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Angelika Koch

Glücksorte in der Eifel

Fahr hin und werd glücklich

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Vorwort

Liebe Leser,

in dem Dorf, in dem ich wohne, gibt es keinen Tante-Emma-Laden, keinen Bäcker, keine Kneipe, keinen EC-Automaten, keinen Arzt. Nicht einmal Bürgersteige, die abends hochgeklappt werden könnten. Ob der verschrammte gelbe Briefkasten noch geleert wird, weiß ich nicht. Sicher ist nur, dass der verblasste rote Kaugummiautomat aus den 1950er-Jahren noch immer befüllt wird … Sagen jedenfalls die Kids, und die müssen es schließlich wissen.

In so einem Ort möchte man nicht „tot überm Zaun hängen“, könnte man meinen. Es müsste der Prototyp eines aussterbenden Dorfes sein. Doch das Gegenteil ist der Fall: Gefell, so der Name der winzigen Gemeinde zwischen den Maaren und dem Nürburgring, ist quicklebendig. Von den 112 Bewohnern ist ein Viertel unter 18 Jahren alt, und die Teenies sagen, sie wollen ihr Leben lang hier bleiben. Es gibt keinen einzigen Leerstand, aber eine Warteliste von Interessenten, falls mal etwas frei wird.

Warum? „Das hier ist die Quintessenz der Eifel“, sagt ein Paar aus Düsseldorf, „und die ganze Eifel ist ein einziger Glücksort.“ Was die Eifel zum Glücksort macht? Hier gibt es Wälder, Felder, Wiesen, Schluchten und Wildbäche satt. Doch inmitten all des Grüns wuchert menschliche Fantasie: Ateliers von bildenden Künstlern, urige Event-Locations für Avantgarde oder Kabarett, Musikstudios und, klar, auch Mundarttheater oder Blasmusik – für jeden Geschmack etwas. In der Eifel kann man auf tausenderlei Weise glücklich sein, rasant auf der Nordschleife oder dem Mountainbiketrail, animalisch beim Wandern mit Esel oder beim Anblick eines Wolfsrudels, meditativ im Kloster oder lukullisch im Sternerestaurant.

Wer die Eifel erkunden will, tut es übrigens am besten in mobiler Eigenregie, da der ÖPNV überwiegend in den Kinderschuhen steckt. Doch das steht dem Glück nicht im Wege.

Ihre Angelika Koch

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Inhaltsverzeichnis

1Wenn es im Städtchen duftet

In der Dauner Kaffeerösterei

2Neues Leben in alten Mauern

Kloster Steinfeld bei Kall

3Geburt eines Kellerkindes

Ahrquelle und Eifelmuseum in Blankenheim

4Zeitreise mit Fliegenfischen

Die Bertradaburg in Mürlenbach

5Eckpfeiler des Glaubens

Die Bruder-Klaus-Kapelle in Mechernich

6Das Glück von 500 Mark

Burg Eltz bei Wierschem

7Karge und reiche Landschaft

Die Ripsdorfer Heide bei Blankenheim

8Junge Kunst und alter Ort

Das Kunsthaus NRW in Aachen-Kornelimünster

9Fangfrische Forellen

Die Heidsmühle von Manderscheid

10Verbrechen bei Sahnetörtchen

Krimihotel und Kriminalhaus in Hillesheim

11Von Bullen und Landeiern

Monreal im Elztal

12Abheben vor Glück

Drive & Fly in Föhren

13Einfach mal blaumachen

Die Blaue Ecke in Adenau

14Zum Wohlsein!

Die Bitburger Marken-Erlebniswelt

15Unter den Augen des Greifen

Die Römervilla von Duppach

16Neunzig Jahre Mythos

Faszination Nürburgring

17Überschaubar unübersehbar

Das Heimat- und Erlebnismuseum in Münstermaifeld

18Drei Augen der Eifel

Die Dauner Maare

19Das Gold der Streuobstwiesen

Brennerei Bares in Trimport

20Ort der Rotweinseligkeit

Der Marktplatz in Ahrweiler

21Sauer macht lustig

Der Drees in Niederstadtfeld

22Korallenriffe der Kelten

Die Munterley in den Gerolsteiner Dolomiten

23Geschichte mit Natur heilen

Die ehemalige Ordensburg Vogelsang

24Driften, feiern, fachsimpeln

Das Wolsfelder Bergrennen

25Das doppelte Lottchen

Die Burgen von Manderscheid

26Samt und Scherben

Mode und Keramik aus Kelberg

27Die Magie des Hinkelsteins

Das Frabillenkreuz auf dem Ferschweiler Plateau

28Der Traum von Arkadien

Schloss Malberg

29Süß und gesund

Beim Eifelimker von Neroth

30Kunst irgendwo im Nirgendwo

Galerie am Pi in Weißenseifen

31Die Welt bleibt draußen

Der Vulkankrater im Arensberg

32Wo der Ritter ein Adler ist

Der Adler- und Wolfspark Kasselburg

33Mulsum, Moretum, Mosaik

Die Villa Otrang in Fließem

34Teuflische Schlucht

Naturparkzentrum Teufelsschlucht Ernzen

35Zeitmaschine für Romantiker

Der Ardenner Cultur Boulevard in Losheim

36Luftig-leichter Tanz

Schmetterlingsgarten Eifalia in Ahrhütte

37Die Eifel „all in one“

Die Genovevaburg in Mayen

38Glückliche Tiere

Auf dem Demeter-Hof Breit in Wittlich

39Grenzgänge und Kaiserbetten

Das Hohe Venn bei Mützenich

40Wo das Herz Europas schlug

Die Basilika St. Salvator in Prüm

41Wenn der Schmied spielt

Faberludens in Nohn

42Auf dem Kraterrand

Der Windsborn im Mosenberg

43Das See-Ungeheuer

Der Rursee im Nationalpark Eifel

44Mittelalter-Einkaufsparadies

Kulinarisches im City Outlet Bad Münstereifel

45900 Jahre spirituelles Leben

Die Abtei Himmerod bei Großlittgen

46Ein Städtchen in Rot

Burg und Ort Nideggen

47Die mit dem Wald sprechen

Die Waldakademie Hümmel bei Adenau

48Heilkraft aus der Erde

Die Vulkaneifel Therme in Bad Bertrich

49Das Dorf mit Ausblick

Der keltische Ringwall in Steineberg

50Die Stille nach der Explosion

Abtei und See Maria Laach

51Die Kunst der Weisheit

Arte Scienza in Monschau-Dreistegen

52Ein richtig dickes Ding

Lavabombe und Vulkanhaus in Strohn

53Beim Sachenfinder im Grünen

Der Weilcheswieserhof bei Bereborn

54Stilles Lourdes in Miniformat

Die Mariengrotte in Hohenfels-Essingen

55Brodelndes Temperament

Der Brubbel von Wallenborn

56Glück kann man backen

Brotkunst und Wirkstatt in Dockweiler

57Ein Schwan als Retter

Schwanenkirche Roes

58Pfannkuchen-Glück

Die Alte Pleiner Mühle

59Der tiefste Bierkeller

Der Lavakeller und die Vulkan Brauerei in Mendig

60Tempo runter

Eselwandern in Bongard

61Nichts zu meckern

Ziegenkäserei Vulkanhof in Gillenfeld

62Walk on the wild side

Wandern auf dem Traumsteig im Enderttal

63Schwelgen in Nostalgie

Das Puppenmuseum in Laufeld

64Hier werden Kerle gemacht

Das Seminarzentrum Beuerhof in Üxheim

65Sie nennen es Bullerbü

Das Dorf Gefell in der Vulkaneifel

66Vollkommene Geborgenheit

Die Üdersdorfer Mühle

67Perfekte Filmkulisse

Schloss Bürresheim bei Mayen

68Westfälische Totleger leben

Der Archehof Am Kisselsbach in Horperath

69Hopfen und Malz

Auf dem Hof Dick in Holsthum

70„Wenn es dir guttut, komm!“

Exerzitienhaus St. Thomas

71Zwischen den Welten

Dasburg an der Grenze zu Luxemburg

72Das kleinste Museum der Welt

Die wArtehalle in Welchenhausen

73Es ist alles Gold, was glänzt

Die Erlöserkapelle in Mirbach

74Ein Baum ohnegleichen

An der Walsdorfer Siegeseiche

75„Guck mal da, Bärchen …!“

Der Eifelpark in Gondorf

76Der sagenhafte Überblick

Der Burberg in Schutz

77Kraft von Feuer und Fantasie

Atelier Metallformen in Daun-Gemünden

78Alles Leben ist wertvoll

Das Kunstkabinett Hasenberghof in Kronenburg

79Wallfahrt zu Weinseligkeit

Auf dem Klostergut Klausen

80Drahtseilakt der Lebenslust

Die Straußenfarm Zur Klostermühle in Springiersbach

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Wenn es im Städtchen duftet

1In der Dauner Kaffeerösterei

Manchmal durchzieht die Straßen von Daun so ein Geruch: etwas bitter, etwas rauchig, etwas erdig. Dann ist Hansdieter Richarz-Hilberg am Werk. Er röstet Kaffee, handwerklich und mit ganz viel Geduld. Das Endprodukt duftet noch um etliche Dimensionen besser als das Verfahren. Gemeinsam mit Ehefrau Heike, einer Marketingfachfrau, entfloh der ehemalige Lebensmitteltechnologe und EDV-Spezialist der Frankfurter Großstadt, um im Eifeler Wochenendhäuschen seines Großvaters ein anderes Leben zu führen. Ihre Passion für Kaffee machten sie zum Beruf. Doch nicht allein das: Zum guten Kaffee gehören nach ihrem Verständnis auch faire und ökologische Anbaumethoden. So gibt es in ihrer Dauner Kaffeerösterei vor allem Sorten von kleinen Familienfarmen aus Mexiko, Brasilien, Ecuador, Thailand, Indien oder Java, die das genussverliebte Paar selbst vor Ort aussucht und für deren Qualität es einsteht. Die Hilbergs wollen ihr Glück nicht auf dem Rücken anderer Menschen machen.

Am Wirichplatz mitten in Daun wird geröstet und frisch gemahlen, aber auch getrunken, gegessen und ganz entspannt geklönt. Ein Massenbetrieb kann es keinesfalls werden. Sowohl auf der Veranda mit Blick auf den Platz wie im Inneren, das mit Barhockern und schlichten Tischen nichts Plüschiges hat, ist nicht arg viel Platz. Klar ist: Der Kaffee in all seinen Variationen steht im Mittelpunkt, kein Schickimicki. Auch die Selbstbedienung trägt zum eher studentischen Flair bei. Es gibt erlesene Schokoladen, Liköre, Öle und mehr, dazu manchmal auch noch das eine oder andere Buch von Verlagen aus der Eifel, vom Kinderbuch bis zum Krimi. Man stöbert sehr gern herum, was die Kaffeerösterei außer Kaffee sonst noch zu bieten hat. Und wie gesagt, es duftet ungemein gut. Wer einen Platz ergattert hat, gibt ihn ungern wieder her, sondern holt sich lieber noch eine zweite Kaffeespezialität.

TIPP

Musiker Thomas D hat für die Dauner Kaffeerösterei seinen eigenen Espresso kreiert.

 

image Dauner Kaffeerösterei, Wirichstraße 16 a, 54550 Daun, Tel. (0 65 92) 98 29 29
www.dauner-kaffeeroesterei.de

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Neues Leben in alten Mauern

2Kloster Steinfeld bei Kall

Beinahe stand vor wenigen Jahren das Salvatorianerkloster Steinfeld in der Nähe von Kall vor dem Aus: zu wenig Mönche, zu wenig Aktion, zu wenig Geld. Schließlich hängt auch das Glück eines geistlichen Ortes von handfesten Faktoren ab. Doch es fanden sich clevere und ideenreiche Förderer, sodass die riesige Anlage heute wieder zum kulturellen Zentrum der nördlichen Eifel wurde, das sie immer schon sein sollte. In der Abteikirche mit ihren floralen Deckengemälden, der reich verzierten Kanzel und dem barocken Altar finden Konzerte statt, vom erdigen Folk bis zur hochkarätigen Klassik auf der historischen König-Orgel. Es ist die größte dreimanualige Barockorgel des ganzen Rheinlandes, deren klangliche Erhabenheit einen – salopp gesagt – fast umhaut.

Drum herum herrscht mittlerweile ebenfalls wieder reges geistiges Leben: Seminare und Workshops zu allen Lebenslagen, in denen Spirituelles guttut, Tagungen, aber auch gymnasiale Bildung in Form des Hermann-Josef-Kollegs. Im Kloster Steinfeld treffen sich die Generationen.

Bei all dem Trubel hat es auch seine reizvoll zurückgezogenen Ecken der Glückseligkeit. Mit etwas Neugier schlängelt sich der Besucher durch ein paar Tore und entdeckt ruhige Innenhöfe, in denen Rosen blühen, und einen kleinen Park mit uralten Bäumen: den Garten der Stille, mittendrin ein Heckenlabyrinth, das hilft, sich beim Durchschreiten auf das Wesentliche zu konzentrieren. Hier und da steht eine Bank oder ein Stuhl, man kann sich hinsetzen und über Gott und die Welt sinnieren.

Letztere hat einen wieder, wenn man das Klostercafé oder die Restaurants vor den Toren der Abteianlage aufsucht. Vor allem sonntags heißt es hier auf den Terrassen „sehen und gesehen werden“, miteinander ins Gespräch kommen und Leckeres genießen. Danach kann man erfrischt auf dem Eifelsteig wandern. Nicht zufällig ist Kloster Steinfeld ein Etappenziel, zu himmlischen Freuden.

TIPP

Im Klosterladen unbedingt das berühmte Steinfelder Klosterbier für zu Hause sichern.

 

image Kloster Steinfeld, Hermann-Josef-Straße 4, 53925 Kall-Steinfeld
www.kloster-steinfeld.de, www.kloster-steinfeld.com

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Geburt eines Kellerkindes

3Ahrquelle und Eifelmuseum in Blankenheim

Wer ein uraltes Haus erbt, sollte mal an den Fundamenten rütteln und schauen, ob da nichts hervorsprudelt. Jedenfalls in Blankenheim. Denn hier, in einer versteckten, dunklen Nische unterhalb mittelalterlicher Mauern mitten im historischen Ortskern, wird die Ahr geboren. Sie beeilt sich, flugs als munter plätscherndes Bächlein an Fahrt zu gewinnen und bald das Gassengewirr des Städtchens zu verlassen. Sie ist es ja auch gewohnt, an ihrer Wiege bauliche Romantik pur zu haben, und will raus ins Grüne. Sonntagsausflügler machen es umgekehrt, sie zieht es rein in die Kulisse aus Kopfsteinpflaster und Fachwerk. Das Ensemble will mit schmalen Durchgängen, Treppen und weiß verputzten Mauern nicht aufhören, irgendwie an griechische Inselarchitektur zu erinnern.

Im Eifelmuseum jedoch wird man darauf gestoßen, wo man ist: Wohnkultur und Volkskunst aus der Eifel holen einen auf den Boden der historischen Tatsachen zurück, angefangen von den Römern über die Grafen von Blankenheim bis zu den Bildern des großen Eifelmalers Fritz von Wille. Gegenüber dem Museum gibt es in einem bunten Lädchen allerlei hübschen Kitsch, Krempel und Krimisouvenirs, wenig weiter Leckeres im Bistro oder Eiscafé. Glücklich wähnen können sich auch die Familien und Kids, die heutigen Burgherren, die hoch über allem in der Jugendherberge residieren. Sie ist in der Burg untergebracht, die sich aus einer wehrhaften Festung später in eine schicke barocke Anlage verwandelte. Aber das ist noch nichts im Vergleich zum Narrenglück, welches jedes Jahr an Karnevalssamstag Tausende Jecken ergreift. In der Dunkelheit geht es los: Maskiert und kostümiert mit Betttüchern und Kordeln zieht der „Geisterzug“ mit Fackeln bewehrt durch die sonst finsteren Gassen. Der Ruf „Juh jah, kribbel en der Botz, wer dat net hätt, dä es nix notz!“ schallt von den Mauern und vertreibt nicht nur den Winter, sondern auch jegliche schlechte Laune. Von wegen „tote Hose“ in der Eifel: Hier steppt das Glück!

 

image Blankenheim mit Ahrquelle und Eifelmuseum, Ahrstraße 55–57, 53945 Blankenheim, Tel. (0 24 49) 8 72 22 oder 8 72 23
www.eifelmuseum-blankenheim.de

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Zeitreise mit Fliegenfischen

4Die Bertradaburg in Mürlenbach