Frau Grübchens Idee mit dem Baden war wirklich hervorragend! Obwohl der See ziemlich kalt war, planschten alle Kinder ausgelassen durchs Wasser, holten glänzende Steine vom Grund herauf und bespritzten sich gegenseitig in einer wilden Wasserschlacht. Frau Grübchen mischte ordentlich mit und hatte große Freude an dem nassen Spaß!

Nur Frau Hammelheim ließ sich am Wasser nicht blicken. Sie hatte den Lärm beim Mittagessen nicht gut verkraftet und sich nun mit fürchterlichen Kopfschmerzen auf ihr Zimmer zurückgezogen. Polly und Paul vermissten sie kein bisschen und auch Annelie schien ihre Sorge um Gespenster vergessen zu haben. Vergnügt tauchte sie nach Unterwasserschätzen, bis ihre Lippen ganz blau waren und Frau Grübchen sie aufforderte, das Wasser zu verlassen. Doch als Annelie ihr Handtuch von einem Stapel am Strand aufheben wollte, stieß sie plötzlich einen fürchterlichen Schrei aus:

»Hilfe! Ein Gespenst!«

Sofort waren alle Augen auf sie gerichtet – doch das Einzige, was die Kinder sahen, war Pollys buntes Handtuch, das in den Zweigen eines Busches hin und her wehte.

Sofort begann Greta zu kichern und flüsterte ihren Freundinnen etwas zu, sodass auch sie schließlich lachten.

Frau Grübchen legte Annelie schützend ihren Arm um die Schultern. »Das ist doch nur ein Handtuch. Davor musst du dich nicht fürchten.«

Annelie aber schüttelte entschlossen den Kopf. »Es hat sich bewegt! Es lag erst hier auf dem Boden und ist dann in die Luft geflattert und in den Busch geflogen! Das habe ich genau gesehen!«

»Ja, das ist der berüchtigte Handtuchgeist«, witzelte Greta und die anderen Kinder lachten.

Annelie verzog bekümmert das Gesicht.

Polly kniff die Augen zusammen. »Das ist mein Handtuch. Und ich habe es wirklich auf den Boden gelegt und nicht in den Busch gehängt!« Neugierig stieg sie aus dem kalten Seewasser und schlich sich an das Handtuch heran. Doch als sie es aus den Zweigen fischte, sah sie, dass es tatsächlich ganz schlaff im Busch hing. Das hier war kein Gespenst, nein, es war nur ein ganz normales, potzblitzlangweiliges Stückchen Stoff. Merkwürdig … Aber wie war es vom Strand ins Gebüsch gekommen? Hatte sich jemand einen Scherz mit ihr erlaubt? Vielleicht war es am Ende nur der Wind gewesen, der das Handtuch durch die Luft getragen hatte. Oder trieb hier etwa tatsächlich ein Geist sein Unwesen …?

Am allermeisten aber bedrückte Polly, dass Annelie sich nun wieder fürchtete, und schlimmer noch: dass Greta und ihre Freundinnen über sie lachten. Das hatte sie wirklich nicht verdient.

Entschlossen schlang sich Polly ihr Handtuch fest um die Schultern und presste die Lippen aufeinander. Potzblitz! Sie würde der Sache auf die Spur gehen …

Herr Krückstock, der Direktor der Jugendherberge, lachte nicht schlecht, als Polly und Paul ihn vor dem Abendessen nach einem Gespenst fragten.

»Ob es bei uns spukt? Schön wär’s! Das wäre wenigstens mal eine Attraktion! Früher gab es im Wald ringsherum Füchse, aber selbst die sind verschwunden, seit mein Vorgänger die Fallgruben gebuddelt hat …« Er schüttelte den Kopf. »Nein, Kinder, hier gibt es ganz sicher keine Gespenster!«

Polly hatte mit so einer Antwort schon gerechnet, und trotzdem verschwand sie so schnell wie möglich in ihrem Zimmer und zog das schwere Lexikon der Phantastanten aus ihrem Rucksack. Hoch konzentriert blätterte sie Seite für Seite durch das dicke alte Buch, aber einen Hinweis auf einen Handtuchgeist fand sie auch hier nicht. Potzblitz! Sie wollte so gern dafür sorgen, dass Annelie sich nicht mehr fürchten musste.

Als Paul sie schließlich zum Abendbrot abholte, schob Polly das Lexikon vorsichtig zurück in ihren Rucksack und seufzte. »Dann bleibt uns also nur noch eine Möglichkeit.«

Paul blinzelte sie verständnislos an. »Und was soll das für eine Möglichkeit sein?«

»Na, ganz klar«, sagte Polly und grinste. »Wir gehen heute Nacht auf Gespensterjagd!«

Polly wartete, bis Greta und Annelie eingeschlafen waren. Dann schlüpfte sie vorsichtig in ihre Gummistiefel und öffnete die Tür. Doch gerade als sie aus dem Zimmer huschen wollte, richtete sich Annelie verschlafen in ihrem Bett auf.

»Wo willst du denn hin, Polly?«

Polly zuckte zusammen. Dann sagte sie einfach die Wahrheit. »Paul und ich wollen herausfinden, wo dieser Handtuchgeist herkam.«

Obwohl es sehr dunkel war, konnte Polly erkennen, wie Annelie erschrocken die Augen aufriss. »Aber … aber du hast doch gesagt, du glaubst nicht an Gespenster.«