2So nutzen Sie dieses Buch

Folgende Elemente erleichtern Ihnen die Orientierung im Buch:

Beispiele und Übungen

In diesem Buch finden Sie Praxisbeispiele sowie praktische Übungen für verschiedene Zwecke.

Definitionen

Hier werden relevante Begriffe kurz erläutert.

img

Die Merkekästen enthalten Empfehlungen und hilfreiche Tipps für den Alltag.

Auf den Punkt gebracht

Am Ende jedes Kapitels finden Sie eine kurze Zusammenfassung des Themenschwerpunkts.

6Vorwort

Spitzensportler leben uns vieles vor, was sich auf andere Lebensbereiche übertragen lässt: Sie zeigen uns, dass sich mit vollem Einsatz, harter Arbeit, Motivation, Ausdauer und Disziplin Ziele erreichen lassen. Dass es jede Anstrengung wert ist, wenn man jubelnd die Früchte der Arbeit ernten darf. Dass es sich lohnt, Niederlagen schnell zu verarbeiten, wieder aufzustehen und wieder an den Start zu gehen. Es geht beim Spitzensport um Erfolg und Höchstleistung, aber auch um Freude und Spaß an dem, was man tut. Denn Glück und Zufriedenheit sind die Basis für Erfolg – und nicht umgekehrt.

Mentale Stärke entsteht durch den Einklang zwischen Sein und Handeln, zwischen Wunsch und Wirklichkeit, zwischen Wollen und Tun.

An diesem Bewusstsein arbeite ich auch mit meinen Klienten aus dem Sportbereich: Was macht mich glücklich, was macht mich wirklich zufrieden? Aus der Zufriedenheit erwächst der Erfolg. Ohne Spaß an dem, was wir tun, sind wir nicht zu Höchstleistungen fähig. Angesichts der täglichen Pflichten und Anforderungen, der Aufgaben und Funktionen, die es zu erfüllen gilt, ist das eine Gratwanderung. Wie lässt sich Freude schöpfen aus Tätigkeiten, die wir als lästige Pflicht empfinden? Identifiziere ich mich noch mit dem gesteckten Ziel? Selbstreflexion ist ein wichtiger Teil der Selbststeuerung, die uns hilft, Herausforderungen zu meistern.

Dieses Buch soll eine Brücke schlagen zwischen der Welt des Spitzensports und Ihrem Alltag. Es zeigt Ihnen auf, wie Sie sich Ihr Denken, Ihre Überzeugungen, Ihre Haltung, 7Ihren Glauben zunutze machen können, um Ihre Ziele zu erreichen. Mentale Stärke ist ein entscheidender Faktor beim Abrufen des eigenen Leistungspotenzials am Tag X. In den einzelnen Kapiteln zeige ich Ihnen, wie Sie von der Macht Ihrer Gedanken und inneren Bilder profitieren, wie Sie den Fokus auf Ihre Ziele aufrechterhalten, wie Sie Ihr Selbstvertrauen stärken, sich motivieren und souverän mit Rückschlägen umgehen. Außerdem gehe ich auf die Aspekte Entspannung und Regeneration ein. Diese Bereiche kennt jeder Spitzensportler, doch deren Effekte außerhalb des Sports werden noch immer sehr unterschätzt.

Ich habe viel Zeit in die Recherche zu diesem Buch investiert. Sie halten mein Praxiswissen und meine persönlichen Schlussfolgerungen in den Händen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Ich freue mich, wenn Sie daraus Erkenntnisse, Impulse, Ideen, Orientierung sowie konkrete nützliche Übungen schöpfen können, die Ihnen helfen, mentale und emotionale Stärke auf- und auszubauen.

Es steht Ihnen selbstverständlich frei, meine Worte infrage zu stellen oder zu anderen Ergebnissen aufgrund eigener Erlebnisse zu gelangen. Weder weiß ich alles noch erwarte ich, dass Sie grundsätzlich einer Meinung mit mir sind. Betrachten Sie dieses Buch als Angebot und Inspirationsquelle – probieren Sie das eine oder andere aus den Kapiteln einfach aus. Nicht alles mag zu Ihnen passen, aber wenn Sie den einen oder anderen dauerhaften „Begleiter“ aus der Lektüre mitnehmen, würde ich mich sehr freuen. Und geben Sie sich Zeit: Jede Veränderung braucht Zeit – im Sport wie im Leben.

Ihre Antje Heimsoeth

8Die Kraft des Kopfes – warum mentale Stärke ein entscheidender Erfolgsfaktor ist

„Ich habe immer an mich geglaubt. Ich kämpfe bis zum Schluss, und ich weiß, dass ich auf meine Stärken vertrauen kann“, sagt Tennisspielerin Angelique Kerber, die ihre Spitzenposition in der Weltrangliste vor allem ihrer mentalen Stärke zuschreibt. Selbstvertrauen und Willenskraft gehören zum Erfolg eines Spitzensportlers ebenso dazu wie Mut, Entschlossenheit, Disziplin oder Zielstrebigkeit. Die Quelle für ihre Höchstleistungen liegt bei Topathleten nicht nur in gut trainierten Armen oder Beinen, sondern vor allem „zwischen den Ohren“. So fokussierte sich Fußballer Philipp Lahm während der WM 2014 immer wieder auf das erklärte Mannschaftsziel, indem er sich vorstellte, wie er den WM-Pokal in den Himmel von Rio reckt. Lahm nutzte seine geistige Vorstellungskraft, um das Feuer der Motivation immer wieder anzufachen und Kraftreserven zu mobilisieren.

Ob es darum geht, sich zu motivieren, Krisen und Niederlagen zu bewältigen, Teamgeist zu fördern oder mit den eigenen Kräften zu haushalten – viele Spitzensportler wissen um die Bedeutung mentaler Stärke und trainieren sie ebenso wie ihre Athletik und Kondition.

Höchstleistungen sind in unserer schnelllebigen, komplexen Welt auch jenseits der Sportarenen gefragt. Insbesondere unsere geistige Leistungsfähigkeit ist gefordert, um permanent Veränderungen zu verarbeiten – beruflich wie gesellschaftlich. Niemand will auf der Strecke bleiben, Erfolg ist die Währung gesellschaftlicher Anerkennung und Zugehörigkeit. 9Wo Höchstleistung gefragt ist, ist unser mentaler Zustand ein entscheidender Faktor bei Sieg oder Niederlage. Denn er ist die Quelle unseres Handelns und Verhaltens. Unsere innere Haltung gibt den Impuls, in welche Richtung das Pendel ausschlägt.

In etlichen Sportarten macht der mentale Zustand mehr als die Hälfte des Ergebnisses aus. Der erfolgreiche Fußballtrainer Pep Guardiola sagte einmal: „In der Schlussphase eines Spiels ist der Kopf oft wichtiger als die körperliche Fitness.“

Der Tennisprofi Novak Djokovic stand sich früher gelegentlich selbst im Weg, wenn er an mangelnder Willensstärke und zu wenig Selbstbewusstsein scheiterte. Mit Ex-Tennisprofi Boris Becker als Trainer fand er zur mentalen Stärke. Djokovic: „Boris erinnert mich daran, wie stark ich mental sein kann.“ Das Finale der Australian Open 2015 gewann Djokovic vor allem, weil er der mental Stärkere war.

Golfprofi Martin Kaymer, der 2010 mit dem PGA Championship als zweiter Deutscher eines der wichtigsten Golfturniere gewann, weiß, dass es auch in seinem Sport auf die mentale Stärke ankommt: „Sieg und Niederlage entscheiden sich zwischen den Ohren.“ Für ihn spielt dabei nicht nur der Siegeswille eine große Rolle, sondern auch die Bereitschaft, Opfer zu bringen und sich immer wieder klarzumachen, wofür oder für wen man spielt.

Lernen Sie die Techniken der Spitzensportler kennen und wenden Sie sie an – damit Ihr Kopf Sie auf dem Weg an die Spitze beflügelt statt ausbremst. Der ehemalige österreichische Extrem-Radsportler Wolfgang Mader, der mithilfe von Mentaltraining regelmäßig Höchstleistungen erzielte, hat dafür einen anschaulichen Vergleich gefunden: So, wie 10man z. B. eine Präsentation bereits vor dem Moment des Vortragens vorbereitet hat, gelte es, vor Herausforderungen auch den Kopf entsprechend vorzubereiten. Wolfgang Mader: „Wenn dann die Stresssituation kommt und Sie vom Unterbewusstsein fast zu 100 Prozent geleitet werden, dann wird auf dieses Archiv, diese Speicherplatte des Unterbewusstseins gegriffen. Und da macht es einen Unterschied, ob ich da zwei Millionen negative Erlebnisse abgespeichert habe, weil ich ständig so denke, oder ob ich dort positive Erlebnisse habe.“

img

Energie folgt den Gedanken. Wer die Gedanken in die richtige Richtung lenkt, dem folgt auch die Energie dorthin. Unser Kopf funktioniert wie ein Bio-Computer, der weit mehr kann als herkömmliche Rechner. Wenn Sie ihn optimal programmieren und Ihre mentale Software regelmäßig aktualisieren, werden Sie in jeder Situation – auch bei besonderen Herausforderungen und in Stresssituationen – davon profitieren und ein Programm abrufen können, das Sie unterstützt.

Selbstzweifel, Hadern, Pessimismus und Ängste wirken wie Bremsklötze beim Handeln, sie führen zu einem Leben mit angezogener Handbremse. Wer nicht an sich glaubt, blockiert seinen Zugang zum eigenen Potenzial. Unsere Überzeugungen, inneren Glaubenssätze und Ansichten sind der Antrieb für unser Vorgehen. Je optimistischer der innere Zustand, desto positiver fallen auch die äußeren Resultate aus.

11 img

Gewonnen wird im Kopf! Nur wer im Kopf ein Gewinner ist, kann aufs Siegertreppchen steigen. (Bildnachweis: Kerstin Diacont)

Spitzen- und Extremsportler haben längst erkannt, dass Faktoren wie Selbstvertrauen, Siegesmentalität, Fokussierung, Reflexion, Vorstellungskraft, Wille, Erholung und Regeneration, der Umgang mit Scheitern, Rituale und Routinen, Gedankenhygiene und Umfeldmanagement entscheidend zu ihrem Erfolg beitragen. Dazu zählen auch der Umgang mit Emotionen, mit Stress und Kritik oder Kränkungen, von denen keiner von uns verschont bleibt.

Die ständig wachsenden Anforderungen und Veränderungen der Gesellschaft verlangen uns vor allem geistig und psychisch vieles ab. Mentale Stärke wird immer wichtiger, um mit den täglichen Herausforderungen zurecht zu kommen. Die Kraftquelle dafür sitzt in jedem von uns. Sie zu wecken und sprudeln zu lassen, ist Teil einer gesunden Selbstführung. Wer einen bewussten Umgang mit sich selbst führt, verfügt über ein inneres Gespür für seine Ressourcen und aktuellen Bedürfnisse. Die daraus resultierende Selbststeuerung ist Ausdruck mentaler Stärke.

12Selbstführung (nach Prof. Dr. Burkhard Bensmann)

Selbstführung umfasst Einstellungen und Methoden zur zielgerichteten Führung der eigenen Person. Selbstführung basiert wesentlich auf Selbsterkenntnis, Selbstverantwortung und Selbststeuerung.

img

© Coloures-pic/Fotolia.com

Erfolgreiche Selbstführung basiert auf mentaler und emotionaler Stärke:

13Eine persönliche Vision zu verfolgen, klare Perspektiven zu haben und sich der eigenen Stärken und Werte bewusst zu sein – all das bildet den Nährboden, auf dem Erfolge wachsen. Dieses Buch gibt Einblicke und konkrete Anregungen, wie Sie Ihre Selbstführung reflektieren, mentale Techniken nutzen und so Ihr Leistungsspektrum voll ausschöpfen können. Dabei muss jeder für sich selbst definieren, was er unter „Erfolg“ versteht.

Mentale Stärke aufbauen und leben

Mit Mentaltraining können Sie ganzheitlich Ihr Denken, Fühlen, Tun und Ihren Körper beeinflussen. Es richtet den Fokus auf individuelle Stärken, Talente und Ressourcen. Damit sorgen Sie für Ihre physische und psychische Stabilität. Das hilft Ihnen, Aufgaben selbstbestimmt zu bewältigen und Vorhaben erfolgreich zu verwirklichen.

Wenn Sie Ihre Selbstführung mental trainieren, können Sie Herausforderungen positiv, zielorientiert, motiviert, konzentriert und gelassen begegnen. Die Olympiasiegerin im Fechten, Britta Heidemann, bringt die Aufgaben der Selbstführung auf den Punkt: „Sich mental mit dem inneren Selbst auseinanderzusetzen, gegen die eigenen Gedanken zu kämpfen, sich im inneren Dialog zu überwinden, sich selbst einzugestehen, dass man noch mehr geben kann, dass man sich nicht ablenken lassen darf. Denn all das muss man zu steuern und zu kontrollieren versuchen.“ Das mag recht kämpferisch klingen, aber im Kern geht es vor allem um eines: Eigenverantwortung für sich und das eigene Tun übernehmen.

14 img

© Marem/Fotolia.com

Ziele des mentalen Trainings, so formulierte es schon der verstorbene Sportpsychologe Hans Eberspächer, sind

Mentale Prozesse werden gleichermaßen von unseren Gedanken, Gefühlen und unserer Körperhaltung beeinflusst. Diese Prozesse haben immer eine logisch-rationale und eine affektiv-emotionale Komponente. Sie durch Mentaltraining zu beeinflussen, kann helfen, die eigenen Stärken auszubauen und uns ebenso bei der Entwicklung unserer Potenziale wie beim Meistern von Herausforderungen zu unterstützen.

mental

lat. für: die psychischen Vorgänge (Denken und Vorstellen) betreffend, zum Geist gehörend, den Geist betreffend, geistig, (nur) in Gedanken. (vgl. wissen.de)

15Mentales Training

Unter „mentalem Training (kurz: MT)“ ist die planmäßig wiederholte und bewusst durchgeführte Vorstellung einer Bewegung oder Handlung ohne deren gleichzeitiger Ausführung zu verstehen (Eberspächer, 2001).

Das sagen zwei Spitzensportler über mentale Stärke:

„Mentale Stärke ist für mich die höchstmögliche Nutzung und Fokussierung aller geistigen und psychischen Fähigkeiten und Stärken auf ein gesetztes Ziel sowie die gleichzeitige Ausblendung oder Beherrschung (durch Kenntnis) der Schwächen auf dem Weg zum Ziel.“

Wolfgang Mader, Extremsportler

„Mental stark sein ist entscheidend. In einem olympischen Finale weißt du, dass alle physisches Talent haben. Wer wird also gewinnen? Derjenige, der mental am stärksten ist.“

Michael Phelps, Schwimmer, 26 Olympiamedaillen, davon 22-mal Gold, erfolgreichster Olympionike der Geschichte

Bestandsaufnahme und Selbstanalyse

Um an der eigenen Selbstführung zu arbeiten, gilt es, sich den eigenen Istzustand bewusst zu machen:

17Mit den aus den Antworten gewonnenen Erkenntnissen schaffen Sie eine Basis für die Formulierung Ihrer Ziele und geeigneter Strategien, um sie zu erreichen.

„Ich glaube, dass eine Erkenntnis der eigenen Stärken und Schwächen essenziell ist, das ist für mich eigentlich die Basis. Wenn man sich der eigenen Stärken und Schwächen nicht bewusst ist, wird es sehr schwerfallen, in der eigenen Selbstführung voranzukommen“, sagt Harald Seidler, Führungskraft bei Alcon Pharma.

Beim Mentaltraining arbeitet man auf vier Ebenen: Denken, Emotionen, Verhalten und Körper. Das sollen die Themen der folgenden Kapitel sein.

18Auf den Punkt gebracht

Mentales Training hilft bei einem souveränen Umgang mit

Mentaltraining führt zum Abrufen des vollen Leistungspotenzials am Tag X. Trainiert werden:

19Die Macht der Gedanken – warum Gedankenhygiene so wichtig ist