnauze an einem knorrigen Baumstamm. Es sah aus, als wolle sie sich an der rauhen Borke kratzen. Barro wußte noch nicht, daß sie auf diese Art mit einer stark duftenden fettigen Spur ihr Revier markierte, um fremde Bären vom Eindringen abzuhalten. Nach den langen Monaten des Höhlendaseins mußten die verblaßten Markierungen auf dem alten Wechsel von der Höhle zum Bach erneuert werden. Und die Bärin setzte ihre Duftmarken noch an viele Stellen.

Zwischendurch suchte sie unentwegt nach Eßbarem, wühlte Wurzeln aus dem schlammigen Boden, zerrte an nassem, braunwelkem Gras vom Vorjahr und schmatzte einen Regenwurm. Und sie wendete immer wieder Steine um und leckte die Ameisen darunter ab. Doch das alles genügte ihr nicht. Sie suchte nach nahrhafterer Beute.

In dem unebenen Gelände hatten die beiden Bärenkinder alle Mühe, ihrer Mutter zu folgen. Sie waren ja kaum erst so groß wie ein kleiner Spitz: mit dickpelzigen Köpfen und tapsigdicken Pfoten. Gegen ihre riesige Mutter wirkten sie winzig. Und Laufen war für sie ungewohnt, zumal auf so glitschigem Untergrund an dem abschüssigen Hang.

Mit unsicheren Schritten tappelten sie abwärts, stolperten und rutschten. Und unversehens verlor Barro den Boden unter den Füßen, überschlug sich ein paarmal und purzelte kopfüber in einen Schneefleck.

Ein klägliches Wimmern drang aus seiner Kehle. Nasser Schnee klebte ihm auf der Nase. Und noch bevor er sich aufrappeln konnte, beugte seine Mutter sich besorgt über ihn. Vorsichtig packte sie ihn mit den Zähnen im Nackenfell, trug ihn ein paar Meter weiter und setzte ihn auf ein weiches Moospolster. Das gefiel Barro. Er mochte lieber getragen werden als selber laufen. Außerdem saß ihm der Schreck über seinen Sturz noch in den Gliedern. Er blieb einfach sitzen und wartete.

Dafür aber hatte seine Mutter wenig Sinn. Sie merkte sehr rasch, daß ihm nichts weiter passiert war. Besorgt hielt sie nach Burri Ausschau, die bei Barros Sturz erschrocken stehengeblieben war. Jetzt kam sie heran und tappte dann folgsam hinter ihrer Mutter her.

Barro brummte unwirsch, als die beiden sich immer weiter entfernten. Schließlich begriff er, daß er seine eigenen Beine benutzen mußte. So schnell er konnte, rannte er ihnen nach. Und er erreichte sie, als seine Mutter in einer schmutzig-weißen Schneewehe zu wühlen begann.

Erschöpft setzte er sich auf sein Hinterteil und sah zu. Für ihn war alles hier draußen geheimnisvoll. Irgend etwas mußte seine Mutter unter dem Schnee entdeckt haben. Unentwegt zerrte sie an etwas herum. Und sie kaute und schmatzte. Was das einmal gewesen sein konnte, war nicht mehr zu erkennen. Jedenfalls war es Fleisch: Fleisch von einem toten Tier, das im Winter hier erfroren war. Und das hatte die Bärin mit ihrem scharfen Geruchssinn im Schnee aufgespürt.

Befriedigt leckte sie sich über die Lippen, trank noch ein paar Schluck Wasser am Bach und stapfte wieder hangaufwärts. Ihr quälendster Hunger war erst mal gestillt. Und jetzt spürte sie die Frühjahrsmüdigkeit.

Es wurde Zeit für den Mittagsschlaf. Und auch die beiden Kleinen brauchten nach dem anstrengenden Ausflug ihre Ruhe.

Barros erste Kletterpartie

Nach ein paar Tagen hatte Barro sich an den neuen Lebensrhythmus gewöhnt. Wenn vom Höhleneingang der helle Schimmer der Morgensonne eindrang, krabbelte Barro unruhig herum. Er wollte hinaus.

Aber vorher wollte er seine Milch. Nur lag seine Mutter nicht immer so, daß er bequem an seine Milchquelle herankam. Dann stupste er sie ungeduldig und bohrte seine kleine Schnauze irgendwo in ihr Fell. Und Burri versuchte es an einer anderen Stelle, bis die Bärin sich schläfrig brummelnd herumwälzte und ihre Kinder trinken ließ.

Barro schmatzte genießerisch, leckte sich ein paar Milchtropfen vom Brustfell und blinzelte ins Dämmerlicht. Auch Burri saugte nicht mehr so eifrig. Die Bärin spürte, daß ihre Jungen satt waren. Und sie erhob sich von der Lagerstreu und tappte zum Ausgang. Jetzt brauchte sie ihr Frühstück.

Die Kleinen mußte sie nicht erst hinausscheuchen. Angst hatten sie nicht mehr. Im Gegenteil. Vor Neugier konnten sie es kaum erwarten, endlich ins Freie zu kommen. Ungestüm drängelten sie gegen ihre Hinterkeulen.

Draußen roch es feucht. In der Nacht hatte es geregnet. Die Schneeinseln waren zusammengeschmolzen. Und der erdige Boden war noch glitschiger als am Vortag. Wolkenfetzen trieben am blaßblauen Himmel, verdeckten mitunter die Sonne. Und ein frischer Wind wehte von den weiß schimmernden Berggipfeln. Dort oben war Neuschnee gefallen.

An diesem Morgen nahm die Bärin einen anderen Weg, nicht hinunter zum Bach. Sie stapfte seitlich von der Höhle auf den Hangwald zu. Hier standen die Bäume dichter, begann hinter vereinzelten Fjällbirken und wildem Himbeergestrüpp ein steil ansteigender Bergfichtenwald. Und dort brauchte sie nicht lange zu suchen. Ihre Spürnase führte sie zu einem Mäusenest.

Barro interessierte sich noch nicht für Mäuse. Er beäugte nur neugierig eine flüchtende Maus, die seiner Mutter gerade noch entkommen konnte. Dann beschnüffelte er aufmerksam den Stamm einer Fjällbirke, an dem es sehr fremdartig roch. Diesen Geruch kannte er noch nicht.

In diesem Augenblick hörte er über sich ein Geräusch. Verdutzt blickte er nach oben. Im kahlen Gezweig turnte etwas herum: ein kleines dunkelbraunes Tier mit buschigem Schwanz. Und dieses zierliche, schlanke Wesen hüpfte flink von einem wippenden Zweig zum anderen, und von dort zum nächsten Baum und verschwand dann im grünen Wipfel einer Fichte.

So schnell konnte Barro mit den Augen kaum folgen. Geblieben war nur der fremdartige Geruch: der Geruch nach Eichhörnchen. Und die Geruchsspur führte stammaufwärts.

Schnuppernd hob Barro seine kleine Nase, streckte sich und stellte sich aufrecht auf die Hinterbeine. Seine Vordertatzen umkrallten den Stamm. Langsam zog er sich hoch, griff nach. Barro kletterte, kletterte den Baum hinauf. Und er kletterte weiter. Das brauchte er nicht zu lernen. Klettern war ihm angeboren. Und es machte ihm Spaß.

Irgendwo im Wald hämmerte ein Specht. Über den Berghang glitt ein Schatten. Ein Kolkrabe kreiste gemächlich tiefer, rief mit rauher Stimme nach seiner Gefährtin. Er hatte die Bären entdeckt, wartete auf die Reste ihrer Mahlzeit. Ganz nah sah Barro den großen schwarzen Vogel.

Plötzlich wackelte der Baumstamm. Barro erschrak. Ängstlich blickte er nach unten. Da kam noch jemand, scharrte mit den Krallen an der Borke. Von oben sah Barro nur den braunpelzigen Kopf mit der schwarzledernen Nase. Es war Burri, seine Schwester. Sie wollte ihm nachklettern.

Dieses Spiel gefiel Barro. Eifrig kletterte er weiter. Hier in der Krone ging es viel leichter. Auf den Astgabeln fanden seine Krallen bequemen Halt. Und als es nicht mehr höher ging, krabbelte er auf einen Seitenast.

Nur, sehr weit kam er darauf nicht. Der Ast wurde immer dünner, schwankte und schaukelte. Nach vorn ging es auch nicht mehr. Und Barro bekam ein unheimliches Gefühl.

Inzwischen hatte die Bärin ihre Mäusemahlzeit beendet. Sie sah Burri den Stamm hinaufklettern und Barro oben auf dem dünnen schwankenden Ast. Und sie wußte, daß sie eingreifen mußte. Noch waren die Kleinen zu unerfahren, konnten die Tragfähigkeit der Äste noch nicht abschätzen. Und aus ihrer Kehle drang ein energisches Brummen.

Burri zögerte. Sie war ja erst auf halber Höhe. Und eigentlich wollte sie lieber hinauf zu Barro. Doch sie spürte wohl Barros Not. Und sie gehorchte ihrer Mutter. Vorsichtig glitt sie abwärts.

Barro aber hatte es viel schwerer. Erst mußte er mal rückwärts bis zum Stamm. Und der Ast schaukelte und wippte unter seinem Gewicht. Doch umzudrehen wagte Barro sich nicht. Der Erdboden lag so tief unter ihm, so unheimlich tief. Barro stieß einen kläglichen Laut aus. Dann rutschte er wieder rücklings ein Stück auf dem Ast entlang, ganz langsam. Endlich stieß er mit seinem Hinterteil gegen den Stamm.