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Über dieses Buch:

Lassen Sie sich verführen im Castel d’Astore … Eigentlich studiert die schöne Danny Jura – aber um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, muss sie für eine Begleitagentur arbeiten. So kommt es, dass sie einen ganz besonderen Auftrag annimmt. Auf einem italienischen Weingut soll sie einen Familienpatriarchen davon überzeugen, dass sie die zukünftige Ehefrau seines Neffen ist, damit dieser ein stattliches Vermögen zugesprochen bekommt. Da gibt es nur ein Problem: Enea Vergotti, der dort als Kellermeister arbeitet – und ein Mann ist, der in Danny sofort eine ungezügelte Leidenschaft weckt …

Über die Autorin:

Carina Darani lebt im Südosten Deutschlands. Tagsüber geht die exzessive Leserin einem ganz normalen Beruf nach – am Feierabend widmet sie sich ihrer wahren Leidenschaft: dem Schreiben von erotischen Romanen.

Bei dotbooks erschienen die drei Romane der HOT-DATE-Serie, in deren Mittelpunkt die Freundinnen Isis, Kira und Danny stehen – und die Männer, mit denen sie aufregende Abenteuer erleben. Sie können natürlich auch unabhängig voneinander gelesen werden:

HOT DATE – Erster Roman: Ein wilder Urlaub
HOT DATE – Zweiter Roman: Ein prickelndes Spiel
HOT DATE – Dritter Roman: Eine aufregende Nacht

Die Autorin im Internet: https://www.facebook.com/Carina.Darani

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eBook-Neuausgabe Juli 2017

Dieser Roman erschien 2015 ursprünglich unter dem Titel HOT DATE – Das unschuldige Call-Girl.

Copyright © der Originalausgabe 2015 venusbooks GmbH, München

Copyright © dieser Neuausgabe 2017 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung eines Bildmotivs von shutterstock/viorel sima

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ts)

ISBN 978-3-96148-085-2

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Carina Darani

HOT DATE – Eine aufregende Nacht

Erotischer Roman

dotbooks.

Kapitel 1

Danny glaubte an Wasserstoffperoxid, Kaschmirpullover und Hühnerbrühe für Suppen und Soßen … jedenfalls seit sie ohne Profiküche auskommen musste. Für morgen, Freitagabend, hatten sie wieder einige ihrer Mitstudenten zum gemeinsamen Kochen eingeladen, und ein richtig aus Kalbsknochen, Röstgemüse und Suppenfleisch konzentrierter Fond war mit den eingeschränkten Möglichkeiten ihres kleinen Appartements einfach nicht drin. Sie musste sich außerdem noch eine Menüfolge ausdenken, die auch Laien zu Hause mühelos nachkochen konnten. Mit einer motivierten, aber ungeübten Brigade zu arbeiten, brachte sie manchmal an ihre Grenzen, trotzdem überwog der Spaß den Stress bei weitem. Sie gab ihr Wissen gern weiter, inzwischen konnte sie sich eingestehen, dass sie viel von ihrem Vater gelernt hatte. Auch dass sie vielleicht doch mit ihm hätte reden sollen, statt derart radikal alle Brücken hinter sich abzubrechen. Aber was vorbei war, war vorbei.

Sie lebte seit sieben Jahren in München, und sie hatte sich entschieden. Das Jura-Studium ging vor, die Koch-Events waren nur Hobby und würden das auch bleiben. Danny dachte gar nicht daran, sich von Corona für deren Partys engagieren zu lassen, das tat sie sich nicht an. Wenn, dann ging die Einladung von ihr aus, an immer nur dieselben etwa zehn, zwölf Freunde. Doch selbst die konnten nie alle gleichzeitig kommen, der Tisch in ihrem Appartement bot gerade Platz für sechs. Außerdem mussten sich ihre Gäste an den Kosten beteiligen und das Schlachtfeld zum Schluss auch wieder klären helfen.

Catering für Corona, das träumte Miss Hochnäsig nur! Danny sah aus den Augenwinkeln, dass sie ihr winkte. Uh, der Motorradunfall gab wirklich nie auf. Sie tat, als hätte sie nichts bemerkt, beschäftigte sich demonstrativ mit ihrem Handy. Doch zu ihrer Überraschung stemmte sich Corona in ihrem Rollstuhl hoch und rief sie.

»He, Danny! Bitte! Kommst du mal zu mir?«

Wunder passierten tatsächlich. Ausgerechnet die Hammerschmitt-Erbin, die sonst auf jeden herabsah, dem nicht eine Trillion Euro Taschengeld zur Verfügung stand, wollte, dass sich Danny ihr näherte. Dieselbe Danny, die ihr Studium durch einen Job finanzierte, 20 Stunden Aktenablage in einer Kanzlei, was Corona natürlich nicht nötig hatte. In ihr schrillten sämtliche Alarmglocken, aber sie ging trotzdem. Konnte ja sein, dass der Motorradunfall wirklich Hilfe brauchte. Danny sah Yasmin nirgends auf dem Gang; die junge Frau leistete ihr soziales Jahr als Coronas Betreuerin ab und diente Miss Hochnäsig den Gerüchten zufolge nicht nur als Ghostwriterin von Hausarbeiten und bei schlechter Laune als Prellbock, sondern gelegentlich auch als Gespielin beim Sex.

»Hör mal.« Corona warf ihre sorgfältig von Honigblond zu Haselnussbraun abgetönte Mähne in den Nacken, und Danny dachte, wie dankbar der Motorradunfall ihrem Schutzengel im Grunde sein durfte. Bei Glatteis aus der Kurve gegen einen Baum, doch die Querschnittslähmung beeinträchtigte weder Coronas Kontrolle über Darm und Blase noch ihre Sexualfunktion. Das Einzige, das sie nicht mehr konnte, war laufen, aber das war wahrscheinlich schlimm genug. »Ich glaube, ich habe mein iPhone im Hörsaal vergessen. Es kann eigentlich nur vorn auf dem Dozentenpult liegen. Holst du es mir bitte?«

»Ja, natürlich. Gern.« Das letzte Wort kam etwas gequetscht heraus, Danny konnte es irgendwie nicht glauben. Ihre Hoheit Uneinsichtig (»Ich kann absolut nichts für den Unfall«) Corona ließ sich dazu herab, sie um Hilfe zu bitten, die Tochter eines Kochs. Ihr Vater führte ein Sternelokal in Rurberg in der Eifel, ohne h, nicht wie der Fluss, der dem Ruhrgebiet seinen Namen gegeben hatte, und das Chez Deminour schmückte sich auch nur mit einem Stern. Zu Unrecht, wie ihr der Motorradunfall neulich herablassend erklärt hatte. »Da sind meine Eltern echt was Besseres gewohnt, Danny!«

Dumm nur, dass Coronas Kritik sie nicht traf. Die Meinung von Fräulein Hochnäsig konnte ihr gestohlen bleiben. Danny war mit Rurberg und dem Chez Deminour fertig. Zwischen ihr und ihrem Vater herrschte Funkstille, seit sie an ihrem 18. Geburtstag ihre Koffer gepackt hatte und gegangen war. Nach fast drei Jahren Hausarrest, in denen er sie morgens zur Schule gebracht, bis direkt vor die Klassenzimmertür, und mittags wieder abgeholt hatte. Natürlich nur zu ihrem Schutz, nach dem Prozess gegen Enea – wie hatte er noch mit Familiennamen geheißen? Jetzt, wo sie darüber nachdachte, fiel es ihr nicht mehr ein. Möglicherweise hatte sie es auch nie gewusst. Dieses halbe Jahr ihres Lebens lag im Nebel, sie erinnerte sich nur an wenige Details. Sie hatte sich nur ein einziges Mal mit dem niedlichen kleinen Italiener getroffen, und das war schon zu viel gewesen. Ihr Vater hatte ein Vierteljahr nicht mehr mit ihr geredet, nachdem er sie aus dem Gerichtssaal in die Hände dieser Tante vom Jugendamt übergeben hatte. Die hatte ihr den Hausarrest als Erziehungsmaßnahme verkaufen wollen. Als ob sie an der Schlägerei Schuld gehabt hätte! Nur hatten weder die gute Frau noch ihr Vater damit gerechnet, dass sie das auch konnte, schweigen. Oh, sie war fügsam gewesen. Sie hatte alle Anweisungen befolgt, war niemals mehr aus der Reihe getanzt, aber sie hatte ihr Schweigen durchgehalten und fast drei Jahre lang weder auf Drohungen noch Bitten reagiert. Nicht, dass sie heute noch stolz darauf war. Sie wusste inzwischen, dank ihres Studiums, dass alles auch ganz anders hätte ausgehen können. Doch sie hatte Glück gehabt. Sie war nicht wegen unterlassener Hilfeleistung in Jugendarrest gekommen, Wassili hatte keine bleibenden Schäden davongetragen, und Enea, der sich mit ihm geprügelt hatte – wegen ihr, aber das hatte ihnen niemand geglaubt –, war auch nichts passiert. Dass Wassili sie Wochen später, nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus, in der Mädchentoilette abgepasst hatte, in der großen Pause, war eine andere Geschichte. Alle sind draußen im Hof, du Bitch! Du kannst schreien, so laut du willst.

Sie hatte mit ihm einen Handel abgeschlossen, notgedrungen, und er war blöd genug gewesen, ihn einzuhalten. Wassili und seinen Kumpels verdankte sie das Startkapital, das ihr mit 18 die Flucht aus Rurberg ermöglicht hatte. Vor ihrem Vater und vor ihm.

Sie ging Richtung Hörsaal.

Die Freiheit hatte den einen Nachteil, dass sie natürlich keinen Cent Bafög bekam, und deshalb waren die ersten beiden Jahre auch wirklich hart gewesen. Aber seit sie den Job bei Madame Semiramis für sich entdeckt hatte, ging es ihr gut. Sie wurde in teure Restaurants und Hotels eingeladen, sie besuchte mit ihren Kunden Theateraufführungen oder Konzerte und hatte ab und zu sogar richtig guten Sex. Und wenn nicht, waren die Männer, die sich diese Preiskategorie persönlichen Service leisten konnten, wenigstens gepflegt.

Sie öffnete die Tür des Hörsaals und gefror auf der obersten Stufe beinahe zur Salzsäule. Von unten aus dem Auditorium erklangen keuchende Lustlaute, aber dass der Motorradunfall vorgehabt haben könnte, sie zur Augenzeugin gerade dieser Szene zu machen, bezweifelte sie dann doch. In der ersten Bankreihe bückte sich eine Studentin aus einem der Semester unter Danny für den schönen Hajo, und der fickte sie mit heruntergelassener Hose tief in den Arsch.

Danny schluckte. Es war in jeder Hinsicht zu spät, Mindelheim hatte ihr Erscheinen natürlich längst bemerkt. Er zeigte ihr das genüsslich-geile Grinsen eines Mannes kurz vor dem Abspritzen und pumpte weiter in die Studentin hinein. Dass Danny ihm dabei zusah, schien ihn überhaupt nicht zu stören. Endlich war er fertig; er verharrte noch ein, zwei Sekunden gegen die junge Frau gepresst, bevor er sich aus ihr zurückzog und das Kondom abstreifte. Er warf es in den Abfallkorb und klatschte der Studentin auf den Hintern. »Du kannst gehen!«

Die junge Frau zerrte ihren Rock herunter und floh mit hochrotem Kopf an Danny vorbei die Treppe hinauf zum Ausgang. Sie biss sich nervös in die Backe. Wenigstens war sie nicht Augenzeugin einer Vergewaltigung geworden, Hajos Partnerin hatte sich während des Akts weder gewehrt noch um Hilfe gerufen, und damit konnte in jedem denkbaren Protokoll nur das Wort einvernehmlich stehen. Und Mindelheim wusste das genauso gut wie sie. Er verstaute seinen erschlaffenden, baumelnden Schwanz ohne jede Hast, schamlos frontal vor ihr stehend, in der Hose.

»Was denn? Tun Sie doch nicht so konsterniert, Danny. Den Anblick sind Sie ja wohl weiß Gott gewohnt!« Er schloss seinen Reißverschluss und wischte sich die Hände an einem Papiertaschentuch ab, das genau wie das Kondom im Abfallkorb landete. Danny kribbelten die Finger, Beweisstücke herumliegen zu lassen, war so was von schlampig. Das wäre ihr nie passiert, doch der schöne Hajo dachte sich offensichtlich nichts dabei. Er wies mit einer nonchalanten Handbewegung auf die erste Bankreihe. »Setzen Sie sich doch, Danny! Ich wollte ohnehin schon seit ein paar Tagen mit Ihnen reden.«

Sie erwachte aus ihrer Erstarrung und ging hinunter zum Dozentenpult, auf dem selbstverständlich kein iPhone lag. Irgendwann würde sie es dem Motorradunfall heimzahlen, sie wusste nur noch nicht, wie. Sie sah dem schönen Hajo furchtlos ins Gesicht. »Was wünschen Sie?«

Doktor Hans-Joachim Mindelheim – auf die Anrede mit seinem akademischen Grad legte er großen Wert – war Mitte 40 und allen Freuden des Lebens zugetan. Tiefe Lachfalten machten sein Gesicht eigentlich sympathisch, und es gab genug Studentinnen, die den schon reichlich dünnen, militärisch kurz gehaltenen grauen Pelz auf seinem Schädel attraktiv fanden. Doch waren sein Lächeln und die flauen Späßchen, die er in Seminaren machte, Haifischverhalten. Danny vertrat außerdem die Meinung, dass ein Mann, der nicht im Geringsten erschrak, wenn sie ihn beim Poppen überraschte, damit nicht seine Qualität als Liebhaber verriet, sondern nur Skrupellosigkeit.

Er grinste. »Wissen Sie, Danny, ich glaube, uns wird eine wirklich nutzbringende Freundschaft verbinden.«

»Wie darf ich das verstehen?«

Falls er ihr übelnahm, dass sie ihm soeben zum zweiten Mal die Anrede mit Titel und Namen verweigert hatte, zeigte er es nicht. Oder nur durch ein süffisantes Grinsen. »Danny, Danny! Stellen Sie sich doch nicht dümmer, als Sie sind.« Er schüttelte den Kopf und faltete die Hände vor seinem Bauch wie ein Pfarrer. »Ich weiß ja, dass Sie großen Wert auf Kaschmirpullover und Designerjeans legen. Aber wie weit Sie dafür zu gehen bereit sind, hat mich dann doch ein bisschen erstaunt. Oder stimmt es nicht, dass man Sie neulich bei einer Razzia im Bayerischen Wald in einem Swingerclub erwischt hat?«

»Was ist dabei?« Sie zuckte mit den Schultern, obwohl ihr bei der Antwort, die natürlich ein Eingeständnis darstellte, nicht sonderlich wohl war. Offenbar kannte der schöne Hajo jemanden bei der Steuerfahndung, und hoffentlich war das alles, was er wusste.

Mindelheim lächelte. »Ja, was ist dabei? Zuerst dachte ich das auch. Ich sagte mir: Respekt, eine Frau, die weiß, was sie will.« Er machte eine Kunstpause. »Die kleine Deminour nimmt sich einen Kerl, lässt sich flachlegen, aber sie legt sich nicht fest. Doch dann erzählte mir mein Schulfreund Dirk, dass Sie dort via Madame Semiramis’ Escort-Service gebucht waren. Und das als Mehrfachtäterin!«

»Das ist nicht wahr.« Technisch gesehen war es das auch wirklich nicht, die Verabredung mit Harry Gottersdorf war nur beim ersten Mal über ihre Chefin gelaufen. Danach hatte sie sich privat mit ihm geeinigt und Madame Semiramis immer nur korrekt die übliche Provision überwiesen, obwohl die diese Vorgehensweise gar nicht gern sah. Madame vertrat die Auffassung, es sei sicherer für ihre Damen, wenn nur sie die Kontakte herstellte. Außerdem, aber das kam Danny gerade erst jetzt zu Bewusstsein, hatte sie dem Finanzamt durch ihre Eigenmächtigkeit womöglich auch bei ihrer Chefin eine Steilvorlage geliefert. Harry war damals noch im Roten Schloss verhaftet worden, und wenn die Steuerfahndung seine Handy-Daten auslas, und ihre auch … Sie hielt ihr Gesicht ruhig, obwohl sie Mindelheims hässliches Lachen zutiefst erschreckte.

»Lüg mich nicht an, Danny. Ich habe bei der Semiramis angerufen. Madame nannte dich, ich zitiere, ihr bestes Pferd im Stall.« Der schöne Hajo lehnte sich entspannt zurück und setzte sich breitbeinig, einen Knöchel in der klassischen Vierersitzposition dominanter Männer quer über ein Knie gelegt. Aber sein Imponiergehabe beeindruckte sie nicht. Das hatte sie schon besser gesehen. »Was würden wohl deine Eltern dazu sagen, wenn sie es wüssten? Oder der Chef der Kanzlei, bei der du so fleißig Akten ablegst?«

Sie schüttelte unwillkürlich den Kopf. Madame Semiramis nahm nicht jede in ihre Kartei auf, und sie war vor allem eines: diskret. Danny war sicher, dass Mindelheim log. Ihre Chefin hätte niemals am Telefon Auskunft über eine ihrer Escort-Ladys erteilt. Es lief genau umgekehrt: Der Kunde nannte seine Wünsche, und danach benachrichtigte Madame zum Beispiel Danny. Sie erfuhr den Treffpunkt, wie sie sich stylen sollte, was der Kunde von ihr erwartete. Da Madame gleichzeitig ein Modehaus führte, konnte man bei ihr auch wunderschöne Outfits ausborgen. Oder kaufen, sehr zum Schaden ihres Geldbeutels. Sie besaß inzwischen ein gutes Dutzend enger schwarzer Kleider, hochgeschlossen und gewagt, aus Samt, Seide und Spitze. Sie konnte nicht genug davon kriegen.

Herrgott, Fokus! Was hatte Hajo gesagt? Eltern? Ihre Mutter war seit zwölf Jahren tot, und zu ihrem Vater hatte sie keinen Kontakt mehr. Scheiße, doppelte Scheiße! Sie war auf eine Finte hereingefallen. Der schöne Hajo konnte gar nicht mehr über Madame Semiramis’ Escort-Service wissen als das, was ihm sein Kumpel erzählt hatte. Sie hätte niemals auf seine Anklage reagieren dürfen, oder jedenfalls nicht so, durch Kopfschütteln.

Mindelheim grinste.

Sie presste die Lippen zusammen. Wenn er das weitererzählte, konnte sie an der Uni einpacken. Dagegen war Coronas Absicht, sie in Verlegenheit zu bringen, Kinderkram. Wobei sie auch ohne den Motorradunfall und Mindelheim in Schwierigkeiten steckte. Das, was Harry von ihr verlangt hatte, machte nicht jede mit. Die Treffen im Roten Schloss hatten ihr regelmäßig sehr viel Geld eingebracht, aber sie hatte dafür blaue Flecken und Bisse in Kauf genommen, Fesselspiele. Harry wurde beim Sex gern brutal, und darauf konnte sie verzichten, mit Kusshand. Trotzdem hätte sie das Geld gebraucht, dringend sogar.

»Ich werde natürlich den Mund halten, Danny«, sagte der schöne Hajo seidenweich.

»Unter gewissen Bedingungen, nehme ich an.«

»Wir werden uns da sicher einig.«

Auf einmal wurde es ihr zu bunt. Was erlaubte er sich? Sie stand auf, zitternd vor Wut. »Vorteilsnahme ist nicht mein Ding, Herr Doktor Mindelheim. Da ziehe ich lieber die Konsequenzen und gehe. Leben Sie wohl.«

»Holla, Daniela, so war es doch nicht gemeint! Bleiben Sie hier!«

Er rief ihr hinterher, aber sie fegte die Stufen hinauf und aus dem Hörsaal. Corona Hammerschmitt und ihr Rollstuhl waren auf dem Gang natürlich nirgends mehr zu sehen, dafür warf sich ihr die Studentin in die Arme, die sie gerade mit dem schönen Hajo überrascht hatte.

»Bitte! Du musst mich ja für ganz schlecht halten.« Die junge Frau schluchzte und klammerte sich an ihr fest, und Mindelheim, der sie inzwischen eingeholt hatte, prallte zurück. Sein erschrockenes Gesicht verschaffte ihr einen süßen Moment der Genugtuung, aber diesen Triumph konnte sie in die Tonne treten. Danny wusste, dass sie selbst mit einer Anzeige auf lange Sicht nichts gewonnen hätte. Unzucht mit Abhängigen ging bestimmt, doch die heuchlerische Öffentlichkeit hätte nicht ihn verurteilt, sondern sie. Ein Mann, der sich eine Frau nahm, weil er gerade Lust auf sie hatte, galt als toller Hecht. Eine Frau, die dasselbe Recht beanspruchte und damit sogar noch ihren Lebensunterhalt bestritt, war eine Hure. Punkt.

Danny hatte immer gewusst, dass sie sich auf dünnem Eis bewegte. Niemand stellte eine Staatsanwältin, Strafverteidigerin oder auch nur Justiziarin ein, von der bekannt war, dass sie während ihres Studiums als Edelnutte gearbeitet hatte. Ihr großer Traum, Karriere zu machen, dazuzugehören, war wie eine Seifenblase geplatzt. Sie konnte genauso in die Tretmühle zurückkehren, ins Chez Deminour, täglich morgens um vier aufstehen und mit ihrem Vater zum Großmarkt fahren, mittags ein kurzes Schläfchen, und danach wieder bis Mitternacht an den Herd. Ihr Vater durfte sie mit Fug und Recht auslachen. Falls er sie überhaupt wieder in Gnaden aufnahm. Und die schluchzende Studentin hing ihr auch immer noch am Arm. »Bitte, verrate mich nicht!«

»Unsinn. Natürlich nicht. Komm!« Danny schob die andere etliche Meter weiter und in die Damentoilette hinein, wo es wie immer ganz erbärmlich stank, obwohl sämtliche Fenster offen standen. Sie nahm an, dass es an den uralten Rohren lag. Danny unterdrückte ihr Schaudern und sah aus Gewohnheit in allen Kabinen nach. Sie wusste, dass ihre wenigen Freundinnen an der Uni sie dafür auslachten, aber sie ging nicht gern mit mehreren auf die Toilette.

»Ich fühle mich beschissen! Danke, dass du mir hilfst!« Die junge Frau folgte ihr wie ein Hündchen, und als sie stehen blieb, schmiegte sie sich an sie. Weiche Brüste und ein kleiner runder Bauch, Danny wurde warm ums Herz. Wie mochte sich erst der Hintern anfühlen? Sie schmuste gern mit einer Frau, wenn sich ein Dreier ergab, obwohl ihr zwei Männer dabei eigentlich lieber waren. Außerdem wusste sie nicht, wie ihre neue Freundin gestrickt war. Sie befreite sich sanft. Noch mehr Komplikationen konnte sie heute wirklich nicht gebrauchen. »Du bist doch hoffentlich nicht in ihn verliebt?«

Sie erntete heftiges Kopfschütteln. Na, Gott sei Dank! »Sex zwischen Dozent und Studentin ist zwar nicht okay, aber du bist alt genug, das selbst zu entscheiden. Du musst dir nur darüber klar sein, dass du damit für die nächste Klausur überhaupt nichts gewinnst. Er poppt zwar mit jeder, die nicht bei drei auf dem nächsten Baum ist, doch bei der Punktevergabe ist er brutal korrekt.«

»Aber …«

»Vergiss es. Google mal, was Einvernehmlich in diesem Zusammenhang bedeutet. Ohne Abwehrspuren …« Sie ließ den Rest offen.

»Und wenn ich schnell das Kondom hole?«

»Was soll das beweisen? Dass ihr Sex hattet? Das kann ich bezeugen. Doch nach Vergewaltigung sah das für mich gerade eben nicht aus.«

»Aber Corona sagte …«

»Soll das heißen, sie hat dich auf Mindelheim angesetzt? Und danach hat sie mich zu euch geschickt, damit ich euch in flagranti überrasche? Alle Achtung!« Danny atmete mehrmals tief ein und aus. Diese elende Intrigantin!

»Ich weiß nicht. Äh, sie sagte, sie hält dich für unerträglich arrogant, und du solltest dir nicht so viel auf deine Kochschule einbilden, wenn dir das was hilft.«

»Komm, lass stecken!« Neuer Zorn stieg in ihr auf, aber sie beherrschte sich. Kein Grund, dem Opfer des schönen Hajo auch noch Vorwürfe zu machen. Sie waren dem Motorradunfall beide auf den Leim gegangen. Umgekehrt bewies genau das, dass Corona von ihrem Nebenjob nichts wusste. So wenig wie die Studentin, die vor ihr stand. Hajos Sexpartnerin kam Danny überhaupt reichlich unwissend vor. »Andere Frage: Bist du verletzt?«

»N-Nein. Ich glaube nicht. Es brennt bloß ziemlich.«

»Hat er dich nicht zuerst geweitet? Mit den Fingern oder einem Analplug?«

»Nein!« Die Studentin riss erneut die Augen auf.

»Dann weißt du jetzt, dass du den Nächsten besser dazu bringst, bevor er mit seinem Geschütz irgendwo bei dir einfährt. So, und nun ab mit dir in eine Kabine.« Danny grub ihr Handy aus der Jeans und öffnete das Telefonverzeichnis.

Die junge Frau blieb stehen. »Was hast du vor?«

»Du siehst jetzt nach, ob du verletzt bist. Wenn ja, gehst du heute noch zu einem Proktologen.«

»Aber …«

»Das braucht dir nicht peinlich zu sein. Der, den ich kenne, stellt keine doofen Fragen, und er hält dir auch keine Predigt. Der hat in seiner Praxis schon alles gesehen.« Wahrscheinlich brauchte die Studentin sowieso nur eine Salbe, aber Danny hielt es für besser, alle Eventualitäten auszuschließen. Sie drehte ihr Handy, damit ihre neue Freundin die eingespeicherte Telefonnummer übernehmen konnte. »Hier! Rede nicht um den heißen Brei herum, wenn du anrufst, sondern schildere einfach, was dir passiert ist. Und geh wirklich hin, okay?«

»Ja. Mache ich. Es tut echt weh.«

»O Mädchen! Kann ich dich überhaupt allein lassen?«

»Ich komme schon klar.« Die Studentin seufzte ein bisschen. »Ich war schön blöd, nicht?«

»Na ja. Geht so.« Danny hoffte, dass die andere kein Trauma entwickelte. »Noch etwas: Geh zur Psychologischen Beratung hier an der Uni. Rede dir den Scheiß von der Seele.«

»Mach ich. Versprochen. Und danke.«

»Kein Ding. Dann, ciao.«

Sie verließ die Damentoilette mit einigermaßen schlechtem Gewissen und ging die Treppe hinunter und zu den Schließfächern. Danny hätte sich selbst ohrfeigen können, dass sie auf Mindelheim hereingefallen war, dass sie im Hörsaal nicht besser reagiert hatte. Doch was hätte sie tun sollen? Skandal machen? Ihn von der Studentin wegzerren? Sie schloss ihr Fach auf und holte ihre Tasche und ihre Jacke heraus.