Joachim Hoell

 

 

 

 

 

 

 

Provokation und Politik

 

Oskar Lafontaine. Eine Biografie

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2014


Über dieses Buch

 

 

Oskar Lafontaine, 1943 in Saarlouis geboren, politische Ausnahmeerscheinung mit einer Bilderbuchkarriere: 1976 Oberbürgermeister von Saarbrücken, 1985 Ministerpräsident des Saarlandes, 1990 Kanzlerkandidat, 1995 SPD-Parteivorsitzender, 1998 Bundesfinanzminister. Im März 1999 tritt er überraschend von allen Ämtern zurück.

 

Mit der Frechheit und Energie des Kindes aus kleinen Verhältnissen katapultiert sich Oskar Lafontaine nach oben, mit politischem Instinkt und ausgeprägtem Machtwillen etabliert er sich schnell an der Spitze. Mehrere Jahrzehnte lang gehen von ihm starke Impulse auf die deutsche Politik aus: Intellektueller Vordenker und Vorreiter, politisches Talent und Temperament, selbstgerechter Macher und Machthaber, streitlustiger Querdenker und Querschläger – Provokation und Politik sind für ihn kein Widerspruch, sondern seine Kraftquelle.

 

Für Überraschungen kann Oskar Lafontaine immer wieder gut sein: Schon oft hat niemand mit ihm gerechnet.

 

Die Originalausgabe dieses Buchs erschien 2004 im Verlag Dirk Lehrach in Braunschweig.

Für diese Ausgabe bei e-publi wurde das Buch geringfügig überarbeitet und um ein aktives Inhaltsverzeichnis erweitert.

 

Pressestimmen:

 

Joachim Hoells klassich-gediegene Biografie entlarvt die Zerrbilder, die die Medien immer wieder von Lafontaine zeichnen.

Süddeutsche Zeitung, 14.03.2005

 

Der Literaturwissenschaftler Hoell hat ein sachkundiges und leicht lesbares Buch verfasst.

Freitag, 17.09.2004

 

Der Autor beschreibt Lafontaine als präsent, instinktsicher und wach, polemisierend, provozierend und polarisierend. Er breitet seine guten Phasen – den Aufstieg im Saarland und die kurze Zeit als SPD-Vorsitzender – aus, verschweigt aber auch schwache Momente – »Pensions-Affäre«, »Rotlicht-Skandal« – nicht und lässt Einblicke in sein Privatleben ohne den Anschein eines Schlüssellochblicks zu.

Das Palament, 20.09.2004


Über den Autor

 

 

Joachim Hoell, geboren 1966, lebt als Autor in Berlin. Nach Studium und Promotion in Germanistik und Lateinamerikanistik zahlreiche Artikel und Bücher, u.a. Biografien über Thomas Bernhard (dtv 2000, Hörbuch gelesen von Hermann Beil, Tacheles 2006), Ingeborg Bachmann (dtv 2001, Hörbuch gelesen von Sophie Rois, Random House Audio 2006) und Oskar Lafontaine (Lehrach 2004), Mitherausgeber der Gesammelten Schriften von Philipp Mainländer (Olms 1996-1999) und zahlreiche Romanbearbeitungen fürs Hörbuch wie Hörbuchregie, von Autoren wie Louis Begley, Harry Belafonte, T.C. Boyle, Charles Dickens, John Grisham, Richard Ford, Robert Harris, Stephen Hawking, Terézia Mora, Melinda Nadj Abonji, Hanns-Josef Ortheil, Rüdiger Safranski, Frank Schirrmacher, Richard Sennett und Martin Suter. Lehraufträge zu moderner Literatur und Hörbuch an zahlreichen Universitäten. Konzeption und Moderation literarisch-musikalischer Programme, u.a. im Residenzschloss Ludwigsburg.

 

… mehr auf www.joachimhoell.de


Bei epubli von Joachim Hoell erhältlich:

 

Der literarische Realitätenvermittler. Die Liegenschaften in Thomas Bernhards Roman Auslöschung. Berlin 1995, 2. Auflage epubli Berlin 2014

 

Mythenreiche Vorstellungswelt und ererbter Alptraum. Ingeborg Bachmann und Thomas Bernhard. Berlin 2000, 2. Auflage 2001, 3. Auflage epubli Berlin 2014

 

Thomas Bernhard. Ein Portrait. München 2000, 2. Auflage 2003, 3. Auflage epubli Berlin 2014

 

Ingeborg Bachmann. Ein Portrait. München 2001, 2. Auflage 2004, 3. Auflage epubli Berlin 2014

 

Provokation und Politik. Oskar Lafontaine. Braunschweig 2004, 2. Auflage epubli Berlin 2014

 

 

 

Provokation und Politik.

Oskar Lafontaine. Eine Biografie

© 2014 Joachim Hoell

published by: epubli GmbH

Berlin www.epubli.de

ISBN 978-3-8442-8584-0

 

 

 

 

 

Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Bretten mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich.

Nur wer sicher ist, dass er daran nicht zerbricht, wenn die Welt, von seinem Standpunkt aus gesehen, zu dumm oder zu gemein ist für das, was er ihr bieten will, dass er all dem gegenüber: ›dennoch!‹ zu sagen vermag, nur der hat den Beruf zur Politik.

Max Weber, Politik als Beruf, 1919


1   Frech wie Oskar. Kindheit (1943–1953)

 

 

Niemand hat mit ihm gerechnet. Erwartet wird ein ungewöhnlich großer und übergewichtiger Säugling. Eine schwierige Geburt, soviel ist dem Arzt klar. Katharina Lafontaine erhält für die Entbindung im Krankenhaus eine Sondergenehmigung, denn in Kriegszeiten wird normalerweise zu Hause entbunden. Als die Wehen zehn Tage zu früh einsetzen, macht sie sich mit einem Bekannten spät abends nach Saarlouis ins Krankenhaus auf. In dieser Nacht im September 1943 ist Bombenalarm, und die Krankenhäuser sind angehalten, sich nur um Notfälle zu kümmern: »Wir dürfen jetzt niemanden aufnehmen. Wir müssen Betten für eventuelle Opfer der Fliegerangriffe bereithalten«, erklärt die Nachtschwester an der Pforte. Dank der Bescheinigung des behandelnden Chefarztes wird Katharina Lafontaine sofort in den Kreißsaal geschickt.

Oskar kommt als Zweiter. Zunächst wird die Mutter von ihrem ersten Sohn Hans entbunden. Für alle völlig unerwartet folgt mit einer Viertelstunde Abstand ein zweites Kind. Es ist der 16. September 1943, ein Donnerstag, als Oskar Lafontaine um 6.45 Uhr in der St. Elisabeth-Klinik in Saarlouis das Licht der Welt erblickt. Hans und Oskar schreien um die Wette, beim nächsten Bombenalarm werden sie direkt vom Kreißsaal in den Luftschutzkeller des Krankenhauses gebracht.

Die Mutter befindet sich noch in Narkose und ahnt nichts von der Zwillingsgeburt. Bei den Voruntersuchungen hatte der Gynäkologe nur die Herztöne von Hans gehört. Da sich Oskar auf dem Rücken in der Steißlage befand, konnte der Arzt mit dem damals gebräuchlichen Hörrohr nur den Herzschlag des einen Kindes vernehmen. Die Frage der Mutter, ob es sich bei dem mächtigen Bauchumfang nicht um Zwillinge handeln könne, verneinte der Arzt daher kategorisch. Doch stellte er ihr den Nachweis aus, auf dem rot unterstrichen ist: »Patientin ist unbedingt aufzunehmen«. Die Geburt im Krankenhaus verläuft ohne Komplikationen, beide Jungen sind gesund und wohlauf. Die zweieiigen Zwillinge unterscheiden sich bereits, Hans ist ein wenig größer, Oskar dafür ein wenig schwerer.

 

Die Vorbereitungen der Mutter hatten sich auf nur ein Kind konzentriert. Sie gerät in Bedrängnis, weil sie nun alles in doppelter Ausführung benötigt: Kinderwagen, Wäsche, Windeln und Nahrung. Im Angesicht des fortgeschrittenen Krieges keine leichte Aufgabe, das meiste gibt es nur über Bezugsschein. Für eine Frau, deren Mann sich an der Front befindet, ist die Situation mit zwei Säuglingen nicht einfach.

Der Ehemann und Vater Hans Lafontaine kommt auf Sonderurlaub nach Hause. Er hatte sich auf den planmäßigen Geburtstermin eingestellt und wäre pünktlich gewesen, doch so trifft er einige Tage verspätet bei Frau und Kindern ein. Da er in fünf Tagen an die Front nach Nordfrankreich zurückkehren muss, findet bereits am nächsten Tag, dem 26. September, die Taufe in der Pfarrkirche St. Maximin in Pachten statt. Auf die doppelte Kinderzahl reagiert er pragmatisch. Er und seine Frau hatten sich bereits zuvor auf den Doppelnamen Hans–Oskar geeinigt, falls es ein Junge wird. Hans, weil der Sohn den Namen des Vaters tragen sollte, Oskar, weil der im Krieg gefallene Bruder der Mutter so hieß. Aus dem Doppelnamen macht der Vater kurzerhand zwei Namen, der Erstgeborene wird Hans, der Zweitgeborene Oskar.

 

Kennen gelernt haben sich Hans Lafontaine und Katharina Ferner bereits 1932. Der 16-jährige Bäckerlehrling ist bei Verwandten ihrer Familie angestellt, in der Bäckerei Kraus in Schwarzenholz, wenige Kilometer entfernt von Saarlouis. Katharina ist ein Jahr älter und arbeitet als Kindergärtnerin im nahen Pachten. Nach der ersten Begegnung in der Bäckerei sind die beiden bald ein Paar.

Katharina Ferner, das vierte von fünf Kindern, wird am 22. Mai 1915 in Pachten an der Saar geboren. Die Mutter Barbara, geborene Schmidt, und der Vater Nikolaus stammen beide aus Pachten, seit 1936 ein Stadtteil von Dillingen. Das 20 000 Einwohner zählende Dillingen gehört in den Verwaltungsbezirk Saarlouis und ist bekannt durch die Dillinger Hütte, in der Nikolaus Ferner als Maschinist arbeitet. Käthchen oder auch Käthe, wie sie in der Familie heißt, besucht acht Jahre lang die Volksschule in Pachten, die sie mit einem hervorragenden Zeugnis abschließt. Der Lehrer und der Pfarrer setzen sich vergebens dafür ein, sie auf ein Gymnasium zu schicken. Das schmale Gehalt des Vaters als Hüttenarbeiter reicht nicht aus, er muss eine Familie mit fünf Kindern ernähren. Katharina besucht daraufhin eine Kinderpflegerinnenschule in Saarbrücken und verdient bereits mit 16 Jahren ihr erstes Geld als Aushilfskindergärtnerin. Wegen eines langwierigen Gallenblasenleidens gibt sie den Beruf auf. Nach ihrer Genesung steht sie der Mutter bei der Pflege des schwerkranken Vaters zur Seite, der 1938 im Alter von 64 Jahren stirbt. In dieser Zeit hilft sie in der Bäckerei der Verwandten aus, in der sie Hans Lafontaine begegnet. Sie lässt sich umschulen, belegt Kurse in Schreibmaschine und Stenografie. Ihre erste Anstellung als Sekretärin findet sie in der Dillinger Hütte im Mai 1939, wenige Monate vor Ausbruch des Krieges.

Hans Lafontaine wird am 25. Mai 1916 in Überherrn geboren, ebenfalls im Landkreis Saarlouis gelegen. Er stammt aus einer Bergmannsfamilie, sein Vater arbeitet im Nachbardorf Kreuzwalde unter Tage. Hans und seine ältere Schwester werden durch den frühen Tod der Mutter Halbwaisen. Er besucht eine Handelsschule in Saarlouis und beginnt dann eine dreijährige Bäckerlehre. Nach der Gesellenprüfung arbeitet er in einer Bäckerei in Dillingen. Doch wie seine spätere Frau den Beruf als Kindergärtnerin nur kurz ausübt, so gibt auch Hans Lafontaine seinen erlernten Beruf bald auf. Schon 1936 muss er zeitweilig seine Heimat verlassen, zunächst zum Arbeitsdienst in Isny im Allgäu, später nimmt er eine Anstellung bei der Deutschen Reichsbahn an, wo er in einem Gleisbautrupp in Köthen/Anhalt arbeitet. Ihm war freigestellt worden, zum Militär oder zu dem Gleisbautrupp zu gehen. Er entscheidet sich für letzteres, weil er dort mehr Geld verdient. 1938 wird er als Soldat eingezogen, im September 1939 nimmt er als Infanterist am Polenfeldzug teil.

 

Wie für Hans Lafontaine hat auch für Katharina Ferner der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs sofort Konsequenzen für das eigene Leben. Während er an der »Ostfront« kämpft, muss sie von der »Westfront« flüchten. Am 1. September 1939 wird die vollständige Evakuierung von Dillingen und Pachten angeordnet. Durch die Kleinstadt verläuft der so genannte Westwall, jenes 630 Kilometer lange Bollwerk aus Bunkern und Panzersperren, mit dem Adolf Hitler nach dem Überfall auf Polen sein Reich gegen Angriffe aus dem Westen schützen will. In Rucksäcke, Bündel und Koffer packt man das Nötigste, verlässt auf Fahrrädern, mit Handwagen, auf Kuh- und Pferdefuhrwerken oder auf Lastautos und in Eisenbahnen die Heimat, wie ein Chronist diese »erste Völkerwanderung« des Krieges schildert.

Käthe Ferner findet mit ihrer Mutter und den Geschwistern Zuflucht im Harz. In Bad Sachsa arbeitet sie als Sekretärin bei Dynamit Nobel, einem der größten Rüstungsbetriebe im ›Dritten Reich‹. Als Hans Lafontaine im März 1940 seinen Fronturlaub in Bad Sachsa verbringt, heiraten die beiden. Der Krieg vereitelt nicht nur ein normales Eheleben zwischen Hans und Katharina, selbst die Heirat ist von den Fronteinsätzen bestimmt. Nach der standesamtlichen Trauung im März kann die kirchliche Hochzeit erst im September 1940 stattfinden.

Katharina Lafontaine kehrt mit ihrer Familie im Herbst 1940 nach Dillingen/Pachten zurück. Nach der erfolgreichen Offensive gegen Frankreich wird das Gebiet am Westwall wieder besiedelt. Da das besetzte Frankreich von Deutschen mitverwaltet wird, kommandiert man sie ins französische St. Avold ab, 35 Kilometer von Pachten entfernt. Sie arbeitet dort auf dem Landratsamt und ist zuständig für Personalangelegenheiten. Fast drei Jahre pendelt sie zwischen Pachten und St. Avold, die Woche über wohnt sie in Frankreich, das Wochenende verbringt sie bei ihrer Familie, gelegentlich kommt ihr Mann auf Fronturlaub. Sie leben jetzt gemeinsam im Haus ihrer Eltern, in der Fischerstraße 39 in Pachten. Erst wenige Wochen vor der Niederkunft quittiert sie den Dienst auf dem Landratsamt.

Auch nach der Geburt der Zwillinge ist die Beziehung der Lafontaines den politischen Verhältnissen untergeordnet. Nach dem kurzen Heimatbesuch muss der Vater wieder an die Front, die Mutter bleibt mit den Neugeborenen zurück. Hans Lafontaine gehört nun zur deutschen Besatzungsmacht in Frankreich, Weihnachten 1943 kommt er von seinem Truppenstützpunkt in Nordfrankreich nach Hause. Da entstehen auch die wenigen Fotos, die die Familie Lafontaine zeigen. Jedes Elternteil hält einen der Zwillinge im Arm, der Vater trägt die Wehrmachtsuniform, die Mutter ein hochgeschlossenes Kleid. Ein Familienidyll, das später, von einer Werbeagentur für Wahlkampfbroschüren bearbeitet, den Vater auch einmal mit wegretuschierten Revers und Schulterklappen zeigt – dann sieht er wie ein Zivilist aus.

Oskar Lafontaine beurteilt heute die politische Einstellung des Vaters als typisch für die Zeit: »Er war ein junger Mann, der sich keine abweichende Meinung gebildet hatte, aber auch kein erkennbarer Aktivist im Nationalsozialismus war. Er war ein ›braver Bürger‹, der sich der Obrigkeit gefügt hat.«

 

Bei der letzten großen Offensive der deutschen Armee, dem Russlandfeldzug, ist Hans Lafontaine ebenfalls dabei. Weihnachten 1944 ist er dann noch einmal bei der Familie. Gegen Kriegsende gehört er als Unteroffizier einem Panzerbataillon an, das Berlin vor den nahenden sowjetischen Truppen verteidigen soll. Sein letztes Lebenszeichen ist ein Brief an seine Frau, datiert vom 23. März 1945: »Ich bin jetzt in Berlin. Es wird wohl mein letzter Einsatz sein. Bitte bleib in Pettstadt, bis ich dich holen komme.« Die Mutter ist mit den Söhnen seit Anfang Dezember 1944 ins bayerische Pettstadt, in der Nähe von Bamberg, gezogen. Dillingen wurde bereits am 1. Dezember zum zweiten Mal in diesem Krieg evakuiert und steht seitdem unter Artilleriebeschuss der US-Amerikaner.

Der Westwall, von den Nazis markig »Siegfried-Linie« genannt, hatte nach der schnellen Besetzung Frankreichs zunächst an Bedeutung verloren. Dabei ist das von Kleve bis Basel reichende Bollwerk größtenteils nur NS-Propaganda, es wird stärker dargestellt, als es wirklich ist. Beim Vormarsch der alliierten Truppen Ende 1944 erweisen sich viele der Anlagen als zu schwach für die im Lauf des Krieges weiter entwickelten Geschosse. In den Schützengräben und Bunkern sterben Zehntausende Soldaten, aber auch Kinder und Greise des Volkssturms. Von Dezember 1944 bis März 1945 ist Pachten Kampfgebiet, das wie viele andere saarländische Städte und Dörfer von amerikanischen Bomberverbänden zerstört wird. Pachten ist zeitweise Niemandsland, das zwischen den Feuern liegt.

Die Kapitulation Nazideutschlands am 8. Mai 1945 erleben Katharina Lafontaine, ihre Söhne Hans und Oskar, ihre Mutter Barbara und ihre Schwester Gretel in dem kleinen Dorf in Bayern, wo sie bei einer alleinstehenden Frau untergekommen sind. Weil Hans Lafontaine in seinem letzten Brief angekündigt hatte, sie in Pettstadt abzuholen, warten sie dort noch bis August. Dann kehren sie, in der Ungewissheit, was mit dem Vater geworden ist, nach Pachten zurück.

Der Ort ist zu 60 Prozent zerstört. In der Fischerstraße ist ausgerechnet das Haus der Ferners als einziges völlig ausgebombt. Solang sie mit dem Wiederaufbau beschäftigt sind, finden sie bei Nachbarn ein provisorisches Quartier. Dass dort das Dach leckt, es ständig hereinregnet und man sich unter einem Regenschirm zu schützen versucht, bereitet zumindest den zweijährigen Kindern großes Vergnügen. Für die Mutter ist das nur eine von vielen Unannehmlichkeiten. Der Aufbau des Hauses geht nur langsam voran, erst einmal muss der Schutt beseitigt werden, und für weitere Instandsetzungsarbeiten mangelt es an Baumaterialien. Knappheit herrscht auch bei Lebensmitteln, die nur gegen Marken zu erhalten sind. Glücklicherweise besitzen sie einen großen Garten, in dem sie Obst und Gemüse anbauen. Katharina Lafontaine findet nach langer Suche eine Anstellung als Schreibkraft im Kaufhaus Woll in Saarlouis, zunächst nur halbtags, ab 1947 ganztags. Die Großmutter und die Tante Gretel kümmern sich derweil um Hans und Oskar.

 

Die Erziehung der Kinder und die gleichzeitige Büroarbeit wäre für Katharina Lafontaine ohne die Hilfe von Mutter und Schwester nicht möglich gewesen. Als Hans’ und Oskars Großmutter 1947 stirbt, steht Tante Gretel allein ihrer Schwester tatkräftig zur Seite. Margarete Ferner, so ihr bürgerlicher Name, ist kinderlos und wird erst in den 60er Jahren einen Hüttenarbeiter heiraten. Bis dahin lebt sie im selben Haushalt und ist die gute Seele für alle. Sie hilft seit der Geburt von Oskar und Hans, wo sie nur kann. Ohne sie wäre das Leben noch viel schwieriger für die allein stehende Mutter. Für Oskar Lafontaine war Tante Gretel zwar keine Ersatzmutter, aber der Inbegriff eines hilfreichen und bodenständigen Menschen: »Tante Gretel war eine sehr praktische und kräftige Frau, verantwortlich für alle anfallenden Arbeiten. Um Schule und Erziehung, um das Geistige also, kümmerte sich meine Mutter allein. Sie war zuständig. Eine Ersatzmutter war Tante Gretel nicht.«

Seit dem Frühjahr 1946 besuchen die Zwillinge den wieder eröffneten Kindergarten in Pachten, noch heute der Katholische Kindergarten St. Maximin in der Neustraße. Mit ihren gerade zweieinhalb Jahren gehören Hans und Oskar zu den jüngsten Kindern. Die Kindergärtnerin Tilla Kolling erinnert sich noch gut an die Lafontaine-Zwillinge. Sie haben immer die gleiche Kleidung getragen, die in einem für die Zeit auffallend guten Zustand gewesen sei. Auf mustergültig angezogene, geradezu adrette Kinder habe die Mutter besonderen Wert gelegt. Von ihrem Wesen her seien die zweieiigen Zwillinge allerdings schon vollkommen verschieden gewesen. Hans ruhig, schüchtern und passiv, Oskar dagegen lebhaft, temperamentvoll und aktiv. »Da brauchte nur ein größerer Junge in die Nähe zu kommen, dann stellte sich Oskar schützend vor seinen Bruder und legte den Arm um seinen Hals. ›Nur keine Angst‹, sagte er zu ihm, ›ich bin da, ich mach’ das schon.‹« Diese Rollenaufteilung zwischen Hans und Oskar sollte sich über die gesamte Jugend erhalten.

 

Die Fischerstraße in Pachten ist ein besonderes Milieu, in das die Lafontaine-Zwillinge hineinwachsen. Die Bewohner, die »Fischergässler«, haben keinen guten Ruf. Neben einzelnen Bauern leben dort hauptsächlich Tagelöhner und Hüttenarbeiter, die der untersten sozialen Schicht angehören. Entsprechend kinderreiche Familien drängen sich in den kleinen Häusern. Die Bewohner haben dabei enge nachbarschaftliche und freundschaftliche Beziehungen zueinander und bilden gegenüber dem Rest des Ortes eine verschworene Gemeinschaft. Oskar Lafontaine hat heute noch die »geborgene Atmosphäre« der Fischerstraße in Erinnerung. Die Fischergässler sind gefürchtet, denn unter den Jungen des Dorfes gilt das Faustrecht. Schon früh ist Oskar einer der Rädelsführer, der sich auch gegenüber Älteren zu behaupten weiß. Seinen ängstlichen Bruder ist er immer zu schützen bereit, mit körperlicher Kraft kämpft der kleine, kugelige Oskar für seinen schmalen, schwächeren Bruder Hans gleich mit. Die Fischerstraße ist das erste Revier, in dem Oskar Lafontaine sich erfolgreich durchboxt.

Noch heute liegt die Fischerstraße am Ortsrand von Pachten, daran schließen sich Wiesen an, die bis zur Saar reichen. Diese Saarwiesen sind für Oskar und Hans ein Paradies. Im Sommer sind sie oft überschwemmt, im Winter zugefroren – viele Möglichkeiten, zu jeder Jahreszeit ausgefallene und abenteuerliche Spielplätze zu finden. Da unmittelbar zwischen Fischerstraße und Saar der Westwall verlief, sind die verbliebenen Bunker für Oskar und die anderen Jungen ebenfalls ein beliebter Spielplatz: »Wir sind in den Bunkern herumgeklettert und haben Verstecken gespielt. Von einem dieser Bunker bin ich heruntergesprungen und habe mir den Fuß gebrochen.«

Die Fischerstraße ist eine der alten Straßen des Ortes, in der heute in einem ehemaligen Bauernhaus das Museum Pachten untergebracht ist; unter dem Pachtener Boden liegen die Reste des römischen Vicus Contiomagus, eines regionalen Zentrums in gallorömischer Zeit.

 

Geprägt ist die gesamte Gegend von den Hütten und Gruben der saarländischen Montanindustrie. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bildet sich an der mittleren Saar wegen der riesigen Kohlevorkommen ein schwerindustrielles Zentrum heraus. Wie in fast jeder saarländischen Familie mindestens ein Mitglied im Steinkohlebergbau oder in der Stahlindustrie tätig ist, so sind auch beide Großväter von Oskar – Nikolaus Ferner in der Dillinger Hütte, Jean Lafontaine in der Grube Kreuzwalde – in diesen Industriezweigen beschäftigt. Die Dillinger Hütte, heute die größte Eisenhütte des Saarlandes mit 5500 Beschäftigten, liefert weltweit Bleche für Brücken, Meeresplattformen und Hochhäuser sowie Großrohre für Pipelines. Der Stahl für die Dachkonstruktion des Olympiastadions in Athen 2004 stammt von der Dillinger Hütte. Kohle und Stahl sind die zwei beherrschenden und identitätsstiftenden Lebenselemente des Saarlandes.

 

Pachten liegt nur zehn Kilometer entfernt von der deutsch-französischen Grenze, die hier kulturell, sprachlich und wirtschaftlich immer durchlässig war. Oskars Familie hat ihre Wurzeln auf beiden Seiten. Der Legende nach ist 1648, im Zuge des Dreißigjährigen Krieges, ein französischer Hauptmann Lafontaine mit seinem Heer in Saarbrücken eingezogen. »Ich habe immer damit kokettiert, wenn ich im Rathausfestsaal war, dass ich nicht der erste Lafontaine hier in Saarbrücken bin«, bemerkt er heute dazu. Urkundlich lässt sich der deutsch-französische Stammbaum von Oskar Lafontaines Vorfahren bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts zurückverfolgen. Sein Großvater Jean Lafontaine kommt direkt von der Grenze, gebürtig im deutschen Überherrn, Bergmann in der Grube Kreuzwalde, das heutige Creutzwald im französischen Lothringen. Der Vorname Jean ist im Saarland verbreitet und wird wie »Schan« ausgesprochen. Hans und Oskar besuchen den Großvater väterlicherseits regelmäßig bis zu dessen Tod 1949, sie erhalten von ihm dann jeweils Geld – 5000 Franc –, das sie der Mutter für die Haushaltskasse geben. Auch mütterlicherseits reichen die Familienwurzeln nach Frankreich, die Großmutter Barbara Ferner lebte mit ihrer Familie eine Zeit lang im nahen Metz, sie soll zeitlebens auf Französisch gezählt und gebetet haben.

Sein Geburtsort Saarlouis weist ebenfalls auf seinen französischen Ursprung hin – von Louis XIV., dem Sonnenkönig, 1680 als Festung gegen das Heilige Römische Reich Deutscher Nation gegründet. Saarlouis gehörte insgesamt 134 Jahre lang zu Frankreich. Das Saarland hat, wegen der Auseinandersetzungen um die Nutzung dieser Industrieregion, immer eine Sonderrolle zwischen Deutschland und Frankreich gespielt. Nach dem Ersten Weltkrieg wird es vom Deutschen Reich getrennt und unter das Mandat des Völkerbunds gestellt, im ›Dritten Reich‹ nach einer Volksabstimmung 1935 wieder Deutschland angegliedert und mit der Pfalz zum Gau Saarpfalz vereinigt, das sich von 1940–45 Westmark nennt. Da Saarlouis von den Nazis zu Saarlautern eingedeutscht wurde, heißt Oskar Lafontaines Geburtsort 1943 offiziell Saarlautern/Westmark.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wird das Saarland zu einem französischen Protektorat mit einer eigenen Regierung. 1948 erhalten alle Saarländer eine eigene Staatsbürgerschaft. Nach anfänglicher Zustimmung der Bevölkerung zu dem neuen Status wächst das Unbehagen über die frankophile Regierung, und auch die politischen Gegenparteien sprechen sich gegen eine engere Bindung an Frankreich aus. Im Oktober 1955 wird eine Volksabstimmung über die Zukunft des Landes durchgeführt, bei der sich die Saarländer für einen Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland entscheiden. Im Oktober 1956 wird der Luxemburger Saarvertrag abgeschlossen, das Gebiet zählt seit 1957 als zehntes Land zur Bundesrepublik. Die ökonomische Abhängigkeit von Frankreich wird erst Ende 1959 aufgehoben. An der wirtschaftlichen Entwicklung der Bundesrepublik kann das Saarland somit erst spät partizipieren, das ›Wirtschaftswunder‹ erleben die Saarländer nur in geringem Maße. Vom »Reich« sprechen heute noch viele Saarländer, wenn sie das restliche Deutschland meinen.

Der wiederholte Wechsel der territorialen Zugehörigkeit sorgt immer wieder für Investitions- und Produktivitätsrückstände in der Wirtschaft. Für den einzelnen Saarländer ist das Hin und Her zwischen Deutschland und Frankreich nervenaufreibend. Allein die Währung wechselt alle paar Jahre: Mark, Franc, Reichsmark, Saarmark, Franc und D-Mark. Damit gehen Währungsreformen und Wechselkursverluste einher, die ständig für wirtschaftliche Unruhe sorgen. Für Katharina Lafontaine und ihre Söhne ist die Lage besonders kompliziert. Ihr steht keine Kriegerwitwenrente zu, weil sie ihren Mann weder für tot noch vermisst erklärt hat – aber damit bewahrt sie sich die letzte Hoffnung auf seine Wiederkehr.

 

Anfänglich geht sie davon aus, dass ihr Mann im Kampf um Berlin in russische Kriegsgefangenschaft geraten ist. Jede Nacht kann sie erst einschlafen, nachdem um 1.30 Uhr der Personenzug in Pachten eingelaufen ist, mit dem täglich Kriegsheimkehrer eintreffen. Hans Lafontaine ist nie dabei. So vergehen Wochen, Monate und Jahre. Langsam schwindet die Zuversicht, dass ihr Mann jemals wiederkommt. Ein Funken Hoffnung besteht noch, aus russischen Lagern kehren bis Mitte der 50er Jahre Soldaten nach Hause zurück.

Mit Hilfe eines französischen Besatzungssoldaten kann sie zumindest – als Sonderregelung – eine Halbwaisenrente für die Kinder erreichen. Als sie 1950 eine Festanstellung bekommt, entspannt sich ihre finanzielle Situation. Sie wird Sekretärin im Stahlunternehmen Röchling, der Völklinger Hütte, und ist für die gesamte Korrespondenz in einer Abteilung zuständig, in der Eisen für Türen, Fenster und Regale produziert wird. Auf dieser Stelle wird sie bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1976 arbeiten. Ihre vier Kolleginnen sind Französinnen mit deutschen Namen, sie ist die einzige Deutsche – mit französischem Namen. Auch die Betriebsleitung der Völklinger Hütte ist in diesen Jahren mal deutsch, mal französisch. Beide Sprachen zu beherrschen, ist fast Voraussetzung.

1950 ist allerdings auch das Jahr, in dem ihre letzte Hoffnung auf die Rückkehr ihres Mannes zunichte gemacht wird. Ein Feldwebel bezweifelt, dass ihr Mann die grausame Abwehrschlacht um Berlin überlebt haben kann. Tausende von gefallenen Soldaten seien in dem Chaos nicht identifiziert worden, folglich habe es auch keine Benachrichtigung für die Angehörigen gegeben.

Gewissheit über das Schicksal des Vermissten erhält die Familie erst im April 1952. Er ist nicht in Berlin gefallen, sondern im nordbayerischen Bad Brückenau, zwischen Fulda und Würzburg gelegen, teilt der Suchdienst des Roten Kreuzes mit. Als Kradmelder seien er und ein weiterer Motorradfahrer im April 1945 von einer amerikanischen Panzerspitze tödlich getroffen worden. Wo er seine letzte Ruhestätte gefunden hat, geht aus der Mitteilung nicht hervor. Durch eine zufällig in Bad Brückenau weilende Patentante klärt sich sein Schicksal endgültig. Im Kurpark entdeckt diese, etwas abseits von mehreren Soldatengräbern für deutsche Landser, ein Holzkreuz: ›Hans Lafontaine, Franzose‹. Bislang suchten die Behörden vergebens nach Angehörigen in Frankreich. Beweisstücke wie Feldpostbriefe und ein Briefumschlag mit der Pachtener Heimatadresse weisen den dort Bestatteten nicht ganz eindeutig als Oskar Lafontaines Vater aus, es könnte auch ein Freund mit persönlichen Dingen des Vaters gewesen sein. »Meine Mutter ist sich wegen der lückenhaften Beweiskette nicht ganz sicher, dass ihr Mann wirklich dort begraben liegt.« Ebenso bleibt unklar, warum er in Bad Brückenau gewesen ist, möglicherweise war er auf dem Weg zum Aufenthaltsort seiner Familie: Bad Brückenau befindet sich direkt auf der Strecke von Berlin nach Pettstadt – hundert Kilometer hätten ihm bis zu seinem Ziel noch gefehlt.

Als die Mutter mit ihren Söhnen im Mai 1952 nach Bad Brückenau reist, finden sie die Gräber der gefallenen Soldaten in verwildertem Zustand vor. Noch bevor sie sich für bessere Grabpflege einsetzen kann, entschließen die Behörden sich zur Umbettung aller Soldatengräber im Kurpark. Gemeinsam mit einem anderen Soldaten erhält Hans Lafontaine seine letzte Ruhestätte auf dem Waldfriedhof im nahen Gemünden am Main. Als Kriegsgrab wird es fortan ordentlich gepflegt, nur ein winziger Trost, nachdem der Ehemann und Vater sieben Jahre lang vermisst war und jetzt unumstößlich nicht mehr zurückkommen wird.

Oskar Lafontaine hat keine Erinnerung an ihn: »Vater hat uns als Kinder nur ein paar Mal gesehen.« Er räsoniert über Ähnlichkeiten der Zwillinge mit den Eltern: »Meine Mutter meint, ich sähe ihr ähnlich und mein Bruder Hans dem Vater. Er ist so groß wie der Vater und scheint auch im Verhalten und Charakter dem Vater ähnlich zu sein. Ich gleiche eher meiner Mutter.«

Das Schicksal des Vaters hat Oskar Lafontaine vor allem politisch-moralisch geprägt. Als »zwei Eckpfeiler meines Denkens« bezeichnet er den frühen Vorbehalt gegenüber Krieg und Nationalismus. Schon als Kind konnte er nicht verstehen, für welche Ziele der Vater gefallen sei. Er sei früh zu dem Schluss gekommen, dass der Vater »für absurde Vorstellungen, für Wahnideen« gestorben ist. Und das Nationale sei ihm durch die vertraute Nähe zu Frankreich sowieso immer suspekt gewesen.

Für die Witwe Katharina Lafontaine, die nie mehr heiraten wird, blieb die Ehe vom Krieg bestimmt. »Insgesamt haben wir höchstens acht Wochen für uns gehabt. Länger konnten wir nicht zusammenleben. Wir haben uns nicht einmal richtig gekannt. Von Eheleben kann keine Rede sein«, sagt sie im Rückblick. Die Familie hat sich notgedrungen schon ohne den Vater eingerichtet. Als die Zwillinge ihn das letzte Mal sahen, waren sie 15 Monate alt – jetzt werden sie bald neun Jahre alt. Die Todesnachricht haben sie am 21. April 1952, einen Tag nach der Erstkommunion, erhalten.

 

Die vaterlos aufwachsenden Zwillinge kommen früh in die Obhut der katholischen Kirche. Ihre gläubige Mutter gehört selbst zu den eifrigsten Gemeindemitgliedern. Nach dem Krieg sammelt sie für den Wiederaufbau von Kirche und Pfarrhaus, als ehrenamtliche Vorsitzende des Müttervereins engagiert sie sich für Familienbelange, insbesondere für die alleinstehenden Kriegerwitwen. Im Mütterverein finden diese Trost und Heimat. Auch ihre Söhne werden früh in das Gemeindeleben integriert, bereits die Säuglinge werden zu jedem Gottesdienst mitgenommen. »Ich erinnere mich noch, wie meine Mutter in der Kirche vorgebetet hat. Sie war aktiv in der Gemeinde, hat viel für die Kirche getan, schleppte uns immer mit.« Als Hans und Oskar den katholischen Kindergarten St. Maximin besuchen, müssen sie jeden Sonntag zur Messe gehen. Dazu kommen Kirchgänge an den Feiertagen, von denen es im katholischen Saarland zahlreiche gibt; im Saarland liegt der Anteil an Katholiken bei 74 Prozent, im Landkreis Saarlouis sind es sogar über 90 Prozent.

Oskar und sein Zwillingsbruder bekommen eine strenge katholische Ausbildung. Mit der Einschulung beginnt die so genannte Kinderlehre, ab der dritten Klasse folgt der Kommunionsunterricht. In der Pachtener St. Maximin Kirche verbringt Oskar, singend und betend, viel Zeit. Mit dem Eintritt in die Grundschule – die Katholische Römerschule in Pachten, die schon die Mutter besuchte – kommt ab Ostern 1949 auch der Religionsunterricht hinzu. Die strenggläubige Lehrerin Irmgard Hoffmann, die auch verschiedene katholische Jugendgruppen leitet, ist besonders engagiert in der Vermittlung christlicher Werte. Der anschauliche Religionsunterricht ist Oskar Lafontaine noch gut im Gedächtnis, viele Heiligenlegenden und Bibelgeschichten kennt er noch heute aus dem Unterricht seiner ersten Lehrerin. »Das Fräulein Hoffmann war eine resolute und sehr tüchtige Lehrerin. Jung und unverheiratet. Sie gab damals alle Fächer und war mit meiner Mutter so was wie befreundet.«

Als Freundin der Mutter kann sich die Lehrerin wiederum noch gut an Hans und Oskar erinnern: »Die Brüder waren sehr unterschiedlich. Der Oskar wusste von Anfang an, was er wollte. Als Erstklässler war er schon ein Macher. Sein etwas kränklicher Bruder war ein Zauderer und stand immer in Oskars Schatten. Beide Brüder waren recht begabt und fleißig.« Der lebhafte Oskar habe sich durch seine schnelle Auffassungsgabe ausgezeichnet. »Manchmal überraschte er mich mit Fragen und Antworten. Er schaltete schnell, war kritisch und schluckte nicht alles vorbehaltlos, was ihm in der Schule erzählt wurde.« Das kann auch eine Mitschülerin bestätigen, die Oskar nicht als auffallend guten Schüler oder gar als Streber, aber dafür als besonders wortgewandt in Erinnerung hat. »Was immer die Lehrerin von ihm wissen wollte, hat er gewusst. Nie stand er stotternd und suchend da, wie viele andere in unserer Klasse. Auf alle Fragen hatte er eine Antwort. Nie war er verlegen. Alles fiel ihm leicht. Viel zu lernen brauchte er nicht. Er hatte ein gutes Gedächtnis.«

Worin sich alle befragten Mitschüler und Mitschülerinnen einig sind – Oskar war unruhig, aufmüpfig und frech. Er macht damit seinem Namen alle Ehre: Die sprichwörtliche Wendung ›frech wie Oskar‹ leitet sich etymologisch aus dem Jiddischen her, ›ossik‹ heißt frech, die Tautologie dient der Verstärkung. »Wo was los war, war der Oskar dabei.« Wird es ihm zu langweilig, stört er den Unterricht. Er sei öfter aus der Rolle gefallen und seinen Klassenkameraden auf die Nerven gegangen. Das bestätigt auch seine Grundschullehrerin. »Ich will in der Rückschau nichts beschönigen. Der Oskar war eine Frohnatur. Nichts konnte ihn so schnell umhauen. Viele Klassenkameraden haben unter ihm gelitten. Denn dieses kleine Kraftpaket benutzte schon früh die Ellenbogen und langte zu. Ehrgeiz war nicht sein herausragendster Charakterzug. Er wusste aber, was er wollte. Anfangs hatte er Probleme mit der Disziplin. Er beugte sich aber der Autorität der Lehrerin und erkannte sie an.« Die pädagogischen Maßnahmen bestehen unter anderem in Stockschlägen, für Mädchen auf die Hände, für Jungen auf den Hintern. Nicht weniger zimperlich geht es in den religiösen Unterweisungen zu. Als Oskar und andere Erstkommunikanten durch die Kirchenbänke toben, springt der Pfarrer aus dem Beichtstuhl und schnappt sich die Störenfriede, die er mit seinem Stock verprügelt. Des Pfarrers Autorität sollte Oskar bald noch auf andere Weise zu spüren bekommen.

Pfarrer Jakob Gilen ist für Oskar eine Instanz seiner Kindheit. Gilen leitet in Pachten Kirche, Kinderlehre und Kommunionsunterricht. Da er auch ein enger Vertrauter der Mutter ist, treffen die Zwillinge ihn auch öfter im eigenen Haus in der Fischerstraße an. Gilen, der Katharina Lafontaine erfolgreich zur Kirchenarbeit motiviert hat, bespricht sich mit ihr in Kirchendingen, und gemeinsam bereiten sie Gottesdienste und Pfarrveranstaltungen vor. Hans und Oskar nehmen ihn als die einzige männliche Respektsperson ihrer Kindheitsjahre wahr, wobei, so Oskar Lafontaine, wir »haben keine väterliche Autorität erlebt, wurden von ihr nie begrenzt. Ein Nachteil? Ich habe davon nichts gespürt und habe darunter auch nie gelitten«.

 

Als das Ende der Grundschule naht, stellt sich die Frage nach dem weiteren Werdegang von Hans und Oskar. Für die Mutter ist selbstverständlich, dass ihre Söhne die Ausbildung erhalten, die ihr selbst verwehrt blieb. Doch auf welches Gymnasium soll sie die beiden schicken? Auch wenn es in Dillingen eine weiterführende Schule gibt, schließt Katharina Lafontaine diese sofort aus. Eine ordentliche Erziehung bedarf einer intensiven Betreuung, die weder sie selbst noch Tante Gretel leisten könnten. In engem Austausch mit Pfarrer Gilen kommt sie schnell zu dem Entschluss, beide auf ein Internat zu schicken. Der Pfarrer, der in beiden eine außerordentliche Begabung für Theologie sieht, favorisiert ein katholisches Seminar, in dem beide zum Priester ausgebildet werden sollen. Nach längerem Abwägen zwischen verschiedenen Schulen setzt sich Gilen mit seinem Vorschlag durch, Hans und Oskar in das Bischöfliche Konvikt Prüm in der Eifel zu schicken. Er selbst stammt aus der Eifel und ist in Prüm erzogen worden.

Ein Besuch in Prüm gibt dann den Ausschlag. Die Mutter ist sehr angetan von der Einrichtung, auch dem mitgereisten Oskar gefällt es auf Anhieb, und der Konviktsdirektor ist schon allein wegen der Empfehlung von Jakob Gilen zur Aufnahme der Lafontaine-Zwillinge bereit. Zuvor müssen beide jedoch eine Prüfung für die Regino-Schule, das Gymnasium in Prüm, ablegen. Da der Schulanfang in Rheinland-Pfalz an Ostern, im Saarland erst im Herbst ist, müssen sie den Stoff von einem Halbjahr aufarbeiten. Gemeinsam mit ihrer Lehrerin Irmgard Hoffmann büffeln sie dafür einige Monate und bestehen die Prüfung glänzend. »Ich ließ mir von mehreren Gymnasien die Prüfungsaufgaben schicken. Es war ein ganzer Ordner voll. Die habe ich mit den beiden durchgenommen. An einem Tag Deutsch, an einem anderen Tag Rechnen. Es waren zum Teil schwierige Aufgaben, die beide mit Bravour lösten. Sie haben schließlich die Aufnahmeprüfung am Prümer Gymnasium bestanden, obwohl ihnen ein halbes Unterrichtsjahr fehlte. Das geht nur bei überdurchschnittlich begabten Kindern«, erinnert sich die stolze Lehrerin. Als Jüngste des Jahrgangs werden Hans und Oskar am 13. April 1953 in Konvikt und Regino-Schule aufgenommen. Obwohl die Ausgaben für das Internat fast ihr gesamtes Gehalt verschlingen, hat die Mutter diese Investition nie bereut: »Es hat sich gelohnt«.

 

Weil er körperlich stark, temperamentvoll und strategisch klug ist, setzt Oskar Lafontaine sich schon als Kind durch – auf der Straße mit den Fäusten, in der Schule mit Worten. Selbstbewusst und eloquent glänzt er im Unterricht, ohne allzu viel Aufwand betreiben zu müssen. Es fällt ihm vieles zu. Den Makel seiner kleinbürgerlichen Herkunft kann er so vergessen machen. Die Vaterlosigkeit hat ihn nicht sonderlich beschwert, zum Teil füllt er selbst die Lücke, die der Vater hinterlässt. Seinem Bruder gegenüber fühlt er sich verantwortlich, den Schwächeren schützt und dominiert er, seiner Mutter gegenüber fühlt er sich verpflichtet, er bleibt ihr eng verbunden und treu ergeben. So ist er schon als Kind selbstständig und beinahe erwachsen. Diese Anlage wird er nutzen.


2   Physisch auf der Höhe. Internat (1953–1962)

 

 

Priester soll Oskar werden, das Bischöfliche Konvikt Prüm dient der Vorbereitung auf einen Priester- oder Ordensberuf. Prüm liegt in der Westeifel, unweit von Belgien und Luxemburg. Umgeben von Bergland und Wäldern zeichnet sich der Luftkurort durch sein gesundes Klima aus – für die besorgte Mutter ein Grund mehr für Prüm. Die Stadt selbst ist durch ihr Kloster berühmt. Der bedeutende Regino von Prüm war Abt um das Jahr 900 und verhalf Kloster und Ort zu ihrer Bedeutung.

Die Regino-Schule bildet zusammen mit der St. Salvator Basilika das städtebauliche Zentrum von Prüm. Ursprünglich war die Anlage ein Benediktiner-Kloster, doch seit 1814 befindet sich in den Wohngebäuden eine Schule. Zum Kloster gehörte stets auch ein Internat, dieses bischöfliche Konvikt befindet sich nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst auf dem Kalvarienberg. Internat und Gymnasium haben einen guten Ruf und werden von Schülern aus der ganzen Eifel und dem Saarland besucht.

Im April 1953 treffen Oskar und sein Bruder in dem verschlafenen Nest mit 4000 Einwohnern ein. Die nächsten neun Jahre sollen sie hier leben, oben im Konvikt wohnen und unten im Dorf zur Schule gehen. Die Entfernung zwischen Internat und Schule beträgt 500 Meter – ein klar abgesteckter räumlicher Rahmen für die Zöglinge.

Strikte Regeln gelten im Kloster. Vom zuständigen Trierer Bischof wird der Sinn des Konvikts deutlich formuliert: »Wir setzen also voraus körperliche Gesundheit, ausreichende Begabung, guten Charakter, religiöse Haltung und ein gläubiges Elternhaus. Wir erwarten, dass jeder, der ins Konvikt aufgenommen wird, bildungswillig ist, fleißig und ehrlich studiert, die Hausordnung treu befolgt und froh, hilfsbereit, verstehend, rücksichtsvoll und aufrichtig in der Gemeinschaft lebt. Beharrliche Selbsterziehung, opferbereite Willensschulung und feine Gewissenspflege werden die gottgewollte Frucht tragen.« Für den neunjährigen Oskar bedeutet das eine enorme Umstellung gegenüber seinem bisherigen Leben. Als Entwurzelung empfindet er das Verlassen des heimatlichen Pachten, Freunde und Familie fehlen ihm, und die Doktrin des Internats ist zunächst ein Schock.

 

In seinen ersten Prümer Jahren ist das Konvikt noch im alten Haus der Zoll- und Finanzverwaltung untergebracht, weil das eigentliche Konviktsgebäude im Krieg zerstört wurde. Erst 1957 wird dies wiedereröffnet, erweitert um einen Neubau. Zunächst leben die Zöglinge in einem Provisorium mit sehr niedrigem Standard: Riesige Schlafsäle mit Doppelstockbetten, die Jüngeren schlafen unter dem Dach, wo es im Winter furchtbar kalt ist, die Toiletten befinden sich im Keller, und die sanitären Einrichtungen sind so ungenügend, dass man sich mit Waschschüsseln neben dem Bett behelfen muss – sämtliche 85 Konviktoristen müssen sich in wahrlich klösterlicher Askese einrichten.

Auch die Tagesordnung fordert viel ab von den Neun- bis 18-jährigen. Morgens um fünf Uhr betritt der Präfekt den Schlafsaal, auf ein »Gelobt sei Jesus Christus« springen alle aus den Betten, stellen sich auf und antworten mit einem »In Ewigkeit Amen«. Danach geht es nach kurzem Waschen und Anziehen zum Morgengebet mit anschließender Heiliger Messe in die Konviktskapelle. Nach dem Gottesdienst folgt das Frühstück im großen Speisesaal, anschließend eilen sie zur Schule im Ort, wo sie in Reih und Glied in die Klassenräume marschieren müssen. Nach sechs Stunden Unterricht nehmen sie gemeinsam das Mittagessen im Konvikt ein. Um 15 Uhr beginnt in absoluter Stille das Studium, das mit kurzen Pausen bis 18.45 Uhr dauert, der Zeit für das Abendessen. Für die Oberstufe danach noch mal Studium, um 20.15 Uhr für alle das Abendgebet in der Kapelle. Spätestens um 21.30 Uhr ist Nachtruhe. Je nach Wochentag und Altersstufe variiert der Tagesablauf ein wenig, aber der strikte Rahmen gilt grundsätzlich für alle. Selbst die Freizeit ist durch einen »Pflichtausgang« geregelt, der mindestens zu dritt erfolgen muss. Dies gilt sogar noch für die älteren Schüler, die kurz vor dem Abitur stehen. Kontrolle und Überwachung bestimmen auch die knapp bemessene Freizeit der Konviktbewohner.

 

Obwohl das streng reglementierte Leben für die Lafontaine-Zwillinge gewöhnungsbedürftig ist, fühlen sie sich allmählich im Konvikt wohl. Bereits beim ersten Besuch der Mutter soll Hans bei der Verabschiedung gesagt haben: »Mama, wenn du dich auch ärgerst, es gefällt uns im Konvikt besser als daheim.« Oskar Lafontaine erinnert sich gleichwohl, wie schwierig die Anfangszeit in Prüm war: »Ich habe das als Bruch, als Schock empfunden und brauchte eine Zeitlang, bis ich die Situation als junges Kind verkraftet hatte. Ich habe dann aber, wie Kinder eben sind, versucht, mich einzurichten.«

Beide finden Gefallen am Gruppenleben, neben der offiziellen Hausordnung gelten allerdings eigene Gesetze unter den 85 Jungen. Verschiedene Cliquen, meist identisch mit dem jeweiligen Jahrgang, scharren sich zusammen. Das Recht des Stärkeren spielt in jeder dieser Banden eine große Rolle, ohne körperliche Kraft und Durchsetzungsvermögen ist man der Gruppe ausgeliefert – die internatstypische Rang- und Hackordnung. Oskar gehört wie in der heimischen Fischerstraße schnell zu den führenden Köpfen, obwohl er einer der Jüngsten ist. Er sei alles andere als zimperlich und bald der Anführer seiner Clique gewesen. Den Zwillingsbruder habe er wie schon zuvor in Pachten geschützt, dieser wäre ansonsten in Prüm gescheitert, wie Mitkonviktoristen meinen.

In der Schule finden sich die Brüder ebenfalls schnell zurecht. Sie belegen den altsprachlichen Zweig mit erster Fremdsprache Latein, zweiter Griechisch und dritter Französisch. Das humanistische Gymnasium verlangt ihnen viel ab, aber beide sind den schulischen Anforderungen gewachsen. In der abgeschlossenen Atmosphäre von Benediktinerabtei und Bischöflichem Konvikt, zwischen Kreuzgang und Kapitelsaal, Bibliothek und Barockaula versenken sie sich nachmittags ins Studium. Ihre Noten sind gut, und bei Familienbesuchen legen sie die Zeugnisse stolz ihrer ehemaligen Grundschullehrerin Irmgard Hoffmann vor.

Nach Hause fahren die Konviktoristen nur in den Oster-, Sommer- und Weihnachtsferien. Katharina Lafontaine besucht ihre Söhne alle drei Wochen, auch wenn die Reise beschwerlich und langwierig ist. Die Entfernung von Pachten nach Prüm beträgt zwar weniger als 200 Kilometer, doch da das Saarland noch nicht zur Bundesrepublik gehört, müssen Landes- und Zollgrenzen passiert und mehrfach die Transportmittel gewechselt werden. Sie bringt den Zwillingen Wäsche, Kleidung und Süßigkeiten mit und wohnt eine Nacht im Hotel. Diese Besuche an jedem dritten Wochenende sind für die Familie Lafontaine ein festes Ritual über die gesamten Prümer Jahre.

Viele der Mitschüler leben ebenfalls fern von ihren Familien. In der Regino-Schule kommt nur ein Drittel der Gymnasiasten aus dem Eifelstädtchen, das sind die Söhne wohlsituierter Prümer. Ein Drittel kommt aus der Umgebung, zumeist Bauern- und Handwerkersöhne, die täglich eine längere Anreise haben. Das letzte Drittel wird von Konviktoristen gestellt, hauptsächlich aus dem Prümer Konvikt, aber auch aus anderen katholischen Internaten in der Umgebung. Die Konviktoristen kommen fast durchweg aus ärmeren Familien, denn das katholische Internat bietet gerade Söhnen aus sozial schwachen Verhältnissen eine vergleichsweise günstige Ausbildung. Viele stammen auch aus Gegenden, in denen es keine weiterführenden Schulen gibt. Das eigentliche Ziel des Konvikts, nach dem Abitur Theologie zu studieren, um Priester zu werden, wird jedoch nur von wenigen weiterverfolgt. Oskar Lafontaine merkt dazu an, dass man als Neunjähriger noch gar nicht wissen konnte, was man will: »Das hat man anfangs gar nicht mitbekommen, was das Ganze eigentlich sollte. Erst später, als wir mündiger wurden, sind wir dahinter gekommen.« Aus Oskars Schulklasse entscheiden sich von 25 Abiturienten nur vier zum Theologiestudium, zwei davon werden zum Priester geweiht; die meisten werden später Lehrer.

 

Die religiöse Erziehung stellt im Lauf der Konviktszeit für viele eine immer größere Belastung dar. Über zwei Stunden am Tag ist Silentium, absolutes Sprechverbot, was vielen besonders schwer fällt. Die wirklich Frommen sind in der Minderzahl, die Mehrheit versucht, dem katholischen Drill zu entkommen. Auch Oskar Lafontaine erinnert sich noch gut an die intensive religiöse Erziehung: »Jeden Morgen Gottesdienst, um sechs Uhr in der Frühe. Ich war auch Messdiener. Das heißt: Ich habe für mein Leben ausreichend Messen besucht.« Für Studium, Beten und Meditation ist für den Geschmack der meisten Zöglinge viel zu viel Zeit, der Bewegungsdrang der heranwachsenden Jungen verlangt nach anderen Aktivitäten. Sport ist daher die beliebteste Freizeitbeschäftigung für die Konviktoristen. Oskar tut sich beim Fußball besonders hervor, bereits mit 14 spielt er als Jüngster in der ersten Mannschaft des Konvikts. Das sportliche Angebot wird nach dem Umzug in den Neubau im Jahr 1957 durch einen konvikteigenen Sportplatz mit Aschenbahn, Tennisplatz und diversen Sportgeräten erweitert.