E.E. SMITH

 

Die Galaktische Patrouille

Dritter Roman des LENSMEN-Zyklus

 

 

 

Roman

 

Apex Science-Fiction-Klassiker, Band 20

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

Der Autor 

 

DIE GALAKTISCHE PATROUILLE 

1. 

2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

7. 

8. 

9. 

10. 

11. 

12. 

13. 

14. 

15. 

16. 

17. 

18. 

19. 

20. 

21. 

22. 

23. 

24. 

 

Das Buch

 

 

Zwei Großmächte stehen sich in einem erbitterten Ringen auf Leben und Tod gegenüber: Die Galaktische Patrouille und die Piraten von Boskone, die all das zu zerstören trachten, was Menschen und andere Sternenvölker in jahrtausendelanger Arbeit mühsam aufgebaut haben.

Die Galaktische Patrouille muss vor dem wilden Ansturm der Piraten zurückweichen. Sie kann die Welten der galaktischen Zivilisation nur noch unzureichend schützen. Doch dann kommt der Tag, da die neuen Lens-Träger in das Geschehen eingreifen...

 

E.E. Smiths sechsbändiger LENSMEN-Zyklus, entstanden Ende der 1920er Jahre, zählt seit Jahrzehnten weltweit zu den Standardwerken der Science Fiction. Der Apex-Verlag veröffentlicht den Zyklus als durchgesehene Neu-Ausgabe in der Reihe APEX SF-KLASSIKER.

  Der Autor

 

Edward Ellmer Smith - * 02. Mai 1890, † 31. August 1965.

 

Edward Elmer Smith (auch E. E. 'Doc' Smith oder Skylark Smith) war ein US-amerikanischer Science-Fiction-Schriftsteller und Chemiker. Er gilt darüber hinaus der Vater der Space Opera.

Smith war nach seinem Chemie-Studium an der Universität von Idaho als Lebensmittelchemiker, als Leiter chemischer Forschungsabteilungen (1936–1941) und in der US-Armee (1941–1945) tätig. In seinem erstmals im Jahr 1934 erschienenen Roman Triplanetary (dt. Die Planetenbasis, 1961) wird deutlich, dass Smith in dieser Zeit genauere Kenntnisse in der Herstellung von Sprengstoffen und Munition erwarb; überdies gilt Die Planetenbasis als erster Science-Fiction-Roman, in welchem ein sogenannter Traktorstrahl thematisiert wird. 

Sein Berufsleben beendete er 1957; danach reiste er im Wohnwagen kreuz und quer durch ganz Nordamerika.

Als Schriftsteller wurde Doc Smith durch seine Science-Fiction-Romanzyklen um die Lensmen (sechs Bände, 1934 bis 1969) und die Skylark (vier Bände, 1928 bis 1966) bekannt.

Robert Heinlein und E. E. Smith verband eine enge Freundschaft. Nach Heinleins Beobachtung sind Smiths Helden aus dem wirklichen Leben des Autors entnommen: Smith selbst war großgewachsen, blond, athletisch, intelligent und galant und mit der gutaussehenden, rothaarigen Jeanne Craig MacDougal verheiratet, eine Beschreibung, die auf die Helden der Lensmen-Romane, Kimball Kinnison und Clarissa MacDougal, passt (Clarissa war auch der Name von Smiths Schwägerin).

Doc Smiths literarisches Hauptwerk stellt die ersten und stilbildenden Beispiele der Space Opera dar, in denen die Helden fortwährend Auseinandersetzungen bestehen müssen. Gleichzeitig fallen die Romane in die Kategorie der echten Hard-SF, die seinerzeit bekannte wissenschaftliche Prinzipien und gesellschaftlich-politische Entwicklungen zu extrapolieren versuchte.

Kritiker bezeichnen Smiths Romane häufig als klischeebehaftet, wobei diese Kritiker unberücksichtigt lassen, dass die Romane einige der heute als stereotyp empfundenen Themen erstmals vorstellten.

Robert Heinlein erwähnte, Smith habe einen siebten Lensmen-Roman geplant, der offene Handlungsstränge des 1954 erschienenen sechsten Romans Children Of The Lens (dt. Das Erbe der Lens, 1962) abschließend behandeln sollte. Im Nachlass fand sich allerdings kein Manuskript. 

Am 14. Juli 1965, gut einen Monat vor seinem Tode, ermächtigte E. E. Smith den Schriftsteller William B. Ellern, den Lensmen-Zyklus fortzusetzen. Dieser veröffentlichte sodann New Lensman im Jahre 1976. 

 

 Der Apex-Verlag veröffentlicht u.a. Doc Smiths Lensmen-Zyklus als komplett durchgesehene Neu-Ausgabe (übersetzt von Thomas Schlück.)

DIE GALAKTISCHE PATROUILLE

 

 

 

  1.

 

 

 

Das Ausbildungsgelände war über zweihundert Quadratkilometer groß und umfasste neben einigen kleineren Gebäuden ein riesiges Paradefeld, mehrere Flugplätze und einen Raumflughafen. Es wurde von einem Gebäude beherrscht, das neunzig Stockwerke hoch war und nur aus Chrom und Glas zu bestehen schien. Wentworth Hall war die Heimat der irdischen Anwärter auf die Lens - auf das geheimnisumwitterte Symbol der Galaktischen Patrouille.

An diesem Juni-Morgen herrschte emsige Geschäftigkeit in einem der oberen Stockwerke; hier waren die Fünfjährigen zu Hause, deren Ausbildung heute zu Ende ging. In wenigen Minuten musste sich die Klasse Fünf im Raum A melden.

Raum A war das Büro des Kommandanten höchstpersönlich; jenes gefürchtete Zimmer, in das ein Kadett nur gerufen wurde, wenn er aus Wentworth Hall und aus dem Kadettenkorps verschwinden musste; jenes wunderbare Zimmer, in dem jedes Jahr eine Handvoll Kadetten verschwand, um kurze Zeit später auf seltsame Weise verändert wieder zum Vorschein zu kommen.

In ihren Schlafsälen musterten sich die Kandidaten gegenseitig und vergewisserten sich, dass die Vollkommenheit ihrer schwarzen und silbernen Uniformen durch kein Staubkörnchen oder Fältchen getrübt wurde und dass die schimmernden goldenen Meteore an ihren Kragenspiegeln und die Strahlpistolen keinen Makel aufwiesen. Nach Beendigung dieser Inspektion wurden die Gürteltaschen geschlossen, und wenig später waren die angehenden Lens-Träger auf dem Weg in den Versammlungsraum.

Kimball Kinnison, der als bester abgeschnitten hatte und daher als Captain seiner Klasse fungierte, stand mit seinen drei Lieutenants Clifford Maitland, Raoul LaForge und Widel Holmberg im Wachraum zusammen. Die jungen Männer warteten nun mit Spannung auf die Sekunde Null.

»Freunde!«, sagte der junge Captain. »Denkt an den Sprung! Wir werden uns in den Schacht stürzen wie keine Klasse vor uns - blitzschnell, trägheitslos und im Gleichschritt! Wenn uns einer bei dieser Gelegenheit die Formation verpfuscht, während das ganze Korps zuschaut...«

»Mach dir keine Sorgen über den Sprung, Kim«, erwiderte Maitland beruhigend. »Die drei Gruppen werden wie ein Uhrwerk Zusammenarbeiten. Was mich beunruhigt, ist das, was uns in Raum A erwartet!«

LaForge und Holmberg nickten zustimmend.

»Das dürfte für die ganze Klasse gelten«, sagte Kinnison. »Wir werden es bald wissen - ich glaube, es wird Zeit.« Und die drei Offiziere traten in den Versammlungsraum hinaus. Die Klasse nahm Haltung an.

Kinnison, jetzt nur noch pflichtbewusster Captain seiner Klasse, musterte die Reihen der Angetretenen und schnappte: »Meldung!«

»Klasse Fünf vollzählig zur Stelle, Sir!« Der Sergeant-Major berührte einen Knopf an seinem Gürtel, und der riesige Raum war von der durchdringenden, mitreißenden Melodie der Hymne Unsere Patrouille erfüllt, die von einer der besten Militärkapellen der Welt gespielt wurde.

»Abteilung, links um! Marschbereit!« Obwohl Kinnison kaum die Lippen bewegte und seine Stimme bei der musikalischen Klangkulisse bestimmt nicht zu hören war, gelangte sein Kommando über die Richtstrahlen seines Ultrageräts an alle, für die es bestimmt war. »Enge Marschformation - vorwärts, marsch!«

In vollkommener Ausrichtung marschierte die kleine Kolonne durch den Korridor und auf den Schacht zu. Dieser hatte einen Durchmesser von etwa fünfzehn Metern und erstreckte sich vom Erdgeschoss bis in die oberste Etage von Wentworth Hall - ein über dreihundert Meter tiefer Abgrund, der jetzt durch blitzende rote Lichter von jeglichem Verkehr freigehalten wurde. Fünf linke Absätze knallten gleichzeitig auf die Schwelle zu diesem schwindelerregend tiefen Schacht, fünf rechte Beine schwangen in die Leere hinaus, während fünf rechte Hände an fünf Gürtel griffen. Fünf Körper, stocksteif und aufrecht, verschwanden mit einer derartigen Geschwindigkeit nach unten, dass sie sich für ein ungeübtes Auge einfach aufzulösen schienen.

Sechs Zehntelsekunden später, noch immer im Takt der Hymne, berührten die zehn Stiefelabsätze das Erdgeschoss von Wentworth Hall - doch diesmal ohne Geräusch. Obwohl die Sturzgeschwindigkeit der Kadetten im Augenblick des Aufpralls über siebenhundert Meter in der Sekunde betragen hatte, wurden ihre Körper erschütterungsfrei abgebremst, denn sie waren unter völliger Ausschaltung der Trägheit gesprungen - frei, wie es in der Raumsprache heißt. Nachdem sie ihre Trägheit wiedererlangt hatten, setzten sie ihren Marsch im Rhythmus der Hymne fort; und kurz darauf landete bereits die zweite Reihe Kadetten an der Stelle, an der sie eben noch gestanden hatten.

Eine Reihe nach der anderen setzte auf diese Weise mit maschinenhafter Präzision im Erdgeschoss auf und marschierte auf die gefürchtete Tür des Raumes A zu, die sich vor den Kadetten automatisch öffnete.

»Abteilung aufschließen! Marsch!«, befahl Kinnison unhörbar, und die Klasse rückte im Gleichschritt enger zusammen. »Abteilung, rechts um und Achtung!«

In einem riesigen leeren Raum sah sich die Klasse Fünf dem Menschenfresser gegenüber - Lieutenant-Marshal Fritz von Hohendorff, dem Kommandanten der Kadetten. Vorgesetzter, Tyrann, Diktator - er war im ganzen System als die Verkörperung der Seelenlosigkeit bekannt, und da er sich vor den Kadetten niemals eine Spur von Gefühl anmerken ließ, schien er seinem Ruf durchaus gerecht zu werden. Sein dichtes weißes Haar schwang sich zu einer hohen Frisur auf. Sein linkes Auge bestand aus Glas, und sein Gesicht war von Dutzenden windiger Narben durchzogen; nicht einmal die Plastik-Chirurgie dieses Jahrhunderts konnte die Verwüstung eines Raumkampfes hundertprozentig beseitigen. Obwohl es nach außen hin nicht den Anschein hatte, waren auch sein rechtes Bein und sein linker Arm Produkte der medizinischen Wissenschaft.

Kinnison nahm vor seinem höchsten Vorgesetzten Haltung an, salutierte und schnappte: »Sir, Klasse Fünf vollzählig angetreten!«

Der Veteran erwiderte den Gruß ebenso zackig, während sich vor ihm ein halbkreisförmiger Tisch mit einem komplizierten Mechanismus aus dem Boden erhob.

»Nummer Eins! Kimball Kinnison!«, rief von Hohendorff. »Vortreten! Den Eid, Sir!«

»Im Angesicht des Allgegenwärtigen Zeugen schwöre ich, dem Hohen Ansehen der Galaktischen Patrouille jederzeit gerecht zu werden!«, sagte Kinnison feierlich, entblößte seinen Arm und legte ihn auf eine Schiene.

Aus einem kleinen Behälter mit dem Schild Nr. 1 - Kimball Kinnison schüttelte der Kommandant einen Gegenstand, der offensichtlich ein Schmuckstück war - ein ellipsenförmiges Juwel, das aus mehreren hundert weißen Steinen zu bestehen schien. Er nahm das seltsame Gebilde mit einer isolierten Greifvorrichtung auf und führte es an die braune Haut des Armes. Im gleichen Augenblick zuckte ein vielfarbiges Feuer über das Oval, und Kinnison schloss geblendet die Augen. Befriedigt ließ von Hohendorff das Juwel in einer Öffnung der Maschine verschwinden, die sofort in Aktion trat.

Kinnisons Unterarm wurde umwickelt und abgeschirmt, ein unerträglicher Blitz flammte auf, und als der Mechanismus den Arm wieder freigab, wurde die Lens enthüllt. Sie war mit einem Armband aus fast unzerstörbarem Metall an Kinnisons Handgelenk befestigt, und dieses Metall umschloss keinen leblosen Stein, sondern ein ellipsenförmiges Juwel aus buntem, ständig wechselndem Licht, dessen flammende Botschaft nur eines bedeutete - dass dieser Mann ein Lens-Träger der Galaktischen Patrouille war.

Nachdem auf gleiche Weise Jeder einzelne Kadett der Klasse Fünf mit dem Symbol seines neuen Standes ausgerüstet war, berührte der grimmige Kommandant einen Knopf, und aus dem kahlen Metallfußboden erhoben sich gepolsterte Sessel für jeden der neuen Lens-Träger.

»Rühren!«, befahl von Hohendorff und lächelte plötzlich - ein fast jungenhaftes Lächeln. Verblüfft registrierte die Klasse, dass der alte Tyrann überhaupt das Gesicht verziehen konnte. Mit seltsam veränderter Stimme fuhr er fort: »Setzen Sie sich und lassen Sie sich eine gute Zigarre oder Zigarette schmecken. Wir haben eine Stunde Zeit für eine kleine Aussprache, und ich möchte die Gelegenheit benutzen, Sie ein wenig über die Hintergründe der Galaktischen Patrouille aufzuklären. Jeder von Ihnen wird die Art von Rauchwerk, die ihm am meisten zusagt, in der linken Armlehne seines Sessels finden.

»Nein, das ist kein Zaubertrick!«, fuhr er fort, als er die verwunderten Blicke der jungen Lens-Träger bemerkte. Er lehnte sich zurück und zündete sich eine riesige venusianische Zigarre an. »Sie sind jetzt Lens-Träger. Natürlich haben Sie die praktischen Formalitäten noch vor sich, aber auf die kommt es eigentlich nicht mehr an. Im Grunde ist jeder von Ihnen in dem Augenblick Lens-Träger geworden, als seine Lens zum Leben erwachte.

Wir kennen Ihren Geschmack, und jeder von Ihnen wird seinen Lieblingstabak vorfinden, angefangen von Tillotson's-Pettsburgh-Zigarillos bis zu Snowden's Alsakanischen Zigaretten - obwohl Alsakan an der Grenze dessen liegt, was wir noch als unsere Galaxis bezeichnen können.

Wir wissen darüber hinaus, dass Sie alle immun sind gegen die Verlockungen gefährlicher Drogen aller Art. Wenn das nicht der Fall wäre, säßen wir nicht hier zusammen. Also greifen Sie zu und rauchen Sie - und stellen Sie mir Fragen!«

Es folgte ein kurzes Schweigen, dann sagte Kinnison zögernd: »Vielleicht wäre es das Beste, Sir, wenn Sie uns einen kurzen Überblick gäben. Ich glaube, wir sind heute viel zu aufgeregt, um uns intelligente Fragen auszudenken.«

»Vielleicht haben Sie Recht. Ich werde Ihnen daher zunächst mitteilen, was es mit den Strapazen auf sich hat, die Sie in den letzten fünf Jahren durchgemacht haben. Bitte zögern Sie nicht, mich jederzeit zu unterbrechen und Fragen zu stellen. Es ist Ihnen bekannt, dass auf der Erde in jedem Jahr eine Million achtzehnjährige Jungs durch Prüfungen ausgewählt werden. Sie wissen ferner, dass diese Zahl bereits im ersten Jahr auf weniger als fünfzigtausend herabsinkt, noch ehe einer der Kadetten Wentworth Hall zu Gesicht bekommen hat. Und Sie wissen, dass am Tage X - also heute - kaum einhundert Kadetten übrigbleiben. Es ist mir jetzt gestattet, Ihnen mitzuteilen, dass Sie mit fliegenden Fahnen den härtesten, rücksichtslosesten und gründlichsten Ausscheidungswettbewerb überstanden haben, den wir uns haben ausdenken können.

Jeder Mann, der im Laufe der Ausbildung eine Schwäche zeigt, muss sofort ausscheiden. Die meisten werden auch gleich aus der Patrouille entlassen. Es gibt jedoch ausgezeichnete Männer, die aus irgendeinem Grunde - der nicht in moralischer Schwäche zu suchen ist - nicht als Lens-Träger in Frage kommen. Aus diesen Männern besteht unsere Organisation - angefangen von den Mechanikern bis hin zu den höchsten Offizieren unter dem Rang eines Lens-Trägers. Das erklärt eine Tatsache, die Ihnen allen bekannt ist - dass die Galaktische Patrouille auf einzigartige Weise die besten und intelligentesten Wesen dieser Welt unter ihrem Banner vereinigt.

Von der Million Kadetten Ihres Jahrgangs, mit der die Ausbildung begann, sind Sie übrig. Wie jedes Wesen, das jemals die Lens getragen hat oder tragen wird, haben Sie wiederholt bewiesen, dass Sie ihrer würdig sind. Kinnison hatte zum Beispiel einmal eine sehr abenteuerliche Unterhaltung mit einer Dame von Aldebaran II und ihren Freunden. Er wusste nicht, dass wir informiert waren, aber das war der Fall.«

Kinnisons Ohren brannten, doch der Kommandant fuhr bereits fort: »Ebenso war es bei Voelker und dem karalonischen Hypnotiseur, bei LaForge und den Bentlam-Fressern, bei Flewelling, als ihn die Thionit-Schmuggler mit zehn Millionen in Gold bestechen wollten...«

»Gütiger Himmel!«, unterbrach ihn einer der Kadetten. »Wissen Sie - wussten Sie denn alles, was sich ereignete?«

»Vielleicht nicht wirklich alles - aber es ist meine Aufgabe, genug zu wissen. Kein Mann, der irgendwie versagt hat, hat jemals die Lens getragen oder wird sie jemals tragen - dafür werde ich sorgen. Und Sie brauchen sich nicht zu schämen, denn Sie haben jede Prüfung bestanden.

Andererseits ist es durchaus keine Schande, aus dem Kadettenkorps ausgeschieden zu sein. Die mehr als neunhundertundneunzigtausend anderen Kadetten Ihres Jahrgangs waren bereits die besten des Planeten, und doch wussten wir von vornherein, dass kaum einer von zehntausend unsere Bedingungen erfüllen würde. Es wäre aus diesem Grunde bodenlos unfair, die Ausgeschiedenen zu benachteiligen, nur weil sie nicht mit dem gewissen Etwas, mit jenem letzten Talent geboren wurden, das jeder Lens-Träger notwendigerweise besitzen muss. Deshalb wird der Grund für eine Entlassung aus dem Kadettenkorps stets geheim gehalten; nur einige Lens-Träger wissen darüber Bescheid. Und Lens-Träger können schweigen.

Um die Gründe für eine so sorgfältige Auswahl deutlicher werden zu lassen, ist es erforderlich, ein wenig auf die Geschichte und Motive der Patrouille einzugehen. Sie sind natürlich alle damit vertraut, aber die wenigsten von Ihnen werden Ihre Überlegungen von dem Standpunkt aus angestellt haben, den ich nun einnehmen werde. Die Patrouille ist in erster Linie eine Weiterentwicklung des alten planetarischen Polizeisystems, dessen Hauptnachteil darin bestand, dass sich ein Verbrecher stets mühelos dem Zugriff des Gesetzes entziehen konnte. Beispielsweise konnte die Polizei in den guten alten Zeiten kurz nach der Erfindung des Automobils nur innerhalb der Grenzen ihres Bundesstaates tätig werden. Als schließlich eine nationale Polizei geschaffen wurde, vermochte sie den gut ausgerüsteten Verbrecher nicht über die Staatsgrenzen hinaus zu verfolgen.

Als später der Flugverkehr zwischen den Planeten lebhafter wurde, sah sich die Planetenpolizei dem gleichen Problem gegenüber. Sie hatte keine Möglichkeit, sich auf einem anderen als ihrem eigenen Planeten durchzusetzen, während die Verbrecher ungehindert von einer Welt zur anderen flüchten konnten. Und als schließlich der trägheitslose Antrieb erfunden wurde und sich der Verkehr auf zahlreiche Sonnensysteme ausweitete, nahm das Verbrechertum derartige Ausmaße an und war derart unkontrollierbar, dass die Zivilisation in ihren Grundfesten bedroht schien. Ein Mann konnte ein Verbrechen begehen, ohne sich um die Folgen kümmern zu müssen, denn innerhalb einer Stunde vermochte er sich so weit vom Schauplatz seiner Tat zu entfernen, dass er dem Zugriff des Gesetzes völlig entzogen war.

Einen weiteren Schritt auf dem Weg zum absoluten Chaos stellten verschiedene neue Laster dar, die sich von Welt zu Welt ausbreiteten - zu ihnen gehörte der Genuß neuer und unvorstellbar schädlicher Rauschgifte. An  erster Stelle ist in diesem Zusammenhang das Thionit zu nennen, das es nur auf Trenco gibt - ein Rauschgift, das um ebenso viel gefährlicher ist als Heroin, wie Heroin gefährlicher ist als Koffein, und das selbst heute noch einen so hohen Preis erbringt, dass man ein Vermögen an Thionit in einem Stiefelabsatz unterbringen kann.

Auf diese Weise entstanden die Patrouille der Dreiplaneten-Liga und die Galaktische Patrouille. Erstere war nur in beschränktem Maße lebensfähig; sie war zu sehr von den Politikern und ihrer Politik abhängig und war durchsetzt mit Spionen, Korrumpierten und Verbrechern - deren absolute Zahl zwar gering war, die aber dennoch großen Schaden anrichteten. Die Liga-Patrouille litt weiterhin unter der Tatsache, dass es damals kein Emblem oder sonstiges Erkennungszeichen gab, das sich nicht fälschen ließ. Niemand konnte mit Sicherheit sagen, ob ein Uniformierter wirklich ein Angehöriger der Patrouille oder ein verkleideter Verbrecher war.

Es ist Ihnen allen bekannt, dass der damalige Leiter der Liga-Patrouille, Virgil Samms, bald als Erster Lens-Träger hervortrat und unsere Galaktische Patrouille gründete. Die Lens kann nicht imitiert werden und macht die Identifikation eines Lens-Trägers zu einer hundertprozentigen Sache - und allein durch die Lens wurde unsere Organisation erst ermöglicht. Mit der Lens war es kein Problem, die schwarzen Schafe zu erkennen und zu entfernen. Die Ansprüche, die man an die jungen Lens-Träger stellte, wurden mit der Zeit immer höher geschraubt, und als schließlich kein Zweifel mehr bestehen konnte, dass die Lens-Träger ausnahmslos unbestechlich waren, erhielt die Galaktische Patrouille nach und nach mehr Autorität. Zahlreiche andere Sonnensysteme stimmten bald für einen Eintritt in die Gemeinschaft der zivilisierten Welten, und baten um einen Sitz im Galaktischen Rat - obwohl ein solcher Schritt die Aufgabe eines Großteils der eigenen Selbständigkeit bedeutete.

Jetzt ist die Macht des Rates und seiner Patrouille fast unbeschränkt. Unsere Ausrüstung ist hochmodern, und wir können jedem Gesetzesbrecher überallhin folgen. Darüber hinaus kann jeder Lens-Träger auf jedem Planeten und in jedem Sonnensystem der zivilisierten Welten Hilfe erbitten - und wird sie bekommen. Die Lens wird in der ganzen Galaxis so respektiert, dass jeder Lens-Träger als Richter, Geschworener und Vollstrecker angerufen werden kann. Wo er sich auch befindet - überall ist sein Wort Gesetz.

Und das erklärt die Mühen, die Sie haben überstehen müssen. Die einzige Entschuldigung für die Härte Ihrer Ausbildung ist die Tatsache, dass sie Ergebnisse hervorbringt; kein Träger der Lens ist ihr jemals nicht gerecht geworden.

Nun zur Lens. Wie jeder Mensch auf diesem Planeten haben Sie seit Ihrer Kindheit von ihrer Existenz gewusst, aber Sie wissen nichts über ihre Herkunft und ihre Beschaffenheit. Nachdem Sie nun zu Lens-Trägem geworden sind, vermag ich das Wenige, was ich darüber weiß, an Sie weiterzugeben. Irgendwelche Fragen?«

»Wir haben natürlich alle unsere Vermutungen über die Lens, Sir«, wagte sich Maitland hervor. »Die wissenschaftlichen Fortschritte der Verbrecher halten offenbar mit den unseren Schritt. Ich bin bisher immer von der Annahme ausgegangen, dass das, was eine Wissenschaft erdenken kann, von der gleichen Wissenschaft auch nachgemacht werden kann. Es dürfte doch anzunehmen sein, dass mehr als eine Lens in die Hände der Verbrecher gefallen ist.«

»Wenn es sich bei der Lens um eine wissenschaftliche Erfindung oder Entdeckung handeln würde, wäre sie bestimmt schon längst nachgemacht worden«, erwiderte der Kommandant zur Überraschung der jungen Lens-Träger. »Ihre Existenz ist jedoch im Grunde nicht wissenschaftlich, sondern zum überwiegenden Teil philosophisch zu erklären. Sie wurde für uns von den Arisiern entwickelt.

Ja, jeder von Ihnen ist vor kurzem auf Arisia gewesen«, fuhr von Hohendorff fort, als sich seine ehemaligen Schützlinge verblüfft anstarrten. »Was haben Sie von den Arisiern gehalten, Murphy?«

»Zuerst hielt ich sie für Drachen, Sir - Drachen mit einer unvorstellbaren Intelligenz. Ich war froh, als es endlich vorüber war. Sie haben mir große Angst eingejagt, obwohl sie sich kaum zu bewegen schienen.«

»Die Arisier sind eine seltsame Rasse«, fuhr der Kommandant fort. »Sie sind das Sine-qua-non unserer Patrouille und der Zivilisation überhaupt. Ich kann sie nicht verstehen, und ich kenne auch niemanden, der dazu in der Lage wäre. Die Arisier haben uns die Lens gegeben, und doch ist es den Lens-Trägem streng untersagt, diese Tatsache an andere weiterzugeben. Sie passen jedem Kandidaten eine Lens an, und doch hat offenbar jeder Kadett auf Arisia etwas anderes erlebt. Wie dem auch sei, es wird jedenfalls vermutet, dass niemand sie bisher so gesehen hat, wie sie wirklich sind. Jedem, der kein Lens-Träger ist, erscheinen sie als höchst ungesellig, und selbst ein Lens-Träger darf ihren Planeten nur einmal in seinem Leben betreten. Materielle Dinge scheinen ihnen höchst gleichgültig zu sein - obwohl diese Annahme vielleicht ebenso wenig zutrifft wie die Gestalt, in der sie sich Ihnen gezeigt haben.

Seit unzähligen Generationen haben sich die Arisier dem Denken verschrieben und sich dabei hauptsächlich mit dem Wesen des Lebens beschäftigt. Sie behaupten von sich, dieses Problem bisher nur in den ersten Anfängen ergründet zu haben; dennoch wissen sie zweifellos mehr darüber als jede andere bekannte Rasse. Obwohl sie normalerweise jeden Kontakt mit Fremden ablehnen, haben sie der Patrouille ihre Unterstützung zugesagt.

Jeder, der zum Lens-Träger gemacht werden soll, wird nach Arisia geschickt, wo eine Lens hergestellt wird, die seinen Lebensimpulsen entspricht. Zwar kann niemand außer einem Arisier die Funktion einer Lens wirklich verstehen, doch wenn Sie sich vorstellen, dass Ihre Lens mit Ihrem Ich synchronisiert ist, dass sie darauf eingestimmt ist - dann dürfte dieses Bild nicht völlig falsch sein. Die Lens hat kein eigenes Leben - in dem Sinne, wie wir diesen Begriff verstehen. Sie ist vielmehr mit einer Art Pseudo-Leben ausgestattet, das ihr jenes starke, auf charakteristische Weise wechselnde Licht verleiht, solange sie in unmittelbarem Kontakt mit dem Lebewesen steht, für das sie bestimmt ist. Das gleiche Pseudo-Leben lässt sie als Telepathie-Träger wirksam werden, mit dessen Hilfe Sie sich mit anderen Intelligenzen in Verbindung setzen können, auch wenn diese keine Sprech- oder Hörorgane besitzen.

Eine Lens kann außer von ihrem Träger nicht vom Arm abgenommen werden. Sie leuchtet, solange sie bei ihrem rechtmäßigen Besitzer ist; wenn er stirbt, erlischt auch ihr Licht, und kurz darauf löst sie sich auf. Außerdem - und hierdurch wird eine besondere Sicherheit erreicht - verlöscht die Lens nicht nur, wenn sie von einem Betrüger getragen wird, sondern sie tötet ihn innerhalb weniger Sekunden. Wenn sie leuchtet - wenn sie also in Verbindung mit ihrem rechtmäßigen Träger steht -, ist sie harmlos; doch in dunklem Zustand gerät sie derart in Konflikt mit jedem Lebewesen, auf das sie nicht eingestimmt ist, dass sie es vernichtet.«

Es folgte ein kurzes Schweigen, während die jungen Männer die verblüffenden Neuigkeiten zu fassen versuchten. Es begann ihnen zu dämmern, welche Überwindung es den alten Lens-Träger kosten musste, die Rolle zu spielen, die ihm hier zufiel. Ein Mann, der zwar körperlich weitgehend behindert und längst im Pensionsalter war, der seine Gefühle aber soweit unterdrückt hatte, dass er hier als seelenloser Menschenfresser weiter Dienst tat, weil er auf diese Weise der Patrouille am besten dienen konnte.

»Ich habe das Thema eigentlich nur anschneiden können«, fuhr von Hohendorff fort, »um Ihnen eine Einführung in ihren neuen Status zu geben. In den nächsten Wochen werden andere Offiziere zu Ihnen sprechen und Ihnen andere Probleme aufzeigen, die Ihnen im Augenblick noch unbekannt sind. Erst dann werden Sie den aktiven Dienst antreten. Die Zeit wird jetzt knapp, aber ich kann vielleicht noch ein paar Fragen beantworten.«

»Ich habe keine Frage, Sir«, sagte Kinnison, »sondern etwas viel Wichtigeres. Ich bin sicher, dass ich im Namen der ganzen Klasse spreche, wenn ich sage, dass wir Sie leider sehr falsch eingeschätzt haben und uns bei Ihnen entschuldigen möchten.«

»Dafür muss ich Ihnen sehr danken, obwohl es natürlich unnötig ist. Es war Ihnen unmöglich, anders von mir zu denken. Wir alten Männer haben keine sehr angenehme Aufgabe hier - die Ungeeigneten von denen zu trennen, die als Lens-Träger in Frage kommen. Aber wir sind zu alt, um noch draußen im All aktiv Dienst zu tun. Unsere Reaktionen sind nicht mehr so schnell, wie es dort draußen unbedingt erforderlich ist. Also tun wir hier, was in unseren Kräften steht. Dennoch hat die Arbeit auch ihre angenehmen Seiten, da es in jedem Jahr etwa hundert junge Leute gibt, die der Lens für würdig befunden werden. Diese eine Stunde mit den jungen Lens-Trägern entschädigt mich doppelt für das vorangegangene Jahr; und die anderen Altgedienten finden ihren Lohn auf ähnliche Weise.

Um zum Abschluss zu kommen - Sie wissen jetzt, aus welcher Art von Männern die Patrouille besteht. Sie wissen, dass jedes Wesen, das die Lens trägt, uneingeschränkt ein Lens-Träger ist - sei es nun ein Mensch oder ein Monstrum von einem fremden und entfernten Planeten. Wie dem auch immer sei - Sie können versichert sein, dass jeder andere Lens-Träger ebenso auf die Probe gestellt wurde wie Sie, dass er des Vertrauens ebenso würdig ist wie Sie. Mein letztes Wort an Sie, meine Herren - Lens-Träger sterben, aber ihr Ziel stirbt nicht. Individuen kommen und gehen, aber die Galaktische Patrouille lebt weiter!«

Lieutenant-Marshal von Hohendorff richtete sich auf.

»Klasse Fünf - Achtung!«, rief er. »Melden Sie sich auf der Bühne des Haupt-Auditoriums!«

Die Kadetten, jetzt wieder zu einer militärischen Einheit verschmolzen, verließen Raum A und marschierten durch den langen Korridor auf den großen Saal zu, in dem sie vor dem versammelten Kadettenkorps und zahlreichen Zivilisten formell zu Lens-Trägern gemacht werden sollten.

Und während dieses Marsches machten sie sich klar, auf welche Weise sich die Lens-Träger, die den Raum A verließen, von jenen Kadetten unterschieden, die ihn vor so kurzer Zeit erst betreten hatten. Sie waren als Jungs hineingegangen - obwohl fünf harte Jahre hinter ihnen lagen; als ängstliche nervöse und ihrer selbst nicht sichere Jungs. Und sie verließen den Raum als Männer, die zum ersten Mal die wirkliche Bedeutung der physischen und geistigen Qualen begriffen, die sie überstanden hatten; als Männer, die die gewaltige Macht, die jetzt in ihre Hände gelegt war und deren Ausmaß und Bedeutung sie eben erst in den Anfängen zu begreifen begannen, richtig anwenden konnten.

 

 

 

 

 

 

  2.

 

 

 

Kaum vier Wochen nach seiner offiziellen Ernennung zum Lens-Träger wurde Kimball Kinnison von keinem Geringeren als Admiral Haynes persönlich in das Hauptquartier bestellt. Im Privatflugzeug des Admirals flogen Neuling und Veteran gemeinsam über die gigantischen Anlagen des Hauptstützpunktes der Patrouillen-Flotte.

Werkstätten, gewaltige Hallen und Hangars reihten sich endlos aneinander, Landefelder von gigantischen Ausmaßen erstreckten sich bis zum Horizont, übersät mit Schiffen aller Größen - von den kleinen Helikoptern, die dem Bodenpersonal zur Verfügung standen, bis zu den gewaltigen kugelförmigen Superschlachtschiffen, die in ihren Landedocks ruhten. Nach längerem Flug landete die kleine Maschine neben einem langen, niedrigen Gebäude, das unter Bewachung stand. Und hier erblickte Kinnison ein Schiff, das ihm fast den Atem raubte.

Ein Raumschiff, das den Schlachtschiffen der Patrouille an Größe nicht nachstand, dessen Form jedoch von der bekannten Norm abwich. Seine Außenhülle war tropfenförmig.

»Wie gefällt es Ihnen?«, fragte Admiral Haynes.

»Mir gefallen?« Der junge Lens-Träger musste zweimal zum Sprechen ansetzen. »Es... es lässt sich nicht mit Worten sagen, aber ich hoffe, dass ich eines Tages ein solches Schiff kommandieren werde, wenn ich lange genug am Leben bleibe und mich geschickt genug anstelle.«

»Das wird eher der Fall sein, als Sie glauben, Kinnison«, sagte Admiral Haynes abrupt. »Das Schiff dort drüben steht ab morgen früh unter Ihrem Kommando.«

»Wie? Unter meinem...? Aber...!« Kinnison brauchte einige Sekunden, um sich zu fassen. »Oh, ich verstehe, Sir. Man muss eine zehnjährige praktische Erfahrung nachweisen, um als Kommandant eines Schiffes erster Klasse in Frage zu kommen. Sie haben bereits angedeutet, dass es sich bei diesem Schiff um ein Versuchsmodell handelt. Es geht also darum, etwas Neues auszuprobieren, und diese Aufgabe ist so gefährlich, dass Sie keinen erfahrenen Kommandanten dabei aufs Spiel setzen wollen. Ich soll also einen Probeflug durchführen, und wenn ich das Schiff heil zurückbringe, wird es seinem richtigen Captain übergeben. Sir, das ist mehr, als ich jemals zu erhoffen wagte, und dass ausgerechnet ich...«

»Sie haben Recht - und auch wieder nicht«, erwiderte Admiral Haynes. »Es trifft zu, dass dieses Schiff neu, unerprobt und auch gefährlich ist, so dass wir es keinem unserer altgedienten Captains anvertrauen möchten. Aber im Grunde haben wir mit ihm nur auf ein seit Jahrhunderten nicht mehr angewandtes Prinzip zurückgegriffen. Und zwar ist seine Hauptwaffe eine Kanone, die Explosionsgeschosse verschießt - eine sogenannte X-Kanone. Die Wirksamkeit dieser Waffe lässt sich leider nur im Ernstfall testen. Das Raketengeschoss wird mit zwanzig Tonnen hochexplosivem Sprengstoff auf die Reise geschickt.«

»Aber Sir...«, unterbrach Kinnison.

»Einen Augenblick. Lassen Sie mich erst ausreden. Während also Ihre erste Annahme richtig war, trifft Ihre daraus gezogene Schlussfolgerung nicht mehr zu. Sie haben als Bester Ihrer Klasse abgeschnitten, und abgesehen von der praktischen Erfahrung sind Sie ebenso in der Lage, ein Schiff zu kommandieren, wie jeder andere Captain der Flotte. Außerdem unterscheidet sich die BRITTANIA so sehr von allen anderen Schiffen, dass Kampferfahrung hier ganz entschieden nicht zur Voraussetzung gemacht wird. Wenn also Sie und das Schiff Ihre erste Aufgabe heil überstehen, dürfen Sie es behalten. Für das Risiko, das Sie bewusst eingehen müssen, haben Sie also die Chance, sich die zehn Jahre Arbeit, die Sie vorhin erwähnten, mit einem Schlag zu ersparen. Ist das ein Angebot?«

»Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll! Ich muss Ihnen vielmals...«

»Sparen Sie sich den Dank auf, bis Sie heil wieder zurückgekehrt sind. Wenn ich mich nicht erinnere, wollten Sie etwas über die Unmöglichkeit sagen, mit Explosivgeschossen gegen einen trägheitslosen Gegner vorzugehen.«

»Das kann schon allein deshalb nicht unmöglich sein, weil man die BRITTANIA gebaut hat«, erwiderte Kinnison. »Trotzdem verstehe ich noch nicht...«

»Sie holen sich den Piraten mit Hilfe Ihrer Traktorstrahlen auf Schirmberührung heran - erforderliche Entfernung etwa zehn Kilometer. Dann versuchen Sie seine Schirme zu durchlöchern, um einen Ansatzpunkt für Ihre X-Kanone zu finden. An der Mündung der X-Kanone ist ein kreisförmiger Multiplex-Projektor angebracht, der dem Projektil den Weg bahnen wird - als eine Art Verlängerung des Kanonenrohrs, das auf diese Weise über eine Energiebrücke an das andere Schiff herangeführt wird. Jetzt hängt es nur noch von der Abwehrenergie des Gegners ab, ob das Projektil zur vollen Wirkung kommt oder nicht. Unsere Computer haben errechnet, dass bei zwanzig Tonnen Sprengstoff etwas passieren muss. Auf jeden Fall werden die Traktorstrahlen halten, so dass bei einer entsprechenden Aufprallgeschwindigkeit auch die Innenschirme des Gegners nachgeben müssten. Natürlich können wir uns gerade über diesen Punkt vorher keine Gewissheit verschaffen, denn es kann natürlich sein, dass die Piraten inzwischen Schirme entwickelt haben, gegen die wir auch mit dieser unorthodoxen Methode nicht ankommen. Was in einem solchen Fall passieren würde, brauche ich Ihnen nicht auszumalen. Der Rückschlag, der die BRITTANIA durch die X-Kanone treffen würde, müsste das Schiff in Sekundenbruchteilen zerreißen. Das ist natürlich nur eine der Gefahren, die Sie mit Ihrer Mannschaft auf sich nehmen müssen - vielleicht ist es nicht einmal die größte. Auf jeden Fall handelt es sich bei Ihren Leuten um Freiwillige. Akzeptieren Sie die Aufgabe?«

»Das brauchen Sie mich nicht zu fragen, Sir.«

»Das weiß ich - aber ich habe meine Vorschriften. Um nun unsere Diskussion fortzusetzen - wie Sie wissen, ist die Piratensituation in den letzten Monaten völlig außer Kontrolle geraten. Wir wissen nicht einmal, ob es Boskone in irgendeiner Form wirklich gibt - als Person oder Symbol oder Name - oder ob es sich hierbei nur um das Phantasiegebilde irgendeines Lens-Trägers handelt. Aber wer oder was Boskone auch ist - die Tatsache, dass wir uns einer ausgezeichnet organisierten Gruppe von Piraten gegenübersehen, lässt sich nicht mehr leugnen. Das Ganze ist so geschickt aufgezogen, dass wir nicht einmal wissen, wo sich der Hauptstützpunkt der Piraten befindet.

Bei dieser Gelegenheit kann ich Sie gleich über eine Tatsache informieren, die noch nicht allgemein bekannt ist, die uns aber viel Kopfzerbrechen bereitet. Neuerdings sind sogar unter Geleitschutz stehende Schiffe nicht mehr vor den Piraten sicher. Die Piraten haben neue, außergewöhnliche Raumschiffe entwickelt - Schiffe, die viel schneller sind als unsere leichten Raumkreuzer. Auf diese Weise sind sie jedem Patrouillenschiff kämpferisch überlegen, das schnell genug ist, und sie können jeder unserer Einheiten davonlaufen, die es in der Bewaffnung mit ihnen aufnehmen könnte.«

»Das ist eine Erklärung für die schweren Verluste in den letzten Monaten«, sagte Kinnison nachdenklich.

»Ja«, fuhr Haynes grimmig fort. »Wir haben viele Schiffe verloren, da es uns nicht gelingt, den Gegner nach unseren Regeln zum Kampf zu zwingen. Wir müssen es mit den Piraten aufnehmen, wenn es ihnen gefällt. Jedenfalls ist diese Situation auf die Dauer unhaltbar. Wir müssen etwas über den neuen Antrieb der Piraten herausbekommen. Unsere Wissenschaftler haben auch keine Ahnung, worum es sich handeln könnte; sie tappen im Dunkeln. Es könnte sich um alles handeln, sagen sie - angefangen von der Anzapfung kosmischer Energie bis zu einer kontrollierten Raum-Verformung. Jedenfalls haben sie keine Möglichkeit, schnell etwas Eigenes zu entwickeln, also wurde die BRITTANIA zu dem Werkzeug erkoren, mit dessen Hilfe wir uns die lebenswichtige Information beschaffen wollen. Sie ist das schnellste Schiff, das wir jemals gebaut haben. Bei voller Ausnutzung des Antriebs erreicht sie eine träge Beschleunigung von zehn g! Sie können selbst umrechnen, welche Geschwindigkeit dabei im trägheitslosen Flug herauskommt!«

»Sie haben eben angedeutet, dass sich nicht alles Positive in einem Schiff vereinen lässt«, sagte Kinnison nachdenklich. »Was hat man opfern müssen, um die BRITTANIA so schnell zu machen?«

»Hauptsächlich die Offensiv-Bewaffnung«, erwiderte Haynes offen. »Das Schiff besitzt keinerlei weitreichende Angriffsprojektoren, während die vorhandenen Strahler nur dafür gedacht sind, das Vordringen der X-Kanone zu unterstützen. Die Angriffswaffen der BRITTANIA beschränken sich praktisch auf diese Kanone. Aber dafür besitzt sie sehr starke Verteidigungsschirme und ist sehr schnell. Wir hoffen, dass das ausreichen wird.

Sie werden sich zunächst mit dem Schiff vertraut machen müssen, wobei Ihnen natürlich eine Abteilung Techniker zur Seite steht. Sie werden einen Probeflug machen, dessen Dauer Sie allein bestimmen. Wenn Sie und Ihre Mannschaft die Funktionen der BRITTANIA dann im Schlaf beherrschen, werden Sie die Techniker hier im Hauptquartier absetzen und auf Patrouille gehen.

Irgendwo in der Galaxis Werden Sie auf ein Piratenschiff des neuen Typs stoßen. Sie werden sich ihm nahem, wobei Sie darauf achten müssen, Ihre X-Kanone nicht auf Schiff s teile zu richten, an denen wir interessiert sind. Nach der Niederkämpfung entern Sie das Piratenschiff und lassen dann unsere Spezialisten aktiv werden, die uns ihre Funde, wenn möglich, sofort per Ultra-Richtfunk übermitteln. Wenn das aus irgendeinem Grund nicht möglich ist, hängt der Ausgang der Mission wieder völlig von Ihnen ab.«

Der Admiral hielt inne und musterte den jungen Lens-Träger eindringlich. Dann fuhr er fort: »Die Information darf nicht wieder verlorengehen. Wenn das geschähe, wäre die Mission der BRITTANIA nicht erfüllt - und wir stehen genau dort, wo wir angefangen haben. Wie Sie sich verhalten müssen, wenn die Information in Ihrem Besitz ist, können wir Ihnen nicht vorschreiben. Ich kann nur betonen, dass Ihnen hiermit die wichtigste Aufgabe in der ganzen Galaxis anvertraut worden ist und dass uns die Information nur hier im Hauptquartier etwas nützen kann. Ich möchte Ihnen jetzt Ihre Leute und die Ingenieure vorstellen. Kommen Sie mit an Bord.«

 

*

 

Unter der fachmännischen Aufsicht ihrer Konstrukteure steuerte Kinnison die BRITTANIA ziellos durch die Weiten der Galaxis. Et erprobte sie bei jedem denkbaren Manöver - im trägen und im freien Flug, bei hoher und bei niedriger Beschleunigung, bei Angriff und Verteidigung, bei Start und Landung - kurz, er machte sich mit seinem Schiff vertraut. Erst als ihm und seiner Mannschaft die Funktionen der BRITTANIA in Fleisch und Blut übergegangen waren, kehrte er zur Zentrale zurück, verabschiedete die Techniker und machte sich auf die Reise.

Unzählige Spuren verfolgte er, doch ohne Ergebnis. Unzähligen Alarmrufen ging er nach, doch er kam stets zu spät; das ausgeraubte Handelsschiff und der unschädlich gemachte Bewacher der Patrouille gaben kein Lebenszeichen mehr von sich, und nichts deutete darauf hin, in welche Richtung der Pirat entwichen war.

Bis eines Tages wieder einmal ein Notruf aus den Lautsprechern drang.

»QBT! Notruf an QBT!«, schallte es Chefpilot Henry Henderson der BRITTANIA entgegen, gefolgt von den Raumkoordinaten des angegriffenen Schiffes. Der Pilot tippte die Zahlen sofort in den Navigationscomputer ein, und im nächsten Augenblick erschien im Navigations-Tank ein hellrot leuchtender Punkt. Kinnison fuhr in seiner schmalen Koje hoch, rieb sich den Schlaf aus den Augen und ließ sich neben Henderson nieder.

»Das ist ja nur ein Katzensprung!«, rief er. »Weniger als zehn Lichtjahre! Los, wir dürfen keine Zeit verlieren!« Und während die BRITTANIA auf die Position des Überfalls zuraste, füllte sich das All mit mächtigen Stör-Impulsen, die es dem Piraten unmöglich machen sollten, über Funk Hilfe herbeizurufen.

Doch die heftigen statischen Störungen machten den Kommandanten des Piratenschiffes misstrauisch; so etwas hatte er noch nicht erlebt. Vor ihm lag ein vollgeladen er Frachter, dessen Begleitschiff er fast ausgeschaltet hatte. Noch einige Minuten Arbeit waren erforderlich, und die Beute gehörte ihm. Vorsichtig setzte er sich ein wenig von seinen Opfern ab - und als er die BRITTANIA entdeckte, zögerte er nicht, sofort die Flucht zu ergreifen. Wenn das stromlinienförmige Patrouillenschiff von seiner Stärke derart überzeugt war, dass es den Funkverkehr des Piraten zu unterbinden versuchte, dann war das bereits eine Nachricht, die Boskone weitaus mehr interessierte als eine Schiffsladung materieller Güter.

Doch das Piratenschiff befand sich bereits auf den Bildschirmen der BRITTANIA, und ohne sich um die manövrierunfähigen Raumschiffe zu kümmern, nahm Henderson sofort die Verfolgung auf. Mit höchster Konzentration starrte er auf seinen Bildschirm, während er das riesige Schiff durch winzige Bewegungen seiner Finger hierhin und dorthin springen ließ. Der Pirat durfte ihm nicht entkommen. Nach einer kleinen Ewigkeit legte er abrupt einen Kipphebel um und entspannte sich lächelnd.

»Haben wir Sie?«, fragte Kinnison.

»Wir haben sie!« bestätigte der Pilot »Neunzig Sekunden lang war es ein Katz- und Maus-Spiel, aber jetzt habe ich ihnen einen CRX-Spürstrahl angehängt, den sie auch bei voller Beschleunigung nicht mehr abschütteln können. Alles klar?«

»Gute Arbeit, Hen«, sagte Kinnison, schnallte sich in seinem Sitz fest und stülpte den Helm über. »Schiff klar! Achtung! Alle Stationen Gefechtsbereitschaft melden!«

»Station Eins - Traktorstrahlen - bereit!«

»Station Zwei - Schirmgeneratoren - bereit!«

»Station Drei - Projektor Eins - bereit!«

Eine Station nach der anderen gab ihre Meldung ab, bis schließlich Kinnison selbst an der Reihe war:

»Station Achtundfünfzig - X-Kanone - bereit!« Und dann gab er den Angriffsbefehl: »Bereit und los, Hen - hol sie ein!«

Henderson Schob den Antriebsregler bis zum Anschlag vor und beugte sich angespannt über seine Instrumente. Die BRITTANIA raste mit der unvorstellbaren Geschwindigkeit von neunzig Parsek in der Stunde auf ihren Gegner zu - mit einer Geschwindigkeit, wie sie nur von trägheitsloser Materie erreicht wird, die mit großer Beschleunigung durch ein fast vollkommenes Vakuum geschleudert wird.

Mit normalen optischen Geräten wären die Beobachter der BRITTANIA hilflos gewesen; doch ihre Ortungsstrahlen, die erst auf den Bildschirmen in sichtbares Licht verwandelt wurden, basierten auf den Ultrastrahlen des Subäthers, deren Geschwindigkeit und Reichweite jede andere Art von Strahlen weit übertrifft.

Die Sterne huschten in flammenden Zickzacklinien über die Schirme, während Jäger und Gejagter in gewaltigen Sprüngen durch die Sonnensysteme rasten - und doch gelang es Henderson, dem Piraten auf den Fersen zu bleiben und die Entfernung zwischen den beiden Schiffen weiter zu verringern. Bald schickte das Patrouillenschiff einen Traktorstrahl aus, der den fliehenden Piraten berührte.

Der Piratenkapitän war auf den Kampf vorbereitet. Er war zuversichtlich, denn er hatte bisher noch mit keinem Schiff Schwierigkeiten gehabt, das ihm an Geschwindigkeit ebenbürtig war, und so verzichtete er darauf, die Traktorstrahlen des Patrouillenschilfes zu durchtrennen.

Stattdessen schickte er eigene Traktor- und Angriffsstrahlen aus, die wild an den Verteidigungsschirmen der BRITTANIA zerrten. Diese flammten auf und durchliefen die Farben des Spektrums; das Weltall verwandelte sich in eine flammende Farbenhölle, als die Energien auf einander trafen und miteinander rangen.

Der junge Kommandant ballte die Fäuste und stieß einen derben Raumfahrerfluch aus, als auf seinem Kontrollbrett die ersten roten Warnlampen aufflammten. Seine Schirme verloren Energien; sie hielten den unaufhörlichen Angriffen des Piraten nicht stand. Vier Stationen waren bereits ausgefallen, und noch war kein Ende abzusehen!

»Plan aufgeben!«, brüllte er in sein Mikrophon. »Auf höchste Leistung schalten - alle Widerstände herausnehmen! Alle Strahler konzentrieren sich auf Quadrat Fünf! Wir müssen die verdammten Schirme niederkämpfen!« Kinnison beugte sich über seine Instrumente und biss die Zähne zusammen. »Schafft mir die Schirme weg, damit ich die Kanone benutzen kann!«

Im verstärkten Feuer der BRITTANIA begann die Verteidigung des Feindes zusammenzubrechen. Kinnisons Hände hasteten über die Kontrollen. Eine Luke öffnete sich in der gepanzerten Hülle des Patrouillenschiffes, und eine mit Projektoren besetzte Kanonenmündung kam zum Vorschein. Die Projektoren begannen im gleichen Augenblick einen schimmernden Ring aus Energie auszustrahlen, der eine Fortsetzung des Kanonenrohrs darstellte; einen Ring, der den geschwächten Vierten Schirm des Feindes durchstieß und sich gleich darauf an der nächsten Energiemauer zu schaffen machte. Die anderen Projektoren der BRITTANIA kamen zu Hilfe - und wenig später waren auch der dritte und der zweite Schirm des Piraten überwunden. Jetzt biss sich der tödliche Energiering im letzten Schirm des Gegners fest - in jener Energieglocke, die die Schiffshülle normalerweise vor Kollisionen mit anderen Raumfahrzeugen schützen sollte.

Die schimmernde Energiesäule kämpfte gegen diese letzte Verteidigung an, während sich die Traktorstrahlen der BRITTANIA verhärteten und die beiden Schiffe fest miteinander verbanden.

Kinnisons Finger berührte einen roten Knopf, und die X-Kanone erwachte zum Leben; sie spie einen riesigen schwarzen Torpedo aus. Die Offiziere beider Schiffe verfolgten den Flug in höchster Erregung; für ihre trainierten Augen war bereits die Lichtgeschwindigkeit ein bloßes Kriechen, und nun brauchte dieses Projektil gar fünf Sekunden, um eine Entfernung von zehn Kilometern zu überbrücken!

Der Kommandant des Piratenschiffes ahnte, dass ihm das Geschoss gefährlich werden konnte, und unternahm verzweifelte Anstrengungen, um den Energietunnel, der die beiden Schiffe miteinander verband, zu durchtrennen, die Traktorstrahlen des Patrouillenschiffes zu brechen und das Geschoss zur Explosion zu bringen, ehe es die Hülle seines Schiffes berührte. Auf der Gegenseite konzentrierten sich die Männer der BRITTANIA darauf, den Torpedo sicher ins Ziel zu bringen und die Traktorstrahlen zu schützen, ohne deren starken Griff das trägheitslose Piratenschiff der Explosion keinen Widerstand entgegensetzen würde.

Was geschah, wenn der innere Schirm dem Torpedo widerstand? Gegen seinen Willen stieg vor Kinnisons innerem Auge ein entsetzliches Bild auf - die gewaltige Explosion, die den inneren Schirm des Gegners nicht niederzureißen vermochte; der Rückschlag der Explosion, der sich durch den Energietunnel auf die BRITTANIA zu bewegte. Das Innere des Kanonenverschlusses ließ sich nicht wie die übrige Schiffshülle durch einen Energieschild vor den unvorstellbaren Kräften schützen, die in einem solchen Fall freigesetzt wurden.

Auch bestand keine Möglichkeit, die Energieröhre nach der Explosion noch rechtzeitig abzuschalten, denn wenn der gegnerische Schirm der Explosion nur einen Sekundenbruchteil lang Widerstand entgegensetzte, pflanzte sich der unvorstellbare Druck der Detonation so schnell durch den Energietunnel fort, dass eine Reaktion nicht mehr möglich war. Der dicke Metallverschluss der X-Kanone würde durchschlagen, und es musste damit gerechnet werden, dass die Verwüstungen im Innern der BRITTANIA die dem Gegner zugedachten Schäden bei weitem übertrafen.

Kinnisons Männer waren nicht weniger nervös als er. Sie wussten, dass ihr Leben an einem seidenen Faden hing, dass der Augenblick der Entscheidung gekommen war. Noch Sekundenbruchteile! Warum bewegte sich das gefährliche, schwarze Projektil nicht schneller voran? Wollte es sein Ziel denn niemals erreichen?

Einige beteten, andere fluchten, und mit bleichen Gesichtern und zusammengebissenen Zähnen und geballten Fäusten erwarteten die Männer den Aufprall.

 

 

 

 

 

 

  3.