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Rolf Hörnle

Nordamerika,

dahin und zurück

Rolf Hörnle

Nordamerika, dahin und zurück

Erlebnisse einer viermonatigen Motorradreise

Reiseerzählung mit vielen Farbbildern

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Impressum

© 2017 Rolf Hörnle

Lektorat, Korrektorat: Vita Funke

weitere Mitwirkende: Jeanette Hörnle

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN
Paperback: 978-3-7439-3361-3
Hardcover: 978-3-7439-3362-0
e-Book: 978-3-7439-3363-7

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Alle Angaben ohne Gewähr, Autor und Verlag übernehmen keinerlei Verantwortung für eventuelle inhaltliche oder sachliche Fehler, oder für den Inhalt der angegebenen Internet-Links.

Inhaltsverzeichnis

Die Reisestrecke

Gestatten:

Rolf Hörnle, Motorradreisender

Die Vorbereitung

Gebrauchsanleitung „QR-Code“

Die Westküste, von Süden nach Norden

Von West nach Ost, erste Durchquerung des Kontinents

Die Ostküste und die Blauen Berge, von Norden nach Süden

„Westward Ho! - Zweite Durchquerung des Kontinents

Die Motorradreise geht zu Ende …

Vielen Dank an alle, die uns unterstützt und geholfen haben:

Die Reisestrecke

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Gestatten: Rolf Hörnle, Motorradreisender

Bevor ich euch mitnehme auf unser großes Motorradabenteuer, möchte ich ein wenig über mich, uns und die Begeisterung für das Motorradreisen erzählen.

Ich wurde 1962 in Karlsruhe geboren und lebte bis zu meinem dritten Lebensjahr im schönen Grötzingen an der Pfinz. Als ich drei Jahre alt war, beschlossen meine Eltern, wie viele andere auch in den sechziger Jahren, dem engen Deutschland den Rücken zu kehren und ihr Glück in der Ferne zu suchen. In unserem Fall war das in Montreal/Quebec, Kanada. Dort lebten wir knapp sieben Jahre lang. Ich wuchs, verglichen mit dem Dorf, aus dem wir kamen, in einer sehr modernen englischsprachigen Umgebung auf. Mein Bruder Christian ist sogar dort geboren. Anfang der siebziger Jahre beschlossen meine Eltern aus verschieden Gründen, wieder zurück ins Badnerland zu ziehen.

Für sie sicher eine schwierige Entscheidung, für mich war es eine elementare Veränderung. Von der modernen Großstadt wieder zurück ins beschauliche Dorf, plus die inzwischen fremde Sprache, - dieses Mal war ich ausgewandert.

Im Rückblick könnte man behaupten, meine Wurzeln sind deshalb nie tief gewachsen – jedoch der Keim „Fernweh“ wurde da gepflanzt. Ein paar Jahre später zogen wir in die Stauferstadt Bad Wimpfen am Neckar. Dort beendete ich die Schule und begann eine Lehre. Es war die Zeit der frisierten Mofas, plärrende „Fünfziger“, anfänglich sogar noch ohne Helmpflicht. Wenn jemand eine große Maschine fuhr, waren das Motorräder mit meist fünfhundert oder siebenhundertfünfzig Kubik. Die erste Paris-Dakhar fand statt und Yamaha brachte die XT500 heraus, das erste Fernweh Motorrad. In der Zeit wurde ich unheilbar mit dem Bazillus „Motorradfahren“ infiziert.

Reisen in fremde exotische Länder (das war damals auch das europäische Ausland) kannte ich nur aus dem Fernsehprogramm und Büchern, von einem Besuch meiner inzwischen erinnerungs-verklärten Kindheits-Heimat Kanada ganz zu schweigen.

Während der Lehrzeit lernte ich meine heutige Frau Jeanette kennen, nach der Lehre „durfte“ ich zum Bund, danach ging's zurück ins Arbeitsleben. Jeanette und ich heirateten später und bekamen zwei Söhne, Marc und Eric. Sie teilte schon immer meine Begeisterung für das Motorradfahren, und sobald wir es uns leisten konnten, hatte jeder von uns eine eigene Maschine. Anfang der neunziger Jahre begannen wir unser „Motorradreise-Leben“, anfänglich noch ohne die Jungs, später fuhren sie dann auf dem Sozius mit. Diese Reisen führten uns kreuz und quer durchs südwestliche Europa.

Die Faszination des Motorradfahrens lässt sich schwer beschreiben, da es unzählige Aspekte davon gibt. Beispielsweise das direkte Erleben mit allen Sinnen (Hitze, Kälte, Gerüche, Wind, Vibrationen, Geräusche), gepaart mit Beschleunigung und Geschwindigkeit. Oder die perfekte Balance einer optimal gefahrenen Kurve. Dass man die Fahrt alleine erlebt und danach aber in der Gruppe reflektieren kann. Das Dazugehören bzw. das gemeinsame Anders-Sein zelebrieren. Fremde Gegenden, Länder entdecken, Gleichgesinnte dort kennenlernen. Der „Flow“, der sich bei langen Strecken einstellt. Adrenalin in einer brenzligen Situation und die Erleichterung, wenn man sie überstanden hat, und, und, und ...

All das gibt es und noch viel mehr – und jeder erlebt es in einer anderen Mischung.

Für mich ist das Motorrad das Vehikel für Abenteuer schlechthin und es steht immer in der Garage, jederzeit bereit loszulegen. Darüber hinaus rede ich gerne „Benzin“, d.h. ich kann mich stundenlang mit Gleichgesinnten über das Thema unterhalten. Nach all den Jahren genieße ich das Fahren immer noch, (meist) bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit. Sowohl die täglichen Fahrten zur Arbeit als auch Feierabendrunden oder Tagestrips am Wochenende (alleine, mit der Familie und/oder Freunden) und natürlich nicht zu vergessen, die für mich aller-allerbeste Art des Motorradfahrens: das Verreisen auf einem Motorrad! Da kommt für mich alles oben Beschriebene zusammen, plus die Vorfreude des Reiseplanens. Schon nach dem Aufsitzen auf die beladene Maschine merkt man die Veränderung, sie fühlt sich aufgrund des Gepäcks different an, man ist sofort im Urlaubsmodus!

Ich denke, man merkt: Ich kann mir ein Leben ohne Motorrad nur schwer vorstellen, eigentlich gar nicht.

So, nachdem wir uns ein wenig bekanntgemacht haben, denke ich seid ihr bereit, uns auf unserer außergewöhnlichen Motorradreise zu begleiten.

Ich wünsche viel Vergnügen beim Lesen!

Bad Wimpfen, April 2017

Rolf

Die Vorbereitung

Auch die längste Reise beginnt immer mit dem ersten Schritt ...

... doch warum ausgerechnet in die USA?

Und auch noch mit den eigenen Motorrädern; geht’s noch!?

Montag, 30. August 2010, 19:00

Es war im Sommer 2010 auf der Isle Of Man, Jeanette und ich besuchten die Insel in der Irischen See zum Manx GP, einem der ältesten Motorradrennen der Welt. Dort trafen wir uns mit Jane und Richard, unseren Freunden aus England, mit denen wir schon viele schöne Urlaube in ganz Europa verbracht hatten. Wir waren auf unseren Motorrädern angereist und genossen die Atmosphäre dieser geschichtsträchtigen Motorradinsel, die in aller Welt berühmt ist für die „TT“, die Tourist Trophy, das härteste Motorradstraßenrennen der Welt. Und wie es sich für die Isle-of-Man-Fahrer gehört, baten wir auch die Elfen („Little People“) unter der „Fairy Bridge“ um gutes Gelingen für all unsere kommenden Reisen.

Eines Abends saßen wir im urigen Colby Glen Hotel Pub. Es war eine Menge gutes „English Beer“ im Spiel und wir sprachen über Gott und die Welt. Unter anderem kamen wir dann auch auf das sich verblüffend schnell nähernde magische Alter „50“. Richard war zu dem Zeitpunkt 49 und ich 48 Jahre jung. Also, was würde wohl im Jahre 2012 sein?

Richard würde dann schon fünfzig sein und als Pensionär in „permanent vacation“ leben (nach 30 Jahren Polizist im Dienste Ihrer Majestät) und ich hätte mein drittes Jahr in der Vorserien-Entwicklung eines namhaften Premiumherstellers der Automobilindustrie hinter mir und dürfte noch auf mindestens zwölf weitere anregende Arbeitsjahre hoffen. Und ich würde unweigerlich im November fünfzig Jahre alt werden!

Aber wie solle man das Ereignis zelebrieren? Mit einem bunten Abend im Kreise der Familie und Freunden? Edel dinieren bei Udo im Restaurant Friedrich1? Oder einfach so tun, als wäre es ein ganz normaler Geburtstag? Oder ... sich aus dem Staub machen?

Die Variante aus dem Staub machen gefiel mir am besten!

„Lass uns doch 2012 mit Harley’s mehrere Wochen durch Amerika cruisen – mit meinem Geburtstag als Höhepunkt zum Abschluss!“, schlug ich vor. Richard war Feuer und Flamme und wir feierten unsere genialen Einfälle mit noch mehr Bier, ließen unserer Phantasie freien Lauf und spannen weiter an dem Thema herum – bis die Glocke des Wirts die letzte Runde einläutete.

Ja, so hat das alles angefangen, der erste Schritt wurde da unbewusst schon gemacht!

Danke Isle of Man, danke ihr Elfen unter der Fairy Bridge, danke Richard und danke Colby Glen Pub für das bewusstseinserweiternde „Manx Ale”

Wie man „Wenn“ und „Aber“ auch positiv einsetzen kann ...

Samstag, 20. November 2010

Inzwischen waren schon ein paar Tage vergangen, seit wir im August unseren Motorrad- und Wanderurlaub auf der Isle of Man und in Cornwall beendet und danach noch unsere Silberne Hochzeit im September in Opatja gefeiert hatten. Der Alltag hatte uns wieder eingeholt. Die Idee der USA-Reise aber, die hatte ich nicht vergessen. Wir könnten doch wirklich vier Wochen Urlaub nehmen und mit Harley's auf der Route 66 fahren. Machen ja viele.

Aber wie wurden dann vier Monate daraus?

Michael, einer meiner Mitarbeiter, erzählte mir einmal von seinem großen Traum: Er als passionierter Segler wollte sich einen hochseefesten Katamaran kaufen und damit um die Welt segeln. Den Zeitraum der Reise würde er so legen, dass er kurz vor dem Ruhestand noch ein zweijähriges Sabbatical machen könne.

Ein Sabbatical!!!

Ich hatte mir noch nie ernsthaft über diesen Ausstieg auf Zeit Gedanken gemacht, aber nun, kurz nach meinem 48. Geburtstag und mit dem spinnerten Motorrad-Abenteuer-Traum im Kopf, formte sich so langsam ein Plan. Ich informierte mich also unauffällig über die Rahmenbedingungen, die unser attraktiver Arbeitgeber dafür vorsieht. Hey, das sah machbar aus!

Hmmm ...

Aber es gibt immer mindestens ein „Aber“ – und da kommen noch viele „Wenns“ hinzu. Ich bin ein Mensch, der versucht, die „Abers“ auszuschalten, denn das erledigt dann praktischerweise auch die „Wenns“. Hier kam ich um ein „Aber“ nicht herum:

„Aber“ wie gewinne ich Jeanette für das Vorhaben?

Da kam mir der Zufall zu Hilfe. In irgendeiner der vielen Motorradzeitschriften, die ich regelmäßig kaufe, war ein anregender Reisebericht über ein Schweizer Ehepaar. Die beiden hatten sich mit Freunden in Polen getroffen und waren mit alten Motorrädern über zwei Monate bis ans Schwarze Meer gefahren.

Es war an einem Samstagmorgen, wir saßen beim Frühstück und ich las eben jenen Reisebericht. Spontan begann ich laut vorzulesen. Der Bericht war gut geschrieben und als ich geendet hatte, sagte Jeanette: „So was würde ich auch gerne mal machen, genügend Zeit haben und einfach losfahren!“

Das war mein Stichwort!

„Nun“, sagte ich, „das ist kein Problem, das machen wir, 2012 fahren wir sechs Monate durch die USA, ich hab mich schon erkundigt. Organisatorisch geht das gut, und wenn wir jetzt das Sabbatical starten, können wir das auch finanziell ohne Probleme abfedern!“

Sie sah mich mit großen Augen an und ich erzählte ihr von dem Beer-Gespräch mit Richard auf der Isle of Man. Sie sagte, das hätte sie damals schon mitgekriegt, es aber als unsere übliche Spinnerei abgetan. Wir sprachen dann noch lange über die vielen „Wenns“ und „Abers“.

Am Ende des Gespräches war das Projekt zumindest nicht gestorben, ich deutete das als ein klares „JA“. (Das war ein klassisches von mir ausgeschaltetes „Aber“.)

In den kommenden Wochen fühlte ich dann mal vorsichtig bei meinem Chef den Puls – und auch hier keinen wirklich spürbareren Widerstand. Er hatte sich auch schon viel in der Welt herumgetrieben und verstand mich. Und so teilte ich dann Jeanette mit: „Ich habe bei meinem Chef gefragt; nun bist du dran.“ Auch da gab es grünes Licht, also fassten wir den Entschluss, die Sache ernsthaft anzugehen.

Beim Abwägen der Fragen: „Aber“ was ist mit unseren Jungs und den Katzen? Wie finanzieren wir das, etc., kamen wir letztendlich immer bei der Frage der Fragen an:

„Wann, wenn nicht jetzt?“

Das Leben bietet ungezählte Gelegenheiten, man muss sie nur nutzen.

„Rien ne va plus. „Nichts geht mehr.“ Kein Zurück. Wir machen es!

Mittwoch, 12. Januar 2011

Heute haben wir unsere Verträge unterschrieben: Ab jetzt zahlen wir sechzehn Monate lang Arbeitszeit auf unsere Zeitkonten, um danach vier Monate „frei“ zu sein. Yieppie-Ya-Yeah!

Moment ... Es waren doch sechs Monate geplant, oder nicht?

Tja, ich hatte die „Abers“ meiner restlichen Chefs etwas unterschätzt. Mein Chef-Chef war von der Idee nicht ganz so begeistert wie ich. Da waren doch noch ein, zwei „Abers“ zu klären, am Ende einigten wir uns dann auf den kürzesten Zeitraum, der sich noch Sabbatical nennen durfte, eben die vier Monate. An dieser Stelle auch nochmals herzlichen Dank an die verständnisvollen Chefs.

Aber jetzt ... Yippie-Ya-Yeah!

„Die Motorradfrage“ Teil 1

Samstag, 29. Januar 2011

An diesem letzten Januar-Wochenende fuhren mein Sohn Eric, Patrick (ein Freund von unserem Sohn Marc) und ich nach Friedrichshafen, um Marc zu besuchen. Der wohnte mit zwei Kommilitonen in einer WG nahe der Stadt. Zum einen wollten wir eine Kneipentour machen und zum anderen die alljährliche Motorradmesse auf dem Messgelände besuchen.

Doch halt, was hat das alles mit der Motorradfrage zu tun? Nun, vor meinem geistigen Auge sah ich uns klassisch auf Harley's auf schier endlosen Highways dahingleiten.

Also war auch folgerichtig der Plan: Wir fahren mit zwei Harley's, am liebsten vom Typ Fatboy, Low-Rider oder Road King.

„Aber“ inzwischen hatte ich herausgefunden, dass die Miete für eine entsprechend dimensionierte Maschine pro Tag ca. 80–100 € kostet. Das macht bei ca. 100 Tagen ... schluck ... zu viel.

Ok, ok, seufz ... ein Plan B muss her!

Wie wäre das: zwei gebrauchte Milwaukee Eisen kaufen und später wieder verkaufen?

Der US-Dollar ist nur noch ein Schatten seiner ehemaligen Kaufkraft. Und nach einem Blick in diverse Internet-Verkaufs-Plattformen bestätigte es sich: Man kann für die Leihgebühr einer Maschine zwei große gebrauchte Harley's kaufen!

„Aber“ die weitere Recherche ergab: Um eine Maschine in den USA anzumelden, braucht es eine Postadresse, evtl. einen US-Führerschein und logischerweise auch eine KFZ-Haftpflicht-Versicherung. Die wiederum kann man nicht vor Ort abschließen, weil amerikanische Versicherungen keine Nicht-Amerikaner versichern! Und wer weiß am Ende, was für eine Gurke man kauft, also auch nix!

Ja, ich weiß, „Plan C“, den gab es eigentlich vor „Plan B“ schon: die eigenen Motorräder mitnehmen, aber ich will doch Harley fahren ... heul!

So standen die Dinge, als wir nun in Friedrichshafen die Messe besuchten.

Die Messe ist eine klassische Händlermesse. Unter anderem gibt’s eine Halle zum Thema Motorradtouristik, mit ein paar Anbietern, die USA-Motorradreisen anbieten.

Ein junger Berater hörte sich meinen Plan an und erklärte mir dann, dass sie nur Reisen organisieren und keine Motorräder verleihen. Aber er könne mich zum Vertreter der Firma Eaglerider bringen, die wäre die weltweit größte Motorrad-Verleih-Firma mit Sitz in den USA, mit denen würden die meisten Motorrad-Reiseanbieter ihre Geschäfte machen.

Ich nahm das Angebot dankend an und so lernte ich kurz darauf den Herrn K. kennen.

Nachdem ich ihm erzählt hatte was wir vorhaben, sagte er, dass sie leider keine Angebote unter den normalen Tarifen hätten. Jedoch würden sie ihre Leihmaschinen gebraucht verkaufen, und so machte ich ihm den Vorschlag: Ich würde ihnen zwei Maschinen, die kurz vor dem Verkauf stünden, abkaufen und sie am Ende der Reise zurück verkaufen. Das hätte für mich den Vorteil, gut gewartete, versicherte, angemeldete Maschinen zu fahren und gleichzeitig einen verbindlichen Käufer zu haben. Man könnte einen Rückkaufpreis vorher vereinbaren. Ich nannte ihm auch den Preis, den ich bereit war zu zahlen, und was ich mir als Rückkaufsumme vorstellen würde. Er notierte sich alles und versprach nachzufragen. Da es noch lange hin war, vereinbarten wir, in Kontakt zu bleiben und ich sollte mich nach dem Sommer bei ihm melden.

Voller Hoffnung und gut gelaunt saß ich nun auf allen Choppern, Cruisern und Bobbern der Messe probe und sah mich dabei die Highways entlang ballern.

America, I'm coming!

„Die Motorradfrage“, Teil 2

Samstag, 22. Oktober 2011

Seit der Messe im Januar waren einige Liter Wasser den Neckar herunter geflossen.

Da sich Neuigkeiten sehr schnell verbreiten, wurden wir zunehmend von Freunden und Kollegen angesprochen auf das wie und wann und ob überhaupt.

Ich aber wurde zunehmend ungeduldiger. Das Thema Motorrad war im September immer noch nicht geklärt. Im August waren wir mit Werner und Karin auf einer kleinen Sonntagsausfahrt an der schönen Jagst entlang unterwegs gewesen. Während dieser Tour durften Jeanette und ich jeweils mal mit seiner Road King probe fahren (an dieser Stelle noch mal vielen Dank, Werner!).

Ja, das wäre schon was! Fand ich zumindest. Jeanette fand es eher nicht so prickelnd. Für sie wäre so ein 350-kg-Dampfer nicht die erste Wahl. Aber sie sagte, sie würde es sich schon zutrauen, irgendwie, tapferes Mädchen!

Ende September meldete ich mich dann mal beim American-Eagle-Chef Kikillius und: „Nein, leider kein Angebot.“ Erklärung: Die Firma verkauft in der Saison keine Motorräder, um sie nach der Saison wieder zurückzukaufen. Ist eigentlich logisch, hätte man mir aber auch schon viel früher erklären können. Schade.

Der Plan B war ja dann, selbst zu kaufen und zu verkaufen, das würde aber nur über unseren Freund AJ (Mister Albert L. Johnson) laufen und auf seinen Namen. Bei näherer Betrachtung war mir die Geschichte aber über die lange Zeit zu ungewiss. (Versicherung, evtl. Ärger mit Behörden, etc.)

Deshalb fiel letztendlich die Entscheidung auf „Plan C“: Wir werden die Reise auf unseren eigenen Motorrädern machen!

Die stelle ich nun in aller Form vor: Jeanette fährt eine 2000er Yamaha 850 TDM und ich eine 1994er BMW R100GS PD, im folgenden „Q“ ausgesprochen: Kuh, genannt. Das kommt von der liebevollen Spottbezeichnung für BMWs mit Boxermotor: „Gummikuh“.

Da während unserer Sommer-Motorradtour 2011-nach Sizilien meine sonst zuverlässige "Q" mit defektem Starter in der Nähe von Agrigento liegengeblieben war, machte sich Jeanette einen Spaß daraus, sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu diskreditieren. Der Ruf kann und muss wiederhergestellt werden!

Aber nun war es entschieden, das war schon mal was. Endlich konnte ich weiter planen!

Gummikuh“

bezeichnet im Motorradfahrerjargon Zweizylinder-Motorräder Motorräder der BMW-Modellreihe R von 1955 bis ca. 1990 mit Vollschwingenfahrwerk.

Die Prägung des Ausdrucks „Gummikuh“ geht auf den Motorradjournalisten Ernst Leverkus zurück. Ihm wird zugesprochen, bei einer Testfahrt auf einer neuen BMW deutlich das Heben der Hinterradfederung durch den Kardanantrieb in Verbindung mit der Hinterradschwinge festgestellt und den Vergleich zu Hausrindern gezogen zu haben: Kühe erheben sich üblicherweise mit dem Hinterteil zuerst.

In der Folge einer Konstruktionsänderung 1955 mit dem Erscheinen der Vollschwingen-BMW, deren Tellerrad innen am Hinterrad liegt, hebt sich die Hinterradfederung beim Anfahren. Beim Gaswegnehmen tritt der gegenteilige Effekt ein: sowohl vorn als auch hinten sackt die langhubige, komfortable Federung ein, ein Effekt, der zusätzlich auch den Ausdruck „Fahrstuhl-Motorrad“ zeugte. Mit der Einführung des Paralever-Fahrwerks noch bei den späten 2-Ventil-Modellen endete, technisch gesehen, die Ära der Gummikühe, denn das neue Fahrwerk verhindert den „Fahrstuhl-Effekt“ durch eine Elimination der Lastwechselkräfte und Aufstellmomente.

Apropos die Reise planen, ihr erinnert euch, das Thema war ja:

„Lass uns doch 2012 mit Harley's mehrere Wochen durch Amerika cruisen – mit meinem Geburtstag als Höhepunkt zum Abschluss!“

„Super Plan, Rolf, echt jetzt ! Weißt du eigentlich, wieviele endlose Highways es in den USA gibt, ach was sag ich, allein nur in Kalifornien? Nimm dir gefälligst mal deinen alten Schulatlas aus dem Regal und werde dir über die Dimensionen dieses Kontinentes bewusst! Wir sprechen von Nordamerika, von New York nach Los Angeles sind es Luftlinie 4000 km! Sieh es dir auf der Weltkarte an, das ist so weit wie von Bad Wimpfen an die Grenze von Mauretanien!“

Solche Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich zum ersten Mal versuchte, den reellen Ansatz eines Reiseplans zu finden.

Ich war bis dahin gewohnt, ein bis zwei Wochen Motorradurlaub mit Routen, Sehenswürdigkeiten und Unterkünften feinstens auszuplanen. Da wurden Karten und Reiseführer gekauft und viele Stunden im Internet gesurft. Alles super, alles gut.

Aber jetzt musste ich Besuche planen, Reisewünsche, Motorrad-Logistik und Jahreszeiten mit einbeziehen. Wir wollten AJ in Arizona treffen, Biggi und Manne in Rhode Island besuchen, nicht zu vergessen: Ich wollte nach Montreal und der Erinnerung Hallo sagen. Und so nebenbei möglichst viele Naturwunder besuchen.

Also musste ich schnellstmöglich von feinster Tages-Planung auf „think big“ umstellen. Eines Abends, während einer der vielen Internetrecherchen, fiel mir das Buch „Americana: In 180 Tagen mit dem Rad einmal um die USA“ von Dirk Rohrbach in die Hände. Der Autor fährt tatsächlich im Uhrzeigersinn in sechs Monaten mehr oder weniger um die USA! Wenn das einer mit einem Fahrrad in der Zeit schafft, dann sollten wir in vier Monaten mit unseren Motorrädern ähnliches fertigbringen!

Ab da war es so, als ob sich ein Puzzleteil an das andere fügte. Wir könnten die Motorräder in der gleichen Stadt abholen und abgeben, und wenn man sich Nordamerika als Rechteck vorstellt, hätten wir jeweils einen Monat für jede Kante. Wir würden die heißen Monate Juli/August im Norden und die etwas kühleren Monate September/Oktober im Süden verbringen. Also würde die Fahrt, beginnend im Südwesten in Los Angeles, zuerst nach Norden, dann einmal quer rüber an die Ostküste führen. Vom Nordosten runter in die Südstaaten, um von dort aus quer durch wieder zurück an den Ausgangspunkt zu gelangen. Alle Besuche und Wünsche waren somit realisierbar und mein fünfzigster Geburtstag am 2. November wäre der Schlusspunkt ... Geht doch, endlose Highways und Geburtstag feiern ... wie geplant.

Die Motorradtransportfragen: „Wie lange schwimmt eine "Q“? „Können Yamahas fliegen?“

„Yes, they can!“

Donnerstag, 17. November 2011

Aber eines weiß ich nun auch mit absoluter Sicherheit: Privat ein Fahrzeug nach Übersee zu transportieren ist ungefähr so unterhaltend wie ein frisch in den Kopf geschlagenes Loch.

Ganz ehrlich, ich organisiere für mein Leben gerne Urlaubs-Unternehmungen aller Art, dazu gehört auch der ganze Buchungs-Kram, Flüge, Fähren, Unterkünfte ... aber ein Fahrzeug in die USA und danach wieder zurück zu bringen ist eine ganz andere Dimension.

Doch eines ist sicher, sobald du dem Universum eine Frage stellst, wird es immer in irgendeiner Art antworten. Und diese ergab sich bei uns aus einem Gespräch mit Manfred „Manne“ Lauber. Der ist seit Jahren für die Audi AG weltweit unterwegs und war schon oft in den Vereinigten Staaten. Da er auch Motorradfahrer ist, hat er seine Maschinen meist mitgenommen. Die Transporte wurden über die in Heidelberg -Kirchheim ansässige Firma „Knopf-Motorradreisen“ organisiert.2

Also hab ich da mal angerufen und schon am Telefon einen guten Eindruck bekommen. Der Herr Knopf erklärte mir, er würde zweimal pro Jahr, jeweils im Frühling und im Herbst, per Schiffspassage Plätze in einem LCL-Container (was soll das denn bitte sein?) anbieten. Verladehafen wäre Los Angeles, passte ausgezeichnet zu unseren Plänen! Da wir vorhatten, im November zurückzufahren, bot er mir spontan an, seinen Herbst-Termin unserer Rückreise anzupassen. Noch besser! Für den Transport in die USA jedoch könne er mir nur einen Flugtransport organisieren.

Ich nahm sein Angebot für den Schiffstransport erst mal an. Da ich aber versuchen wollte, die hohen Flugtransportkosten zu vermeiden, erklärte ich ihm, dass ich den Transport in die USA per Schiff selbst organisieren wolle. Das wäre kein Problem, ich solle nur Bescheid geben.

Okay, die Heimreise der Motorräder war geklärt. Wir verabredeten uns für Ende November, um die weitere Vorgehensweise festzulegen.

So, nun ging es ja nur noch darum, den Hin-Transport in die Staaten zu organisieren.

Wäre ja gelacht, wenn man so was nicht selbst regeln könnte! Das Internet steckt voller Anbieter, von internationalen Logistik-Unternehmen bis hin zu privaten Spezialisten und ich bin ja eh der Internet-Reise-Planungs-Checker!

Von wegen, eine Woche später gab ich den Checker-Titel freiwillig ab. Ich tätigte mind. 30–40 Anfragen bei verschiedenen Adressen und war hinterher nur noch verwirrter als vorher!

Ihr wollt wissen, welche Möglichkeiten es überhaupt gibt? Bitte sehr, ich klammere den Papierkram aus, denn der gilt für alle, und beschreibe nur die Varianten:

Nun, da ist einmal die Edel-Variante:

Mit dem Flieger. Die schnellste, aber auch teuerste Variante. Abwicklung durch verschiedene Fluglinien möglich, gegen Aufpreis Transport vom Wohnort zum Flughafen und zurück durch eine Spedition. Ansonsten muss man die Karre selbst zum Flughafen fahren und irgendwie sehen, wie man wieder zurückkommt.

Und dann die verschiedenen Schiffsvarianten.

Schiffspassage Variante 1: „Ro-Ro-Frachtschiffe“

Die Ro-Ro- (Roll-on-Roll-off) Schiffe sind riesige Parkhäuser für Kraftfahrzeuge, die bestimmte Häfen anlaufen. Man reist auf eigener Achse z. B nach Bremerhaven, fährt die Maschine in den Bauch des Schiffes, befestigt sie und geht von Bord, braucht dann irgendeinen Rücktransport nach Hause ... und hofft, dass nach der Seereise noch alle Bauteile am Motorrad sind. Zwei bis vier Wochen später kann man dann am Bestimmungshafen seine geliebte Maschine abholen. Für den Rücktransport gilt das Gleiche in umgekehrter Reihenfolge.

Schiffspassage Variante 2: der „LCL-Container“

Man mietet sich einen Platz in einem LCL-Container (LCL= Less than Container load; das bedeutet, das Raumvolumen der Container wird nicht ausgenutzt, sondern z. B. nur der Boden mit einem Transportgestell für mehrere Motorräder belegt. Einen dieser Stellplätze kann man dann buchen). An- und Abtransport wie oben beschrieben, entweder eine Spedition oder selber bringen. Problem dabei: Man muss zum geplanten Zeitpunkt einen solchen freien Platz finden.

Schiffspassage Variante 3: der „FCL-Container“

FCL steht in diesem Falle für „Fully Loaded Container“ und bedeutet, dass die Motorräder in stapelbaren Kisten transportiert werden müssen, um den Transportraum des Containers möglichst auszunutzen.

D. h. man baut (oder lässt bauen) eine eigens für Motorräder hergestellte Transportkiste aus unbehandeltem Holz (böse europäische Holzwürmer haben Einwanderungs-Verbot in die USA).

Der Transport-Preis selbst basiert entweder auf dem Gesamt-Gewicht (>300 Kg) oder geht nach dem belegten Raumvolumen (m3), welches die Kiste belegt. Da das Motorrad die Gewichtsgrenze aber unterschreitet, kommt hier das Volumen zum Tragen. Das wiederum bedeutet, dass man das Motorrad teilweise zerlegt, um den Bauraum so klein wie möglich zu gestalten. Dann muss man die Fuhre wieder irgendwie zum Containerhafen bringen, wie oben beschrieben entweder eigener Transport oder Spedition.

Im Zielhafen müssen die Kisten durch den Zoll, dann die Motorräder wieder zusammenbauen ... und die Kisten? Die kann man dann dort verkaufen (haha) oder verbrennen.

Die Dauer der Schiffspassagen gaben die unterschiedlichen Anbieter mit zwischen 2 und 8 Wochen an.

So weit, so klar?

Oder seid ihr schon verwirrt?

Denn das herauszufinden war der einfache Teil. Der Teufel steckt wie immer im Detail oder in der Bürokratie (oder ist das gar ein und dasselbe?).

Hier nun „Details“. Man muss wissen, um ein Fahrzeug in die Staaten zu bringen, bedarf es vielerlei Dokumente, Kopien, Formulare, Stempel, Unterschriften und ein großes Wissen um die Arbeitsabläufe der zuständigen Ämter.

Da wären zum Beispiel folgende Dinge zu berücksichtigen:

Die Motorräder gehen in den USA nämlich nicht nur durch den Zoll, sondern werden zusätzlich auch noch von einem Beamten des Agrarministeriums begutachtet. Der Grund: Es muss unter allen Umständen vermieden werden, dass ein Krümel deutschen Mutterbodens in die Vereinigten Staaten gelangt. Das heißt, das Motorrad muss porentief rein dort ankommen!

Die Motorräder dürfen nur komplett stromlos (abgeklemmte Batteriekabel müssen von außen sichtbar sein) und mit maximal 2−3 Litern Sprit in die Flieger. Nicht alle Fluggesellschaften akzeptieren Motorräder als Fracht.

Wenn das Schiff früher als erwartet im Hafen ankommt und man keinen Abstellplatz für das Motorrad/die Transportkiste gebucht hat, hat man ein Problem.

Wenn das Schiff jedoch ein paar Tage später (oder gar nicht) ankommt, hat man auch ein Problem, dann steht man da und kann nicht los, zusätzliche Übernachtungen etc.

Man sollte auf alle Fälle zwischen 2−3 Tage für die Übernahme einplanen, da das Motorrad mehrere Stationen durchlaufen muss, die nicht alle in der gleichen Location sind.

Man muss unzählige Aufpreise für Hafengebühren, Liegegebühren, Aufschläge für Verzollung einkalkulieren, sie sind manchmal inklusive, manchmal exklusive.

Der Zoll wird durch einen Logistikagenten vor Ort abgewickelt.

Je nach Variante kommen die Transport-Kosten an die Flugoder Seehäfen in Eigen- oder Fremdleistung dazu.

Die Kostenvoranschläge waren gespickt mit diesen kleinen feinen Details.

Aaaaaahhh!!!

Ich glaube, die Beschreibung „hilflose Frustration“ trifft meinen damaligen Gemütszustand am ehesten. Je mehr Details ich erfuhr, umso klarer wurde mir, dass ich das nicht geregelt kriegen würde. Zu viele Dinge, die man falsch machen könnte. Und die Vorstellung, am Beginn der Motorradreise deines Lebens gleich mal ohne Motorrad dazustehen, weil irgendein formaler Fehler gemacht wurde, war nicht akzeptabel.

Inzwischen war es Anfang November geworden und der vereinbarte Termin mit Herr Knopf stand an. Wir fuhren also nach Heidelberg -Kirchheim und besuchten die Firma Knopf-Motorradreisen. Der Herr Knopf nahm sich gute zwei Stunden für uns Zeit, beantwortete viele Fragen und füllte noch mehr Wissenslücken.

Relativ früh in dem Gespräch wurde uns klar, dass wir hier super gut aufgehoben waren. Knopf-Motorradreisen macht die Logistik hin und zurück. Das mit den Kosten relativierte sich und die Gewissheit, dass da jemand war, der das alles schon sehr oft gemacht hatte, war ungemein beruhigend. Wir hatten jetzt klar definierte Termine, an denen wir Papiere abgeben mussten, und wir wussten, wann die Motorräder wo sein würden.

So, das wär jetzt auch geschafft. Puh …

Der Herr Knopf (nein, er heißt nicht Jim mit Vornamen – sondern Stefan) antwortete auf die Frage, wie denn die Motorräder für den Transport vorbereitet werden müssten, im feinstem Kurpfälzer Dialekt:

„Die werre om Flughafe uff hondelsibliche Palette gschdellt. Mer misste vorher bloos die Scheib vorne runner un vun de Battrie alle Kawel wegmache. Un donn, goonz wichdich, derf awwer hechschdens noch'n Lidder odder zwee Schbrid drin soi, awwer sunschd isches kee Brobläm!“

Übersetzung: „Die werden am Flughafen auf handelsübliche Paletten gestellt. Wir müssen nur vorher die Windschutzscheibe abmontieren, beide Batteriepole abklemmen, und, ganz wichtig: Es dürfen maximal noch ein, zwei Liter Benzin im Tank sein. Dann dürfte es keine Probleme geben.“

Plan „C“ wie Camping, oder wie ich endlich zu meinem Vaude Mark III kam …

Samstag, 26. November 2011

Liebe Leser, nachdem die Motorradfrage nun geklärt war, werdet ihr euch sicherlich fragen, wie wir auf der Reise wohnen und schlafen wollten.

Also grundsätzlich wollten wir in Motels (Plan A) übernachten, vielleicht auch mal in einem B&B oder im Hotel (Plan B), tja, und dann gab es eben noch den Plan C - „C“ wie Camping!

Zelten! Genau mein Ding, ich liebe es zu zelten, nichts transportiert Fernweh besser als ein Zelt.

Allein der Geruch vom Luftmatratzengummi und Zelt-Imprägniermittel weckt bei mir sofort Kindheitserinnerungen.

Auf unseren früheren Motorradreisen haben wir öfter mal im Zelt übernachtet. Aus Geldgründen und da auch nur mal für ein Wochenende. Oft war das Wetter eher gegen uns.

Da war z. B. unsere erste Motorradreise in die Vogesen, wir hatten ein 50-DM-Kuppelzelt vom Aldi, zwei LuMas, einen neuen Schlafsack und einen alten (Jeanette hatte noch einen alten US-Daunenschlafsack) und zelteten in der Nähe von Munster im Elsass. Nachts ging dann ein Sommergewitter mit richtig heftigem Regen über uns hinweg, das Zelt habe ich noch vor Ort weggeschmissen.

Nach dem Billigzelt vom Aldi haben wir uns ein Markenzelt von Jack Wolfskin gekauft, das war dann schön geräumig und wasserdicht (was es öfter beweisen musste), aber ziemlich aufwändig aufzubauen. Wolfgang, mit dem wir damals viel unterwegs waren, hatte so ein ausgefuchstes Zelt der Marke Vaude, welches in gefühlt zehn Minuten fertig aufgebaut war. Ich hab da immer fast eine Dreiviertelstunde dazu gebraucht. Und ich red jetzt nur vom Aufbauen! Ich hatte mir geschworen: Wenn ich je wieder ein Zelt kaufe, dann so eines wie das von Wolfgang!

Geschlafen haben wir damals auf der Weltneuheit selbstaufblasender Iso-Matten namens „Therm-A-Rest“ von Cascade Designs. Die waren superklein im Packmaß, aber auch ziemlich dünn und mit einer sehr rutschigen Oberfläche, man ist am nächsten Morgen meist neben der Isomatte aufgewacht. Und ziemlich unbequem, ist halt nicht ein richtiges Bett wie zu Hause.

Alles in allem, wenn ich ehrlich bin, war es schon ein großer Aufwand für nur eine Nacht. Jeanette war dann auch nicht unglücklich, als wir auf den späteren Reisen das Zelt zu Hause ließen und uns in Frühstückspensionen einquartierten.

So, aber diesmal werden wir ja im Land der Rocky Mountains, der Prärien und der Halbwüsten unterwegs sein. Und laut Reiseführer gibt es in mitten den Naturwundern (National Parks, -Monuments, - Forests etc.) die schönsten, bezahlbare Schlafplätze direkt vor Ort: nämlich auf Campingplätzen!

Das gute Jack-Wolfskin-Zelt hatte ich seit ungefähr zehn Jahren nicht mehr aufgebaut.

Mit dem Wissen um das Alter des Zeltes und seinen etwas umständlichen Auf- und Abbau schlug ich Jeanette vor, dass wir nach Untergruppenbach zu „Fred Mack, dein Ausrüster“3 fahren sollten, wo wir all die schönen Sachen angucken und ausprobieren konnten. Wir bekamen eine klasse Beratung, die in den Satz mündete: Die Campingausstattung soll gut sein, ihr müsst euch darin so wohlfühlen, dass ihr euch schon während des Tages darauf freut, die Nacht darin zu verbringen. Und so kam es dann auch: Wir schliefen auf der langen Reise manchmal in Unterkünften, die wir liebend gern gegen das Einkuscheln im schnuckeligen Zelt getauscht hätten.

Am Ende des Einkaufs hatten wir eine komplette Ausstattung für das Schlafen und Kochen:

ein Vaude Mark III, zwei neue, dicke (70mm), nicht rutschige Therm-A-Rest-Luftmatratzen, zwei gute Schlafsäcke von Mammut und zwei komprimierbare Kopfkissen. Dazu alles, was man braucht, um ein kleines Frühstück zuzubereiten (Kocher, Stapeltöpfe, etc.).

Zu Hause angekommen, beschloss ich, alles gleich mal auszuprobieren und das Zelt hinterm Haus aufzubauen. Dann Luma und Schlafsäcke rein, sehr kuschelig. Draußen war es für Ende November meiner Meinung nach noch recht mild. Und ja, ich hab im November gezeltet, und ja, es war kalt, aber nicht so arg. Und es hat alles funktioniert. Seltsamerweise war Jeanette doch nicht so euphorisch und hat lieber im Haus übernachtet.

Naja, das kommt dann noch, spätestens wenn wir irgendwo in den Rockies übernachten und um das Zelt die wilden Tiere herumstreichen, dann wird sie bestimmt froh sein, dass wir das Ding gekauft haben!

Äääh ... bin ich schon drin? Unsere erste Begegnung mit der US-Einreisebehörde

Mittwoch, 01. Februar 2012

Was bisher geschah:

Zwischen Weihnachten und Neujahr war unser Freund AJ mit seiner Freundin bei uns in Bad Wimpfen zu Gast. Wie es dazu kam? AJ war vor elf Jahren zum letzten Mal bei uns gewesen, und seitdem hatten wir aufgrund seiner vielen Geschäftsreisen komplett den Kontakt verloren. Aber ziemlich genau ein Jahr zuvor – mit dem Wissen um die Amerikareise – hatte ich versucht, ihn über die letzte mir bekannte E-Mail-Adresse zu erreichen. Und tatsächlich, ich hatte schon nicht mehr damit gerechnet, nach über zwei Monaten bekam ich Antwort. Er war außer Netz-Reichweite im Niger gewesen.

Langer Rede kurzer Sinn: Nachdem ein Treffen im Sommer nicht klappte, kam er mit Freundin Barbara dann „zwischen den Jahren“ zu uns. Es war ein schönes Wiedersehen und er hatte vor, uns im kommenden Sommer die ersten Wochen an der Westküste zu begleiten!

Die Motorräder waren inzwischen beim „Mechanikus“ und wurden für die Reise fit gemacht. Alle Verschleißteile wechseln, große Inspektion etc.

Nun stand der nächste große Schritt vor uns. Die US-Visa mussten beantragt werden. Tja, leichter gesagt als getan. Denn da wir kein gängiges Visum beantragen konnten (ESTA Visum, gilt für 90 Tage), brauchen wir das sogenannte B1/B2 Visum (gilt zehn Jahre lang je 6 Monate/Jahr).

Der Aufwand dazu ist auch mindestens zehnmal so aufwändig ... seufz ... aber hilft alles nix.

Also los geht’s:

1. eine User-ID auf der Website der Botschaft anlegen ... und bezahlen.

2. Dann eine elfseitige Internet-Befragung abarbeiten, inkl. biometrisches Passbild einscannen und die Geschichte per Internet versenden. Das Ganze zweimal, logisch.

3. Die Befragung produziert eine Art Aktenzeichen, mit dem muss man dann bei einem speziellen Kreditinstitut die Kosten für das Verfahren überweisen. Das Ganze mal zwei ... logisch.

4. Einen Termin bei der Botschaft vereinbaren.

5. Alles ausdrucken.

6. Beim Fotografen noch mal je ein 5x5 cm großes biometrisches Bild machen lassen (kostet ja nur 20.- € pro Bild, da die immer gleich einen 4er-Block ausdrucken ...).

Und das war’s dann schon!

Puuh ... so weit, so gut, und hat ja nur knapp zwei Wochen gedauert, bis ich alles richtig gemacht hatte.

„A day at the opera“: Wir besuchen die amerikanische Botschaft in Frankfurt.

Dienstag, 20. März 2012, 08:00

05:30 Uhr klingelte der Wecker. Nein, nicht um zur Arbeit zu fahren, sondern nach Frankfurt. Zu den Amis – wir betraten heute zum ersten Mal amerikanischen Boden!

Dass wir so früh unterwegs waren, hatten wir einem Ratschlag von Meister Knopf aus Eppelheim zu verdanken. Der weiß ja alles über diese Reisegeschichten um Amiland herum.

Es wäre nämlich folgendermaßen: Man kann natürlich zu jedem beliebigen Zeitpunkt einen Termin vereinbaren, aber das heißt nicht, dass man dann auch drankommt! Man bekommt nämlich am Eingang eine Nummer, und diese Nummern werden, wie bei uns im Landratsamt oder Finanzamt, nach der Reihenfolge abgearbeitet. Also den frühestmöglichen Termin vereinbaren und dann halt hoffen, dass nicht zu viele vor einem dran sind.

Das Botschaftsgelände liegt mitten in Frankfurt, ein typisches Kasernengelände, nur die Zäune sind etwa doppelt so hoch wie bei normalen Kasernen.

1. Um hineinzukommen, muss man durch mehrere Stationen:

1. Man wartet vor einem Kartenhäuschen, vor dem eigentlichen Eingang, in einer Art Bushaltestelle. Man darf keinerlei elektronische Geräte dabei haben und bekommt nach einer Überprüfung eine Karte mit einem grünen U darauf.

2. Am Kartenhäuschen werden die Pässe und der Termin überprüft, mann bekommt die Anmeldenummern, danach schickt einen eine Lautsprecherstimme weiter zu einem direkt am Zaun gebauten Häuschen.

3. Vor diesem Häuschen ist eine zweite „Bushaltestelle. Man stellt sich wieder an und wird dann von einem freundlichen, bewaffneten Soldaten zur Tür gewiesen. Im Raum wird man mittels eines Metallscanners, man kennt die Prozedur vom Einchecken am Flughafen, durchleuchtet. Die Karte mit dem grünen U wird an einen Beamten abgegeben. Nach dem Verlassen des Raumes ist man tatsächlich hinter dem sechs Meter hohen Zaun und geht entlang eines trassierten Weges über den Hof zum Eingang des Gebäudes. Dabei wird man von zwei bewaffneten Soldaten flankiert. Durch schwere, gepanzerte (mind. 8 bis 10 cm dickes Glas) Eingangstüren betritt man einen schleusenähnlichen Gang, an dessen Ende eine weitere gepanzerte Flügeltür wartet. Danach betritt man einen Raum in der Dimension einer Mehrzweckhalle.

4. Der nächste Schritt erfolgt am Empfang der Halle, dort wird das Begehren noch mal überprüft und man gibt eine der Anmeldenummern ab. Danach darf man den großen Raum betreten. Dieser gleicht einem Atrium, ein rechteckiger Grundriss mit einer sehr hohen Decke, in dessen Mitte Kinobestuhlung für ca. 300 Besucher, von der Decke hängen alle 52 Flaggen der USA. Es wird einem ein Platz zugewiesen und man wartet ab, bis auf einer Anzeigetafel die eigene Nummer aufleuchtet, das Ganze untermalt durch eine Lautsprecheransage.

Wir nahmen also brav in dem uns zugewiesenen Bereich Platz. Es waren, schätze ich, ca. 70–100 Menschen da. Gespannt warteten wir etwa 45 Minuten und wurden dann aufgerufen. Eine freundliche Dame nahm uns unsere Dokumente ab, machte eine Extra-Aufnahme von dem biometrischen Bild, alle unsere Fingerabdrücke wurden eingescannt ... und wir durften wieder Platz nehmen. Nach einer weiteren Dreiviertelstunde wurden wir an einen anderen Schalter zum „persönlichen Interview“ gerufen. Ein etwas gelangweilter, jedoch sehr reserviert wirkender junger Beamter wies uns an, noch mal einen unserer Finger auf einen Scanner zu legen. Ein kleines Schild erklärt in Deutsch und Englisch, dass man mit diesem Fingerabdruck quasi für die Richtigkeit seiner Angaben „unterschreibt“, Falschangaben werden geahndet ... schluck ...

Der junge Mann stellte uns Fragen hinsichtlich des Reisegrundes, der Reise an sich und der Motorräder. Und da das Ganze hier eine ernste Angelegenheit sei, sollten die Antworten und Aussagen möglichst kurz und bündig gehalten sein.